713
Bundesgesetzblatt
Teill Z1997A
1972 Ausgegeben zu Bonn am 29. April 1972 Nr. :38
Inhalt Seite
19. 4. n Neufassung des Deutschen Richtergesetzes ........................................... . 713
:illt-1
24. 4. 72 Vierte Verordnung iiber die Durchführung einer Sondererhebung zur Lohnstatistik ..... . 729
24. 4. 72 Vc!nndn11ng zur Dunhflihrung einer Zusatzstatistik auf dem Gebiet der Sozialhilfe über
lc1ulf)nde Leistungen der ITilfe zum Lebensunterhalt .................................. . 730
2.'). 4. 72 Fünfte Vcrorclmmg zm Durchführung des Gesetzes zur Anderung futtermittelrechtlicher
Vorschriften ....................................................................... . 731
7841-4-:J/1
25. 4. 72 Verordnun~J über den Verkehr mit Essig und Essigsäure .............................. . 732
2125-4-17
25. 4. 72 Verordnung über die Krankenfürsorge auf Kauffahrteischiffen ........................ . 734
951:J-18, 9513-16
25. 4. 72 Verordnung zur Änderung der Kostenordnung des Deutschen Hydrographischen Instituts 741
9510-10
Bekanntmachung
der Neufassung des Deutschen Richtergesetzes
Vom 19. April 1972
Auf Grund des Artikels lll § 3 des Gesetzes zur d) des Artikels 5 des Sechsten Gesetzes zur Ände-
Änderung des Deutschen Richtergesetzes vom rung beamtenrechtlicher und besoldungsrecht-
10. September 1971 (Bundesgesetzbl. I S. 1557) wird licher Vorschriften vom 31. März 1969 (Bundes-
nachstehend der Wortlaut des Deutschen Richter- gesetzbl. I S. 257),
gesetzes vom 8. September 1961 (Bundesgesetzbl. I e) des Artikels 39 des Ersten Gesetzes zur Reform
S. 1665) unter Berücksichtigung des Strafrechts (1. StrRG) vom 25. Juni 1969 (Bun-
a) des Artikels 3 des Gesetzes zur Kürzung des desgesetzbl. I S. 645),
Vorbereitungsdienstes für den Erwerb der Be- f) des § 4 des Ersten Gesetzes zur Änderung des
fähigung zum höheren Beamtendienst und zum Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Deutsche aus
Richteramt vom 18. August 1965 (Bundesgesetz- der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands
blatt I S. 891), und dem sowjetisch besetzten Sektor von Berlin
b) des Artikels I § 10 des Gesetzes zur Neuordnung (l. FlüHÄndG) vom 10. Mai 1971 (Bundesgesetz-
des Bundesdisziplinarrechts vom 20. Juli 1967 blatt I S. 445) und
(Bundesgesetzbl. I S. 725), g) des Artikels I des Gesetzes zur Änderung des
c) des Artikels 6 Nr. 4 Buchstabe c des Achten Deutschen Richtergesetzes vom 10. September
Strnfrechtsänderungsgesetzes vom 25. Juni 1968 1971 (Bundesgesetzbl. I S. 1557)
(Bundes~Jesetzbl. J S. 741), bekanntgemacht.
Bonn, den 19. April 1972
Der Bundesminister der Justiz
Gerhard Jahn
714 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1972, Teil I
Deutsches Richtergesetz
Inhaltsübersicht
§§
Erster Teil: Richteramt in Bund und Ländern
Erster Abschnitt: Einleitende Vorschriften bis 4
Zweiter Abschnitt: Befähigung zum Richteramt ........................... . 5 bis 7
Driller Abschnitt: Richterverhältnis ..................................... . 8 bis 24
Vierter Abschnitt: Unabhängigkeit des Richters .......................... . 25 bis 37
Fünfter Abschnitl: Besondere Pflichten des Richters ....................... . 38 bis 43
Sechster Abschnitt: Ehrenamtliche Richter ................................ . 44 und 45
Zweiter Teil: Richter im Bundesdienst
Erster Abschnitt: Allgemeine Vorschriften .............................. . 46 bis 48
Zweiter Abschnitt: Richtervertretungen .................................. . 49 bis 60
Dritter Abschnitt: Dienstgericht des Bundes ............................. . 61 bis 68
Vierler Abschnitt: Richter des Bundesverfassungsgerichts 69 und 70
Dritter Teil: Richter im Landesdienst 71 bis 84
Vierter Teil: Ubergangs- und Schlußvorschriften
Erster Abschnitt: Änderung von Bundesrecht 85 bis 104
Zweiter Abschnitt: Oberleitung von Rechtsverhältnissen .................. . 105 bis 118
Dritter Abschnitt: Schlußvorschriften ................................... . 119 bis 126
Erster Teil § 3
Dienstherr
Richteramt in Bund und Ländern
Die Richter stehen im Dienst des Bundes oder
eines Landes.
Erster Abschnitt
Einleitende Vorschriften
§ 4
§ 1 Unvereinbare Aufgaben
Berufsrichter und ehrenamtliche Richter (1) Ein Richter darf Aufgaben der rechtsprechen-
den Gewalt und Aufgaben der gesetzgebenden oder
Die rechtsprechende Gewalt wird durch Berufs- der vollziehenden Gewalt nicht zugleich wahrneh-
richter und durch ehrenamtliche Richter ausgeübt. men.
§ 2 (2) Außer Aufgaben der rechtsprechenden Gewalt
Geltung für Berufsrichter darf ein Richter jedoch wahrnehmen
Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten, soweit 1. Aufgaben der Gerichtsverwaltung,
dieses Gesetz nicht anderes bestimmt, nur für die 2. andere Aufgaben, die auf Grund eines Gesetzes
Berufsrichter. Gerichten oder Richtern zugewiesen sind,
Nr. 38 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 29. April 1972 715
3. Aufgaben der Forschung und Lehre an einer wis- dung bei der Hochschule für Verwaltungswissen-
senschaftlichen Hochschule, öffentlichen Unter- schaften kann auf die Ausbildung nach Nummer. 3
richtsanstalt oder amtlichen Unterrichtseinrich- oder 5 mit bis zu drei Monaten angerechnet werden.
tung, Während des Vorbereitungsdienstes können Aus-
4. Prüfungsangelegenheiten. bildungslehrgänge bis zu einer Gesamtdauer von
drei Monaten vorgesehen werden. Der Vorberei-
tungsdienst kann im Einzelfall aus besonderem
Zweiter Abschnitt Grund verlängert werden.
Befähigung zum Richteramt (3) Das Nähere regelt das Landesrecht.
§ 5 § 5b
Erwerb der Befähigung zum Richteramt Einstufige Ausbildung
(1) Die Befähigung zum Richteramt wird durch (1) Das Landesrecht kann Studium und praktische
das Bestehen zweier Prüfungen erworben. Vorbereitung in einer gleichwertigen Ausbildung
von mindestens fünf einhalb Jahren zusammenfas-
(2) Der ersten Prüfung muß ein Studium der sen. Ein Teil der Ausbildung ist bei Gerichten,
Rechtswissenschaft von mindestens dreieinhalb Jah- Verwaltungsbehörden und Rechtsanwälten abzulei-
ren an einer Universität vorangehen. Davon sind sten. Die erste Prüfung kann durch eine Zwischen-
mindestens vier Halbjahre dem Studium an einer prüfung oder durch ausbildungsbegleitende Lei-
Universität im Geltungsbereich dieses Gesetzes zu stungskontrollen ersetzt werden. Die Abschluß-
widmen. prüfung soll in ihren Anforderungen der in § 5
(3) (aufgehoben) 1 ) vorgesehenen zweiten Prüfung gleichwertig sein. § 6
Abs. 2 gilt entsprechend.
(4) (aufgehoben) 1)
2)
(2) Teilnehmer an einer Ausbildung nach Ab-
§ 5a
satz 1 können die in § 10 Abs. 1 und § 142 Abs. 3
Vorbereitungsdienst des Gerichtsverfassungsgesetzes, § 2 Abs. 4 des
(1) Zwischen der ersten und der zweiten Prü- Rechtspflegergesetzes, § 53 Abs. 4 Satz 2 der Bun-
fung muß ein Vorbereitungsdienst von zwei Jah- desrechtsanwaltsordnung, § 116 Abs. 2 Satz 1 der
ren liegen. Die Ausbildungszeit ist zu verwenden Zivilprozeßordnung und § 142 Abs. 2 der Strafpro-
zum Dienst zeßordnung bezeichneten Tätigkeiten wahrnehmen,
wenn sie den Ausbildungsstand erreicht haben, der
1. bei einem ordentlichen Gericht in Zivilsachen, für die jeweilige Tätigkeit erforderlich ist. In Be-
2. bei einem Gericht in Strafsachen oder einer ziehung auf diese Tätigkeiten haben sie die Rechte
Staa tsan w al tschaft, und Pflichten eines Referendars. Das Nähere regelt
das Landesrecht.
3. bei einer Verwaltungsbehörde,
(3) Bei der Anwendung des § 4 der Bundesgebüh-
4. bei einem Rechtsanwalt,
renordnung für Rechtsanwälte stehen Teilnehmer
5. nach Wahl des Referendars an einer Ausbildung nach Absatz 1 den Referenda-
a) zusätzlich bei den in den Nummern 1 bis 4 ren gleich.
genannten Stellen, (4) Neben einer Ausbildung nach Absatz 1 ist
b) bei einer gesetzgebenden Körperschaft des mindestens der Vorbereitungsdienst nach § 5 a zu
Bundes oder eines Landes, ermöglichen.
c) bei einem Gericht der Verwaltungs-, der
Finanz-, der Arbeits- oder der Sozialgerichts- § 5 C 2)
barkeit, Anrechnung einer Ausbildung
d) bei einem Notar, für den gehobenen Dienst
e) bei einer Gewerkschaft, einem Arbeitgeber- (1) Eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung
verband oder einer Körperschaft wirtschaft- für den gehobenen Justizdienst oder für den ge-
licher, sozialer oder beruflicher Selbstverwal- hobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst kann
tung, auf Antrag bis zur Dauer von 18 Monaten auf eine
f) bei einem Wirtschaftsunternehmen, Ausbildung nach den §§ 5 und 5 a angerechnet wer-
g) bei einer überstaatlichen, zwischenstaatlichen den. Auf den Vorbereitungsdienst dürfen jedoch
oder ausländischen Stelle oder bei einem aus- nicht mehr als sechs Monate angerechnet werden.
ländischen Rech tsan w alt, (2) Absatz 1 gilt für eine Ausbildung nach § 5 b
h) bei einer sonstigen Stelle, bei der eine sach- entsprechend.
gerechte Ausbildung gewährleistet ist. (3) Das Nähere regelt das Landesrecht.
(2) Der Vorbereitungsdienst bei einer Stelle
dauert mindestens drei Monate; er soll bei höch- § 5d 2
)
stens fünf Stellen abgeleistet werden. Eine Ausbil-
Prüfungen
1) aufgehoben mit Wirkung vom 16. Juni 1972 durch Gesetz vom Das Landesrecht kann vorsehen, daß Teile von
10. September 1971 (Bundcsgesctzbl. I S. 1557)
Prüfungen während der Ausbildungszeit abgelegt
1) eingefügt mit Wirkung vom 16. Juni 1972 durch Gesetz vom 10. Sep•
tember 1971 (Bundcsgesetzbl. I S. 1557) werden. Es kann ferner bestimmen, daß bei der
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Enlscl1cidu11sJ (ilH~, dc1~; L(r(whnis der zweiten Prü- 3. als habilitierter Lehrer des Rechts an einer deut-
fung Noten !irr L(•isi.llll~J('ll 1111 Vorbewitungsdienst schen wissenschaftlichen Hochschule,
bis zu cinf~m Drii i<'i crnf die'. C<'sc1mtnote angerechnet 4. als Rechtsanwalt, Notar oder als Assessor bei
werden. einem Rechtsanwalt oder Notar,
§ (j 5. in anderen Berufen, wenn die Tätigkeit nach Art
Anerkennung von Prüfungen und Bedeutung wie die unter den Nummern 1
bis 4 genannten Tätigkeiten geeignet war, Kennt-
(l) l)i(~ Luli:lsstmq zum Vorbereitungsdienst darf nisse und Erfahrungen für die Ausübung des
einem Bewerber nicht clf,swegen versagt werden, Richteramts zu vermitteln. 3)
weil er die erste Prüfung nach § 5 in einem anderen
Land im Geltungsbereich dieses Gesetzes abgelegt Die Anrechnung von mehr als zwei Jahren dieser
hat. Die in einem Lmd im Geltungsbereich dieses Tätigkeiten setzt besondere Kenntnisse und Erfah-
Gesetzes auf den Vorbereitungsdienst verwendete rungen des zu Ernennenden voraus.
Zeit ist in jedem deutschen Land anzurechnen.
(2) Wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes die § 11
Befähigung zum Richteramt nach § 5 erworben hat, Ernennung auf Zeit
ist im Bund und in jedem deutschen Land zum Rich-
Eine Ernennung zum Richter auf Zeit ist nur unter
teramt belähiql.
den durch Bundesgesetz bestimmten Voraussetzun-
§ 7 gen und nur für die bundesgesetzlich bestimmten
Aufgaben zulässig.
Universitätsprofessoren
Jeder ordentliche Professor der Rechte an einer § 12
Universität im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist Ernennung auf Probe
zum Richl.ernrnl befähigt.
(1) Wer später als Richter auf Lebenszeit oder als
Staatsanwalt verwendet werden soll, kann zum
Richter c;rnf Probe ernannt werden. Er führt die Be-
Dritter Abschnitt zeichnung „Gerichtsassessor".
(2) Spätestens fünf Jahre nach seiner Ernennung
Ri eh terverhäl tnis
ist der Richter auf Probe zum Richter auf Lebenszeit
oder unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf
§ 8 Lebenszeit zum Staatsanwalt zu ernennen. Die Frist
Rechtsformen des Richterdienstes verlängert sich um die Zeit einer Beurlaubung ohne
Bezüge. 4 )
Richter können nur als Richter auf Lebenszeit, auf
Zeit, auf Probe ock:r kraft Auftrags berufen werden. § 13
Verwendung eines Richters auf Probe
§ 9 Ein Richter auf Probe kann ohne seine Zustim-
Voraussetzungen für die Berufungen mung nur bei einem Gericht, bei einer Behörde der
Gerichtsverwaltung oder bei einer Staatsanwalt-
In dcts Richtcrverhültnis darf nur berufen werden,
schaft verwendet werden.
wer
1. Deutscher im Sinne des Artikels 1.16 des Grund-
gesetzes ist, § 14
2. die Gewähr dcifür bietet, daß er jederzeit für die Ernennung zum Richter kraft Auftrags
freiheitliche demokratische Grundordnung im (1) Ein Beamter auf Lebenszeit oder auf Zeit
Sinne des Grundgesetzes eintritt, und kann zum Richter kraft Auftrags ernannt werden,
3. die Befühiqunq zum Richteramt besitzt (§§ 5 wenn er später als Richter auf Lebenszeit verwen-
bis 7j. det werden soll.
§ 10 (2) Der Richter kraft Auftrags führt im Dienst die
Amtsbezeichnung des wahrgenommenen Richter-
Ernennung auf Lebenszeit amts.
(1) Zum Richter auf Lebenszeit kann ernannt wer-
den, wer nach Erwerb der Befähigung zum Richter- § 15
amt mindestens drei Jahre i rn richterlichen Dienst Wirkungen auf das Beamtenverhältnis
tätig gewesen ist.
(1) Der Richter kraft Auftrags behält sein bis-
(2) Auf die Zeit nach AbsaL;;. 1 können angerech- heriges Amt. Seine Besoldung und Versorgung be-
net werden Tätigkeiten stimmen sich nach diesem Amt. Im übrigen ruhen
1. als Beamter des höheren Dienstes, für die Dauer des Richterverhältnisses kraft Auf-
2. im deutschen öffentlichen Dienst oder im Dienst trags die Rechte und Pflichten aus dem Beamten-
einer zwischenstcrn tlichen oder überstaatlichen
Einrichtung, wenn die Tcttigkeit nach Art und Be- 3) § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 eingefügt mit Wirkung vom 16. Juni 1972
deutung der Tätigkeit in einem Amt des höheren durch Gesetz vom 10. September 1971 (Bundesgesetzbl. I S. 1557)
4) § 12 Abs. 2 neu gefaßt mit "Wirkung vom 16. Juni 1972 durch Gesetz
Dienstes entsprochen hat, vom 10. September 1971 (Bundesgesetzbl. I S. 1557)
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verhJHnis mil /\usm1hme der Pflicht zur Amtsver- 3. nicht die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher
schwie~Jenheil und des Verbots der Annahme von Ämter hatte.
Ceschenkcn.
(3) Die Nichtigkeit einer Ernennung zum Richter
(2) ·wird das RichterverhJ ILnis zu einem anderen auf Lebenszeit oder zum Richter auf Zeit kann erst
Dienstherrn be~JIÜndet, so ist auch dieser zur Zah- geltend gemacht werden, nachdem ein Gericht sie
lung der Dit)nsUH~züge verpflichtet. rechtskräftig festgestellt hat.
§ 16 § 19
Dauer der Verwendung als Richter kraft Auftrags Rücknahme der Ernennung
(l) Späteslens zwei Jahre nach seiner Ernennung ( 1) Eine Ernennung ist zurückzunehmen,
ist der Richter kraft Auftrnqs zum Richter auf Le- l. wenn der Ernannte nicht die Befähigung zum
benszeit zu ernennen oder einem Richterwahlaus- Richteramt besaß,
schuß zur Wahl vorzuschlagen. Lehnt der Richter 2. wenn die gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung
die Ernennung ab, so endet das Richterverhältnis eines Richterwahlausschusses unterblieben war
kraft Auftrags. und der Richterwahlausschuß die nachträgliche
(2) Für die Verwendung des Richters kraft Auf- Bestätigung abgelehnt hat,
trags gelten die Vorschriften für Richter auf Probe 3. wenn die Ernennung durch Zwang, arglistige
entsprechend. Täuschung oder Bestechung herbeigeführt wurde
§ 17
oder
4. wenn nicht bekannt war, daß der Ernannte ein
Ernennung durch Urkunde Verbrechen oder Vergehen begangen hatte, das
(1) Der Richter wird durch Aushändigung einer ihn der Berufung in das Richterverhältnis unwür-
Urkunde ernannt. dig erscheinen läßt, und er deswegen rechtskräf-
(2) Ein.er Ernennung bedarf es tig zu einer Strafe verurteilt war oder wird.
1. zur Begründung des Richterverhältnisses, (2) Eine Ernennung kann zurückgenommen wer-
2. zur Umwandlung des Richterverhältnisses in ein den,
solches anderer Art (§ 8), 1. wenn bei einem nach seiner Ernennung Ent-
3. zur Verleihung eines anderen Amtes mit ande- mündigten die Voraussetzungen für die Ent-
rem Endgrundgehalt. a) mündigung im Zeitpunkt der Ernennung vorlagen
oder
(3) In der Ernennungsurkunde müssen bei der
2. wenn nicht bekannt war, daß der Ernannte in
Begründung des Richlerverhältnisses die Worte
einem gerichtlichen Verfahren aus dem Dienst
„unter Berufung in das Richterverhältnis" mit dem
oder Beruf entfernt oder zum Verlust der Ver-
Zusatz „auf Lebenszeit", ,,auf Zeit", ,,auf Probe"
sorgungsbezüge verurteilt worden war.
oder „kraft Auftrags" enthalten sein. Bei der Be-
gründung eines Richterverhältnisses auf Zeit ist (3) Die Ernennung zum Richter auf Lebenszeit
die Zeitdauer der Berufung in der Urkunde anzu- oder zum Richter auf Zeit kann ohne schriftliche
geben. Zustimmung des Richters nur auf Crund rechts-
kräftiger richterlicher Entscheidung zurückgenom-
(4) Bei der Umwandlung eines Richterverhält-
men werden.
nisses in ein Richterverhältnis anderer Art müssen
in der Ernennungsurkunde die diese Art bestimmen- § 20
den Worte nach Absatz 3 enthalten sein, bei der Allgemeines Dienstalter
ersten Verleihung eines Amtes und bei der Ver-
Das allgemeine Dienstalter eines Richters be-
leihung eines anderen Amtes mit anderem End-
stimmt sich nach dem Tag, an dem ihm sein Richter-
grundgehalt und anderer Amtsbezeichnung muß in
amt übertragen worden ist. Hat der Richter zuvor
der Ernennungsurkunde die Amtsbezeichnung die-
ein anderes Richteramt oder ein sonstiges Amt mit
ses /\ mtes enthalten sein.
mindestens dem gleichen Anfangsgrundgehalt be-
kleidet, so bestimmt sich das allgemeine Dienst-
§ 18 alter nach dem Tag der Ubertragung dieses Amtes.
Nichtigkeit der Ernennung
§ 21
(1) Eine Ernennung ist nichtig, wenn sie von
Entlassung aus dem Dienstverhältnis
einer sachlich unzuständigen Behörde ausgesprochen
wurde. Die Ernennung kann nicht rückwirkend be- (1) Der Richter ist entlassen,
stätigt werden. 1. wenn er die Eigenschaft als Deutscher im Sinne
(2) Eine Ernennung ist ferner nichtig, wenn der des Artikels 116 des Grundgesetzes verliert,
Ernannte im Zeitpunkt der Ernennung 2. wenn er ohne Zustimmung der obersten Dienst-
l. nicht Deutscher im Sinne des Artikels 116 des behörde seinen Wohnsitz oder dauernden Auf-
Crundgesetzes war, enthalt im Ausland nimmt,
2. entmündigt war oder 3. wenn er in ein öffentlich-rechtliches Dienst- oder
Amtsverhältnis zu einem anderen Dienstherrn
tritt, sofern gesetzlich nicht anderes bestimmt ist,
6) § 17 Abs. 2 eingefügt mit Wirkung vom 16. Juni 1972 durch Gesetz
vorn 10. Seplr~mlwr 1971 (Bund,~sqesef·;,bl. 1 S. 1557) oder
718 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1972, Teil I
4. wenn er zum Berufssoldilten oder Soldaten auf § 24
Zeit erndnnl wird.
Beendigung des Dienstverhältnisses
In den f-<lllen der Nummer 3 kann die oberste durch richterliche Entscheidung
Dienstbehörde i rn Einvernehmen mit dem neuen
Wird gegen einen Richter durch Urteil eines deut-
Dienstlwrrn und mit Zustimmung des Richters die
schen Gerichts im Geltungsbereich dieses Gesetzes
FortdilU(~r des Richterverhältnisses neben dem erkannt auf
neuen Dienst- oder J\n1lsv<'.rhältnis anordnen.
1. Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr we-
(2) Der Richter ist zu entlc1ssen, gen einer vorsätzlichen Tat,
1. wenn er sich weiqert, den Richtereid (§ 38) zu 2. Freiheitsstrafe wegen einer vorsätzlichen Tat, die
leisten, nach den Vorschriften über Friedensverrat, Hoch-
2. wenn er zur Zci t der Ernennung Mitglied des verrat, Gefährdung des demokratischen Rechts-
Bundestages oder eines Lmdtages war und nicht staates oder Landesverrat und Gefährdung der
innerhalb der von der obersten Dienstbehörde äußeren Sicherheit strafbar ist,
gesetzten anr3cmessenen Frist sein Mandat nie- 3. Aberkennung der Fähigkeit zur Bekleidung öf-
derlegt, fentlicher Ämter oder
3. wenn er nach Erreichr'.n der Altersgrenze berufen 4. Verwirkung eines Grundrechts gemäß Artikel 18
worden ist, des Grundgesetzes,
4. wenn er seine Ent.lassunq schriftlich verlangt oder so endet das Richterverhältnis mit der Rechtskraft
5. wenn er d ic J\ltcrs~Jrcnze erreicht oder dienst- dieses Urteils, ohne daß es einer weiteren gericht-
unfähig ist und das Dienst verhültnis nicht durch lichen Entscheidung bedarf.
Eintritt in den Ruhestand endet.
(3) Ein Richter auf Lclwnszeit oder ein Richter
auf Zeit kann ohne seine schriftliche Zustimmung Vierter Abschnitt
nur auf Grund rechlskräfti~Jer richterlicher Entschei-
dung entlassen werden. Die Entlassung eines Rich- Unabhängigkeit des Richters
ters auf Lebenswit oder eines Richters auf Zeit nach
Absatz 1 kann erst 9eltcncl 9emacbt werden, nach- § 25
dem ein Gericht sie rechtskräftig festgestellt hat. Grundsatz
§ 22 Der Richter ist unabhängig und nur dem Gesetz
unterworfen.
Entlassung eines Richters auf Probe
§ 26
(1) Ein Richter auf Probe kann zum Ablauf des
sechsten, zwölften, achtzehnten oder vierundzwan- Dienstaufsicht
zigsten Monats nach seiner Ernennung entlassen (1) Der Richter untersteht einer Dienstaufsicht
werden. nur, soweit nicht seine Unabhängigkeit beeinträch-
(2) Ein Richter auf Probe kann zum Ablauf des tigt wird.
dritten oder vierten Jahres entlassen werden, (2) Die Dienstaufsicht umfaßt vorbehaltlich des
1. wenn er für das Richteramt nicht geeignet ist Absatzes 1 auch die Befugnis, die ordnungswidrige
oder Art der Ausführung eines Amtsgeschäfts vorzuhal-
2. wenn ein Richterwahlausschuß seine Ubernahme ten und zu ordnungsgemäßer, unverzögerter Erledi-
in das Richterverhältnis auf Lebenszeit oder auf gung der Amtsgeschäfte zu ermahnen.
Zeit ablehnt. (3) Behauptet der Richter, daß eine Maßnahme
(3) Ein Richter auf Probe kann ferner bei einem der Dienstaufsicht seine Unabhängigkeit beeinträch-
Verhalten, das bei Richtern auf Lebenszeit. eine im tige, so entscheidet auf Antrag des Richters ein Ge-
förmlichen Disziplinarverfahren zu verhängende richt nach Maßgabe dieses Gesetzes.
Disziplinarmaßnahme zur Folge hätte, entlassen
werden. § 27
(4) Die Fristen der Absätze 1 und 2 verlängern Ubertragung eines Richteramts
sich um die Zeit einer Beurlaubung ohne Bezüge. 6)
(1) Dem Richter auf Lebenszeit und dem Richter
(5) In den Fällen der Absätze 1 und 2 ist die auf Zeit ist ein Richteramt bei einem bestimmten
Entlassungsverfügung dem Richter mindestens sechs Gericht zu übertragen.
Wochen vor dem Entlassungsta,g mitzuteilen.
(2) Ihm kann ein weiteres Richteramt bei einem
§ 23 anderen Gericht übertragen werden, soweit ein Ge-
setz dies zuläßt.
Entlassung eines Richters kraft Auftrags
Für die Beendigung des Richterverhältnisses kraft § 28
Auftrags gelten die Vorschriften über die Beendi- Besetzung der Gerichte
gung des Richterverhältnisses auf Probe entspre- mit Richtern auf Lebenszeit
chend.
(1) Als Richter dürfen bei einem Gericht nur
Richter auf Lebenszeit tätig werden, soweit nicht
•) § 22 Abs. 4 eingefügt mit Wirkung vom 16. Juni 1972 durch Gesetz
vom 10. September 1971 (Bundesgesetzbl. I S. 1557) ein Bundesgesetz etwas anderes bestimmt.
Nr. 38 -- Tag der Ausgabe: Bonn, den 29. April 1972 719
(2) Vorsitzender eines Cerichts darf nur ein Amtes enthoben werden. Ihm kann jederzeit ein
Richter sein. Wird ein Gericht in einer Besetzung neues Richteramt, auch mit geringerem Endgrund-
mit mehreren Richtern tätig, so muß ein Richter gehalt, übertragen werden.
auf Lebenszeit den Vorsitz führen.
(3) Die Ubertragung eines anderen Richteramts
(Absatz 1) und die Amtsenthebung (Absatz 2 Satz 1)
§ 29 können nicht später als drei Monate nach Inkraft-
Besetzung der Gerichte treten der Veränderung ausgesprochen werden.
mit Richtern auf Probe, Richtern kraft Auftrags
und abgeordneten Richtern
§ 33
Bei einer gc~richtl ichen Entscheidung darf nicht
mehr als ein Richter auf Probe oder ein Richter Belassung des vollen Gehalts
kraft AuftrarJs oder ein abgeordneter Richter mit- (1) In den Fällen des § 32 erhält der Richter sein
wirken. Er rn uß als solcher in der Entscheidung bisheriges Grundgehalt einschließlich ruhegehalt-
erkenntlich sein. fähiger oder unwiderruflicher Stellenzulagen und
§ 30
steigt in den Dienstaltersstufen seiner bisherigen
Besoldungsgruppe weiter auf. Im übrigen richten
Versetzung und Amtsenthebung sich die Dienstbezüge nach den allgemeinen besol-
(1) Ein Richter auf Lebenszeit oder ein Richter dungsrechtlichen Vorschriften. Soweit ihre Höhe
auf Zeit kann ohne seine schriftliche Zustimmung durch den dienstlichen Wohnsitz bestimmt ist, ist
nur bei Amtsenthebung (§ 32 Abs. 2 Satz 1) der letzte
dienstliche Wohnsitz maßgebend.
1. im Verfahren über die Richteranklage (Artikel 98
Abs. 2 und 5 des Grundgesetzes), (2) Der seines Amtes enthobene Richter gilt für
2. im förmlichen Disziplinarverfahren, die Anwendung der Vorschriften über das Ruhen
3. im Interesse der Rechtspflege (§ 31), der Versorgungsbezüge und über das Zusammen-
treffen mehrerer Versorgungsbezüge als Richter im
4. bei Veränderung der Gerichtsorganisation (§ 32) Ruhestand.
in ein anderes Amt versetzt oder seines Amtes ent-
hoben werden.
§ 34
(2) Die Versetzung oder Amtsenthebung kann Versetzung in den Ruhestand
- außer im Fall des Absatzes 1 Nr. 4 - nur auf wegen Dienstunfähigkeit
Grund rechtskräftiger richterlicher Entscheidung
ausgesprochen werden. Ein Richter auf Lebenszeit oder ein Richter auf
Zeit kann ohne seine schriftliche Zustimmung nur
(3) Der Versetzung steht es gleich, wenn ein auf Grund rechtskräftiger richterlicher Entscheidung
Richter, der mehrere Richterämter innehat, eines wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt
Amtes enthoben wird. werden.
§ 31 § 35
Versetzung im Interesse der Rechtspflege Vorläufige Untersagung der Amtsgeschäfte
Ein Richter auf Lebenszeit oder ein Richter auf In einem Verfahren nach § 18 Abs. 3, § 19 Abs. 3,
Zeit kann § 21 Abs. 3, §§ 30 und 34 kann das Gericht auf
1. in ein anderes Richteramt mit gleichem Endgrund- Antrag dem Richter die Führung seiner Amts-
gehalt, geschäfte vorläufig untersagen.
2. in den einstweiligen Ruhestand oder
3. in den Ruhestand
§ 36
versetzt werden, wenn Tatsachen außerhalb seiner
richterlichen Tätigkeit eine Maßnahme dieser Art Mitgliedschaft in einer Volksvertretung
zwingend gebieten, um eine schwere Beeinträchti- oder Regierung
gung der Rechtspflege abzuwenden. (1) Nimmt ein Richter die Aufstellung als Be-
werber für die Wahl zum Abgeordneten des Bun-
§ 32 destages oder einer gesetzgebenden Körperschaft
eines Landes an, so ist er von diesem Tag, frühe-
Veränderung der Gerichtsorganisation stens jedoch zwei Monate vor dem Wahltag, bis
(1) Bei einer Veränderung in der Einrichtung der zum Ablauf von zwei Wochen nach dem Wahltag
Gerichte oder ihrer Bezirke kann einem auf Lebens- mit vollen Dienstbezügen beurlaubt.
zeit oder auf Zeit ernannten Richter dieser Gerichte (2) Nimmt ein Richter die Wahl in den Deutschen
ein anderes Richteramt übertragen werden. Ist eine Bundestag oder in die gesetzgebende Körperschaft
Verwendung in einem Richteramt mit gleichem End- eines Landes an oder wird ein Richter mit seiner
grundgehalt nicht möglich, so kann ihm ein Richter- Zustimmung zum Mitglied der Bundesregierung
amt mit geringerem Endgrundgehalt übertragen oder der Regierung eines Landes ernannt, so enden
werden. das Recht und die Pflicht zur Wahrnehmung des
(2) Ist die Ubertragung eines anderen Richter- Richteramts ohne gerichtliche Entscheidung nach
amts nicht möglich, so kann der Richter seines näherer Bestimmung der Gesetze.
720 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1972, Teil I
§ 37 § 41
Abordnung Rechtsgutachten
(1) Ein Rid1l.e1 mtf Lebenszeit oder ein Richter (1) Ein Richter darf weder außerdienstlich Rechts-
auf Zeit darf nur mit seiner Zustimmung abgeordnet gutachten erstatten, noch entgeltlich Rechtsaus-
werden. künfte erteilen.
(2) Die Abord1J1mq ist dlll eine bestimmte Zeit (2) Ein beamteter Professor der Rechte oder der
auszusprechen. politischen Wissenschaften, der gleichzeitig Richter
(3) Zur Vertreltmg eines Richters darf ein Rich- ist, darf mit Genehmigung der obersten Dienst-
ter auf Lebenszeit oder ein Richter auf Zeit ohne behörde der Gerichtsverwaltung Rechtsgutachten er-
seine Zustimmung längstens für zusammen drei statten und Rechtsauskünfte erteilen. Die Geneh-
Monate innerhalb eines Ceschctftsjahres an andere migung darf allgemein oder für den Einzelfall nur
Gerichte dessc>llH:n Gerichtszweigs abgeordnet wer- erteilt werden, wenn die richterliche Tätigkeit des
den. Professors nicht über den Umfang einer Neben-
tätigkeit hinausgeht und nicht zu besorgen ist, daß
dienstliche Interessen beeinträchtigt werden.
Fünfter Abschnitt § 42
Besondere Pflichten des Richters Nebentätigkeiten in der Rechtspflege
Ein Richter ist zu einer Nebentätigkeit (Neben-
§ 38
amt, Nebenbeschäftigung) nur in der Rechtspflege
Richtereid und in der Gerichtsverwaltung verpflichtet.
( 1) Der Richter hat folgenden Eid in öffentlicher
Sitzung eines Gerichts zu leisten: § 43
„Ich schwöre, das Richteramt getreu dem Beratungsgeheimnis
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutsch-
Der Richter hat über den Hergang bei der Bera-
land und getreu dem Gesetz auszuüJ:>en, nach
tung und Abstimmung auch nach Beendigung seines
bestem Wissen und Gewissen ohne Ansehen Dienstverhältnisses zu schweigen.
der Person zu urteilen und nur der Wahrheit
und Gerechtigkeit zu dienen, so wahr mir
Gott helfe."
Sechster Abschnitt
(2) Der Eid kann ohne die Worte „so wahr mir
Gott helfe" geleistet werden. Ehrenamtliche Richter
(3) Der Eid kann für Richter im Landesdienst
§ 44
eine Verpflichtung auf die Landesverfassung ent-
halten und statt vor einem Gericht in anderer Weise Bestellung und Abberufung des
öffentlich geleistet werden. ehrenamtlichen Richters
(1) Ehrenamtliche Richter dürfen bei einem Ge-
richt nur auf Grund eines Gesetzes und unter den
§ 39 gesetzlich bestimmten Voraussetzungen tätig wer-
Wahrung der Unabhängigkeit den.
Der Richter hat sich innerhalb und außerhalb (2) Ein ehrenamtlicher Richter kann vor Ablauf
seines Amtes, auch bei politischer Betätigung, so zu seiner Amtszeit nur unter den gesetzlich bestimm-
verhalten, daß das Vertrauen in seine Unabhängig- ten Voraussetzungen und gegen seinen Willen nur
keit nicht gefährdet wird. durch Entscheidung eines Gerichts abberufen wer-
den.
§ 45
§ 40
Unabhängigkeit und besondere Pflichten
Schiedsrichter und Schlichter des ehrenamtlichen Richters
(1) Eine Nebentätigkeit als Schiedsrichter oder (1) Der ehrenamtliche Richter ist in gleichem
Schiedsgutachter darf dem Richter nur genehmigt Maße wie ein Berufsrichter unabhängig. Er hat seine
werden, wenn die Parteien des Schiedsvertrags ihn Pflichten getreu dem Grundgesetz für die Bundes-
gemeinsam beauftragen oder wenn er von einer un- republik Deutschland und getreu dem Gesetz zu er-
beteiligten SteJle benannt ist. Die Genehmigung ist füllen, nach bestem Wissen und Gewissen ohne An-
zu versagen, wenn der Richter zur Zeit der Ent- sehen der Person zu urteilen und nur der Wahrheit
scheidung über die Erteilung der Genehmigung mit und Gerechtigkeit zu dienen.
der Sache befaßt ist oder nach der Geschäftsvertei- (2) Im übrigen bestimmen sich die Rechte und
lung befaßt werden kann. Pflichten der ehrenamtlichen Richter nach den für
(2) Auf eine Nebentätigkeit als Schlichter in die einzelnen Gerichtszweige geltenden Vorschrif-
Streitigkeiten zwischen Vereinigungen oder zwi- ten.
schen diesen und Dritten ist Absatz 1 entsprechend (3) Der ehrenamtliche Richter hat das Beratungs-
anzuwenden. geheimnis zu wahren (§ 43).
Nr. 38 • Tag der Ausgabe: Bonn, den 29. April 1972 721
zweiter Teil wenn sie den Kindern gegenüber unterbalt:spflich-
tig ist.
Richter im Bundesdienst
(2) Ermäßigung des regelmäßigen Dienstes und
Beurlaubung sollen zusammen eine Dauer von
Erster Abschnitt zwölf Jahren, Beurlaubungen allein eine Dauer von
/\llgerncinc Vorschriften sechs Jahren nicht überschreiten. Der Antrag auf
Verlängerung einer Beurlaubung ist spätestens
§ 46 sechs Monate vor Ablauf der genehmigten Beurlau-
bung zu stellen.
Geltung des Bundesbeamtenrechts
(3) Anträge nach Absatz 1 sind nur dann zu ge-
Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt,
nehmigen, wenn die Richterin zugleich der Verwen-
gellen für die Rcchtsverhctltnisse der Richter im
dung auch in einem anderen Richteramt desselben
Bundesdienst bis zu einer besonderen Regelung die
Gerichtszweiges zustimmt.
Vorschriften für Bundesbeamte entsprechend.
(4) Während einer Freistellung vom Dienst nach
§ 47 Absatz 1 dürfen der Richterin nur solche Neben-
tätigkeiten genehmigt werden, die dem Zweck der
Bundespersonalausschuß Freistellung nicht zuwiderlaufen.
in Angelegenheiten der Richter
In Angelegenheiten der Richter im Bundesdienst
wirkt im Bundespersonalausschuß als weiteres
ständiges ordentliches Mitglied der Leiter der Per- Zweiter Abschnitt
sonalabteilung des Bundesministeriums der Justiz
mit, dessen Stellvertreter ein anderer Beq.mter des Richtervertretungen
Bundesministeriums der Justiz ist. Nichtständige
ordentliche Mitglieder sind vier Richter; sie und § 49
ihre Stellvertreter müssen Richter auf Lebenszeit Richterrat und Präsidialrat
im Bundesdienst sein. Der Beamte des Bundes-
ministeriums der Justiz und die Richter werden Bei den Gerichten des Bundes werden als Richter-
vom Bundesminister der Justiz im Einvernehmen vertretungen errichtet
mit den beteiligten Bundesministern vorgeschlagen, 1. Richterräte für die Beteiligung an allgemeinen
davon drei Richter und ihre Stellvertreter auf und sozialen Angelegenheiten,
Grund einer Benennung durch die Spitzenorganisa- 2. Präsidialräte für die Beteiligung an der Ernen-
tionen der Berufsverbände der Richter. nung eines Richters.
§ 48 § 50
Eintritt in den Ruhestand Zusammensetzung des Richterrats
(1) Die Richter auf Lebenszeit an den obersten (1) Der Richterrat besteht bei dem
Gerichtshöfen des Bundes treten mit dem Ende des 1. Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht aus
Monats in den Ruhestand, in dem sie das achtund- je fünf gewählten Richtern,
sechzigste Lebensjahr vollenden, die übrigen Richter 2. Bundesverwaltungsgericht, Bundesfinanzhof, Bun-
mit dem Ende des Monats, in dem sie das fünfund- desarbeitsgericht, Bundessozialgericht und Bun-
sechzigste Lebensjahr vollenden. desdisziplinargericht aus je drei gewählten Rich-
(2) Der Eintritt in den Ruhestand kann nicht tern.
hinausgeschoben werden. (2) Für die Richter der Truppendienstgerichte
(3) Auf seinen Antrag ist ein Richter auf Lebens- wird ein Richterrat aus drei gewählten Richtern
zeit frühestens drei Jahre vor Erreichen der Alters- errichtet. Der Richterrat bestimmt seinen Sitz bei
grenze in den Ruhestand zu versetzen. einem Truppendienstgericht.
(3) Der Präsident des Gerichts und sein ständiger
§ 48 a Vertreter können dem Richterrat nicht angehören.
Teilzeitbeschäftigung und Beurlaubung
von Richterinnen
§ 51
(1) Auf Antrag ist
Wahl des Richterrats
1. einer Richterin, die mit mindestens einem Kind
unter sechzehn Jahren in häuslicher Gemein- (1) Die Mitglieder des Richterrats und eine gleiche
schaft lebt, der Dienst bis auf die Hälfte des Anzahl von Stellvertretern werden auf jeweils vier
regelmäßigen Dienstes zu ermäßigen, Jahre geheim und unmittelbar gewählt.
2. eine Richterin, die mit einem Kind unter sechs (2) Zur Vorbereitung der Wahl beruft der Prä-
Jahren oder mit mindestens zwei Kindern unter sident des Gerichts, bei den Truppendienstgerichten
zehn Jahren in hctuslicher Gemeinschaft lebt, bis der lebensälteste Richter, eine Versammlung der
zu drei Jahren mit der Möglichkeit einer an- Richter ein. Die Versammlung beschließt unter dem
schließenden Verlängerung ohne Dienstbezüge Vorsitz des lebensältesten Richters das Wahlver-
zu beurlauben, fahren.
722 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1972, Teil I
§ 52 § 55
Aufgaben des Richterrats Aufgabe des Präsidialrats
Für die Befugnisse und Pflichten des Richterrats Vor jeder Ernennung oder Wahl eines Richters
gelten die §§ 55 bis 68, 73 des Personalvertretungs- ist der Präsidialrat des Gerichts, bei dem der
gesetzes sinngemäß. Richter verwendet werden soll, zu beteiligen. Das
gleiche gilt, wenn einem Richter ein Richteramt an
einem Gericht eines anderen Gerichtszweigs über-
§ 53
tragen werden soll.
Gemeinsame Aufgaben von Richterrat § 56
und Personalvertretung
Einleitung der Beteiligung
(1) Sind an einer Angelegenheit sowohl der Rich-
terrat als auch die Personalvertretung beteiligt, so (1) Die oberste Dienstbehörde beantragt die Stel-
entsendet der Richterrat für die gemeinsame Be- lungnahme des Präsidialrats. Dem Antrag sind die
schlußfassung Mitglieder in die Personalvertretung. Bewerbungsunterlagen und die Personal- und Befä-
higungsnachweise beizufügen. Personalakten dürfen
(2) Die Zahl der entsandten Mitglieder des Rich- nur mit Zustimmung des Bewerbers oder Richters
terrats muß zur Zahl der Richter im gleichen Ver- vorgelegt werden.
hältnis stehen wie die Zahl der Mitglieder der
Personalvertretung zu der Zahl der Beamten, An- (2) Auf Ersuchen eines Mitglieds eines Richter-
gestellten und Arbeiter. Jedoch entsendet der Rich- wahlausschusses hat die oberste Dienstbehörde die
terrat mindestens die in § 13 Abs. 3 und Abs. 5 Stellungnahme zu beantragen.
Satz 1 des Personalvertretungsgesetzes bestimmte
Zahl von Mitgliedern. § 57
Stellungnahme des Präsidialrats
§ 54 (1) Der Präsidialrat gibt eine schriftlich begrün-
dete Stellungnahme ab über die persönliche und
Bildung des Präsidialrats
fachliche Eignung des Bewerbers oder Richters. Die
(1) Bei jedem obersten Gerichtshof des Bundes Stellungnahme ist zu den Personalakten zu nehmen.
wird ein Präsidialrat errichtet. Der Präsidialrat beim
(2) Der Präsidialrat hat seine Stellungnahme
Bundesverwaltungsgericht ist zugleich für das Bun-
binnen eines Monats abzugeben.
desdisziplinargericht und die Truppendienstgerichte
zuständig. Er besteht bei (3) Ein Richter darf erst ernannt oder gewählt
1. dem Bundesgerichtshof aus dem Präsidenten als werden, wenn die Stellungnahme des Präsidialrats
Vorsitzendem, seinem ständigen Vertreter, zwei vorliegt oder die Frist des Absatzes 2 verstrichen
vom Präsidium aus seiner Mitte gewählten Mit- ist.
gliedern und drei weiteren Mitgliedern, § 58
2. den anderen obersten Gerichtshöfen des Bundes Geschäftsführung, Rechtsstellung der Mitglieder
aus dem Präsidenten als Vorsitzendem, seinem (1) Die Richtervertretungen regeln ihre Beschluß-
ständigen Vertreter, einem vom Präsidium aus fassung und Geschäftsführung in einer Geschäfts-
seiner Mitte gewählten Mitglied und zwei weite- ordnung.
ren Mitgliedern.
(2) Die Kosten der Richtervertretungen fallen
Ist kein ständiger Vertreter ernannt, so wirkt an dem Haushalt der Gerichte zur Last. Die Gerichts-
seiner Stelle der dienstälteste, bei gleichem Dienst- verwaltung stellt Räume und Geschäftsbedarf zur
alter der lebensälteste Senatspräsident mit. Die wei- Verfügung.
teren Mitglieder werden von den Richtern des
Gerichts, bei dem der Präsidialrat errichtet ist, ge- (3) Die Mitgliedschaft in der Richtervertretung ist
heim und unmittelbar gewählt. § 51 Abs. 2 gilt ent- ein Ehrenamt. Für die Rechte und Pflichten der
sprechend. Mitglieder gelten § 42 Abs. 3, § 59 Abs. 1 und § 60
Abs. 1 und 2 des Personalvertretungsgesetzes sinn-
(2) An die Stelle der beiden von den Richtern gemäß.
des Bundesverwaltungsgerichts gewählten Mitglie-
§ 59
der treten in Angelegenheiten der Richter des Bun-
desdisziplinargerichts zwei von den Richtern dieses Abgeordnete Richter
Gerichts, in Angelegenheiten der Richter der Trup- (1) Ein an ein Gericht des Bundes abgeordneter
pendienstgerichte zwei von den Richtern dieser Richter wird zum Richterrat dieses Gerichts wahl-
Gerichte gewählte Mitglieder; Absatz 1 Satz 5 und 6 berechtigt, sobald die Abordnung länger als drei
gilt entsprechend. Monate gedauert hat. Wird ein Richter im Bundes-
(3) Für die Richter des Bundespatentgerichts wird dienst an ein anderes Gericht oder an eine Ver-
ein Präsidialrat errichtet; er besteht aus dem Präsi- waltungsbehörde abgeordnet, so verliert er sein
denten als Vorsitzendem, seinem ständigen Vertre- Wahlrecht zum Richterrat bei dem bisherigen Ge-
ter, zwei vom Präsidium aus seiner Mitte gewählten richt nach Ablauf von drei Monaten.
Mitgliedern und drei weiteren Mitgliedern. Absatz 1 (2) Ein abgeordneter Richter kann dem Präsidial-
Satz 5 und 6 gilt entsprechend. rat für das Gericht des Bundes, an das er abgeordnet
(4) Die Amtszeit des Präsidialrats beträgt vier ist, nicht angehören; er ist für diesen Präsidialrat
Jahre. nicht wahlberechtigt. Ein Richter im Bundesdienst
Nr. 38 -- Tag der Ausgabe: Bonn, den 29. April 1972 723
scheidet mit Beginn der Abordnung aus dem Prä- 4. bei Anfechtung
sidialrat seines bisherigen Gerichts aus; seine a) einer Maßnahme wegen Veränderung der
Wahlberechtigung bleibt jedoch unberührt. Gerichtsorganisation,
§ 60 b) der Abordnung eines Richters gemäß § 37
Abs. 3,
Rechtsweg in Angelegenheiten c) einer Verfügung, durch die ein Richter auf
der Richtervertretungen Probe oder kraft Auftrags entlassen, durch
Für Rechtsstreitigkeiten aus der Bildung oder die seine Ernennung zurückgenommen oder
Tätigkeit der Richterverlretungen steht der Rechts- die Nichtigkeit seiner Ernennung festgestellt
weg zu den Verwaltungsgerichten offen. Das Ver- oder durch die er wegen Dienstunfähigkeit in
waltungsgericht entscheidet bei Rechtsstreitigkeiten den Ruhestand versetzt wird,
aus der gemeinsamen Beteiligung von Richterrat d) der Heranziehung zu einer Nebentätigkeit,
und Personalvertretung (§ 53 Abs. 1) nach den Ver- e) einer Maßnahme der Dienstaufsicht aus den
fahrensvorschriften und in der Besetzung des § 76 Gründen des § 26 Abs. 3,
Abs. 2 und des § 77 des Personalvertretungsgesetzes.
f) einer Verfügung über die Teilzeitbeschäfti-
gung und Beurlaubung von Richterinnen
Dritter Abschnitt (§ 48 a).
Dienstgericht des Bundes (2) Das Dienstgericht des Bundes entscheidet auch
über die Revision gegen Urteile der Dienstgerichte
§ 61 der Länder (§ 79).
Verfassung des Dienstgerichts § 63
(1) Für die Richter im Bundesdienst wird als Disziplinarverfahren
Dienstgericht des Bundes ein besonderer Senat des
Bundesgerichtshofs gebildet. (1) Für das Verfahren in Disziplinarsachen gelten
die Vorschriften der Bundesdisziplinarordnung sinn-
(2) Das Dienstgericht des Bundes verhandelt und gemäß.
entscheidet in der Besetzung mit einem Vorsitzen-
den, zwei ständigen Beisitzern und zwei nichtstän- (2) Uber die Einleitung oder Einstellung des
digen Beisitzern. Der Vorsitzende und die ständigen förmlichen Disziplinarverfahrens, über die vorläu-
Beisitzer müssen dem Bundesgerichtshof, die nicht- fige Dienstenthebung, die Einbehaltung von Dienst-
ständigen Beisitzer als Richter auf Lebenszeit dem bezügen sowie über die Aufhebung dieser Maß-
Gerichtszweig des betroffenen Richters angehören. nahmen entscheidet auf Antrag der obersten
Der Präsident eines Gerichts und sein ständiger Dienstbehörde das Dienstgericht durch Beschluß.
Vertreter können nicht Mitglied des Dienstgerichts Der Beschluß ist der obersten Dienstbehörde und
sein. dem Richter zuzustellen.
(3) Das Präsidium des Bundesgerichtshofs be- (3) Die Aufgaben des Bundesdisziplinaranwalts
stimmt den Vorsitzenden und die Beisitzer sowie nimmt der Generalbundesanwalt wahr. § 30 b Abs. 2
deren Vertreter für fünf Geschäftsjahre. Bei der der Bundesdisziplinarordnung findet keine Anwen-
Hinzuziehung der nichtständigen Beisitzer ist es an dung.
die Reihenfolge in den Vorschlagslisten gebunden,
die von den Präsidien der obersten Gerichtshöfe § 64
des Bundes aufgestellt werden. Disziplinarmaßnahmen
(4) Das Dienstgericht gilt in Disziplinarverfahren (1) Durch Disziplinarverfügung kann nur ein Ver-
(§ 63) als Strafsenat, in Versetzungs- und Prüfungs- weis ausgesprochen werden.
verfahren (§§ 65, 66) als Zivilsenat im Sinne der
(2) Gegen einen Richter bei einem obersten Ge-
§§ 132 und 136 des Gerichtsverfassungsgesetzes.
richtshof des Bundes kann nur Verweis, Geldbuße
§ 62 oder Entfernung aus dem Dienst verhängt werden.
Zuständigkeit des Dienstgerichts
(1) Das Dienstgericht des Bundes entscheidet end- § 65
gültig Versetzungsverfahren
1. in Disziplinarsachen, auch der Richter im Ruhe- (1) Für das Verfahren bei Versetzung im Inter-
stand; esse der Rechtspflege (Versetzungsverfahren) gelten
2. über die Versetzung im Interesse der Rechts- die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung
pflege; sinngemäß.
3. bei Richtern auf Lebenszeit oder auf Zeit über (2) Das Verfahren wird durch einen Antrag der
die obersten Dienstbehörde eingeleitet. Ein Vorver-
a) Nichtigkeit einer Ernennung, fahren findet nicht statt. Der Oberbundesanwalt
b) Rücknahme einer Ernennung, wirkt an dem Verfahren nicht mit.
c) Entlassung, (3) Das Gericht erklärt eine der in § 31 vorge-
d) Versetzung in den Ruhestand wegen Dienst- sehenen Maßnahmen für zulässig oder weist den
unfähigkeit; Antrag zurück.
724 Bt1ndesgesetzblatt, Jahrgang 1972, Teil I
§ (J(j sie mit der besonderen Rechtsstellung dieser Richter
Prüfungsverfahren nach dem Grundgesetz und nach dem Gesetz über
(1 J l 'ii r dc1s V r'rl ilhrcn in den Fcillen des § 62 das Bundesverfassungsgericht vereinbar sind.
Abs. 1 Nr. 3 und 4 (Prüfungsverfahren) gelten die
Vorschriften der Verwc1lt1mqsqerichtsordnung sinn- § 70
gemüß. Der Oberbundesanwc1lt wirkt an dem Ver-
Bundesrichter als Richter
fahren nicht mit.
des Bundesverfassungsgerichts
(2) Ein VorverfiJhren I ind('I nur in den Fällen des
Die Rechte und Pflichten eines Richters an den
§ 62 Abs. l Nr. 4 slall.
obersten Gerichtshöfen des Bundes ruhen, solange
(3) Das Verfdhren wird in den Fi:illen des § 62 er Mitglied des Bundesverfassungsgerichts ist.
Abs. 1 Nr. 3 durch einen An l.rc1g der obersten Dienst-
behörde, in den Füllen d<~r N11mmer 4 durch einen
Antrciq des Richters eingeleilel.
Dritter Teil
§ 67
Urteilsformel im Prüfungsverfahren Richter im Landesdienst
(1) 1n dem Fall des § 62 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a
stellt das Gericht die Nichti9keit fest oder weist § 71
den Antrag zurück. Bindung an Rahmenvorschriften
(2) In den Fi:illen des § 62 Abs. 1 Nr. 3 Buchstaben (1) Die Länder sind verpflichtet, die Rechtsver-
b bis d stellt das Gericht die Zulässigkeit der Maß- hältnisse der Richter gemäß den §§ 72 bis 84 und,
nahme oder die Entlassung fest oder weist den soweit dieses Gesetz nicht anderes bestimmt, auf
Antrag zurück. der Grundlage der §§ 1 bis 120 des Beamtenrechts-
(3) In den Rillen des § 62 Abs. 1 Nr. 4 Buchstaben rahmengesetzes zu regeln. Sie haben dabei die
a bis d hebt das Gericht die angefochtene Maßnahme gemeinsamen Interessen von Bund und Ländern zu
auf oder weist den Antrdg zurück. berücksichtigen.
(4) ln dem Füll des § 62 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe e (2) Soweit die unabhängige Stelle (§§ 61, 62 des
stellt das Gericht die Unzulcissigkeit der Maßnahme Beamtenrechtsrahmengesetzes) für Angelegenheiten
fest oder weist den Anlrag zurück. der Richter zuständig ist, muß mindestens die Hälfte
ihrer Mitglieder Richter sein.
§ 68 (3) Für die Richter im Landesdienst gelten die
Aussetzung von Verfahren §§ 123 bis 132 des Beamtenrechtsrahmengesetzes
(1 J lsl eine Maßnahme der Dienstaufsicht aus den entsprechend, soweit dieses Gesetz nicht anderes
Gründen des § 26 Abs. 3 angefochten und hängt bestimmt.
die Entscheidung hierüber von dem Bestehen oder
§ 72
Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses ab, das
den Gegenstand eines anderen Verfahrens bildet Bildung des Richterrats
oder bilden kann, so hat das Dienstgericht die In den Ländern sind Richterräte zu bilden. Ihre
Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Ver-
Mitglieder werden durch die Richter unmittelbar
fahrens auszusetzen. Der Aussetzungsbeschluß ist und geheim aus ihrer Mitte gewählt.
zu begründen.
(2) Ist das Verfahren bei dem anderen Gericht
§ 73
noch nicht anhängig, so setzt das Dienstgericht in
dem Aussetzungsbeschluß eine angemessene Frist Aufgaben des Richterrats
zur Einleitung des Verfahrens. Nach fruchtlosem Der Richterrat hat mindestens folgende Aufgaben:
Ablauf der Frist weist es den Antrag ohne weitere
1. Beteiligung an allgemeinen und sozialen Ange-
Sachprüfung zurück.
legenheiten der Richter,
(3) Hängt die Entscheidung eines anderen Ge- 2. gemeinsame Beteiligung mit der Personalvertre-
richts als eines Dienstgerichts davon ab, ob eine tung an allgemeinen und sozialen Angelegenhei-
Maßnahme der Dienstaufsicht aus den Gründen des ten, die sowohl Richter als auch Bedienstete des
§ 26 Abs. 3 unzulässig ist, so hat das Gericht die Gerichts betreffen.
Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor
dem Dienstgericht auszusetzen. Der Aussetzungs- § 74
beschluß ist zu begründen. Absatz 2 gilt sinngemäß.
Bildung des Präsidialrats
(1) Für jeden Gerichtszweig ist ein Präsidialrat
Vierter Abschnitt zu bilden. Für mehrere Gerichtszweige kann durch
Richter des Bundesverfassungsgerichts Gesetz die Bildung eines gemeinsamen Präsidialrats
vorgeschrieben werden.
§ 69
(2) Der Präsidialrat besteht aus dem Präsidenten
Beschränkte Geltung dieses Gesetzes eines Gerichts als Vorsitzendem und aus Richtern,
Für die Richter des Bundesverfassungsgerichts von denen mindestens die Hälfte durch die Richter
gelten die Vorschriften dieses Gesetzes nur, soweit zu wählen sind.
Nr. :rn - Tag der Ausgabe: Bonn, den 29. April 1972 725
§ 75 c) einer Verfügung, durch die ein Richter auf
Aufgaben des Präsidialrats Probe oder kraft Auftrags entlassen, durch
die seine Ernennung zurückgenommen oder
(1) Der Präsidialrat isl an der Ernennung eines die Nichtigkeit seiner Ernennung festgestellt
Richters für ein Amt mit höherem Endgrundgehalt oder durch die er wegen Dienstunfähigkeit
als dem eines Eingangsamls zu bei.eiligen. Er gibt in den Ruhestand versetzt wird,
eine schriftlich begründete Stellungnahme ab über
d) der Heranziehung zu einer Nebentätigkeit,
die persünliche und fachliche Eignung des Richters.
e) einer Maßnahme der Dienstaufsicht aus den
(2) Dem Prbsidialral können weitere Aufgaben Gründen des § 26 Abs. 3,
übertrngen werden.
f) einer Verfügung über die Teilzeitbeschäfti-
§ 76 gung und Beurlaubung von Richterinnen
(§ 48 a in Verbindung mit§ 76 a).
Altersgrenze
(1) Die Allersgrenze der Richter ist durch Gesetz
zu bestimmen.
§ 79
(2) Der Eintritt in den Rutwstand kann nicht hin- Rechtszug
ausgeschoben werden.
(1) Das Verfahren vor den Dienstgerichten be-
§ 76 a steht aus mindestens zwei Rechtszügen.
Sondervorschriften für Richterinnen (2) In den Fällen des § 78 Nr. 2, 3 und 4 steht
Teilzeitbeschäftigung und Beurlaubung von Rich- den Beteiligten die Revision an das Dienstgericht
terinnen sind entsprechend § 48 a zu regeln. des Bundes nach Maßgabe des § 80 zu.
(3) Die Landesgesetzgebung kann in den Fällen
§ 77 des § 78 Nr. 1 die Revision an das Dienstgericht
des Bundes vorsehen.
Errichtung von Dienstgerichten
( 1) ln den Ländern sind Dienstgerichte zu bilden. § 80
(2) Die Dienstgerichte entscheiden in der Beset- Revision im Versetzungsverfahren
zung mit einem Vorsitzenden und je zur Hälfte mit und im Prüfungsverfahren
ständigen und nichtständigen Beisitzern. Alle Mit- (1) Für die Revision im Versetzungsverfahren
glieder müssen auf Lebenszeit ernannte Richter sein. und im Prüfungsverfahren gelten die Vorschriften
Die nichtständigen Mitglieder sollen dem Gerichts- der Verwaltungsgerichtsordnung sinngemäß. Der
zweig des betroffenen Rich Lers angehören. Oberbundesanwalt wirkt an dem Verfahren nicht
(3) Die Mitglieder d<:~r Dienstgerichte werden von mit.
dem Präsidium des Gerichts bestimmt, bei dem das (2) Die Revision ist stets zuzulassen.
Dienstgericht errichtet ist. Die Landesgesetzgebung
kann das Präsidium an Vorschlagslisten, die von (3) Die Revision kann nur darauf gestützt wer-
den Präsidien anderer Gerichte aufgestellt werden, den, daß das Urteil auf der Nichtanwendung oder
binden. Der Präsid0nt eines Gerichts oder sein unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm beruht.
ständiger Vertreter kann nicht Mitglied eines
Dienstgerichts sein.
§ 81
§ 78
Zulässigkeit der Revision
Zuständigkeit des Dienstgerichts im Disziplinarverfahren
Das Dienstgericht entscheidet (1) Soweit die Landesgesetzgebung im Diszipli-
1. in Disziplinarsachen, auch der Richter im Ruhe- narverfahren die Revision an das Dienstgericht des
stand; Bundes vorgesehen hat (§ 79 Abs. 3), kann die Re-
vision vorbehaltlich des Absatzes 3 nur eingelegt
2. über die Versetzung im Interesse der Rechts- werden, wenn sie von dem Dienstgericht des Lan-
pflege; des zugelassen worden ist. Sie ist nur zuzulassen,
3. bei Richtern auf Lebenszeit oder auf Zeit über wenn
die 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat
a) Nichtigkeit einer Ernennung, oder
b) Rücknahme einer Ernennung, 2. das Urteil von einer Entscheidung des Dienst-
c) Entlassung, gerichts des Bundes abweicht und auf dieser Ab-
weichung beruht.
d) Versetzung in den Ruhestand wegen Dienst-
unfähigkeit; (2) Die Nichtzulassung der Revision kann selb-
ständig durch Beschwerde innerhalb zweier Wochen
4. bei Anfechtung
nach Zustellung des Urteils angefochten werden.
a) einer Maßnahme wegen Veränderung der Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen,
Gerichtsorganisation, dessen Entscheidung angefochten werden soll. In
b) der Abordnung eines Richters gemäß § 37 der Beschwerdeschrift muß die grundsätzliche Be-
Abs. 3, deutung der Rechtssache dargelegt oder die Ent-
726 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1972, Teil I
scheidung des Dienstgerichts des Bundes, von Vierter Teil
dem das angefochten<:~ Urteil abweicht, bezeichnet
werden. Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Dbergangs- und Schlußvorschriften
Rechtskraft de:~s Urlcils. \Vird der Beschwerde nicht
abgeholfen, so entscheidet das Dienstgericht des Erster Abschnitt
Bundes durch Bcsc:hl uß. l)(~r Beschluß bedarf keiner
Begründung, wenn die Beschwerde einstimmig ver- Änderung von Bundesrecht
worfen oder zurückgewiesen wird. Mit Ablehnung
der Beschwerde durch das Dienstgericht des Bundes §§ 85 bis 103
wird das Urteil rechtskrüfliq. Wüd der Beschwerde
stattgegeben, so bc~Jinnt mit Zustellung des Be- (Änderungs- und Aufhebungsvorschriften)
schwerdebescheides die Revisionsfrist.
(3) Einer Zlllilssun!J twdarf es nicht, wenn als § 104
wesentlich<' Münqcl des Vc~rlc1hrens gerügt werden, Verweisung auf aufgehobene Vorschriften
daß
Soweit in anderen Gesetzen und Verordnungen
1. das erkenrwnde CPricht nicht vorschriftsmäßig
auf Vorschriften oder Bezeichnungen verwiesen
besetzt war,
wird, die durch dieses Gesetz aufgehoben werden,
2. bei der En!sdwidung ein Richter mitgewirkt hat, treten an ihre Stelle die entsprechenden Vorschrif-
der von d(\r Ausübung des Richteramts kraft Ge- ten oder die Bezeichnungen dieses Gesetzes.
setzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befan~wnh(!it mit Erfol~J abgelehnt war, oder
3. die Entsdwidung nicht mit Gründen versehen ist.
Zweiter Abschnitt
§ 82 Uberleitung von Rechtsverhältnissen
Revisionsverfahren im Disziplinarverfahren
§ 105
(1) Die Revision ist bei dem Gericht, dessen
Urteil angefochten wird, innerhalb zweier Wochen Uberleitungsvorschriften
nach Zustellung des Urteils oder nach Zustellung für Richter auf Lebenszeit und auf Zeit
des Beschlusses über die Zulassung der Revision (1) Wer vor Inkrafttreten dieses Gesetzes in ein
schriftlich oder durch schriftlicl1 aufzunehmende öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis auf Lebens-
Erklärung vor der Geschäftsstelle einzulegen und zeit oder auf Zeit berufen ist und ein Richteramt
spätestens innerhalb zweier weiterer Wochen zu als Hauptamt innehat, erhält die Rechtsstellung
begründen. In der Begründung ist anzugeben, in- eines Richters auf Lebenszeit oder auf Zeit im Sinne
wieweit das Urteil angefochten wird, welche Än- dieses Gesetzes.
derungen des Urteils beantragt und wie diese An-
träge begründet werden. § 80 Abs. 3 gilt entspre- (2) Wer bei Inkrafttreten dieses Gesetzes die Be-
chend. fähigung zum Richteramt nicht besitzt, kann bei
einem Gericht nur entsprechend den bis zum Inkraft-
(2) Das Dienstgericht des Bundes ist an die in treten dieses Gesetzes geltenden Vorschriften wei-
dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen terverwendet werden.
Feststellungen gebunden, es sei denn, daß zulässige
(3) Wer nach dem 8. Mai 1945 aus Anlaß der
und begründete Revisionsgründe gegen diese Fest-
stellungen vorgebracht sind. Ubertragung eines Richteramts einen Eid geleistet
hat, ist von der Pflicht zur Leistung des Richter-
(3) § 67 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2, § 73 Abs. 1 Nr. 1, eides (§ 38) befreit.
Abs. 2 und 3 und § 75 der Bundesdisziplinarordnung
gelten sinngemäß. Das Urteil kann nur auf Zurück- § 106
weisung der Revision oder auf Aufhebung des an-
Uberleitungsvorschriften
gefochtenen Urteils lauten.
für Richter auf Probe, Richter kraft Auftrags
und abgeordnete Richter
(1) Wer bei Inkrafttreten dieses Gesetzes in
§ 83
einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis auf
Verfahrensvorschriften Probe die Aufgaben eines Richters wahrnimmt, er-
Disziplinarverfahren, Versetzungsverfahren und hält die Rechtsstellung eines Richters auf Probe.
Prüfungsverfahren sind entsprechend § 63 Abs. 2, Die Fristen in § 12 Abs. 2 und § 22 Abs. 1 und 2
§ 64 Abs. 1, § § 65 bis 68 zu regeln. rechnen von der Einstellung ab.
(2) Ist ein Beamter auf Lebenszeit oder auf Zeit
bei Inkrafttreten dieses Gesetzes mit der Wahrneh-
§ 84 mung eines Richteramts beauftragt, so darf er dieses
Amt bis zum Ablauf eines Jahres nach Inkrafttreten
Veriassungsrichter dieses Gesetzes führen. Danach kann er bei einem
Das Landesrecht bestimmt, wieweit dieses Gesetz Gericht nur noch in einem Richterverhältnis nach
für die Mitglieder des Verfassungsgerichts eines den Vorschriften dieses Gesetzes verwendet wer-
Landes gilt. den.
Nr. 38 -- Tag der Ausgabe: Bonn, den 29. April 1972 727
§ 107 1957 (Bundesgesetzbl. I S. 1215), zuletzt geändert
Dienstverhältnisse auf Widerruf durch Gesetz vom 10. Mai 1971 (Bundesgesetzbl. I
S. 445), wird durch dieses Gesetz nicht berührt.
Bis zum Ablauf von zwei Jahren nach Inkraft-
treten dieses Gesetzes können richterliche Aufgaben
in den Ländern auch in einem öffentlich-rechtlichen § 112 a 7 )
Dienstverhältnis auf Widerruf wahrgenommen wer- (aufgehoben)
den.
§ 108 § 113
Richterliche Vortätigkeit Dbergangsvorschriften
Wer bei lnkrnfUrc:ten dieses Gesetzes die Befähi- für Ausbildungen und Prüfungen
gung zum Richkrnmt besitzt, kann bis zum Ablauf (1) Die Landesregierungen bestimmen durch
von drei Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes Rechtsverordnung, wieweit Studium und Vorberei-
Tätigkeiten nach § 10 Abs. 2 unbeschränkt angerech- tungsdienst, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes
net erhalten. nach den bisher geltenden Vorschriften abgeleistet
§ 109 worden sind, anerkannt werden. Das gleiche gilt für
die Anerkennung erster Prüfungen.
Befähigung zum Richteramt
(2) Die für den Vorbereitungsdienst der Kriegs-
Wer bei Inkrafttreten dieses Gesetzes die Befähi- heimkehrer bestehenden Rechtsvorschriften bleiben
gung zum Richteramt nach den bisher geltenden unberührt.
Vorschriften besitzt, ist auch nach Inkrafttreten die-
ses Gesetzes zum Richteramt befähigt. § 114
Ermächtigung
§ 110 zum Erlaß von Rechtsverordnungen
Befähigung zum höheren Verwal~ungsdienst Der Bundesminister der Justiz wird ermächtigt,
Wer bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes nach durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bun-
mindestens dreijährigem Studium der Rechtswissen- desrates das allgemeine Dienstalter abweichend von
schaft an einer Universität und dreijähriger Aus- § 20 zu regeln, um Nachteile auszugleichen, die
bildung im öffentlichen Dienst durch Ablegen der 1. aus den Wiedergutmachungsgesetzen berechtigte
gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen die Befähi- Richter durch Verfolgungsmaßnahmen,
gung zum höheren Verwaltungsdienst erworben hat, 2. unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallende
kann auch nach Inkrafttreten dieses Gesetzes zum Richter durch das Ausscheiden aus dem Amt und
Richter in der Verfassungsgerichtsbarkeit, Verwal-
3. Richter, deren Anstellung infolge des Krieges
tungsgerichtsbarkeit, Sozialgerichtsbarkeit und Dis-
verzögert worden ist, durch die verspätete An-
ziplinargerichtsbarkeit ernannt werden. § 19 Abs. 1
Nr. 1 gilt entsprechend. stellung
erlitten haben.
§ 111
§ 115
Vorsitzende der Arbeitsgerichte Dberleitungsvorschriften
und Sozialgerichte für Richter des ehemaligen Deutschen Obergerichts
(1) Zum Vorsitzenden eines Arbeitsgerichts oder für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet
eines Sozialgerichts kann bis zum Ablauf von zwei Die Richter des ehemaligen Deutschen Ober-
Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes auch er- gerichts für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet treten
nannt werden, wer die Voraussetzungen des § 18 mit dem Ablauf des Monats in den Ruhestand, in
Abs. 3 des Arbeitsgerichtsgesetzes oder des § 9 dem sie das fünfundsechzigste Lebensjahr vollenden.
Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes in der bis zum Die Versorgung der Richter des ehemaligen Deut-
Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung schen Obergerichts und die Versorgung ihrer Hin-
erfüllt; § 19 Abs. 1 Nr. 1 gilt entsprechend. Der Vor- terbliebenen richten sich nach dem Bundesbeamten-
sitzende eines Arbeitsgerichts kann bis zu diesem
gesetz.
Zeitpunkt auch zum Richter auf Zeit ernannt wer-
den. Auf Richter auf Zeit sind § 18 Abs. 4 und § 19 § 116
des Arbeitsgerichtsgesetzes in der bis zum Inkraft-
treten dieses Gesetzes geltenden Fassung anzuwen- Eintritt in den Ruhestand in Sonderfällen
den. (1) Ein Richter oder Staatsanwalt, der in der Zeit
(2) Das gleiche gilt für die Ernennung zum Vor- vom 1. September 1939 bis zum 9. Mai 1945 als Rich-
sitzenden auf Grund eines Landesgesetzes gemäß ter oder Staatsanwalt in der Strafrechtspflege mit-
§ 207 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes. gewirkt hat, kann auf seinen Antrag in den Ruhe-
stand versetzt werden.
§ 112 (2) Der Antrag kann nur bis zum 30. Juni 1962
Anerkennung nichtdeutscher Prüfungen gestellt werden.
§ 92 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes in
7) aufgehoben mit Wirkung vom 16. Juni 1972 durch Gesetz vom
der Fassung der Bekanntmachung vom 14. August 10. September 1971 (Bundesgesetzbl. I S. 1557)
728 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1972, Teil I
§ 117 (2) Dem richterlichen Dienst im Sinne des § 10
Uberleilung von Gericht:sverfahren Abs. 1 steht eine staatsanwaltschaftliche Tätigkeit
gleich.
Ein Verfi:1hren, dus einen Richter oder Staats-
(3) Auf die Staatsanwälte ist § 41 entsprechend
anwalt. im Bundesgebiet betrifft und bei Inkraft-
anzuwenden.
treten dieses Gesetzes bei einem Gericht anhängig
ist, dus nach diesem Gesetz nicht mehr zuständig (4) In förmlichen Disziplinarverfahren gegen
ist, geht in der Lage, in der es sich bei Inkrafttreten Staatsanwälte entscheiden die Dienstgerichte für
dieses Gesetzes befindet, auf das nunmehr zustän- Richter. Die nichtständigen Beisitzer müssen auf
dige Gericht über Lebenszeit berufene Staatsanwälte sein. Der Bun-
desminister der Justiz bestellt die nichtständigen
§ 118
Beisitzer beim Dienstgericht des Bundes. Die Be-
Ubergangsvorschriiten stellung der nichtständigen Beisitzer bei den Dienst-
für die Zuständigkeit: der Disziplinargerichte gerichten der Länder regelt die Landesgesetz-
(1) Bis zur Errichtung der Dienstgerichte in den gebung.
Ländern entscheiden in den FJ.llen des § 78 die für (5) Die Absätze 1 bis 4 und § 110 Satz 1 gelten
Disziplinarverfahren gegen Richter im Landesdienst entsprechend für den Oberbundesanwalt und die
zuständigen Gerichte. Bundesanwälte beim Bundesverwaltungsgericht, den
(2) Auf das Verfahren vor den Dienstgerichten Bundesdisziplinaranwalt, den Bundeswehrdiszipli-
der Länder in Versetzungs- und Prüfungssachen naranwalt, die Staatsanwälte und die Landesanwälte
(§ 78 Nr. 2, 3 und 4) sind bis zum Erlaß landesrecht- bei den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit
licher Vorschriften die Verwaltungsgerichtsordnung der Länder; der Bundesminister der Justiz bestellt
und § 65 Abs. 2 Satz 1 und 2 und Abs. 3, § 66 Abs. 2 die nichtständigen Beisitzer beim Dienstgericht des
und 3, §§ 67 und G8 anzuwenden. Ein Vertreter des Bundes im Einvernehmen mit dem zuständigen
öffentlichen Tnteresses wirkt an dem Verfahren Bundesminister.
nicht mit.
§ 123
Besetzung der Berufsgerichte für Rechtsanwälte
Dritter Abschnitt
§ 94 Abs. 1 und § 101 Abs. 3 der Bundesrechts-
Schlußvorschriften anwaltsordnung vom 1. August 1959 (Bundesgesetz-
blatt I S. 565) werden durch dieses Gesetz nicht be-
§ 119 rührt.
Mitglieder von Gemeindegerichten § 124
Auf Gemeinderichter (§ 14 Nr. 2 des Gerichtsver- Sonderregelung für Berlin
fassungsgesetzes) ist dieses Gesetz nicht anzuwen-
den. § 50 Abs. 2, §§ 69, 70, 92, 97 und 99 finden im Land
Berlin keine Anwendung. Das gleiche gilt für § 51
§ 120 Abs. 2, § 54 Abs. 1 und 2 und § 122 Abs. 5, soweit sie
Technische Mitglieder des Bundespatentgerichts sich auf Truppendienstgerichte, Richter der Truppen-
dienstgerichte, Richter eines Wehrdienstsenats oder
Zum Richteramt bei dem Bundespatentgericht ist
den Bundeswehrdisziplinaranwalt beziehen.
auch befähigt, wer die Voraussetzungen des § 36 b
Abs. 2 des Patentgesetzes in der Fassung des Ge-
setzes vom 23. März 1961 (Bundesgesetzbl. I S. 274, § 125
316) erfüllt.§ 19 Abs. l Nr. 1 gilt entsprechend.
Berlin-Klausel
§ 121 Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1
des Dritten Uberleitungsgesetzes vom 4. Januar
Richter im Bundesdienst 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin.
als Mit:glieder einer Volksvertretung Rechtsverordnungen, die auf Grund dieses Gesetzes
Für die Rechtsstellung der in die gesetzgebende erlassen werden, gelten im Land Berlin nach § 14
Körperschaft eines Landes gewählten Richter im des Dritten Uberleitungsgesetzes.
Bundesdienst gilt das Gesetz über die Rechtsstel-
lung der in den Deutschen Bundestag gewähl-
§ 126 8)
ten Angehörigen des öffentlichen Dienstes vom
4. August 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 777) entspre- Inkrafttreten
chend. Dieses Gesetz tritt am 1. Juli 1962 in Kraft. Die
§ 122 §§ 114 und 116 treten jedoch bereits am Tage nach
der Verkündung in Kraft.
Staatsanwälte
(1) Zum Staatsanwalt kann nur ernannt werden, 8) Die Vorschrift betrifft das Inkrafttreten des Gesetzes in der ur-
wer die Befähigung zum Richteramt (§§ 5 bis 7) be- sprünglichen Fassung vom 8. September 1961. Der Zeitpunkt des
Inkrafttretens der späteren Änderungen ergibt sich aus den in der
sitzt. vorangestellten Bekanntmachung näher bezeichneten Vorschriften.
Nr. :rn Tag der Ausgabe: Bonn, den 29. April 1972 729
Vierte Verordnung
über die Durchführung einer Sondererhebung zur Lohnstatistik
Vom 24. April 1972
Auf Grund des § 1 Abs. l Nr. 3 und des § 8 des Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen im Fern-·
Gesetzes über die Lohnstatistik vom 18. Mai 1956 verkehr, Binnenschiffahrt;
(Bundesgesetzbl. I S. 429), geändert durch das Gesetz Kredit- und sonstige Finanzierungsinstitute;
zur Anderung des Gesetzes über die Lohnstatistik Versicherungsgewerbe.
vom 4. August 1971 (Bundesgesetzbl. I S. 1217), ver-
ordnet die Bundesregierung mit Zustimmung des § 2
Bundesrates: Berichtszeiten
§ 1
Berichtszeiten sind der Monat Oktober 1972 und
für die Jahresverdienste das Kalenderjahr 1972.
Erfaßte Wirtschaftsbereiche
Im Geltungsbereich des Gesetzes über die Lohn- § 3
statistik wird eine repräsentative Sondererhebung Berlin-Klausel
über Arbeitsverdienste und Arbeitszeiten gemäß § 7 Diese Verordnung gilt nach § 14 des Dritten
des Gesetzes über die Lohnstatistik in folgenden Uberleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundes-
Wirtschafts berci chen durchgeführt: gesetzbl. I S. 1) in Verbindung mit § 9 des Gesetzes
Energiewirtschc1fl. und Wasserversorgung, Berg- über die Lohnstatistik auch im Land Berlin.
bau;
§ 4
Verarbeitendes Gewerbe;
Inkrafttreten
Baugewerbe;
Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Ver-
Großhandel und Einzelhandel; kündung in Kraft.
Bonn, den 24. April 1972
Der Bundeskanzler
Brandt
Der Bundesminister
für Arbeit und Sozialordnung
Walter Arendt
730 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1972, Teil I
Verordnung
zur Durchführung einer Zusatzstatistik auf dem Gebiet der Sozialhilfe
über laufende Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt
Vom 24. April 1972
Auf Grund des § 1 Abs. 2 Buchstabe a in Verbin- 4. die Hauptursache, die zur Gewährung der Hilfe
dung mit § 5 Abs. 2 des Gesetzes über die Durch- geführt hat,
führung von Statistiken auf dem Gebiet der Sozial- 5. die bisherige Dauer der Hilfegewährung,
hilfe, der Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe
vom 15. Januar 1963 (Bundcsgesetzbl. I S. 49) ver- 6. die bei der Entscheidung über die Hilfegewäh-
ordnet die Bundesregierung mit Zustimmung des rung berücksichtigten Kosten der Unterkunft,
Bundesrates: Höhe des Taschengeldes, Zahl der Mehrbedarfs-
zuschläge.
§ 1
Auf dem Gebiet der Sozialhilfe wird eine Zusatz-
§ 3
statistik über laufende Leistungen der Hilfe zum
Lebensunterhalt, die im Monat Juni 1972 in und (1) Die Zusatzstatistik wird repräsentativ mit
außerhalb von Anstalten, Heimen oder gleichartigen einem Auswahlsatz von 28 vom Hundert der Emp-
Einrichtungen nach den Bestimmungen des Ab- fänger von Leistungen im Sinne des § 1 durchge-
schnitts 2 des Bundessozialhilfegesetzes gewährt führt.
werden, als Bundesstatistik durchgeführt. (2) Auskunftspflichtig für die Angaben sind die
Träger der Sozialhilfe.
§ 2
§ 4
Die Zusatzstatistik erfaßt
Diese Verordnung gilt nach § 14 des Dritten Uber-
1. Name, Alter, Geschlecht, Stellung im Haushalt
leitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetz-
des Hilfeempfängers und, falls dieser Haushalts-
blatt I S. 1) in Verbindung mit § 6 des Gesetzes
vorstand oder Alleinstehender ist, seine soziale
Stellung, über die Durchführung von Statistiken auf dem Ge-
biet der Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und der
2. die Höhe des bei der Hilfegewährung berück- Jugendhilfe auch im Land Berlin.
sichtigten Einkommens, gegliedert nach Ein-
kunftsarten,
§ 5
3. die Höhe der im Berichtsmonat gewährten Lei-
stung, Diese Verordnung tritt am 1. Juni 1972 in Kraft.
Bonn, den 24. April 1972
Der Bundeskanzler
Brandt
Der Bundesminister
für Jugend, Familie und GesundLeit
Käte Strobel
Nr. 38 -- Tag der Ausgabe: Bonn, den 29. April 1972 731
Fünfte Verordnung
zur Durchführung des Gesetzes zur .Änderung iuttermittelrechtlicher Vorschriften
Vom 25. April 1972
Auf Grund des Artikels 2 des Gesetzes zur Än- sprechen, dürfen darüber hinaus noch bis zum
derung futlermittelrech1.licher Vorschriften vom 31. Januar 197-3 hergestellt und bis zum 30. April
3. September 1%8 (Bundesqesetzbl. I S. 990) wird im 197-3 angeboten, zum Verkauf vorrätig gehalten,
Benehmen mit dem Bundesminister für Jugend, Fa- feilgehalten, abgegeben oder sonst in den Verkehr
milie und Gesundheit mit Zustimmung des Bundes- gebracht werden."
rates verordnet:
Artikel 2
Artikel 1
Diese Verordnung gilt nach § 14 des Dritten
De:rn ;\ rtikel !J ;\ bs. 2 der Vierten Verordnung Uberleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundes-
zur Durch I i"1 h nm~J des Ces<!tzes zur Ji.nderung futter- gesetzbl. I S. 1) in Verbindung mit Artikel 6 des
rniUel rechtlicher Vorschriften vom l 7-. August 197-1 Cesetzes zur Änderung futtermittelrechtlicher Vor-
(Bundesgesctzbl. 1 S. 1355) wird folgender Satz 2 an- schriften auch im Land Berlin.
gefüqt:
„MischiuttcrmilJel und Mischungen, die lediglich
Artikel 3
den i\n forderunw~n der durch Artikel 1 Nr. 6 ein-
gefüut.en Numnwr n der Allgemeinen Vorschriften Diese Verordnung tritt am Tage nach der Ver-
der Normentdfcl für Mischfuttermittel nicht ent- kündung in Kraft.
Bonn, den 25. April 197-2
Der Bundesminister
für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
J. Ertl
732 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1972, Teil I
Verordnung
über den Verkehr mit Essig und Essigsäure
Vom 25. April 1972
Auf Grund des § 5 Nr. 1, 4 und 5 des Lebensmit- hang I der Verordnung über gefährliche Arbeits-
telgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom stoffe vom 17. September 1971 (Bundesgesetzbl. I
17. Januar 1936 (Reichsgesetzbl. I S. 17), zuletzt ge- S. 1609) angebracht sein. Den Behältnissen ist eine
ändert durch das Gesetz zur Anderung des Le- Gebrauchsanweisung für die Verwendung als Le-
bensmittelgesetzes vom 8. September 1969 (Bundes- bensmittel beizugeben.
gesetzbl. I S. 1590), in Verbindung mit Artikel 129
des Grundgesetzes wird mit: Zustimmung des Bun- § 4
desrates verordnet: (1) Essig und Essigsäure dürfen gewerbsmäßig
§ 1 nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie wie
folgt gekennzeichnet sind:
(1) Essig im Sinne dieser Verordnung ist das Er-
zeugnis, das in 100 Gramm mindestens 5 Gramm und l. Gärungsessig als „Essig" in Verbindung mit der
höchstens 15,5 Gramm wasserfreie Essigsäure ent- Angabe der Ausgangs- und Rohstoffe;
hält und hergestellt ist 2. Essig aus Essigsäure als „Essig aus Essigsäure"
1. durch Essiggärung aus weingeisthaltigen Flüssig- oder „Essig aus Essigessenz";
keiten, auch unter Verdünnen mit Wasser (Gä- 3. mit Essigsäure oder Essig aus Essigsäure ver-
rungsessig), mischter Gärungsessig als „Essig" mit dem Hin-
2. durch Verdünnen von Essigsäure mit Wasser (Es- weis „hergestellt unter Zusatz von Essigsäure"
sig aus Essigsäure) oder oder „hergestellt unter Zusatz von Essigessenz";
3. durch Vermischen von Gärungsessig mit Essig- 4. Essigsäure als „Essigsäure" oder „Essigessenz".
säure oder Essig aus Essigsäure. (2) Der Gehalt an wasserfreier Essigsäure ist bei
(2) Essigsäure (Essigessenz) im Sinne dieser Ver- Essig und Essigsäure in Hundertteilen des Gewichts
ordnung ist gereinigte, w<1sse>rhaltige Essigsäure, anzugeben.
die in 100 Gramm mehr als 15,5 Gramm wasserfreie (3) Zur Kennzeichnung nach den Absätzen 1 und
Essigsäure enthält und zur Verwendung als Lebens- 2 verpflichtet ist der Hersteller, der Einführer oder
mittel bestimmt ist. derjenige, der Essig oder Essigsäure unter seinem
§ 2
Namen oder seiner Firma in den Verkehr bringt.
(1) Essig, der in 100 Gramm mehr als 11 Gramm (4) Die Ken11zeichnung ist in deutscher Sprache
wasserfreie Essigsäure enthält, und Essigsäure dür- und in deutlich sichtbarer, leicht lesbarer Schrift auf
fen gewerbsmäßig nur in verschlossenen Behältnis- oder an den Behältnissen vorzunehmen.
sen in den Verkehr gebracht werden, die den zu
erwartenden Beanspruchungen sicher widerstehen § 5
und aus Werkstoffen hergestellt sind, die von Essig- (1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig
säure nicht angegriffen werden und mit ihr nicht
in gefährlicher Weise reagieren. Die Behältnisse 1. entgegen § 2 Essig oder Essigsäure in nicht vor-
müssen in deutscher Sprache und in deutlich sicht- schriftsmäßigen Behältnissen oder in Behältnis-
barer, leicht lesbarer Schrift mit dem Hinweis „Vor- sen ohne den vorgeschriebenen Warnhinweis in
sicht! Nicht unverdünnt genießen!" versehen sein. den Verkehr bringt,
(2) Inverkehrbringen im Sinne dieser Verordnung 2. entgegen § 3 Satz 1 Essigsäure an Letztverbrau-
ist das Anbieten, das Vorrätighalten zum Verkauf, cher abgibt,
das Feilhalten, das Verkaufen und jedes sonstige 3. entgegen § 3 Satz 2 Essigsäure in Behältnissen
Uberlassen an andere. Dem gewerbsmäßigen Inver- ohne die vorgeschriebenen Warnhinweise abgibt,
kehrbringen steht es gleich, wenn die Erzeugnisse oder
für Mitglieder von Genossenschaften oder ähnlichen 4. entgegen § 3 Satz 3 Behältnissen mit Essigsäure
Einrichtungen oder in Einrichtungen zur Gemein- keine Gebrauchsanweisung beigibt,
schaftsverpflegung abgegeben werden.
wird nach § 11 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 bis 4 des Le-
bensmittelgesetzes bestraft.
§ 3
Essigsäure, die in 100 Gramm mehr als 25 Gramm (2) Wer vorsätzlich oder fahrlässig gegen eine
wasserfreie Essigsäure enthält, darf nur an Händler Kennzeichnungsvorschrift des § 4 verstößt, wird
und an Verbraucher, die nicht Letztverbraucher nach § 12 des Lebensmittelgesetzes bestraft.
sind, abgegeben werden. Auf den Behältnissen
müssen anstelle des Warnhinweises nach § 2 Satz 2 § 6
das Gefahrensymbol, die Gefahrenbezeichnung und Die Vorschriften der Lebensmittel-Kennzeich-
der Hinweis auf die besonderen Gefahren nach An- nungsverordnung vom 8. Mai 1935 (Reichsgesetz-
Nr. :rn Ta~J der Ausgabe: Bonn, den 29. April 1972 733
blatl I S. 590), zuletzt ~Jcündert durch die Ver- über den Verkehr mit Essigsäure vom 24. Januar
ordnung zur Andcnmg der Lcbensmittel-Kennzeich- 1940 (Reichsgesetzbl. I S. 235) außer Kraft.
nungsverordnnng vom 25. Februar 1970 (Bundes-
gcsetzbl. 1 S. 225), bh·iben unberührt.. (2) Essig darf mit der bisher handelsüblichen
Kennzeichnung von den Abfüllern und Einführern
§ 7 noch bis zum Ablauf von 12 Monaten, im übrigen
noch bis zum Ablauf von 18 Monaten nach Inkraft-
Diese Vcrordnunu gilt nuch § 14 des Dritten
treten dieser Verordnung in den Verkehr gebracht
Uberlcittmt--rsgesetzcs vom 4. Jamrnr 1952 (Bundes-
werden.
gcsetzbl. l S. 1) in Verbindung mit Artikel 8 des
Gesetzes zur Andcrung und Ergänzung des Lebens- (3) Essigsäure, die nach den bisher geltenden
mittelgesetzes vom 21. Dezember 1958 (Bundes- Vorschriften in Flaschen abgefüllt und gekennzeich-
geset.zbl. J S. 950) auch im Land Berlin. net worden ist, darf von den Abfüllern und Einfüh-
rern noch bis zum Ablauf von 12 Monaten, im übri-
§ 8
gen noch bis zum Ablauf von 18 Monaten nach
(1) Diese Verordnung lrill iJln Tage nach der Ver- Inkrafttreten dieser Verordnung in den Verkehr ge-
kündunq in Kraft. Gleichzeitiq tritt die Verordnung bracht werden.
Bonn, den 25. April 1972
Der Bundesminister
für Jugend, Familie und Gesundheit
Käte Strobel
Der Bundesminister
f ii r E r n d h r u n g , La n d w i r t s c h a f t u n d F o r s t e n
J. Ertl
734 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1972, Teil I
Verordnung
über die Krankenfürsorge auf Kauffahrteischiffen
Vom 25. April 1972
Auf Grund des § 142 Abs. 1 Satz 1 und 2 und § 3
des § 143 Abs. l Nr. 5 und 6 und Abs. 2 des See- Unterrichtung des Kapitäns und der Behörde
mannsgesetzes vom 26. Juli 1957 (Bundesgesetzbl. II
S. 713), zuletzt geändert durch Artikel 26 des Ko- (1) Der Schiffsarzt hat den Kapitän über die ge-
stenermächtigungs-Anderungsgesetzes vom 23. Juni sundheitlichen Verhältnisse an Bord im allgemeinen
1970 (Bundesgesetzbl. I S. 805), des § 9 Abs. 1 Satz 1 zu unterrichten und ihm auf Verlangen das Gesund-
Nr. 4 und 6 und Abs. 2 des Gesetzes über die Auf- heitstagebuch vorzulegen.
gaben des Bundes auf dem Gebiet der Seeschiffahrt
(2) Nach jeder Reise hat der Kapitän unverzüglich
vom 24. Mai 1965 (Bundesgesetzbl. II S. 833), zuletzt
der nach Landesrecht zuständigen Behörde (Behörde)
geändert durch das Gesetz zur Änderung von
über alle für die gesundheitlichen Verhältnisse be-
Kostenermächtigungen und zur Uberleitung gebüh- deutsamen Vorkommnisse zu berichten. Die Melde-
renrechtlicher Vorschriften vom 22. Juli 1969 (Bun-
pflicht des Schiffsarztes und des Kapitäns nach an-
desgesetzbl. I S. 901), und des § 39 des Arzneimittel-
deren Vorschriften bleibt davon unberührt.
gesetzes vom 16. Mai 1961 (Bundesgesetzbl. I S. 533),
zuletzt geändert durch Artikel 19 des Kostenermäch-
tigungs-Anderungsgesetzes, wird im Einvernehmen § 4
mit dem Bundesminister für Ernährung, Landwirt- Amtliche Prüfung
schaft und Forsten, dem Bundesminister der Justiz
und dem Bundesminister für Wirtschaft und Finan- (1) Bei Indienststellung des Schiffes hat der
zen mit Zustimmung des Bundesrates verordnet: Reeder die der Krankenfürsorge dienenden Räume
und ihre Einrichtungen durch die See-Berufsgenos-
senschaft, die Ausrüstung mit Arznei- und anderen
Hilfsmitteln durch die Behörde prüfen zu lassen.
Erster Abschnitt Weitere Prüfungen der Räume, ihrer Einrichtungen
und Ausrüstung durch die Behörde hat der Reeder
Allgemeine Vorschriften mindestens alle zwölf Monate zu veranlassen.
(2) Die Prüfung der Arznei- und anderen Hilfs-
§ 1
mittel nach den Verzeichnissen III bis V der Anlage
Allgemeine Verpflichtung zur Ausrüstung Teil B ist an Bord von einem Arzt der Behörde
Kauffahrteischiffe, die die Bundesflagge führen, durchzuführen. Bei der Prüfung nach Verzeichnis IV
kann, bei einer Prüfung nach Verzeichnis V muß
und ihre Rettungsboote, aufblasbaren Rettungsflöße
ein Apotheker zugezogen werden.
und als Rettungsboote zugelassenen Schlauchboote
sind nach den Vorschriften dieser Verordnung und (3) Die Sanitätskästen für Rettungsboote, aufblas-
deren Anlagen mit Arznei- und anderen Hilfsmitteln bare Rettungsflöße und Schlauchboote sind bei der
der Krankenfürsorge (Arznei- und andere Hilfsmit- Lieferung und bei der jährlichen Prüfung der Schiffs-
tel) auszurüsten. apotheke, die Sanitätskästen in aufblasbaren Ret-
tungsflößen bei dem vorgeschriebenen Wartungs-
§ 2 dienst von der Behörde zu kontrollieren und unter
Einprägen der Jahreszahl zu plombieren.
Verantwortung
(4) Uber die Prüfung ist nach Beseitigung etwa
(1) Für die Ausrüstung mit Arznei- und anderen
festgestellter Mängel eine Bescheinigung auszustel-
Hilfsmitteln nach der Anlage*) Teil A und B hat
len, in der anzugeben ist, nach welchem Verzeichnis
der Reeder und, soweit sie während der Reise er-
geprüft wurde. Die Bescheinigung ist vom Kapitän
gänzt werden muß, der Kapitän zu sorgen.
aufzubewahren und auf Verlangen der Behörde vor-
(2) Für die Aufbewahrung der Arznei- und ande- zulegen.
ren Hilfsmittel und für die bei der Abgabe von
(5) Wird ein Schiff außerhalb des Geltungs-
Arzneimitteln und die Beschriftung der Behältnisse
bereichs dieser Verordnung in Dienst gestellt oder
zu beachtenden Bestimmungen ist der Schiffsarzt,
sind nach der letzten Prüfung zwölf Monate ver-
auf Schiffen ohne Schiffsarzt der Kapitän oder der
strichen und erreicht das Schiff während der näch-
mit der ordnungsgemäßen Durchführung der Kran-
sten sechs Monate keinen Hafen im Geltungsbe-
kenfürsorge beauftragte Schiffsoffizier verantwort-
reich dieser Verordnung, so hat der Kapitän die
lich.
Ausrüstung mit Arznei- und anderen Hilfsmitteln
•) Die Anlage zu dieser Verordnung wird als Anlageband zu dieser
von einem deutschen Konsularbeamten prüfen zu
Ausgabe des Bundesgesetzblattes veröffentlicht. Abonnenten des lassen. Die Absätze 2 und 4 gelten entsprechend.
BundesgesetzblaltE!S Teil I wird der Anlageband auf Anforderung
kostenlos zugestellt. § 12 bleibt unberührt.
Nr. 38 -- Tag der Ausgabe: Bonn, den 29. April 1972 735
(6) Die Bchi>rde ist berechtigt, sich außerhalb die- (2) Der Krankenraum muß leicht zu reinigen und
ser Prüfungen über den Zustand der Räume, ihrer zu desinfizieren sein; die Einrichtung muß der
Einrichtungen sowie der Ausrüstung mit Arznei- Zweckbestimmung eines Krankenraums Rechnung
und anderen Hilfsmitteln zu unterrichten. tragen. Für jedes Bett müssen mindestens zwölf m 3 ,
bei mehr als zwei Betten mindestens zehn m 3 Luft-
§ 5 raum vorhanden sein. Eine Rufanlage mit optischen
Personen und akustischen Signalen zur Brücke und zum Be-
triebsgang außerhalb des Krankenraums ist anzu-
Im Sinne dieser Verordnung bedeutet der Aus- bringen. Der Zugang muß so breit sein, daß ein
druck „Personen" in Verbindung mit einer Zahl die Kranker auf einer Krankentrage hineingetragen
Gesamtzahl der Personen, die nach den Schiffs- werden kann. Neben der Eingangstür ist ein Re-
sicherheitsbestimmungen an Bord sein dürfen. serveschlüssel in einem verglasten Kasten aufzu-
bewahren.
§ 6
Fahrtge biete, Fischereigrenzen (3) Der Krankenraum muß auf Schiffen bis zu
30 Personen mit mindestens einem Bett, bei 31 bis
Die in dieser Verordnung und in ihren Anlagen 75 Personen mit mindestens zwei Betten eingerichtet
genannten Fahrtgebiete und Fischereigrenzen be- sein. Die Betten sollen in ihrer Ausstattung Kran-
stimmen sich nach der Schiffsbesetzungs- und Aus- kenhausbetten entsprechen. Sie müssen mit einer
bildungsordnung vom 19. August 1970 (Bundesge- Sicherheitsvorrichtung gegen Herausfallen versehen
setzbl. I S. 1253). sein. Mindestens ein Bett je Raum muß freistehend
angeordnet und als Schlingerkoje eingerichtet sein.
Beträgt die Höhe des Krankenraums mindestens
Zweiter Abschnitt 210 cm und die Bettenzahl mehr als zwei, so dürfen
Räume, Ausstattung das dritte Bett und weitere Betten als Oberbetten
angebracht werden. Das untere Bett ist mindestens
50 cm über dem Boden und das obere in der Mitte
§ 7
zwischen dem unteren und der Unterseite der Deck-
Behandlungsraum balken oder deren Verschalung anzubringen. Die
(1) Schiffe in der Mittleren und Großen Fahrt so- Abstände sind von der Oberkante des Bettrahmens
wie Schiffe, deren Bauart nach dem Klassenzeugnis zu messen. Das obere Bett muß hochgeklappt wer-
für diese Fahrtgebiete ausreicht, müssen einen be- den können. Die Unterseite des Oberbettes und die
sonderen Behandlungsraum haben. Das gleiche gilt Decke sind glatt zu gestalten. Vorstehende Kanten
für Fischereifahrzeuge mit mehr als 45 Personen sind abzurunden und zu polstern.
sowie für Schiffe in der Kleinen Fahrt und in der
(4) Auf Schiffen in der Mittleren und Großen
Küstenfahrt mit mehr als 75 Personen.
Fahrt mit mehr als 75 Personen müssen folgende
(2) Der Behandlungsraum ist mit einer Unter- Krankenräume und Krankenbetten vorhanden sein:
suchungsliege, einem Stuhl, einem Ablagetisch, zwei Räume mit insgesamt vier Krankenbetten
einer Waschgelegenheit und mit einer Steckdose bei 76 bis 200 Personen,
auszurüsten. Die Beleuchtungsstärke im Bereich
zwei Räume mit insgesamt sechs Krankenbetten
der Untersuchungsliege und des Stuhles muß min-
bei 201 bis 300 Personen,
destens 1 000 Lux betragen. Der Behandlungsraum
muß den allgemein anerkannten Regeln der Technik zwei Räume mit insgesamt acht Krankenbetten
für medizinisch genutzte Räume entsprechen. bei 301 bis 400 Personen,
drei Räume mit insgesamt zehn Krankenbetten,
(3) Neben der Eingangstür ist ein Reserveschlüs-
sel in einem verglasten Kasten aufzubewahren. davon einer als Isolierraum,
bei 401 bis 600 Personen,
§ 8 fünf Räume mit insgesamt zwölf Krankenbetten,
davon zwei als Isolierräume und einer als Raum
Krankenraum
für Geisteskranke,
(1) Schiffe in der Mittleren und Großen Fahrt, bei 601 bis 800 Personen,
Schiffe, deren Bauart nach dem Klassenzeugnis für fünf Räume mit insgesamt 14 Krankenbetten, davon
diese Fahrtgebiete ausreicht, Fischereifahrzeuge mit zwei als Isolierräume und einer als Raum für
einem Raumgehalt von 500 BRT oder mehr sowie Geisteskranke,
Schiffe, die der Personenbeförderung dienen, mit bei 801 bis 1 000 Personen,
mehr als 75 Personen, deren Reisen länger als je zwei weitere Krankenbetten für je weitere 200
12 Stunden dauern, sind mit einem ruhig gelegenen, Personen.
luftigen, hellen und gut heizbaren, abseits von Pas-
sagier- und Wirtschaftsräumen, in der Nähe der (5) Auf Schiffen in der Küsten- und Kleinen Fahrt
Unterkunft des für die ordnungsgemäße Durchfüh- bis zu 1 000 Personen müssen ein Krankenraum und
rung der Krankenfürsorge verantwortlichen Schiffs- über 1 000 Personen zwei Krankenräume mit je zwei
offiziers liegenden Krankenraum auszustatten. Betten vorhanden sein.
Innenräume dürfen nicht als Krankenräume ver-
wendet werden. Der Krankenraum muß bei Bedarf (6) Kranke vom vollendeten zehnten Lebensjahr
sofort zur Verfügung stehen. an sind getrennt nach Geschlechtern unterzubringen.
736 ßundesgesetzblatt, Jahrgang 1972, Teil I
(2) Die Abluft aus den in Absatz 1 genannten
Ope,·alionsraum
Räumen ist ohne Verbindung mit anderen Abluft-
einrichtungen nach außen abzuführen.
Schilfe, die ni.ldi 9 15 mit einem Schiffsarzt zu be-
selzcn sind, müssen neben dem Behandlungsraum § 12
einen besonderen Operationsraum von mindestens Zustimmung zu den Bau- und Einrichtungsplänen
zehn m~ Bodenfläche haben. Der Operationsraum
muß seiner Bestimmung gernüß c:rnsgestattet sein; (1) Wer den Bau eines Schiffes in Auftrag gibt,
er muß den allgemein anerkannten Regeln der Tech- hat
nik für medizinisch genutzte Rü1Jme entsprechen. 1. bevor mit dem Bau des Schiffes begonnen wird,
unter Angabe der Besatzungsstärke und des
Fahrtgebiets die Schiffsbaupläne, aus denen die
§ lO
Lage der der Krankenfürsorge dienenden Räume
Sanitäre Einrichtungen zu ersehen ist, und
(1) In jedem Krankenraum oder in einem vom 2. bevor mit dem Bau dieser Räume begonnen wird,
Krankenraum aus unmittelbar zugänglichen Raum die Pläne, aus denen insbesondere die vorgese-
ist für je zwei Betten rnindestens ein Waschbecken hene Verwendung jedes Raums, die Anordnung
anzubringen. der Einrichtungsgegenstände, die Art und Anord-
nung der Belüftungs-, der Beleuchtungs-, der
(2) Bei jedem Krankenraum ist ein gut lüftbarer Heizungs-, der Klima- und der Wasserversor-
Abort vorzusehen. Der Abort muß unmittelbar vom gungsanlagen sowie der sanitären Einrichtungen
Krankenraum aus zugänglich sein. In Aborten für zu ersehen sind,
Isolierräume ist eine Einrichtung zur Aufnahme von
Desinfektionslösungen anzubringen. der See-Berufsgenossenschaft vorzulegen und ihre
Zustimmung hierzu einzuholen. Die See-Berufs-
(3) Auf Schiffen mit mehr als 75 Personen sind genossenschaft handelt dabei im Benehmen mit der
bei den Krankenräumen folgende Baderäume einzu- Behörde.
richten:
(2) Absatz 1 Nr. 2 gilt entsprechend, wenn die der
ein Baderaum, der unmittelbar von jedem der bei- Krankenfürsorge dienenden Räume und Einrichtun-
den Krankenräume aus zugänglich sein muß, gen wesentlich geändert werden sollen.
bei 76 bis 400 Personen,
(3) Bei der Bauausführung darf von den Plänen
zwei Baderäume, von denen einer unmittelbar von nicht ohne Zustimmung der See-Berufsgenossen-
beiden Krankenräumen, der andere unmittelbar schaft abgewichen werden.
vom Isolierraum aus zugänglich sein muß,
bei 401 bis 600 Personen,
§ 13
drei Baderäume, von denen einer unmittelbar vom
Krankenraum für Frauen, einer unmittelbar vom Ausnahmen
Krankenraum für Männer und einer unmittelbar (1) Im Einzelfall kann die See-~erufsgenossen-
von den Isolierräumen aus zugänglich sein muß, schaft von den Anforderungen des § 7 (Behandlungs-
bei 601 bis l 000 Personen, raum), § 8 (Krankenraum), § 10 Abs. 2 (Lage des
für je weitere 800 Personen je ein weiterer Bade- Aborts) und § 11 Abs. 2 (Abführung der Abluft),
raum. die für den Heimathafen zuständige Behörde von
den Anforderungen der Anlage Teil A Ausnahmen
(4) Absatz 3 gilt nicht für Schiffe in der Küsten- zulassen, wenn gewährleistet ist, daß hierdurch die
und Kleinen Fahrt mit weniger als 1 000 Personen. Krankenfürsorge nicht gefährdet wird.
(5) Sind auf Schiffen mit weniger als 75 Personen (2) Schiffe, für die der Bundesminister für Ver-
Wannenbäder eingerichtet, muß ein Bad der Kran- kehr nach § 10 des Flaggenrechtsgesetzes vom 8. Fe-
kenfürsorge zur Verfügung stehen. bruar 1951 (Bundesgesetzbl. I S. 79), geändert durch
(6) Die Baderäume müssen gut geheizt und ohne das Kostenermächtigungs-Anderungsgesetz, für die
Zugwirkung gut gelüftet werden können. Sie müs- erste Uberführungsreise in einen anderen Hafen die
sen Einrichtungen für warme und kalte Wannen- Befugnis verliehen hat, die Bundesflagge zu führen,
bäder enthalten. brauchen nach einer im Benehmen mit der Behörde
näher zu treffenden Anordnung der See-Berufs-
(7) Für Waschbecken und Bäder darf nur Trink-
wasser verwendet werden. Selbstschließende Arma- genossenschaft die Bestimmungen dieser Verord-
turen dürfen nicht angebracht werden. nung über die der Krankenfürsorge dienenden
Räume und Einrichtungen sowie über die Aus-
rüstung mit Arznei- und anderen Hilfsmitteln nur
§ 11 insoweit zu erfüllen, als es für eine ausreichende
Klimaanlage Krankenfürsorge auf der Uberführungsreise erfor-
derlich ist.
(l) Behandlungs-, Kranken-, Operations-, Bade- § 14
und Waschräume sowie Abortanlagen müssen auf
Schiffen mit mehr als 75 Personen mit einer Klima- Anhörung
anlage ausgestattet sein. Auf anderen Schiffen sind Die See-Berufsgenossenschaft hat, bevor sie in
diese Räume an eine Klimaanlage anzuschließen, den Fällen des § 13 Abs. 1 entscheidet, eine Stellung-
sofern eine solche Anlage vorhanden ist. nahme des Arbeitskreises der Küstenländer für
Nr. 38 Tag der Ausgabe: Bonn, den 29. April 1972 737
SchitJsh ygielle ei nzuholt\tl. Sie braucht die Stellung- Gesundheitstagebuch sind ausführliche Angaben
nahme nicht einzuholen, wenn sie bei der Entschei- über hygienisch oder sonst medizinisch wichtige
dung die Richtlinien bead11et, die der Arbeitskreis Wahrnehmungen an Bord und in den Anlaufhäfen
einstirnmiq aufgestellt hat. sowie über getroffene Maßnahmen an Bord aufzu-
nehmen.
(3) Nach Abschluß jeder Reise hat der Schiffsarzt,
Dritter Abschnitt auf Schiffen ohne Schiffsarzt der Kapitän das Kran-
kenbuch zu unterschreiben. Das Gesundheitstage-
Ärzte, Pflegepersonen,
buch ist vom Schiffsarzt und vom Kapitän zu unter-
Krankenbuch, Gesundheitstagebuch
schreiben.
§ 15 (4) Das Krankenbuch ist unter Verschluß zu hal-
ten. Außer dem Schiffsarzt, auf Schiffen ohne Schiffs-
SchiHsarzl arzt dem Kapitän und dem für die ordnungsgemäße
(1) Schiffe mit mehr als 75 Personen sind bei Rei- Durchführung der Krankenfürsorge verantwortlichen
sen in der Mittleren und Großen Fahrt sowie bei Schiffsoffizier darf nur solchen Personen Einsicht in
Probefahrten mit einem Schiffsarzt zu besetzen. das Krankenbuch gewährt werden, die der ärztlichen
Schweigepflicht unterliegen.
(2) Ubersteigt die Zahl der Personen 800, bei Rei-
sen von längerer Dauer als 14 Tagen 600, so muß (5) Ein abgeschlossenes Krankenbuch ist bei der
ein zweiter Schiffsarzt an Bord sein. Behörde des Heimathafens für die Dauer von zehn
(3) Der Schiffsarzt muß zur Ausübung des ärzt- Jahren aufzubewahren.
Uchen Berufs im Geltungsbereich dieser Verordnung
berechtigt sein und über ausreichende Kenntnisse
für die Täti~1keit als Schiffsarzt verfügen. Er hat sich
vor der Anmusterung rechtzeitig bei der Behörde Vierter Abschnitt
vorzustellen und seinen Berechtigungsnachweis so-
Arzneimittel, Hilfsmittel
wie das Zn,qnis nach § B1 des Seemannsgesetzes
vorzulegen.
§ 18
§ 16 Beschaffung
Pflegepersonen (1) Apothekenpflichtige Arzneimittel sind in Apo-
(l) Neben dem Schiffsarzt muß mindestens ein theken im Geltungsbereich dieser Verordnung zu
Krankenpfleger oder eine Krankenschwester an Bord beschaffen.
sein. Auf Schiffen mit mehr als 500 Personen müs- (2) Abweichend von Absatz 1 dürfen Arzneimittel
sen zwei, mit mehr als 800 Personen drei und mit im Ausland beschafft werden, wenn sie einem er-
mehr als 1 200 Personen vier Krankenpfleger oder krankten Besatzungsmitglied verordnet und ver-
Krankenschwestern an Bord sein. Bei Probefahrten abfolgt werden. Außerdem dürfen Arzneimittel im
können die Krankenpfleger oder Krankenschwestern Ausland auch zur Auffüllung der Ausrüstung be-
durch Personen, die in Erster Hilfe ausgebildet sind, schafft werden; diese sind beim Anlaufen des ersten
ersetzt werden. Werden mehr als 250 Kinder unter Hafens im Geltungsbereich dieser Verordnung durch
zehn Jahren befördert, muß eine der in Satz 1 ge- Arzneimittel nach Absatz 1 zu ersetzen und dürfen,
nannten Krankenpflegepersonen Kinderkranken- wenn sie in den Verzeichnissen der Anlage Teil B
schwester sein. nicht genannt sind, nur in Notfällen gebraucht wer-
(2) In besonderen Fälien muß der Kapitän auf den.
Verlangen des Schiffsarztes weitere Besatzungsmit- (3) Auf Verlangen der Behörde ist der Lieferer
glieder zur Hilfeleistung bei der Krankenpflege zur von Arzneimitteln nachzuweisen.
Verfügung stellen.
§ 19
§ 17
Aufbewahrung
Krankenbuch, Gesundheitstagebuch
(1) Arznei- und andere Hilfsmittel sind, unbe-
(1) Auf Schiffen in der Mittleren und Großen schadet der Absätze 4 und 6 an einem Platz zusam-
Fahrt sowie in der Kleinen und Großen Hochsee- mengefaßt, übersichtlich geordnet und geschützt
fis,cherei ist vom Schiffsarzt, auf Schiften ohne gegen Verschmutzung, Feuchtigkeit und andere
Schiffsarzt vom Kapitän oder von dem für die ord- schädliche Einflüsse aufzubewahren. Die Arznei- und
nungsgemäße Durchführung der Krankenfürsorge anderen Hilfsmittel nach den Verzeichnissen I und II
verantwortlichen Schiffsoffizier ein Krankenbuch der Anlage Teil B müssen in Arzneikisten oder
nach dem Muster der Anlage Teil D zu führen. Bei Arzneischränken, die nach den Verzeichnissen III
Erkrankungen ist die Temperaturkurve aufzuzeich- bis V b in Arzneischränken und die nach dem Ver-
nen und dem Krankenbuch beizufügen. zeichnis VI in Sanitätskästen aufbewahrt werden.
(2) Der Schiffsarzt hat neben dem Krankenbuch Bei der Einordnung in Arzneischränke ist nach dem
während der Reise ein Gesundheitstagebuch nach in der Anlage Teil F festgelegten Stauplan zu ver-
dem Muster der Anlage Teil E zu führen. In das fahren.
738 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1972, Teil I
(2) Arzneimittel sind, soweit sie nicht in Original- stellung im Plan der Anlage Teil F entsprechen. Auf
packungen mit Gebrauchsanweisung geliefert wer- Schiffen, deren Bauart nach dem Klassenzeugnis für
den, in Standgefäßen mit eingeschliffenem Stöpsel die Mittlere oder Große Fahrt ausreicht, muß bei
oder Schraubverschluß unterzubringen. einem Einsatz in kleineren Fahrtgebieten der Be-
(3) Die in den Verzeichnissen I bis V b der Anlage handlungsraum so bemessen sein, daß ein solcher
Teil B mit einem Stern gekennzeichneten Arznei- Schrank dort aufgestellt werden kann. Die Ab-
mittel sind in einem besonderen Abteil des Arznei- messungen des Arzneischranks für die Arznei- und
schrankes (Betäubungsmittelschrank) unter Ver- anderen Hilfsmittel nach den Verzeichnissen V a
schluß aufzubewahren. und V b der Anlage Teil B werden bei der Zustim-
mung zu den Bau- und Einrichtungsplänen von der
(4) Impfstoffe, Sera und andere in den Verzeich- See-Berufsgenossenschaft im Benehmen mit der Be-
nissen besonders bezeichnete Arzneimittel sind in hörde bestimmt.
einem verschlossenen Behälter, getrennt von Lebens-
mitteln, im Kühlschrank aufzubewahren. (2) Der Arzneischrank ist im Behandlungsraum
oder, soweit ein solcher nicht vorgeschrieben ist, in
(5) Außerhalb des Geltungsbereichs dieser Ver- einem dafür geeigneten Raum, der nicht gleichzeitig
ordnung beschaffte Arzneimittel sind bis zu einer Krankenraum sein darf, aufzustellen.
Uberprüfung nach § 4 in einer besonderen Abteilung
der Arzneikiste, des Arzneischranks oder des Be- (3) Die Arzneikiste ist so zu unterteilen, daß die
hälters nach Absatz 4 aufzubewahren. Arzneibehältnisse übersichtlich und bruchsicher
(6) Die Transporthängematte ist in einsatzberei- untergebracht werden können.
tem Zustand an leicht zugänglicher und ausreichend
kenntlich gemachter Stelle zu haltern. (4) Der Sanitätskasten für Rettungsboote, für auf-
blasbare Rettungsflöße und für Schlauchboote sowie
(7) Die Arznei- und anderen Hilfsmittel sind unter die Transporthängematte müssen der Bauart nach
Verschluß zu halten. von der See-Berufsgenossenschaft zugelassen sein.
§ 20 (5) Auf der Innenseite des Deckels der Arznei-
kiste, des Sanitätskastens und der Tür des Arznei-
Beschriftung
schranks ist ein Inhaltsverzeichnis in der Reihen-
(1} Behälter und Originalpackungen für die ein- folge der laufenden Nummern der Anlage Teil B
zelnen Arzneimittel sind, soweit dies nicht schon anzubringen.
vom Hersteller besorgt worden ist, deutlich und
dauerhaft zu beschriften, und zwar § 22
1. mit roter Schrift auf weißem Grund bei Mitteln,
die in der Anlage Teil B einen Stern tragen, Betäubungsmittelbuch
2. mit schwarzer Schrift auf weißem Grund bei den (1) Arzneimittel, die dem Betäubungsmittelgesetz
übrigen Mitteln. in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. Januar
(2} Die Beschriftung muß Angaben über den In- 1972 (Bundesgesetzbl. I S. 1}, und den auf Grund die-
halt, eine Gebrauchsanweisung und etwa gebotene ses Gesetzes erlassenen Betäubungsmittel-Gleich-
Vorsichtshinweise, bei den Arzneimitteln nach Ab- stellungsverordnungen unterliegen, sind von der
satz 1 Nr. 1 den Hinweis „Betäubungsmittel" ent- Apotheke bei der Lieferung nach Art und Menge
halten; sie muß mit den laufenden Nummern und in ein Betäubungsmittelbuch nach dem Muster der
den Bezeichnungen der Verzeichnisse der Anlage Anlage Teil C einzutragen.
Teil B übereinstimmen. (2) Werden diese Arzneimittel angewendet, so
(3} Auf den Behältnissen der Arzneimittel, die sind die Art und Menge der Betäubungsmittel, der
nicht in abgabefertiger Packung an Kranke abge- Name des Kranken, die Art der Erkrankung sowie
geben werden, müssen in deutlich lesbarer Schrift der Tag der Abgabe an den Kranken in das Betäu-
angegeben sein: bungsmittelbuch einzutragen.
1. der Inhalt,
(3) Eintragungen in das Betäubungsmittelbuch
2. eine Gebrauchsanweisung, sind vom Schiffsarzt zu unterschreiben. Auf Schiffen
3. das Datum der Abgabe an den Kranken. ohne Schiffsarzt sind diese Eintragungen von dem
für die ordnungsgemäße Durchführung der Kranken-
(4) Sämtliche äußerlich anzuwendenden Arznei-
fürsorge verantwortlichen Schiffsoffizier zu unter-
mittel sind durch einen roten Aufklebezettel mit
schreiben und am Ende der Reise vom Kapitän
dem deutlich lesbaren Hinweis „Äußerlich" zu kenn-
gegenzuzeichnen. Das Betäubungsmittelbuch ist
zeichnen.
unter Verschluß zu halten. Die Behörde hat die
ordnungsgemäße Führung des Betäubungsmittel-
§ 21 buchs zu überwachen und einen entsprechenden
Arzneischrank, Arzneikiste, Sanitätskasten Prüfungsvermerk im Betäubungsmittelbuch einzu-
und Transporthängematte tragen.
(1) Der Arzneischrank für die Unterbringung der (4) Ein abgeschlossenes Betäubungsmittelbuch ist
Arznei- und anderen Hilfsmittel nach den Verzeich- bei der Behörde des Heimathafens für die Dauer
nissen III bis IV b der Anlage Teil B muß der Dar- von zehn Jahren aufzubewahren.
Nr. 38 Tag der Ausgabe: Bonn, den 29. April 1972 739
§ 23 3. entgegen § 12 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 die Zustim-
Prüfung durch den Kapitän oder den Schiffsarzt mung zu den Bau- und Einrichtungsplänen nicht
oder nicht rechtzeitig einholt,
(1) Vor J\ ntritl einer R<!ise von mehr als vier-
wöchiger Duu(:r, mindestens aber alle drei Monate, 4. entgegen § 12 Abs. 3 ohne Zustimmung von den
sind die S1rnbcrkcit, die Vollständigkeit, der Ver- Plänen abweicht.
schluß der ßchültcr und die Beschriftung der Arznei-
(3) Ordnungswidrig im Sinne des § 47 Abs. 1
mittel sowie der Zust;md der anderen Hilfsmittel
Nr. 5 des Arzneimittelgesetzes handelt, wer vorsätz-
zu prüfen.
lich oder fahrlässig
(2) Die Prüfung oh1ic:~J1 dem Schiffsarzt, auf Schif-
1. Arzneimittel oder andere Hilfsmittel der Kran-
fen ohne Schiffsarzt dem Kapitän. Der Kapitän hat
kenfürsorge
auch prüfen zu ldssc~n, daß Rettungsboote und
Schlauchboote mit Sanil.iil.sküstcn ausgerüstet sowie a) entgegen § 19 Abs. 1, 3, 4 oder 5 nicht vor-
die Kästen und ihre Plomben unversehrt sind. Der schriftsmäßig aufbewahrt oder
Schiffsarzt hc1t sich auch von der zweckentsprechen- b) entgegen § 20 Abs. 1, 2 oder 3 nicht vorschrifts-
den und ordn un~Jsrniißigcm Beschaffenheit der mäßig beschriftet oder
Arznei- und anderen Hilfsmittel zu überzeugen. entgegen § 20 Abs. 4 nicht vorschriftsmäßig
(3) Verbrnuchte oder unbrauchbar gewordene kennzeichnet oder
Arznei- und andere lli I fsmi !.tel sind zu ersetzen. 2. einen Arzneischrank verwendet, der nicht der
(4) Das Ergebnis der Prüfungen ist in das Schiffs-
Vorschrift des § 21 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung
tagebuch, auf Schim~n mit Schiffsarzt in das Gesund- mit dem Plan der Anlage Teil F entspricht.
heitstugebuch einzutrngen.
Sechster Abschnitt
Fünfter Abschnitt Ubergangs- und Schlußvorschriften
Bußgeldvorschriften
§ 25
§ 24 Ubergangsvorschriften
Ordnungswidrigkeiten
(1) Vorbehaltlich der Vorschriften der Absätze 2,
(1) Ordnungswidrig im Sinne des § 127 Nr. 3 des 3 und 4 gilt diese Verordnung für alle Kauffahrtei-
Seemannsgesetzes handelt, wer als Reeder vorsätz- schiffe, die nach ihrem Inkrafttreten auf Kiel gelegt
lich oder fahrlässig werden.
1. entgegen § 7 einen Behandlungsraum nicht be- (2) Für ein Kauffahrteischiff, das sich bei Inkraft-
reithält oder ihn nicht vorschriftsmäßig ausrüstet, treten dieser Verordnung im Bau oder Umbau be-
2. entgegen § 8 nicht die vorgeschriebene Zahl an findet, kann die See-Berufsgenossenschaft unter
Krankenräumen oder Krankenräume mit unge- Würdigung aller Umstände Änderungen zur Anpas-
nügendem Luftraum bereithält, sie nicht mit der sung des Schiff es an die Vorschriften dieser Ver-
vorgeschriebenen Zahl an Krankenbetten aus- ordnung anordnen.
rüstet oder die vorgeschriebene Rufanlage nicht
(3) Für ein Kauffahrteischiff, das bei Inkrafttreten
anbringt,
dieser Verordnung fertiggestellt ist und den Anfor-
3. entgegen § 9 einen Operationsraum nicht bereit- derungen dieser Verordnung nicht entspricht, kann
hält oder ihn nicht vorschriftsmäßig ausstattet, die See-Berufsgenossenschaft unter Würdigung aller
4. entgegen § 10 d·ie sanitären Einrichtungen nicht Umstände Änderungen zur Anpassung des Schiffes
bereithält oder sie nicht vorschriftsmäßig aus- an die Vorschriften dieser Verordnung anordnen,
rüstet, wenn wesentliche bauliche Veränderungen oder
größere Ausbesserungen an dem Schiff auf Grund
5. entgegen § 11 Abs. 1 _Satz 1 die dort bezeichneten eines vorgefaßten Planes und nicht wegen eines
Räume nicht mit einer Klimaanlage ausstattet oder Unfalles oder Notstandes vorgenommen werden.
entgegen § 11 Abs. l Satz 2 sie an eine Klima-
anlage nicht anschließt. (4) Erwirbt ein ausländisches Kauffahrteischiff
das Recht zur Führung der Bundesflagge, so gilt
(2) Ordnungswidrig im Sinne des § 15 Abs. 1
Absatz 2 entsprechend.
Nr. 2 des Gesetzes über die Aufgaben des Bundes
auf dem Gebiet der Seeschiffahrt handelt, wer vor- (5) Die Vorschriften dieser Verordnung über die
sätzlich oder fahrlässig Ausrüstung mit Arznei- und anderen Hilfsmitteln
1. entgegen § 4 Abs. l Satz 1 die dort bezeichneten sowie über die Besetzung mit Schiffsärzten und
Räume, deren Einrichtungen oder die Ausrüstung Pflegepersonal gelten auch für die in den Absätzen
nicht prüfen läßt, 2 bis 4 genannten Kauffahrteischiffe.
2. entgegen § 4 Abs. 1 Satz 2 die dort bezeichneten (6) In den Fällen der Absätze 2 bis 4 gilt § 14
Prüfungen nicht fristgerecht veranlaßt, entsprechend.
740 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1972, Teil I
§ 26 § 27
Berlin-Klausel Inkrafttreten, Außerkrafttreten
anderer Vorschriften
Diese Verordnung gill nach§ 14 des Dritten Uber-
leitungsgcsetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetz- Diese Verordnung tritt am 1. Mai 1972 in Kraft.
blatt I S. 1) in Verbindung mit § 148 des Seemanns- Mit dem gleichen Tage tritt die Verordnung über
gesetzes, § 21 des Gesetzes über die Aufgaben des die Krankenfürsorge auf Kauffahrteischiffen vom
Bundes auf dem Cebie1 der Seeschiffahrt und § 62 21. Dezember 1956 (Bundesgesetzbl. II S. 2102, be-
des Arzneimittelgesetzes auch im Land Berlin. richtigt 1957 II S. 752), außer Kraft.
Bonn, den 25. April 1972
Der Bundesminister für Verkehr
Georg Leber
Der Bundesminister
für Arbeit und Sozialordnung
Walter Arendt
Der Bundesminister
für Jugend, Familie und Gesundheit
Käte Strobel
Nr. '.38 Tag der Ausgabe: Bonn, den 29. April 1972 741
Verordnung
zur Änderung der Kostenordnung des
Deutschen Hydrographischen Instituts
Vom 25. April 1972
Auf Grund des § 12 Abs. 2 des Gesetzes über
die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der See-
schiff ahrt vom 24. Mai 1965 (Bundesgesetzbl. II
S. 833), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Än-
derung von Kostenermächtigungen und zur Uber-
lei tung gebührenrechtlicher Vorschriften vom
22. Juli 1969 (Bundesgesetzbl. I S. 901), wird im
Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirt-
schaft und Finanzen verordnet:
Artikel 1
Die Anlage zu § 1 der Kostenordnung des Deut-
schen Hydrographischen Instituts vom 28. Februar
1970 (Bundesgesetzbl. I S. 255) erhält die aus der
Anlage ersichtliche Fassung.
Artikel 2
Diese Verordnung gilt nach § 14 des Dritten
Uberleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundes-
gesetzbl. I S. 1) in Verbindung mit § 21 des Ge-
setzes über die Aufgaben des Bundes auf dem Ge-
biet der Seeschiffahrt auch im Land Berlin.
Artikel 3
Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Ver-
kündung in Kraft.
Bonn, den 25. April 1972
Der Bundesminister für Verkehr
Georg Leber
742 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1972, Teil I
Anlage zu§ 1
Gebührenverzeichnis
Gebühr Gebühr
Gegenstand DM Gegenstand
DM
A. Prüfung von Magnetkornpassen 9. beim Abbruch einer Kompaßregulie-
rung infolge unvorhergesehener Um-
Die Gebühren für die Prüfung betragen stände (wie Maschinenschaden o. ä.)
1. für Magnet-Peil- und Steuerkompasse 75 v. H. der Gebühren nach den Num-
(große Prüfung) 15,- mern 1 bis 8
2. für Boots- und kleine Yachtkompasse 10. bei Hinderung des Kompensierers an
(kleine Prüfung) 10,- der Durchführung, wenn der angefor-
derte Kompensierer nicht an Bord ge-
3. für Kompaßzubehör (Peilgeräte,
3,- nommen wird, oder, ohne seine Tätig-
Steuerlinsen u. ä.)
keit ausgeübt zu haben, alsbald wie-
4. für Fernkompasse (vollständige Prü- der entlassen wird, oder von einer
fung) 60,- kurzfristigen Abbestellung des Schiffes
5. für Baumuster eines Magnetkompasses 300,- bei den Lotsen, Schleppern usw. nicht
rechtzeitig unterrichtet wird und daher
6. für Baumuster eines Magnetkompasses vergeblich an Bord oder nach der Lot-
mit Kompaßhaus und Kompensier- sen- bzw. Schlepperstation kommt 40,-
mitteln 250,-
Zu den Grundgebühren nach den Num-
7. für Baumuster eines Reflexions- oder mern 1 bis 8 werden je Kompaß fol-
Projektionsmagnetkompasses mit gende Zuschläge erhoben:
Kompaßhaus, mit optischer Ubertra-
gungseinrichtung und Kompensiermit- 11. für jeden weiteren Kompaß (z.B.
teln 300,- MKF-, Heck- oder Notruderkompaß)
und für die Regulierung eines Kom-
8. für Baumuster einer Selbststeuer- oder
Kursübertragungseinrichtung passes mit besonderer Sondenfeld-
500,-
kompensation 50,-
9. für Baumuster einer Kursalarmeinrich-
tung 300,- 12. für die Neuregulierung eines Kompas-
ses mit besonderer Sondenfeldkom-
pensation 60,-
B. Regulierung von Magnetkornpassen
Die Grundgebühr für Kompaßregulie- 13. für die Neukompensierung 30,-
rungen beträgt 14. für die Deviationsbestimmungen 30,-
1. für Schiffe mit einer Länge über alles
15. für die elektrische Kompensation ohne
bis 30 m und mit 1 Kompaß 65,-
Kursausgleich 10,-
2. für Schiffe mit einer Länge über alles
16. für die elektrische Kompensation mit
bis 30 m und mit 2 Kompassen 90,-
Kursausgleich 100,-
3. für Schiffe mit einer Länge über alles 17. für Gegenpeilungen Land/Schiff zu
über 30 m bis 60 m und mit 1 Kompaß 90,- Kompaßregulierungen (nur auf beson-
dere Anforderung)
4. für Schiffe mit einer Länge über alles
über 30 m bis 60 m und mit 2 Kom- bei Schiffen bis 90 m Länge 80,-
passen 115,- bei Schiffen über 90 m Länge 110,-
5. für Schiffe mit einer Länge über alles 18. für den Zeitaufwand an Bord vor und
über 60 m bis 90 m und mit bis zu nach der Kompaßregulierung je
2 Kompassen 160,- Stunde 20,-
19. für Nachtarbeit (Nachtarbeit gilt von
6. für Schiffe mit einer Länge über alles
17 .00 Uhr bis 07 .00 Uhr), soweit nicht
über 90 m bis 120 m und mit bis zu
bereits Zuschläge für Sonn- oder
2 Kompassen 220,-
Feiertagsarbeit erhoben werden
7. für Schiffe mit einer Länge über alles 25v.H.,
über 120 m bis 200 m und mit bis zu 20. für Sonntagsarbeit (Sonntagsarbeit
2 Kompassen 310,- gilt ab 12.00 Uhr des Vortages bis
8. für Schiffe mit einer Länge über alles 24.00 Uhr des Sonntags) 50 v. H.,
über 200 m und mit bis zu 2 Kom- 21. für Arbeit an gesetzlichen Feiertagen
passen 360,- (am 24. und 31. 12. gilt der Zuschlag
Nr. 38 -- Tag der Ausgabe: Bonn, den 29. April 1972 743
Gebühr Gebühr
Gegenstand DM Gegenstand DM
ab 12.00 Uhr, an allen anderen ge- E. Prüfung von Schiffs- und Positions-
setzlichen Feiertagen von 0.00 Uhr bis laternen
24.00 Uhr) 100 v. H., Die Gebühren für die Prüfung be-
22. für Kompensierrnittel (Magnete usw.) 10,-- tragen
bis 80,- 150,-
1. für Baumuster einer Positionslaterne
C. Prüfung von Kreiselkompassen 2. für Voll- und Teilkreislaternen, weiß
und farbig 10,-
Die Gebühren für die Prüfung betragen
3. für Laternen für Sportfahrzeuge und
1. für Baumuster einer Kreiselkompaß- Binnenschiffe, soweit sie nicht unter
anlage (umfaßt Prüfungen auf Schau- Nummer 1 fallen 10,-
keltisch, Schaukelbahn, Gier- und
Drehtisch, Rütteltisch sowie auf Kraft- 4. für zusätzliche Einsatzgläser 2,-
fahrzeugen ohne Fahrzeug- und Fah- 5. für Schiffslaternen mit zwei Lichtarten
rergestellung durch das Deutsche wird zu den Gebühren nach den Num-
Hydrographische Institut) 800,- mern 2 bis 4 ein Zuschlag von 50 v. H.
2. für Kreiselkompasse auf Schaukel- erhoben.
tisch, Schaukelbahn, Gier- und Dreh-
tisch sowie Rütteltisch 185,- F. Prüfung von Ortungsfunkanlagen
3. für eine Kreiselkompaßanlage auf Die Gebühren für die Prüfung be-
Kraftfahrzeug je Tag ohne Fahrzeug- tragen
und Fahrergestellung durch das 1. für Baumuster einer Radaranlage zu
Deutsche Hydrographische Institut 180,-- einem vom Deutschen Hydrographi-
schen Institut bestimmten Zeitpunkt 3 500,-
4. für eine NachdreJ-winrichtung einer
Kreiselkompaßanlage (Gier- und Dreh- 2. für Baumuster einer Radaranlage zu
tisch) 35,-- einem vom Antragsteller gewünschten
Zeitpunkt, außerhalb der unter Num-
5. für einen Mutterkompaß auf Vibra- mer 1 vorgesehenen Zeiten 6 500,-
tionsempfindlichkeit (Rütteltisch) 40,--
3. für Baumuster einer passiven Ortungs-
6. für die Funktion einer Kreiselkugel funkanlage (Peilfunk-, Loran-, Decca-
(Einschwingung, Schaukeltisch, Schau- Navigator- oder sonstigen Anlage) zu
kelbahn, Rütteltisch) 60,- einem vom Deutschen Hydrographi-
schen Institut bestimmten Zeitpunkt 1 000,--
7. für die Abnahme einer betriebsfertig
geschalteten Kreiselkompaßanlage an 4. für Baumuster wie zu Nummer 3, je-
Land oder an Bord 85,- doch zu einem vom Antragsteller ge-
wünschten Zeitpunkt 1 500,-
8. für die Abnahme einer betriebsfertig
geschalteten Kreiselkompaßanlage an 5. für Baumuster einer Ortungsfunkan-
Land oder an Bord einschließlich Funk- lage, die gegenüber einer typenmäßig
tionsprüfung der Kreiselkugel 125,-- bereits zugelassenen Anlage nur
geringfügige Änderungen aufweisen
D. Prüfung von Winkelmeßgeräten, oder für die anerkannte ausländische
Barometern, Thermometern Zertifikate vorliegen und die sich nicht
Die Gebühren für die Prüfung be- auf einem Schiff des Deutschen Hydro-
tragen graphischen Instituts befinden (ver-
kürzte Prüfung) 150,-
1. für Baumuster eines Winkelmeßgerä-
tes (Sextant, Oktant) 150,- 6. für Baumuster wie zu Nummer 5, wenn
sich diese auf einem Schiff des Deut-
2. für Baumuster eines Thermometers 150,- schen Hydrographischen Instituts be-
finden (verkürzte Prüfung) 800,-
3. für Baumuster eines Barometers 150,-
4. für Winkelmeßgeräte (Sextanten, Ok- 7. für Baumuster einer Ortungsfunkan-
tanten) 25,- lage, die eine typenmäßig bereits zu-
gelassene Anlage nur erweitern oder
5. für Quecksilberbarometer 50,- ergänzen und bei denen eine Prüfung
an Bord und/oder im Laboratorium
6. für Barographen 15,- 50,-
entfallen kann
7. für Aneroidbarometer 10,-
8. für Ortungsfunkanlagen, die mit im
8. für Thermometer 10,- Ausland gekauften Schiffen übernom-
744 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1972, Teil I
Gebühr Gebühr
Gegenstrmd DM Gegenstand DM
men werden und in der Bundesrepu- Taschen- oder Armbanduhr in Zimmer-
blik Deutschland noch nicht zugelassen temperatur, mit Ausstellung eines
sind 300,---- Gangzeugnisses, für jeden angefan-
genen Monat 15,-
9. für die na vigalorisch(! Eignung einer
Ortungsfunkanlage 80,--- 5. für die Aufbewahrung vnd Uber-
10. für die regelmäßige zwölfmomüliche wachung des Ganges eines Schiffs-
Wiederholungsprüfung einer Ortungs- Chronometers oder eines Zeitmessers
funkanlage 50,--- ähnlicher Größe oder einer B-Uhr oder
einer Taschen- oder Armbanduhr mit
Ausfertigung einer Bescheinigung über
G. Prüfung von Schiffs-Chronometern Stand und Gang, für jeden angefan-
und Zeitmessern ähnlicher Größe, genen Monat 10,--
Präzisionsbeobachtungsuhren (B-
Uhren), Taschen- und Armband- H. Sonstige Amtshandlungen
uhren
Die Gebühren betragen
Die Gebühren für dir, Prüfung be-
tragen 1. für die Bestimmung des magnetischen
Schutzabstandes eines Einzelgeräts 150,-
1. für Schiffs-Chronometer oder Zeitmes-
ser ähnlicher Größe oder B-Uhren in 2. für die Prüfung eines Gerätes auf Vi-
verschiedenen Temperaturen und ggf. brationsempfindlichkeit 100,-
in verschiedenen Lagen --- Prüfungs- 3. wie Nummer 2, jedoch nur Feststel-
dauer: bis zu 60 Tagen --- mit Ausstel- lung der Resonanzlage ohne Abgabe
lung eines Prüfscheines oder Gang- eines Prüfprotokolls 20,---
zeugnisses 50,--
4. für das Ausrichten von Peileinrichtun-
2. für Schiffs-Chronometer oder Zeitmes- gen an Bord (Kreiselkompaßtöchter,
ser ähnlicher Größe oder B-Uhren in Peilscheiben). je Gerät 10,-
verschiedenen Temperaturen und ggf.
in verschiedenen Lagen -- Prüfungs- 5. für die Bestimmung des Standes eines
dauer: bis zu 30 Tagen --- mit Ausstel- Zeitmessers, eines Barometers oder
lung eines Prüfscheines oder Gang- Thermometers, mit Ausfertigung einer
zeugnisses 40,- Bescheinigung über das Ergebnis 10,-
6. für die Prüfung eines erdmagnetischen
3. für Taschen- oder Armbanduhren in
Variographen 520,-
verschiedenen Temperaturen und La-
gen - Prüfungsdauer: 16 Tage - mit 7. für die Prüfung des Z-Systems eines
Ausstellung eines Gangzeugnisses 10,--- erdmagnetischen Variographen 130,-
4. für tägliche Bestimmung von Stand 8. für die Steuerung einer zentralen
und Gang eines Schiffs-Chronometers Uhrenanlage monatlich 25,-
oder eines Zeitmessers ähnlicher 9. in allen übrigen Fällen 10,-
Größe oder einer B-Uhr oder einer bis 500,-
llc1i1usqebc1 Ik, Bundesminister der Justiz -- Verlag: Bundesanzeiger Verlagsges. m. b. H. - Druck: Bundesdruckerei Bonn.
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Das Bundesgcscl·lblült <;rschcint in drei Tc;ilcn. In Teil I und II werden die Gesetze und Verordnungen in zeitlicher Reihenfolqe nach ihrer Aus-
fertigung verkündet. Lirnfond(;r Bezug nur im Postabonnement. Abbestellungen müssen bis spätestens 30. 4. bzw. 31. 10. beim Verlag vorliegen.
Im Tell III wird das als fort9elt.end fostq(;stellte Bundesrecht auf Grund des Gesetzes über Sammlung des Bundesrechts vom 10. Juli 1958 (BGB!. I
S 437) nach SiJchgebiden geordnet veröffentlicht. Der Teil III kann nur als Verlagsabonnement bezogen werden.
Bezugspreis für Teil I und T~;il II hülbjährlich je 2:i,- DM. Einzelstücke je angefangene 16 Seiten 0,65 DM. Dieser Preis gilt auch für die Bundes-
gesetzblätter, die vor dem !. Juli 1970 ausge~Jcben worden sind. Lieferung gegen Voreinsendung des Betrages auf das Postscheckkonto Bundes-
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