505
Bundesgesetzblatt
Teill 21997A
1970 Ausgegeben zu Bonn am 21. Mai 1970 Nr. 45
Inhalt Seite
20. 5. 70 Drittes Gesetz zur Reform des St.rafrechts (3. StrRG) 505
Bundcs9csctzbl. I 11 450-2, 2180-4, 450-5, 7()2-1
20. 5. 70 Gesetz über S1raHreiheit (Straffreiheitsgesetz 1970) 509
Drittes Gesetz
zur Reform des Strafrechts
(3. StrRG)
Vom 20. Mai 1970
Der Bundestag }wt dt1s folgende Gesetz beschlos- 3. § 113 erhält folgende Fassung:
sen: ,,§ 113
(l) Wer einem Beamten oder Soldaten der
Artikel 1 Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Geset-
zen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbe-
Änderung des Strafgesetzbuches
schlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei der
Das Strnfgesetzbucb wird wie folgt geändert: Vornahme einer solchen Amts- oder Diensthand-
lung mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt
l. § 110 wird aufgehoben. Widerstand leistet oder ihn dabei tätlich angreift,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder
2. § 111 erhült folgende Fassung: mit Geldstrafe bestraft.
(2) In besonders schweren Fällen ist die
,,§ 111 Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu
fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt
(1) Wer öffentlich, in einer Versammlung oder
in der Regel vor, wenn
durch Verbreiten von Schriften, Tonträgern, Ab-
bildungen oder Darstellungen zu einer mit Strafe l. der Täter oder ein anderer Beteiligter eine
bedrohten Handlung auffordert, wird wie ein Waffe bei sich führt, um diese bei der Tat zu
Anstifter bestraft. verwenden, oder
2. der Täter durch eine Gewalttätigkeit den An-
(2) Bleibt die Aufforderung ohne Erfolg, so gegriffenen in die Gefahr des Todes oder
ist die Strafe nach den Vorschriften über die Be- einer schweren Körperverletzung (§ 224)
strafung des Versuchs zu mildern." bringt.
506 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1970, Teil I
(3) Die Tat ist nicht nctch dieser Vorschrift 7. Nach § 125 wird folgende Vorschrift eingefügt:
strafbi.lr, wenn die Amts- oder Diensthandlung
,,§ 125 a
nicht rcchtmi.ißig ist. Dies gilt auch dann, wenn
der Tut.er irri~J annimmt, die Amts- oder Dienst- In besonders schweren Fällen des § 125 ist die
handlung sei rechtmi.ißig. Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu
zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt
(4) Nimmt der Ttiter bei Begehung der Tat in der Regel vor, wenn der Täter
irrig an, die Amts- oder Diensthandlung sei nicht
1. eine Schußwaffe bei sich führt,
rechtmäßig, und konnte er den Irrtum vermei-
den, so kann das Gericht die Strafe nach seinem 2. eine andere Waffe bei sich führt, um diese
Ermessen mildern (§ 15) oder bei geringer Schuld bei der Tat zu verwenden,
von einer Bestrafung mich dieser Vorschrift ab- 3. durch eine Gewalttätigkeit einen anderen in
sehen. Konnle der Täler den Irrtum nicht ver- die Gefahr des Todes oder einer schweren
meiden und Welf ihm nach den ihm bekannten Körperverletzung (§ 224) bringt oder
Umständen auch nicht zuzumuten, sich mit
Rechtsbehelfen gegen die vermeintlich rechts- 4. plündert oder bedeutenden Schaden an frem-
widrige Amts- oder Diensthandlung zu wehren, den Sachen anrichtet."
so ist die Tat nicht nach dieser Vorschrift straf-
bar; war ihm dies zuzumuten, so kann das Ge- Artikel 2
richt die Strafe nach seinem Ermessen mildern
(§ 15) oder von einer Bestrafung nach dieser Unerlaubte Ansammlung
Vorschrift absehen." (1) Ordnungswidrig handelt, wer sich einer öf-
fentlichen Ansammlung anschließt oder ·sich nicht
aus ihr entfernt, obwohl ein Träger von Hoheits-
4. § 114 wird durch folgende Vorschrift ersetzt: befugnissen die Menge dreimal rechtmäßig auf ge-
fordert hat, auseinanderzugehen.
,,§ 114
(2) Ordnungswidrig handelt auch der Täter, der
(l) Der Amtshandlung eines Beamten im Sinne fahrlässig nicht erkennt, daß die Aufforderung recht-
des § 113 stehen Vollstreckungshandlungen von mäßig ist.
Personen gleich, die die Rechte und Pflichten (3) Die Ordnungswidrigkeit kann im Falle des
eines Polizeibeamten haben oder Hilfsbeamte Absatzes 1 mit einer Geldbuße bis zu tausend Deut-
der Staatsanwaltschaft sind, ohne als Beamte an- sche Mark, im Falle des Absatzes 2 mit einer Geld-
gestellt (§ 359) zu sein. buße bis zu fünfhundert Deutsche Mark geahndet
(2) § 113 gilt entsprechend zum Schutz von werden.
Personen, die zur Unterstüt,.;ung bei der Amts- Artikel 3
oder Diensthandlung zugezogen sind." Änderung des Versammlungsgesetzes
Das Versammlungsgesetz vom 24. Juli 1953 (Bun-
5. Die §§ 115 bis 118 werden aufgehoben. desgesetzbl. I S. 684), zuletzt geändert durch das
Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswid-
rigkeiten vom 24. Mai 1968 (Bundesgesetzbl. I
6. § 125 erhält folgende Fassung: S. 503), wird wie folgt geändert:
,,§ 125 1. § 23 wird aufgehoben.
(1) Wer sich an 2. § 29 wird wie folgt geändert:
1. Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Sa-
a) Nummer 4 wird gestrichen;
chen oder b) die bisherigen Nummern 5 und 6 werden
Nummern 4 und 5.
2. Bedrohungen von Menschen mit einer Ge-
walttätigkeit,
Artikel 4
die aus einer Menschenmenge in einer die öffent- Änderung weiterer Gesetze
liche Sicherheit gefährdenden Weise mit verein-
ten Kräften begangen werden, als Täter oder 1. Das Vierte Strafrechtsänderungsgesetz vom
Teilnehmer beteiligt oder wer auf die Menschen- 11. Juni 1957 (Bundesgesetzbl. I S. 597), zuletzt
menge einwirkt, um ihre Bereitschaft zu solchen geändert durch das Achte Strafrechtsänderungs-
Handlungen zu fördern, wird mit Freiheitsstrafe gesetz vom 25. Juni 1968 (Bundesgesetzbl. I
bis zu drei Jahren bestraft, soweit die Tat nicht S. 741), wird wie folgt geändert:
in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe be- a) Artikel 7 Abs. 2 wird wie folgt geändert:
droht ist.
aa) Nummer 5 erhält folgende Fassung:
(2) Soweit die in Absatz 1 Nr. 1, 2 bezeichne- „5. die §§ 113, 114 Abs. 2, §§ 125 und
ten Handlungen in § 113 mit Strafe bedroht sind, 125 a auf Straftaten gegen Soldaten
gilt § 113 Abs. 3, 4 sinngemäß." oder Beamte dieser Truppen;"
Nr. 45 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 21. Mai 1970 507
bb) Nummer 6 wird gestrichen; Abs. 4 Satz 1, 2, § 129 Abs. 5, 6, § 157
cc) die bisherigen Nummern 7 bis 14 werden Abs. 1, 2, § 158 Abs. 1, §§ 233, 311 b Abs. 1
Nummern 6 bis 13. Satz 1, § 315 Abs. 6 Satz 1 und § 316 a
Abs. 2 wird die Verweisung ,,(§ 15)" je-
b) Nach Artikel 7 wird folgende Vorschrift ein- weils ersetzt durch die Verweisung ,, (§ 49
gefügt:
Abs. 2)" '.
„Artikel 7 a
Anwendung von Bußgeldvorschriften zum Artikel 5
Schutz der Vertragsstaaten
des Nordatlantikpaktes Verweisungen
Zum Schutz der in der Bundesrepublik Soweit in anderen Vorschriften auf Vorschriften
Deutschhmd stationierten Truppen der nicht- verwiesen wird, die durch dieses Gesetz geändert
deutschen Vertragsstaaten des Nordatlantik- werden, treten an deren Stelle die geänderten Vor-
paktes, die sich zur Zeit der Tat im räum- schriften.
lichen Geltungsbereich dieses Gesetzes auf-
halten, und der im Land Berlin anwesenden Artikel 6
Truppen einer der Drei Mächte ist Artikel 2
des Dritten Gesetzes zur Reform des Straf- Sonderregelung für Berlin
rechts auf öffentliche Ansammlungen, die ge- (1) Artikel 4 Nr. 1 ist im Land Berlin nicht anzu-
gen Soldaten, Beamte oder von ihnen zur wenden. Artikel 4 Nr. 2 ist in Berlin erst anzuwen-
Unterstützung zugezogene Bedienstete dieser den, wenn das durch ihn geänderte Gesetz vom Land
Truppen gerichtet sind, anzuwenden." Berlin übernommen worden ist.
2. Das Bundesjagdgesetz in der Fassung der Be- (2) Folgende Vorschriften des Strafgesetzbuches
kanntmachung vom 30. März 1961 (Bundesgesetz- sind im Land Berlin mit den nachstehend bezeichne-
blatt I S. 304), zuletzt geändert durch das Erste ten Besonderheiten anzuwenden:
Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 25. Juni
1969 (Bundesgesetzbl. I S. 645), wird wie folgt 1. § 113 ist in folgender Fassung anzuwenden:
geändert:
,,§ 113
a) In § 17 Abs. 2 Nr. 2 wird die Angabe ,,§§ 117,
118 oder" durch die Worte ,,§§ 113, 114, 239 (1) Wer einem Beamten, der zur Vollstrek-
und 240 des Strafgesetzbuches, sofern der- kung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urtei-
jenige, gegen den sich die Tat richtete, sich len, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen be-
in Ausübung des Forst-, Feld-, Jagd- oder rufen ist, bei der Vornahme einer solchen Amts-
Fischereischutzes befand, ferner wegen Zu- handlung mit Gewalt oder durch Drohung mit
widerhandlungen gegen die §§" ersetzt. Gewalt Widerstand leistet oder ihn dabei tätlich
angreift, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei
b) In § 41 wird die Angaoe ,,§§ 117, 118," durch
Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
die Worte ,,§§ 113, 114, 223 bis 228, 239 und
240 des Strafgesetzbuches, sofern derjenige, (2) In besonders schweren Fällen ist die
gegen den sich die Tat richtete, sich in Aus- Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu
übung des Forst-, Feld-, Jagd- oder Fischerei- fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in
schutzes befand, ferner auf Grund der §§" der Regel vor, wenn
ersetzt.
1. der Täter oder ein anderer Beteiligter eine
3. Das Zweite Gesetz zur Reform des Strafrechts Waffe bei sich führt, um diese bei der Tat
vom 4. Juli 1969 (Bundesgesetzbl. I S. 717) wird zu verwenden, oder
wie folgt geändert: 2. der Täter durch eine Gewalttätigkeit den An-
gegriffenen in die Gefahr des Todes oder
a) Artikel 1 Nr. 3 wird wie folgt geändert: einer schweren Körperverletzung (§ 224)
aa) Buchstabe a erhält folgende Fassung: bringt.
,a) In den §§ 80a, 86a Abs. 1, in § 90 (3) Die Tat ist nicht nach dieser Vorschrift
Abs. 1, § 90a Abs. 1, § 90b Abs. 1, strafbar, wenn die Amtshandlung nicht recht-
§ 111 Abs. 1, § 187 a Abs. 1 die mäßig ist. Dies gilt auch dann, wenn der, Täter
Worte ,, , Tontrt,gern, Abbildungen irrig annimmt, die Amtshandlung sei rechtmäßig.
oder Darstellungen";' (4) Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig
bb) Buchstabe c wird gestrichen; an, die Amtshandlung sei nicht rechtmäßig, und
konnte er den Irrtum vermeiden, so kann das
cc) die bisherigen Buchstaben d und e wer- Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern
den Buchstaben c und d. (§ 15) oder bei geringer Schuld von einer Bestra-
fung nach dieser Vorschrift absehen. Konnte der
b) Artikel 1 Nr. 4 erhält folgende Fassung:
· Täter den Irrtum nicht vermeiden und war ihm
,4. In § 83 a Abs. 1, § 84 Abs. 4, 5, § 87 nach den 'ihm bekannten Umständen auch nicht
Abs. 3, § 90 Abs. 2, § 98 Abs. 2, § 113 zuzumuten, sich mit Rechtsbehelfen gegen die
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vermeintlich rechtswidrige Amtshandlung zu Artikel 7
wehren, so ist. die Tat nicht nach dieser Vor- Berlin-Klausel
schrill strafbilf; war ihm dies zuzumuten, so
kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermes- Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1
sen mildern (§ 15) oder von <1iner Bestrafnng des Dritten Uberleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952
nach dieser Vorschrift absehen." (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin.
2. § 114 J\hs. 2 ist in lolgendPr Ft1sstmg cmzuwen-
Artikel 8
den:
Inkrafttreten
"(2) § 113 gilt entsprechend zum Schutz von
Personen, die zur Unterstützung lwi der Amts- Dieses Gesetz lritt am Tage nach seiner Verkün-
handlung zugezogen sind." dung in Kraft.
Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates
sind gewahrt.
Dc1s vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet.
Bonn, den 20. Mai 1970
Der Bundespräsident
Heinemann
Der Bundeskanzler
Brandt
Der Bundesminister der Justiz
Gerhard Jahn
Nr. 45 Tdg der Ausgabe: Bonn, den 21. Mai 1970 509
Gesetz
über Straffreiheit
(Straffreiheitsgesetz 1970)
Vom 20. Mai 1970
Der Bundestaq hell dc1s f olqende Cesetz beschlos- 2. bei Verbrechen und Vergehen, die aus Eigennutz
sen: begangen worden sind;
§ 1 3. bei Verbrechen und Vergehen, wenn eine Frei-
Anwendungsbereich heitsstrafe, einschließlich einer etwaigen Ersatz-
freiheitsstrafe, neun Monate übersteigt.
Wegen Strnfüll.en nach Vorschriften, die durch das
Dritte Gesetz zur Reform des Strafrechts aufgehoben
oder ersetzt werden (§ 2 Abs. 1), sowie wegen Straf- § 3
taten, die in der Zeit vom 1. Januar 1965 bis zum Auswirkungen der Straffreiheit
31. Dezember 1969 durch Demonstrationen oder im
Strafen, die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes
Zusammenhang hiermit begangen worden sind (§ 2
rechtskräftig verhängt sind, werden erlassen, soweit
Abs. 2), wird nach Maßgalw der folgenden Bestim-
sie noch nicht vollstreckt sind. Anhängige Verfahren
mungen Straffreiheit. gewi:.ihrt. Die Straffreiheit erfaßt
werden eingestellt, neue nicht eingeleitet.
rechtskräftig verhtin~1te Strafen, soweit sie noch nicht
vollstreckt sind, sowie zu PrWM1ende Strafen.
§ 4
§ 2 Weitere Erstreckung der Straffreiheit
Rahmen der Straffreiheit (1) Die Straffreiheit erstreckt sich auf Neben-
(1) Straffreiheit wird für Freiheitsstrafen und strafen, soweit sie noch nicht vollstreckt sind, auf
Geldstrafen gewi:ihrt wegen Straftaten nach den Untersagung der Berufsausübung, gesetzliche Ne-
§§ 110, 114 bis l 19 und 125 des Strafgesetzbuches benfolgen sowie auf rückständige Bußen und Kosten,
sowie nach den §§ 2] und 29 Nr. 4 des Versamm- auch wenn die Strafe bei Inkrafttreten dieses Ge-
lungsgesetzes. setzes bereits vollstreckt war. Sie erstreckt sich auch
auf die Schuldfeststellung unter Aussetzung der Ent-
(2) Straffreiheit wird t1uch gewi:ihrt für Freiheits- scheidung über die Verhängung einer Jugendstrafe
strafen und Geldstrafen wegen Straftaten, die durch sowie auf Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel nach
eine zur Meinungsäußerung oder Meinungsbildung dem Jugendgerichtsgesetz.
in öffentlichen Angelegenheiten bestimmte Demon-
stration oder im ZusammenhdDCJ hiermit begangen (2) Die Straffreiheit erstreckt sich nicht auf andere
worden sind. Maßregeln der Sicherung. und Besserung sowie auf
Einziehung und Unbrauchbarmachung. Sie können
(3) Strnffreiheit nc1ch Absatz 2 ist c1usgeschlossen, im selbständigen Verfahren angeordnet werden.
1. bei Verbrechen und Vergehen Sind Maßregeln der Sicherung und Besserung zu ver-
a) wider das Leben (§§ 211 his 222 des Straf- hängen, so gilt § 429 b Abs. 1 und 2 der Strafprozeß-
gesetzbuches), ordnung sinngemäß; in den anderen Fällen richtet
b) der schweren Körperverletzung und der Kör- sich das Verfahren nach den Vorschriften des Vier-
perverletzung mit TodPsfolqe (§§ 224 bis 226 ten Abschnitts des Sechsten Buches der Strafptozeß-
des Strafgesetzbuches), ordnung.
c) des Friedensverrates, Hochverrates und der (3) Wegen der in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten
Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates Maßnahmen kann das Verfahren weitergeführt wer-
sowie des Landesverrates und der Gefährdung den; das Gericht kann durch Beschluß entscheiden,
der äußeren Sicherheit (§§ 80 bis 100 a des wenn dies in einem selbständigen Verfahren zu-
Strafgesetzbuches), lässig wäre.
d) der Volksverhetzunq (§ 130 des Strafgesetz-
§ 5
buches) sowie
e) bei gemeingefährlichen Verbrechen und Ver- Zusammentreffen mehrerer Gesetzesverletzungen
gehen nach den §§ 306 bis 315 a, 315 c bis (1) Sind durch eine und dieselbe Handlung Geset-
316 a, :321 und 324 des Strafgesetzbuches; zesverletzungen, für die Straffreiheit gewährt wird,
510 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1970, Teil I
und andere Gesetzesverletzungen begangen, so er- notwendigen Auslagen, die den dort bezeichneten
streckt sich auf die anderen die Straffreiheit nicht. Beteiligten erwachsen sind, auch angemessen ver-
(2) Ist eine rechtskräfliq verhängte Strafe dem teilt oder nach pflichtgemäßem Ermessen einem der
Gesetz entnommen, für dessen Verletzung Straffrei- Beteiligten auferlegt werden können.
heit gewährt wird, so wird die auf die anderen Ge- (2) War das nach diesem Gesetz eingestellte Ver-
setzesverletzunqcn entfallende Strafe festgesetzt. Ist fahren auf Privatklage eingeleitet, so werden die
die Strafe dem anderen Gesetz entnommen, so wird Kosten des Verfahrens niedergeschlagen. Die dem
sie angemessen Prmüßi~Jl, wenn anzunehmen ist, daß Privatkläger und dem Beschuldigten erwachsenen
das Gericht wc~Jcn der Gesetzesverletzungen, für die notwendigen Auslagen kann das Gericht angemessen
Straffreiheit ~Jewührt wird, auf eine höhere Strafe verteilen oder nach pflichtgemäßem Ermessen einem
erkannt hell. der Beteiligten auferlegen; sie können der Staats-
§ (j kasse auferlegt werden, soweit es unbillig wäre, die
Beteiligten damit zu belasten.
Zusammentreffen mehrerer Straftaten
(3) Für die Nebenklage gilt Absatz 2 Satz 2 ent-
(1) Hat der Täler mehrere sclbsU:indige Handlun- sprechend. Jedoch dürfen die dem Angeschuldigten
gen begangen, die einzeln unter diesf~S Gesetz fallen, erwachsenen notwendigen Auslagen dem Neben-
so kommt es für die Straffreiheit auf die Höhe der kläger nur insoweit auferlegt werden, als sie durch
erkannten oder zu erwartenden Einzelstrafe an.
ein von diesem allein eingelegtes Rechtsmittel ent-
(2) Enthält eine Gesc1mtstrnfe Einzelstrafen wegen standen sind.
Straftaten, für die Straffreiheit gewährt wird, und (4) Gegen die Entscheidungen nach den Absätzen
andere Einzelstrafen, so ist die Strafe neu festzu- 1, 2 Satz 2 und Absatz 3 ist sofortige Beschwerde
setzen. In den Fällen des § 31 Abs. 1 und 2 des
zulässig.
Jugendgerichtsgesetzes gilt dies sinngemäß.
§ 10
§ 7
Ordnungswidrigkeiten
Einstellung des Verfahrens Die §§ 1 und 2 Abs. 2 sowie die §§ 3 bis 5, 8, 9
(1) Uber die Einstellung entscheidet die Staats- Abs. 1 und 4 gelten bei Ordnungswidrigkeiten sinn-
anwaltschaft, solange das Verfahren nicht gerichtlich gemäß.
anhängig ist. Auf Antrag eines Beteiligten entschei-
det das Gericht, das für das Hauptverfahren zustän- § 11
dig wäre; gegen den Beschluß ist sofortige Beschwer- Antrag auf Freispruch
de zulässig.
(1) Auf Antrag des Beschuldigten, der seine Un-
(2) Wird ein gerichtlich anhängiges Strafverfahren schuld geltend macht, wird ein gerichtlich anhängi-
vor der Eröffnung des Hauptverfahrens auf Grund ges Strafverfahren, das auf Grund dieses Gesetzes
dieses Gesetzes durch Beschluß eingestellt, so steht außerhalb der Hauptverhandlung eingestellt wird,
der Staatsanwaltschaft die sofortige Beschwerde zu. fortgesetzt, wenn die Fortsetzung geboten erscheint,
Der Beschluß, der die Anwendbarkeit dieses Geset- weil wegen besonderer Nachteile, die mit dem er-
zes verneint, ist nicht anfechtbar. hobenen Vorwurf verbunden sind, der Beschuldigte
(3) Ist ein Strafverfahren durch einen nicht mehr ein überwiegendes Interesse hat, von diesem Vor-
anfechtbaren Gerichtsbeschluß auf Grund dieses Ge- wurf freigesprochen zu werden. Zieht das Gericht
setzes eingestellt worden, so kann wegen der Tat in der Hauptverhandlung die Einstellung des Ver-
nur auf Grund neuer Tatsachen oder Beweismittel fahrens in Erwägung, so ist dem Angeklagten Gele-
Anklage erhoben werden. genheit zur Stellung des Antrages zu geben: Das
Gericht kan11i die Hauptverhandlung aussetzen.
§ 8 (2) Der Antrag kann nur binnen zweier Wochen
nach der Bekanntgabe des Einstellungsbeschlusses,
Entscheidung bei rechtskräftigen Strafen
in der Hauptverhandlung nur bis zur Beendigung
(1) Bei rechtskräftig verhängten Strafen entschei- der Schlußvorträge, gestellt werden. Für die An-
det bei Zweifeln über den Eintritt und den Umfang tragsbefugnis und die Zurücknahme des Antrages
der Straffreiheit auf Antrag eines Beteiligten das gelten die §§ 297 bis 299, 302 und 303 der Straf-
Gericht. prozeßordnung entsprechend. Gegen den Beschluß,
(2) Das Gericht entscheidet auf Antrag auch über der den Antrag ablehnt, ist sofortige Beschwerde
Festsetzung und Ermäßigung der Strafe· nach den zulässig.
§§ 5 und 6. (3) Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, so ist das
(3) Für das Verfohren gelten die §§ 458, 462 und Verfahren nach den allgemeinen Verfahrensvor-
462 a der Strafprozeßordnung sinngemäß. schriften fortzusetzen. Wäre der Angeklagte ohne
dieses Gesetz freizusprechen, so wird er freigespro-
chen.
§ 9
(4) Wird das fortgesetzte Verfahren auf Grund
Kosten und notwendige Auslagen
dieses Gesetzes eingestellt, so hat der Angeklagte
(1) Wird das Verfahren nach diesem Gesetz ein- die notwendigen Auslagen der Beteiligten und die
gestellt, so sind die §§ 467 und 467 a der Strafprozeß- durch die Fortsetzung des Verfahrens entstandenen
ordnung mit der Maßgabe anzuwenden, daß die Kosten wie ein Verurteilter zu tragen.
Nr. 45 Tag der Ausgabe: Bonn, den 21. Mai 1970 511
§ 12 § 13
Land Berlin Inkrafttreten
Djescs Ccsetz qilt nach Mc1ß9ilbc des § 13 Abs. 1 Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkün-
des Dritten Ohcrlcil.lmgs~Jcsc~tzes vom 4. Januar 1952 dung, jedoch nicht vor dem Dritten Gesetz zur Re-
(Bundes9<)setzhl. 1 S. 1) auch im Lmd Berlin. form des Strafrechts, in Kraft.
Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates
sind gewahrt.
Dc1s vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet.
Bonn, den 20. Mai 1970
Der Bundespräsident
Heinemann
Der Bundeskanzler
Brandt
Der Bundesminister der Justiz
Gerhard Jahn
512 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1970, Teil I
--
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erheblich ausgeweitet. Diese Ausweitung und nicht unwesentliche
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den halbjährlichen Bezugspreis für das Bundesgesetzblatt Teil I und
Teil II auf je DM 25,- und den Einzelverkaufspreis auf DM 0,65
je angefangene 16 Seiten anzuheben.
Wir bitten unsere Bezieher um Verständnis für diese Maßnahme.
BUNDESGESETZBLATT
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Ausfertigung verkündet. In Teil III wird das als fortgeltend festgestellte Bundesred!t auf Grund des Gesetzes ilber die Sammlung des Bundes•
red!ts vom 10. Juli 1958 (Bundesgesetzbl. I S. 437) nach Sachgebieten geordnet veröffentlicht. Bezugsbedingungen für Teil III durch den Verlag.
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