1506 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009
Gesetz
zur Umsetzung der
aufsichtsrechtlichen Vorschriften der Zahlungsdiensterichtlinie*)
(Zahlungsdiensteumsetzungsgesetz)
Vom 25. Juni 2009
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlos- Abschnitt 3
sen: Eigenkapital
Inhaltsübersicht § 12 Eigenkapital
Artikel 1 Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungs- Abschnitt 4
diensten (Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz – ZAG)
Vorschriften
Artikel 2 Änderung des Kreditwesengesetzes über die Beaufsichtigung
Artikel 3 Änderung des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes von Zahlungsinstituten, sofortige Vollziehbarkeit
Artikel 4 Änderung der Verordnung über die Erhebung von § 13 Sicherungsanforderungen
Gebühren und die Umlegung von Kosten nach dem § 14 Auskünfte und Prüfungen
Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz
§ 15 Abberufung von Geschäftsleitern, Übertragung von Organ-
Artikel 5 Änderung des Geldwäschegesetzes befugnissen auf Sonderbeauftragte
Artikel 6 Änderung des Handelsgesetzbuchs § 16 Maßnahmen in besonderen Fällen und Insolvenzantrag
Artikel 7 Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes § 17 Vorlage von Jahresabschluss, Lagebericht und Prüfungs-
Artikel 8 Änderung des Gesetzes über die Landwirtschaftliche berichten
Rentenbank § 18 Besondere Pflichten des Prüfers
Artikel 9 Inkrafttreten § 19 Inanspruchnahme von Agenten
§ 20 Auslagerung
Artikel 1 § 21 Aufbewahrung von Unterlagen
Gesetz § 22 Besondere organisatorische Pflichten von Zahlungs-
instituten und Sicherungsmaßnahmen gegen Geldwäsche
über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten
§ 23 Sofortige Vollziehbarkeit
(Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz – ZAG)
Abschnitt 5
Inhaltsübersicht
Zusammenarbeit mit
Abschnitt 1 anderen Behörden, Zweigniederlassung,
Begriffsbestimmungen, grenzüberschreitender Dienstleistungsverkehr
Anwendungsbereich, § 24 Zusammenarbeit mit anderen Behörden
Aufsicht, Zahlungssysteme
§ 25 Errichten einer Zweigniederlassung, grenzüberschreitender
§ 1 Begriffsbestimmungen und Anwendungsbereich Dienstleistungsverkehr
§ 2 Für Zahlungsinstitute zugelassene Tätigkeiten und ver- § 26 Unternehmen mit Sitz in einem anderen Staat des Euro-
botene Geschäfte päischen Wirtschaftsraums
§ 3 Aufsicht und Entscheidung in Zweifelsfällen § 27 Zweigstellen von Unternehmen mit Sitz außerhalb des
Europäischen Wirtschaftsraums
§ 4 Einschreiten gegen unerlaubte Zahlungsdienste
§ 5 Verfolgung unerlaubter Zahlungsdienste Abschnitt 6
§ 6 Verschwiegenheitspflicht Außergerichtliches Beschwerdeverfahren
§ 7 Zugang zu Zahlungssystemen § 28 Beschwerden über Zahlungsdienstleister
Abschnitt 2 Abschnitt 7
Erlaubnis, Inhaber Anzeigen,
bedeutender Beteiligungen Zahlungsinstituts-Register, Strafbestimmungen,
§ 8 Erlaubnis Bußgeldvorschriften und Übergangsvorschriften
§ 9 Versagung der Erlaubnis § 29 Anzeigen
§ 10 Erlöschen und Aufhebung der Erlaubnis § 29a Monatsausweise und weitere Angaben
§ 30 Zahlungsinstituts-Register
§ 11 Inhaber bedeutender Beteiligungen
§ 31 Strafvorschriften
*) Dieses Gesetz dient der Umsetzung der aufsichtsrechtlichen Vor- § 32 Bußgeldvorschriften
schriften der Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments § 33 Zuständige Verwaltungsbehörde
und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im
Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, § 34 Mitteilung in Strafsachen
2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie
§ 35 Übergangsvorschriften
97/5/EG (ABl. EU Nr. L 319 S. 1).
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Abschnitt 1 Zahlungsauthentifizierungsinstrumenten ausgelös-
Begriffsbestimmungen, ten Zahlungsvorgängen (Zahlungsauthentifizierungs-
Anwendungsbereich, geschäft),
Aufsicht, Zahlungssysteme 5. die Ausführung von Zahlungsvorgängen, bei denen
die Zustimmung des Zahlers zur Ausführung eines
§1 Zahlungsvorgangs über ein Telekommunikations-,
Begriffsbestimmungen und Anwendungsbereich Digital- oder IT-Gerät übermittelt wird und die Zah-
lung an den Betreiber des Telekommunikations-
(1) Zahlungsdienstleister sind:
oder IT-Systems oder IT-Netzes erfolgt, sofern der
1. die Kreditinstitute im Sinne des Artikels 4 Nr. 1 Betreiber ausschließlich als zwischengeschaltete
Buchstabe a der Richtlinie 2006/48/EG des Europäi- Stelle zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und
schen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 dem Lieferanten der Waren oder Dienstleistungen
über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der tätig ist (digitalisiertes Zahlungsgeschäft) und
Kreditinstitute (ABl. EU Nr. L 177 S. 1), die im Inland
6. die Dienste, bei denen ohne Einrichtung eines Zah-
zum Geschäftsbetrieb berechtigt sind,
lungskontos auf den Namen eines Zahlers oder
2. die E-Geld-Institute im Sinne des Artikels 1 Abs. 3 eines Zahlungsempfängers ein Geldbetrag des Zah-
Buchstabe a der Richtlinie 2000/46/EG des Europäi- lers ausschließlich zur Übermittlung eines entspre-
schen Parlaments und des Rates vom 18. September chenden Betrags an den Zahlungsempfänger oder
2000 über die Aufnahme, Ausübung und Beaufsich- an einen anderen, im Namen des Zahlungsempfän-
tigung der Tätigkeit von E-Geld-Instituten (ABl. EG gers handelnden Zahlungsdienstleister entgegen-
Nr. L 275 S. 39) in Verbindung mit Artikel 158 der genommen wird oder bei dem der Geldbetrag im
Richtlinie 2006/48/EG, die im Inland zum Geschäfts- Namen des Zahlungsempfängers entgegengenom-
betrieb berechtigt sind, men und diesem verfügbar gemacht wird (Finanz-
3. der Bund, die Länder, die Gemeinden und Gemein- transfergeschäft).
deverbände sowie die Träger bundes- oder landes- (3) Ein Zahlungskonto ist ein auf den Namen eines
mittelbarer Verwaltung, soweit sie nicht hoheitlich oder mehrerer Zahlungsdienstnutzer lautendes und der
handeln, Ausführung von Zahlungsvorgängen dienendes Konto,
4. die Europäische Zentralbank, die Deutsche Bundes- das die Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen
bank sowie andere Zentralbanken in der Europäi- dem Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienst-
schen Union oder den anderen Staaten des Abkom- leister innerhalb der Geschäftsbeziehung buch- und
mens über den Europäischen Wirtschaftsraum, rechnungsmäßig darstellt und für den Zahlungsdienst-
wenn sie nicht in ihrer Eigenschaft als Währungs- nutzer dessen jeweilige Forderung gegenüber dem
behörde oder andere Behörde handeln und Zahlungsdienstleister bestimmt.
5. Unternehmen, die gewerbsmäßig oder in einem Um- (4) Eine Lastschrift ist ein vom Zahlungsempfänger
fang, der einen in kaufmännischer Weise eingerich- ausgelöster Zahlungsvorgang zur Belastung des Zah-
teten Geschäftsbetrieb erfordert, Zahlungsdienste lungskontos des Zahlers, dem dieser gegenüber dem
erbringen, ohne unter die Nummern 1 bis 4 zu fallen Zahlungsempfänger, dessen Zahlungsdienstleister oder
(Zahlungsinstitute). seinem eigenen Zahlungsdienstleister zustimmt.
(2) Zahlungsdienste sind: (5) Ein Zahlungsauthentifizierungsinstrument ist je-
1. die Dienste, mit denen Bareinzahlungen auf ein Zah- des personalisierte Instrument oder Verfahren, das zwi-
lungskonto oder Barauszahlungen von einem Zah- schen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungs-
lungskonto ermöglicht werden, sowie alle für die dienstleister für die Erteilung von Zahlungsaufträgen
Führung eines Zahlungskontos erforderlichen Vor- vereinbart wird und das vom Zahlungsdienstnutzer ein-
gänge (Ein- oder Auszahlungsgeschäft), gesetzt wird, um einen Zahlungsauftrag zu erteilen.
2. die Ausführung von Zahlungsvorgängen einschließ- (6) Ein Zahlungssystem im Sinne dieses Gesetzes ist
lich der Übermittlung von Geldbeträgen auf ein ein System zum Zwecke von Verarbeitung, Clearing,
Zahlungskonto beim Zahlungsdienstleister des Verrechnung und Abwicklung von Zahlungsvorgängen
Zahlungsdienstnutzers oder bei einem anderen Zah- auf Basis einer förmlichen Vereinbarung mit gemein-
lungsdienstleister durch samen Regeln, die zwischen einer Partei, die das Sys-
a) die Ausführung von Lastschriften einschließlich tem betreibt (Betreiber) und mindestens drei Teilneh-
einmaliger Lastschriften (Lastschriftgeschäft), mern zur Übermittlung von Geldbeträgen getroffen wur-
de; dabei wird eine etwaige von dem Betreiber verselb-
b) die Ausführung von Überweisungen einschließ- ständigte Ver- und Abrechnungsstelle, zentrale Ver-
lich Daueraufträgen (Überweisungsgeschäft), tragspartei oder Clearingstelle nicht mitgerechnet. Teil-
c) die Ausführung von Zahlungsvorgängen mittels nehmer können nur Zahlungsdienstleister sein.
einer Zahlungskarte oder eines ähnlichen Zah-
(7) Ein Agent im Sinne dieses Gesetzes ist jede ju-
lungsinstruments (Zahlungskartengeschäft),
ristische oder natürliche Person, die als selbständiger
ohne Kreditgewährung (Zahlungsgeschäft), Gewerbetreibender im Namen eines Zahlungsinstituts
3. die Ausführung der in Nummer 2 genannten Zah- Zahlungsdienste ausführt. Die Handlungen des Agen-
lungsvorgänge mit Kreditgewährung im Sinne des ten werden dem Zahlungsinstitut zugerechnet.
§ 2 Abs. 3 (Zahlungsgeschäft mit Kreditgewährung), (8) Geschäftsleiter im Sinne dieses Gesetzes sind
4. die Ausgabe von Zahlungsauthentifizierungsinstru- diejenigen natürlichen Personen, die nach Gesetz, Sat-
menten oder die Annahme und Abrechnung von mit zung oder Gesellschaftsvertrag zur Führung der Ge-
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schäfte und zur Vertretung eines Zahlungsinstituts in gliedstaates der Europäischen Union oder eines
der Rechtsform einer juristischen Person oder einer anderen Vertragsstaates des Abkommens über
Personenhandelsgesellschaft berufen sind. In Ausnah- den Europäischen Wirtschaftsraum,
mefällen kann die Bundesanstalt für Finanzdienstleis- c) ein Gutschein in Papierform,
tungsaufsicht (Bundesanstalt) auch eine andere mit
der Führung der Geschäfte betraute und zur Vertretung d) ein Reisescheck in Papierform oder
ermächtigte Person widerruflich als Geschäftsleiter be- e) eine Postanweisung in Papierform im Sinne der
zeichnen, wenn sie zuverlässig ist und die erforderliche Definition des Weltpostvereins,
fachliche Eignung hat. Beruht die Bezeichnung einer 7. Zahlungsvorgänge, die innerhalb eines Zahlungs-
Person als Geschäftsleiter auf einem Antrag des Zah- oder Wertpapierabwicklungssystems zwischen
lungsinstituts, so ist sie auf Antrag des Zahlungsin- Zahlungsausgleichsagenten, zentralen Gegenpar-
stituts oder des Geschäftsleiters zu widerrufen. teien, Clearingstellen oder Zentralbanken und an-
(9) Eine bedeutende Beteiligung im Sinne dieses Ge- deren Teilnehmern des Systems und Zahlungs-
setzes besteht, wenn unmittelbar oder mittelbar über dienstleistern abgewickelt werden,
ein oder mehrere Tochterunternehmen oder ein gleich- 8. Zahlungsvorgänge im Zusammenhang mit der Be-
artiges Verhältnis oder im Zusammenwirken mit ande- dienung von Wertpapieranlagen, die von den unter
ren Personen oder Unternehmen mindestens 10 Pro- Nummer 7 fallenden Unternehmen oder von Kredit-
zent des Kapitals oder der Stimmrechte eines dritten instituten, Finanzdienstleistungsinstituten oder Ka-
Unternehmens im Eigen- oder Fremdinteresse gehalten pitalanlagegesellschaften im Rahmen ihrer Erlaub-
werden oder wenn auf die Geschäftsführung eines an- nis nach dem Kreditwesengesetz oder dem Invest-
deren Unternehmens ein maßgeblicher Einfluss ausge- mentgesetz durchgeführt werden,
übt werden kann. Für die Berechnung des Anteils der
9. Dienste, die von technischen Dienstleistern er-
Stimmrechte gilt § 22 Abs. 1 bis 3a in Verbindung mit
bracht werden, die zwar zur Erbringung der Zah-
einer Rechtsverordnung nach Abs. 5 des Wertpapier-
lungsdienste beitragen, jedoch zu keiner Zeit in
handelsgesetzes entsprechend. Die mittelbar gehalte-
den Besitz der zu übermittelnden Geldbeträge ge-
nen Beteiligungen sind den mittelbar beteiligten Perso-
langen, wie beispielsweise die Verarbeitung und
nen und Unternehmen in vollem Umfang zuzurechnen.
Speicherung von Daten, vertrauensbildende Maß-
(10) Keine Zahlungsdienste sind: nahmen und Dienste zum Schutz der Privatsphäre,
1. Zahlungsvorgänge, die ohne zwischengeschaltete Nachrichten- und Instanzenauthentisierung, Bereit-
Stellen ausschließlich als unmittelbare Bargeld- stellung von IT- und Kommunikationsnetzen sowie
zahlung vom Zahler an den Zahlungsempfänger er- die Bereitstellung und Wartung der für Zahlungs-
folgen, dienste genutzten Endgeräte und Einrichtungen,
2. Zahlungsvorgänge zwischen Zahler und Zahlungs- 10. Dienste, die auf Instrumenten beruhen, die für den
empfänger über einen Handelsvertreter oder Zen- Erwerb von Waren oder Dienstleistungen nur in den
tralregulierer, der befugt ist, den Verkauf oder Kauf Geschäftsräumen des Ausstellers oder im Rahmen
von Waren oder Dienstleistungen im Namen des einer Geschäftsvereinbarung mit dem Aussteller
Zahlers oder des Zahlungsempfängers auszuhan- entweder für den Erwerb innerhalb eines begrenz-
deln oder abzuschließen, ten Netzes von Dienstleistern oder für den Erwerb
einer begrenzten Auswahl von Waren oder Dienst-
3. der gewerbsmäßige Transport von Banknoten und
leistungen verwendet werden können,
Münzen einschließlich ihrer Entgegennahme, Bear-
beitung und Übergabe, 11. Zahlungsvorgänge, die über ein Telekommunika-
tions-, ein Digital- oder IT-Gerät ausgeführt werden,
4. Dienste, bei denen der Zahlungsempfänger dem
wenn die Waren oder Dienstleistungen an ein Tele-
Zahler Bargeld im Rahmen eines Zahlungsvorgangs
kommunikations-, ein Digital- oder ein IT-Gerät ge-
aushändigt, nachdem ihn der Zahlungsdienstnutzer
liefert werden und mittels eines solchen genutzt
kurz vor der Ausführung eines Zahlungsvorgangs
werden sollen, sofern der Betreiber des Telekom-
zum Erwerb von Waren oder Dienstleistungen aus-
munikations-, Digital- oder IT-Systems oder IT-Net-
drücklich hierum gebeten hat,
zes nicht ausschließlich als zwischengeschaltete
5. Geldwechselgeschäfte, die bar abgewickelt wer- Stelle zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und
den, dem Lieferanten der Waren und Dienstleistungen
6. Zahlungsvorgänge, denen eines der folgenden Do- tätig ist,
kumente zugrunde liegt, das auf den Zahlungs- 12. Zahlungsvorgänge, die von Zahlungsdienstleistern
dienstleister gezogen ist und die Bereitstellung untereinander auf eigene Rechnung oder von ihren
eines Geldbetrags an einen Zahlungsempfänger Agenten oder Zweigniederlassungen untereinander
vorsieht: auf eigene Rechnung ausgeführt werden,
a) ein Scheck in Papierform im Sinne des Scheck- 13. Zahlungsvorgänge innerhalb eines Konzerns oder
gesetzes oder ein vergleichbarer Scheck in Pa- zwischen Mitgliedern einer kreditwirtschaftlichen
pierform nach dem Recht eines anderen Mit- Verbundgruppe,
gliedstaates der Europäischen Union oder eines 14. Dienste von Dienstleistern, die keinen Rahmenver-
anderen Vertragsstaates des Abkommens über trag mit Kunden geschlossen haben, bei denen
den Europäischen Wirtschaftsraum, Geld für einen oder mehrere Kartenemittenten an
b) ein Wechsel in Papierform im Sinne des Wech- multifunktionalen Bankautomaten abgehoben wird,
selgesetzes oder ein vergleichbarer Wechsel in vorausgesetzt, dass diese Dienstleister keine ande-
Papierform nach dem Recht eines anderen Mit- ren Zahlungsdienste erbringen und
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15. die nicht gewerbsmäßige Entgegennahme und §3
Übergabe von Bargeld im Rahmen einer gemein- Aufsicht und
nützigen Tätigkeit oder einer Tätigkeit ohne Er- Entscheidung in Zweifelsfällen
werbszweck.
(1) Die Bundesanstalt übt die Aufsicht über die Zah-
(11) Auf Zahlungsinstitute, die eine Erlaubnis im lungsinstitute nach den Vorschriften dieses Gesetzes
Sinne des § 32 Abs. 1 Satz 1 des Kreditwesengesetzes aus.
haben, sind die §§ 11, 14, 15, 17, 20 bis 22, 29 und 29a (2) Die Bundesanstalt kann im Rahmen der ihr ge-
nicht anzuwenden, soweit das Kreditwesengesetz eine setzlich zugewiesenen Aufgaben gegenüber den Zah-
inhaltsgleiche Regelung enthält. lungsinstituten und ihren Geschäftsleitern Anordnun-
gen treffen, die geeignet und erforderlich sind, um Ver-
(12) Die Zahlungsdienstleistungen der Kreditanstalt stöße gegen aufsichtsrechtliche Bestimmungen zu un-
für Wiederaufbau gelten nicht als Zahlungsdienste im terbinden oder um Missstände in einem Zahlungsin-
Sinne dieses Gesetzes. stitut zu verhindern oder zu beseitigen, welche die
Sicherheit der dem Zahlungsinstitut anvertrauten Ver-
mögenswerte gefährden können oder die ordnungs-
§2 gemäße Durchführung der Zahlungsdienste beeinträch-
tigen.
Für Zahlungsinstitute zugelassene
Tätigkeiten und verbotene Geschäfte (3) Die Bundesanstalt und die Deutsche Bundes-
bank arbeiten nach Maßgabe dieses Gesetzes zusam-
(1) Ein Zahlungsinstitut darf außerhalb der Grenzen men; § 7 des Kreditwesengesetzes gilt entsprechend.
des Absatzes 2 und seiner Erlaubnis nach § 8 Abs. 1 (4) Die Bundesanstalt entscheidet in Zweifelsfällen,
Satz 1 nicht gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der ob ein Unternehmen den Vorschriften dieses Gesetzes
einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Ge- unterliegt. Ihre Entscheidungen binden die sonstigen
schäftsbetrieb erfordert, Einlagen oder andere rück- Verwaltungsbehörden.
zahlbare Gelder des Publikums entgegennehmen.
§4
(2) Soweit ein Zahlungsinstitut im Rahmen der Er-
Einschreiten
laubnis nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Zahlungskonten für Zah-
gegen unerlaubte Zahlungsdienste
lungsdienstnutzer führt, darf das Zahlungsinstitut über
diese Zahlungskonten ausschließlich die Abwicklung (1) Werden ohne die nach § 8 Abs. 1 erforderliche
von Zahlungsvorgängen vornehmen. Guthaben auf Erlaubnis Zahlungsdienste erbracht (unerlaubte Zah-
Zahlungskonten, die bei dem Zahlungsinstitut geführt lungsdienste), kann die Bundesanstalt die sofortige
werden, dürfen nicht verzinst werden. Die Geldbeträge, Einstellung des Geschäftsbetriebs und die unverzüg-
die ein Zahlungsinstitut von den Zahlungsdienstnutzern liche Abwicklung dieser Geschäfte gegenüber dem Un-
für die Durchführung von Zahlungsvorgängen entge- ternehmen sowie gegenüber seinen Gesellschaftern
gennimmt, gelten nicht als Einlagen oder andere unbe- und den Mitgliedern seiner Organe anordnen. Sie kann
dingt rückzahlbare Gelder des Publikums im Sinne des für die Abwicklung Weisungen erlassen und eine geeig-
§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Kreditwesengesetzes oder nete Person als Abwickler bestellen. Sie kann ihre Maß-
als elektronisches Geld im Sinne des § 1 Abs. 14 des nahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekannt machen;
Kreditwesengesetzes. personenbezogene Daten dürfen nur veröffentlicht wer-
den, soweit dies zur Gefahrenabwehr erforderlich ist.
(3) Ein Zahlungsinstitut darf im Rahmen seiner Er- Die Befugnisse der Bundesanstalt nach den Sätzen 1
laubnis nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Zahlungsdienstnutzern bis 3 bestehen auch gegenüber dem Unternehmen, das
nur im Zusammenhang mit Zahlungsdiensten im Sinne in die Anbahnung, den Abschluss oder die Abwicklung
des § 1 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 Kredite gemäß § 19 des dieser Geschäfte einbezogen ist, sowie gegenüber
Kreditwesengesetzes gewähren, sofern seinen Gesellschaftern und den Mitgliedern seiner
Organe.
1. die Gewährung des Kredits als Nebentätigkeit und (2) Der Abwickler ist zum Antrag auf Eröffnung eines
ausschließlich im Zusammenhang mit der Ausfüh- Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Unterneh-
rung eines Zahlungsvorgangs erfolgt, mens berechtigt.
2. im Kreditvertrag eine Laufzeit von mehr als 12 Mo- §5
naten nicht vereinbart und das Darlehen innerhalb
von 12 Monaten vollständig zurückzuzahlen ist und Verfolgung unerlaubter Zahlungsdienste
(1) Ein Unternehmen, bei dem Tatsachen die An-
3. der Kredit nicht aus den für den Zweck der Ausfüh- nahme rechtfertigen, dass es unerlaubte Zahlungs-
rung eines Zahlungsvorgangs entgegengenomme- dienste erbringt oder dass es in die Anbahnung, den
nen oder gehaltenen Geldbeträgen gewährt wird. Abschluss oder die Abwicklung unerlaubter Zahlungs-
dienste einbezogen ist oder war, sowie die Mitglieder
Eine Kreditgewährung, die die Voraussetzungen des der Organe, die Gesellschafter und die Beschäftigten
Satzes 1 erfüllt, gilt nicht als Kreditgeschäft im Sinne eines solchen Unternehmens haben der Bundesanstalt
des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 des Kreditwesengesetzes, sowie der Deutschen Bundesbank auf Verlangen Aus-
wenn sie durch ein Zahlungsinstitut erfolgt, das als künfte über alle Geschäftsangelegenheiten zu erteilen
Kreditinstitut keine Erlaubnis zum Betreiben des Kredit- und Unterlagen vorzulegen. Ein Mitglied eines Organs,
geschäfts hat. ein Gesellschafter oder ein Beschäftigter hat auf Verlan-
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gen auch nach seinem Ausscheiden aus dem Organ §6
oder dem Unternehmen Auskunft zu erteilen und Unter-
Verschwiegenheitspflicht
lagen vorzulegen.
Die bei der Bundesanstalt Beschäftigten und die
(2) Soweit dies zur Feststellung der Art oder des nach § 4 Abs. 3 des Finanzdienstleistungsaufsichts-
Umfangs der Geschäfte oder Tätigkeiten erforderlich gesetzes beauftragten Personen, die nach § 16 Abs. 2
ist, kann die Bundesanstalt Prüfungen in Räumen des Satz 2 Nr. 3 bestellten Aufsichtspersonen, die nach § 4
Unternehmens sowie in den Räumen der nach Absatz 1 Abs. 1 Satz 2 bestellten Abwickler sowie die im Dienst
auskunfts- und vorlegungspflichtigen Personen und der Deutschen Bundesbank stehenden Personen, so-
Unternehmen vornehmen; sie kann die Durchführung weit sie zur Durchführung dieses Gesetzes tätig wer-
der Prüfungen der Deutschen Bundesbank übertragen. den, dürfen die ihnen bei ihrer Tätigkeit bekannt gewor-
Die Bediensteten der Bundesanstalt und der Deutschen denen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse
Bundesbank dürfen hierzu diese Räume innerhalb der des Zahlungsinstituts oder eines Dritten liegt, insbe-
üblichen Betriebs- und Geschäftszeiten betreten und sondere Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, nicht
besichtigen. Zur Verhütung dringender Gefahren für unbefugt offenbaren oder verwerten, auch wenn sie
die öffentliche Ordnung und Sicherheit sind sie befugt, nicht mehr im Dienst sind oder ihre Tätigkeit beendet
diese Räume auch außerhalb der üblichen Betriebs- ist. § 9 Abs. 1 Satz 2 bis 8 und Abs. 2 des Kredit-
und Geschäftszeiten sowie Räume, die auch als Woh- wesengesetzes gilt entsprechend.
nung dienen, zu betreten und zu besichtigen; das
Grundrecht des Artikels 13 des Grundgesetzes wird in-
soweit eingeschränkt. §7
Zugang zu Zahlungssystemen
(3) Die Bediensteten der Bundesanstalt und der
Deutschen Bundesbank dürfen die Räume des Unter- (1) Der Betreiber eines Zahlungssystems darf Zah-
nehmens sowie der nach Absatz 1 auskunfts- und vor- lungsdienstleister, Zahlungsdienstnutzer und gleich-
legungspflichtigen Personen und Unternehmen durch- artige Zahlungssysteme weder unmittelbar noch mittel-
suchen. Das Grundrecht des Artikels 13 des Grundge- bar
setzes wird insoweit eingeschränkt. Durchsuchungen
1. bei dem Zugang zum Zahlungssystem mit restrik-
von Geschäftsräumen sind, außer bei Gefahr im Verzug,
tiven Bedingungen oder sonstigen unverhältnismä-
durch das Gericht anzuordnen. Durchsuchungen von
ßigen Mitteln behindern,
Räumen, die als Wohnung dienen, sind durch das Ge-
richt anzuordnen. Zuständig ist das Amtsgericht, in 2. in Bezug auf ihre Rechte und Pflichten als Teilneh-
dessen Bezirk sich die Räume befinden. Gegen die ge- mer des Zahlungssystems ohne sachlich gerechtfer-
richtliche Entscheidung ist die Beschwerde zulässig; tigten Grund unterschiedlich behandeln und
die §§ 306 bis 310 und 311a der Strafprozessordnung
3. im Hinblick auf den institutionellen Status des Zah-
gelten entsprechend. Über die Durchsuchung ist eine
lungsdienstleisters beschränken.
Niederschrift zu fertigen. Sie muss die verantwortliche
Dienststelle, Grund, Zeit und Ort der Durchsuchung (2) Der Betreiber eines Zahlungssystems darf objek-
und ihr Ergebnis und, falls keine gerichtliche Anordnung tive Bedingungen für eine Teilnahme an einem Zah-
ergangen ist, auch Tatsachen, welche die Annahme lungssystem festlegen, soweit diese für einen wirk-
einer Gefahr im Verzuge begründet haben, enthalten. samen Schutz der finanziellen und operativen Stabilität
des Zahlungssystems und zur Verhinderung der mit der
(4) Die Bediensteten der Bundesanstalt und der
Teilnahme an einem Zahlungssystem verbundenen
Deutschen Bundesbank können Gegenstände sicher-
Risiken erforderlich sind. Zu diesen Risiken gehören
stellen, die als Beweismittel für die Ermittlung des
das operationelle Risiko, das Erfüllungsrisiko und das
Sachverhaltes von Bedeutung sein können.
unternehmerische Risiko.
(5) Die Betroffenen haben Maßnahmen nach den (3) Jeder Zahlungsdienstleister und jedes andere
Absätzen 2 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 zu dulden. Zahlungssystem muss vor dem Beitritt und während
Der zur Erteilung einer Auskunft Verpflichtete kann die seiner Teilnahme an einem Zahlungssystem gegenüber
Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beant- dem Betreiber und den anderen Teilnehmern des Zah-
wortung ihn selbst oder einen der in § 383 Abs. 1 Nr. 1 lungssystems darlegen, dass seine eigenen Vorkehrun-
bis 3 der Zivilprozessordnung bezeichneten Angehö- gen die objektiven Bedingungen des Betreibers des
rigen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder Zahlungssystems im Sinne von Absatz 2 für die Teil-
eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungs- nahme an dem System erfüllen.
widrigkeiten aussetzen würde.
(4) Absatz 1 gilt nicht für
(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten entsprechend für an-
dere Unternehmen und Personen, sofern 1. die in § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes bezeich-
neten Systeme,
1. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie in die
Anbahnung, den Abschluss oder die Abwicklung von 2. Zahlungssysteme, die ausschließlich zwischen den
Zahlungsdiensten einbezogen sind, die in einem an- einer einzigen Unternehmensgruppe angehörenden
deren Staat entgegen einem dort bestehenden Ver- Zahlungsdienstleistern bestehen, sofern zwischen
bot erbracht werden, und diesen Einzelunternehmen Kapitalverbindungen vor-
handen sind und eines der verbundenen Unterneh-
2. die zuständige Behörde des anderen Staates ein men die tatsächliche Kontrolle über die anderen aus-
entsprechendes Ersuchen an die Bundesanstalt übt, sowie Zahlungssysteme, die innerhalb einer
stellt. kreditwirtschaftlichen Verbundgruppe bestehen,
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009 1511
3. Zahlungssysteme, bei denen ein einziger Zahlungs- dass der Antragsteller über geeignete und verhält-
dienstleister als einzelne rechtliche Einheit oder als nismäßige Systeme, Ressourcen und Verfahren ver-
Gruppe fügt, um seine Tätigkeit ordnungsgemäß auszufüh-
a) als Zahlungsdienstleister für den Zahler und den ren,
Zahlungsempfänger handelt oder als solcher han- 3. den Nachweis, dass das Zahlungsinstitut über das
deln kann und ausschließlich allein für die Verwal- Anfangskapital nach § 9 Nr. 3 verfügt,
tung des Systems zuständig ist und 4. eine Beschreibung der Maßnahmen zur Erfüllung
b) den anderen Zahlungsdienstleistern das Recht der Sicherungsanforderungen des § 13,
einräumt, an dem System teilzunehmen, sofern 5. eine Beschreibung der Unternehmenssteuerung
die anderen Zahlungsdienstleister nicht berech- und der internen Kontrollmechanismen des Antrag-
tigt sind, Entgelte in Bezug auf das Zahlungs- stellers einschließlich der Verwaltungs-, Risiko-
system unter sich auszuhandeln, jedoch ihre management- und Rechnungslegungsverfahren,
eigene Preisgestaltung in Bezug auf Zahler und aus der hervorgeht, dass diese Unternehmens-
Zahlungsempfänger festlegen dürfen. steuerung, Kontrollmechanismen und Verfahren
(5) Wer gegen Absatz 1 verstößt, ist dem Betrof- verhältnismäßig, angemessen, zuverlässig und aus-
fenen zur Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr reichend sind,
zur Unterlassung verpflichtet. Wer einen Verstoß nach 6. eine Beschreibung der internen Kontrollmecha-
Satz 1 vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Be- nismen, die der Antragsteller eingeführt hat, um
troffenen zum Ersatz des daraus entstehenden Scha- die Anforderungen des § 22, des Geldwäsche-
dens verpflichtet. Für diese Ansprüche ist der ordent- gesetzes und der Verordnung (EG) Nr. 1781/2006
liche Rechtsweg gegeben. des Europäischen Parlaments und des Rates vom
(6) Die Aufgaben und Zuständigkeiten der Kartell- 15. November 2006 über die Übermittlung von An-
behörden nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbe- gaben zum Auftraggeber bei Geldtransfers (ABl. EU
schränkungen bleiben unberührt. Die Kartellbehörden Nr. L 345 S. 1) zu erfüllen,
wirken auf eine einheitliche und den Zusammenhang 7. eine Darstellung des organisatorischen Aufbaus
mit dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen des Antragstellers, gegebenenfalls einschließlich
wahrende Auslegung dieses Gesetzes hin. einer Beschreibung der geplanten Inanspruch-
nahme von Agenten und Zweigniederlassungen
Abschnitt 2 sowie einer Darstellung der Auslagerungsverein-
Erlaubnis, Inhaber barungen, und eine Beschreibung der Art und
bedeutender Beteiligungen Weise seiner Teilnahme an einem einzelstaatlichen
oder internationalen Zahlungssystem,
§8 8. die Namen der Inhaber einer bedeutenden Beteili-
Erlaubnis gung, die Höhe ihrer Beteiligung sowie der Nach-
(1) Wer im Inland gewerbsmäßig oder in einem Um- weis, dass sie den im Interesse der Gewährleistung
fang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten einer soliden und umsichtigen Führung des Zah-
Geschäftsbetrieb erfordert, Zahlungsdienste als Zah- lungsinstituts zu stellenden Ansprüchen genügen;
lungsinstitut erbringen will, bedarf der schriftlichen Er- § 2c Abs. 1 Satz 5 des Kreditwesengesetzes gilt
laubnis der Bundesanstalt. § 37 Abs. 4 des Verwal- entsprechend,
tungsverfahrensgesetzes ist anzuwenden. 9. die Namen der Geschäftsleiter, der für die Ge-
(2) Über die Erbringung von Zahlungsdiensten schäftsleitung des Zahlungsinstituts verantwort-
hinaus sind von der Erlaubnis umfasst: lichen Personen und soweit es sich um Unterneh-
men handelt, die neben der Erbringung von Zah-
1. die Erbringung betrieblicher und eng verbundener lungsdiensten anderen Geschäftsaktivitäten nach-
Nebendienstleistungen; Nebendienstleistungen sind gehen, der für die Führung der Zahlungsdienst-
die Sicherstellung der Ausführung von Zahlungsvor- geschäfte des Zahlungsinstituts verantwortlichen
gängen, Devisengeschäfte, Dienstleistungen für die Personen. Der Antrag muss den Nachweis enthal-
Sicherstellung des Datenschutzes sowie die Daten- ten, dass die vorgenannten Personen zuverlässig
speicherung und -verarbeitung und Verwahrungs- sind und über angemessene theoretische und prak-
leistungen, soweit es sich nicht um die Entgegen- tische Kenntnisse und Fähigkeiten zur Erbringung
nahme von Einlagen handelt, von Zahlungsdiensten verfügen. Der Antragsteller
2. der Betrieb von Zahlungssystemen nach Maßgabe hat mindestens zwei Geschäftsleiter zu bestellen;
des § 7 und bei Zahlungsinstituten mit geringer Größe genügt
3. Geschäftstätigkeiten, die nicht in der Erbringung von ein Geschäftsleiter,
Zahlungsdiensten bestehen, wobei das geltende 10. gegebenenfalls die Namen der Abschlussprüfer des
Gemeinschaftsrecht und das jeweils maßgebende Jahresabschlusses und des Konzernabschlusses,
einzelstaatliche Recht zu berücksichtigen sind. 11. die Rechtsform und die Satzung oder den Gesell-
(3) Der Erlaubnisantrag muss folgende Angaben und schaftsvertrag des Antragstellers und
Nachweise enthalten: 12. die Anschrift der Hauptverwaltung oder des Sitzes
1. das Geschäftsmodell, aus dem insbesondere die des Antragstellers.
Art der beabsichtigten Zahlungsdienste hervorgeht, (4) Die Bundesanstalt teilt dem Antragsteller binnen
2. den Geschäftsplan mit einer Budgetplanung für die drei Monaten nach Eingang des vollständigen Antrags
ersten drei Geschäftsjahre, aus dem hervorgeht, mit, ob die Erlaubnis erteilt oder abgelehnt wurde.
1512 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009
(5) Die Bundesanstalt kann die Erlaubnis unter Auf- liche Eignung hat und auch nicht eine andere Person
lagen erteilen, die sich im Rahmen des mit diesem Ge- nach § 8 Abs. 3 Nr. 9 als Geschäftsleiter bezeichnet
setz verfolgten Zweckes halten müssen. Sie kann im wird; die fachliche Eignung setzt voraus, dass in
Rahmen dieses Zweckes auch die Erlaubnis auf ein- ausreichendem Maß theoretische und praktische
zelne Zahlungsdienste beschränken. Geht das Zah- Kenntnisse in den betreffenden Geschäften und Lei-
lungsinstitut zugleich anderen Geschäftstätigkeiten tungserfahrung vorhanden sind,
nach, kann die Bundesanstalt ihm auferlegen, dass es 6. das Zahlungsinstitut über keine wirksamen Verfah-
diese Geschäfte abzuspalten hat oder ein eigenes Un- ren zur Ermittlung, Steuerung, Überwachung und
ternehmen für das Zahlungsdienstgeschäft zu gründen Meldung von Risiken sowie angemessene interne
hat, wenn diese Geschäfte die finanzielle Solidität des Kontrollverfahren nach § 22 einschließlich solider
Zahlungsinstituts oder die Prüfungsmöglichkeiten be- Verwaltungs- und Rechnungslegungsverfahren ver-
einträchtigen oder beeinträchtigen könnten. fügt,
(6) Das Zahlungsinstitut hat der Bundesanstalt un- 7. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine
verzüglich jede materiell und strukturell wesentliche Än- wirksame Aufsicht über das Zahlungsinstitut beein-
derung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse trächtigt wird; dies ist insbesondere der Fall, wenn
mitzuteilen, soweit sie die Richtigkeit der nach Absatz 3
vorgelegten Angaben und Nachweise betreffen. a) das Zahlungsinstitut mit anderen Personen oder
Unternehmen in einen Unternehmensverbund
(7) Die Bundesanstalt hat die Erteilung der Erlaubnis eingebunden ist oder in einer engen Verbindung
im elektronischen Bundesanzeiger bekannt zu machen. zu einem solchen steht, der durch die Struktur
des Beteiligungsgeflechtes oder mangelhafte
§9 wirtschaftliche Transparenz eine wirksame Auf-
Versagung der Erlaubnis sicht über das Zahlungsinstitut beeinträchtigt,
Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn b) eine wirksame Aufsicht über das Zahlungsinstitut
wegen der für solche Personen oder Unterneh-
1. der Antragsteller keine juristische Person oder Per-
men geltenden Rechts- oder Verwaltungsvor-
sonenhandelsgesellschaft ist,
schriften eines Drittstaates beeinträchtigt wird
2. der Antrag entgegen § 8 Abs. 3 keine ausreichenden oder
Angaben oder Unterlagen enthält,
c) das Zahlungsinstitut Tochterunternehmen eines
3. die zum Geschäftsbetrieb erforderlichen Mittel, ins- Instituts mit Sitz in einem Drittstaat ist, das im
besondere ein ausreichendes Anfangskapital im Staat seines Sitzes oder seiner Hauptverwaltung
Sinne des § 10 Abs. 2a Satz 1 Nr. 2, 3 oder 6 des nicht wirksam beaufsichtigt wird oder dessen zu-
Kreditwesengesetzes, im Inland nicht zur Verfügung ständige Aufsichtsstelle zu einer befriedigenden
stehen; als Anfangskapital muss zur Verfügung ste- Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt nicht be-
hen: reit ist.
a) bei Zahlungsinstituten, die nur die in § 1 Abs. 2
Nr. 6 genannten Zahlungsdienste erbringen, § 10
einen Betrag im Gegenwert von mindestens Erlöschen
20 000 Euro, und Aufhebung der Erlaubnis
b) bei Zahlungsinstituten, die nur die in § 1 Abs. 2 (1) Die Erlaubnis erlischt, wenn von ihr nicht inner-
Nr. 5 genannten Zahlungsdienste erbringen, halb eines Jahres seit ihrer Erteilung Gebrauch ge-
einen Betrag im Gegenwert von mindestens macht wird oder wenn ausdrücklich auf sie verzichtet
50 000 Euro, wurde.
c) bei Zahlungsinstituten, die die in § 1 Abs. 2 Nr. 1 (2) Die Bundesanstalt kann die Erlaubnis außer nach
bis 4 genannten Zahlungsdienste erbringen, den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes
einen Betrag im Gegenwert von mindestens aufheben, wenn
125 000 Euro.
1. der Geschäftsbetrieb, auf den sich die Erlaubnis be-
Soweit ein Zahlungsinstitut eine Erlaubnis im Sinne zieht, seit mehr als sechs Monaten nicht mehr aus-
des § 32 Abs. 1 Satz 1 des Kreditwesengesetzes geübt worden ist,
hat, gilt für die Berechnung der erforderlichen Mittel
2. die Erlaubnis auf Grund falscher Angaben oder auf
der nach dieser Vorschrift und § 33 Abs. 1 des Kre-
andere Weise unrechtmäßig erlangt wurde,
ditwesengesetzes festgelegte höhere Wert.
3. Tatsachen bekannt werden, die die Versagung der
4. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der An- Erlaubnis nach § 9 rechtfertigen würden oder
tragsteller oder der Inhaber einer bedeutenden Be-
teiligung oder, wenn dieser eine juristische Person 4. die Fortsetzung der Erbringung von Zahlungsdiens-
ist, auch ein gesetzlicher oder satzungsmäßiger Ver- ten die Stabilität des betriebenen Zahlungssystems
treter, oder, wenn er eine Personenhandelsgesell- gefährden würde.
schaft ist, auch ein Gesellschafter, nicht zuverlässig (3) § 38 des Kreditwesengesetzes gilt entsprechend.
ist oder aus anderen Gründen nicht den im Interesse § 48 Abs. 4 Satz 1 und § 49 Abs. 2 Satz 2 des Verwal-
einer soliden und umsichtigen Führung des Zah- tungsverfahrensgesetzes über die Jahresfrist sind nicht
lungsinstituts zu stellenden Ansprüchen genügt, anzuwenden.
5. Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, dass ein (4) Die Bundesanstalt macht die Aufhebung oder
Geschäftsleiter nicht zuverlässig ist oder nicht die das Erlöschen der Erlaubnis im elektronischen Bundes-
zur Leitung des Zahlungsinstituts erforderliche fach- anzeiger bekannt.
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§ 11 (3) Sofern die Anforderungen des § 2a Abs. 1 bis 5
des Kreditwesengesetzes eingehalten werden, kann die
Inhaber bedeutender Beteiligungen
Bundesanstalt davon absehen, die Absätze 1, 2, 4 und
(1) Der Inhaber einer bedeutenden Beteiligung an ei- 5 auf Zahlungsinstitute anzuwenden, die in die konsoli-
nem Zahlungsinstitut muss den im Interesse einer soli- dierte Beaufsichtigung des übergeordneten Instituts
den und umsichtigen Führung des Zahlungsinstituts zu einbezogen sind.
stellenden Ansprüchen genügen. § 2c Abs. 1 Satz 1 bis (4) Zahlungsinstitute haben der Bundesanstalt und
7, Abs. 1a und 1b Satz 2 bis 7, Abs. 2 und 3 des Kre- der Deutschen Bundesbank vierteljährlich die für die
ditwesengesetzes ist entsprechend anzuwenden. § 2c Überprüfung der angemessenen Eigenkapitalausstat-
Abs. 1b Satz 1 des Kreditwesengesetzes ist mit der tung erforderlichen Angaben einzureichen. Die Rechts-
Maßgabe anzuwenden, dass der beabsichtigte Erwerb verordnung nach Absatz 6 kann in besonderen Fällen
der bedeutenden Beteiligung oder ihre Erhöhung nur einen längeren Meldezeitraum vorsehen. Die Bundes-
auf Grund der dortigen Nummern 1 und 3 bis 5 sowie anstalt kann bei der Beurteilung der Angemessenheit
im Falle des § 9 Nr. 6 untersagt werden kann. des Eigenkapitals auf der Grundlage einer Bewertung
(2) Das Bundesministerium der Finanzen wird er- der Geschäftsorganisation, des Risikomanagements,
mächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung der internen Kontrollmechanismen sowie der tatsächli-
des Bundesrates im Benehmen mit der Deutschen chen Risiken des Zahlungsinstituts vorschreiben, dass
Bundesbank nähere Bestimmungen über die wesentli- die Eigenkapitalunterlegung des Zahlungsinstituts ei-
chen Unterlagen und Tatsachen zu treffen, die der inte- nem Betrag entsprechen muss, der um bis zu 20 Pro-
ressierte Erwerber einer bedeutenden Beteiligung anzu- zent von den Solvabilitätsgrundsätzen abweicht.
geben hat. Das Bundesministerium der Finanzen kann (5) Zahlungsinstitute, die eine Erlaubnis gemäß § 32
die Ermächtigung durch Rechtsverordnung ohne Zu- Abs. 1 des Kreditwesengesetzes haben, müssen die
stimmung des Bundesrates auf die Bundesanstalt mit Eigenkapitalanforderungen nach diesem Gesetz und
der Maßgabe übertragen, dass die Rechtsverordnung die Eigenmittelanforderungen nach § 10 Abs. 1 des
im Einvernehmen mit der Deutschen Bundesbank er- Kreditwesengesetzes in Verbindung mit der Solvabili-
geht. Vor Erlass der Rechtsverordnung sind die Ver- tätsverordnung vom 14. Dezember 2006 (BGBl. I
bände der Zahlungsinstitute zu hören. S. 2926) in der jeweils geltenden Fassung ermitteln, so-
fern sie nicht von der Anwendung des § 10 des Kredit-
Abschnitt 3 wesengesetzes ausgenommen sind. Sofern die Anfor-
Eigenkapital derungen nach diesem Gesetz höher sind, sind diese
mit Eigenkapital nach Absatz 1 abzudecken.
§ 12 (6) Das Bundesministerium der Finanzen wird er-
mächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung
Eigenkapital des Bundesrates im Benehmen mit der Deutschen
(1) Zahlungsinstitute müssen im Interesse der Erfül- Bundesbank nähere Bestimmungen über die angemes-
lung ihrer Verpflichtungen über angemessenes Eigen- sene Eigenkapitalausstattung (Solvabilität) der Zah-
kapital nach § 10 Abs. 2 Satz 2 bis 7, Abs. 2a und 2b lungsinstitute, insbesondere über
des Kreditwesengesetzes verfügen. Jeweils hälftig vom 1. die Berechnungsmethoden,
Kern- und Ergänzungskapital sind abzuziehen:
2. Inhalt, Art, Umfang und Form der nach Absatz 4 er-
1. unmittelbare Anteile an Zahlungsinstituten, forderlichen Angaben,
2. Forderungen aus nachrangigen Verbindlichkeiten im 3. Meldepflichten bei Nichteinhaltung von Eigenkapita-
Sinne des § 10 Abs. 5a des Kreditwesengesetzes lanforderungen und
und Forderungen aus Genussrechten an Zahlungs- 4. die für die Datenübermittlung zulässigen Datenträ-
instituten, an denen das Zahlungsinstitut unmittelbar ger, Übertragungswege und Datenformate
Anteile hält sowie
zu erlassen. Das Bundesministerium der Finanzen kann
3. Vermögenseinlagen als stiller Gesellschafter bei die Ermächtigung durch Rechtsverordnung ohne Zu-
Zahlungsinstituten, an denen das Zahlungsinstitut stimmung des Bundesrates auf die Bundesanstalt mit
unmittelbar Anteile hält. der Maßgabe übertragen, dass die Rechtsverordnung
im Einvernehmen mit der Deutschen Bundesbank er-
Das Eigenkapital muss in den Fällen des § 2 Abs. 3
geht. Vor Erlass der Rechtsverordnung sind die Ver-
nach Auffassung der Bundesanstalt jederzeit in einem
bände der Zahlungsinstitute zu hören.
angemessenen Verhältnis zum Gesamtbetrag der ge-
währten Kredite stehen.
Abschnitt 4
(2) Die Bundesanstalt trifft Maßnahmen, die erforder- Vo r s c h r i f t e n ü b e r
lich sind, um in Fällen, in denen ein Zahlungsinstitut zu die Beaufsichtigung
derselben Gruppe gehört wie ein anderes Zahlungsin- von Zahlungsinstituten,
stitut, ein Kreditinstitut, ein Finanzdienstleistungsinsti- s o f o r t i g e Vo l l z i e h b a r k e i t
tut, eine Vermögensverwaltungsgesellschaft oder ein
Versicherungsunternehmen, zu verhindern, dass Be- § 13
standteile, die für die Berechnung des haftenden Eigen-
kapitals in Frage kommen, mehrfach genutzt werden. Sicherungsanforderungen
Dies gilt auch dann, wenn ein Zahlungsinstitut neben (1) Erbringen Zahlungsinstitute Zahlungsdienste,
der Erbringung von Zahlungsdiensten anderen Ge- sind die Geldbeträge, die sie von den Zahlungsdienst-
schäftsaktivitäten nachgeht. nutzern oder über einen anderen Zahlungsdienstleister
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für die Ausführung von Zahlungsvorgängen entgegen- stitut tätigen Agenten, seine Zweigniederlassungen und
genommen haben, nach einer der in Satz 2 beschriebe- Auslagerungsunternehmen haben der Bundesanstalt,
nen Methoden zu sichern. Die Geldbeträge den Personen und Einrichtungen, derer sich die Bun-
1. desanstalt bei der Durchführung ihrer Aufgaben be-
dient, sowie der Deutschen Bundesbank auf Verlangen
a) dürfen zu keinem Zeitpunkt mit den Geldbeträgen Auskünfte über alle Geschäftsangelegenheiten zu ertei-
anderer natürlicher oder juristischer Personen als len und Unterlagen vorzulegen. Die Bundesanstalt
der Zahlungsdienstnutzer, für die sie gehalten kann, auch ohne besonderen Anlass, bei den Zahlungs-
werden, vermischt werden, instituten, ihren Zweigniederlassungen, Agenten und
b) müssen, wenn sie sich am Ende des auf den Tag Auslagerungsunternehmen Prüfungen vornehmen und
ihres Eingangs folgenden Geschäftstags noch in die Durchführung der Prüfungen der Deutschen Bun-
Händen des Zahlungsinstituts befinden und noch desbank übertragen. Die Bediensteten der Bundesan-
nicht dem Zahlungsempfänger übergeben oder stalt, der Deutschen Bundesbank sowie die sonstigen
an einen anderen Zahlungsdienstleister übermit- Personen, derer sich die Bundesanstalt bei der Durch-
telt worden sind, auf einem offenen Treuhand- führung der Prüfungen bedient, können hierzu die Ge-
konto bei einem Kreditinstitut hinterlegt oder in schäftsräume des Zahlungsinstituts, der Zweignieder-
sichere liquide Aktiva mit niedrigem Risiko, wie lassung, des Agenten oder des Auslagerungsunterneh-
von der Bundesanstalt definiert, investiert werden mens innerhalb der üblichen Betriebs- und Geschäfts-
und zeiten betreten und besichtigen. Die Betroffenen haben
c) sind so von den übrigen Vermögenswerten des Maßnahmen nach den Sätzen 2 und 3 zu dulden.
Zahlungsinstituts zu trennen, dass sie im Insol- (2) Die Bundesanstalt und die Deutsche Bundes-
venzfall nicht in die Insolvenzmasse des Zah- bank können zu den Hauptversammlungen, General-
lungsinstituts fallen und dessen Gläubiger auf versammlungen oder Gesellschafterversammlungen
sie auch nicht im Wege der Einzelvollstreckung sowie zu den Sitzungen der Aufsichtsorgane Vertreter
Zugriff haben, entsenden. Diese können in der Versammlung oder Sit-
oder zung das Wort ergreifen. Die Betroffenen haben Maß-
nahmen nach den Sätzen 1 und 2 zu dulden.
2. müssen durch eine Versicherung oder eine andere
vergleichbare Garantie bei einem im Geltungsbe- (3) Zahlungsinstitute haben auf Verlangen der Bun-
reich dieses Gesetzes zum Geschäftsbetrieb befug- desanstalt die Einberufung der in Absatz 2 Satz 1 be-
ten Versicherungsunternehmen oder Kreditinstitut, zeichneten Versammlungen, die Anberaumung von Sit-
das nicht zur selben Gruppe gehört wie das Zah- zungen der Verwaltungs- und Aufsichtsorgane sowie
lungsinstitut selbst, über einen Betrag abgesichert die Ankündigung von Gegenständen zur Beschlussfas-
werden, der demjenigen entspricht, der ohne die sung vorzunehmen. Die Bundesanstalt kann zu einer
Versicherung oder die andere vergleichbare Garantie nach Satz 1 anberaumten Sitzung Vertreter entsenden.
getrennt geführt werden müsste, und der im Falle Diese können in der Sitzung das Wort ergreifen. Die
der Zahlungsunfähigkeit des Zahlungsinstituts aus- Betroffenen haben Maßnahmen nach den Sätzen 2
zuzahlen ist. und 3 zu dulden. Absatz 2 bleibt unberührt.
(2) Muss ein Zahlungsinstitut Geldbeträge nach Ab- (4) Wer zur Auskunft verpflichtet ist, kann die Aus-
satz 1 absichern und ist ein Teil dieser Geldbeträge für kunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwor-
zukünftige Zahlungsvorgänge zu verwenden, während tung ihn selbst oder einen der in § 383 Abs. 1 Nr. 1
der verbleibende Teil für Dienste, die keine Zahlungs- bis 3 der Zivilprozessordnung bezeichneten Angehöri-
dienste sind, verwendet werden muss, gilt Absatz 1 gen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines
auch für den Anteil der Geldbeträge, der für zukünftige Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkei-
Zahlungsvorgänge zu verwenden ist. ten aussetzen würde.
(3) Das Zahlungsinstitut hat der Bundesanstalt wäh- § 15
rend des laufenden Geschäftsbetriebes auf Anforde-
rung darzulegen und nachzuweisen, dass es ausrei- Abberufung von
chende Maßnahmen ergriffen hat, um die in den Absät- Geschäftsleitern, Übertragung von
zen 1 und 2 genannten Anforderungen zu erfüllen. Wird Organbefugnissen auf Sonderbeauftragte
der Nachweis nicht erbracht oder sind die Maßnahmen (1) In den Fällen des § 10 Abs. 2 Nr. 3 und 4 kann die
nicht ausreichend, kann die Bundesanstalt das Zah- Bundesanstalt, statt die Erlaubnis aufzuheben, die Ab-
lungsinstitut auffordern, die erforderlichen Nachweise berufung der verantwortlichen Geschäftsleiter verlan-
vorzulegen oder Vorkehrungen zu treffen, die geeignet gen und diesen Geschäftsleitern auch die Ausübung
und erforderlich sind, die bestehenden Mängel zu be- ihrer Tätigkeit bei anderen Zahlungsinstituten untersa-
seitigen; die Bundesanstalt kann dafür eine angemes- gen.
sene Frist bestimmen. Werden die Nachweise oder Vor- (2) Die Bundesanstalt kann unter den Voraussetzun-
kehrungen nicht oder nicht fristgerecht vorgelegt oder gen des Absatzes 1 Befugnisse, die Organen des Insti-
ausgeführt, kann die Bundesanstalt Maßnahmen nach tuts zustehen, ganz oder teilweise auf einen Sonderbe-
§ 16 Abs. 2 treffen. auftragten übertragen, der zur Wahrung der Befugnisse
geeignet erscheint; § 36 Abs. 1a Satz 2 bis 5 des Kre-
§ 14 ditwesengesetzes gilt entsprechend.
Auskünfte und Prüfungen (3) Die Bundesanstalt kann die Abberufung eines
(1) Ein Zahlungsinstitut, die Mitglieder seiner Organe Geschäftsleiters auch verlangen und diesem Ge-
sowie seine Beschäftigten und die für das Zahlungsin- schäftsleiter auch die Ausübung seiner Tätigkeit bei
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Zahlungsinstituten untersagen, wenn dieser vorsätzlich higkeit oder Überschuldung die Eröffnung des Insol-
oder leichtfertig gegen die Bestimmungen dieses Ge- venzverfahrens zu beantragen, tritt an die Stelle der An-
setzes, des Geldwäschegesetzes sowie gegen die zur tragspflicht die Anzeigepflicht nach Satz 1. Das Insol-
Durchführung dieser Gesetze erlassenen Verordnungen venzverfahren über das Vermögen eines Zahlungsinsti-
oder gegen Anordnungen der Bundesanstalt verstoßen tuts findet im Falle der Zahlungsunfähigkeit, der Über-
hat und trotz Verwarnung durch die Bundesanstalt die- schuldung oder unter den Voraussetzungen des Satzes
ses Verhalten fortsetzt. 5 auch im Falle der drohenden Zahlungsunfähigkeit
statt. Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens
§ 16 über das Vermögen des Zahlungsinstituts kann nur von
Maßnahmen in der Bundesanstalt gestellt werden. Im Falle der drohen-
besonderen Fällen und Insolvenzantrag den Zahlungsunfähigkeit darf die Bundesanstalt den
Antrag jedoch nur mit Zustimmung des Instituts und
(1) Sinkt das Eigenkapital unter den höheren der nur dann stellen, wenn Maßnahmen nach Absatz 3
nach § 9 Nr. 3 und § 12 zu ermittelnden Beträge, kann nicht erfolgversprechend erscheinen. Vor der Bestel-
die Bundesanstalt lung des Insolvenzverwalters hat das Insolvenzgericht
1. Entnahmen durch die Inhaber oder Gesellschafter die Bundesanstalt zu hören. Der Bundesanstalt ist der
sowie die Ausschüttung von Gewinnen untersagen Eröffnungsbeschluss gesondert zuzustellen.
oder beschränken oder
§ 17
2. anordnen, dass das Zahlungsinstitut Maßnahmen
zur Verringerung von Risiken ergreift, soweit sich Vorlage von Jahresabschluss,
diese aus bestimmten Arten von Geschäften und Lagebericht und Prüfungsberichten
Produkten, insbesondere aus der Vergabe von Kre- (1) Zahlungsinstitute haben den Jahresabschluss in
diten, oder der Nutzung bestimmter Zahlungssys- den ersten drei Monaten des Geschäftsjahres für das
teme ergeben. vergangene Geschäftsjahr aufzustellen und den aufge-
(2) Ist die Erfüllung der Verpflichtungen eines Zah- stellten sowie später den festgestellten Jahresab-
lungsinstituts gegenüber seinen Gläubigern gefährdet, schluss und den Lagebericht der Bundesanstalt und
insbesondere für die Sicherheit der ihm anvertrauten der Deutschen Bundesbank jeweils unverzüglich einzu-
Vermögenswerte, oder besteht der begründete Ver- reichen. Der Jahresabschluss muss mit dem Bestäti-
dacht, dass eine wirksame Aufsicht über das Zahlungs- gungsvermerk oder einem Vermerk über die Versagung
institut nicht möglich ist, kann die Bundesanstalt zur der Bestätigung versehen sein. Der Abschlussprüfer
Abwendung dieser Gefahr einstweilige Maßnahmen hat den Bericht über die Prüfung des Jahresabschlus-
treffen. Sie kann insbesondere ses (Prüfungsbericht) unverzüglich nach Beendigung
der Prüfung der Bundesanstalt und der Deutschen
1. Anweisungen für die Geschäftsführung des Zah-
Bundesbank einzureichen.
lungsinstituts erlassen,
(2) Ein Zahlungsinstitut, das einen Konzernab-
2. Inhabern und Geschäftsleitern die Ausübung ihrer
schluss oder einen Konzernlagebericht aufstellt, hat
Tätigkeit untersagen oder beschränken und
diese Unterlagen der Bundesanstalt und der Deutschen
3. Aufsichtspersonen bestellen. Bundesbank unverzüglich einzureichen. Wird ein Prü-
(3) Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 2 fungsbericht von einem Konzernabschlussprüfer er-
Satz 1 vor, kann die Bundesanstalt zur Vermeidung stellt, hat dieser den Prüfungsbericht unverzüglich nach
des Insolvenzverfahrens vorübergehend Beendigung der Prüfung der Bundesanstalt und der
Deutschen Bundesbank einzureichen. Die Bestimmun-
1. die Annahme von Geldern und die Gewährung von
gen dieses Absatzes gelten entsprechend für einen Ein-
Darlehen verbieten,
zelabschluss nach § 325 Abs. 2a des Handelsgesetz-
2. ein Veräußerungs- und Zahlungsverbot an das Zah- buchs.
lungsinstitut erlassen,
3. die Schließung des Zahlungsinstituts für den Verkehr § 18
mit der Kundschaft anordnen und Besondere Pflichten des Prüfers
4. die Entgegennahme von Zahlungen, die nicht zur Til- (1) Bei der Prüfung des Jahresabschlusses sowie ei-
gung von Schulden gegenüber dem Zahlungsinstitut nes Zwischenabschlusses hat der Prüfer auch die wirt-
bestimmt sind, verbieten. schaftlichen Verhältnisse des Zahlungsinstituts zu prü-
§ 46 Abs. 1 Satz 3 bis 6 und Abs. 2 sowie § 46c des fen. Bei der Prüfung des Jahresabschlusses hat er ins-
Kreditwesengesetzes gelten entsprechend. besondere festzustellen, ob das Zahlungsinstitut die
Anzeigepflichten nach § 29, auch in Verbindung mit ei-
(4) Wird ein Zahlungsinstitut zahlungsunfähig oder ner Rechtsverordnung nach § 29 Abs. 2, erfüllt hat. Der
tritt Überschuldung ein, so haben die Geschäftsleiter Prüfer hat auch zu prüfen, ob das Zahlungsinstitut
dies der Bundesanstalt unter Beifügung aussagefähiger
Unterlagen unverzüglich anzuzeigen; die Geschäftslei- 1. seinen Verpflichtungen nach dem Geldwäschege-
ter haben eine solche Anzeige unter Beifügung entspre- setz und der Verordnung (EG) Nr. 1781/2006 nach-
chender Unterlagen auch dann vorzunehmen, wenn gekommen ist und
das Zahlungsinstitut voraussichtlich nicht in der Lage 2. seinen Verpflichtungen nach § 2 Abs. 3, nach § 12
sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten zum Zeit- auch in Verbindung mit der Rechtsverordnung nach
punkt der Fälligkeit zu erfüllen (drohende Zahlungsun- dessen Absatz 6, nach den §§ 13, 19 bis 22 sowie
fähigkeit). Soweit diese Personen nach anderen nach § 30 auch in Verbindung mit der Rechtsverord-
Rechtsvorschriften verpflichtet sind, bei Zahlungsunfä- nung nach dessen Absatz 3 nachgekommen ist.
1516 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009
(2) Der Prüfer hat unverzüglich der Bundesanstalt lungsdienstnutzer vor oder während der Aufnahme der
und der Deutschen Bundesbank anzuzeigen, wenn Geschäftsbeziehung über seinen Status informiert und
ihm bei der Prüfung Tatsachen bekannt werden, welche unverzüglich von der Beendigung dieses Status in
die Einschränkung oder Versagung des Bestätigungs- Kenntnis setzt. Die erforderlichen Nachweise für die Er-
vermerkes rechtfertigen, die den Bestand des Zah- füllung seiner Pflichten nach Satz 1 muss das Zah-
lungsinstituts gefährden oder seine Entwicklung we- lungsinstitut mindestens bis fünf Jahre nach dem Ende
sentlich beeinträchtigen können, die einen erheblichen des Status des Agenten aufbewahren.
Verstoß gegen die Vorschriften über die Zulassungsvo-
(3) Die Bundesanstalt kann einem Zahlungsinstitut,
raussetzungen des Zahlungsinstituts oder die Aus-
das die Auswahl oder Überwachung seiner Agenten
übung einer Tätigkeit nach diesem Gesetz darstellen
nicht ordnungsgemäß durchgeführt hat oder die ihm
oder die schwerwiegende Verstöße der Geschäftsleiter
im Zusammenhang mit der Führung des Zahlungsinsti-
gegen Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag er-
tuts-Registers nach § 30 Abs. 1 übertragenen Pflichten
kennen lassen. Auf Verlangen der Bundesanstalt oder
verletzt hat, untersagen, Agenten im Sinne der Absätze
der Deutschen Bundesbank hat der Prüfer ihnen den
1 und 2 in das Zahlungsinstitut einzubinden. Die Unter-
Prüfungsbericht zu erläutern und sonstige bei der Prü-
sagung kann sich auf die Ausführung von Zahlungs-
fung bekannt gewordene Tatsachen mitzuteilen, die ge-
diensten durch einzelne Agenten oder auf die Einbin-
gen eine ordnungsmäßige Durchführung der Geschäfte
dung von Agenten insgesamt beziehen.
des Zahlungsinstituts sprechen. Die Anzeige-, Erläute-
rungs- und Mitteilungspflichten nach den Sätzen 1 und (4) Beabsichtigt ein Zahlungsinstitut durch Beauftra-
2 bestehen auch in Bezug auf ein Unternehmen, das gung eines Agenten in einem anderen Mitgliedstaat der
mit dem Zahlungsinstitut in enger Verbindung steht, so- Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat
fern dem Prüfer die Tatsachen im Rahmen der Prüfung des Abkommens über den Europäischen Wirtschafts-
des Zahlungsinstituts bekannt werden. Der Prüfer haf- raum Zahlungsdienste zu erbringen, so muss es das
tet nicht für die Richtigkeit von Tatsachen, die er nach Verfahren nach § 25 befolgen. Die Bundesanstalt setzt
diesem Absatz in gutem Glauben anzeigt. die zuständigen Behörden des anderen Staates von ih-
rer Absicht, den Agenten in das Zahlungsinstituts-Re-
(3) Das Bundesministerium der Finanzen kann im
gister nach § 30 Abs. 1 Nr. 3 einzutragen, in Kenntnis
Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz
und berücksichtigt die Stellungnahme des anderen
und nach Anhörung der Deutschen Bundesbank durch
Staates, bevor die Eintragung vorgenommen wird.
Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates
nähere Bestimmungen über den Gegenstand der Prü- (5) Das Bundesministerium der Finanzen kann im
fung, den Zeitpunkt ihrer Durchführung und den Inhalt Benehmen mit der Deutschen Bundesbank durch
der Prüfungsberichte erlassen, soweit dies zur Erfüllung Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates
der Aufgaben der Bundesanstalt erforderlich ist, insbe- nähere Bestimmungen über Art, Umfang und Form der
sondere um Missstände, welche die Sicherheit der dem Nachweise im Sinne des Absatzes 2 Satz 2 erlassen,
Zahlungsinstitut anvertrauten Vermögenswerte gefähr- soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben der Bundesan-
den oder die ordnungsmäßige Durchführung der Zah- stalt erforderlich ist. Es kann diese Ermächtigung durch
lungsdienste beeinträchtigen können, zu erkennen so- Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates
wie einheitliche Unterlagen zur Beurteilung der von den auf die Bundesanstalt mit der Maßgabe übertragen,
Zahlungsinstituten durchgeführten Geschäfte zu erhal- dass Rechtsverordnungen der Bundesanstalt im Ein-
ten. Es kann diese Ermächtigung durch Rechtsverord- vernehmen mit der Deutschen Bundesbank ergehen.
nung ohne Zustimmung des Bundesrates auf die Bun- Vor Erlass der Rechtsverordnung sind die Verbände
desanstalt übertragen. der Zahlungsinstitute anzuhören.
(4) § 29 des Kreditwesengesetzes bleibt unberührt.
§ 20
§ 19 Auslagerung
Inanspruchnahme von Agenten (1) Ein Zahlungsinstitut muss abhängig von Art, Um-
(1) Beabsichtigt ein Zahlungsinstitut, Zahlungs- fang, Komplexität und Risikogehalt einer Auslagerung
dienste über einen Agenten zu erbringen, hat es der von Aktivitäten und Prozessen auf ein anderes Unter-
Bundesanstalt und der Deutschen Bundesbank fol- nehmen, die für die Durchführung von Zahlungsdiens-
gende Angaben zu übermitteln: ten oder sonstigen zahlungsinstitutstypischen Dienst-
leistungen wesentlich sind, angemessene Vorkehrun-
1. Name und Anschrift des Agenten, gen treffen, um übermäßige zusätzliche Risiken zu ver-
2. eine Beschreibung der internen Kontrollmechanis- meiden. Eine Auslagerung darf weder die Ordnungsmä-
men, die der Agent anwendet, um die Anforderun- ßigkeit dieser Geschäfte und Dienstleistungen noch die
gen des Geldwäschegesetzes zu erfüllen, und Geschäftsorganisation beeinträchtigen. Insbesondere
muss ein angemessenes und wirksames Risikomana-
3. die Namen der Geschäftsleiter und der für die Ge- gement durch das Zahlungsinstitut gewährleistet blei-
schäftsleitung eines Agenten verantwortlichen Per- ben, welches die ausgelagerten Aktivitäten und Pro-
sonen, die zur Erbringung von Zahlungsdiensten zesse einbezieht. Die Auslagerung darf nicht zu einer
eingesetzt werden sollen, und den Nachweis, dass Delegation der Verantwortung der in § 8 Abs. 3 Nr. 9
sie zuverlässig und fachlich geeignet sind. bezeichneten Personen an das Auslagerungsunterneh-
(2) Bedient sich ein Zahlungsinstitut eines Agenten, men führen. Das Zahlungsinstitut bleibt bei einer Aus-
hat es sicherzustellen, dass dieser zuverlässig und lagerung für die Einhaltung der von ihm zu beachten-
fachlich geeignet ist, bei der Erbringung der Zahlungs- den gesetzlichen Bestimmungen verantwortlich. Durch
dienste die gesetzlichen Vorgaben erfüllt, den Zah- die Auslagerung darf die Bundesanstalt an der Wahr-
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nehmung ihrer Aufgaben nicht gehindert werden; ihre der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung
Auskunfts- und Prüfungsrechte sowie Kontrollmöglich- zweifelhaft oder ungewöhnlich sind, hat das Zah-
keiten müssen in Bezug auf die ausgelagerten Aktivitä- lungsinstitut diesen vor dem Hintergrund der laufen-
ten und Prozesse auch bei einer Auslagerung auf ein den Geschäftsbeziehung und einzelner Transaktio-
Unternehmen mit Sitz im Ausland durch geeignete Vor- nen nachzugehen. Ein Zahlungsinstitut darf perso-
kehrungen gewährleistet werden. Entsprechendes gilt nenbezogene Daten erheben und verwenden, soweit
für die Wahrnehmung der Aufgaben der Prüfer des Zah- dies zur Erfüllung dieser Pflicht erforderlich ist.
lungsinstituts. Eine Auslagerung bedarf einer schriftli- (2) Die §§ 6a, 24c, 25f Abs. 1 und 2 und § 25h des
chen Vereinbarung, welche die zur Einhaltung der vor- Kreditwesengesetzes sowie § 93 Abs. 7 und 8 in Ver-
stehenden Voraussetzungen erforderlichen Rechte des bindung mit § 93b der Abgabenordnung gelten für Zah-
Zahlungsinstituts, einschließlich Weisungs- und Kündi- lungsinstitute entsprechend.
gungsrechten, sowie die korrespondierenden Pflichten
des Auslagerungsunternehmens festschreibt. (3) Abweichend von § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des
Geldwäschegesetzes bestehen die Sorgfaltspflichten
(2) Beabsichtigt ein Zahlungsinstitut, wesentliche nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 und 3 des Geldwäschegesetzes
betriebliche Aufgaben von Zahlungsdiensten auszula- für Zahlungsinstitute bei Annahme von Bargeld im Rah-
gern, hat es die Bundesanstalt und die Deutsche Bun- men der Erbringung von Zahlungsdiensten nach § 1
desbank hiervon in Kenntnis zu setzen. Eine betriebli- Abs. 2 ungeachtet etwaiger im Geldwäschegesetz oder
che Aufgabe ist dann wesentlich, wenn deren unzurei- in diesem Gesetz genannter Schwellenbeträge.
chende oder unterlassene Wahrnehmung die dauer-
hafte Einhaltung der Zulassungsanforderungen oder (4) Die Bundesanstalt kann gegenüber einem Zah-
der anderen Verpflichtungen des Zahlungsinstituts lungsinstitut im Einzelfall Anordnungen treffen, die ge-
nach diesem Gesetz, seine finanzielle Leistungsfähig- eignet und erforderlich sind, die in Absatz 1 Satz 3 Nr. 1
keit oder die Solidität oder die Kontinuität seiner Zah- bis 4 genannten Vorkehrungen zu treffen. Die Bundes-
lungsdienste wesentlich beeinträchtigen würde. anstalt kann Kriterien bestimmen, bei deren Vorliegen
Zahlungsinstitute vom Einsatz von Datenverarbeitungs-
systemen nach Absatz 1 Satz 3 Nr. 4 absehen können.
§ 21
Aufbewahrung von Unterlagen § 23
Zahlungsinstitute haben für aufsichtsrechtliche Zwe- Sofortige Vollziehbarkeit
cke alle Unterlagen unbeschadet anderer gesetzlicher
Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnah-
Bestimmungen mindestens fünf Jahre aufzubewahren.
men der Bundesanstalt auf der Grundlage der §§ 4, 5,
§ 257 Abs. 3 und 5 des Handelsgesetzbuchs sowie
10 Abs. 2 Nr. 2 bis 4, § 14 Abs. 1, §§ 15, 16, 19 Abs. 3
§ 147 Abs. 5 und 6 der Abgabenordnung gelten ent-
und § 30 Abs. 2, jeweils auch in Verbindung mit § 26
sprechend. § 257 Abs. 4 des Handelsgesetzbuchs
Abs. 3 und 4, haben keine aufschiebende Wirkung.
bleibt unberührt.
Abschnitt 5
§ 22
Zusammenarbeit
Besondere organisatorische
mit anderen Behörden,
Pflichten von Zahlungsinstituten und
Z w e i g n i e d e r l a s s u n g , g r e n z ü b e r-
Sicherungsmaßnahmen gegen Geldwäsche
schreitender Dienstleistungsverkehr
(1) Ein Zahlungsinstitut muss über eine ordnungsge-
mäße Geschäftsorganisation verfügen. Die in § 8 Abs. 3 § 24
Nr. 9 bezeichneten Personen sind für die ordnungsge-
Zusammenarbeit mit anderen Behörden
mäße Geschäftsorganisation des Zahlungsinstituts ver-
antwortlich. Eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisa- Die Bundesanstalt und, soweit sie im Rahmen dieses
tion umfasst insbesondere Gesetzes tätig wird, die Deutsche Bundesbank arbeiten
bei der Aufsicht über Zahlungsinstitute, die in einem
1. angemessene Maßnahmen der Unternehmenssteue- anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder ei-
rung, Kontrollmechanismen und Verfahren, die ge- nem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den
währleisten, dass das Zahlungsinstitut seine Ver- Europäischen Wirtschaftsraum Zahlungsdienste erbrin-
pflichtungen erfüllt, gen, mit den zuständigen Behörden dieser Staaten zu-
2. eine vollständige Dokumentation der Geschäftstä- sammen; die §§ 8 und 9 des Kreditwesengesetzes gel-
tigkeit, die eine lückenlose Überwachung durch die ten entsprechend.
Bundesanstalt für ihren Zuständigkeitsbereich ge-
währleistet, § 25
3. ein angemessenes Notfallkonzept für IT-Systeme Errichten einer Zweigniederlassung,
und grenzüberschreitender Dienstleistungsverkehr
4. unbeschadet der Pflichten des § 9 Abs. 1 und 2 des (1) Ein Zahlungsinstitut, das die Absicht hat, eine
Geldwäschegesetzes ein angemessenes Risikoma- Zweigniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat
nagement und angemessene Kontrollmechanismen der Europäischen Union oder einem anderen Vertrags-
sowie Verfahren und Datenverarbeitungssysteme, staat des Abkommens über den Europäischen Wirt-
die die Einhaltung der Anforderungen des Geldwä- schaftsraum zu errichten, hat dies der Bundesanstalt
schegesetzes und der Verordnung (EG) Nr. 1781/ und der Deutschen Bundesbank unverzüglich nach
2006 gewährleisten. Bei Sachverhalten, die auf Maßgabe des Satzes 2 anzuzeigen. Die Anzeige muss
Grund des Erfahrungswissens über die Methoden enthalten
1518 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009
1. die Angabe des Staates, in dem die Zweigniederlas- ständige Behörde des Herkunftsstaates ist die Behör-
sung errichtet werden soll, de, die die Eintragung des Agenten oder der Zweignie-
2. einen Geschäftsplan, aus dem die Art der geplanten derlassung in das dortige Zahlungsinstituts-Register
Geschäfte, der organisatorische Aufbau der Zweig- ablehnen oder, falls bereits eine Eintragung erfolgt ist,
niederlassung und eine Absicht zur Heranziehung diese löschen kann.
von Agenten hervorgehen, (3) Auf Zweigniederlassungen im Sinne des Absat-
3. die Anschrift, unter der Unterlagen des Zahlungsin- zes 1 Satz 1 sind § 17 des Finanzdienstleistungsauf-
stituts im Staat, in dem es eine Zweigniederlassung sichtsgesetzes sowie die §§ 4, 5, 14 Abs. 1 und 4,
unterhält, angefordert und Schriftstücke zugestellt § 22 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 und 3, § 28 sowie § 29 Abs. 1
werden können, und Nr. 5 und 6 mit der Maßgabe entsprechend anzuwen-
den, dass eine oder mehrere Zweigniederlassungen
4. die Angabe der Leiter der Zweigniederlassung. desselben Unternehmens als ein Zahlungsinstitut gel-
(2) Absatz 1 Satz 1 gilt entsprechend für die Absicht, ten. Änderungen des Geschäftsplans, insbesondere
im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungs- der Art der geplanten Geschäfte und des organisatori-
verkehrs in einem anderen Mitgliedstaat der Europäi- schen Aufbaus der Zweigniederlassung, der Anschrift
schen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Ab- und der Leiter, sind der Bundesanstalt und der Deut-
kommens über den Europäischen Wirtschaftsraum schen Bundesbank mindestens einen Monat vor dem
Zahlungsdienste zu erbringen. Die Anzeige hat die An- Wirksamwerden der Änderungen schriftlich anzuzeigen.
gabe des Staates, in dem die grenzüberschreitende Für die Tätigkeiten im Wege des grenzüberschreitenden
Dienstleistung erbracht werden soll, einen Geschäfts- Dienstleistungsverkehrs nach Absatz 1 Satz 1 gelten
plan mit Angabe der beabsichtigten Tätigkeiten und § 17 des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes sowie
die Angabe, ob in diesem Staat Agenten herangezogen die §§ 4, 5 und 14 Abs. 1 und 4 entsprechend.
werden sollen, zu enthalten. (4) Auf Agenten eines Zahlungsinstituts im Sinne des
(3) Die Bundesanstalt teilt den zuständigen Behör- Absatzes 1 Satz 1 sind § 17 des Finanzdienstleistungs-
den des Staates, in dem das Zahlungsinstitut eine aufsichtsgesetzes sowie die §§ 4, 5 und 14 Abs. 1 und
Zweigniederlassung unterhält oder grenzüberschrei- 4, § 22 Abs. 2 und 3 entsprechend anzuwenden.
tende Dienstleistungen erbringt, innerhalb eines Mo- (5) Stellt die Bundesanstalt fest, dass ein Unterneh-
nats nach Erhalt der Anzeigen nach Absatz 1 oder Ab- men im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 seinen aufsichts-
satz 2 die entsprechenden Angaben nach Absatz 1 rechtlichen Verpflichtungen nicht nachkommt, fordert
Satz 2 oder Absatz 2 Satz 2 mit. sie es auf, den Mangel innerhalb einer bestimmten Frist
zu beheben. Kommt es der Aufforderung nicht nach,
§ 26 unterrichtet sie die zuständigen Behörden des anderen
Unternehmen mit Sitz in einem anderen Staates. Ergreift der andere Staat keine Maßnahmen
Staat des Europäischen Wirtschaftsraums oder erweisen sich die Maßnahmen als unzureichend,
kann sie nach Unterrichtung der zuständigen Behörden
(1) Ein Zahlungsinstitut mit Sitz in einem anderen des anderen Staates die erforderlichen Maßnahmen er-
Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem an- greifen; erforderlichenfalls kann sie die Durchführung
deren Vertragsstaat des Abkommens über den Europäi- neuer Geschäfte im Inland untersagen. In dringenden
schen Wirtschaftsraum darf ohne Erlaubnis durch die Fällen kann die Bundesanstalt vor Einleitung des Ver-
Bundesanstalt über eine Zweigniederlassung oder im fahrens die erforderlichen Maßnahmen ergreifen.
Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsver-
kehrs im Inland Zahlungsdienste erbringen, wenn das (6) Die zuständigen Behörden des anderen Staates
Unternehmen von den zuständigen Behörden des an- können nach vorheriger Unterrichtung der Bundesan-
deren Staates zugelassen worden ist, die Geschäfte stalt selbst oder durch ihre Beauftragten die für die auf-
durch die Zulassung abgedeckt sind und das Unter- sichtsrechtliche Überwachung der Zweigniederlassung
nehmen von den zuständigen Behörden nach Vorschrif- erforderlichen Informationen bei der Zweigniederlas-
ten, die denen der Richtlinie 2007/64/EG des Europäi- sung prüfen.
schen Parlaments und des Rates vom 13. November
2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Ände- § 27
rung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG Zweigstellen von Unternehmen mit Sitz
und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/ außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums
5/EG (ABl. EU Nr. L 319 S. 1) entsprechen, beaufsich-
tigt wird. § 14 der Gewerbeordnung bleibt unberührt. (1) Unterhält ein Unternehmen mit Sitz außerhalb der
Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder der ande-
(2) Hat die Bundesanstalt im Fall des Absatzes 1 tat- ren Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäi-
sächliche Anhaltspunkte dafür, dass im Zusammen- schen Wirtschaftsraum eine Zweigstelle im Inland, die
hang mit der geplanten Beauftragung eines Agenten Zahlungsdienste erbringt, gilt die Zweigstelle als Zah-
oder der Gründung einer Zweigniederlassung Geldwä- lungsinstitut. Unterhält das Unternehmen mehrere
sche im Sinne des § 261 des Strafgesetzbuchs oder Zweigstellen im Inland, gelten diese als ein Zahlungs-
Terrorismusfinanzierung im Sinne des § 1 Abs. 2 des institut.
Geldwäschegesetzes stattfinden, stattgefunden haben
oder versucht wurden, oder dass die Beauftragung des (2) Auf die in Absatz 1 bezeichneten Zahlungsinsti-
Agenten oder die Gründung der Zweigniederlassung tute ist dieses Gesetz mit folgender Maßgabe anzu-
das Risiko erhöht, dass Geldwäsche oder Terrorismus- wenden:
finanzierung stattfinden, so unterrichtet die Bundesan- 1. Das Unternehmen hat mindestens zwei natürliche
stalt die zuständige Behörde des Herkunftsstaates. Zu- Personen mit Wohnsitz im Inland zu bestellen, die
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009 1519
für den Geschäftsbereich des Zahlungsinstituts zur 2. rechtsfähige Verbände zur Förderung gewerblicher
Geschäftsführung und zur Vertretung des Unterneh- Interessen,
mens befugt sind. Solche Personen gelten als Ge- a) die insbesondere nach ihrer persönlichen, sachli-
schäftsleiter. Sie sind zur Eintragung in das Handels- chen und finanziellen Ausstattung imstande sind,
register anzumelden. Bei Zahlungsinstituten mit ge- ihre satzungsgemäßen Aufgaben der Verfolgung
ringer Größe mit geringem Geschäftsvolumen ge- gewerblicher Interessen tatsächlich wahrzuneh-
nügt ein Geschäftsleiter. men und
2. Das Zahlungsinstitut ist verpflichtet, über die von b) denen eine erhebliche Zahl von Unternehmen an-
ihm betriebenen Geschäfte und über das seinem gehört, die Zahlungsdienste auf demselben Markt
Geschäftsbetrieb dienende Vermögen des Unter- anbieten, wenn der Verstoß die Interessen der
nehmens gesondert Buch zu führen und gegenüber Mitglieder berührt und geeignet ist, den Wettbe-
der Bundesanstalt und der Deutschen Bundesbank werb nicht unerheblich zu verfälschen oder
Rechnung zu legen. Die Vorschriften des Handels-
3. die Industrie- und Handelskammern.
gesetzbuchs über Handelsbücher für Kreditinstitute
und Finanzdienstleistungsinstitute gelten insoweit (2) Beschwerden sind schriftlich oder zur Nieder-
entsprechend. Auf der Passivseite der jährlichen schrift bei der Bundesanstalt einzulegen und sollen
Vermögensübersicht ist der Betrag des dem Zah- den Sachverhalt sowie den Beschwerdegrund ange-
lungsinstitut von dem Unternehmen zur Verfügung ben. Bei Beschwerden von Zahlungsdienstnutzern we-
gestellten Betriebskapitals und der Betrag der dem gen behaupteter Verstöße von Zahlungsdienstleistern
Zahlungsinstitut zur Verstärkung der eigenen Mittel gegen die §§ 675c bis 676c des Bürgerlichen Gesetz-
belassenen Betriebsüberschüsse gesondert auszu- buchs und Artikel 248 des Einführungsgesetzes zum
weisen. Der Überschuss der Passivposten über die Bürgerlichen Gesetzbuche weist die Bundesanstalt in
Aktivposten oder der Überschuss der Aktivposten ihrer Antwort auch auf das Verfahren zur außergericht-
über die Passivposten ist am Schluss der Vermö- lichen Streitbeilegung nach § 14 des Unterlassungskla-
gensübersicht ungeteilt und gesondert auszuwei- gengesetzes hin.
sen. (3) Soweit die behaupteten Verstöße einen grenz-
3. Die nach Nummer 2 für den Schluss eines jeden Ge- überschreitenden Sachverhalt betreffen, gilt § 24 ent-
schäftsjahres aufzustellende Vermögensübersicht sprechend.
mit einer Aufwands- und Ertragsrechnung und einem
Anhang gilt als Jahresabschluss (§ 17). Für die Prü- Abschnitt 7
fung des Jahresabschlusses gilt der § 340k des Anzeigen,
Handelsgesetzbuchs entsprechend mit der Maßga- Z a h l u n g s i n s t i t u t s - R e g i s t e r,
be, dass der Prüfer von den Geschäftsleitern ge- S t r a f b e s t i m m u n g e n , B u ß g e l d v o r-
wählt und bestellt wird. Mit dem Jahresabschluss schriften und Übergangsvorschriften
des Zahlungsinstituts ist der Jahresabschluss des
Unternehmens für das gleiche Geschäftsjahr einzu- § 29
reichen.
Anzeigen
4. Als Eigenkapital des Zahlungsinstituts gilt die (1) Ein Zahlungsinstitut hat der Bundesanstalt und
Summe der Beträge, die der vierteljährlichen Mel- der Deutschen Bundesbank unverzüglich anzuzeigen
dung nach § 12 Abs. 4 als dem Zahlungsinstitut
von dem Unternehmen zur Verfügung gestelltes Be- 1. die Absicht der Bestellung eines Geschäftsleiters
triebskapital und ihm zur Verstärkung der eigenen und der Ermächtigung einer Person zur Einzelver-
Mittel belassene Betriebsüberschüsse ausgewiesen tretung des Zahlungsinstituts in dessen gesamten
wird, abzüglich des Betrags eines etwaigen aktiven Geschäftsbereich unter Angabe der Tatsachen, die
Verrechnungssaldos. für die Beurteilung der Zuverlässigkeit und der
fachlichen Eignung wesentlich sind, und den Voll-
zug einer solchen Absicht,
Abschnitt 6
2. das Ausscheiden eines Geschäftsleiters sowie die
Außergerichtliches Entziehung der Befugnis zur Einzelvertretung des
Beschwerdeverfahren Zahlungsinstituts in dessen gesamten Geschäfts-
bereich,
§ 28 3. die Änderung der Rechtsform, soweit nicht bereits
Beschwerden über Zahlungsdienstleister eine Erlaubnis nach § 8 erforderlich ist, und die Än-
derung der Firma,
(1) Zahlungsdienstnutzer und die Stellen nach Satz 2
4. den Erwerb oder die Aufgabe einer bedeutenden
können jederzeit wegen behaupteter Verstöße eines
Beteiligung an dem eigenen Zahlungsinstitut, das
Zahlungsdienstleisters im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1
Erreichen, das Über- oder das Unterschreiten der
bis 5 gegen dieses Gesetz und die §§ 675c bis 676c
Beteiligungsschwellen von 20 Prozent, 30 Prozent
des Bürgerlichen Gesetzbuchs und Artikel 248 des Ein-
und 50 Prozent der Stimmrechte oder des Kapitals
führungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche Be-
sowie die Tatsache, dass das Zahlungsinstitut
schwerde bei der Bundesanstalt einlegen. Beschwer-
Tochterunternehmen eines anderen Unternehmens
debefugte Stellen sind
wird oder nicht mehr ist, sobald das Zahlungsinsti-
1. qualifizierte Einrichtungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 des tut von der bevorstehenden Änderung dieser Betei-
Unterlassungsklagengesetzes, ligungsverhältnisse Kenntnis erlangt,
1520 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009
5. einen Verlust in Höhe von 25 Prozent des haftenden § 30
Eigenkapitals, Zahlungsinstituts-Register
6. die Verlegung der Niederlassung oder des Sitzes, (1) Die Bundesanstalt führt auf ihrer Internetseite ein
laufend zu aktualisierendes Zahlungsinstituts-Register,
7. die Einstellung des Geschäftsbetriebs, in das sie einträgt
1. alle inländischen Zahlungsinstitute, denen sie eine
8. das Entstehen, die Änderung oder die Beendigung
Erlaubnis nach § 8 Abs. 1 erteilt hat, mit dem Datum
einer engen Verbindung zu einer anderen natürli-
der Erteilung und dem Umfang der Erlaubnis und
chen Person oder einem anderen Unternehmen,
gegebenenfalls dem Datum des Erlöschens oder
9. die Absicht, sich mit einem anderen Zahlungsinsti- der Aufhebung der Erlaubnis,
tut zu vereinigen und 2. die von inländischen Zahlungsinstituten errichteten
Zweigniederlassungen unter Angabe des Staates,
10. die Absicht der Auslagerung sowie den Vollzug der in dem die Zweigniederlassung errichtet ist, des Um-
Auslagerung. fangs sowie des Zeitpunkts der Aufnahme der Ge-
schäftstätigkeit und
(2) Das Bundesministerium der Finanzen kann im
Benehmen mit der Deutschen Bundesbank durch 3. die Agenten, die für ein Zahlungsinstitut nach § 19
Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Abs. 2 tätig sind sowie das Datum des Beginns und
nähere Bestimmungen über Art, Umfang, Zeitpunkt und des Endes der Tätigkeit des jeweiligen Agenten.
Form der nach diesem Gesetz vorgesehenen Anzeigen (2) Liegen Tatsachen vor, die darauf schließen las-
und Vorlagen von Unterlagen und über die zulässigen sen, dass die der Bundesanstalt nach § 19 Abs. 1 von
Datenträger, Übertragungswege und Datenformate er- einem Zahlungsinstitut übermittelten Angaben über ei-
lassen und die bestehenden Anzeigepflichten durch nen Agenten nicht zutreffend sind, kann die Bundesan-
die Verpflichtung zur Erstattung von Sammelanzeigen stalt die Eintragung des Agenten in das Zahlungsinsti-
und die Einreichung von Sammelaufstellungen ergän- tuts-Register ablehnen.
zen, soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben der Bun-
(3) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch
desanstalt erforderlich ist. Es kann diese Ermächtigung
Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates
durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bun-
nähere Bestimmungen zum Inhalt und zur Führung des
desrates auf die Bundesanstalt mit der Maßgabe über-
Zahlungsinstituts-Registers sowie den Mitwirkungs-
tragen, dass Rechtsverordnungen der Bundesanstalt
pflichten der Zahlungsinstitute, deren Zweigniederlas-
im Einvernehmen mit der Deutschen Bundesbank erge-
sungen und Agenten bei der Führung des Zahlungsin-
hen. Vor Erlass der Rechtsverordnung sind die Ver-
stituts-Registers erlassen. Es kann insbesondere dem
bände der Zahlungsinstitute anzuhören.
Zahlungsinstitut einen schreibenden Zugriff auf die für
das Zahlungsinstitut einzurichtende Seite des Zah-
§ 29a lungsinstituts-Registers einräumen und ihm die Verant-
wortlichkeit für die Richtigkeit und Aktualität dieser
Monatsausweise und weitere Angaben Seite übertragen. Das Bundesministerium der Finanzen
kann diese Ermächtigung durch Rechtsverordnung
(1) Ein Zahlungsinstitut hat unverzüglich nach Ablauf ohne Zustimmung des Bundesrates auf die Bundesan-
eines jeden Monats der Deutschen Bundesbank einen stalt übertragen.
Monatsausweis einzureichen. Die Deutsche Bundes-
bank leitet diese Meldungen an die Bundesanstalt mit § 31
ihrer Stellungnahme weiter; diese kann auf die Weiter-
leitung bestimmter Meldungen verzichten. Strafvorschriften
(1) Wer
(2) In den Fällen des § 12 Abs. 2 kann die Bundes-
1. entgegen § 2 Abs. 1 oder Abs. 3 Satz 1 Einlagen
anstalt festlegen, ob und wie ein Zahlungsinstitut un-
oder andere rückzahlbare Gelder entgegennimmt
verzüglich nach Ablauf eines jeden Monats der Deut-
oder Kredit gewährt,
schen Bundesbank einen zusammengefassten Monats-
ausweis einzureichen hat. 2. ohne Erlaubnis nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Zahlungs-
dienste erbringt oder
(3) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch 3. entgegen § 16 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 eine Anzeige
Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig erstattet,
im Benehmen mit der Deutschen Bundesbank nähere
Bestimmungen über Inhalt, Art, Umfang und Zeitpunkt wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit
sowie über die zulässigen Datenträger, Übertragungs- Geldstrafe bestraft.
wege und Datenformate der Monatsausweise und über (2) Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe
weitere Angaben erlassen, um Einblick in die Entwick- Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
lung der Vermögens- und Ertragslage der Zahlungsin-
stitute zu erhalten, soweit dies zur Erfüllung der Aufga- § 32
ben der Bundesanstalt erforderlich ist. Das Bundesmi-
nisterium der Finanzen kann die Ermächtigung durch Bußgeldvorschriften
Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt mit der Maß- (1) Ordnungswidrig handelt, wer einer vollziehbaren
gabe übertragen, dass die Rechtsverordnung im Ein- Anordnung nach § 15 Abs. 1 oder Abs. 3 zuwiderhan-
vernehmen mit der Deutschen Bundesbank ergeht. delt.
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009 1521
(2) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder § 35
leichtfertig
Übergangsvorschriften
1. entgegen § 17 Abs. 1 Satz 1 oder 3, Abs. 2 Satz 1
oder 2 oder § 29a Abs. 1 Satz 1, dieser auch in Ver- (1) Für Kreditinstitute, die am 31. Oktober 2009 eine
bindung mit Abs. 2 sowie einer Rechtsverordnung Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 des Kreditwesengesetzes
nach Abs. 3 Satz 1 einen Jahresabschluss, einen für das Girogeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2
Lagebericht, einen Prüfungsbericht, einen Konzern- Nr. 9 des Kreditwesengesetzes in der vor dem 31. Ok-
abschluss, einen Konzernlagebericht oder einen Mo- tober 2009 geltenden Fassung haben, gilt die Erlaubnis
natsausweis nicht, nicht richtig, nicht vollständig nach § 8 Abs. 1 für alle Zahlungsdienste im Sinne des
oder nicht rechtzeitig einreicht oder § 1 Abs. 2 zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Ge-
setzes als erteilt. Wenn das Kreditinstitut binnen zwei
2. entgegen § 25 Abs. 1 Satz 1 oder § 29 Abs. 1 Nr. 4
Monaten nach dem 31. Oktober 2009 durch schriftliche
bis 9 oder Nr. 10 eine Anzeige nicht, nicht richtig,
Erklärung an die Bundesanstalt mit Bezug auf diese Be-
nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet.
stimmung hierauf verzichtet, gilt die Erlaubnis von An-
(3) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fang an als nicht erteilt.
fahrlässig
(2) Unternehmen, die mit einer Erlaubnis nach § 32
1. einer vollziehbaren Auflage nach § 8 Abs. 6 zuwider- Abs. 1 des Kreditwesengesetzes vor dem 25. Dezember
handelt, 2007
2. entgegen § 14 Abs. 1 Satz 1 eine Auskunft nicht,
nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig 1. die Besorgung von Zahlungsaufträgen nach § 1
erteilt oder eine Unterlage nicht, nicht richtig, nicht Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 des Kreditwesengesetzes in
vollständig oder nicht rechtzeitig vorlegt, der vor dem 31. Oktober 2009 geltenden Fassung
oder
3. entgegen § 14 Abs. 1 Satz 4 eine Maßnahme nicht
duldet, 2. die Ausgabe oder Verwaltung von Kreditkarten, es
sei denn, der Kartenemittent war auch der Erbringer
4. entgegen § 14 Abs. 3 Satz 1 eine dort genannte
der dem Zahlungsvorgang zugrunde liegenden Leis-
Maßnahme nicht oder nicht rechtzeitig vornimmt
tung, nach § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 8 des Kreditwe-
oder
sengesetzes in der vor dem 31. Oktober 2009 gel-
5. einer vollziehbaren Anordnung nach § 16 Abs. 3 tenden Fassung
Satz 1 oder § 22 Abs. 4 Satz 1 zuwiderhandelt.
aufgenommen haben, dürfen ihre Tätigkeit bis zum
(4) Die Ordnungswidrigkeit kann in Fällen des Absat-
30. April 2011 ohne eine Erlaubnis nach § 8 fortsetzen.
zes 1 mit einer Geldbuße bis zu fünfhunderttausend
Bis zu dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Erlaub-
Euro und in den übrigen Fällen mit einer Geldbuße bis
nis nach § 8 sind für Unternehmen, die Geschäfte nach
zu fünfzigtausend Euro geahndet werden.
Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 betreiben, die Vorschriften des
Kreditwesengesetzes weiter anzuwenden mit Aus-
§ 33
nahme des § 2b Abs. 2, der §§ 10, 11 bis 18, 24 Abs. 1
Zuständige Verwaltungsbehörde Nr. 9, der §§ 24a, 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, des § 35 Abs. 2
Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 Nr. 5 und der §§ 46a bis 46c des Kreditwesengesetzes.
des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist die Bun- Für Unternehmen nach Satz 1, die nach § 2 Abs. 4 des
desanstalt. Kreditwesengesetzes freigestellt sind, sind die Vor-
schriften des Kreditwesengesetzes mit Ausnahme der
§ 34 §§ 2c, 10 bis 18, 24, 24a, 25 bis 38, 45, 46 bis 46c und
51 Abs. 1 des Kreditwesengesetzes weiter anzuwen-
Mitteilung in Strafsachen
den.
Das Gericht, die Strafverfolgungs- oder die Strafvoll-
streckungsbehörde hat in Strafverfahren gegen Inhaber (3) Tätigkeiten, die ohne Verstoß gegen den Erlaub-
oder Geschäftsleiter von Zahlungsinstituten sowie ge- nisvorbehalt nach § 32 Abs. 1 des Kreditwesengeset-
gen Inhaber bedeutender Beteiligungen an Zahlungsin- zes vor dem 25. Dezember 2007 aufgenommen worden
stituten oder deren gesetzliche Vertreter wegen Verlet- sind, dürfen ohne eine Erlaubnis nach § 8 bis zum
zung ihrer Berufspflichten oder anderer Straftaten bei 30. April 2011 fortgesetzt werden. §§ 14 und 22 Abs. 1
oder im Zusammenhang mit der Ausübung eines Ge- Satz 3 Nr. 4, soweit sie zur Sicherstellung der Einhal-
werbes oder dem Betrieb einer sonstigen wirtschaftli- tung der Pflichten aus dem Geldwäschegesetz erfor-
chen Unternehmung, im Fall der Erhebung der öffent- derlich sind, sowie die Erfüllung der Pflichten des Un-
lichen Klage der Bundesanstalt ternehmens aus dem Geldwäschegesetz bleiben hier-
von unberührt.
1. die Anklageschrift oder eine an ihre Stelle tretende
Antragsschrift, (4) Unternehmen im Sinne des § 53b Abs. 7 des Kre-
2. den Antrag auf Erlass eines Strafbefehls und ditwesengesetzes, die im Einklang mit einzelstaatli-
chem Recht vor dem 25. Dezember 2007 die in Anhang
3. die das Verfahren abschließende Entscheidung mit I Nr. 4 der Richtlinie 2006/48/EG genannten Tätigkeiten
Begründung aufgenommen haben und die die Anforderungen des
zu übermitteln; ist gegen die Entscheidung ein Rechts- § 53b Abs. 7 Satz 1 Nr. 7 des Kreditwesengesetzes
mittel eingelegt worden, ist die Entscheidung unter Hin- erfüllen, können diese Tätigkeiten im Inland abwei-
weis auf das eingelegte Rechtsmittel zu übermitteln. chend von § 8 ohne Erlaubnis der Bundesanstalt aus-
§ 60a Abs. 1a bis 3 des Kreditwesengesetzes gilt ent- üben, wenn sie den zuständigen Behörden des Her-
sprechend. kunftsstaates diese Tätigkeiten anzeigen.
1522 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009
(5) §§ 7 und 28 bleiben in den Fällen der Absätze 1 „(3) Abweichend von § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des
bis 4 unberührt. Geldwäschegesetzes bestehen die Sorgfaltspflich-
ten nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 und 3 des Geldwäschege-
Artikel 2 setzes für Verpflichtete nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2
des Geldwäschegesetzes bei der Annahme von
Änderung des Kreditwesengesetzes Bargeld ungeachtet etwaiger im Geldwäschegesetz
Das Kreditwesengesetz in der Fassung der Bekannt- oder in diesem Gesetz genannter Schwellenbeträ-
machung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776), ge, soweit ein Sortengeschäft im Sinne des § 1
zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom Abs. 1a Satz 2 Nr. 7 nicht über ein bei dem Ver-
20. März 2009 (BGBl. I S. 607), wird wie folgt geändert: pflichteten eröffnetes Konto des Kunden abgewi-
1. § 1 wird wie folgt geändert: ckelt wird und die Transaktion einen Wert von
2 500 Euro oder mehr aufweist.“
a) Absatz 1 Satz 2 Nr. 9 wird wie folgt gefasst:
9. Dem § 32 wird folgender Absatz 6 angefügt:
„9. die Durchführung des bargeldlosen Scheck-
einzugs (Scheckeinzugsgeschäft), des „(6) Soweit einem Zahlungsinstitut eine Erlaub-
Wechseleinzugs (Wechseleinzugsgeschäft) nis nach § 8 Abs. 1 des Zahlungsdiensteaufsichts-
und die Ausgabe von Reiseschecks (Reise- gesetzes erteilt worden ist und dieses zusätzlich Fi-
scheckgeschäft).“ nanzdienstleistungen im Sinne des § 1 Abs. 1a
Satz 2 Nr. 9 erbringt, bedarf dieses Zahlungsinstitut
b) In Absatz 1a Satz 2 werden die Nummern 6 und keiner Erlaubnis nach Absatz 1. Die Anzeigepflicht
8 aufgehoben. nach § 14 Abs. 1 ist zu erfüllen und § 14 Abs. 2 bis
c) In Absatz 19 Nr. 1 werden nach dem Wort „Aus- 4 anzuwenden.“
land“ die Wörter „sowie Zahlungsinstitute im 10. In § 36 Abs. 2 werden nach dem Wort „Pfandbrief-
Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 5 des Zahlungsdiens- gesetzes“ ein Komma und die Wörter „des Zah-
teaufsichtsgesetzes“ eingefügt. lungsdiensteaufsichtsgesetzes“ eingefügt.
2. § 2 wird wie folgt geändert: 11. § 53b wird wie folgt geändert:
a) In Absatz 4 Satz 1 wird die Angabe „25 bis 38“ a) In Absatz 1 Satz 2 werden nach dem Wort „E-
durch die Angabe „25, 25a, 26 bis 38“ ersetzt. Geld-Institute“ ein Komma und die Wörter „so-
b) Absatz 7 wird wie folgt geändert: wie für Einlagenkreditinstitute und E-Geld-Insti-
aa) In Satz 1 werden die Wörter „dem Kreditkar- tute, die auch Zahlungsdienste im Sinne des
tengeschäft,“ und die Wörter „ , dem Finanz- Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes erbringen“
transfergeschäft“ gestrichen. eingefügt.
bb) Satz 3 wird aufgehoben. b) In Absatz 7 Satz 1 werden nach den Wörtern
„Finanzdienstleistungen im Sinne des § 1 Abs. 1a
3. § 10a wird wie folgt geändert: Satz 2 Nr. 7, 9 und 10“ die Wörter „ , oder Zah-
a) In Absatz 1 Satz 2 wird das Wort „oder“ durch lungsdienste im Sinne des Zahlungsdiensteauf-
ein Komma ersetzt und nach dem Wort „Neben- sichtsgesetzes“ eingefügt.
dienstleistungen“ werden die Wörter „oder Zah-
lungsinstitute im Sinne des Zahlungsdiensteauf- Artikel 3
sichtsgesetzes“ eingefügt.
Änderung des
b) In Absatz 4 Satz 1 wird nach dem Wort „Finanz- Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes
unternehmen“ das Wort „oder“ durch ein
Komma ersetzt und nach dem Wort „Neben- Das Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz vom
dienstleistungen“ werden die Wörter „oder Zah- 22. April 2002 (BGBl. I S. 1310), zuletzt geändert durch
lungsinstitute im Sinne des Zahlungsdiensteauf- Artikel 9 des Gesetzes vom 20. März 2009 (BGBl. I
sichtsgesetzes“ eingefügt. S. 607), wird wie folgt geändert:
4. In § 10b Abs. 3 Satz 5 werden nach dem Wort „Ne- 1. § 15 Abs. 1 Satz 1 wird wie folgt geändert:
bendienstleistungen,“ die Wörter „Zahlungsinstitute a) In Nummer 6 wird am Ende das Wort „oder“ ge-
im Sinne des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes,“ strichen.
eingefügt. b) In Nummer 7 Buchstabe c wird am Ende das Wort
5. In § 14 Abs. 1 Satz 1 wird nach der Angabe „§ 1 „oder“ angefügt.
Abs. 1a Satz 2 Nr. 4“ die Angabe „ , 9 oder 10“ c) Nach Nummer 7 wird folgende Nummer 8 ange-
eingefügt. fügt:
6. In § 24a Abs. 3 Satz 1 wird nach dem Wort „erbrin- „8. durch
gen“ das Wort „oder“ durch ein Komma ersetzt so-
wie nach dem Wort „anzubieten“ die Wörter „oder, a) die Bestellung eines Abwicklers nach § 4
im Falle von Einlagenkreditinstituten oder E-Geld- Abs. 1 Satz 2 des Zahlungsdiensteauf-
Instituten, Zahlungsdienste im Sinne des Zahlungs- sichtsgesetzes, nach § 10 Abs. 3 Satz 1
diensteaufsichtsgesetzes zu erbringen“ eingefügt. des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes in
Verbindung mit § 38 Abs. 2 Satz 2 oder 4
7. In § 25b werden die Wörter „und die Finanzdienst- des Kreditwesengesetzes, nach § 26
leistungsinstitute, die das Finanztransfergeschäft Abs. 3 oder 4, jeweils in Verbindung mit
nach § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 betreiben“ gestrichen. § 4 Abs. 1 Satz 2 des Zahlungsdiensteauf-
8. § 25f Abs. 3 wird wie folgt gefasst: sichtsgesetzes, oder einer Aufsichtsper-
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009 1523
son nach § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 des Zah- a) Kreditinstitute und entsprechend nach
lungsdiensteaufsichtsgesetzes, § 53 des Kreditwesengesetzes tätige Un-
ternehmen, die Bankgeschäfte betreiben
b) eine Bekanntmachung nach § 4 Abs. 1
und gleichzeitig Zahlungsdienste erbrin-
Satz 3, nach § 26 Abs. 3 oder 4, jeweils
gen, ausschließlich als Kreditinstitute, und
in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Satz 3 oder
eine Bekanntmachung nach § 10 Abs. 4 b) Finanzdienstleistungsinstitute und ent-
des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes, sprechend nach § 53 des Kreditwesenge-
setzes tätige Unternehmen, die gleichzei-
c) eine Prüfung, die vorgenommen wurde auf
tig Finanzdienstleistungen und Zahlungs-
Grund
dienste erbringen, ausschließlich als Fi-
aa) des § 5 Abs. 2, auch in Verbindung mit nanzdienstleistungsinstitute
Maßnahmen nach Abs. 3 oder 4 oder im Sinne der nachfolgenden Vorschriften gel-
des § 14 Abs. 1 Satz 2 des Zahlungs- ten,“ eingefügt.
diensteaufsichtsgesetzes,
2. § 6 wird wie folgt geändert:
bb) des § 26 Abs. 3 oder 4, jeweils in Ver-
a) In Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 wird nach dem Wort
bindung mit § 5 Abs. 2, 3 oder 4 oder
„Finanzdienstleistungs-,“ das Wort „Zahlungs-
§ 14 Abs. 1 Satz 2 des Zahlungs-
dienste-,“ eingefügt.
diensteaufsichtsgesetzes.“
b) Absatz 3 wird wie folgt geändert:
d) In dem Satzteil nach der neuen Nummer 8 wird
die Angabe „Nummern 1, 2, 4 und 7“ durch die aa) Satz 1 wird wie folgt geändert:
Angabe „Nummern 1, 2, 4, 7 und 8“ ersetzt. aaa) Im einleitenden Satzteil wird nach dem
2. § 16 wird wie folgt geändert: Wort „Finanzdienstleistungs-,“ das Wort
„Zahlungsdienste-,“ eingefügt und das
a) In Absatz 1 wird das Wort „Finanzdienstleistungs- Wort „Finanzdienstleistungsinstitute“
institute,“ durch die Wörter „Finanzdienstleis- durch die Wörter „Finanzdienstleis-
tungs- und Zahlungsinstitute,“ ersetzt. tungs- und Zahlungsinstitute“ ersetzt.
b) In Absatz 2 Satz 2 werden die Wörter „zuletzt ge- bbb) In Nummer 2 wird die Angabe „§ 1
ändert durch Artikel 10 des Gesetzes vom Abs. 1a Satz 2 Nr. 1c, 2 oder 3“ durch
20. März 2009 (BGBl. I S. 607)“ durch die Wörter die Angabe „§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1, 1c,
„die zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 2 oder 3“ ersetzt.
25. Juni 2009 (BGBl. I S. 1506) geändert worden
ccc) In Nummer 4 werden die Angabe „§ 1
sind“ ersetzt.
Abs. 1a Satz 2 Nr. 5 bis 8“ durch die
Angabe „§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 5 und
Artikel 4 7“ ersetzt und nach dem Wort „Kredit-
Änderung der Verordnung wesengesetzes“ die Wörter „und für
Zahlungsinstitute mit einer Erlaubnis
über die Erhebung von Gebühren
nach § 8 in Verbindung mit § 1 Abs. 1
und die Umlegung von Kosten nach Nr. 5 des Zahlungsdiensteaufsichtsge-
dem Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz setzes“ eingefügt.
Die Verordnung über die Erhebung von Gebühren bb) In den Sätzen 2 und 3 wird jeweils nach dem
und die Umlegung von Kosten nach dem Finanzdienst- Wort „Finanzdienstleistungs-,“ das Wort
leistungsaufsichtsgesetz vom 29. April 2002 (BGBl. I „Zahlungsdienste-,“ eingefügt.
S. 1504, 1847), zuletzt geändert durch Artikel 10 des
3. § 7 wird wie folgt geändert:
Gesetzes vom 20. März 2009 (BGBl. I S. 607) wird wie
folgt geändert: a) In Absatz 1 wird nach dem Wort „Finanzdienst-
leistungs-,“ das Wort „Zahlungsdienste-,“ einge-
1. § 5 wird wie folgt geändert:
fügt.
a) In Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 wird nach dem Wort b) In Absatz 2 Nr. 3 wird die Angabe „§ 2 Abs. 4, 5
„Finanzdienstleistungs-,“ das Wort „Zahlungs- oder Abs. 7 Satz 3“ durch die Angabe „§ 2 Abs. 4
dienste-,“ eingefügt. oder 5“ ersetzt.
b) Absatz 7 Satz 1 wird wie folgt geändert: 4. § 8 Abs. 2 Satz 1 wird wie folgt geändert:
aa) Im einleitenden Satzteil wird nach dem Wort a) In Nummer 3 werden die Wörter „bank- oder fi-
„Finanzdienstleistungs-,“ das Wort „Zah- nanzdienstleistungsfremde“ durch die Wörter
lungsdienste-,“ eingefügt. „bank-, finanz- oder zahlungsdienstleistungs-
bb) In Nummer 1 werden die Angabe „§ 1 Abs. 1a fremde“ ersetzt.
Satz 2 Nr. 1 bis 11“ durch die Angabe „§ 1 b) In Nummer 4 werden die Wörter „nach § 32 Abs. 1
Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 bis 5, 7 und 9 bis 11“ Satz 2 Nr. 5 und Satz 3 des Kreditwesengesetzes
ersetzt und nach dem Wort „erbringen,“ die in Verbindung mit § 14 Abs. 7 Nr. 1 der Anzeigen-
Wörter „sowie Zahlungsinstitute mit einer Er- verordnung vor der Aufnahme der Geschäfte vor-
laubnis nach § 8 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 zulegenden Planbilanz für das erste Geschäfts-
Nr. 5 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes jahr ausgewiesene Bilanzsumme“ durch die Wör-
und die nach § 27 des Zahlungsdiensteauf- ter „Planbilanz für das erste Geschäftsjahr ausge-
sichtsgesetzes tätigen Unternehmen, wobei wiesene Bilanzsumme, welche nach § 32 Abs. 1
1524 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009
Satz 2 Nr. 5 und Satz 3 des Kreditwesengesetzes 9.1 Amtshandlungen auf der Grundlage des
in Verbindung mit § 14 Abs. 7 Nr. 1 der Anzeigen- Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG)
verordnung oder nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 des Zah-
9.2 Amtshandlungen auf der Grundlage der
lungsdiensteaufsichtsgesetzes vorzulegen ist“ er-
Zahlungsinstituts-Eigenkapitalverord-
setzt.
nung (ZIEV)“.
5. Dem § 13 wird folgender Absatz 11 angefügt: b) In Nummer 1.1.13.1.1 werden die Wörter „Finanz-
„(11) Die §§ 5 bis 8 in der ab dem 31. Oktober transfer-, Sorten- und Kreditkartengeschäft“
2009 geltenden Fassung sind ab dem 31. Oktober durch die Wörter „und Sortengeschäft“ und die
2009 anzuwenden. Für Unternehmen, auf die § 35 Angabe „§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 5 bis 8“ durch
Abs. 2 Satz 1 und 2 des Zahlungsdiensteaufsichts- die Angabe „§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 5 und 7“ er-
gesetzes anzuwenden ist, gelten für den Zeitraum setzt.
vom 31. Oktober 2009 bis zum 30. April 2011 die c) In Nummer 1.1.13.1.5 wird jeweils die Angabe „§ 1
auf Zahlungsinstitute anzuwendenden Vorschriften Abs. 1a Satz 2 Nr. 1, 1a, 1c, 2 bis 11“ durch die
zur Umlageerhebung entsprechend.“ Angabe „§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1, 1a, 1c, 2 bis 5,
7 und 9 bis 11“ ersetzt.
6. Die Anlage (Gebührenverzeichnis) wird wie folgt ge-
ändert: d) In Nummer 1.1.13.1.6 wird jeweils die Angabe „§ 1
Abs. 1a Satz 2 Nr. 1, 1a, 1c, 2 bis 11“ durch die
a) Der Gliederung werden die folgenden Angaben Angabe „§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1, 1a, 1c, 2 bis 5,
angefügt: 7 und 9 bis 11“ ersetzt.
„9. Amtshandlungen auf der Grundlage des Zah- e) In den Nummern 1.1.16.1.3, 1.1.16.2.3, 1.1.17.1.3
lungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) und der und 1.1.17.2.3 werden jeweils die Wörter „Finanz-
Zahlungsinstituts-Eigenkapitalverordnung transfer-, das Sorten- und das Kreditkartenge-
(ZIEV) schäft“ durch das Wort „Sortengeschäft“ ersetzt.
f) Nach der Nummer 8.3.2 werden die folgenden Nummern 9 bis 9.2.4 angefügt:
Nr. Gebührentatbestand Gebühr in Euro
„9. Amtshandlungen auf der Grundlage des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes
(ZAG) und der Zahlungsinstituts-Eigenkapitalverordnung (ZIEV)
9.1 Amtshandlungen auf der Grundlage des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes
(ZAG)
9.1.1 Erteilung der Erlaubnis zur Erbringung von Zahlungsdiensten (§ 8 ZAG) 1 000
9.1.1.1 Erbringung eines einzelnen Zahlungsdienstes im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 1 bis 6 1 500 bis
ZAG 4 500
9.1.1.2 Erbringung sämtlicher Zahlungsdienste im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 1 bis 6 ZAG 5 000
9.1.2 Erlaubniserweiterung 50 % bis 100 %
Nachträgliche Erweiterung des Umfangs einer bestehenden Erlaubnis der Gebühr
nach Num-
mer 9.1.1 unter
Berücksich-
tigung des ins-
gesamt beste-
henden Erlaub-
nisumfangs
nach Erteilung
der erweiterten
Erlaubnis
9.1.3 Einschreiten gegen unerlaubte Zahlungsdienste
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009 1525
Nr. Gebührentatbestand Gebühr in Euro
9.1.3.1 Anordnung der sofortigen Einstellung des Geschäftsbetriebs und/oder 2 000
Anordnung der unverzüglichen Abwicklung der Geschäfte jeweils mit oder ohne
Erlass von Weisungen für die Abwicklung und/oder
Bestellung eines Abwicklers
(§ 4 Abs. 1 Satz 1 und/oder 2 ZAG; § 4 Abs. 1 Satz 4 ZAG auch in Verbindung mit
§ 4 Abs. 1 Satz 1 und/oder 2 ZAG;
§ 26 Abs. 3 oder 4 jeweils in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Satz 1 und/oder 2 ZAG;
§ 26 Abs. 3 oder 4 jeweils in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Satz 4, auch in Verbindung
mit § 4 Abs. 1 Satz 1 und/oder Satz 2 ZAG)
9.1.3.2 Jeder Folgebescheid zu einem Verwaltungsakt im Sinne von Nummer 9.3.1, 1 000
mit dem die unverzügliche Abwicklung der Geschäfte angeordnet wird und/oder
Weisungen für die Abwicklung erlassen werden und/oder
ein Abwickler bestellt wird
(§ 4 Abs. 1 Satz 1 und/oder 2 ZAG; § 4 Abs. 1 Satz 4 ZAG auch in Verbindung mit
§ 4 Abs. 1 Satz 1 und/oder 2 ZAG;
§ 26 Abs. 3 oder 4 jeweils in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Satz 1 und/oder 2 ZAG;
§ 26 Abs. 3 oder 4 jeweils in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Satz 4, auch in Verbindung
mit § 4 Abs. 1 Satz 1 und/oder Satz 2 ZAG)
9.1.4 Maßnahmen nach Aufhebung und Erlöschen der Erlaubnis
9.1.4.1 Anordnung der Abwicklung des Instituts, jeweils mit oder ohne Erlass von 2 000
Weisungen für die Abwicklung und/oder
Bestellung eines Abwicklers
(§ 10 Abs. 3 Satz 1 ZAG, jeweils in Verbindung mit § 38 Abs. 1 Satz 1 und 2 KWG,
§ 38 Abs. 2 Satz 1 und 4 KWG)
9.1.4.2 Jeder Folgebescheid zu einem Verwaltungsakt im Sinne von Nummer 9.4.1, 1 000
mit dem die Abwicklung des Instituts angeordnet wird und/oder
Weisungen für die Abwicklung erlassen werden und/oder
ein Abwickler bestellt wird,
(§ 10 Abs. 3 Satz 1 ZAG, jeweils in Verbindung mit § 38 Abs. 1 Satz 1 und 2 KWG,
§ 38 Abs. 2 Satz 1 und 4 KWG)
9.1.5 Amtshandlungen in Bezug auf den Erwerb bedeutender Beteiligungen
(§ 11 Abs. 1 Satz 2 und 3 ZAG in Verbindung mit § 2c KWG)
9.1.5.1 Untersagung des beabsichtigten Erwerbs einer bedeutenden Beteiligung oder 5 000
ihrer Erhöhung
(§ 11 Abs. 1 Satz 2 und 3 ZAG in Verbindung mit § 2c Abs. 1b Satz 1 KWG)
9.1.5.2 Untersagung der Ausübung von Stimmrechten; Anordnung, dass über die Anteile 5 000
nur mit Zustimmung der Bundesanstalt verfügt werden darf
(§ 11 Abs. 1 Satz 2 ZAG in Verbindung mit § 2c Abs. 2 Satz 1 KWG)
9.1.5.3 Beauftragung des Treuhänders mit der Veräußerung der Anteile, soweit sie eine 1 500
bedeutende Beteiligung begründen
(§ 11 Abs. 1 Satz 2 ZAG in Verbindung mit § 2c Abs. 2 Satz 4 KWG)
9.1.6 Eine oder mehrere Maßnahmen nach § 12 Abs. 2 ZAG 750
9.1.7 Maßnahmen gegen Geschäftsleiter
(§ 15 Abs. 1 und 3 ZAG)
9.1.7.1 Verlangen nach Abberufung 500
9.1.7.2 Untersagung der Ausübung ihrer Tätigkeit 250
9.1.8 Maßnahmen in besonderen Fällen
(§ 16 ZAG)
9.1.8.1 Eine oder mehrere Maßnahmen nach § 16 Abs. 1 ZAG 750
9.1.8.2 Eine oder mehrere Maßnahmen nach § 16 Abs. 2 ZAG 750
9.1.8.3 Eine oder mehrere Maßnahmen nach § 16 Abs. 3 ZAG 750
1526 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009
Nr. Gebührentatbestand Gebühr in Euro
9.1.9 Untersagung der Einbindung von Agenten in das Zahlungsinstitut 250
(§ 19 Abs. 3 ZAG)
9.1.10 Anordnung, die in § 22 Abs. 1 ZAG genannten Vorkehrungen zu treffen 750
(§ 22 Abs. 4 ZAG)
9.2 Amtshandlungen auf der Grundlage der Zahlungsinstituts-Eigenkapitalverord-
nung (ZIEV)
9.2.1 Bestimmung, dass die Berechnung des Eigenkapitals nach einer anderen 750
Methode als nach der gewählten zu erfolgen hat
(§ 3 Abs. 1 Satz 2 ZIEV)
9.2.2 Berichtigung der Anforderung an die Eigenkapitalunterlegung 750
(§ 4 Satz 2 ZIEV)
9.2.3 Verlangen auf Anpassung des Geschäftsplans 750
(§ 4 Satz 3 ZIEV)
9.2.4 Vorschreiben einer höheren oder Gestattung einer niedrigeren Eigenkapital- 750“.
unterlegung
(§ 7 ZIEV)
Artikel 5 institute“ und nach dem Wort „Finanzdienstleis-
tungsinstituten“ die Wörter „sowie Zahlungsinstitu-
Änderung
ten“ eingefügt.
des Geldwäschegesetzes
Das Geldwäschegesetz vom 13. August 2008 Artikel 6
(BGBl. I S.1690), geändert durch Artikel 5 des Gesetzes
vom 18. Juni 2009 (BGBl. I S. 1346), wird wie folgt ge-
Änderung
ändert: des Handelsgesetzbuchs
1. In § 2 Abs. 1 wird nach Nummer 2 folgende neue Das Handelsgesetzbuch in der im Bundesgesetzblatt
Nummer 2a eingefügt: Teil III, Gliederungsnummer 4100-1, veröffentlichten be-
reinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 1 des
„2a. Zahlungsinstitute im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 5 Gesetzes vom 25. Mai 2009 (BGBl. I S. 1102) wird wie
des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes und im folgt geändert:
Inland gelegene Zweigstellen und Zweignieder-
lassungen von Zahlungsinstituten mit Sitz im 1. In § 330 Abs. 2 Satz 1 werden nach den Wörtern
Ausland,“. „soweit sie nach dessen § 2 Abs. 6 oder 10 von
der Anwendung nicht ausgenommen sind,“ die Wör-
2. In § 9 Abs. 2 Nr. 1 wird die Angabe „§ 2 Abs. 1 Nr. 1, ter „sowie auf Zahlungsinstitute im Sinne des Zah-
2 und 4“ durch die Angabe „§ 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 2a lungsdiensteaufsichtsgesetzes,“ eingefügt.
und 4“ ersetzt, werden nach der Angabe „§ 104a
Abs. 2 Nr. 5“ die Wörter „des Versicherungsauf- 2. Dem § 340 wird folgender Absatz 5 angefügt:
sichtsgesetzes“ und vor der Angabe „§ 104k Nr. 3“ „(5) Dieser Unterabschnitt ist auch auf Zahlungs-
die Wörter „einer gemischten Finanzholding-Gesell- institute im Sinne des Zahlungsdiensteaufsichtsge-
schaft im Sinne des“ eingefügt und die Wörter setzes anzuwenden. § 340l ist nur auf Zahlungsinsti-
„ , soweit es sich bei den Tochterunternehmen um tute anzuwenden, die Kapitalgesellschaften sind.
solche handelt, die Geschäfte betreiben, die unter Zusätzliche Anforderungen auf Grund von Vorschrif-
die Richtlinie 2002/83/EG fallen, oder Unfallversi- ten, die wegen der Rechtsform oder für Zweignieder-
cherungsverträge mit Prämienrückgewähr anbieten“ lassungen bestehen, bleiben unberührt.“
durch die Wörter „in Bezug auf ihre Niederlassungen 3. In § 340k Abs. 4 werden nach dem Wort „Finanz-
und mehrheitlich in ihrem Eigentum befindliche Un- dienstleistungsinstitute“ die Wörter „und Zahlungs-
ternehmen, soweit diese jeweils Verträge im Sinne institute“ eingefügt.
des § 80c des Versicherungsaufsichtsgesetzes an-
bieten“ ersetzt.
Artikel 7
3. In § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 wird nach den Wörtern
„derselben gemischten Versicherungs-Holdingge-
Änderung des
sellschaft im Sinne des § 104a Abs. 2 Nr. 5“ die An- Versicherungsaufsichtsgesetzes
gabe „oder des § 104k Nr. 3“ durch die Wörter „des Das Versicherungsaufsichtsgesetz in der Fassung
Versicherungsaufsichtsgesetzes oder derselben ge- der Bekanntmachung vom 17. Dezember 1992
mischten Finanzholding-Gesellschaft im Sinne des (BGBl. 1993 I S. 2), zuletzt geändert durch Artikel 13
§ 104k Nr. 3“ ersetzt. Abs. 12 des Gesetzes vom 25. Mai 2009 (BGBl. I
4. In § 16 Abs. 2 Nr. 2 werden nach dem Wort „Finanz- S. 1102), wird wie folgt geändert:
dienstleistungsinstitute“ die Wörter „und Zahlungs- 1. § 80d Abs. 3 Satz 1 wird wie folgt gefasst:
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009 1527
„Versicherungsunternehmen im Sinne von § 80c ha- 3. In § 113 Abs. 3 wird nach der Angabe „66 Abs. 7,“
ben als Versicherungs-Holdinggesellschaft im Sinne die Angabe „§§ 80c bis 80f,“ eingefügt.
des § 104a Abs. 2 Nr. 4, als gemischte Versiche-
rungs-Holdinggesellschaft im Sinne des § 104a Artikel 8
Abs. 2 Nr. 5, als gemischte Finanzholding-Gesell-
Änderung des Gesetzes
schaft im Sinne des § 104k Nr. 3 oder als Mutterun-
ternehmen eines Finanzkonglomerats im Sinne des über die Landwirtschaftliche Rentenbank
§ 104k Nr. 4 in Bezug auf ihre Niederlassungen und In § 4 Abs. 2 des Gesetzes über die Landwirtschaft-
mehrheitlich in ihrem Eigentum befindliche Unter- liche Rentenbank in der Fassung der Bekanntmachung
nehmen, soweit diese jeweils Verträge im Sinne vom 4. September 2002 (BGBl. I S. 3646), das zuletzt
von § 80c anbieten, gruppenweite interne Siche- durch Artikel 4 des Gesetzes vom 20. März 2009
rungsmaßnahmen nach Absatz 1 und § 9 des Geld- (BGBl. I S. 607) geändert worden ist, werden die Wörter
wäschegesetzes zu treffen, die Einhaltung der Sorg- „das Girogeschäft“ durch die Wörter „Zahlungsdienste
faltspflichten nach den §§ 3, 5 und 6 des Geldwä- im Sinne des § 1 Abs. 2 des Zahlungsdiensteaufsichts-
schegesetzes und § 80e dieses Gesetzes sowie die gesetzes“ ersetzt.
Einhaltung der Aufzeichnungs- und Aufbewahrungs-
pflichten nach § 8 des Geldwäschegesetzes sicher- Artikel 9
zustellen, soweit dies nach dem Recht des Staates,
Inkrafttreten
in dem die Niederlassung oder das Unternehmen
ansässig ist, jeweils zulässig ist.“ (1) In Artikel 1 treten § 11 Abs. 2, § 12 Abs. 6, § 18
Abs. 3, § 19 Abs. 5, § 29 Abs. 2, § 29a Abs. 3 und § 30
2. In § 104k Nr. 2 Buchstabe b werden nach dem Wort Abs. 3 sowie in Artikel 2 Nummer 2 Buchstabe a und
„Ausland“ die Wörter „sowie Zahlungsinstitute im Nummer 5 am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Sinne des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes“ ein- (2) Im Übrigen tritt dieses Gesetz am 31. Oktober
gefügt. 2009 in Kraft.
Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates
sind gewahrt.
Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt. Es
ist im Bundesgesetzblatt zu verkünden.
Berlin, den 25. Juni 2009
Der Bundespräsident
Horst Köhler
Die Bundeskanzlerin
Dr. A n g e l a M e r k e l
Der Bundesminister der Finanzen
Peer Steinbrück
1528 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009
Gesetz
zur Änderung des Einlagensicherungs- und
Anlegerentschädigungsgesetzes und anderer Gesetze*)
Vom 25. Juni 2009
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlos- eingetretene Vermögensverlust des Gläubigers
sen: durch Leistungen Dritter ausgeglichen wird.“
4. § 5 wird wie folgt geändert:
Artikel 1
a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:
Änderung des Einlagensicherungs-
und Anlegerentschädigungsgesetzes aa) Satz 1 wird wie folgt gefasst:
Das Einlagensicherungs- und Anlegerentschädi- „Die Bundesanstalt hat den Entschädigungs-
gungsgesetz vom 16. Juli 1998 (BGBl. I S. 1842), das fall unverzüglich festzustellen, spätestens
zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 21. Dezember jedoch innerhalb von fünf Arbeitstagen,
2007 (BGBl. I S. 3089) geändert worden ist, wird wie nachdem sie davon Kenntnis erlangt hat,
folgt geändert: dass ein Institut nicht in der Lage ist,
Einlagen zurückzuzahlen, und spätestens
1. Der Überschrift wird folgende Abkürzung angefügt:
innerhalb von 21 Tagen, nachdem sie davon
„(EAEG)“. Kenntnis erlangt hat, dass ein Institut nicht in
der Lage ist, Verbindlichkeiten aus Wert-
2. § 1 wird wie folgt geändert: papiergeschäften zu erfüllen.“
a) Absatz 1 wird wie folgt geändert: bb) Nach Satz 2 wird folgender Satz eingefügt:
aa) In Nummer 2 wird nach der Angabe „§ 1 „Widerspruch und Anfechtungsklage gegen
Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 bis 4“ die Angabe „oder die Feststellung haben keine aufschiebende
Satz 3“ eingefügt. Wirkung.“
bb) In Nummer 3 wird nach der Angabe „§ 1 b) Absatz 2 wird wie folgt geändert:
Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 bis 4“ die Angabe „oder
Satz 3“ eingefügt. aa) In Satz 1 Halbsatz 2 werden die Wörter „von
drei Monaten nach Eintritt des Entschä-
cc) Nummer 4 wird wie folgt gefasst:
digungsfalles“ durch die Wörter „der in
„4. Kapitalanlagegesellschaften im Sinne Absatz 4 genannten Frist“ ersetzt.
des § 2 Abs. 6 des Investmentgesetzes,
bb) In Satz 2 wird das Wort „stellt“ durch das
denen eine Erlaubnis nach § 7 Abs. 1
Wort „hat“ ersetzt und werden nach dem
des Investmentgesetzes erteilt worden
Wort „unverzüglich“ die Wörter „ , spätestens
ist und die zur Erbringung der in § 7
jedoch innerhalb einer Woche,“ und nach
Abs. 2 Nr. 1, 3 und 4 des Investment-
den Wörtern „zur Verfügung“ die Wörter „zu
gesetzes genannten Dienst- oder Ne-
stellen“ eingefügt.
bendienstleistungen befugt sind.“
c) Absatz 4 wird wie folgt gefasst:
b) In Absatz 3 werden nach dem Wort „Kredit-
wesen“ die Wörter „oder Dienstleistungen und „(4) Die Entschädigungseinrichtung hat die
Nebendienstleistungen nach § 7 Abs. 2 Nr. 1, 3 angemeldeten Ansprüche unverzüglich zu prü-
und 4 des Investmentgesetzes“ eingefügt. fen. Ordnungsgemäß geprüfte Ansprüche, die
c) In Absatz 5 wird das Wort „(Bundesaufsichts- auf die Entschädigung von Einlagen gerichtet
amt)“ durch das Wort „(Bundesanstalt)“ ersetzt. sind, hat die Entschädigungseinrichtung spätes-
tens 20 Arbeitstage nach der Feststellung des
3. § 4 wird wie folgt geändert: Entschädigungsfalls durch die Bundesanstalt zu
a) Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 wird wie folgt ge- erfüllen. Ansprüche, die später als zwei Wochen
fasst: nach der Feststellung des Entschädigungsfalls
„1. den Gegenwert von 50 000 Euro der Einla- angemeldet werden, hat die Entschädigungsein-
gen sowie“. richtung spätestens innerhalb von 20 Arbeits-
tagen nach dem Eingang der Anmeldung zu er-
b) Absatz 3 Satz 4 wird wie folgt gefasst: füllen. § 4 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend. In
„Der Entschädigungsanspruch mindert sich in- besonderen Fällen kann die Frist nach den
soweit, als der durch den Entschädigungsfall Sätzen 2 und 3 mit Zustimmung der Bundesan-
stalt auf bis zu 30 Arbeitstage verlängert werden.
*) Die Artikel 1 und 2 dieses Gesetzes dienen der Umsetzung der Richt- Ansprüche, die auf die Entschädigung von Ver-
linie 2009/14/EG zur Änderung der Richtlinie 94/19/EG des Europäi- bindlichkeiten des Instituts aus Wertpapier-
schen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 1994 über Einlagen-
sicherungssysteme im Hinblick auf Deckungssumme und Auszah- geschäften gerichtet sind, hat die Entschä-
lungsfrist (ABl. L 68 vom 13.3.2009, S. 3). digungseinrichtung spätestens drei Monate,
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009 1529
nachdem sie die Berechtigung und die Höhe der cken, die in Teilbeträgen zu erheben sind, soweit
Ansprüche festgestellt hat, zu erfüllen. In beson- damit die Verpflichtung nach § 5 Abs. 4 unter
deren Fällen kann diese Frist mit Zustimmung Berücksichtigung der Dauer, Größe und der Um-
der Bundesanstalt um bis zu drei Monate ver- stände des Entschädigungsfalls erfüllt werden
längert werden.“ kann. Im Fall der Erhebung von Teilbeträgen hat
d) In Absatz 6 wird die Angabe „91/308/EWG“ die Entschädigungseinrichtung die betroffenen
durch die Angabe „2005/60/EG“ ersetzt. Institute über die von ihr beabsichtigte weitere
Vorgehensweise zu informieren.
5. § 6 wird wie folgt geändert:
(3a) Sonderbeiträge sind Vorausleistungen
a) Nach Absatz 2 Satz 2 wird folgender Satz einge-
zur Deckung des in einem Entschädigungsfall
fügt:
bestehenden Mittelbedarfs. Der Mittelbedarf er-
„Beiträge und Zahlungen, die ein Institut in sei- gibt sich aus der Gesamtentschädigung in dem
ner bisherigen Entschädigungseinrichtung be- Entschädigungsfall zuzüglich der zur Durchfüh-
zahlt hat, werden nicht auf die neue Entschädi- rung des Entschädigungsfalls entstehenden Ver-
gungseinrichtung übertragen; dies gilt auch für waltungskosten und sonstigen Kosten abzüglich
den Wechsel der Einrichtung kraft Gesetzes we- der für diese Entschädigung im Zeitpunkt der
gen Änderung des Erlaubnisgegenstands.“ Feststellung zur Verfügung stehenden Mittel der
b) Nach Absatz 4 Satz 2 wird folgender Satz einge- Einrichtung. Die Gesamtentschädigung ist von
fügt: der Entschädigungseinrichtung aus den durch
die Institute nach § 5 Abs. 2 Satz 2 zu übermit-
„§ 7 Abs. 3 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.“
telnden Unterlagen zu bestimmen. Lässt sich die
c) Die folgenden Absätze 6 und 7 werden angefügt: Gesamtentschädigung anhand der Unterlagen
„(6) Die Entschädigungseinrichtungen haben nicht hinreichend bestimmen, hat die Entschä-
in regelmäßigen Abständen ihre Systeme im Hin- digungseinrichtung den Betrag insbesondere
blick auf ihre Funktionstüchtigkeit zu überprüfen. aufgrund der ihr vorliegenden Daten über den
Sie haben die Bundesanstalt über die Ergeb- Entschädigungsfall und der durchschnittlichen
nisse der Prüfungen zu unterrichten. Entschädigungsleistung und den Kosten aus
den bisherigen Entschädigungsfällen bei den
(7) Sofern die Bundesanstalt Kenntnis über
zugeordneten Instituten zu schätzen. Stellt die
Umstände bei einem Institut erlangt, welche
Entschädigungseinrichtung fest, dass der tat-
voraussichtlich den Eintritt eines Entschädi-
sächliche Mittelbedarf für die Gesamtentschädi-
gungsfalls nach sich ziehen, hat sie die Entschä-
gung den nach Satz 3 oder 4 ermittelten Betrag
digungseinrichtung, der das Institut zugeordnet
übersteigt, ist die Entschädigungseinrichtung
ist, hiervon zu unterrichten.“
verpflichtet, unverzüglich nach dieser Feststel-
6. In § 7 Absatz 2 Satz 2 wird die Angabe „§ 6 Abs. 5“ lung weitere Sonderbeiträge zur Deckung des
durch die Angabe „§ 6 Abs. 5 bis 7“ ersetzt. Mittelbedarfs zu erheben. Sonderbeiträge wer-
7. § 8 wird wie folgt geändert: den mit der Bekanntgabe der Sonderbeitrags-
bescheide fällig.
a) Absatz 2 wird wie folgt geändert:
(4) Soweit der Mittelbedarf der Entschä-
aa) Satz 1 wird wie folgt gefasst:
digungseinrichtung durch die Erhebung von
„Die Institute sind verpflichtet, jeweils zum Sonderbeiträgen nicht rechtzeitig zur Erfüllung
Ende eines Abrechnungsjahres Jahresbei- ihrer Pflichten nach § 5 Abs. 4 gedeckt werden
träge zu leisten.“ kann, hat sie einen Kredit aufzunehmen. Kann
bb) Nach Satz 1 werden folgende Sätze einge- die Entschädigungseinrichtung den Kredit vo-
fügt: raussichtlich nicht aus dem verfügbaren Vermö-
gen bedienen, hat sie für Tilgung, Zins und Kos-
„Das Abrechnungsjahr umfasst den Zeit-
ten Sonderzahlungen zu erheben. Sonderzah-
raum vom 1. Oktober eines Jahres bis zum
lungen werden jeweils sechs Wochen vor Fällig-
30. September des Folgejahres. In der
keit der Kreditleistungen fällig, frühestens jedoch
Rechtsverordnung nach Absatz 8 Satz 1 ist
zwei Wochen nach der Bekanntgabe der Son-
eine Obergrenze für die Erhebung von
derzahlungsbescheide. Anstelle der Beitragser-
Jahresbeiträgen festzulegen.“
hebung nach Absatz 3 Satz 1 kann die Entschä-
cc) Der bisherige Satz 4 wird aufgehoben. digungseinrichtung einen Kredit aufnehmen,
b) Nach Absatz 2 werden folgende Absätze 3 bis 7 wenn zu erwarten ist, dass dieser Kredit ein-
eingefügt: schließlich der Zinsen und Kosten innerhalb
des laufenden und des darauf folgenden Ab-
„(3) Die Entschädigungseinrichtung hat nach
rechnungsjahres aus dem verfügbaren Vermö-
der Unterrichtung durch die Bundesanstalt über
gen vollständig zurückgeführt werden kann,
einen Entschädigungsfall nach § 5 Abs. 1 Satz 5
ohne dass eine Erhebung von Sonderzahlungen
unverzüglich den Mittelbedarf festzustellen und
erforderlich wird.
hiernach vorbehaltlich Absatz 4 unverzüglich
Sonderbeiträge zu erheben, wenn dies zur (5) Die Pflicht zur Leistung von Sonderbei-
Durchführung des Entschädigungsverfahrens trägen und Sonderzahlungen besteht für alle
erforderlich ist. Die Entschädigungseinrichtung Unternehmen, die der Entschädigungseinrich-
ist berechtigt, den Mittelbedarf für einen Ent- tung zu Beginn des Abrechnungsjahres, in dem
schädigungsfall durch Sonderbeiträge zu de- ein Sonderbeitrag oder eine Sonderzahlung
1530 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009
erhoben wird, zugeordnet waren. Dies gilt nicht c) Der bisherige Absatz 3 wird Absatz 8 und wie
für Institute, die vor der Feststellung des Ent- folgt geändert:
schädigungsfalls aus der Entschädigungsein- aa) Satz 1 wird wie folgt gefasst:
richtung ausgeschieden sind.
„Das Nähere über die Jahresbeiträge, die
(6) Die Höhe des jeweiligen Sonderbeitrags einmaligen Zahlungen, die Sonderbeiträge
und der jeweiligen Sonderzahlung bemisst sich und die Sonderzahlungen regelt das
nach dem Verhältnis des zuletzt fälligen vollen Bundesministerium der Finanzen durch
Jahresbeitrags des einzelnen Instituts zur Ge- Rechtsverordnung ohne Zustimmung des
samtsumme der Jahresbeiträge, der einmaligen Bundesrates nach Anhörung der Entschädi-
Zahlungen und, in den Fällen des Satzes 3, der gungseinrichtungen; hinsichtlich der Jahres-
fiktiven Jahresbeiträge aller nach Absatz 5 bei- und Sonderbeiträge sowie der Sonderzah-
trags- oder zahlungspflichtigen Institute. Für In- lungen sind Art und Umfang der gesicherten
stitute, die noch keinen Jahresbeitrag zu zahlen Geschäfte, das Geschäftsvolumen und die
hatten, tritt an die Stelle des zuletzt fälligen Anzahl, Größe, Geschäftsstruktur und das
Jahresbeitrags die einmalige Zahlung nach Risiko der der Entschädigungseinrichtung
Absatz 2 Satz 4. Die Rechtsverordnung nach zugeordneten Institute, einen Entschädi-
Absatz 8 Satz 1 kann vorsehen, dass die Ent- gungsfall herbeizuführen, zu berücksichti-
schädigungseinrichtungen in Fällen des Satzes 2 gen.“
auf Antrag eines Instituts und nach Vorlage von bb) In Satz 2 werden die Wörter „zu den Sonder-
glaubhaft gemachten Planzahlen einen fiktiven beiträgen,“ gestrichen.
Jahresbeitrag berechnen, der an die Stelle des
d) Der bisherige Absatz 4 wird Absatz 9.
zuletzt fälligen Jahresbeitrags tritt, sofern sich
hiernach eine erhebliche Abweichung zu der ein- e) Der bisherige Absatz 5 wird Absatz 10 und wie
maligen Zahlung des Instituts ergibt. Die Ent- folgt geändert:
schädigungseinrichtung ist berechtigt, in einem aa) In Satz 1 wird die Angabe „Satz 2“ durch die
Abrechnungsjahr mehrere Sonderbeiträge und Angabe „Satz 3“ ersetzt.
Sonderzahlungen zu erheben. Die in einem Ab-
bb) Satz 2 wird aufgehoben.
rechnungsjahr erhobenen Sonderbeiträge und
Sonderzahlungen dürfen insgesamt das Fünf- 8. § 9 wird wie folgt geändert:
fache des für ein Institut zuletzt fälligen Jahres- a) Die Überschrift zu § 9 wird wie folgt gefasst:
beitrags oder bei Instituten, die noch keinen
„§ 9
Jahresbeitrag zu zahlen hatten, das Fünffache
der einmaligen Zahlung oder des fiktiven Jahres- Prüfung der Institute“.
beitrags nicht übersteigen. Hat ein Institut über b) Die Absätze 1 und 2 werden wie folgt gefasst:
einen Zeitraum von drei aufeinanderfolgenden „(1) Die Entschädigungseinrichtung soll zur
Abrechnungsjahren Sonderbeiträge oder Son- Einschätzung der Gefahr des Eintritts eines Ent-
derzahlungen geleistet, dürfen in unmittelbar schädigungsfalls regelmäßig und bei gegebe-
nachfolgenden Jahren erhobene Sonderbeiträge nem Anlass Prüfungen der ihr zugeordneten In-
und Sonderzahlungen in jedem Abrechnungsjahr stitute vornehmen. Sie hat die Intensität und
insgesamt das Zweifache des für ein Institut Häufigkeit von Prüfungen nach Satz 1 an der
zuletzt fälligen Jahresbeitrags oder bei Institu- Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Entschädi-
ten, die noch keinen Jahresbeitrag zu zahlen gungsfalls bei einem Institut und an der Höhe
hatten, das Zweifache der einmaligen Zahlung der in diesem Fall zu erwartenden Gesamt-
oder des fiktiven Jahresbeitrags nicht überstei- entschädigung auszurichten. Widerspruch und
gen. Die Entschädigungseinrichtung kann ein In- Anfechtungsklage gegen Prüfungen nach den
stitut mit Zustimmung der Bundesanstalt von Sätzen 1 und 2 haben keine aufschiebende Wir-
der Pflicht zur Leistung eines Sonderbeitrags kung.
oder einer Sonderzahlung ganz oder teilweise
befreien, wenn durch die Gesamtheit der an die (2) Die Institute sind verpflichtet, der Ent-
Entschädigungseinrichtung zu leistenden Zah- schädigungseinrichtung, der sie zugeordnet
lungen Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtun- sind, den festgestellten Jahresabschluss mit
gen dieses Instituts gegenüber seinen Gläubi- dem dazugehörigen Prüfungsbericht unverzüg-
gern bestehen würde. lich einzureichen sowie auf Verlangen alle Aus-
künfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen,
(7) Nach Abschluss eines Entschädigungs- welche die Entschädigungseinrichtung zur
verfahrens hat die Entschädigungseinrichtung Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach diesem Ge-
den Instituten über die Verwendung der Sonder- setz benötigt. Während der üblichen Arbeitszeit
beiträge und Sonderzahlungen zu berichten. Sie ist den bei der Entschädigungseinrichtung be-
hat den Instituten gezahlte Sonderbeiträge und schäftigten oder für sie tätigen Personen, soweit
Sonderzahlungen nach Abschluss des Entschä- dies zur Wahrnehmung der Aufgaben der Ent-
digungsverfahrens zu erstatten, soweit sie im schädigungseinrichtung nach diesem Gesetz er-
Fall von Sonderbeiträgen nicht zur Durchführung forderlich ist, das Betreten der Grundstücke und
des Entschädigungsfalls oder im Fall von Son- Geschäftsräume des Instituts zu gestatten. Der
derzahlungen nicht zur Bedienung eines Kredits zur Erteilung einer Auskunft Verpflichtete kann
nach Absatz 4 Satz 1 und 2 verwendet worden die Auskunft auf solche Fragen verweigern, de-
sind.“ ren Beantwortung ihn selbst oder einen der in
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009 1531
§ 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozessordnung 12. In § 17 Absatz 1 wird jeweils die Angabe „§ 9 Abs. 1
bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafge- Satz 1“ durch die Angabe „§ 9 Abs. 2 Satz 1“ er-
richtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens setzt.
nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten
13. In § 17a Absatz 2 werden die Angabe „§ 9 Abs. 1
aussetzen würde. Der Verpflichtete ist über sein
Satz 1“ durch die Angabe „§ 9 Abs. 2 Satz 1“ und
Recht zur Verweigerung der Auskunft zu beleh-
die Angabe „§ 9 Abs. 1 Satz 2“ durch die Angabe
ren.“
„§ 9 Abs. 1 Satz 1“ ersetzt.
c) Absatz 4 wird wie folgt gefasst:
14. § 19 wird wie folgt gefasst:
„(4) Für die Entschädigungseinrichtungen bei
der Kreditanstalt für Wiederaufbau werden die „§ 19
Prüfungen nach den Absätzen 1 und 3 durch
die Deutsche Bundesbank durchgeführt. Die Anwendungsbestimmung
Bundesanstalt erteilt der Deutschen Bundes- und Übergangsregelung
bank auf Vorschlag der Entschädigungseinrich- (1) Bis zum 31. Dezember 2010 können die Ent-
tungen den Auftrag, die Prüfungen durchzufüh- schädigungseinrichtungen und Institute § 5 weiter
ren. Beliehene Entschädigungseinrichtungen in der bis zum 29. Juni 2009 geltenden Fassung
nach § 7 haben die Prüfungen nach den Absät- anwenden.
zen 1 und 3 durch eigene sachkundige Prüfer
durchzuführen oder geeignete Dritte mit den (2) Institute, die vor dem 30. Juni 2009 aus einer
Prüfungen zu beauftragen. Geeignete Dritte sind Entschädigungseinrichtung ausgeschieden sind,
Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Wirt- können nicht mehr für die Abwicklung von Entschä-
schaftsprüfungs- und Buchprüfungsgesellschaf- digungsfällen bei dieser Entschädigungseinrichtung
ten sowie andere Dritte, die über die erforderli- herangezogen werden.
chen Kenntnisse und Erfahrungen verfügen, so- (3) Für Entschädigungsfälle, die vor dem 30. Juni
fern keine Umstände vorliegen, die bei diesen 2009 festgestellt worden sind und bei denen das
Personen im Hinblick auf die zu prüfenden Insti- Entschädigungsverfahren noch nicht abgeschlos-
tute Interessenkonflikte begründen können. Die sen ist, ist § 8 Abs. 3 bis 10 in der ab dem 30. Juni
beliehene Entschädigungseinrichtung hat die mit 2009 geltenden Fassung mit folgenden Maßgaben
den Aufgaben nach Satz 3 betrauten Personen anzuwenden:
zu verpflichten, ihr das Vorliegen entsprechender
Umstände unverzüglich mitzuteilen. Die Prüfun- 1. An die Stelle der Unterrichtung durch die Bun-
gen dürfen nicht durch den Abschlussprüfer desanstalt nach § 8 Abs. 3 Satz 1 tritt der 30. Juni
oder den Prüfer der Meldepflichten und 2009.
Verhaltensregeln des Instituts durchgeführt wer- 2. Hat die Entschädigungseinrichtung zur Deckung
den. Die für Prüfungen entstehenden Kosten ha- des Mittelbedarfs bereits vor dem 30. Juni 2009
ben die geprüften Unternehmen der jeweiligen einen Kredit aufgenommen, entfällt die Verpflich-
Entschädigungseinrichtung zu erstatten. Die tung zur Erhebung von Sonderbeiträgen nach
Entschädigungseinrichtungen haben der Deut- § 8 Abs. 3 Satz 1, soweit der Mittelbedarf durch
schen Bundesbank oder, in den Fällen des Sat- den Kredit gedeckt wird.
zes 3, den geeigneten Dritten den Personal- und
Sachaufwand zu ersetzen.“ (4) Kapitalanlagegesellschaften, die am 29. Juni
d) Absatz 5 Satz 2 wird aufgehoben. 2009 eine Erlaubnis zum Erbringen der individuellen
Vermögensverwaltung nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 des
e) Folgender Absatz 8 wird angefügt: Investmentgesetzes haben und von dieser Erlaub-
„(8) Erhält die Entschädigungseinrichtung im nis länger als ein Jahr keinen Gebrauch gemacht
Rahmen einer Prüfung nach Absatz 1 oder in haben, gelten bis zum 29. September 2009 nicht
sonstiger Weise Kenntnis von Umständen, als Institute im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4.“
welche die Gefahr des Eintritts des Entschä-
digungsfalls bei einem Institut begründen, hat Artikel 2
sie diese unverzüglich der Bundesanstalt mitzu-
teilen.“ Änderung des Einlagensicherungs-
und Anlegerentschädigungsgesetzes
9. Dem § 10 Absatz 2 wird folgender Satz angefügt: zum 31. Dezember 2010
„§ 9 des Kreditwesengesetzes ist entsprechend an-
zuwenden.“ In § 4 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 des Einlagensiche-
rungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes vom
10. In § 11 Absatz 2 werden die Wörter „oder stellen 16. Juli 1998 (BGBl. I S. 1842), das zuletzt durch Arti-
Institute im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 das Betreiben kel 1 dieses Gesetzes geändert worden ist, wird die
der in § 7 Abs. 2 Nr. 1 des Investmentgesetzes ge- Angabe „50 000“ durch die Angabe „100 000“ ersetzt.
nannten Geschäfte ein“ und die Wörter „oder der
Einstellung“ gestrichen.
Artikel 3
11. Dem § 13 wird folgender Absatz 5 angefügt:
Änderung des
„(5) Die Entschädigungseinrichtungen arbeiten
Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes
in Abstimmung mit der Bundesanstalt mit den Ent-
schädigungseinrichtungen des Herkunftsstaates in Das Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz vom
den Fällen der Absätze 1 bis 4 zusammen.“ 22. April 2002 (BGBl. I S. 1310), das zuletzt durch
1532 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009
Artikel 3 des Gesetzes vom 25. Juni 2009 (BGBl. I Tätigkeit nach Maßgabe des Energiewirtschafts-
S. 1506) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: gesetzes“ eingefügt.
1. § 15 Absatz 1 Satz 1 wird wie folgt geändert: 2. In § 7 Absatz 1 Satz 1 werden nach den Wörtern „an
a) In Nummer 6 wird am Ende das Wort „oder“ ge- denen Finanzinstrumente“ die Wörter „oder Waren“
strichen. eingefügt.
b) Nummer 7 wird wie folgt geändert: 3. § 20a Absatz 4 wird wie folgt gefasst:
aa) Folgender Buchstabe c wird eingefügt: „(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend für
„c) die Bestellung eines Abwicklers nach 1. Waren im Sinne des § 2 Abs. 2c,
§ 17c des Investmentgesetzes in Verbin- 2. Emissionsberechtigungen im Sinne des § 3 Abs. 4
dung mit § 37 Abs. 1 Satz 2 des Kredit- Satz 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsge-
wesengesetzes,“. setzes und
bb) Der bisherige Buchstabe c wird Buchstabe d. 3. ausländische Zahlungsmittel im Sinne des § 51
des Börsengesetzes,
c) Nach Nummer 7 werden folgende Nummern 8
und 9 eingefügt: die an einer inländischen Börse oder einem ver-
gleichbaren Markt in einem anderen Mitgliedstaat
„8. durch eine auf Grund des § 7 Abs. 3 Satz 4
der Europäischen Union oder in einem anderen Ver-
des Einlagensicherungs- und Anlegerent-
tragsstaat des Abkommens über den Europäischen
schädigungsgesetzes in Verbindung mit § 44
Wirtschaftsraum gehandelt werden.“
Abs. 1 des Kreditwesengesetzes, auch in Ver-
bindung mit § 6 Abs. 4 Satz 3 oder § 12 Abs. 2 4. § 38 Absatz 2 wird wie folgt gefasst:
Satz 1 des Einlagensicherungs- und Anleger- „(2) Ebenso wird bestraft, wer eine in § 39 Abs. 1
entschädigungsgesetzes vorgenommene Nr. 1 oder Nr. 2 oder Abs. 2 Nr. 11 bezeichnete vor-
Prüfung, oder sätzliche Handlung begeht und dadurch
9. durch eine auf Grund des § 12 Abs. 2 Satz 2 1. auf den inländischen Börsen- oder Marktpreis
des Wagniskapitalbeteiligungsgesetzes vor- eines Finanzinstruments, einer Ware im Sinne
genommene Prüfung,“. des § 2 Abs. 2c, einer Emissionsberechtigung
d) In dem Satzteil nach der neuen Nummer 9 wer- im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 1 des Treibhaus-
den die Angabe „Nummern 1, 2, 4 und 7“ durch gas-Emissionshandelsgesetzes oder eines aus-
die Angabe „Nummern 1, 2, 4, 7 und 9“ und nach ländischen Zahlungsmittels im Sinne des § 51
den Wörtern „registerführenden Unternehmen“ des Börsengesetzes,
das Wort „und“ durch ein Komma ersetzt sowie 2. auf den Preis eines Finanzinstruments an einem
nach den Wörtern „genannten Unternehmen“ die organisierten Markt in einem anderen Mitglied-
Wörter „und in den Fällen der Nummer 8 von den staat der Europäischen Union oder in einem an-
betroffenen Einrichtungen“ eingefügt. deren Vertragsstaat des Abkommens über den
2. In § 19 Absatz 2 wird das Wort „Pensionsrücklage“ Europäischen Wirtschaftsraum oder
durch das Wort „Pensionsrücklagen“ ersetzt. 3. auf den Preis einer Ware im Sinne des § 2
Abs. 2c, einer Emissionsberechtigung im Sinne
Artikel 4 des § 3 Abs. 4 Satz 1 des Treibhausgas-Emis-
Änderung der Verordnung sionshandelsgesetzes oder eines ausländischen
über die Erhebung von Gebühren Zahlungsmittels im Sinne des § 51 des Börsen-
und die Umlegung von Kosten nach gesetzes an einem mit einer inländischen Börse
dem Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz vergleichbaren Markt in einem anderen Mitglied-
staat der Europäischen Union oder in einem an-
In § 3 Absatz 4 Satz 3 Nummer 4 der Verordnung
deren Vertragsstaat des Abkommens über den
über die Erhebung von Gebühren und die Umlegung
Europäischen Wirtschaftsraum
von Kosten nach dem Finanzdienstleistungsaufsichts-
gesetz vom 29. April 2002 (BGBl. I S. 1504, 1847), die einwirkt.“
zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 25. Juni 2009
(BGBl. I S. 1506) geändert worden ist, wird die Angabe Artikel 6
„§ 8 Abs. 4“ durch die Angabe „§ 8 Abs. 9“ ersetzt. Änderung
des Investmentgesetzes
Artikel 5
Das Investmentgesetz vom 15. Dezember 2003
Änderung (BGBl. I S. 2676), das zuletzt durch Artikel 13 Absatz 10
des Wertpapierhandelsgesetzes des Gesetzes vom 25. Mai 2009 (BGBl. I S. 1102) ge-
Das Wertpapierhandelsgesetz in der Fassung der ändert worden ist, wird wie folgt geändert:
Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I 1. Der Inhaltsübersicht wird folgende Angabe angefügt:
S. 2708), das zuletzt durch Artikel 13 Absatz 3 des Ge-
setzes vom 25. Mai 2009 (BGBl. I S. 1102) geändert „§ 147 Übergangsvorschrift zur Verwahrung und
worden ist, wird wie folgt geändert: Verwaltung von Anteilscheinen“.
1. In § 6 Absatz 2 werden nach den Wörtern „die 2. § 7 Absatz 2 wird wie folgt geändert:
Handelsüberwachungsstellen“ ein Komma und die a) In Nummer 1 werden nach den Wörtern „mit Ent-
Wörter „die Bundesnetzagentur im Rahmen ihrer scheidungsspielraum“ die Wörter „einschließlich
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009 1533
der Portfolioverwaltung fremder Investmentver- Artikel 6a
mögen“ eingefügt. Änderung
b) In Nummer 4 werden den Wörtern „die Verwah- des Zahlungsdiensteumsetzungsgesetzes
rung“ die Wörter „soweit die Erlaubnis die Dienst-
Artikel 3 Nummer 1 des Zahlungsdiensteumset-
leistung nach Nummer 1 umfasst,“ vorangestellt.
zungsgesetzes vom 25. Juni 2009 (BGBl. I S. 1506)
3. § 19b Halbsatz 1 wird wie folgt gefasst: wird wie folgt geändert:
„Sofern die Kapitalanlagegesellschaft die Erlaubnis 1. In Buchstabe a wird die Angabe „Nummer 6“ durch
zur Erbringung der individuellen Vermögensverwal- die Angabe „Nummer 8“ ersetzt.
tung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 1 hat, hat sie die
betroffenen Anleger, die nicht Institute sind, über die 2. In Buchstabe b wird die Angabe „Nummer 7 Buch-
Zugehörigkeit zu einer Einrichtung zur Sicherung der stabe c“ durch die Angabe „Nummer 9“ ersetzt.
Ansprüche der Anleger (Sicherungseinrichtung) in 3. In Buchstabe c werden die Wörter „Nach Nummer 7
geeigneter Weise zu informieren;“. wird folgende Nummer 8 angefügt: „8. durch“ “
4. Nach § 146 wird folgender § 147 angefügt: durch die Wörter „Nach Nummer 9 wird folgende
Nummer 10 angefügt: „10. durch“ “ ersetzt.
„§ 147
Übergangsvorschrift zur Verwahrung 4. Buchstabe d wird wie folgt gefasst:
und Verwaltung von Anteilscheinen „d) In dem Satzteil nach der neuen Nummer 10 wird
Für Kapitalanlagegesellschaften, die am 29. Juni die Angabe „Nummern 1, 2, 4, 7 und 9“ durch
2009 die Erlaubnis zur Verwaltung von Investment- die Angabe „Nummern 1, 2, 4, 7, 9 und 10“ er-
vermögen nach § 7 Abs. 1 haben und Anteile gemäß setzt.“
§ 7 Abs. 2 Nr. 4 verwahren und verwalten, gilt die
Erlaubnis zum Erbringen der individuellen Vermö- Artikel 7
gensverwaltung nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 als zu diesem Inkrafttreten
Zeitpunkt erteilt, wenn sie bis zum 29. Juni 2009 der
Bundesanstalt anzeigen, dass sie weiterhin die Ne- (1) Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich des Absatzes 2
bendienstleistungen nach § 7 Abs. 2 Nr. 4 erbringen am Tag nach der Verkündung in Kraft.
wollen.“ (2) Artikel 2 tritt am 31. Dezember 2010 in Kraft.
Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates
sind gewahrt.
Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt. Es
ist im Bundesgesetzblatt zu verkünden.
Berlin, den 25. Juni 2009
Der Bundespräsident
Horst Köhler
Die Bundeskanzlerin
Dr. A n g e l a M e r k e l
Der Bundesminister der Finanzen
Peer Steinbrück
1534 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009
Zweites Gesetz
zur Änderung des Conterganstiftungsgesetzes
Vom 25. Juni 2009
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlos- b) Satz 4 wird wie folgt gefasst:
sen: „Zwei weitere Mitglieder werden vom Bundes-
ministerium für Familie, Senioren, Frauen und
Artikel 1 Jugend auf Vorschlag der in § 2 bezeichneten
Änderung des Personen berufen.“
Conterganstiftungsgesetzes c) Satz 5 wird wie folgt gefasst:
Das Conterganstiftungsgesetz vom 13. Oktober „Bis zu zwei weitere Mitglieder kann das Bun-
2005 (BGBl. I S. 2967), zuletzt geändert durch das Ge- desministerium für Familie, Senioren, Frauen
setz vom 26. Juni 2008 (BGBl. I S. 1078), wird wie folgt und Jugend aus der Wissenschaft berufen.“
geändert:
4. § 7 wird wie folgt geändert:
1. § 2 wird wie folgt gefasst:
a) Dem Absatz 1 wird folgender Satz angefügt:
„§ 2 „Ein Mitglied des Stiftungsvorstandes muss
Stiftungszweck selbst leistungsberechtigt im Sinne dieses Ge-
Zweck der Stiftung ist es, behinderten Men- setzes sein.“
schen, deren Fehlbildungen mit der Einnahme tha- b) In Absatz 5 wird nach Satz 1 folgender Satz ein-
lidomidhaltiger Präparate der Grünenthal GmbH, gefügt:
Aachen (früher Chemie Grünenthal GmbH in Stol- „Zu diesen Geschäften gehören insbesondere
berg), durch die Mutter während der Schwanger- die Vergabe der Stiftungsmittel und die Über-
schaft in Verbindung gebracht werden können, wachung ihrer zweckentsprechenden und wirt-
1. Leistungen zu erbringen und schaftlichen Verwendung durch die Stiftung.“
2. ihnen durch die Förderung oder Durchführung c) Absatz 6 wird wie folgt gefasst:
von Forschungs- und Erprobungsvorhaben Hilfe „(6) Zur Unterstützung bei der Erfüllung seiner
zu gewähren, um ihre Teilhabe am Leben in der Aufgaben kann der Vorstand im Einvernehmen
Gesellschaft zu unterstützen und die durch mit dem Bundesministerium für Familie, Senio-
Spätfolgen hervorgerufenen Beeinträchtigungen ren, Frauen und Jugend und dem Bundesminis-
zu mildern.“ terium der Finanzen bis zu zwei hauptamtliche
2. § 4 wird wie folgt geändert: Geschäftsführerinnen oder Geschäftsführer an-
stellen.“
a) Absatz 1 wird wie folgt gefasst:
d) Der bisherige Absatz 6 wird Absatz 7.
„(1) Das Stiftungsvermögen besteht aus
5. In § 10 Abs. 2 Satz 2 wird das Wort „bedarf“ durch
1. den Mitteln, die der Bund der Stiftung für die die Wörter „und die Jahresrechnung bedürfen“ er-
Leistung von Kapitalentschädigungen und setzt.
Conterganrenten nach § 13 Abs. 1 sowie für
die notwendigen Verwaltungskosten zur Ver- 6. § 11 wird wie folgt gefasst:
fügung stellt; „§ 11
2. einer Zuwendung von 50 Millionen Euro der Verwendung des Stiftungsvermögens
Grünenthal GmbH, die am 15. Juli 2009 zu Die Leistungen nach diesem Abschnitt sind aus
leisten ist; dem Stiftungsvermögen zu erbringen. Es sind zu
3. den Mitteln in Höhe von 51 129 000 Euro, die verwenden:
der Bund nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 des Errich- 1. für die jährlichen Sonderzahlungen an die leis-
tungsgesetzes zur Verfügung gestellt hat; tungsberechtigten Personen nach den §§ 12
4. den Zuwendungen nach Absatz 2 und 13
und dem daraus erwirtschafteten Vermögen.“ a) die Mittel nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 und die daraus
erzielten Erträge sowie
b) Dem Absatz 2 wird folgender Satz angefügt:
b) die Mittel nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 in Höhe von
„Die Stiftung wirbt um weitere Zuwendungen bei 50 Millionen Euro und die daraus seit dem
Dritten.“ 1. Januar 2009 erzielten Erträge;
3. § 6 Abs. 1 wird wie folgt geändert: 2. für die übrigen Leistungen nach diesem Ab-
a) In Satz 1 wird die Angabe „höchstens 15“ durch schnitt die Mittel nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 mit Aus-
die Wörter „mindestens fünf und höchstens sie- nahme der Mittel für die notwendigen Verwal-
ben“ ersetzt. tungskosten.“
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009 1535
7. § 12 wird wie folgt gefasst: ee) In Satz 8 wird das Wort „Rente“ durch das
„§ 12 Wort „Conterganrente“ ersetzt.
Leistungsberechtigte Personen d) Absatz 4 wird wie folgt geändert:
(1) Leistungen wegen Fehlbildungen, die mit der aa) In Satz 1 wird das Wort „Rentenzahlungen“
Einnahme thalidomidhaltiger Präparate der Grünen- durch die Wörter „Die Zahlungen der Conter-
thal GmbH, Aachen, durch die Mutter während der ganrente“ ersetzt.
Schwangerschaft in Verbindung gebracht werden bb) In Satz 2 wird das Wort „Rente“ durch das
können, werden an die behinderten Menschen ge- Wort „Conterganrente“ ersetzt.
währt, die bei Inkrafttreten des Errichtungsgesetzes e) In Absatz 5 Satz 2 werden die Wörter „und auf
lebten, und nach Maßgabe des § 13 Abs. 5 Satz 2 Rentenleistungen“ durch die Wörter „ , auf Con-
an deren Erbinnen und Erben. terganrente und auf die jährliche Sonderzahlung“
(2) Wurden Leistungen nach § 13 des Errich- ersetzt und die Wörter „im Sinne des Lebens-
tungsgesetzes nicht innerhalb der dort vorgesehe- partnerschaftsgesetzes“ gestrichen.
nen Frist geltend gemacht, können die Contergan- f) Absatz 6 wird wie folgt geändert:
rente und eine Kapitalentschädigung für die Zeit ab
aa) In Satz 2 wird das Wort „Rente“ durch das
1. Juli 2009 beantragt werden.“
Wort „Conterganrente“ ersetzt.
8. § 13 wird wie folgt geändert:
bb) Satz 3 wird aufgehoben.
a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:
g) Absatz 7 wird wie folgt gefasst:
aa) In Satz 1 werden die Wörter „Rente zu“
„(7) An Erhöhungen der Conterganrente neh-
durch die Wörter „Conterganrente sowie
men auch leistungsberechtigte Personen teil,
eine jährliche Sonderzahlung zu, die erst-
deren Conterganrente nach Absatz 3 kapitalisiert
mals für das Jahr 2009 gewährt wird“ er-
worden ist.“
setzt.
h) Dem Absatz 8 wird folgender Satz angefügt:
bb) Es wird folgender Satz angefügt:
„§ 118 Abs. 3 und 4 des Sechsten Buches So-
„Die jährlichen Sonderzahlungen werden nur zialgesetzbuch ist entsprechend anwendbar.“
geleistet, soweit dafür Mittel nach § 11 Satz 2
Nr. 1 im Stiftungsvermögen vorhanden sind.“ 9. In § 15 Abs. 1 wird das Wort „Firma“ gestrichen.
b) Absatz 2 wird wie folgt gefasst: 10. § 16 wird wie folgt geändert:
„(2) Die Höhe der Kapitalentschädigung, der a) Dem Absatz 1 wird folgender Satz angefügt:
Conterganrente und der jährlichen Sonder- „Die jährlichen Sonderzahlungen werden auch
zahlung richtet sich nach der Schwere des ohne Antrag an die Personen geleistet, die eine
Körperschadens und der hierdurch hervorgeru- Conterganrente erhalten.“
fenen Körperfunktionsstörungen. Ab dem In- b) In Absatz 2 werden die Wörter „und höchstens
krafttreten dieses Gesetzes beträgt die Kapital- acht“ gestrichen.
entschädigung mindestens 511 Euro und höchs-
tens 12 782 Euro, die monatliche Contergan- c) Absatz 4 wird wie folgt geändert:
rente mindestens 242 Euro und höchstens aa) In Satz 1 wird das Wort „Stiftungsrat“ durch
1 090 Euro. In leichten Fällen sind die Leistun- das Wort „Stiftungsvorstand“ ersetzt.
gen auf die Kapitalentschädigung zu beschrän- bb) Satz 2 wird aufgehoben.
ken. Die Höhe der Conterganrente wird durch
d) Absatz 5 Satz 2 wird aufgehoben.
das Bundesministerium für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend jeweils entsprechend dem e) Absatz 6 wird wie folgt gefasst:
Prozentsatz angepasst, um den sich die Renten „(6) Der Stiftungsvorstand setzt auf der
der gesetzlichen Rentenversicherung verändern. Grundlage der Entscheidung und der Bewertung
Die Anpassung nach Satz 4 erfolgt jeweils zum der Kommission nach Absatz 2 die Leistungen
gleichen Zeitpunkt, zu dem die Renten der ge- nach Maßgabe der Richtlinien nach § 13 Abs. 6
setzlichen Rentenversicherung angepasst wer- durch schriftlichen Verwaltungsakt fest.“
den.“
11. § 18 wird wie folgt geändert:
c) Absatz 3 wird wie folgt geändert: a) Absatz 1 wird wie folgt gefasst:
aa) In Satz 1 wird das Wort „Rente“ durch das „(1) Bei der Ermittlung oder Anrechnung von
Wort „Conterganrente“ ersetzt. Einkommen, sonstigen Einnahmen und Vermö-
bb) In Satz 3 werden die Wörter „einer Frist von gen nach anderen Gesetzen, insbesondere dem
15 Jahren“ durch die Wörter „der Frist, für Zweiten, Dritten, Fünften und Zwölften Buch So-
die die Conterganrente kapitalisiert wurde,“ zialgesetzbuch und dem Bürgerlichen Gesetz-
ersetzt. buch, bleiben Leistungen nach diesem Gesetz
cc) In den Sätzen 5 und 6 wird jeweils das Wort außer Betracht.“
„Rente“ durch das Wort „Conterganrente“ b) Absatz 2 wird wie folgt geändert:
ersetzt. aa) In Satz 1 werden das Wort „anderer“ durch
dd) In Satz 7 werden die Angabe „15“ durch das das Wort „Anderer“ ersetzt und nach dem
Wort „zehn“ und das Wort „Rente“ durch das Wort „Sozialleistungen“ ein Komma einge-
Wort „Conterganrente“ ersetzt. fügt.
1536 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009
bb) In Satz 2 wird nach dem Wort „anderer“ das § 21
Wort „Stellen“ eingefügt. Vergabeplan
12. Die §§ 19 bis 21 werden wie folgt gefasst: Der Stiftungsrat stellt mit Zustimmung des Bun-
desministeriums für Familie, Senioren, Frauen und
„§ 19
Jugend jeweils für zwei Geschäftsjahre einen Ver-
Finanzielle Ausstattung gabeplan auf, der den Finanzrahmen für die Förde-
rung festlegt. Über die Ausführung des Plans im
Für Maßnahmen nach diesem Abschnitt sind zu Einzelfall beschließt der Vorstand.“
verwenden
13. Die bisherigen §§ 24 und 25 werden durch folgen-
1. die Erträge aus den Mitteln nach § 4 Abs. 1 Nr. 3, den § 24 ersetzt:
die nicht unter § 11 Satz 2 Nr. 1 fallen; „§ 24
2. Zuwendungen nach § 4 Abs. 2, soweit nicht die Übergangsvorschrift
oder der Zuwendende etwas anderes bestimmt Die Amtszeit der beim Inkrafttreten dieses Ge-
hat. setzes amtierenden Mitglieder der Stiftungsorgane
endet mit der Bestellung der Mitglieder der neuen
§ 20 Stiftungsorgane.“
Förderungsmaßnahmen
Artikel 2
(1) Zur Erreichung des in § 2 Nr. 2 bezeichneten Bekanntmachungserlaubnis
Zwecks kann die Stiftung Einzelvorhaben der
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen
wissenschaftlichen Forschung, Entwicklung und
und Jugend kann den Wortlaut des Conterganstiftungs-
Erprobung von spezifischen Behandlungsmetho-
gesetzes in der vom Inkrafttreten dieses Gesetzes an
den und sonstigen Maßnahmen fördern oder durch-
geltenden Fassung im Bundesgesetzblatt bekannt ma-
führen.
chen.
(2) Die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes bewil-
ligten Förderungsmaßnahmen werden zu Ende ge- Artikel 3
führt. Inkrafttreten
(3) Ein Anspruch auf Förderung aus Mitteln der Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in
Stiftung besteht nicht. Kraft.
Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates
sind gewahrt.
Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt. Es
ist im Bundesgesetzblatt zu verkünden.
Berlin, den 25. Juni 2009
Der Bundespräsident
Horst Köhler
Die Bundeskanzlerin
Dr. A n g e l a M e r k e l
Die Bundesministerin
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ursula von der Leyen
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009 1537
Bekanntmachung
der Neufassung des Conterganstiftungsgesetzes
Vom 25. Juni 2009
Auf Grund des Artikels 2 des Gesetzes vom 25. Juni 2009 (BGBl. I S. 1534)
wird nachstehend der Wortlaut des Conterganstiftungsgesetzes in der ab dem
30. Juni 2009 geltenden Fassung bekannt gemacht. Die Neufassung berück-
sichtigt:
1. das am 19. Oktober 2005 in Kraft getretene Gesetz vom 13. Oktober 2005
(BGBl. I S. 2967),
2. den am 8. November 2006 in Kraft getretenen Artikel 81 der Verordnung vom
31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407),
3. das am 1. Juli 2008 in Kraft getretene Gesetz vom 26. Juni 2008 (BGBl. I
S. 1078),
4. den am 30. Juni 2009 in Kraft tretenden Artikel 1 des eingangs genannten
Gesetzes.
Berlin, den 25. Juni 2009
Die Bundesministerin
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ursula von der Leyen
1538 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009
Gesetz
über die Conterganstiftung für behinderte Menschen
(Conterganstiftungsgesetz – ContStifG)
Abschnitt 1 §5
Allgemeine Vorschriften Organe der Stiftung
Organe der Stiftung sind
§1 1. der Stiftungsrat,
Name der Stiftung 2. der Stiftungsvorstand.
Die durch das Gesetz vom 17. Dezember 1971
(BGBl. I S. 2018; 1972 I S. 2045) (im Folgenden: Errich- §6
tungsgesetz), zuletzt geändert durch Artikel 19 des Ge- Stiftungsrat
setzes vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3022), er- (1) Der Stiftungsrat besteht aus mindestens fünf und
richtete Stiftung „Hilfswerk für behinderte Kinder“ erhält höchstens sieben Mitgliedern. Stellvertretung ist zuläs-
den Namen „Conterganstiftung für behinderte Men- sig. Drei Mitglieder werden vom Bundesministerium für
schen“. Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Einverneh-
men mit dem Bundesministerium der Finanzen und
§2 dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales be-
Stiftungszweck nannt. Zwei weitere Mitglieder werden vom Bundes-
ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Zweck der Stiftung ist es, behinderten Menschen,
auf Vorschlag der in § 2 bezeichneten Personen beru-
deren Fehlbildungen mit der Einnahme thalidomid-
fen. Bis zu zwei weitere Mitglieder kann das Bundes-
haltiger Präparate der Grünenthal GmbH, Aachen (frü-
ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
her Chemie Grünenthal GmbH in Stolberg), durch die
aus der Wissenschaft berufen. Die Sätze 3 bis 5 gelten
Mutter während der Schwangerschaft in Verbindung
auch für die Stellvertreterinnen und Stellvertreter.
gebracht werden können,
(2) Der Stiftungsrat wählt aus den vom Bundes-
1. Leistungen zu erbringen und
ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
2. ihnen durch die Förderung oder Durchführung von benannten Mitgliedern die Vorsitzende oder den Vorsit-
Forschungs- und Erprobungsvorhaben Hilfe zu ge- zenden und die stellvertretende Vorsitzende oder den
währen, um ihre Teilhabe am Leben in der Gesell- stellvertretenden Vorsitzenden mit einfacher Mehrheit.
schaft zu unterstützen und die durch Spätfolgen her- Wiederholte Wahl ist zulässig.
vorgerufenen Beeinträchtigungen zu mildern. (3) Die Amtszeit der Mitglieder des Stiftungsrates
und ihrer Stellvertreterinnen und Stellvertreter beträgt
§3 fünf Jahre. Scheidet ein Mitglied oder dessen Stellver-
Steuerbegünstigung treterin oder Stellvertreter vorzeitig aus, wird für den
Die Stiftung verfolgt ausschließlich und unmittelbar Rest der Amtszeit eine Nachfolgerin oder ein Nach-
steuerbegünstigte Zwecke im Sinne der §§ 51 bis 68 folger benannt oder berufen. Wiederholte Benennung
der Abgabenordnung. oder Berufung ist zulässig.
(4) Die Mitglieder des Stiftungsrates sind ehrenamt-
§4 lich tätig; sie haben Anspruch auf Ersatz ihrer notwen-
digen Auslagen.
Stiftungsvermögen
(5) Der Stiftungsrat arbeitet auf der Grundlage seiner
(1) Das Stiftungsvermögen besteht aus Geschäftsordnung; Änderungen beschließt er mit ein-
1. den Mitteln, die der Bund der Stiftung für die Leis- facher Mehrheit.
tung von Kapitalentschädigungen und Contergan- (6) Der Stiftungsrat beschließt über alle grundsätz-
renten nach § 13 Abs. 1 sowie für die notwendigen lichen Fragen, die zum Aufgabenbereich der Stiftung
Verwaltungskosten zur Verfügung stellt; gehören. Er überwacht die Tätigkeit des Stiftungsvor-
2. einer Zuwendung von 50 Millionen Euro der Grünen- standes. Das Nähere regelt die Satzung.
thal GmbH, die am 15. Juli 2009 zu leisten ist; (7) Der Stiftungsrat stellt Richtlinien für die Verwen-
3. den Mitteln in Höhe von 51 129 000 Euro, die der dung der Mittel auf, soweit die Verwendung nicht be-
Bund nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 des Errichtungsgesetzes reits durch dieses Gesetz festgelegt ist; diese Richt-
zur Verfügung gestellt hat; linien bedürfen der Genehmigung des Bundesminis-
teriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
4. den Zuwendungen nach Absatz 2
(8) Der Stiftungsrat ist für Wahlen nach Absatz 2 und
und dem daraus erwirtschafteten Vermögen. Beschlüsse nach Absatz 5 beschlussfähig, wenn die
(2) Die Stiftung ist berechtigt, Zuwendungen von Hälfte der Mitglieder anwesend ist. Die weiteren Rege-
dritter Seite anzunehmen. Die Stiftung wirbt um weitere lungen über erforderliche Mehrheiten und Beschluss-
Zuwendungen bei Dritten. fähigkeit trifft die Satzung.
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009 1539
§7 Abschnitt 2
Stiftungsvorstand Leistungen
(1) Der Stiftungsvorstand besteht aus der oder dem wegen Contergan-Schadensfällen
Vorsitzenden und höchstens zwei weiteren Mitgliedern.
Ein Mitglied des Stiftungsvorstandes muss selbst leis- § 11
tungsberechtigt im Sinne dieses Gesetzes sein. Verwendung des Stiftungsvermögens
(2) Die Mitglieder des Stiftungsvorstandes werden Die Leistungen nach diesem Abschnitt sind aus dem
vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen Stiftungsvermögen zu erbringen. Es sind zu verwen-
und Jugend im Einvernehmen mit dem Bundesminis- den:
terium der Finanzen und dem Bundesministerium für
1. für die jährlichen Sonderzahlungen an die leistungs-
Arbeit und Soziales mit Zustimmung des Stiftungsrates
berechtigten Personen nach den §§ 12 und 13
bestellt.
a) die Mittel nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 und die daraus
(3) Die Amtszeit des Stiftungsvorstandes beträgt
erzielten Erträge sowie
fünf Jahre. Scheidet ein Mitglied vorzeitig aus, wird für
den Rest der Amtszeit eine Nachfolgerin oder ein Nach- b) die Mittel nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 in Höhe von
folger bestellt. Wiederholte Bestellung ist zulässig. 50 Millionen Euro und die daraus seit dem 1. Ja-
nuar 2009 erzielten Erträge;
(4) Die Mitglieder des Stiftungsvorstandes sind
ehrenamtlich tätig; sie haben Anspruch auf Ersatz ihrer 2. für die übrigen Leistungen nach diesem Abschnitt
notwendigen Auslagen. die Mittel nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 mit Ausnahme der
Mittel für die notwendigen Verwaltungskosten.
(5) Der Stiftungsvorstand führt die Beschlüsse des
Stiftungsrates aus und führt die Geschäfte der Stiftung.
§ 12
Zu diesen Geschäften gehören insbesondere die Ver-
gabe der Stiftungsmittel und die Überwachung ihrer Leistungsberechtigte Personen
zweckentsprechenden und wirtschaftlichen Verwen- (1) Leistungen wegen Fehlbildungen, die mit der Ein-
dung durch die Stiftung. Er vertritt die Stiftung gericht- nahme thalidomidhaltiger Präparate der Grünenthal
lich und außergerichtlich. GmbH, Aachen, durch die Mutter während der Schwan-
(6) Zur Unterstützung bei der Erfüllung seiner Auf- gerschaft in Verbindung gebracht werden können, wer-
gaben kann der Vorstand im Einvernehmen mit dem den an die behinderten Menschen gewährt, die bei In-
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und krafttreten des Errichtungsgesetzes lebten, und nach
Jugend und dem Bundesministerium der Finanzen bis Maßgabe des § 13 Abs. 5 Satz 2 an deren Erbinnen
zu zwei hauptamtliche Geschäftsführerinnen oder Ge- und Erben.
schäftsführer anstellen. (2) Wurden Leistungen nach § 13 des Errichtungs-
(7) Das Nähere regelt die Satzung. gesetzes nicht innerhalb der dort vorgesehenen Frist
geltend gemacht, können die Conterganrente und eine
Kapitalentschädigung für die Zeit ab 1. Juli 2009 bean-
§8
tragt werden.
Satzung
Der Stiftungsrat kann die Satzung der Stiftung mit § 13
Genehmigung des Bundesministeriums für Familie, Art und Umfang der
Senioren, Frauen und Jugend im Einvernehmen mit Leistungen an behinderte Menschen
dem Bundesministerium der Finanzen ändern.
(1) Den in § 12 genannten Personen stehen als Leis-
tungen Kapitalentschädigung und vorbehaltlich des
§9 Absatzes 2 Satz 3 lebenslängliche Conterganrente so-
Verwendung der Mittel wie eine jährliche Sonderzahlung zu, die erstmals für
das Jahr 2009 gewährt wird. Die jährlichen Sonderzah-
Die Mittel der Stiftung dürfen nur für die Stiftungs-
lungen werden nur geleistet, soweit dafür Mittel nach
zwecke verwendet werden.
§ 11 Satz 2 Nr. 1 im Stiftungsvermögen vorhanden sind.
§ 10 (2) Die Höhe der Kapitalentschädigung, der Conter-
ganrente und der jährlichen Sonderzahlung richtet sich
Aufsicht, nach der Schwere des Körperschadens und der hier-
Haushalt, Rechnungsprüfung durch hervorgerufenen Körperfunktionsstörungen. Ab
(1) Die Stiftung untersteht der Aufsicht des Bundes- dem Inkrafttreten dieses Gesetzes beträgt die Kapital-
ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. entschädigung mindestens 511 Euro und höchstens
12 782 Euro, die monatliche Conterganrente mindes-
(2) Die Stiftung hat rechtzeitig vor Beginn eines je-
tens 242 Euro und höchstens 1 090 Euro. In leichten
den Geschäftsjahres einen Haushaltsplan aufzustellen.
Fällen sind die Leistungen auf die Kapitalentschä-
Der Haushaltsplan und die Jahresrechnung bedürfen
digung zu beschränken. Die Höhe der Conterganrente
der Genehmigung des Bundesministeriums für Familie,
wird durch das Bundesministerium für Familie, Se-
Senioren, Frauen und Jugend. Das Nähere regelt die
nioren, Frauen und Jugend jeweils entsprechend dem
Satzung.
Prozentsatz angepasst, um den sich die Renten der ge-
(3) Rechnungsprüfungsbehörde ist der Bundesrech- setzlichen Rentenversicherung verändern. Die Anpas-
nungshof. sung nach Satz 4 erfolgt jeweils zum gleichen Zeit-
1540 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009
punkt, zu dem die Renten der gesetzlichen Renten- Abs. 3 und 4 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch
versicherung angepasst werden. ist entsprechend anwendbar.
(3) Auf Antrag ist die Conterganrente zu kapitali-
sieren, soweit der Betrag zum Erwerb oder zur wirt- § 14
schaftlichen Stärkung eigenen Grundbesitzes zu eige-
nen Wohnzwecken verwendet wird. Die §§ 72, 73, 74 Verzinsung
Abs. 3 Satz 1, §§ 75, 76 und 77 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 3
Die Kapitalentschädigung nach § 13 Abs. 2 ist ab
des Bundesversorgungsgesetzes finden entspre-
Antragstellung mit 2 Prozent über dem Basiszinssatz
chende Anwendung. § 75 Abs. 1 Satz 2 des Bundes-
nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs jährlich zu
versorgungsgesetzes findet mit der Maßgabe Anwen-
verzinsen.
dung, dass die Veräußerung und Belastung des mit
der Kapitalabfindung erworbenen oder wirtschaftlich
gestärkten Grundstücks, Erbbaurechts, Wohnungs- § 15
eigentums oder Wohnungserbbaurechts innerhalb der
Frist, für die die Conterganrente kapitalisiert wurde, Sonderregelung für Auslandsfälle
nur mit Genehmigung der Stiftung zulässig sind. Die
(1) Haben die leistungsberechtigte Person oder ihre
Kosten der Eintragung einer Verfügungsbeschränkung
gesetzlichen Vertreter ihren Wohnsitz oder gewöhn-
gemäß § 75 Abs. 1 Satz 2 bis 4 des Bundesversor-
lichen Aufenthalt außerhalb des Geltungsbereiches die-
gungsgesetzes in das Grundbuch trägt die leistungs-
ses Gesetzes, so erhalten sie Leistungen nach den Vor-
berechtigte Person. Darüber hinaus ist die Contergan-
schriften dieses Gesetzes nur dann, wenn sie vorher
rente auf Antrag zu kapitalisieren, wenn dies im berech-
schriftlich erklären, dass sie auf die Geltendmachung
tigten wirtschaftlichen Interesse des behinderten Men-
etwaiger Ansprüche gegen die Grünenthal GmbH, de-
schen liegt. Im Übrigen kann die Conterganrente auf
ren Gesellschafterinnen und Gesellschafter, Geschäfts-
Antrag teilweise kapitalisiert werden, wenn dies im In-
führerinnen und Geschäftsführer und Angestellte, die
teresse des behinderten Menschen liegt. Die Kapitali-
auf die Einnahme thalidomidhaltiger Präparate zurück-
sierung ist auf die für einen Zeitraum von höchstens
geführt werden, unwiderruflich verzichten.
zehn Jahren zustehende Conterganrente beschränkt.
Der Anspruch auf Conterganrente, an deren Stelle die (2) Auf die Leistungen nach diesem Gesetz werden
Kapitalabfindung tritt, erlischt für die Dauer des Zeitrau- Zahlungen angerechnet, die wegen der Einnahme
mes, für den die Kapitalabfindung gewährt wird, mit thalidomidhaltiger Präparate bereits von anderen mög-
Ablauf des Monats, der auf den Monat der Auszahlung licherweise Verantwortlichen geleistet worden sind.
der Abfindung folgt.
(4) Die Zahlungen der Conterganrente beginnen § 16
frühestens mit dem Antragsmonat. Wird der Antrag in-
nerhalb von drei Monaten nach dem Inkrafttreten des Gang des Verfahrens
Errichtungsgesetzes gestellt, so wird die Contergan-
rente vom Zeitpunkt des Inkrafttretens an gewährt. (1) Leistungen werden auf Antrag gewährt. Die jähr-
lichen Sonderzahlungen werden auch ohne Antrag an
(5) Die Ansprüche auf die in Absatz 1 genannten die Personen geleistet, die eine Conterganrente erhal-
Leistungen können nicht übertragen, verpfändet oder
ten.
gepfändet werden. Vererblich sind lediglich Ansprüche
auf Kapitalentschädigung, auf Conterganrente und auf (2) Eine aus mindestens fünf Mitgliedern bestehende
die jährliche Sonderzahlung, die im Zeitpunkt des Kommission, die beim Stiftungsvorstand einzurichten
Todes der leistungsberechtigten Person bereits fällig ist, entscheidet darüber, ob ein Schadensfall nach die-
geworden sind, und zwar nur dann, wenn die Person sem Abschnitt vorliegt und bewertet den Schaden nach
von ihrem Ehegatten, ihrer Lebenspartnerin oder ihrem Maßgabe der Richtlinien.
Lebenspartner, ihren Kindern oder ihren Eltern beerbt
wird. (3) Die oder der Vorsitzende der Kommission muss
die Befähigung zum Richteramt haben; im Übrigen
(6) Das Nähere regeln die Satzung und die Richt-
setzt sich die Kommission aus medizinischen Sach-
linien. Die Satzung trifft insbesondere Bestimmungen
verständigen verschiedener Fachbereiche zusammen.
über die Voraussetzungen und den Umfang der Kapita-
Bei Bedarf können mehrere Kommissionen eingerichtet
lisierung der Conterganrente nach Absatz 3 Satz 5
werden.
und 6 sowie über die Art der Berechnung des Kapital-
betrages. In den Richtlinien ist insbesondere zu regeln, (4) Die Mitglieder der Kommissionen werden vom
nach welchen Maßstäben auf der Grundlage der zur Stiftungsvorstand bestellt.
Verfügung stehenden Mittel Leistungen nach diesem
Abschnitt zu bemessen sind; diese Richtlinien erlässt (5) Die Kommission hat in Zweifelsfällen vor ihrer
das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen Entscheidung zu der Frage, ob eine Fehlbildung im
und Jugend. Sinne des § 12 vorliegt, eine gutachtliche Stellung-
(7) An Erhöhungen der Conterganrente nehmen nahme einzuholen.
auch leistungsberechtigte Personen teil, deren Conter- (6) Der Stiftungsvorstand setzt auf der Grundlage
ganrente nach Absatz 3 kapitalisiert worden ist. der Entscheidung und der Bewertung der Kommission
(8) Für die Rückforderung zu Unrecht erbrachter nach Absatz 2 die Leistungen nach Maßgabe der Richt-
Leistungen gelten die Vorschriften des Verwaltungsver- linien nach § 13 Abs. 6 durch schriftlichen Verwaltungs-
fahrensgesetzes des Bundes entsprechend. § 118 akt fest.
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009 1541
§ 17 schaftlichen Forschung, Entwicklung und Erprobung
Behandlung von von spezifischen Behandlungsmethoden und sonstigen
Leistungen nach diesem Gesetz Maßnahmen fördern oder durchführen.
bei der Anwendung anderer Gesetze (2) Die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes bewilligten
Leistungen nach diesem Abschnitt sind einkommen- Förderungsmaßnahmen werden zu Ende geführt.
steuerfrei. Ansprüche auf solche Leistungen gehören
(3) Ein Anspruch auf Förderung aus Mitteln der Stif-
nicht zum sonstigen Vermögen im Sinne des Bewer-
tung besteht nicht.
tungsgesetzes.
§ 18 § 21
Verhältnis zu anderen Ansprüchen Vergabeplan
(1) Bei der Ermittlung oder Anrechnung von Einkom- Der Stiftungsrat stellt mit Zustimmung des Bundes-
men, sonstigen Einnahmen und Vermögen nach ande- ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
ren Gesetzen, insbesondere dem Zweiten, Dritten, jeweils für zwei Geschäftsjahre einen Vergabeplan auf,
Fünften und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch und der den Finanzrahmen für die Förderung festlegt. Über
dem Bürgerlichen Gesetzbuch, bleiben Leistungen die Ausführung des Plans im Einzelfall beschließt der
nach diesem Gesetz außer Betracht. Vorstand.
(2) Verpflichtungen Anderer, insbesondere Unter-
haltspflichtiger und der Träger der Sozialhilfe oder an- Abschnitt 4
derer Sozialleistungen, werden durch dieses Gesetz
nicht berührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leis- Schluss- und Übergangsvorschriften
tungen anderer Stellen, auf die kein Anspruch besteht,
dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach diesem § 22
Gesetz Leistungen vorgesehen sind.
Verfahren
Abschnitt 3 Soweit nach diesem Gesetz keine speziellen Ver-
Projektförderung fahrensregelungen getroffen sind, findet das Verwal-
tungsverfahrensgesetz des Bundes Anwendung.
§ 19
Finanzielle Ausstattung § 23
Für Maßnahmen nach diesem Abschnitt sind zu ver- Rechtsweg
wenden
Für Streitigkeiten über Ansprüche nach diesem Ge-
1. die Erträge aus den Mitteln nach § 4 Abs. 1 Nr. 3, die
setz ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.
nicht unter § 11 Satz 2 Nr. 1 fallen;
2. Zuwendungen nach § 4 Abs. 2, soweit nicht die oder
§ 24
der Zuwendende etwas anderes bestimmt hat.
Übergangsvorschrift
§ 20
Die Amtszeit der beim Inkrafttreten dieses Gesetzes
Förderungsmaßnahmen amtierenden Mitglieder der Stiftungsorgane endet mit
(1) Zur Erreichung des in § 2 Nr. 2 bezeichneten der Bestellung der Mitglieder der neuen Stiftungs-
Zwecks kann die Stiftung Einzelvorhaben der wissen- organe.
1542 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009
Zwanzigste Verordnung
zur Änderung der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung
(20. RSA-ÄndV)
Vom 23. Juni 2009
Auf Grund des § 266 Absatz 7 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch
– Gesetzliche Krankenversicherung –, dessen Satz 1 Nummer 3 durch Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b Doppel-
buchstabe aa geändert und dessen Satz 2 durch Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc des
Gesetzes vom 10. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3465) eingefügt worden ist, verordnet das Bundesministerium für
Gesundheit:
Artikel 1
Änderung der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung
Die Risikostruktur-Ausgleichsverordnung vom 3. Januar 1994 (BGBl. I S. 55), die zuletzt durch die Verordnung
vom 11. März 2009 (BGBl. I S. 497) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. In § 28b Absatz 1 Satz 2 werden nach der Angabe „Anlagen 1, 3, 5“ die Wörter „in Verbindung mit 5a“ eingefügt.
2. In § 28c Satz 2 werden nach der Angabe „Anlagen 1, 3, 5“ die Wörter „in Verbindung mit 5a“ eingefügt.
3. In § 28e Satz 2 werden nach der Angabe „Anlagen 1, 3, 5“ die Wörter „in Verbindung mit 5a“ eingefügt.
4. In § 28g Absatz 1 Satz 2 werden nach der Angabe „Anlagen 1, 3, 5“ die Wörter „in Verbindung mit 5a“ eingefügt.
5. Die Anlage 1 wird wie folgt gefasst:
„Anlage 1
(zu §§ 28b bis 28g)
Anforderungen an strukturierte
Behandlungsprogramme für Diabetes mellitus Typ 2
1. B e h a n d l u n g n a c h d e m a k t u e l l e n S t a n d d e r m e d i z i n i s c h e n W i s s e n s c h a f t u n t e r
Berücksichtigung von evidenzbasierten Leitlinien oder nach der jeweils
besten, verfügbaren Evidenz sowie unter Berücksichtigung des jeweiligen
Ve r s o r g u n g s s e k t o r s ( § 1 3 7 f A b s a t z 2 S a t z 2 N u m m e r 1 d e s F ü n f t e n B u c h e s
Sozialgesetzbuch)
1.1 Definition des Diabetes mellitus Typ 2
Als Diabetes mellitus Typ 2 wird die Form des Diabetes bezeichnet, die durch relativen Insulinmangel auf Grund
einer Störung der Insulinsekretion entsteht und in der Regel mit einer Insulinresistenz einhergeht1).
1.2 Diagnostik (Eingangsdiagnose)
Die Diagnose eines Diabetes mellitus gilt als gestellt, wenn die folgenden Kriterien erfüllt sind:
– Nachweis typischer Symptome des Diabetes mellitus (zum Beispiel Polyurie, Polydipsie, ansonsten unerklär-
licher Gewichtsverlust) und
– Nüchtern-Glukose vorrangig im Plasma (i. P.) ≥ 7,0 mmol/l (≥ 126 mg/dl) oder Nicht-Nüchtern-Glukose i. P.
≥ 11,1 mmol/l (≥ 200 mg/dl).
Bei Abwesenheit diabetischer Symptome:
Die Diagnose eines Diabetes mellitus wird unabhängig von Alter und Geschlecht durch Messung mehrfach
erhöhter Blutglukosewerte an mindestens zwei verschiedenen Tagen gestellt:
– mindestens zweimaliger Nachweis von Nüchtern-Glukose i. P. ≥ 7,0 mmol/l (≥ 126 mg/dl),
– mindestens zweimaliger Nachweis von Nicht-Nüchtern-Glukose i. P. ≥ 11,1 mmol/l (≥ 200 mg/dl) oder
– Nachweis von Glukose i. P. ≥ 11,1 mmol/l (≥ 200 mg/dl)/2 Stunden nach oraler Glukosebelastung (75 g
Glukose).
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009 1543
Die Werte für venöses und kapillares Vollblut ergeben sich aus der nachfolgenden Tabelle:
Interpretation eines Nüchtern-Blutglukosewertes sowie
Zwei-Stunden-Blutglukosewertes nach oralem Glukosetoleranztest (75 g oGTT)
Plasmaglukose Vollblutglukose
venös kapillar venös kapillar
mmol/l mg/dl mmol/l mg/dl mmol/l mg/dl mmol/l mg/dl
Nüchtern ≥ 7,0 ≥ 126 ≥ 7,0 ≥ 126 ≥ 6,1 ≥ 110 ≥ 6,1 ≥ 110
2 Std. nach oGTT ≥ 11,1 ≥ 200 ≥ 12,2 ≥ 220 ≥ 10,0 ≥ 180 ≥ 11,1 ≥ 200
Bei verdächtigem klinischen Bild und widersprüchlichen Messergebnissen ist die Diagnosestellung mittels ora-
lem Glukosetoleranztest möglich. Die zur Einschreibung führenden Messungen dürfen nicht während akuter
Erkrankungen (zum Beispiel Infektionen) oder während der Einnahme das Ergebnis verfälschender Medika-
mente (zum Beispiel Glukokortikoide) durchgeführt werden, es sei denn, die Einnahme dieser Medikamente
ist wegen einer chronischen Erkrankung langfristig erforderlich. Die Unterscheidung zwischen Diabetes mellitus
Typ 1 und Typ 2 erfolgt anhand der Anamnese und des klinischen Bildes.
Die Einschreibekriterien für strukturierte Behandlungsprogramme ergeben sich zusätzlich aus Ziffer 3. Die Leis-
tungserbringer sollen prüfen, ob die Patientin oder der Patient im Hinblick auf die unter Ziffer 1.3.1 genannten
Therapieziele von der Einschreibung profitieren und an der Umsetzung mitwirken kann.
1.3 Therapie des Diabetes mellitus Typ 2
1.3.1 Therapieziele
Die Therapie dient der Erhöhung der Lebenserwartung sowie der Erhaltung oder der Verbesserung der von
einem Diabetes mellitus beeinträchtigten Lebensqualität. Dabei sind in Abhängigkeit zum Beispiel von Alter
und Begleiterkrankungen der Patientin oder des Patienten individuelle Therapieziele anzustreben:
1. Vermeidung von Symptomen der Erkrankung (zum Beispiel Polyurie, Polydipsie, Abgeschlagenheit) ein-
schließlich der Vermeidung neuropathischer Symptome, Vermeidung von Nebenwirkungen der Therapie (ins-
besondere schwere oder rezidivierende Hypoglykämien) sowie schwerer hyperglykämischer Stoffwechsel-
entgleisungen,
2. Reduktion des erhöhten Risikos für kardiale, zerebrovaskuläre und sonstige makroangiopathische Morbidität
und Mortalität,
3. Vermeidung der mikrovaskulären Folgeschäden (insbesondere Retinopathie mit schwerer Sehbehinderung
oder Erblindung, Niereninsuffizienz mit der Notwendigkeit einer Nierenersatztherapie),
4. Vermeidung des diabetischen Fußsyndroms mit neuro-, angio- und/oder osteoarthropathischen Läsionen
und von Amputationen.
1.3.2 Differenzierte Therapieplanung
Auf der Basis der allgemeinen Therapieziele und unter Berücksichtigung des individuellen Risikos unter Ein-
beziehung des Alters sowie der vorliegenden Folgeschäden beziehungsweise Begleiterkrankungen sind ge-
meinsam mit der Patientin oder dem Patienten individuelle Therapieziele festzulegen und eine differenzierte
Therapieplanung vorzunehmen. Diese individuellen Therapieziele sollten sich an den unter Ziffer 1.3.1 genann-
ten Therapiezielen orientieren.
Die Leistungserbringer haben zu prüfen, ob die Patientin oder der Patient im Hinblick auf die in Ziffer 1.3.1
genannten Therapieziele von einer bestimmten Intervention profitieren kann. Die Durchführung der diagnosti-
schen und therapeutischen Maßnahmen erfolgt in Abstimmung mit der Patientin oder dem Patienten nach
ausführlicher Aufklärung über Nutzen und Risiken.
Sofern im Rahmen der individuellen Therapieplanung andere Maßnahmen als die in dieser Anlage genannten
verordnet werden sollen, ist die Patientin oder der Patient darüber zu informieren, ob für diese Maßnahmen
Wirksamkeitsbelege zur Risikoreduktion klinischer Endpunkte vorliegen.
1.4 Basistherapie
1.4.1 Ernährungsberatung
Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 erhalten Zugang zu einer qualifizierten krankheitsspezi-
fischen Ernährungsberatung (vor allem Reduktion von Übergewicht) im Rahmen eines strukturierten Schulungs-
und Behandlungsprogramms (siehe Ziffer 4.2).
1.4.2 Tabakverzicht
Im Rahmen des Schulungs- und Behandlungsprogramms sollen die Patientinnen und Patienten über die be-
sonderen Risiken des Rauchens für Diabetiker informiert werden, insbesondere im Hinblick auf makro- und
mikroangiopathische Komplikationen, verbunden mit der dringenden Empfehlung, das Rauchen aufzugeben.
1544 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009
1.4.3 Körperliche Aktivitäten
Die Ärztin oder der Arzt überprüft mindestens einmal jährlich, ob die Patientin oder der Patient von einer Ge-
wichtsreduktion und einer Steigerung der körperlichen Aktivität profitiert. Mögliche Interventionen müssen da-
rauf ausgerichtet sein, die Patientin oder den Patienten zu motivieren, das erwünschte positive Bewegungs-
verhalten eigenverantwortlich und nachhaltig in ihren oder seinen Lebensstil zu integrieren.
1.4.4 Stoffwechselselbstkontrolle
Im Rahmen des strukturierten Schulungs- und Behandlungsprogramms sollen die Patientinnen und Patienten
mit der Durchführung einer dem Therapieregime angemessenen Stoffwechselselbstkontrolle sowie der Inter-
pretation der Ergebnisse vertraut gemacht werden.
1.5 Blutglukosesenkende Therapie
Zur Erreichung der individuellen Therapieziele sollen nach Möglichkeit zunächst nicht-medikamentöse Maßnah-
men ausgeschöpft werden.
Das Ziel der antihyperglykämischen Therapie, gemessen am HbA1c-Wert, ist individuell festzulegen. Wenn die
Verhinderung mikrovaskulärer Komplikationen ein Therapieziel ist, ist eine normnahe Einstellung der Blutglu-
kose anzustreben.
Vorrangig sollen unter Berücksichtigung der Kontraindikationen und der Patientenpräferenzen Medikamente zur
Blutglukosesenkung verwendet werden, deren positiver Effekt und deren Sicherheit im Hinblick auf die Errei-
chung der unter Ziffer 1.3.1 genannten Therapieziele in prospektiven, randomisierten, kontrollierten Langzeit-
studien nachgewiesen wurden. Es handelt sich in der primären Monotherapie hierbei um folgende Wirkstoffe zur
blutglukosesenkenden Behandlung:
– Glibenclamid (bei nicht übergewichtigen Patientinnen oder Patienten),
– Metformin (bei übergewichtigen Patientinnen oder Patienten),
– Human-Insulin.
Sofern im Rahmen der individuellen Therapieplanung andere als die oben genannten Wirkstoffe verordnet wer-
den sollen (zum Beispiel Insulin-Analoga, weitere orale Antidiabetika), ist die Patientin oder der Patient darüber
zu informieren, dass derzeit hierfür keine ausreichenden Belege zur Sicherheit im Langzeitgebrauch sowie zur
Risikoreduktion klinischer Endpunkte vorliegen. Sie oder er ist im Übrigen darüber zu informieren, ob für den
jeweiligen Wirkstoff Daten zur Wirksamkeit, Steuerbarkeit und Verträglichkeit vorliegen.
1.6 Behandlung hyper- und hypoglykämischer Stoffwechselentgleisungen
Bei hyperglykämischen Stoffwechselentgleisungen, insbesondere beim Vorliegen typischer Symptome (zum
Beispiel Gewichtsverlust, Durst, Polyurie, Abgeschlagenheit, Müdigkeit) ist eine Verbesserung der Blutglu-
kose-Einstellung anzustreben.
Für Patientinnen und Patienten, bei denen Symptomfreiheit das vorrangig vereinbarte Therapieziel ist, ist das
Ausmaß der Blutglukosesenkung individuell anzupassen, um zum Beispiel folgenschwere Hypoglykämien zu
vermeiden.
Das Auftreten von symptomatischen Hypoglykämien erfordert im Anschluss an eine Notfalltherapie eine zeit-
nahe Ursachenklärung, Therapiezielüberprüfung und gegebenenfalls Therapieanpassung.
1.7 Begleit- und Folgeerkrankungen des Diabetes mellitus Typ 2
1.7.1 Makroangiopathie
Die Makroangiopathie, insbesondere in Form der koronaren Herzkrankheit, stellt das Hauptproblem der Patien-
tinnen und Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 dar. Die Senkung eines erhöhten Blutdrucks bei Patientinnen
und Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 reduziert die kardio- und zerebrovaskuläre Morbidität und Mortalität
bereits im Verlauf weniger Jahre. Daher soll in geeigneten Abständen eine individuelle Risikoabschätzung hin-
sichtlich makroangiopathischer Komplikationen erfolgen.
Primär sollen zur Beeinflussung makroangiopathischer Begleit- und Folgeerkrankungen Interventionen durch-
geführt werden, deren positiver Effekt auf Mortalität und Morbidität, wie sie in den Therapiezielen formuliert
wurden, nachgewiesen ist. Insbesondere kommen zur Prävention makroangiopathischer Folgeerkrankungen
folgende Maßnahmen in Betracht:
– Lebensstil verändernde Maßnahmen (zum Beispiel Tabakverzicht, körperliche Aktivität und gesunde Ernäh-
rung),
– antihypertensive Therapie (zur Primär- und Sekundärprävention),
– Statingabe (bei Hochrisikopatientinnen und -patienten und zur Sekundärprävention),
– Thrombozytenaggregationshemmer (nur zur Sekundärprävention).
1.7.1.1 Antihypertensive Therapie
Arterielle Hypertonie bei Diabetes mellitus Typ 2: Definition und Diagnosestellung
Wenn nicht bereits eine Hypertonie bekannt ist, kann die Diagnose wie folgt gestellt werden:
Eine Hypertonie liegt vor, wenn bei mindestens zwei Gelegenheitsblutdruckmessungen an zwei unterschied-
lichen Tagen Blutdruckwerte von ≥ 140 mmHg systolisch und/oder ≥ 90 mmHg diastolisch vorliegen. Diese
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009 1545
Definition bezieht sich auf manuelle auskultatorische Messungen durch geschultes medizinisches Personal und
gilt unabhängig vom Alter oder von vorliegenden Begleiterkrankungen.
Die Blutdruckmessung ist methodisch standardisiert gemäß den nationalen Empfehlungen durchzuführen.
Sekundäre Hypertonie
Bei Hinweisen auf das Vorliegen einer sekundären Hypertonie ist eine Abklärung erforderlich. Die Ärztin oder der
Arzt soll die Notwendigkeit der gezielten Weiterleitung der Patientin oder des Patienten an eine in der Hyper-
toniediagnostik besonders qualifizierte Ärztin oder einen besonders qualifizierten Arzt prüfen.
Therapieziele
Durch die antihypertensive Therapie soll die Erreichung der unter Ziffer 1.3.1 genannten Therapieziele (insbe-
sondere Nummern 2 und 3) angestrebt werden. Hierfür ist mindestens eine Senkung des Blutdrucks auf Werte
systolisch unter 140 mmHg und diastolisch unter 90 mmHg anzustreben.
Basistherapie
Bei der Auswahl der unter Ziffer 1.4 genannten Maßnahmen ist das Vorliegen einer arteriellen Hypertonie ge-
sondert zu berücksichtigen.
Strukturiertes Hypertonie-Behandlungs- und Schulungsprogramm
Jede Patientin und jeder Patient mit Diabetes mellitus Typ 2 und arterieller Hypertonie soll Zugang zu einem
strukturierten, evaluierten und publizierten Schulungs- und Behandlungsprogramm erhalten. Insbesondere kön-
nen solche Schulungen angeboten werden, die bei diesen Patienten auf klinische Endpunkte adäquat evaluiert
sind.
Medikamentöse Maßnahmen bei Hypertonie
Vorrangig sollen unter Berücksichtigung der Kontraindikationen, der Komorbiditäten und der Patientenpräferen-
zen Medikamente zur Blutdrucksenkung verwendet werden, deren positiver Effekt und deren Sicherheit im
Hinblick auf die Erreichung der unter Ziffer 1.3.1 genannten Therapieziele (insbesondere Nummern 2 und 3) in
prospektiven, randomisierten, kontrollierten Langzeitstudien nachgewiesen wurden.
Dabei handelt es sich um folgende Wirkstoffgruppen:
– Diuretika,
– Beta1-Rezeptor-selektive Betablocker,
– Angiotensin-Conversions-Enzym-Hemmer (ACE-Hemmer), bei ACE-Hemmer-Unverträglichkeit oder speziel-
len Indikationen AT1-Rezeptor-Antagonisten.
Sofern im Rahmen der individuellen Therapieplanung Wirkstoffe aus anderen Wirkstoffgruppen verordnet wer-
den sollen, ist die Patientin oder der Patient darüber zu informieren, ob für diese Wirkstoffe Wirksamkeitsbelege
zur Risikoreduktion klinischer Endpunkte vorliegen.
1.7.1.2 Statintherapie
Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 und mit einem stark erhöhten Risiko für makroangio-
pathische Komplikationen beziehungsweise mit einer koronaren Herzkrankheit sollen mit einem Statin behan-
delt werden.
1.7.1.3 Thrombozytenaggregationshemmer
Grundsätzlich sollen alle Patientinnen und Patienten mit makroangiopathischen Erkrankungen (zum Beispiel
kardio- und zerebrovaskulären Erkrankungen) – unter Beachtung der Kontraindikationen und/oder der Unver-
träglichkeiten – Thrombozytenaggregationshemmer erhalten.
1.7.2 Mikrovaskuläre Komplikationen
1.7.2.1 Allgemeinmaßnahmen
Für Patientinnen und Patienten mit dem Therapieziel der Vermeidung von mikrovaskulären Folgeerkrankungen
(vor allem diabetische Retinopathie und Nephropathie) ist über einen langjährigen Zeitraum die Senkung der
Blutglukose in einen normnahen Bereich notwendig.
Bereits bestehende mikrovaskuläre Komplikationen können insbesondere zu folgenden Folgeschäden führen,
die einzeln oder gemeinsam auftreten können: Sehbehinderung bis zur Erblindung, Niereninsuffizienz bis zur
Dialysenotwendigkeit. Zur Hemmung der Progression ist neben der Senkung der Blutglukose in einen norm-
nahen Bereich die Senkung des Blutdrucks in einen normalen Bereich (systolisch unter 140 mmHg und diasto-
lisch unter 90 mmHg) von entscheidender Bedeutung.
Vor der Einleitung einer Therapie und in geeigneten Abständen soll eine individuelle Risikoabschätzung gemäß
Ziffer 1.3.2 erfolgen.
1.7.2.2 Nephropathie bei Diabetes mellitus Typ 2
Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 und langjähriger Hyperglykämie haben in Abhängigkeit
von ihrem Alter und ihrer Diabetesdauer ein unterschiedlich hohes Risiko für die Entwicklung einer diabetes-
spezifischen Nephropathie.
1546 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009
Hyperglykämie als alleinige Ursache einer Nephropathie ist in den ersten 15 Jahren Diabetesdauer selten, bei
längeren Verläufen nimmt das Risiko für eine Nephropathie deutlich zu. Bei Patientinnen und Patienten mit
Diabetes mellitus Typ 2 spielt eine unzureichend eingestellte Hypertonie die entscheidende Rolle für die Ent-
wicklung und das Fortschreiten der Nierenschädigung.
Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus und einer progredienten Nierenfunktionsstörung (unabhängig
von der Ursache) bedürfen einer spezialisierten Behandlung (siehe Ziffer 1.8.2).
Die Ärztin oder der Arzt hat auf Grund des individuellen Risikoprofils (insbesondere Diabetesdauer, Alter, Retino-
pathie, weitere Begleiterkrankungen) zu prüfen, ob eine Patientin oder ein Patient von einer regelmäßigen Be-
stimmung der Albumin-Ausscheidung im Urin (zum Beispiel einmal jährlich) profitieren kann. Zum Ausschluss
einer diabetischen Nephropathie ist der Nachweis einer normalen Urin-Albumin-Ausscheidungsrate oder einer
normalen Urin-Albumin-Konzentration im ersten Morgenurin ausreichend.
Bei Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 ist einmal jährlich die Nierenfunktion vor allem durch
Errechnung der glomerulären Filtrationsrate (GFR) auf der Basis der Serum-Kreatinin-Bestimmung zu ermitteln.
Wenn eine diabetische Nephropathie diagnostiziert wurde, sind Interventionen vorzusehen, für die ein positiver
Nutzennachweis im Hinblick auf die Vermeidung der Progression und Nierenersatztherapie erbracht ist. Dazu
zählen insbesondere eine normnahe Blutdruck- und Blutglukoseeinstellung, Tabakverzicht und bei pathologisch
reduzierter glomerulärer Filtrationsrate die Empfehlung einer adäquat begrenzten Eiweißaufnahme.
1.7.2.3 Diabetische Retinopathie
Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 können im Erkrankungsverlauf diabetesassoziierte Au-
genkomplikationen (zum Beispiel diabetisch bedingte Retinopathie und Makulopathie) erleiden. Zur Früherken-
nung ist für alle in strukturierte Behandlungsprogramme eingeschriebene Versicherte mindestens einmal im Jahr
eine ophthalmologische Netzhautuntersuchung in Mydriasis durchzuführen.
Wenn eine diabetesassoziierte Augenkomplikation diagnostiziert wurde, sind Interventionen vorzusehen, für die
ein positiver Nutzennachweis im Hinblick auf die Vermeidung der Erblindung erbracht ist. Dazu zählen eine
normnahe Blutglukose- und Blutdruckeinstellung sowie gegebenenfalls eine rechtzeitige und adäquate Laser-
Behandlung.
1.7.2.4 Diabetische Neuropathie
Zur Behandlung der diabetischen Neuropathie sind stets Maßnahmen vorzusehen, die zur Optimierung der
Stoffwechseleinstellung führen.
Bei Neuropathien mit für die Patientin oder den Patienten störender Symptomatik (vor allem schmerzhafte Poly-
neuropathie) ist der Einsatz zusätzlicher medikamentöser Maßnahmen sinnvoll. Es kommen vorzugsweise An-
tidepressiva sowie Antikonvulsiva in Betracht, die für diese Indikation zugelassen sind.
Bei Hinweisen auf eine autonome diabetische Neuropathie (zum Beispiel kardiale autonome Neuropathie, Ma-
genentleerungsstörungen, Blasenentleerungsstörungen) ist eine spezialisierte weiterführende Diagnostik und
Therapie zu erwägen.
1.7.2.5 Das diabetische Fußsyndrom
Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2, insbesondere mit peripherer Neuropathie und/oder
peripherer arterieller Verschlusskrankheit, sind durch die Entwicklung eines diabetischen Fußsyndroms mit ei-
nem erhöhten Amputationsrisiko gefährdet.
Es ist bei allen Patientinnen und Patienten mindestens einmal jährlich eine Inspektion der Füße einschließlich
Prüfung auf Neuropathie und Prüfung des Pulsstatus durchzuführen. Bei Patientinnen und Patienten mit erhöh-
tem Risiko soll die Prüfung quartalsweise, einschließlich der Überprüfung des Schuhwerks, erfolgen.
Bei Hinweisen auf ein diabetisches Fußsyndrom (Epithelläsion, Verdacht auf beziehungsweise manifeste Weich-
teil- oder Knocheninfektion beziehungsweise Verdacht auf Osteoarthropathie) ist die Mitbehandlung in einer für
die Behandlung des diabetischen Fußsyndroms qualifizierten Einrichtung gemäß Überweisungsregeln nach
Ziffer 1.8.2 erforderlich. Nach abgeschlossener Behandlung einer Läsion im Rahmen eines diabetischen Fuß-
syndroms ist die regelmäßige Vorstellung in einer für die Behandlung von Patientinnen und Patienten mit dia-
betischem Fußsyndrom qualifizierten Einrichtung zu prüfen. Die Dokumentation erfolgt nach der Wagner-Arm-
strong-Klassifikation.
1.7.3 Psychische, psychosomatische und psychosoziale Beeinträchtigung
Auf Grund des komplexen Zusammenwirkens von somatischen, psychischen und sozialen Faktoren bei Patien-
tinnen und Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 ist durch die Ärztin oder den Arzt zu prüfen, inwieweit die
Patientinnen und Patienten von psychotherapeutischen, psychiatrischen und/oder verhaltensmedizinischen
Maßnahmen profitieren können. Bei psychischen Beeinträchtigungen mit Krankheitswert soll die Behandlung
durch qualifizierte Leistungserbringer erfolgen.
Auf Grund der häufigen und bedeutsamen Komorbidität soll die Depression besondere Berücksichtigung fin-
den.
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009 1547
1.8 Kooperation der Versorgungssektoren
Die Betreuung von Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 erfordert die Zusammenarbeit aller
Sektoren (ambulant, stationär) und Einrichtungen. Eine qualifizierte Behandlung muss über die gesamte Versor-
gungskette gewährleistet sein.
1.8.1 Koordinierende Ärztin oder koordinierender Arzt
Die Langzeitbetreuung der Patientin oder des Patienten und deren Dokumentation im Rahmen des strukturier-
ten Behandlungsprogramms erfolgt grundsätzlich durch die Hausärztin oder den Hausarzt im Rahmen der in
§ 73 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch beschriebenen Aufgaben.
In Ausnahmefällen kann eine Patientin oder ein Patient mit Diabetes mellitus Typ 2 eine diabetologisch qualifi-
zierte, an der fachärztlichen Versorgung teilnehmende Ärztin oder einen diabetologisch qualifizierten, an der
fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt oder eine diabetologisch qualifizierte Einrichtung, die für die ver-
tragsärztliche Versorgung zugelassen oder ermächtigt ist oder die nach § 116b des Fünften Buches Sozialge-
setzbuch an der ambulanten ärztlichen Versorgung teilnimmt, auch zur Langzeitbetreuung, Dokumentation und
Koordination der weiteren Maßnahmen im strukturierten Behandlungsprogramm wählen. Dies gilt insbesondere
dann, wenn die Patientin oder der Patient bereits vor der Einschreibung von dieser Ärztin, diesem Arzt oder von
dieser Einrichtung dauerhaft betreut worden ist oder diese Betreuung aus medizinischen Gründen erforderlich
ist.
Die Überweisungsregeln unter Ziffer 1.8.2 sind von der Ärztin, vom Arzt oder der gewählten Einrichtung zu
beachten, wenn ihre besondere Qualifikation für eine Behandlung der Patientin oder des Patienten aus den dort
genannten Überweisungsanlässen nicht ausreicht.
1.8.2 Überweisung von der koordinierenden Ärztin oder vom koordinierenden Arzt zur jeweils qualifizierten
Fachärztin, zum jeweils qualifizierten Facharzt oder zur qualifizierten Einrichtung
Bei Vorliegen folgender Indikationen muss eine Überweisung der Patientin oder des Patienten zur jeweils qua-
lifizierten Fachärztin, zum jeweils qualifizierten Facharzt oder zur qualifizierten Einrichtung und/oder zu einer
Ärztin oder zu einem Arzt oder einer Einrichtung, die diabetologisch qualifiziert sind, erfolgen:
– zur augenärztlichen Untersuchung: zum Ausschluss einer diabetischen Augenkomplikation bei Diagnosestel-
lung des Diabetes mellitus Typ 2 mindestens einmal jährlich,
– bei einer Einschränkung der Nierenfunktion mit einer GFR auf weniger als 40 ml/min oder bei deutlicher
Progression einer Nierenfunktionsstörung (jährliche Abnahme der GFR um mehr als 5 ml/min) zur nephrolo-
gisch qualifizierten Ärztin, zum nephrologisch qualifizierten Arzt oder zur nephrologisch qualifizierten Einrich-
tung,
– bei Fuß-Läsionen Wagner-Stadium 2-5 und/oder Armstrong-Klasse C oder D in eine für die Behandlung des
diabetischen Fußsyndroms qualifizierte Einrichtung,
– bei geplanter oder bestehender Schwangerschaft zu einer Ärztin, zu einem Arzt oder zu einer Einrichtung, die
jeweils diabetologisch besonders qualifiziert sind.
Bei Vorliegen folgender Indikationen soll eine Überweisung der Patientin oder des Patienten zur jeweils quali-
fizierten Fachärztin, zum jeweils qualifizierten Facharzt oder zur qualifizierten Einrichtung und/oder zu einer
Ärztin oder zu einem Arzt oder einer Einrichtung, die diabetologisch qualifiziert sind, erfolgen:
– bei Neuauftreten mikrovaskulärer Komplikationen (Nephropathie, Retinopathie) oder Neuropathie zur diabe-
tologisch besonders qualifizierten Ärztin, zum diabetologisch besonders qualifizierten Arzt oder zur diabeto-
logisch besonders qualifizierten Einrichtung,
– bei allen diabetischen Fuß-Läsionen in eine für die Behandlung des diabetischen Fußsyndroms qualifizierte
Einrichtung,
– bei Nicht-Erreichen eines Blutdruckwertes systolisch < 140 mmHg und diastolisch < 90 mmHg innerhalb
eines Zeitraums von höchstens sechs Monaten an eine in der Hypertoniebehandlung qualifizierte Ärztin,
einen in der Hypertoniebehandlung qualifizierten Arzt oder eine in der Hypertoniebehandlung qualifizierte
Einrichtung,
– bei Nicht-Erreichen des in Abhängigkeit vom Therapieziel individuell festgelegten HbA1c-Zielwertes (nach
spätestens sechs Monaten) zu einer diabetologisch besonders qualifizierten Ärztin, einem diabetologisch
besonders qualifizierten Arzt oder einer diabetologisch besonders qualifizierten Einrichtung.
Im Übrigen entscheidet die Ärztin oder der Arzt nach pflichtgemäßem Ermessen über eine Überweisung.
1.8.3 Einweisung in ein Krankenhaus zur stationären Behandlung
Indikationen zur stationären Einweisung in ein geeignetes Krankenhaus bestehen insbesondere:
– bei Notfallindikation (in jedes Krankenhaus),
– bei bedrohlichen Stoffwechselstörungen,
– bei schweren speziellen Stoffwechselentgleisungen (zum Beispiel häufige nächtliche Hypoglykämien, Hypo-
glykämiewahrnehmungsstörungen),
1548 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009
– bei Verdacht auf infizierten diabetischen Fuß neuropathischer oder angiopathischer Genese oder akuter neu-
roosteopathischer Fußkomplikation,
– gegebenenfalls zur Mitbehandlung von Begleit- und Folgekrankheiten des Diabetes mellitus Typ 2.
Bei Nicht-Erreichen des in Abhängigkeit vom Therapieziel individuell festgelegten HbA1c-Zielwertes nach spä-
testens zwölf Monaten ambulanter Behandlung soll geprüft werden, ob die Patientin oder der Patient von einer
stationären Diagnostik und Therapie in einem diabetologisch qualifizierten Krankenhaus profitieren kann.
Im Übrigen entscheidet die Ärztin oder der Arzt nach pflichtgemäßem Ermessen über eine Einweisung.
1.8.4 Veranlassung einer Rehabilitationsleistung
Im Rahmen des strukturierten Behandlungsprogramms ist insbesondere bei Vorliegen von Komplikationen oder
Begleiterkrankungen zu prüfen, ob die Patientin oder der Patient mit Diabetes mellitus Typ 2 von einer Rehabi-
litationsleistung profitieren kann. Eine Leistung zur Rehabilitation soll insbesondere erwogen werden, um die
Erwerbsfähigkeit, die Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe der Patientin oder des Patienten am
Leben in der Gesellschaft zu fördern, Benachteiligungen durch den Diabetes mellitus Typ 2 und seine Begleit-
und Folgeerkrankungen zu vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken.
2. Q u a l i t ä t s s i c h e r n d e M a ß n a h m e n ( § 1 3 7 f A b s a t z 2 S a t z 2 N u m m e r 2 d e s F ü n f t e n
Buches Sozialgesetzbuch)
Als Grundlage der Qualitätssicherung sind nachvollziehbare und relevante Ziele, die durch die Qualitätssiche-
rung angestrebt werden, zu vereinbaren und zu dokumentieren. Hierzu gehören insbesondere die Bereiche:
– Einhaltung der Anforderungen gemäß § 137f Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 des Fünften Buches Sozialgesetz-
buch (einschließlich Therapieempfehlungen),
– Einhaltung einer qualitätsgesicherten und wirtschaftlichen Arzneimitteltherapie,
– Einhaltung der Kooperationsregeln der Versorgungsebenen gemäß Ziffer 1.8,
– Einhaltung der in Verträgen zu vereinbarenden Anforderungen an die Strukturqualität,
– Vollständigkeit, Plausibilität und Verfügbarkeit der Dokumentation nach Anlage 2 in Verbindung mit Anlage 8,
– aktive Teilnahme der Versicherten.
Die Vertragspartner haben dem Bundesversicherungsamt gegenüber nachzuweisen, welche Maßnahmen sie
zur Umsetzung der oben genannten Ziele beziehungsweise zur Dokumentation der Qualitätsindikatoren getrof-
fen haben. Der Gemeinsame Bundesausschuss soll dem Bundesministerium für Gesundheit als Bestandteil
seiner Empfehlungen zum Aktualisierungsbedarf weitere Kernziele für die Qualitätssicherung empfehlen.
Im Sinne des Patientenschutzes und der Qualitätssicherung vereinbaren die Vertragspartner auf der Grundlage
der bereits bestehenden Qualitätssicherungsvereinbarungen in den jeweiligen Versorgungssektoren einheitliche
Anforderungen an die Qualifikation der beteiligten Leistungserbringer und des medizinischen Personals, an die
technische, apparative und gegebenenfalls räumliche Ausstattung sowie an die organisatorischen Vorausset-
zungen bei diagnostischen und therapeutischen Interventionen.
Im Rahmen der strukturierten Behandlungsprogramme sind Maßnahmen vorzusehen, die eine Erreichung der
vereinbarten Ziele unterstützen. Ihr Einsatz kann auf im Behandlungsprogramm zu spezifizierende Gruppen von
Patientinnen und Patienten sowie Leistungserbringern beschränkt werden, die ein ausreichendes Verbesse-
rungspotenzial erwarten lassen. Hierzu gehören insbesondere:
– Maßnahmen mit Erinnerungs- und Rückmeldungsfunktionen (zum Beispiel Remindersysteme) für Versicherte
und Leistungserbringer,
– strukturiertes Feedback auf der Basis der Dokumentationsdaten für Leistungserbringer mit der Möglichkeit
einer regelmäßigen Selbstkontrolle; die regelmäßige Durchführung von strukturierten Qualitätszirkeln kann ein
geeignetes Feedbackverfahren für teilnehmende Leistungserbringer sein,
– Maßnahmen zur Förderung einer aktiven Teilnahme und Eigeninitiative der Versicherten,
– Sicherstellung einer systematischen, aktuellen Information für Leistungserbringer und eingeschriebene Ver-
sicherte.
Maßnahmen im Verhältnis zu den Leistungserbringern sind entsprechend zu vereinbaren. Im Rahmen der Pro-
gramme sind außerdem strukturierte Verfahren zur besonderen Beratung von Versicherten durch die Kranken-
kassen oder von ihr beauftragten Dritten vorzusehen, deren Verlaufsdokumentation Hinweise auf mangelnde
Unterstützung des strukturierten Behandlungsprozesses durch die oder den Versicherten enthält.
Im Rahmen der strukturierten Behandlungsprogramme sind Regelungen zur Auswertung der für die Durchfüh-
rung der Qualitätssicherung erforderlichen Daten zu treffen. Hierbei sind sowohl die bei den Krankenkassen
vorliegenden Dokumentationsdaten nach Anlage 2 in Verbindung mit Anlage 8 als auch die Leistungsdaten der
Krankenkassen einzubeziehen.
Im Rahmen der strukturierten Behandlungsprogramme sind wirksame Sanktionen vorzusehen, wenn die Partner
der zur Durchführung strukturierter Behandlungsprogramme geschlossenen Verträge gegen die im Programm
festgelegten Anforderungen verstoßen.
Die durchgeführten Qualitätssicherungsmaßnahmen sind regelmäßig öffentlich darzulegen.
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009 1549
Ziel ist es, eine gemeinsame Qualitätssicherung im Rahmen strukturierter Behandlungsprogramme aufzubauen,
um zu einer sektorenübergreifenden Qualitätssicherung zu kommen. Die insoweit Zuständigen sind gleichbe-
rechtigt zu beteiligen. Bis zur Einführung einer sektorenübergreifenden Qualitätssicherung gelten die getrennten
Zuständigkeiten auch für die strukturierten Behandlungsprogramme.
3. Te i l n a h m e v o r a u s s e t z u n g e n u n d D a u e r d e r Te i l n a h m e d e r V e r s i c h e r t e n
(§ 137f Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)
Die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt soll prüfen, ob die Patientin oder der Patient im Hinblick auf
die unter Ziffer 1.3.1 genannten Therapieziele von der Einschreibung profitieren und aktiv an der Umsetzung
mitwirken kann.
3.1 Allgemeine Teilnahmevoraussetzungen
Voraussetzung für die Einschreibung Versicherter ist
– die schriftliche Bestätigung der gesicherten Diagnose durch die behandelnde Ärztin oder den behandelnden
Arzt gemäß Ziffer 1.2,
– die schriftliche Einwilligung in die Teilnahme und die damit verbundene Erhebung, Verarbeitung und Nutzung
ihrer Daten und
– die umfassende, auch schriftliche Information der Versicherten über die Programminhalte, über die mit der
Teilnahme verbundene Erhebung, Verarbeitung und Nutzung ihrer Daten, insbesondere darüber, dass Befund-
daten an die Krankenkasse übermittelt werden und von ihr im Rahmen des strukturierten Behandlungspro-
gramms verarbeitet und genutzt werden können und dass in den Fällen des § 28f Absatz 2 die Daten zur
Pseudonymisierung des Versichertenbezuges einer Arbeitsgemeinschaft oder von dieser beauftragten Dritten
übermittelt werden können, über die Aufgabenverteilung und Versorgungsziele, die Freiwilligkeit ihrer Teil-
nahme, die Möglichkeit des Widerrufs ihrer Einwilligung, ihre Mitwirkungspflichten sowie darüber, wann eine
fehlende Mitwirkung das Ende der Teilnahme an dem Programm zur Folge hat.
Die Versicherten bestätigen mit ihrer Teilnahmeerklärung, dass sie im Einzelnen
– die Programm- und Versorgungsziele kennen und an ihrer Erreichung mitwirken werden,
– die Aufgabenteilung der Versorgungsebenen kennen und unterstützen werden,
– auf die Möglichkeit, eine Liste der verfügbaren Leistungsanbieter zu erhalten, hingewiesen worden sind,
– über die Freiwilligkeit ihrer Teilnahme, die Möglichkeit des Widerrufs ihrer Einwilligung, ihre Mitwirkungspflich-
ten und die Folgen fehlender Mitwirkung informiert worden sind sowie
– über die mit ihrer Teilnahme an dem Programm verbundene Erhebung, Verarbeitung und Nutzung ihrer Daten
informiert worden sind, insbesondere über die Möglichkeit einer Übermittlung von Befunddaten an die Kran-
kenkasse zum Zweck der Verarbeitung und Nutzung im Rahmen des strukturierten Behandlungsprogramms
und dass in den Fällen des § 28f Absatz 2 die Daten zur Pseudonymisierung des Versichertenbezuges einer
Arbeitsgemeinschaft oder von dieser beauftragten Dritten übermittelt werden können.
3.2 Spezielle Teilnahmevoraussetzungen
Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 können in das strukturierte Behandlungsprogramm
eingeschrieben werden, wenn die Diagnose des Diabetes mellitus Typ 2 gemäß Ziffer 1.2 (Diagnostik) gesichert
ist oder eine Therapie mit diabetesspezifischen, blutglukosesenkenden Medikamenten bereits vorliegt.
Patientinnen mit Schwangerschaftsdiabetes werden nicht in ein strukturiertes Behandlungsprogramm aufge-
nommen.
4. S c h u l u n g e n ( § 1 3 7 f A b s a t z 2 S a t z 2 N u m m e r 4 d e s F ü n f t e n B u c h e s S o z i a l -
gesetzbuch)
Die Krankenkasse informiert Versicherte und Leistungserbringer über Ziele und Inhalte der strukturierten Be-
handlungsprogramme. Hierbei sind auch die vertraglich vereinbarten Versorgungsziele, Kooperations- und
Überweisungsregeln, die zu Grunde gelegten Versorgungsaufträge und die geltenden Therapieempfehlungen
transparent darzustellen. Die Krankenkasse kann diese Aufgabe an Dritte übertragen.
4.1 Schulungen der Leistungserbringer
Schulungen der Leistungserbringer dienen der Erreichung der vertraglich vereinbarten Versorgungsziele. Die
Inhalte der Schulungen zielen auf die vereinbarten Management-Komponenten, insbesondere bezüglich der
sektorenübergreifenden Zusammenarbeit ab. Die Vertragspartner definieren Anforderungen an die für die struk-
turierten Behandlungsprogramme relevante regelmäßige Fortbildung teilnehmender Leistungserbringer. Sie
können die dauerhafte Mitwirkung der Leistungserbringer von entsprechenden Teilnahmenachweisen abhängig
machen.
4.2 Schulungen der Versicherten
Jede Patientin und jeder Patient mit Diabetes mellitus Typ 2 soll Zugang zu einem strukturierten, evaluierten,
zielgruppenspezifischen und publizierten Schulungs- und Behandlungsprogramm erhalten.
Patientenschulungen dienen der Befähigung der Versicherten zur besseren Bewältigung des Krankheitsverlaufs
und der Befähigung zu informierten Patientenentscheidungen. Hierbei ist der Bezug zu den hinterlegten struk-
1550 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009
turierten medizinischen Inhalten der Programme nach § 137f Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 des Fünften Buches
Sozialgesetzbuch herzustellen. Der bestehende Schulungsstand der Versicherten ist zu berücksichtigen.
Bei Antragstellung müssen die Schulungsprogramme, die angewandt werden sollen, gegenüber dem Bundes-
versicherungsamt benannt und ihre Ausrichtung an den unter Ziffer 1.3.1 genannten Therapiezielen belegt wer-
den. Die Qualifikation der Leistungserbringer ist sicherzustellen.
5. E v a l u a t i o n ( § 1 3 7 f A b s a t z 2 S a t z 2 N u m m e r 6 d e s F ü n f t e n B u c h e s S o z i a l -
gesetzbuch)
Grundziele der Evaluation sind die Überprüfung
– der Erreichung der Ziele des strukturierten Behandlungsprogramms,
– der Einhaltung der Einschreibekriterien sowie
– der Kosten der Versorgung im strukturierten Behandlungsprogramm.
Die Ziele des Programms ergeben sich aus den Anforderungen gemäß § 137f Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 des
Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Anforderungen an die Behandlung nach dem aktuellen Stand der medizi-
nischen Wissenschaft unter Berücksichtigung von evidenzbasierten Leitlinien oder nach der jeweils besten,
verfügbaren Evidenz sowie unter Berücksichtigung des jeweiligen Versorgungssektors) und § 137f Absatz 2
Satz 2 Nummer 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (durchzuführende Qualitätssicherungsmaßnahmen)
sowie den Vereinbarungen zu den Qualitätssicherungsmaßnahmen.
Grundlage der Evaluation bilden die für den Evaluationszeitraum relevanten versichertenbezogenen Dokumen-
tationen nach § 28f, alle Leistungsdaten sowie Abrechnungsdaten der teilnehmenden Leistungserbringer für die
im Evaluationszeitraum eingeschriebenen Versicherten. Die Daten werden für die Zwecke der Evaluation pseu-
donymisiert.
Bei der Bewertung der Wirksamkeit des strukturierten Behandlungsprogramms ist zwischen der Funktionsfähig-
keit des Programms und seiner Auswirkung auf die Versorgungslage zu unterscheiden.
Bei der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Programms sind insbesondere die Anforderungen gemäß § 137f
Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 und 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch einschließlich des Verfahrens der
Vereinbarung individueller Therapieziele zu evaluieren.
Gradmesser für die Auswirkung auf die Versorgungslage ist die Veränderung der Ausprägungen von Parametern
der Prozess- und Ergebnisqualität des Mindest-Datensatzes relativ zu den ermittelten Ausgangswerten. Die
Möglichkeiten des Vergleiches zu einer Kontrollgruppe nicht eingeschriebener Versicherter oder nicht teilneh-
mender Leistungserbringer sind zu prüfen.
Die Evaluation kann auf der Grundlage einer repräsentativen Stichprobe der eingeschriebenen Versicherten
erfolgen; sie ermöglicht eine versichertenbezogene Verlaufsbetrachtung über den Evaluationszeitraum.
Der Prozentsatz sowie die Versichertenstruktur der teilnehmenden Versicherten je Krankenkasse sind zu be-
rücksichtigen. Versicherte, die das strukturierte Behandlungsprogramm freiwillig oder durch Ausschluss verlas-
sen, sind besonders zu würdigen.
Die Evaluation soll auch subjektive Ergebnisqualitätsparameter (Lebensqualität, Zufriedenheit) auf der Basis
einer einmaligen Stichproben-Befragung bei eingeschriebenen Versicherten mindestens jeweils zu Beginn und
zum Ende des Evaluationszeitraums umfassen. Hierfür ist ein Adressmitteilungsverfahren durch die Kranken-
kasse vorzusehen.
Unter Berücksichtigung der benötigten Datenbasis können die Vertragspartner vereinbaren, inwieweit zu
evaluieren ist, ob die Programme Auswirkungen auf die Versorgung von nicht eingeschriebenen Versicherten
haben.
Die Evaluation umfasst den Zeitraum der Zulassung.
1
) Die Definition basiert auf der WHO-Definition (World Health Organization. Definition, Diagnosis and Classification of Diabetes Mellitus and its
Complications. Report of WHO Consultation. Part 1: Diagnosis and Classification of Diabetes Mellitus. Geneva; 59 p, WHO/NCD/NCS/99.2).“
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009 1551
6. Die Anlage 5 wird wie folgt gefasst:
„Anlage 5
(zu §§ 28b bis 28g)
Anforderungen an strukturierte
Behandlungsprogramme für koronare Herzkrankheit (KHK)
1. B e h a n d l u n g n a c h d e m a k t u e l l e n S t a n d d e r m e d i z i n i s c h e n W i s s e n s c h a f t u n t e r
Berücksichtigung von evidenzbasierten Leitlinien oder nach der jeweils
besten, verfügbaren Evidenz sowie unter Berücksichtigung des jeweiligen
Ve r s o r g u n g s s e k t o r s ( § 1 3 7 f A b s a t z 2 S a t z 2 N u m m e r 1 d e s F ü n f t e n B u c h e s
Sozialgesetzbuch)
1.1 Definition der koronaren Herzkrankheit (KHK)
Die koronare Herzkrankheit ist die Manifestation einer Arteriosklerose an den Herzkranzarterien. Sie führt häufig
zu einem Missverhältnis zwischen Sauerstoffbedarf und -angebot im Herzmuskel.
1.2 Hinreichende Diagnostik für die Aufnahme in ein strukturiertes Behandlungsprogramm
1.2.1 Chronische KHK
Die Diagnose einer koronaren Herzkrankheit kann unter folgenden Bedingungen mit hinreichend hoher Wahr-
scheinlichkeit gestellt werden:
1. bei einem akuten Koronarsyndrom1), auch in der Vorgeschichte;
2. wenn sich aus Symptomatik, klinischer Untersuchung, Anamnese, Begleiterkrankungen und Belastungs-
EKG eine hohe Wahrscheinlichkeit (mindestens 90 Prozent) für das Vorliegen einer koronaren Herzkrankheit
belegen lässt2). Nur bei Patientinnen und Patienten, die nach Feststellung der Ärztin oder des Arztes aus
gesundheitlichen Gründen für ein Belastungs-EKG nicht in Frage kommen oder bei denen ein auswertbares
Ergebnis des Belastungs-EKGs nicht erreichbar ist (insbesondere bei Patientinnen und Patienten mit Links-
schenkelblock, Herzschrittmacher oder bei Patientinnen und Patienten, die physikalisch nicht belastbar
sind), können andere nicht-invasive Untersuchungen zur Diagnosesicherung (echokardiografische oder szin-
tigrafische Verfahren) angewendet werden;
3. durch direkten Nachweis mittels Koronarangiografie (gemäß Indikationsstellungen unter Ziffer 1.5.3.1).
Die Ärztin oder der Arzt hat zu prüfen, ob die Patientin oder der Patient im Hinblick auf die genannten Thera-
pieziele von einer bestimmten Intervention profitieren kann. Die Durchführung der diagnostischen und thera-
peutischen Maßnahmen erfolgt in Abstimmung mit der Patientin oder dem Patienten nach ausführlicher Auf-
klärung über Nutzen und Risiken.
Die Einschreibekriterien für strukturierte Behandlungsprogramme ergeben sich zusätzlich aus Ziffer 3.
1.2.2 Akutes Koronarsyndrom
Das akute Koronarsyndrom beinhaltet die als Notfallsituationen zu betrachtenden Verlaufsformen der koronaren
Herzkrankheit: den ST-Hebungsinfarkt, den Nicht-ST-Hebungsinfarkt, die instabile Angina pectoris. Die Diag-
nose wird durch die Schmerzanamnese, das EKG und Laboratoriumsuntersuchungen (zum Beispiel Markerpro-
teine) gestellt. Die Therapie des akuten Koronarsyndroms ist nicht Gegenstand der Empfehlungen.
1.3 Therapieziele
Eine koronare Herzkrankheit ist mit einem erhöhten Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko verbunden. Bei häufigem
Auftreten von Angina pectoris-Beschwerden ist die Lebensqualität vermindert. Daraus ergeben sich folgende
Therapieziele:
1. Reduktion der Sterblichkeit,
2. Reduktion der kardiovaskulären Morbidität, insbesondere Vermeidung von Herzinfarkten und der Entwick-
lung einer Herzinsuffizienz,
3. Steigerung der Lebensqualität, insbesondere durch Vermeidung von Angina pectoris-Beschwerden und Er-
haltung der Belastungsfähigkeit.
1.4 Differenzierte Therapieplanung auf der Basis einer individuellen Risikoabschätzung
Gemeinsam mit der Patientin oder dem Patienten ist eine differenzierte Therapieplanung auf der Basis einer
individuellen Risikoabschätzung vorzunehmen.
Patientinnen und Patienten mit koronarer Herzkrankheit haben ein erhöhtes Risiko, einen Myokardinfarkt zu
erleiden oder zu versterben. Dieses Risiko richtet sich sowohl nach dem Schweregrad der Erkrankung als auch
nach den Risikoindikatoren (zum Beispiel Alter und Geschlecht, Übergewicht, Diabetes mellitus, Fettstoffwech-
selstörung, Hypertonie, linksventrikuläre Funktionsstörung, Rauchen, familiäre Prädisposition) der Patientinnen
und Patienten. Daher soll die Ärztin oder der Arzt individuell das Risiko für diese Patientinnen und Patienten
einmal jährlich beschreiben, sofern der Krankheitsverlauf kein anderes Vorgehen erfordert. Bei Vorliegen von
Risikoindikatoren sind diese bei der individuellen Therapieplanung und -durchführung besonders zu berück-
sichtigen.
Die Ärztin oder der Arzt hat zu prüfen, ob die Patientin oder der Patient im Hinblick auf die in Ziffer 1.3 genann-
ten Therapieziele von einer bestimmten Intervention profitieren kann. Die Durchführung der diagnostischen und
1552 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009
therapeutischen Maßnahmen erfolgt in Abstimmung mit der Patientin oder dem Patienten nach ausführlicher
Aufklärung über Nutzen und Risiken.
Auf der Basis der individuellen Risikoabschätzung und der allgemeinen Therapieziele sind gemeinsam mit der
Patientin oder dem Patienten individuelle Therapieziele festzulegen.
1.5 Therapeutische Maßnahmen
1.5.1 Nicht-medikamentöse Therapie und allgemeine Maßnahmen
1.5.1.1 Ernährungsberatung
Im Rahmen der Therapie berät die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt die Patientinnen und Patien-
ten über eine KHK-spezifische gesunde Ernährung und bei übergewichtigen Patientinnen und Patienten über
eine Gewichtsreduktion.
1.5.1.2 Raucherberatung
Im Rahmen der Therapie klärt die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt die Patientinnen und die
Patienten über die besonderen Risiken des Rauchens für Patientinnen und Patienten mit KHK auf, verbunden
mit den folgenden spezifischen Beratungsstrategien und der dringenden Empfehlung, das Rauchen aufzuge-
ben.
– Der Raucherstatus soll bei jeder Patientin und jedem Patienten bei jeder Konsultation erfragt werden.
– Raucherinnen und Raucher sollen in einer klaren, starken und persönlichen Form dazu motiviert werden, mit
dem Rauchen aufzuhören.
– Es ist festzustellen, ob Raucherinnen und Raucher zu dieser Zeit bereit sind, einen Ausstiegsversuch zu
beginnen.
– Änderungsbereite Raucherinnen und Raucher sollen über wirksame Hilfen zur Raucherentwöhnung (nicht-
medikamentöse Maßnahmen, Nikotinersatztherapie oder eine Kombination aus beidem) beraten werden.
– Es sollen Folgekontakte vereinbart werden, möglichst in der ersten Woche nach dem Ausstiegsdatum.
1.5.1.3 Körperliche Aktivitäten
Die Ärztin oder der Arzt überprüft mindestens einmal jährlich, ob die Patientin oder der Patient von einer Stei-
gerung der körperlichen Aktivität profitiert. Mögliche Interventionen sollen darauf ausgerichtet sein, die Patien-
tinnen und Patienten zu motivieren, das erwünschte positive Bewegungsverhalten eigenverantwortlich und
nachhaltig in ihren Lebensstil zu integrieren.
1.5.1.4 Psychische, psychosomatische und psychosoziale Betreuung
Auf Grund des komplexen Zusammenwirkens von pathophysiologischen, psychologischen, psychiatrischen
und sozialen Faktoren bei der KHK ist durch die Ärztin oder den Arzt zu prüfen, inwieweit Patientinnen und
Patienten von psychotherapeutischen, psychiatrischen und/oder verhaltensmedizinischen Maßnahmen profitie-
ren können. Bei psychischen Beeinträchtigungen mit Krankheitswert sollte die Behandlung durch qualifizierte
Leistungserbringer erfolgen.
Mangelnde Krankheitsbewältigung, Motivation und Compliance, fehlender sozioemotionaler Rückhalt, Pro-
bleme am Arbeitsplatz sind unter anderem zu berücksichtigen. Auf Grund der häufigen und bedeutsamen
Komorbidität sollte die Depression besondere Beachtung finden.
1.5.2 Medikamentöse Therapie
Vorrangig sollen unter Berücksichtigung der Kontraindikationen, der Komorbiditäten und der Patientenpräferen-
zen Medikamente zur Behandlung der KHK verwendet werden, deren positiver Effekt und deren Sicherheit im
Hinblick auf die Erreichung der in Ziffer 1.3 genannten Therapieziele in randomisierten, kontrollierten Studien
(RCT) nachgewiesen wurden.
Sofern im Rahmen der individuellen Therapieplanung Wirkstoffe aus anderen Wirkstoffgruppen als die in dieser
Anlage genannten verordnet werden sollen, ist die Patientin oder der Patient darüber zu informieren, ob für
diese Wirkstoffe Wirksamkeitsbelege zur Risikoreduktion klinischer Endpunkte vorliegen.
– Für die Behandlung der chronischen KHK, insbesondere nach akutem Myokardinfarkt, sind Betablocker hin-
sichtlich der in Ziffer 1.3 genannten Therapieziele Mittel der ersten Wahl, auch bei relativen Kontraindikatio-
nen. Dieser Nutzen ist besonders bei Risikokollektiven wie Diabetes mellitus-Patientinnen und -Patienten
überdurchschnittlich hoch.
– Für die antianginöse Behandlung der chronischen KHK werden primär Betablocker – gegebenenfalls in Kom-
bination mit Nitraten und/oder Kalzium-Antagonisten3) unter Beachtung der Kontraindikationen – empfohlen.
– Für die antianginöse Behandlung der chronischen KHK sind bei absoluten Kontraindikationen für Betablocker
(zum Beispiel bei Asthma bronchiale, höhergradigem AV-Block) Nitrate und/oder Kalzium-Antagonisten zu
erwägen.
– Für die Therapie der chronischen KHK sollten HMG-CoA-Reduktase-Hemmer (Statine) unter Beachtung der
Kontraindikationen eingesetzt werden. Es sollten diejenigen Statine bevorzugt verwendet werden, für die eine
morbiditäts- und mortalitätssenkende Wirkung in der Sekundärprävention nachgewiesen ist.
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009 1553
– ACE-Hemmer sind grundsätzlich bei allen KHK-Patientinnen und -Patienten in der frühen Postinfarktphase
(4 Wochen) indiziert und wenn die chronische KHK mit einer begleitenden Herzinsuffizienz oder mit asymp-
tomatischer linksventrikulärer Dysfunktion und/oder mit der Komorbidität Hypertonie und/oder Diabetes mel-
litus einhergeht. Im Falle einer ACE-Hemmer-Unverträglichkeit können bei Patientinnen und Patienten mit
KHK und einer systolischen Herzinsuffizienz oder dem gleichzeitigen Vorliegen der Komorbiditäten Hyper-
tonie und Diabetes mellitus AT1-Rezeptorantagonisten eingesetzt werden.
– Grundsätzlich sollen alle Patientinnen und Patienten mit chronischer KHK unter Beachtung der Kontraindi-
kationen und/oder Unverträglichkeiten Thrombozytenaggregationshemmer erhalten. Eine Kombinationsthe-
rapie von Acetylsalicylsäure plus Clopidogrel ist nach einem akuten Koronarsyndrom, insbesondere nach
Einsatz von Stents, für mindestens vier Wochen – gefolgt von einer Dauertherapie mit Acetylsalicylsäure –
indiziert. Eine längere Gabe der Kombinationstherapie kann nach akutem Koronarsyndrom indiziert sein. Die
Dauer der kombinierten Thrombozytenaggregationshemmung ist insbesondere abhängig von der Art der
Intervention. Die interventionell tätigen Kardiologinnen oder Kardiologen müssen die weiterbehandelnden
Ärztinnen oder Ärzte über die Art des verwendeten Stents und die daraus begründete Dauer der Kombina-
tionsbehandlung informieren.
Die tatsächlich eingenommene Medikation, einschließlich der Selbstmedikation, und mögliche Nebenwirkungen
der medikamentösen Therapie sind zu erfragen, um Therapieänderungen oder Dosisanpassungen möglichst
frühzeitig vornehmen zu können.
1.5.3 Koronarangiografie – Interventionelle Therapie – Koronarrevaskularisation
Gemeinsam mit der Patientin oder dem Patienten ist die Entscheidung zur invasiven Diagnostik oder Interven-
tion im Rahmen einer differenzierten Therapieplanung auf der Basis einer individuellen Nutzen- und Risikoab-
schätzung vorzunehmen.
Die Ärztin oder der Arzt hat zu prüfen, ob die Patientin oder der Patient im Hinblick auf die in Ziffer 1.3 genann-
ten Therapieziele von einer bestimmten Intervention profitieren kann. Die Durchführung der diagnostischen und
gegebenenfalls therapeutischen Maßnahmen erfolgt in Abstimmung mit der Patientin oder dem Patienten nach
ausführlicher Aufklärung über Nutzen und Risiken.
1.5.3.1 Koronarangiografie
Insbesondere in folgenden Fällen ist die Durchführung einer Koronarangiografie zu erwägen:
– bei Patientinnen und Patienten mit akutem Koronarsyndrom4),
– bei Patientinnen und Patienten mit stabiler Angina pectoris (CCS Klasse III und IV) trotz medikamentöser
Therapie5),
– bei Patientinnen und Patienten mit Hochrisikomerkmalen bei der nicht-invasiven Vortestung, unabhängig von
der Schwere der Angina pectoris4),
– bei Patientinnen und Patienten mit Angina pectoris, die einen plötzlichen Herzstillstand oder eine lebens-
bedrohliche ventrikuläre Arrhythmie überlebt haben,
– bei Patientinnen und Patienten mit Angina pectoris und Symptomen einer chronischen Herzinsuffizienz.
1.5.3.2 Interventionelle Therapie und Koronarrevaskularisation
Vorrangig sollten unter Berücksichtigung des klinischen Gesamtbildes, der Kontraindikationen und der Patien-
tenpräferenzen nur solche invasiven Therapiemaßnahmen erwogen werden, deren Nutzen und Sicherheit im
Hinblick auf die Erreichung der in Ziffer 1.3 genannten Therapieziele insbesondere in randomisierten und kon-
trollierten Studien nachgewiesen wurden. Dabei ist der aktuelle Stand der medizinischen Wissenschaft unter
Einbeziehung von evidenzbasierten Leitlinien oder Studien jeweils bestverfügbarer Evidenz zu berücksichtigen,
denn sowohl die interventionelle wie die chirurgische Therapie der KHK sind – ebenso wie die medikamentöse
Therapie – einem ständigen Wandel unterworfen.
Vor der Durchführung von invasiven Therapiemaßnahmen ist eine individuelle Nutzen-Risikoabwägung durch-
zuführen. Insbesondere ist die hämodynamische und funktionelle Relevanz der festgestellten Gefäßveränderun-
gen zu prüfen.
Die nachfolgenden Empfehlungen beziehen sich auf Patientinnen und Patienten mit stabiler Angina pectoris
oder Anginaäquivalent. Die Therapie des akuten Koronarsyndroms ist nicht Gegenstand der Empfehlungen.
– Bei linkskoronarer signifikanter Hauptstammstenose soll primär die operative Revaskularisation (CABG) an-
gestrebt werden.
– Bei Mehrgefäßerkrankung mit hochgradigen proximalen Stenosen (> 70 Prozent) sollen – vorrangig mit dem
Ziel der Symptomkontrolle – revaskularisierende Maßnahmen empfohlen werden.
– Bei Eingefäßerkrankung mit hochgradiger proximaler RIVA-Stenose (> 70 Prozent) sollte – unabhängig von
der Symptomatik – eine Koronarrevaskularisation empfohlen werden.
– Bei ausgeprägter, persistierender, trotz medikamentöser Therapie bestehender Symptomatik soll zur Symp-
tomkontrolle eine Revaskularisation erwogen werden, bei Eingefäßerkrankung ohne proximale RIVA-Stenose
primär eine perkutane Koronarintervention (PCI).
1554 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009
1.6 Rehabilitation
Die kardiologische Rehabilitation ist der Prozess, bei dem herzkranke Patientinnen und Patienten mit Hilfe eines
multidisziplinären Teams darin unterstützt werden, die individuell bestmögliche physische und psychische Ge-
sundheit sowie soziale Integration zu erlangen und aufrechtzuerhalten. Sie ist Bestandteil einer am langfristigen
Erfolg orientierten umfassenden Versorgung von KHK-Patientinnen und -Patienten. Die Zielvereinbarungen zwi-
schen Ärztin oder Arzt und Patientin oder Patient sollen Maßnahmen zur Rehabilitation, insbesondere zur
Selbstverantwortung der Patientinnen und Patienten, berücksichtigen.
Dimensionen und Inhalte der Rehabilitation sind insbesondere:
– Somatische Ebene: Überwachung, Risikostratifizierung, Therapieanpassung, Remobilisierung, Training,
Sekundärprävention;
– Psychosoziale Ebene: Krankheitsbewältigung, Verminderung von Angst und Depressivität;
– Edukative Ebene (insbesondere Beratung, Schulung): Vermittlung von krankheitsbezogenem Wissen und
Fertigkeiten (unter anderem Krankheitsverständnis, Modifikation des Lebensstils und der Risikofaktoren),
Motivationsstärkung;
– Sozialmedizinische Ebene: Berufliche Wiedereingliederung, Erhaltung der Selbständigkeit.
Die Rehabilitation als Gesamtkonzept umfasst (nach WHO und in Anlehnung an SIGN 2002):
– die Frühmobilisation während der Akutbehandlung,
– die Rehabilitation (nach Ziffer 1.7.4) im Anschluss an die Akutbehandlung,
– die langfristige wohnortnahe Nachsorge und Betreuung.
1.7 Kooperation der Versorgungsebenen
Die Betreuung der chronischen KHK-Patientinnen und -Patienten erfordert die Zusammenarbeit aller Sektoren
(ambulant und stationär) und Einrichtungen. Eine qualifizierte Behandlung muss über die gesamte Versorgungs-
kette gewährleistet sein.
1.7.1 Hausärztliche Versorgung
Die Langzeitbetreuung der Patientinnen und Patienten und deren Dokumentation im Rahmen des strukturierten
Behandlungsprogramms erfolgt grundsätzlich durch die Hausärztin oder den Hausarzt im Rahmen ihrer in § 73
des Fünften Buches Sozialgesetzbuch beschriebenen Aufgaben.
In Ausnahmefällen kann eine Patientin oder ein Patient mit koronarer Herzkrankheit eine zugelassene oder
ermächtigte qualifizierte Fachärztin, einen zugelassenen oder ermächtigten qualifizierten Facharzt oder eine
qualifizierte Einrichtung, die für die Erbringung dieser Leistungen zugelassen oder ermächtigt ist oder die nach
§ 116b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch an der ambulanten ärztlichen Versorgung teilnimmt, auch zur
Langzeitbetreuung, Dokumentation und Koordination der weiteren Maßnahmen im strukturierten Behandlungs-
programm wählen, wenn die gewählte Fachärztin, der gewählte Facharzt oder die gewählte Einrichtung an dem
Programm teilnimmt. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Patientin oder der Patient bereits vor der Einschrei-
bung von dieser Ärztin, diesem Arzt oder dieser Einrichtung dauerhaft betreut worden ist oder diese Betreuung
aus medizinischen Gründen erforderlich ist. Die Überweisungsregeln gemäß Ziffer 1.7.2 sind von der gewählten
Ärztin, dem gewählten Arzt oder der gewählten Einrichtung zu beachten, wenn deren besondere Qualifikation
für eine Behandlung der Patientinnen und Patienten aus den dort genannten Überweisungsanlässen nicht aus-
reicht.
1.7.2 Überweisung von der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt zur jeweils qualifizierten Fach-
ärztin, zum jeweils qualifizierten Facharzt oder zur qualifizierten Einrichtung
Die Ärztin oder der Arzt hat zu prüfen, ob insbesondere bei folgenden Indikationen oder Anlässen eine Über-
weisung oder Weiterleitung zur Mitbehandlung und zur erweiterten Diagnostik und Risikostratifizierung von
Patientinnen und Patienten mit chronischer KHK zur jeweils qualifizierten Fachärztin, zum jeweils qualifizierten
Facharzt oder zur qualifizierten Einrichtung beziehungsweise zur Psychotherapeutin oder zum Psychotherapeu-
ten erfolgen soll:
– zunehmende oder erstmalige Angina pectoris-Beschwerden,
– neu aufgetretene Herzinsuffizienz,
– neu aufgetretene oder symptomatische Herzrhythmusstörungen,
– medikamentöse Non-Responder,
– Patientinnen und Patienten mit Komorbiditäten (zum Beispiel Hypertonie, Diabetes, Depression),
– Mitbehandlung von Patientinnen und Patienten mit zusätzlichen kardiologischen Erkrankungen (zum Beispiel
Klappenvitien),
– Indikationsstellung zur invasiven Diagnostik und Therapie,
– Durchführung der invasiven Diagnostik und Therapie,
– Rehabilitation,
– Schulung von Patientinnen und Patienten.
Im Übrigen entscheidet die Ärztin oder der Arzt nach pflichtgemäßem Ermessen über eine Überweisung.
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009 1555
1.7.3 Einweisung in ein Krankenhaus
Indikationen zur stationären Behandlung von Patientinnen und Patienten mit chronischer KHK in einer qualifi-
zierten stationären Einrichtung sind insbesondere:
– Verdacht auf akutes Koronarsyndrom,
– Verdacht auf lebensbedrohliche Dekompensation von Folge- und Begleiterkrankungen (zum Beispiel Hyper-
tonie, Herzinsuffizienz, Rhythmusstörungen, Diabetes mellitus).
Darüber hinaus ist im Einzelfall eine Einweisung zur stationären Behandlung zu erwägen bei Patientinnen und
Patienten, bei denen eine invasive Diagnostik und Therapie indiziert ist.
1.7.4 Veranlassung einer Rehabilitationsmaßnahme
Eine Rehabilitationsmaßnahme (im Sinne von Ziffer 1.6) ist insbesondere zu erwägen:
– nach akutem Koronarsyndrom,
– nach koronarer Revaskularisation,
– bei Patientinnen und Patienten mit stabiler Angina pectoris und dadurch bedingten limitierenden Sympto-
men6), die trotz konservativer, interventioneller und/oder operativer Maßnahmen persistieren,
– bei Patientinnen und Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz und dadurch bedingten limitierenden Symp-
tomen6), die trotz konservativer, interventioneller und/oder operativer Maßnahmen persistieren.
2. Q u a l i t ä t s s i c h e r n d e M a ß n a h m e n ( § 1 3 7 f A b s a t z 2 S a t z 2 N u m m e r 2 d e s F ü n f -
ten Buches Sozialgesetzbuch)
Die Ausführungen zu Ziffer 2 der Anlage 1 gelten entsprechend.
3. Te i l n a h m e v o r a u s s e t z u n g e n u n d D a u e r d e r Te i l n a h m e d e r V e r s i c h e r t e n
(§ 137f Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)
Die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt soll prüfen, ob die Patientin oder der Patient im Hinblick auf
die in Ziffer 1.3 genannten Therapieziele von der Einschreibung profitieren und aktiv an der Umsetzung mit-
wirken kann.
3.1 Allgemeine Teilnahmevoraussetzungen
Die Ausführungen zu Ziffer 3.1 der Anlage 1 gelten entsprechend.
3.2 Spezielle Teilnahmevoraussetzungen
Patientinnen und Patienten mit manifester koronarer Herzkrankheit (KHK) können in das strukturierte Behand-
lungsprogramm eingeschrieben werden, wenn mindestens eines der folgenden Kriterien zusätzlich zu den in
Ziffer 3.1 genannten Voraussetzungen erfüllt ist:
1. Bei einem akuten Koronarsyndrom1), auch in der Vorgeschichte;
2. wenn sich aus Symptomatik, klinischer Untersuchung, Anamnese, Begleiterkrankungen und Belastungs-
EKG, das innerhalb der letzten drei Jahre durchgeführt worden ist, eine hohe Wahrscheinlichkeit (mindestens
90 Prozent) für das Vorliegen einer koronaren Herzkrankheit belegen lässt2). Nur bei Patientinnen und Pa-
tienten, die nach Feststellung der Ärztin oder des Arztes aus gesundheitlichen Gründen für ein Belastungs-
EKG nicht in Frage kommen oder bei denen ein auswertbares Ergebnis des Belastungs-EKGs nicht erreich-
bar ist (insbesondere bei Patientinnen und Patienten mit Linksschenkelblock, Herzschrittmacher oder bei
Patientinnen und Patienten, die physikalisch nicht belastbar sind), können andere nicht-invasive Untersu-
chungen zur Diagnosesicherung (echokardiografische oder szintigrafische Verfahren) angewendet werden;
3. direkter Nachweis mittels Koronarangiografie (gemäß Indikationsstellungen nach Ziffer 1.5.3.1).
3.3 Voraussetzungen für die Teilnahme an dem zusätzlichen Modul Herzinsuffizienz
Patientinnen und Patienten, die in das strukturierte Behandlungsprogramm für KHK eingeschrieben sind, kön-
nen unter den Voraussetzungen der Ziffer 3 der Anlage 5a am Modul Herzinsuffizienz teilnehmen. Ihnen steht es
frei, ob sie bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen einer chronischen Herzinsuffizienz an dem Zu-
satzmodul teilnehmen möchten oder nicht.
4. S c h u l u n g e n ( § 1 3 7 f A b s a t z 2 S a t z 2 N u m m e r 4 d e s F ü n f t e n B u c h e s S o z i a l -
gesetzbuch)
Die Ausführungen zu Ziffer 4 der Anlage 1 gelten entsprechend.
4.1 Schulungen der Leistungserbringer
Schulungen der Leistungserbringer dienen der Erreichung der vertraglich vereinbarten Versorgungsziele. Die
Inhalte der Schulungen zielen unter anderem auf die vereinbarten Management-Komponenten, insbesondere
der sektorenübergreifenden Zusammenarbeit und der Einschreibekriterien nach Ziffer 3 ab. Die Vertragspartner
definieren Anforderungen an die für die strukturierten Behandlungsprogramme relevante regelmäßige Fortbil-
dung teilnehmender Leistungserbringer. Sie können die dauerhafte Mitwirkung der Leistungserbringer von ent-
sprechenden Teilnahmenachweisen abhängig machen.
1556 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009
4.2 Schulungen der Versicherten
Patientenschulungen dienen der Befähigung der Versicherten zur besseren Bewältigung des Krankheitsverlaufs
und der Befähigung zu informierten Patientenentscheidungen. Hierbei ist der Bezug zu den hinterlegten struk-
turierten medizinischen Inhalten der Programme nach § 137f Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 des Fünften Buches
Sozialgesetzbuch herzustellen.
Im Rahmen des strukturierten Behandlungsprogramms prüft die Ärztin oder der Arzt unter Berücksichtigung
bestehender Folge- und Begleiterkrankungen, ob die Patientin oder der Patient von strukturierten, evaluierten,
zielgruppenspezifischen (unter anderem Antikoagulation, Diabetes mellitus, Hypertonie) und publizierten Schu-
lungs- und Behandlungsprogrammen profitieren kann. Der bestehende Schulungsstand der Versicherten ist zu
berücksichtigen.
Bei Antragstellung müssen die Schulungsprogramme, die angewandt werden sollen, gegenüber dem Bundes-
versicherungsamt benannt werden. Die Qualifikation der Leistungserbringer ist sicherzustellen.
5. E v a l u a t i o n ( § 1 3 7 f A b s a t z 2 S a t z 2 N u m m e r 6 d e s F ü n f t e n B u c h e s S o z i a l -
gesetzbuch)
Die Ausführungen zu Ziffer 5 der Anlage 1 gelten entsprechend.
1
) Nach der Definition in ACC/AHA (2002a): American College of Cardiology and American Heart Association Task Force on Practice Guidelines.
ACC/AHA 2002 Guideline Update for the Management of Patients With Unstable Angina and Non-ST-Segment Elevation Myocardial Infarction.
2
) Die Nachtest-Wahrscheinlichkeit (nach Durchführung eines Belastungs-EKGs) ist zu berechnen nach Diamond, GA et al.: Analysis of probability
as an aid in the clinical diagnosis of coronary artery disease. N. Engl. J. Med (1979); 300:1350-8. Für Patienten, die älter als 69 Jahre sind, sind die
Werte der Altersgruppe von 60 bis 69 Jahren heranzuziehen.
3
) Die Anwendung von kurzwirkenden Kalzium-Antagonisten vom Dihydropyridin-Typ sollte vermieden werden.
4
) Betrifft das Therapieziel „Senkung der Morbidität, Mortalität“.
5
) Betrifft das Therapieziel „Beschwerdefreiheit“.
6
) Unter limitierenden Symptomen ist eine für die Patientin oder den Patienten – unter Berücksichtigung der individuellen Lebensumstände –
wesentliche Einschränkung der Lebensqualität zu verstehen. Diese kann nur individuell festgelegt werden.“
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009 1557
7. Nach Anlage 5 wird folgende Anlage 5a eingefügt:
„Anlage 5a
(zu §§ 28b bis 28g)
Anforderungen an ein Modul für chronische Herzinsuffizienz
für strukturierte Behandlungsprogramme für koronare Herzkrankheit (KHK)
1. B e h a n d l u n g n a c h d e m a k t u e l l e n S t a n d d e r m e d i z i n i s c h e n W i s s e n s c h a f t u n t e r
Berücksichtigung von evidenzbasierten Leitlinien oder nach der jeweils
besten, verfügbaren Evidenz sowie unter Berücksichtigung des jeweiligen
Ve r s o r g u n g s s e k t o r s ( § 1 3 7 f A b s a t z 2 S a t z 2 N u m m e r 1 d e s F ü n f t e n B u c h e s
Sozialgesetzbuch)
1.1 Definition der chronischen Herzinsuffizienz
Die chronische Herzinsuffizienz ist die Unfähigkeit des Herzens, den Organismus mit ausreichend Blut und
damit mit genügend Sauerstoff zu versorgen, um den Stoffwechsel unter Ruhe- wie unter Belastungsbedingun-
gen zu gewährleisten (WHO-Definition 1995)1).
Pathophysiologisch liegt eine multisystemische Störung vor, die unter anderem durch die Dysfunktion der Herz-
und Skelettmuskulatur sowie der Nierenfunktion charakterisiert ist2).
Klinisch liegt dann eine Herzinsuffizienz vor, wenn typische Symptome wie zum Beispiel Dyspnoe, Müdigkeit
(Leistungsminderung) und/oder Flüssigkeitsretention auf Grund einer kardialen Funktionsstörung bestehen1).
1.2 Kriterien zur Abgrenzung der Zielgruppe
Zur Zielgruppe gehören Patientinnen und Patienten mit koronarer Herzkrankheit und chronischer Herzinsuffi-
zienz bei systolischer Dysfunktion, die sich in einer Einschränkung der linksventrikulären Auswurfleistung (Ejek-
tionsfraktion, LVEF) auf unter 40 Prozent manifestiert. Die LVEF muss durch ein bildgebendes Verfahren (zum
Beispiel Echokardiographie, Ventrikulographie, Kardio-MRT) bestimmt worden sein.
Ausgehend vom strukturierten Behandlungsprogramm für KHK sollen Patientinnen und Patienten mit einer
klinischen Symptomatik, die auf eine Herzinsuffizienz hinweist (zum Beispiel Dyspnoe, Leistungsminderung,
Flüssigkeitsretention), einer gezielten Diagnostik (primär Echokardiographie) zugeführt werden. Auch asymp-
tomatische Patientinnen und Patienten sollten gemäß den Modulinhalten behandelt werden, wenn eine Ein-
schränkung der LVEF auf unter 40 Prozent bereits nachgewiesen wurde.
1.3 Therapieziele
Eine Herzinsuffizienz bei koronarer Herzkrankheit ist mit einem erhöhten Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko ver-
bunden. Die Lebensqualität ist besonders durch eine Einschränkung der Belastbarkeit und eine hohe Hospita-
lisationsrate vermindert. Daraus ergeben sich folgende Therapieziele:
1. Reduktion der Sterblichkeit (entsprechend dem strukturierten Behandlungsprogramm für KHK),
2. Reduktion der kardiovaskulären Morbidität, insbesondere Vermeidung oder Verlangsamung einer Progres-
sion der bestehenden kardialen Funktionsstörung,
3. Steigerung der Lebensqualität, insbesondere durch Vermeidung von Hospitalisationen und Steigerung oder
Erhaltung der Belastungsfähigkeit.
1.4 Therapeutische Maßnahmen
1.4.1 Allgemeine nicht-medikamentöse Maßnahmen
Bei stabiler Herzinsuffizienz ist ein regelmäßiges, individuell angepasstes körperliches Training unter Berück-
sichtigung von Kontraindikationen (zum Beispiel frischer Herzinfarkt oder Myokarditis) generell zu empfehlen.
Die Flüssigkeitsaufnahme sollte sich am klinischen Zustand der Patientinnen und Patienten und an deren Nie-
renfunktion orientieren. Eine Beschränkung der Flüssigkeitsaufnahme auf 1,5 bis 2 Liter pro Tag ist bei fort-
geschrittener Herzinsuffizienz, anhaltenden Stauungszeichen, Hypervolämie und/oder Hyponatriämie zu erwä-
gen. Eine exzessive Flüssigkeitsaufnahme ist zu vermeiden.
Eine moderate Beschränkung der Kochsalzaufnahme ist insbesondere bei Patientinnen und Patienten mit fort-
geschrittener Herzinsuffizienz zu empfehlen.
1.4.2 Medikamentöse Therapie
Ausgehend vom strukturierten Behandlungsprogramm für KHK sollen unter Berücksichtigung der Kontraindi-
kationen vorrangig Medikamente zur Behandlung der Herzinsuffizienz verwendet werden, deren positiver Effekt
und deren Sicherheit im Hinblick auf die Erreichung der in Ziffer 1.3 genannten Therapieziele in randomisierten,
kontrollierten Studien (RCT) nachgewiesen wurden.
Die nachfolgenden Empfehlungen konkretisieren oder ergänzen die Therapieempfehlungen des strukturierten
Behandlungsprogramms für KHK in Ziffer 1.5.2 der Anlage 5.
– Therapie mit Angiotensin-Conversions-Enzym-Hemmern (ACE-Hemmer):
Alle Patientinnen und Patienten sollten unabhängig vom Schweregrad der Herzinsuffizienz einen ACE-Hem-
mer erhalten, da eine Behandlung mit ACE-Hemmern Prognose und Symptomatik der Erkrankung verbessert.
In Konkretisierung der Anforderungen an strukturierte Behandlungsprogramme für KHK in Ziffer 1.5.2 fünfter
1558 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009
Spiegelstrich der Anlage 5 sollen ACE-Hemmer verwendet werden, für die ein mortalitätssenkender Effekt bei
Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz belegt ist.
Die jeweilige Zieldosis ist durch eine langsame Steigerung der Dosierung anzustreben. Wenn die optimale
Zieldosis nicht erreicht wird, erfolgt die Behandlung in der maximal von der Patientin oder vom Patienten
tolerierten Dosis.
– Therapie mit Beta-Rezeptorenblockern (Betablocker):
Alle klinisch stabilen Patientinnen und Patienten sollten einen Betablocker erhalten. In Konkretisierung der
Anforderungen an strukturierte Behandlungsprogramme für KHK in Ziffer 1.5.2 erster Spiegelstrich der An-
lage 5 sollen Betablocker verwendet werden, für die ein mortalitätssenkender Effekt bei Patientinnen und
Patienten mit Herzinsuffizienz belegt ist.
Die jeweilige Zieldosis ist durch eine langsame Steigerung der Dosierung anzustreben. Wenn die optimale
Zieldosis nicht erreicht wird, erfolgt die Behandlung in der maximal von der Patientin oder vom Patienten
tolerierten Dosis.
Die Dosierung von ACE-Hemmern und von Betablockern ist bei symptomatischer Hypotonie entsprechend
anzupassen, so dass die Behandlung von der Patientin oder vom Patienten toleriert wird. Dabei ist zu be-
achten, dass vor einer Dosisreduktion aufgrund einer symptomatischen Hypotonie zunächst die Dosierung
der übrigen blutdrucksenkenden Begleitmedikation reduziert wird.
– Therapie mit Angiotensin II-Antagonisten (AT1-Rezeptorantagonisten):
Bei Patientinnen und Patienten, die eine Behandlung mit ACE-Hemmern aufgrund eines durch ACE-Hemmer
bedingten Hustens nicht tolerieren, kann der Wechsel auf einen AT1-Rezeptorantagonisten zur Beschwerde-
besserung oder zur Beschwerdefreiheit führen. In diesem Fall können AT1-Rezeptorantagonisten verwendet
werden, für die ein Nutzen bei Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz belegt ist.
– Therapie mit Aldosteron-Antagonisten:
Patientinnen und Patienten mit einer LVEF unter 35 Prozent, die trotz optimaler Therapie mit ACE-Hemmer
und Betablocker und Diuretikum im Stadium NYHA III-IV sind, sollten additiv mit Spironolacton in niedriger
Dosierung behandelt werden. Es ist zu beachten, dass mit steigender Dosierung die Gefahr einer Hyper-
kaliämie zunimmt. Daher sind in diesem Fall engmaschigere Kontrollen des Serum-Kaliums erforderlich.
Voraussetzung ist, dass bei Therapiebeginn das Serum-Kreatinin unter 2,5 mg/dl und das Serum-Kalium
unter 5 mmol/l liegen. Nach einem Herzinfarkt kann anstelle von Spironolacton Eplerenon gegeben werden.
– Therapie mit Diuretika:
Alle Patientinnen und Patienten, die Stauungszeichen aufweisen, sollen mit Diuretika behandelt werden, da
Diuretika die einzige Therapieoption zur Kontrolle des Volumenstatus darstellen. In Kombination mit der mor-
talitätssenkenden Therapie soll die zur Symptomkontrolle niedrigste erforderliche Dosis verwendet werden.
Der Nutzen ist belegt für Schleifendiuretika und Thiaziddiuretika.
– Therapie mit Herzglykosiden (Digitalis):
Patientinnen und Patienten, die trotz Therapie mit einem Betablocker ein chronisches tachykardes Vorhof-
flimmern aufweisen, sollten zusätzlich mit Digitalis behandelt werden. Für Patientinnen und Patienten mit
Sinusrhythmus stellt Digitalis lediglich ein Reservemedikament dar und sollte bei diesen Patientinnen und
Patienten nur gegeben werden, wenn sie trotz Ausschöpfung der vorgenannten medikamentösen Therapie
weiterhin im Stadium NYHA III-IV sind.
– Orale Antikoagulationstherapie:
Bei chronischem oder paroxysmalem Vorhofflimmern und Herzinsuffizienz besteht ein besonders hohes Ri-
siko für thrombembolische Ereignisse, so dass hier in der Regel eine effektive orale Antikoagulation (INR 2-3)
durchzuführen ist. In diesem Fall sollte die wegen KHK durchgeführte Thrombozytenaggregationshemmung
in der Regel beendet und auf die orale Antikoagulation umgestellt werden. Über eine in besonderen Situa-
tionen (zum Beispiel Stent-Implantation) dennoch indizierte Kombinationstherapie ist in Kooperation mit der
qualifizierten Fachärztin oder dem qualifizierten Facharzt beziehungsweise der qualifizierten Einrichtung zu
entscheiden. Eine orale Antikoagulation ist bei bestehendem Sinusrhythmus im Allgemeinen nicht indiziert.
1.4.3 Spezielle interventionelle Maßnahmen
Ergänzend zur medikamentösen Therapie und zu den allgemeinen nicht-medikamentösen Maßnahmen sollte
die Indikation zur Durchführung spezieller interventioneller Maßnahmen individuell geprüft werden. Dabei sind
der Allgemeinzustand der Patientin oder des Patienten und die Möglichkeit zur Verbesserung der Lebensqualität
sowie die Lebenserwartung und gegebenenfalls vorliegende Begleiterkrankungen, welche Lebensqualität und
Lebenserwartung beeinträchtigen, zu berücksichtigen. Die Entscheidung ist gemeinsam mit der Patientin oder
dem Patienten und in Kooperation mit der qualifizierten Fachärztin oder dem qualifizierten Facharzt beziehungs-
weise der qualifizierten Einrichtung auf der Basis einer individuellen Nutzen-Risikoabschätzung vorzunehmen.
Zu den speziellen interventionellen Maßnahmen zählen insbesondere die kardiale Resynchronisationstherapie
und die Therapie mit implantierbaren Kardioverter-Defibrillatoren.
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009 1559
1.4.3.1 Kardiale Resynchronisationstherapie (CRT)
Patientinnen und Patienten mit koronarer Herzkrankheit und Herzinsuffizienz können unter bestimmten Voraus-
setzungen von einer kardialen Resynchronisationstherapie bezüglich Symptomatik und Sterblichkeit profitieren.
Bei Patientinnen und Patienten mit einer LVEF unter 35 Prozent und Sinusrhythmus und entweder einem kom-
pletten Linksschenkelblock oder einer echokardiographisch nachgewiesenen ventrikulären Dyssynchronie mit
breiten QRS-Komplexen (≥ 120 ms), die trotz optimaler medikamentöser Therapie hochgradig symptomatisch
sind (Stadium NYHA III-IV), sollte eine Abklärung der Indikation zur CRT erfolgen.
1.4.3.2 Therapie mit implantierbaren Kardioverter-Defibrillatoren (ICD)
Unter Berücksichtigung der individuellen Situation der Patientin oder des Patienten können Patientinnen und
Patienten mit koronarer Herzkrankheit und Herzinsuffizienz unter bestimmten Voraussetzungen von der Implan-
tation eines ICD profitieren. In folgenden Situationen sollte geprüft werden, ob die Patientin oder der Patient von
einer ICD-Implantation zur Verhinderung lebensbedrohlicher Herzrhythmusstörungen profitieren kann:
Zur Prävention eines erneuten Ereignisses:
– Patientinnen und Patienten nach überlebtem Herzkreislaufstillstand, Kammerflimmern oder Auftreten von
Kammertachykardien,
– Patientinnen und Patienten mit einer LVEF unter 40 Prozent nach Synkope (keine EKG-Dokumentation zum
Zeitpunkt des Ereignisses), nachdem andere Ursachen als eine ventrikuläre Tachykardie ausgeschlossen
wurden.
Zur Prävention eines erstmaligen Ereignisses:
– Patientinnen und Patienten mit einer LVEF unter 30 bis 35 Prozent und Herzinsuffizienz im Stadium NYHA II-
III. Bei Patientinnen und Patienten in der chronischen Postinfarktphase gilt dies frühestens vierzig Tage nach
dem Infarktereignis.
1.5 Monitoring
Im Rahmen des Monitorings wird der klinische Status der Patientinnen und Patienten regelmäßig überprüft.
Dabei sollen insbesondere Hinweise zur Belastbarkeit in Alltagssituationen und zum Volumenstatus erhoben
werden. Um eine eventuelle Volumenbelastung rechtzeitig zu erkennen, soll das Körpergewicht regelmäßig,
auch durch die Patientinnen und Patienten selbst, kontrolliert werden.
Mit symptomatischen Patientinnen und Patienten sollte, soweit möglich, das Protokollieren von täglichen Ge-
wichtskontrollen vereinbart werden. Die Patientinnen und Patienten sollten dazu aufgefordert werden, bei einem
deutlichen, kurzfristigen Gewichtsanstieg (zum Beispiel mehr als 1 Kilogramm in 24 Stunden oder mehr als
2,5 Kilogramm pro Woche) die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt zu konsultieren. Die behan-
delnde Ärztin oder der behandelnde Arzt sollte prüfen, ob die Patientin oder der Patient auf der Grundlage des
Gewichtsprotokolls selbständige Anpassungen der Diuretikadosis (insbesondere Schleifendiuretika) vornehmen
kann.
Die tatsächlich eingenommene Medikation, einschließlich der Selbstmedikation, und mögliche Nebenwirkungen
der medikamentösen Therapie sind zu erfragen, um Therapieänderungen oder Dosisanpassungen möglichst
frühzeitig vornehmen zu können.
Im Rahmen der körperlichen Untersuchung ist insbesondere zu achten auf:
– die Jugularvenenfüllung,
– periphere Ödeme,
– Zeichen der pulmonalen Stauung bei der Auskultation von Herz und Lunge,
– den Ernährungszustand, wobei insbesondere zu prüfen ist, ob eine eventuell vorliegende kardiale Kachexie
durch eine Hypervolämie maskiert wird (und umgekehrt),
– den Blutdruck im Liegen und im Stehen und
– Herzrhythmus und Herzfrequenz (insbesondere als Hinweis auf neu aufgetretenes Vorhofflimmern).
In mindestens halbjährlichen Abständen sind Natrium, Kalium und Kreatinin im Serum sowie die Nierenfunktion
durch Berechung der glomerulären Filtrationsrate (GFR) auf Basis der Serum-Kreatinin-Bestimmung zu kontrol-
lieren. Häufigere Kontrollen können insbesondere bei einer Therapieänderung erforderlich sein.
Eine routinemäßige Röntgen-Thorax-Kontrolle, eine routinemäßige Langzeit-EKG-Kontrolle, die Bestimmung
des Digitalisspiegels bei Therapie mit Herzglykosiden oder die Bestimmung natriuretischer Peptide (BNP) ge-
hören nicht zum Monitoring.
1.6 Kooperation der Versorgungsebenen
Die Anforderungen an strukturierte Behandlungsprogramme für KHK in Ziffer 1.7 der Anlage 5 gelten entspre-
chend. Ergänzend sind folgende Hinweise zur Überweisung der Patientinnen und Patienten zu beachten:
1.6.1 Überweisung vom behandelnden Arzt oder von der behandelnden Ärztin zum jeweils qualifizierten Fach-
arzt oder zur jeweils qualifizierten Fachärztin oder zur qualifizierten Einrichtung
In Ergänzung zu den im strukturierten Behandlungsprogramm für KHK aufgeführten Indikationen und Anlässen
hat der Arzt oder die Ärztin zu prüfen, ob insbesondere bei folgenden Indikationen oder Anlässen eine Über-
1560 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009
weisung oder Weiterleitung zur Mitbehandlung und zur erweiterten Diagnostik und Risikostratifizierung von
Patientinnen und Patienten mit systolischer Herzinsuffizienz zum jeweils qualifizierten Facharzt oder zur jeweils
qualifizierten Fachärztin beziehungsweise zur qualifizierten Einrichtung erfolgen soll:
– bei Fortschreiten der chronischen systolischen Herzinsuffizienz trotz individuell angepasster Therapie gemäß
Ziffern 1.4.1 und 1.4.2,
– falls erforderlich zur Erreichung einer optimalen medikamentösen Therapie gemäß Ziffer 1.4.2,
– zur Kontrolle mittels Echokardiographie bei relevanten Verschlechterungen des klinischen Zustandes der
Patientin oder des Patienten,
– zur Abklärung von Indikationen für spezielle interventionelle Maßnahmen gemäß Ziffern 1.4.3.1 und 1.4.3.2 zu
einem diesbezüglich qualifizierten Facharzt oder zu einer diesbezüglich qualifizierten Fachärztin oder zu einer
diesbezüglich qualifizierten Einrichtung,
– zur Abklärung einer Transplantationsindikation.
Der jeweils qualifizierte Facharzt oder die jeweils qualifizierte Fachärztin oder die qualifizierte Einrichtung soll
nach Möglichkeit dem behandelnden Arzt oder der behandelnden Ärztin Empfehlungen zur weiteren individu-
ellen Anpassung der Dosierung der medikamentösen Herzinsuffizienz-Behandlung sowie des Körpergewichts
beziehungsweise des Volumenstatus aussprechen.
Im Übrigen entscheidet der Arzt oder die Ärztin nach pflichtgemäßem Ermessen über eine Überweisung.
1.6.2 Einweisung in ein Krankenhaus
Indikationen zur stationären Behandlung von Patientinnen und Patienten mit systolischer Herzinsuffizienz in
einer stationären Einrichtung sind insbesondere
– akute oder chronische Dekompensation,
– Durchführung von speziellen interventionellen Maßnahmen gemäß Ziffern 1.4.3.1 und 1.4.3.2 in diesbezüglich
qualifizierten Einrichtungen.
Im Übrigen gelten die Anforderungen an strukturierte Behandlungsprogramme für KHK in Ziffer 1.7.3 der
Anlage 5.
Die stationäre Einrichtung soll der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt bei Entlassung der
Patientin oder des Patienten Empfehlungen zur weiteren individuellen Anpassung der Dosierung der medika-
mentösen Herzinsuffizienz-Behandlung sowie des Körpergewichts beziehungsweise des Volumenstatus aus-
sprechen.
1.6.3 Veranlassung einer Rehabilitationsmaßnahme
Es gelten die Anforderungen an strukturierte Behandlungsprogramme für KHK in Ziffer 1.7.4 der Anlage 5.
Die Rehabilitationseinrichtung soll der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt bei Entlassung der
Patientin oder des Patienten Empfehlungen zur weiteren individuellen Anpassung der Dosierung der medika-
mentösen Herzinsuffizienz-Behandlung, des Körpergewichts beziehungsweise des Volumenstatus sowie der
körperlichen Belastbarkeit aussprechen.
2. Q u a l i t ä t s s i c h e r n d e M a ß n a h m e n ( § 1 3 7 f A b s a t z 2 S a t z 2 N u m m e r 2 d e s F ü n f t e n
Buches Sozialgesetzbuch)
Die Anforderungen an strukturierte Behandlungsprogramme für KHK in Ziffer 2 der Anlage 5 gelten entspre-
chend.
3. Te i l n a h m e v o r a u s s e t z u n g e n u n d D a u e r d e r Te i l n a h m e d e r V e r s i c h e r t e n
(§ 137f Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)
Die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt soll prüfen, ob die Patientin oder der Patient im Hinblick auf
die in Ziffer 1.3 genannten Therapieziele von einer Teilnahme am Modul Chronische Herzinsuffizienz profitieren
und aktiv an der Umsetzung mitwirken kann.
Patientinnen und Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz können am Modul teilnehmen, wenn sie die in
Ziffer 1.2 genannten Kriterien zur Abgrenzung der Zielgruppe erfüllen und wenn und solange sie am strukturier-
ten Behandlungsprogramm für KHK nach den jeweils geltenden Bestimmungen dieser Verordnung teilnehmen.
4. S c h u l u n g e n ( § 1 3 7 f A b s a t z 2 S a t z 2 N u m m e r 4 d e s F ü n f t e n B u c h e s S o z i a l -
gesetzbuch)
Die Ausführungen zu Ziffer 4 der Anlage 5 gelten entsprechend.
4.1 Schulungen der Leistungserbringer
Schulungen der Leistungserbringer dienen der Erreichung der vertraglich vereinbarten Versorgungsziele. Die
Inhalte der Schulungen zielen unter anderem auf die vereinbarten Management-Komponenten, insbesondere
der sektorenübergreifenden Zusammenarbeit und der Einschreibekriterien nach Ziffer 3 der Anforderungen an
strukturierte Behandlungsprogramme für KHK in Anlage 5 ab. Die Vertragspartner definieren Anforderungen an
die für die strukturierten Behandlungsprogramme relevante regelmäßige Fortbildung teilnehmender Leistungs-
erbringer. Sie können die dauerhafte Mitwirkung der Leistungserbringer von entsprechenden Teilnahmenach-
weisen abhängig machen.
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009 1561
4.2 Schulungen der Versicherten
Patientenschulungen dienen der Befähigung der Versicherten zur besseren Bewältigung des Krankheitsverlaufs
und der Befähigung zu informierten Patientenentscheidungen. Hierbei ist der Bezug zu den hinterlegten struk-
turierten medizinischen Inhalten der Programme nach § 137f Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 des Fünften Buches
Sozialgesetzbuch herzustellen.
Im Rahmen des strukturierten Behandlungsprogramms prüft die Ärztin oder der Arzt unter Berücksichtigung
bestehender Folge- und Begleiterkrankungen, ob die Patientin oder der Patient von strukturierten, evaluierten,
zielgruppenspezifischen (unter anderem Antikoagulation, Diabetes mellitus, Hypertonie) und publizierten Schu-
lungs- und Behandlungsprogrammen profitieren kann. Der bestehende Schulungsstand der Versicherten ist zu
berücksichtigen. Sofern Schulungsprogramme angewandt werden sollen, sind diese gegenüber dem Bundes-
versicherungsamt im Rahmen des Zulassungsverfahrens zu benennen und ihre Ausrichtung an den unter
Ziffer 1.3 genannten Therapiezielen zu belegen.
Die Qualifikation der Leistungserbringer ist sicherzustellen.
5. E v a l u a t i o n ( § 1 3 7 f A b s a t z 2 S a t z 2 N u m m e r 6 d e s F ü n f t e n B u c h e s S o z i a l -
gesetzbuch)
Eine gesonderte Evaluation für das Modul Chronische Herzinsuffizienz erfolgt nicht.
Die Evaluation erfolgt im Rahmen der Evaluation des strukturierten Behandlungsprogramms für KHK.
1
) Vergleiche Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung. Hoppe UC, Böhm M, Dietz R, Hanrath P, Kroemer HK, Oster-
spey A, Schmaltz AA, Erdmann E. Leitlinie zur Therapie der chronischen Herzinsuffizienz. Z Kardiol 2005; 94: 488-509.
2
) Vergleiche Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Muth C, Gensichen J, Butzlaff M. DEGAM-Leitlinie Nr. 9: Herz-
insuffizienz, Teil 2 – Evidenz und Rationale. omikron publishing Düsseldorf 2006.“
1562 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009
8. Die Anlage 7 wird wie folgt gefasst:
„Anlage 7
(zu §§ 28b bis 28g)
Anforderungen an strukturierte
Behandlungsprogramme für Diabetes mellitus Typ 1
1. B e h a n d l u n g n a c h d e m a k t u e l l e n S t a n d d e r m e d i z i n i s c h e n W i s s e n s c h a f t u n t e r
Berücksichtigung von evidenzbasierten Leitlinien oder nach der jeweils
besten, verfügbaren Evidenz sowie unter Berücksichtigung des jeweiligen
Ve r s o r g u n g s s e k t o r s ( § 1 3 7 f A b s a t z 2 S a t z 2 N u m m e r 1 d e s F ü n f t e n B u c h e s
Sozialgesetzbuch)
1.1 Definition des Diabetes mellitus Typ 1
Als Diabetes mellitus Typ 1 wird die Form des Diabetes bezeichnet, die durch absoluten Insulinmangel auf
Grund einer sukzessiven Zerstörung der Betazellen in der Regel im Rahmen eines Autoimmungeschehens ent-
steht.
1.2 Diagnostik (Eingangsdiagnose)
Die Diagnose eines Diabetes mellitus Typ 1 gilt als gestellt, wenn die folgenden Kriterien bei Aufnahme in das
strukturierte Behandlungsprogramm erfüllt sind oder sich aus der Vorgeschichte der Patientin oder des Patien-
ten bei der Manifestation der Erkrankung ergeben:
1. Nachweis typischer Symptome des Diabetes mellitus (zum Beispiel Polyurie, Polydipsie, ungewollter Ge-
wichtsverlust) und/oder einer Ketose/Ketoazidose und
2. Nüchtern-Glukose vorrangig im Plasma (i. P.) ≥ 7,0 mmol/l (≥ 126 mg/dl) oder Nicht-Nüchtern-Glukose i. P.
≥ 11,1 mmol/l (≥ 200 mg/dl) und
3. gegebenenfalls laborchemische Hinweise für einen absoluten Insulinmangel (zum Beispiel Nachweis von
Ketonkörpern in Blut und/oder Urin mit und ohne Azidose).
Die Werte für venöses und kapillares Vollblut ergeben sich aus der nachfolgenden Tabelle:
Diagnostische Kriterien des Diabetes mellitus
Plasmaglukose Vollblutglukose
venös kapillar venös kapillar
mmol/l mg/dl mmol/l mg/dl mmol/l mg/dl mmol/l mg/dl
Nüchtern ≥ 7,0 ≥ 126 ≥ 7,0 ≥ 126 ≥ 6,1 ≥ 110 ≥ 6,1 ≥ 110
Nicht-nüchtern ≥ 11,1 ≥ 200 ≥ 12,2 ≥ 220 ≥ 10,0 ≥ 180 ≥ 11,1 ≥ 200
Die Unterscheidung zwischen Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2 erfolgt im strukturierten Behandlungsprogramm
demnach anhand der Anamnese, des klinischen Bildes und der Laborparameter.
Die Leistungserbringer sollen prüfen, ob die Patientin oder der Patient im Hinblick auf die unter Ziffer 1.3.1
genannten Therapieziele von der Einschreibung profitieren kann.
1.3 Therapie des Diabetes mellitus Typ 1
1.3.1 Therapieziele
Die Therapie dient der Verbesserung der von einem Diabetes mellitus beeinträchtigten Lebensqualität, der Ver-
meidung diabetesbedingter und -assoziierter Folgeschäden sowie der Erhöhung der Lebenserwartung. Hieraus
ergeben sich insbesondere folgende Therapieziele:
1. Vermeidung der mikrovaskulären Folgeschäden (Retinopathie mit schwerer Sehbehinderung oder Erblin-
dung, Niereninsuffizienz mit der Notwendigkeit einer Nierenersatztherapie),
2. Vermeidung von Neuropathien beziehungsweise Linderung von damit verbundenen Symptomen, insbeson-
dere Schmerzen,
3. Vermeidung des diabetischen Fußsyndroms mit neuro-, angio- und/oder osteoarthropathischen Läsionen
und von Amputationen,
4. Reduktion des erhöhten Risikos für kardiale, zerebrovaskuläre und sonstige makroangiopathische Morbidität
und Mortalität,
5. Vermeidung von Stoffwechselentgleisungen (Ketoazidosen) und Vermeidung von Nebenwirkungen der
Therapie (insbesondere schwere oder rezidivierende Hypoglykämien).
1.3.2 Differenzierte Therapieplanung
Auf der Basis der allgemeinen Therapieziele und unter Berücksichtigung des individuellen Risikos sowie der
vorliegenden Folgeschäden beziehungsweise Begleiterkrankungen sind gemeinsam mit der Patientin oder dem
Patienten individuelle Therapieziele festzulegen und eine differenzierte Therapieplanung vorzunehmen. Ziel der
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009 1563
antihyperglykämischen Therapie ist eine normnahe Einstellung der Blutglukose unter Vermeidung schwerer
Hypoglykämien.
Die Leistungserbringer haben zu prüfen, ob die Patientin oder der Patient im Hinblick auf die in Ziffer 1.3.1
genannten Therapieziele von einer bestimmten Intervention profitieren kann. Die Durchführung der diagnosti-
schen und therapeutischen Maßnahmen erfolgt in Abstimmung mit der Patientin oder dem Patienten nach
ausführlicher Aufklärung über Nutzen und Risiken.
1.3.3 Strukturierte Schulungs- und Behandlungsprogramme
Jede Patientin und jeder Patient mit Diabetes mellitus Typ 1 muss Zugang zu einem strukturierten, evaluierten,
zielgruppenspezifischen und publizierten Schulungs- und Behandlungsprogramm erhalten. Im Übrigen gelten
die unter Ziffer 4.2 genannten Zugangs- und Qualitätssicherungskriterien.
1.3.4 Insulinsubstitution
Bei gesichertem Diabetes mellitus Typ 1 ist die Substitution von Insulin die lebensnotwendige und lebensret-
tende Maßnahme. Für die Erreichung der unter Ziffer 1.3.1 genannten Therapieziele ist die Senkung der Blut-
glukosewerte in einen möglichst normnahen Bereich notwendig. Vorrangig soll Human-Insulin verwendet wer-
den, weil dessen positiver Effekt und Sicherheit im Hinblick auf die Erreichung der unter Ziffer 1.3.1 genannten
Therapieziele in prospektiven, randomisierten, kontrollierten Langzeitstudien mit klinischen Endpunkten nach-
gewiesen wurden.
Sofern im Rahmen der individuellen Therapieplanung anstelle des als vorrangig anzuwendenden Human-Insu-
lins Insulin-Analoga verordnet werden sollen, ist die Patientin oder der Patient darüber zu informieren, dass
derzeit für Insulin-Analoga noch keine ausreichenden Belege zur Sicherheit im Langzeitgebrauch sowie zur
Risikoreduktion klinischer Endpunkte vorliegen. Sie oder er ist darüber zu informieren, ob für das jeweilige
Insulin-Analogon Daten zur besseren Wirksamkeit und Steuerbarkeit vorliegen. Dies ist für kurzwirksame Insu-
lin-Analoga bei Pumpentherapie (CSII) bisher nur in Kurzzeitstudien nachgewiesen.
Die intensivierte Insulin-Therapie ist der Behandlungsstandard bei Diabetes mellitus Typ 1. Im Rahmen des
strukturierten Behandlungs- und Schulungsprogramms sollen die Patienten mit der selbstständigen korrekten
Durchführung einer intensivierten Insulintherapie vertraut gemacht werden. Hierzu zählen unter anderem die
variablen präprandialen Gaben von kurzwirksamen Insulinen nach Blutglukoseselbstkontrolle. Dabei ist auf ei-
nen ausreichenden Wechsel der Insulin-Injektionsstellen zu achten, um Gewebeveränderungen zu vermeiden,
die die Insulinresorption nachhaltig beeinflussen.
Ziel ist eine selbstbestimmte flexible Lebensführung ohne diabetesbedingte Beschränkung der Auswahl von
Nahrungsmitteln.
1.4 Hypoglykämische und ketoazidotische Stoffwechselentgleisungen
Nach einer schweren Hypoglykämie oder Ketoazidose ist wegen des Risikos der Wiederholung solcher metabo-
lischer Ereignisse im Anschluss an die Notfalltherapie zeitnah die Ursachenklärung einzuleiten.
1.5 Begleit- und Folgeerkrankungen des Diabetes mellitus Typ 1
1.5.1 Mikrovaskuläre Folgeerkrankungen
1.5.1.1 Allgemeinmaßnahmen
Für die Vermeidung des Entstehens mikrovaskulärer Folgeerkrankungen (vor allem diabetische Retinopathie
und Nephropathie) ist die Senkung der Blutglukose in einen normnahen Bereich notwendig. Bereits bestehende
mikrovaskuläre Komplikationen können insbesondere zu folgenden Folgeschäden führen, die einzeln oder ge-
meinsam auftreten können: Sehbehinderung bis zur Erblindung, Niereninsuffizienz bis zur Dialysenotwendigkeit.
Zur Hemmung der Progression ist neben der Senkung der Blutglukose die Senkung des Blutdrucks in einen
normnahen Bereich von entscheidender Bedeutung.
1.5.1.2 Diabetische Nephropathie
Ein Teil der Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 ist hinsichtlich einer Entstehung einer dia-
betischen Nephropathie mit der möglichen Konsequenz einer Nierenersatztherapie und deutlich erhöhter Sterb-
lichkeit gefährdet. Patientinnen und Patienten mit einer diabetischen Nephropathie bedürfen einer spezialisier-
ten, interdisziplinären Behandlung, einschließlich problemorientierter Beratung. Zum Ausschluss einer diabeti-
schen Nephropathie ist der Nachweis einer normalen Urin-Albumin-Ausscheidungsrate oder einer normalen
Urin-Albumin-Konzentration im ersten Morgenurin ausreichend.
Für die Diagnosestellung einer diabetischen Nephropathie ist der mindestens zweimalige Nachweis einer pa-
thologisch erhöhten Albumin-Ausscheidungsrate im Urin im Abstand von zwei bis vier Wochen notwendig,
insbesondere bei Vorliegen einer Retinopathie. Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 ohne
bekannte diabetische Nephropathie erhalten mindestens einmal jährlich eine entsprechende Urin-Untersuchung
zum Ausschluss einer diabetischen Nephropathie.
Bei Nachweis einer persistierenden pathologischen Urin-Albumin-Ausscheidung ist unter anderem zusätzlich
die Bestimmung der glomerulären Filtrationsrate (eGFR) auf Basis der Serum-Kreatinin-Bestimmung durchzu-
führen.
Wenn eine diabetische Nephropathie diagnostiziert wurde, sind Interventionen vorzusehen, für die ein positiver
Nutzennachweis im Hinblick auf die Vermeidung der Progression und Nierenersatztherapie erbracht ist. Dazu
1564 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009
zählen insbesondere eine normnahe Blutdruck- und Blutglukoseeinstellung, Tabakverzicht und bei pathologisch
reduzierter glomerulärer Filtrationsrate die Empfehlung einer adäquat begrenzten Eiweißaufnahme.
1.5.1.3 Diabetische Retinopathie
Zum Ausschluss einer diabetischen Retinopathie ist, in der Regel beginnend im fünften Jahr nach Manifestation
des Diabetes, einmal jährlich eine ophthalmologische Netzhautuntersuchung in Mydriasis durchzuführen.
Wenn eine diabetesassoziierte Augenkomplikation diagnostiziert wurde, sind Interventionen vorzusehen, für die
ein positiver Nutzennachweis im Hinblick auf die Vermeidung der Erblindung erbracht ist. Dazu zählen eine
normnahe Blutglukose- und Blutdruckeinstellung sowie gegebenenfalls eine rechtzeitige und adäquate Laser-
Behandlung. Bei proliferativer Retinopathie ist insbesondere die panretinale Laser-Fotokoagulation durchzu-
führen.
1.5.2 Diabetische Neuropathie
Zur Behandlung der diabetischen Neuropathie sind stets Maßnahmen vorzusehen, die zur Optimierung der
Stoffwechseleinstellung führen.
Bei Neuropathien mit für die Patientin oder den Patienten störender Symptomatik (vor allem schmerzhafte Poly-
neuropathie) ist der Einsatz zusätzlicher medikamentöser Maßnahmen sinnvoll. Es kommen vorzugsweise An-
tidepressiva sowie Antikonvulsiva in Betracht, die für diese Indikation zugelassen sind.
Bei Hinweisen auf eine autonome diabetische Neuropathie (zum Beispiel kardiale autonome Neuropathie, Ma-
genentleerungsstörungen, Blasenentleerungsstörungen) ist eine spezialisierte weiterführende Diagnostik und
Therapie zu erwägen.
1.5.3 Das diabetische Fußsyndrom
Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1, insbesondere mit peripherer Neuropathie und/oder
peripherer arterieller Verschlusskrankheit, sind durch die Entwicklung eines diabetischen Fußsyndroms mit ei-
nem erhöhten Amputationsrisiko gefährdet.
Es ist bei allen Patientinnen und Patienten mindestens einmal jährlich eine Inspektion der Füße einschließlich
Prüfung auf Neuropathie und Prüfung des Pulsstatus durchzuführen. Bei Patientinnen oder Patienten mit er-
höhtem Risiko soll die Prüfung quartalsweise, einschließlich der Überprüfung des Schuhwerks, erfolgen.
Bei Hinweisen auf ein diabetisches Fußsyndrom (Epithelläsion, Verdacht auf beziehungsweise manifeste Weich-
teil- oder Knocheninfektion beziehungsweise Verdacht auf Osteoarthropathie) ist die Mitbehandlung in einer für
die Behandlung des diabetischen Fußsyndroms qualifizierten Einrichtung gemäß Überweisungsregeln nach
Ziffer 1.8.2 erforderlich. Nach abgeschlossener Behandlung einer Läsion im Rahmen eines diabetischen Fuß-
syndroms ist die regelmäßige Vorstellung in einer für die Behandlung von Patientinnen und Patienten mit dia-
betischem Fußsyndrom qualifizierten Einrichtung zu prüfen.
Die Dokumentation erfolgt nach der Wagner-Armstrong-Klassifikation.
1.5.4 Makroangiopathische Erkrankungen
Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 haben insbesondere bei Vorliegen einer Nephropathie
ein deutlich erhöhtes Risiko bezüglich der kardio- und zerebrovaskulären Morbidität und Mortalität. Zusätzlich
zu einer guten Diabetes-Einstellung sind die im Folgenden angeführten Maßnahmen vorzunehmen. Den Patien-
tinnen und Patienten soll dringend angeraten werden, das Rauchen aufzugeben.
1.5.4.1 Arterielle Hypertonie bei Diabetes mellitus Typ 1
1.5.4.1.1 Definition und Diagnosestellung der Hypertonie
Wenn nicht bereits eine Hypertonie bekannt ist, kann die Diagnose gestellt werden, wenn bei mindestens zwei
Gelegenheitsblutdruckmessungen an zwei unterschiedlichen Tagen Blutdruckwerte von ≥ 140 mmHg systolisch
und/oder ≥ 90 mmHg diastolisch gemessen werden. Diese Definition bezieht sich auf manuelle auskultatorische
Messungen, die durch eine Ärztin oder einen Arzt oder geschultes medizinisches Personal grundsätzlich in einer
medizinischen Einrichtung durchgeführt werden, und gilt unabhängig von Alter oder vorliegenden Begleiterkran-
kungen. Die Blutdruckmessung ist methodisch standardisiert gemäß den nationalen Empfehlungen durchzu-
führen.
1.5.4.1.2 Therapeutische Maßnahmen bei Hypertonie
Durch die antihypertensive Therapie soll die Erreichung der unter Ziffer 1.3.1 genannten Therapieziele (insbe-
sondere Nummern 1 und 3) angestrebt werden. Hierfür ist mindestens eine Senkung des Blutdrucks auf Werte
systolisch unter 140 mmHg und diastolisch unter 90 mmHg anzustreben.
Jede Patientin und jeder Patient mit Diabetes mellitus Typ 1 und arterieller Hypertonie soll Zugang zu einem
strukturierten, evaluierten und publizierten Schulungs- und Behandlungsprogramm erhalten. Insbesondere kön-
nen solche Schulungen angeboten werden, die bei diesen Patientinnen oder Patienten auf klinische Endpunkte
adäquat evaluiert sind.
Vorrangig sollen unter Berücksichtigung der Kontraindikationen, der Komorbiditäten und der Patientenpräferen-
zen Medikamente zur Blutdrucksenkung verwendet werden, deren positiver Effekt und deren Sicherheit im
Hinblick auf die Erreichung der unter Ziffer 1.3.1 genannten Therapieziele in prospektiven, randomisierten, kon-
trollierten Langzeitstudien nachgewiesen wurden.
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009 1565
Dabei handelt es sich um folgende Wirkstoffgruppen:
– Diuretika,
– Beta1-Rezeptor-selektive Betablocker,
– Angiotensin-Conversions-Enzym-Hemmer (ACE-Hemmer), bei ACE-Hemmer-Unverträglichkeit oder speziel-
len Indikationen AT1-Rezeptor-Antagonisten.
Sofern im Rahmen der individuellen Therapieplanung Wirkstoffe aus anderen Wirkstoffgruppen verordnet wer-
den sollen, ist die Patientin oder der Patient darüber zu informieren, ob für diese Wirkstoffe Wirksamkeitsbelege
zur Risikoreduktion klinischer Endpunkte vorliegen.
1.5.4.2 Statintherapie
Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 und mit einem stark erhöhten Risiko für makroangio-
pathische Komplikationen beziehungsweise mit einer koronaren Herzkrankheit sollen mit einem Statin behan-
delt werden.
1.5.4.3 Thrombozytenaggregationshemmer
Grundsätzlich sollen alle Patientinnen und Patienten mit makroangiopathischen Erkrankungen (zum Beispiel
kardio- und zerebrovaskulären Erkrankungen) – unter Beachtung der Kontraindikationen und/oder der Unver-
träglichkeiten – Thrombozytenaggregationshemmer erhalten.
1.5.5 Psychische, psychosomatische und psychosoziale Betreuung
Auf Grund des komplexen Zusammenwirkens von somatischen, psychischen und sozialen Faktoren bei Patien-
tinnen und Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 ist durch die Ärztin oder den Arzt zu prüfen, inwieweit Patien-
tinnen und Patienten von psychotherapeutischen, psychiatrischen und/oder verhaltensmedizinischen Maßnah-
men profitieren können. Bei psychischen Beeinträchtigungen mit Krankheitswert (zum Beispiel Essstörungen)
soll die Behandlung durch qualifizierte Leistungserbringer erfolgen. Auf Grund der häufigen und bedeutsamen
Komorbidität vor allem bei Patientinnen und Patienten mit diabetischen Folgeerkrankungen soll die Depression
besondere Berücksichtigung finden.
1.6 Schwangerschaft bei Diabetes mellitus Typ 1
Patientinnen mit geplanter oder bestehender Schwangerschaft bedürfen einer speziellen interdisziplinären Be-
treuung. Durch Optimierung der Blutglukosewerte vor und während der Schwangerschaft können die materna-
len und fetalen Komplikationen deutlich reduziert werden. Die Einstellung ist grundsätzlich als intensivierte
Therapie mittels Mehrfach-Injektionen oder mit einer programmierbaren Insulinpumpe (CSII) durchzuführen.
Die präkonzeptionelle Einstellung soll mit Humaninsulin erfolgen und in der Schwangerschaft mit diesem Insulin
fortgeführt werden. Bei der Behandlung von Schwangeren sind spezifische Zielwerte der Blutglukoseeinstellung
zu berücksichtigen.
1.7 Behandlung von Kindern und Jugendlichen
Die spezifischen Versorgungsbelange von Kindern und Jugendlichen mit Diabetes mellitus Typ 1 bis zum Alter
von 18 Jahren machen es erforderlich, dass einzelne Aspekte in den strukturierten Behandlungsprogrammen
besondere Berücksichtigung finden:
1.7.1 Therapieziele
Folgende Ziele stehen bei der medizinischen Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit Diabetes mellitus im
Vordergrund:
1. Vermeidung akuter Stoffwechselentgleisungen (Ketoazidose, diabetisches Koma, schwere Hypoglykämie),
2. Reduktion der Häufigkeit diabetesbedingter Folgeerkrankungen, auch im subklinischen Stadium; dies setzt
eine möglichst normnahe Blutglukoseeinstellung sowie die frühzeitige Erkennung und Behandlung von zu-
sätzlichen Risikofaktoren (zum Beispiel Hypertonie, Dyslipidämie, Adipositas, Rauchen) voraus,
3. altersentsprechende körperliche Entwicklung (Längenwachstum, Gewichtszunahme, Pubertätsbeginn),
altersentsprechende geistige und körperliche Leistungsfähigkeit,
4. möglichst geringe Beeinträchtigung der psychosozialen Entwicklung und der sozialen Integration der Kinder
und Jugendlichen durch den Diabetes und seine Therapie; die Familie soll in den Behandlungsprozess ein-
bezogen werden, Selbstständigkeit und Eigenverantwortung der Patientinnen und Patienten sind alters-
entsprechend zu stärken.
1.7.2 Therapie
Die Insulinsubstitution in Form einer intensivierten Insulintherapie ist der Behandlungsstandard bei Diabetes
mellitus Typ 1 mit Beginn der Adoleszenz sowie im Erwachsenenalter. Angesichts der Überlegenheit dieser
Therapieform bei Adoleszenten und Erwachsenen soll mit der intensivierten Therapie begonnen werden, sobald
dieses für die Familie und die Kinder möglich ist. Die Durchführung einer intensivierten Insulintherapie mittels
kontinuierlicher subkutaner Insulininfusionstherapie (CSII) kann vor allem bei sehr jungen Kindern oder bei
1566 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009
Jugendlichen mit besonderen Problemen Vorteile haben. Die Insulintherapie soll individuell auf das jeweilige
Kind oder den jeweiligen Jugendlichen zugeschnitten sein und regelmäßig überdacht werden, um eine mög-
lichst gute Stoffwechselkontrolle bei gleichzeitiger Vermeidung von schweren Hypoglykämien sicherzustellen.
1.7.3 Schulung
Kinder und Jugendliche mit Diabetes mellitus Typ 1 beziehungsweise deren Betreuungspersonen erhalten Zu-
gang zu strukturierten, nach Möglichkeit evaluierten, zielgruppenspezifischen und publizierten Schulungs- und
Behandlungsprogrammen, die in geeigneten Abständen durchgeführt werden. Die Schulungen können als
Gruppen- oder Einzelschulung erfolgen und sollen den jeweiligen individuellen Schulungsstand berücksich-
tigen.
Die krankheitsspezifische Beratung und Diabetesschulung in der Pädiatrie soll das Ziel verfolgen, das eigen-
verantwortliche Krankheitsmanagement der Kinder und Jugendlichen und in besonderem Maße auch die ihrer
Betreuungspersonen zu fördern und zu entwickeln. Das Alter und der Entwicklungsstand des Kindes sind zu
berücksichtigen.
1.7.4 Psychosoziale Betreuung
Das Angebot einer psychosozialen Beratung und Betreuung der Kinder und Jugendlichen mit Diabetes mellitus
Typ 1 soll integraler Bestandteil der Behandlung sein. Ihr ist in diesem Rahmen ausreichend Zeit einzuräumen.
Hierzu kann auch die Beratung über die verschiedenen Möglichkeiten der Rehabilitation gehören. Die behan-
delnde Ärztin oder der behandelnde Arzt soll prüfen, ob die Kinder und Jugendlichen einer weitergehenden
Diagnostik oder Behandlung bedürfen. Bei psychischen Beeinträchtigungen mit Krankheitswert (zum Beispiel
Essstörungen) soll die Behandlung durch qualifizierte Leistungserbringer erfolgen.
1.7.5 Ausschluss von Folgeschäden und assoziierten Erkrankungen
Kinder und Jugendliche mit Diabetes mellitus Typ 1 sollen spätestens nach fünf Jahren Diabetesdauer, grund-
sätzlich jedoch ab dem elften Lebensjahr, jährlich bezüglich einer diabetischen Retinopathie gemäß Ziffer 1.5.1.3
sowie einer diabetischen Nephropathie gemäß Ziffer 1.5.1.2 untersucht werden.
Der Blutdruck soll bei allen Kindern und Jugendlichen mit Diabetes mellitus Typ 1 mindestens ab einem Alter
von elf Jahren vierteljährlich gemessen werden.
1.8 Kooperation der Versorgungssektoren
Die Betreuung von Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 erfordert die Zusammenarbeit aller
Sektoren (ambulant, stationär) und Einrichtungen. Eine qualifizierte Behandlung muss über die gesamte Versor-
gungskette gewährleistet sein.
1.8.1 Koordinierende Ärztin oder koordinierender Arzt
Für die Teilnahme an dem strukturierten Behandlungsprogramm wählt die Patientin oder der Patient zur Lang-
zeitbetreuung und deren Dokumentation eine zugelassene oder ermächtigte koordinierende Ärztin oder einen
zugelassenen oder ermächtigten koordinierenden Arzt oder eine qualifizierte Einrichtung, die für die vertrags-
ärztliche Versorgung zugelassen oder ermächtigt ist oder die nach § 116b des Fünften Buches Sozialgesetz-
buch an der ambulanten ärztlichen Versorgung teilnimmt. Dies müssen diabetologisch besonders qualifizierte
Ärzte oder Einrichtungen sein.
In Einzelfällen kann die Koordination auch von Hausärztinnen oder Hausärzten im Rahmen ihrer in § 73 des
Fünften Buches Sozialgesetzbuch beschriebenen Aufgaben in enger Kooperation mit einer diabetologisch be-
sonders qualifizierten Ärztin, einem diabetologisch besonders qualifizierten Arzt oder einer diabetologisch be-
sonders qualifizierten Einrichtung wahrgenommen werden.
Bei Kindern und Jugendlichen erfolgt die Koordination unter 16 Jahren grundsätzlich, unter 21 Jahren fakultativ
durch eine diabetologisch besonders qualifizierte Pädiaterin, einen diabetologisch besonders qualifizierten Pä-
diater oder eine diabetologisch besonders qualifizierte pädiatrische Einrichtung. In begründeten Einzelfällen
kann die Koordination durch eine Ärztin, einen Arzt oder eine Einrichtung erfolgen, die in der Betreuung von
Kindern und Jugendlichen diabetologisch besonders qualifiziert sind.
1.8.2 Überweisung von der koordinierenden Ärztin, vom koordinierenden Arzt oder von der koordinierenden
Einrichtung zur jeweils qualifizierten Fachärztin, zum jeweils qualifizierten Facharzt oder zur qualifizierten Ein-
richtung
Bei Vorliegen folgender Indikationen muss die koordinierende Ärztin, der koordinierende Arzt oder die koordi-
nierende Einrichtung eine Überweisung der Patientin oder des Patienten zu anderen Fachärzten oder Einrich-
tungen veranlassen, soweit die eigene Qualifikation für die Behandlung der Patientin oder des Patienten nicht
ausreicht:
1. bei Fuß-Läsionen Wagner-Stadium 2-5 und/oder Armstrong-Klasse C oder D in eine für die Behandlung des
diabetischen Fußsyndroms qualifizierte Einrichtung,
2. zur augenärztlichen Untersuchung, insbesondere der Untersuchung der Netzhaut (vergleiche Ziffer 1.5.1.3),
3. bei geplanter oder bestehender Schwangerschaft in eine in der Behandlung von Schwangeren mit Diabetes
mellitus Typ 1 erfahrene qualifizierte Einrichtung (vergleiche Ziffer 1.6),
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009 1567
4. zur Einleitung einer Insulinpumpentherapie in eine mit dieser Therapie erfahrene diabetologisch qualifizierte
Einrichtung,
5. bei bekannter Hypertonie und bei Nichterreichen des Ziel-Blutdruck-Bereiches unterhalb systolisch
140 mmHg und diastolisch 90 mmHg innerhalb eines Zeitraums von höchstens sechs Monaten zur jeweils
qualifizierten Fachärztin, zum jeweils qualifizierten Facharzt oder zur qualifizierten Einrichtung.
Bei Vorliegen folgender Indikationen soll eine Überweisung zur Mitbehandlung erwogen werden:
1. bei signifikanter Kreatinin-Erhöhung beziehungsweise bei Einschränkung der Kreatinin-Clearance zum Neph-
rologen,
2. bei Vorliegen makroangiopathischer einschließlich kardialer Komplikationen zur jeweils qualifizierten Fach-
ärztin, zum jeweils qualifizierten Facharzt oder zur qualifizierten Einrichtung,
3. bei allen diabetischen Fuß-Läsionen in eine für die Behandlung des diabetischen Fußsyndroms qualifizierte
Einrichtung.
Im Übrigen entscheidet die Ärztin oder der Arzt nach pflichtgemäßem Ermessen über eine Überweisung.
Erfolgt in Einzelfällen die Koordination durch eine Hausärztin oder einen Hausarzt im Rahmen ihrer in § 73 des
Fünften Buches Sozialgesetzbuch beschriebenen Aufgaben, ist ergänzend zu den oben aufgeführten Indikatio-
nen eine Überweisung auch bei folgenden Indikationen zur jeweils qualifizierten Fachärztin, zum jeweils quali-
fizierten Facharzt oder zur qualifizierten Einrichtung zu veranlassen. Dies gilt ebenso, wenn die Koordination im
Falle von Kindern und Jugendlichen durch eine diabetologisch besonders qualifizierte Ärztin oder einen dia-
betologisch besonders qualifizierten Arzt ohne Anerkennung auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendmedizin
erfolgt. In diesem Fall ist bei den folgenden Indikationen eine Überweisung zur diabetologisch qualifizierten
Pädiaterin, zum diabetologisch qualifizierten Pädiater oder zur diabetologisch qualifizierten pädiatrischen Ein-
richtung zu veranlassen:
1. bei Erstmanifestation in eine diabetologisch qualifizierte Einrichtung,
2. bei Neuauftreten mikrovaskulärer Komplikationen (Nephropathie, Retinopathie) oder Neuropathie an eine
diabetologisch qualifizierte Einrichtung,
3. bei Vorliegen mikrovaskulärer Komplikationen (Nephropathie, Retinopathie) oder Neuropathie mindestens
einmal jährlich an eine diabetologisch qualifizierte Einrichtung,
4. bei Vorliegen makroangiopathischer einschließlich kardialer Komplikationen in eine diabetologisch qualifi-
zierte Einrichtung,
5. zur Einleitung einer intensivierten Insulintherapie in eine diabetologisch qualifizierte Einrichtung, die zur
Durchführung von strukturierten Behandlungs- und Schulungsprogrammen qualifiziert ist,
6. bei Nichterreichen eines HbA1c-Wertes unter dem etwa 1,2-fachen der oberen Norm der jeweiligen Labor-
methode nach maximal sechs Monaten Behandlungsdauer in eine diabetologisch qualifizierte Einrichtung,
7. bei Abschluss der akut-medizinischen Versorgung infolge einer schweren Stoffwechseldekompensation (zum
Beispiel schwere Hypoglykämie, Ketoazidose) in eine diabetologisch qualifizierte Einrichtung.
Im Übrigen entscheidet die Ärztin oder der Arzt nach pflichtgemäßem Ermessen über eine Überweisung.
1.8.3 Einweisung in ein Krankenhaus zur stationären Behandlung
Indikationen zur stationären Einweisung in ein geeignetes Krankenhaus bestehen insbesondere bei:
1. Notfall (in jedes Krankenhaus),
2. ketoazidotischer Erstmanifestation in eine diabetologisch qualifizierte stationäre Einrichtung oder ein dia-
betologisch qualifiziertes Krankenhaus,
3. Abklärung nach wiederholten schweren Hypoglykämien oder Ketoazidosen in ein diabetologisch qualifizier-
tes Krankenhaus,
4. Verdacht auf infizierten diabetischen Fuß neuropathischer oder angiopathischer Genese sowie bei akuter
neuroosteopathischer Fußkomplikation in ein für die Behandlung des diabetischen Fußsyndroms qualifizier-
tes Krankenhaus,
5. Nichterreichen eines HbA1c-Wertes unter dem etwa 1,2-fachen der oberen Norm der jeweiligen Laborme-
thode nach in der Regel sechs Monaten (spätestens neun Monaten) Behandlungsdauer in einer ambulanten
diabetologisch qualifizierten Einrichtung; vor einer Einweisung in diabetologisch qualifizierte stationäre Ein-
richtungen ist zu prüfen, ob die Patientin oder der Patient von einer stationären Behandlung profitieren kann,
6. Kindern und Jugendlichen mit neu diagnostiziertem Diabetes mellitus Typ 1 beziehungsweise bei schwer-
wiegenden Behandlungsproblemen (zum Beispiel ungeklärten Hypoglykämien oder Ketoazidosen) in pädia-
trisch diabetologisch qualifizierte stationäre Einrichtungen,
7. gegebenenfalls zur Einleitung einer intensivierten Insulintherapie in eine diabetologisch qualifizierte statio-
näre Einrichtung, die zur Durchführung von strukturierten Schulungs- und Behandlungsprogrammen (ent-
sprechend Ziffer 4.2) qualifiziert ist,
1568 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009
8. gegebenenfalls zur Durchführung eines strukturierten Schulungs- und Behandlungsprogramms (entspre-
chend Ziffer 4.2) von Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 im stationären Bereich,
9. gegebenenfalls zur Einleitung einer Insulinpumpentherapie (CSII),
10. gegebenenfalls zur Mitbehandlung von Begleit- und Folgekrankheiten des Diabetes mellitus Typ 1.
Im Übrigen entscheidet die Ärztin oder der Arzt nach pflichtgemäßem Ermessen über eine Einweisung.
1.8.4 Veranlassung einer Rehabilitationsleistung
Im Rahmen des strukturierten Behandlungsprogramms ist insbesondere bei Vorliegen von Komplikationen oder
Begleiterkrankungen zu prüfen, ob die Patientin oder der Patient mit Diabetes mellitus Typ 1 von einer Rehabi-
litationsleistung profitieren kann. Eine Leistung zur Rehabilitation soll insbesondere erwogen werden, um die
Erwerbsfähigkeit, die Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe der Patientin oder des Patienten am
Leben in der Gesellschaft zu fördern, Benachteiligungen durch den Diabetes mellitus Typ 1 und seine Begleit-
und Folgeerkrankungen zu vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken.
2. Q u a l i t ä t s s i c h e r n d e M a ß n a h m e n ( § 1 3 7 f A b s a t z 2 S a t z 2 N u m m e r 2 d e s F ü n f -
ten Buches Sozialgesetzbuch)
Die Ausführungen zu Ziffer 2 der Anlage 1 gelten entsprechend.
3. Te i l n a h m e v o r a u s s e t z u n g e n u n d D a u e r d e r Te i l n a h m e d e r V e r s i c h e r t e n
(§ 137f Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)
Die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt soll prüfen, ob die Patientin oder der Patient im Hinblick auf
die in Ziffer 1.3.1 genannten Therapieziele von der Einschreibung profitieren und aktiv an der Umsetzung mit-
wirken kann.
3.1 Allgemeine Teilnahmevoraussetzungen
Die Ausführungen zu Ziffer 3.1 der Anlage 1 gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass die Teilnahmeerklärung
für Versicherte bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres durch ihre gesetzlichen Vertreter abgegeben wird.
3.2 Spezielle Teilnahmevoraussetzungen
Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 können in das strukturierte Behandlungsprogramm
eingeschrieben werden, wenn – zusätzlich zu den in Ziffer 3.1 genannten Voraussetzungen – eine Insulinthera-
pie gemäß Ziffer 1.3.4 eingeleitet wurde oder durchgeführt wird.
4. S c h u l u n g e n ( § 1 3 7 f A b s a t z 2 S a t z 2 N u m m e r 4 d e s F ü n f t e n B u c h e s S o z i a l -
gesetzbuch)
Die Ausführungen zu Ziffer 4 der Anlage 1 gelten entsprechend.
4.1 Schulungen der Leistungserbringer
Schulungen der Leistungserbringer dienen der Erreichung der vertraglich vereinbarten Versorgungsziele. Die
Inhalte der Schulungen zielen auf die vereinbarten Management-Komponenten, insbesondere bezüglich der
sektorenübergreifenden Zusammenarbeit und der Einschreibekriterien nach Ziffer 3 ab. Die Vertragspartner
definieren Anforderungen an die für die strukturierten Behandlungsprogramme relevante, während des Pro-
gramms stattfindende regelmäßige Fortbildung teilnehmender Leistungserbringer. Sie können die dauerhafte
Mitwirkung der Leistungserbringer von entsprechenden Teilnahmenachweisen abhängig machen.
4.2 Schulungen der Versicherten
Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 profitieren in besonderem Maße von einer eigenständig
durchgeführten Insulintherapie, einschließlich einer eigenständigen Anpassung der Insulindosis auf der Basis
einer Stoffwechselselbstkontrolle. Die dazu notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten werden im Rahmen eines
strukturierten Schulungs- und Behandlungsprogramms vermittelt. Vor diesem Hintergrund ist die Bereitstellung
solcher Schulungs- und Behandlungsprogramme unverzichtbarer Bestandteil des strukturierten Behandlungs-
programms. Aufgabe der behandelnden Ärztin oder des behandelnden Arztes ist es, die Patientinnen und Pa-
tienten über den besonderen Nutzen des strukturierten Schulungs- und Behandlungsprogramms zu informieren
und ihnen die Teilnahme nahe zu legen. Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 und deren
Betreuungspersonen müssen unter Berücksichtigung des individuellen Schulungsstandes Zugang zu struktu-
rierten, bei Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 evaluierten, zielgruppenspezifischen und
publizierten Schulungs- und Behandlungsprogrammen erhalten. Deren Wirksamkeit muss im Hinblick auf die
Verbesserung der Stoffwechsellage belegt sein. Die Schulung von Patientinnen und Patienten mit Diabetes
mellitus Typ 1 soll in einer qualifizierten Einrichtung erfolgen. Die Qualifikation der Leistungserbringer ist sicher-
zustellen. Hierbei ist der Bezug zu den hinterlegten strukturierten medizinischen Inhalten der Programme nach
§ 137f Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch herzustellen. Der bestehende Schu-
lungsstand der Versicherten ist zu berücksichtigen. Bei Antragstellung müssen die Schulungsprogramme, die
angewandt werden sollen, gegenüber dem Bundesversicherungsamt benannt werden.
5. E v a l u a t i o n ( § 1 3 7 f A b s a t z 2 S a t z 2 N u m m e r 6 d e s F ü n f t e n B u c h e s S o z i a l -
gesetzbuch)
Die Ausführungen zu Ziffer 5 der Anlage 1 gelten entsprechend.“
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 2009 1569
Artikel 2
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. Juli 2009 in Kraft.
Bonn, den 23. Juni 2009
Die Bundesministerin für Gesundheit
Ulla Schmidt
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
Aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Mai 2009
– 2 BvL 1/00 – wird die Entscheidungsformel veröffentlicht:
§ 52 Absatz 6 Satz 1 und Satz 2 des Einkommensteuergesetzes in der bis
einschließlich 1998 gültigen Fassung des Steuerreformgesetzes 1990 vom
25. Juli 1988 (Bundesgesetzblatt Teil I Seite 1093) war mit dem Grundgesetz
vereinbar.
Die vorstehende Entscheidungsformel hat gemäß § 31 Absatz 2 des Bundes-
verfassungsgerichtsgesetzes Gesetzeskraft.
Berlin, den 23. Juni 2009
Die Bundesministerin der Justiz
Brigitte Zypries