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Bundesgesetzblatt
Teil I
1961 Aus~·egcben zu Bonn am 5. Juli 1961 Nr. 46
Tag Inhalt Seite
29. 6. 61 Drittes Gcselz zur Änderung und Ergänzung des Bundesvertriebenengesetzes............ 81.3
Andcrt 13unde,<;ge.setz/Jl. III 240-1.
30. 6. 01 ßuudessoziaJhiHegesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 815
Andcrt Bundesgesclzbl. lll 240-1, 241-1, 361-1, 362-1.
30. 6. 61 Zwc!ite Verordnung über die Gewährung von Betriebsbeihilfe für Betriebe der Landwirt-
schaft, des Garlen- und des Weinbaues (Gasöl-Betriebsbeihilfe-VO-Landwirtschaft) . . . . . . . . 842
In Teil II Nr. 32, ausgegeben am 1. Juli 1961, sind veröffentlicht: Fünfte Verordnung zur Änderung des Deutschen
Zolltarifs 1961 (Erdbeeren, Apfelkraut usw.). - Neunte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1961
(Angleichungszoll für Vollmilchpulver). - Elfte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1961 (Anglei-
chungszoll für Fondantmasse - Neufassung). - Siebenundzwanzigste Verordnung über Zolltarifänderungen zur
Durchführung des C~cmeinsamcn Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Wälzlagerstahl usw.
- 2. Halbjahr 1961). -- Bekanntmachung über das Inkrafttreten der Vereinbarung und der Verordnung über die
Zusammenlegung der deutschen und niederländischen Grenzabfertigung des Eisenbahngüterverkehrs im Bahnhof
Venlo, - Bekanntmachung über das Inkrafttreten der Vereinbarungen und der Verordnung über die Errichtung
nebenc~inanderliegender nationaler Grenzabfertigungsstellen an der deutsch-belgischen Grenze in Losheimergraben
und die Grenzablertigung in Zügm1 während der Fahrt zwischen den Bahnhöfen Lüttich (Guillemins) und Köln (Hbf).
Drittes Gesetz
zur Änderung und Ergänzung des Bundesvertriebenengesetzes *)
(3. ÄndG BVFG)- .
Vom 29. Juni 1961
Der Bnndestag hat mit Zustimmung des Bundes- sondere Zwangslage anzuerkennen, wenn die
rates das folgende Gesetz beschlossen: Existenzgrundlage zerstört oder entscheidend
beeinträchtigt worden ist oder wenn die Zer-
störung oder entscheidende Beeinträchtigung
Artikel I
nahe bevorstand."
Das Bundesvertriebern~ngesetz in der Fassung vom b) Folgender Absatz 2 wird eingefügt:
14. August 1957 (Bundesgesetzbl. I S. 1215) wird wie
folgt geändert und ergänzt: ,, (2) Von der Anerkennung als Sowjet-
zonenflüchtling ist ausgeschlossen,
1. § 3 wird wie folgt geändert:
1. wer dem in der sowjetischen Besat-
a) Absatz 1 erhält folgende Fassung: zungszone und im sowjetisch be-
,, (1) Sowjetzonenflüchtling ist ein deutscher setzten Sektor von Berlin herr-
Staatsangehöriger oder deutscher Volkszuge- schenden Syst~m erheblich Vor-
höriger, der seinen Wohnsitz in der sowje- schub geleistet hat,
tischen Besatzungszone oder im sowjetisch 2. wer während der Herrschaft des
besetzten Sektor von Berlin hat oder gehabt Nationalsozialismus oder in der
hat und von dort geflüchtet ist, um sich einer sowjetischen Besatzungszone oder
von ihm nicht zu vertretenden und durch die im sowjetisch besetzten Sektor von
politischen Verhältnisse bedingten besonde- Berlin durch sein Verhalten gegen
ren Zwangslage zu entziehen. Eine besondere die Grundsätze der Menschlichkeit
Zwangslage ist vor allem dann gegeben, oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen
wenn eine unmittelbare Gefahr für Leib und hat,
Leben oder die persönliche Freiheit vorge- 3. wer die freiheitliche demokratische
legen hat. Eine besondere Zwangslage ist Grundordnung der Bundesrepublik
auch bei einE!m schweren Gewissenskonflikt Deutschland einschließlich des Lan-
gegeben. Wirtschaftliche Gründe sind als be- des Berlin bekämpft hat."
•) Ändert ßundcsg<;sclzbl. Ill 240-1. c) Der bisherige Absatz 2 wird Absatz 3.
Z 1997 A
814 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1961, Teil I
2. § 4 Abs. 2 erhält folgende Fassung: Eine besondere Zwangslage ist vor allem dann
,, (2) § 1 Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 2 Nr. 1, gegeben, wenn eine unmittelbare Gefahr für
4 bis 6, Abs. 3 und 4 sowie § 3 Abs. 2 Nr. 2 und 3 Leib und Leben oder die persönliche Freiheit
sind sinngemäß anzuwenden." vorgelegen hat. Eine besondere Zwangslage ist
auch bei einem schweren Gewissenskonflikt ge-
3. In § 101 Nr. 1 erhält § 1 Abs. 2 des Notaufnahme- geben. Wirtschaftliche Gründe sind als beson-
gesetzes folgende Fassung: dere Zwangslage anzuerkennen, wenn die
,, (2) Diese besondere Erlaubnis darf Personen Existenzgrundlage zerstört oder entscheidend
nicht verweigert werden, die aus den in Ab- beeinträchtigt worden ist oder wenn die Zerstö-
satz 1 genannten Gebieten geflüchtet sind, um rung oder entscheidende Beeinträchtigung nahe
sich einer von ihnen nicht zu vertretenden und bevorstand."
durch die politischen Verhältnisse bedingten be-
sonderen Zwangslage zu entziehen, es sei denn, Artikel II
daß sie Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1
1. dem in der sowjetischen Besatzungs- des Dritten Uberleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952
zone und im sowjetisch besetzten Sek- (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin.
tor von Berlin herrschenden System
erheblich Vorschub geleistet haben Artikel III
oder
Der Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge
2. während der Herrschaft des National-
und Kriegsgeschädigte wird ermächtigt, den Wort-
sozialismus oder in der sowjetischen
laut des Bundesvertriebenengesetzes in der neuen
Besatzungszone oder im sowjetisch be-
Fassung bekanntzumachen, die sich aus den Ände-
setzten Sektor von Berlin durch ihr
rungen und Ergänzungen in Artikel I und im Elften
Verhalten gegen die Grundsätze der
Gesetz zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes
Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit
vom 29. Juli 1959 (Bundesgesetzbl. I S. 545) ergibt.
verstoßen haben oder
3. die freiheitliche demokratische Grund-
Artikel IV
ordnung der Bundesrepublik Deutsch-
land einschließlich des Landes Berlin Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkün-
bekämpft haben. dung in Kraft.
Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet.
Bonn, den 29. Juni 1961
Der Bundespräsident
Lübke
Der Stellvertreter des Bundeskanzlers
Ludwig Erhard
Der Bundesminister für Vertriebene,
Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte
von Merkatz
Nr. 46 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 5. Juli 1961 815
Bundessozialhilfegesetz (BSHG) *)
Vom 30. Juni 1961
Inhaltsübersicht
§§
Abschnitt 1 Allgemeines .................................. . bis 10
Abschnitt 2 Hilfe zum Lebensunterhalt
Unterabschnitt 1 Personenkreis, Gegenstand der Hilfe . . . . . . . . . . . . 11 bis 17
Unterabschnitt 2 Hilfe zur Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 bis 20
Unterabschnitt 3 Form und Maß der Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 bis 24
Unterabschnitt 4 Folgen bei Arbeitsscheu und unwirtschaftlichem
Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. • 25 und 26
Absdmitt 3 Hilfe in besonderen Lebenslagen
Unterabschnitt 1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 bis 29
Unterabschnitt 2 Hilfe zum Aufbau oder zur Sicherung der Lebens-
grundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
Unterabschnitt 3 Ausbildungshilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 bis 35
Unterabschnitt 4 Vorbeugende Gesundheitshilfe ................. . 36
Unterabsdmitt 5 Krankenhilfe .................................. . 37
Unterabschnitt 6 Hilfe für werdende Mütter und Wöchnerinnen .. . 38
Unterabschnitt 7 Eingliederungshilfe für Behinderte . . . . . . . . . . . . . . 39 bis 47
Unterabschnitt 8 Tuberkulosehilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 bis 66
Unterabschnitt 9 Blindenhilfe . . • . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
Unterabschnitt 10 Hilfe zur Pflege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 und 69
Unterabschnitt 11 Hilfe zur Weiterführung des Haushalts . . . . . . . . . . 70 und 71
Unterabschnitt 12 Hilfe für Gefährdete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 bis 74
Unterabschnitt 13 Altenhilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
Abschnitt 4 Einsatz des Einkommens und des Vermögens
Unterabschnitt Allgemeine Bestimmungen über den Einsatz des
Einkommens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 bis 78
Unterabschnitt 2 Einkommensgrenzen für die Hilfe in besonderen
Lebenslagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 bis 87
Unterabschnitt 3 Einsatz des Vermögens . . . . . . . . . . . .. . . .. . . . . . . .. 88 und 89
Abschnitt 5 Verpffichtungen anderer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 und 91
Abschnitt 6 Kostenersatz .................................. . 92
Absdlnitt 7 Einriddungen, Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 bis 95
Absdmitt 8 Träger der Sozialhilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 bis 102
Abschnitt 9 Kostenerstattung zwischen den Trägem der
Sozialhilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 bis 113
Absdmitt 10 Verfahrensbestimmungen ....................... 114 bis 118
Abschnitt 11 Sonstige Bestimmungen ....... _.................. 119 bis 122
Abschnitt 12 Sonderbestimmungen für Personen mit körperlicher
Behinderung ................................. 123 bis 126
Abschnitt 13 Tuberkulosebekämpiung außerhalb der Sozialhilfe
Unterabschnitt 1 Sonderbestimmungen für Träger der Tuberkulose-
hilfe, die nicht Träger der Sozialhilfe sind ..... 127 bis 131
Unterabschnitt 2 Sonderbestimmungen für sonstige zur Tuberkulose-
bekämpfung verpflichtete Stellen .............. 132 bis 138
Abschnitt 14 Ubergangs- und Schlußbestimmungen ............ 139 bis 153
") .ll.ndert Bundesgesetzbl. III 240-1, 241-1, 361-1, 362-1.
816 Bundesge-setzMatt, Jahrgang 1961, Teil I
Der Bundeslau hat mit Zustimmung des Bundes- § 5
rates das folgende Ceselz beschlossen:
Einsetzen der Sozialhilfe
Die Sozialhilfe setzt ein, sobald dem Träger der
Abschnitt 1 Sozialhilfe oder den von ihm beauftragten Stellen
bekannt wird, daß die Voraussetzungen für die
All gemeines Gewährung vorliegen.
§ 1 § 6
Inhult und Aufgabe der Sozialhilfe Vorbeugende Hilfe, nachgehende Hilfe
(1) Die Sozialhilfe umfaßt Hilfe zum Lebensunter- (1) Die Sozialhilfe soll vorbeugend gewährt wer-
halt und I-füfe in besonderen Lebenslagen. den, wenn dadurch eine dem einzelnen drohende
(2) Aufgabe der Sozialhilfe ist es, dem Empfänger Notlage ganz oder teilweise abgewendet werden
kann. Die Sonderbestimmungen der §§ 36 und 57
der Hilfe die Führung eines Lebens zu ermöglichen,
das der Würde des Menschen entspricht. Die Hilfe gehen der Regelung des Satzes 1 vor.
soll ihn soweit wie möglich befähigen, unabhängig (2) Die Sozialhilfe soll auch nach Beseitigung
von ihr zu leben; hierbei muß er nach seinen Kräf- einer Notlage gewährt werden, wenn dies geboten
ten mitwirken. ist, um die Wirksamkeit der zuvor gewährten Hilfe
zu sichern. Die, Sonderbestimmungen der §§ 40, 49
§ 2 und 50 gehen der Regelung des Satzes 1 vor.
Nachrang der Sozialhilfe
§ 7
(1) Sozinlhilfe erhält nicht, wer sich selbst helfen
kann oder wer <lie erforderliche Hilfe von anderen, Familiengerechte Hilfe
besonders von Angehörigen oder von Trägern an• Bei Gewährung der Sozialhilfe sollen die beson-
derer Sozialleistungen, erhält. deren Verhältnisse in der Familie des Hilfesuchen-
(2) Verpflichtungen anderer, besonders Unter- den berücksichtigt werden. Die Sozialhilfe soll die
haltspflichtiger oder der Träger anderer Sozial- Kräfte der Familie zur Selbsthilfe anregen und den
leistungen, werden durch dieses Gesetz nicht be- Zusammenhalt der Familie festigen.
rührt. Auf Rechtsvorschriflen beruhende Leistur1gen
anderer, auf die jedoch kein Anspruch besteht. § 8
dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach
Formen der Sozialhilfe
diesem Gesetz entsprechende Leistungen vorgesehen
sind. (1) Formen der Sozialhilfe sind persönliche Hilfe,
Geldleistung oder Sachleistung.
§ 3 (2) Zur persönlichen Hilfe gehören auch die Be-
Sozialhilfe nach der Besonderheit des Einzelfalles ratung in Fragen der Sozialhilfe sowie ,die Beratung
in sonstigen sozialen Angelegenheiten, soweit letz-
(1) Art, Form und Maß der Sozialhilfe richten sich
tere nicht von anderen Stellen oder Personen wahr-
nach der Besonderheit: des Einzelfalles, vor allem zunehmen ist. Wird Beratung in sonstigen sozialen
nach der Person des Hilfeempfängers, der Art seines Angelegenheiten auch von Verbänden der freien
Bedarfs und den örtlichen Verhältnissen. Wohlfahrtspflege wahrgenommen, ist de,r Rat-
(2) Wünschen des Hilfeempfängers, die sich auf suchende zunächst hierauf hinzuweisen.
die Gestaltung der Hilfe richten, soll entsprochen
werden, soweit sie angemessen sind und keine un- § 9
vertretbaren Mehrkosten erfordern.
Träger der Sozialhilfe
(3) Auf seinen Wunsch soll der Hilfeempfänger
in einer solchen Einrichtung untergebracht werden, Die Sozialhilfe wird von örtlichen und überört-
in der er durch Geistliche seines Bekenntnisses lichen Trägern gewährt.
betreut werden kann.
§ 10
Verhältnis zur freien Wohlfahrtspflege
§ 4
(1) Die Stellung der Kirchen und ReHgionsgesell-
Anspruch auf Sozialhilfe
schaften des öffentlichen Rechts sowie der Verbände!
(1) Auf Sozialhilfe besteht ein Anspruch, soweit der freien Wohlfahrtspflege als Träger eigener so-
dieses Gesetz bestimmt, daß die Hilfe zu gewähren zialer Aufgaben und ihre Tätigkeit zur Erfüllung
ist. Der Anspruch kann nicht übertragen, verpfändet dieser Aufgaben werden durch dieses Gesetz nicht
oder gepfändet werden. berührt.
(2) Uber Form und Maß der Sozialhilfe ist nach (2) Die Träger der Sozialhilfe .sollen bei der
pflichtmäßigem Ermessen zu entscheiden, soweit Durchführung dieses Gesetzes mit den Kirchen und
dieses Gesetz das Ermessen nicht ausschließt. Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts so-
Nr. 46 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 5. Juli 1961 817
wie den Verbünden cfr~r freien Wohlfahrtspflege zu- Bedürfnissen des täglichen _Lebens gehören in ver-
sarnmeuarlwilen und dubd deren Selbständigkeit tretbarem Umfänge auch Beziehungen zur Umwelt
in Zielsetzung und Durd1führung ihrer Aufgaben und eine Teilnahme am kulturellen Leben.
achten.
(2) Bei Kindern und Jugendlichen umfaßt der not-
(3) Die Zusamrrwna rhei t soll darauf gerichtet sein, wendige Lebensunterhalt auch den besonderen, vor
daß sich die Sozialhilfe und die Tätigkeit der freien allem den durch das Wachstum bedingten Bedarf.
\A/ohlfahrtspllege zum Wohle des Hilfesuchenden
wirksam ergünzen. Die Träger der Sozialhilfe sollen
§ 13
die Verbctnde der freien Wohlfahrtspflege in ihrer
TJtigkeit auf dem Gebiet der Sozialhilfe angemes- Ubernahme von Krankenversicherungsbeiträgen
sen unterstützen. Für Rentenantragsteller, die. nach § 315 a der
(4) Wfrd die Hilfe~ im Uim:elfalle durch die freie Reichsversicherungsordnung krankenversicherungs-
Wohlfahrtspflege gewährleistet, sollen die Träger pflichtig sind, sind die Krankenversicherungsbei-
der Sozialhilfe von der Durchführung eigener Maß- träge zu übernehmen, soweit die Antragsteller die
nahmen absehen; dies gilt nicht für die Gewährung Beiträge zu tragen haben und die Voraussetzungen
von Geldleistungen. des § 11 Abs. 1 erfüllen. § 76 Abs. 2 Nr. 2 gilt
insoweit nicht.
(5) Die Träger der Sozialhilfe können allgemein
an der Durchführung ihrer Aufgaben nach diesem § 14
Gesetz die Verbände der freien Wohlfahrtspflege Alterssicherung
beteiligen oder ihnen die Durchführung solcher Auf-
gaben übertragen, wenn die Verbände mit der Be- Als Hilfe zum Lebensunterhalt können auch die
teiligung oder Ubertragung einverstanden sind. Die Kosten übernommen werden, die erforderlich sind,
Träger der Sozialhilfe bleiben dem Hilfesuchenden um die Voraussetzungen eines Anspruchs auf eine
gegenüber verantwortlich. angemessene Alterssicherung oder auf ein ange-
messenes Sterbegeld zu erfüllen.
§ 15
Abschnitt 2
Bestattungskosten
Hilfe zum Lebensunterhalt Die erforderlichen Kosten einer Bestattung sind
zu übernehmen, soweit dem hierzu Verpflichteten
Unterabschnitt 1
nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.
Personenkreis, Gegenstand der Hilfe
§ 16
§ 11
ßa ushaltsgemeinschaft
Personenkreis
Lebt ein Hilfesuchender in Haushaltsgemeinschaft
(1) Hilfe zum Lebensunterhalt ist dem zu gewäh- mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird ver-
ren, der seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht mutet, daß er von ihnen Leistungen zum Lebens-
oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und unterhalt erhält, soweit dies nach ihrem Einkommen
Mitteln, vor allem aus seinem Einkommen und Ver- und Vermögen erwartet werden kann. Soweit je-
mögen, beschaffen kann. Bei nicht getrennt lebenden doch der Hilfesuchende von den in Satz 1 genannten
Ehegatten sind das Einkommen und das Vermögen Personen Leistungen zum Lebensunterhalt nicht
beider Ehegatten zu berücksichtigen; soweit minder- erhält, ist ihm Hilfe zum Lebensunterhalt zu ge-
jährige unverheiratete Kinder, die dem Haushalt währen.
ihrer Eltern oder eines Elternteiles angehören, den
notwendigen Lebensunterhalt aus ihrem Einkommen § 17
und Vermögen nicht beschaffen können, sind auch Gestaltung der HiHe für Nichtseßhafte
das Einkommen und das Vennögen der Eltern oder
Bei der Gestaltung der Hilfe zum Lebensunterhalt
des Elternteiles zu berücksichtigen.
für einen Nichtseßhaften ist anzustreben, daß er auf
(2) Hilfe zum Lebensunterhalt kann auch dem Dauer seßhaft wird.
gewährt werden, der ein für den notwendigen
Lebensunterhalt ausreichendes Einkommen oder
Vermögen hat, j,edoch einzelne für seinen Lebens- Unterabschnitt 2
unterhalt erforderliche Tätigkeiten nicht verrichten Hilfe zur Arbeit
kann; von dem Hilfeempfänger kann ein angemes-
sener Kostenbeitrag verlangt werden. § 18
Beschaffung des Lebensunterhalts durch Arbeit
§ 12
(1) Jeder Hilfesuchende muß seine Arbeitskraft
Notwendiger Lebensunterhalt zur Beschaffung des Lebensunterhalts für sich und
(l) Der notwendige Lebensunterhalt umfaßt be- seine unterhaltsberechtigten Angehörigen einsetzen.
sonders Ernührung, Unterkunft, Kleidung, Körper- (2) Es · ist darauf hinzuwirken, daß der Hilfe-
pf! ege, Hausrat, Heizung und persönliche Bedürf- suchende sich um Arbeit bemüht und Gelegenheit
nisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen zur Arbeit erhält. Hierbei ist besonders mit den
818 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1961, Teil I
Dienststellen der Bundesanstalt für Arbeitsvermitt- stungen zum Lebensunterhalt benötigt, den Lebens-
lung und Arbeitslosenversicherung zusammenzu- unterhalt jedoch aus eigenen Kräften und Mitteln
wirken. nicht voll beschaffen kann.
(3) Dem Hilfesuchenden darf eine Arbeit nicht (3) Die Hilfe zum Lebensunterhalt in einer An-
zugemutet werden, wenn er körperlich oder geistig stalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrich-
hierzu nicht in der Lage ist oder wenn ihm die tung umfaßt auch ein angemessenes Taschengeld,
künftige Ausübung seiner bisherigen überwiegenden es sei denn, daß dessen bestimmungsmäßige Ver-
Tätigkeit wesentlich erschwert würde. Frauen darf wendung durch oder für den Hilfeempfänger nicht
eine Arbeit nicht zugemutet werden, soweit dadurch möglich ist.
die geordnete Erziehung ihrer Kinder gefährdet
würde; auch sonst sind bei Frauen die Pflichten zu § 22
berücksichtigen, die ihnen die Führung eines Haus-
halts oder die Pflege von Angehörigen auferlegt. Regelbedari
Im übrigen gilt § 78 Abs. 2 des Gesetzes über (1) laufende Leistungen zum Lebensunterhalt
Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung außerhalb von Anstalten, Heimen und gleichartigen
entsprechend. Einrichtungen werden nach Regelsätzen gewährt,
§ 19
soweit es nach der Besonderheit des Einzelfalles
nicht geboten ist, die Leistungen abweichend von
Schaffung von Arbeitsgelegenheiten den Regelsätzen zu bemessen.
(1) Für Hilfesuchende, die keine Arbeit finden (2) Der Bundesminister des Innern erläßt im Ein-
können, sollen nach Möglichkeit Arbeitsgelegenhei- vernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit und
ten geschaffen werden. Sozialordnung und dem Bundesminister der Finan-
(2) Wird für den Hilfesuchenden Gelegenheit zu zen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des
gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit geschaffen, Bundesrates Vorschriften über Inhalt und Aufbau
kann ihm entweder das übliche Arbeitsentgelt oder der Regelsätze sowie über das Verhältnis der Regel-
Hilfe zum Lebensunterhalt zuzüglich einer ange- sätze zum Arbeitseinkommen; die Rechtsverordnung
messenen Entschädigung für Mehraufwendungen kann einzelne laufende Leistungen von der Gewäh-
gewährt werden; zusätzlich ist nur die Arbeit, die rung nach Regelsätzen ausnehmen und über ihre
sonst nicht, nicht in diesem Umfang oder nicht zu Gestaltung Näheres bestimmen.
diesem Zeitpunkt verrichtet werden würde. (3) Die zuständigen Landesbehörden oder die von
(3) Wird im Falle des Absatzes 2 Hilf.e zum ihnen bestimmten Stellen setzen die Höhe der Re-
Lebensunterhalt gewährt, so wird kein Arbeits- gelsätze im Rahmen der Rechtsverordnung nach Ab-
verhältnis im Sinne des Arbeitsrechts und kein satz 2 fest; dabei sind die tatsächlichen Lebens-
Beschä.ftigungsverhältnis im Sinne der gesetzlichen haltungskosten und örtliche Unterschiede zu berück-
Kranken- und Rentenversicherung begründet. Die sichtigen.
Vorschriften über den Arbeitsschutz finden jedoch
Anwendung. § 23
Mehrbedarf
§ 20
(1) Ein Mehrbedarf von zwanzig vom Hundert
Gewöhnung an Arbeit, des maßgebenden Regelsatzes ist anzuerkennen
Prüfung der Arbeitsbereitschaft
1. für Personen, die das fünfundsechzigste
(1) Ist es im Einzelfall erforderlich, einen arbeits- Lebensjahr vollendet haben,
entwöhnten Hilfesuchenden an Arbeit zu gewöh-
nen oder die Bereitschaft eines Hilfesuchenden zur 2. für Personen unter fünfundsechzig Jahren,
Arbeit zu prüfen, soll ihm eine hierfür geeignete die erwerbsunfähig im Sinne der gesetz-
Tätigkeit angeboten werden. lichen Rentenversicherung sind,
3. für werdende Mütter,
(2) Während di,eser Tätigkeit werden dem Hilfe-
suchenden Hilfe zum Lebensunterhalt und eine an- soweit nicht im Einzelfall ein höherer Bedarf be-
gemessene Entschädigung für Mehraufwendungen steht.
gewährt. § 19 Abs. 3 gilt entsprechend. (2) Für Personen, die mit zwei oder drei Kindern
unter sechzehn Jahren zusammenleben und allein
für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein
Unterabschnitt 3 Mehrbedarf von zwanzig vom Hundert des maßge-
benden Regelsatzes anzueirkennen, soweit nicht im
Form und Maß der Leistungen
Einzelfall ein höherer Bedarf besteht; bei vier oder
mehr Kindern erhöht sich der Mehrbedarf auf vier-
§ 21 zig vom Hundert des maßgebenden Regelsatzes.
Laufende und einmalige Leistungen,
(3) Für Erwerbstätige ist ein Mehrbedarf in an-
Taschengeld
gemessener Höhe anzuerk,ennen; dies gilt vor allem
(1) Hilfe zum Lebensunterhalt kann durch laufende für Personen, die trotz beschränkten Leistungsver-
und einmalige Leistungen gewährt werden. mögens einem Erwerb nachg·ehen.
(2) Einmalige Leistungen sind auch zu gewähren, (4) Absatz 1 Nr. 1 bis 3, Absatz 2 und Absatz 3
wenn der Hilfesuchende zwar keine laufenden Lei- sind nebeneinander anzuwenden.
Nr. 46 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 5. Juli 1961 819
§ 24 schlossenen Anstalt nach den Bestimmungen des Ge-
Mehrbedarf für Blinde setzes über das gerichtliche Verfahren bei Freiheits-
entziehungen vom 29. Juni 1956 (Bundesgesetzbl. I
{1) Der Mehrbedarf nach § 23 Abs. 3 ist für S. 599), geändert durch das Gesetz zur Änderung
erwerbstätige Blinde in Höhe des Erwerbseinkom- und Ergänzung kostenrechtlicher Vorschriften vom
mens anzuerkennen, wenn es fünfzig Deutsche Mark 26. Juli 1957 (Bundesgesetzbl. I S. 861, 937), ange-
monatlich nicht übersteigt; übersteigt es diesen Be- ordnet werden. Er ist vor der Einleitung des ge-
trag, so beträgt der Mehrbedarf fünfzig Deutsche richtlichen Verfahrens auf die Möglichkeit der ge-
Mark zuzüglich fünfundzwanzig vom Hundert des richtlichen Anordnung schriftlich hinzuweisen. Das
fünfzig Deutsche Mark übersteigenden Erwerbsein- Grundrecht der Freiheit der Person nach Artikel 2
kommens. Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes wird insoweit ein-
{2) Bei Blinden in Anslalts- oder Heimpflege be- geschränkt.
trägt das Taschengeld das Zweifache des Betrages, (2) Die Unterbringung in einer Anstalt ist nicht
der im allgemeinen bei Anstalts- oder Heimaufent- zulässig bei Personen unter achtzehn Jahren oder
halt als Tasd1engeld gewährt wird. wenn die Anstaltsunterbringung eine außergewöhn-
(3) Als blind im Sinne dieses Gesetzes gilt auch, liche Härte bedeuten würde.
wer eine so geringe Sehschärfe hat, daß er sich in (3) Während des Aufenthalts in der Anstalt ist
einer ihm nicht vertrauten Umgebung ohne fremde auf die Bereitschaft des Untergebrachten hinzuwir-
Hilfe nicht zurechtfinden kann. ken, den Lebensunterhalt für sich und seine Unter-
haltsberechtigten durch Arbeit zu beschaffen. In ge-
eigneten Fällen soll die Ausbildung zu einem ange-
Unterabschnitt 4 messenen Beruf oder zu einer sonstigen angemes-
senen Tätigkeit erstrebt werden.
Folgen bei Arbeitsscheu
und unwirtschaft]ichem Verhalten (4) Die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder
einer mit Freiheitsentziehung verbundenen· Maßre-
§ 25 gel der Sicherung und Besserung geht der Unter-
bringung in einer Anstalt nach Abs•atz 1 vor.
Ausschluß des Anspruchs auf Hilfe, Einschränkung
der Hilfe
(1) Wer sich weigert, zumutbare Arbeit zu lei-
sten, hat keinen Anspruch auf Hilfe zum Lebens- Abschnitt 3
unterhalt. Hilfe in besonderen Lebenslagen
(2) Bei einem Hilfeempfänger, der trotz Beleh-
rung sein unwirtschaftliches Verhalten fortsetzt, Unterabschnitt 1
kann die Hilfe bis auf das zum Lebensunterhalt Un-
Allgemeines
erläßliche eingeschränkt oder auf Hilfe in einer
Anstalt oder in einem Heim beschränkt werden.
§ 27
Ferner kann die Hi1fe bis auf das zum Lebensunter-
halt Unerläßliche eingeschränkt werden bei einem Arten der Hilfe
Hilfesuchenden, der sich ohne berechtigten Grund (1) Die Hilfe in besonderen Lebenslagen umfaßt
weigert, sich einer beruflichen Ausbildung, Fort-
1. Hilfe zum Aufbau oder zur Sicherung der
bildung oder Umschulung zu unterziehen, oder der
Lebensgrundlage,
seine Arbeitsstelle ohne wichtigen oder ohne be-
rechtigten Grund aufgegeben hat oder auf den die 2. Ausbildungshilfe,
übrigen Voraussetzungen des § 79 oder des § 80 3. vorbeugende Gesundheitshilfe,
Abs. 1 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und 4. Krankenhilfe,
Arbeitslosenversicherung zutreffen. 5. Hilfe für werdende Mütter und Wöchne-
(3) Soweit wie möglich ist zu verhüten, daß die rinnen,
unterhaltsberechtigten Angehörigen der in den Ab- 6. Eingliederungshilfe für Behinderte,
sätzen 1 und 2 genannten Personen oder andere mit 7. Tuberkulosehilfe,
ihnen in Haushaltsgemeinschaft lebende Hilfeemp-
8. Blindenhilfe,
fänger durch die Versagung oder die Einschränkung
der Hilfe rnitbetroffen werden. 9. Hilfe zur Pflege,
10. Hilfe zur Weiterführung des Haushalts,
§ 26 11. Hilfe für Gefährdete,
Unterbringung in einer Arbeitseinrichtung 12. Altenhilfe.
(1) Weigert sich jemand trotz wiederholter Auf-
(2) Hilfe kann auch in anderen besonderen Le-
forderung beharrlich, zumutbdre Arbeit zu leisten, bensla.g en gewährt werden, wenn sie den Einsatz
und ist es deshalb notwendig, ihm oder einem Un- öffentlicher Mittel rechtfertigen.
terhaltsberechtigten laufende Hilfe zum Lebens- (3) \,Vird die Hilfe in einer Anstalt, einem Heim
unterhalt zu gewähren, so kann seine Unterbringung oder einer gleichartigen Einrichtung gewährt, um-
zur Arbeitsleistung in einer von der zuständigen faßt die Hilie in besonderen Lebenslagen auch den
Landesbehörde als geeignet anerkannten abge- in der Einrichtung gewährten Lebensunterhalt.
820 Bundesgesetzb1att, Jahrgang 1961, Teil I
§ 28 § 32
Personenkreis Voraussetzungen
Hilfe in besonderen Lebenslagen wird nach den (1) Die Hilfe zur Ausbildung für einen angemes-
Bestimmungen dieses Abschnitts gewährt, soweit senen Beruf wird nur gewährt, wenn
dem Hilfesuchenden, seinem nicht getrennt leben- 1. der Auszubildende für den Beruf geeignet
den Ehegatten und, wenn er minderjährig und un- ist,
verheiratet ist, auch seinen Eltern die Aufbringung
2. die Leistungen des Auszubildenden die
der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach
Gewährung der Hilfe rechtfertigen,
den Bestimmungen des Abschnitts 4 nicht zuzu-
muten ist. 3. der beabsichtigte Ausbildungsweg fachlich
notwendig ist,
§ 29 4. der Beruf voraussichtlich eine ausreichende
Erweiterte Hilfe, Aufwe:ndungsersatz Lebensgrundlage bietet.
In begründeten Fällen kann Hilfe über § 28 hin- (2) Die Hilfe zur Ausbildung für eine sonstige
aus zunächst auch insoweit gewährt werden, als den angemessene Tätigkeit wird nur gewährt, wenn
dort genannten Personen die Aufbringung der Mit- eine, Berufsausbildung aus besonderen Gründen
tel aus dem Einkommen oder Vermögen zuzumuten unterbleibt. Absatz 1 Nr. 1 bis 3 gilt entsprechend.
ist. In diesem Umfange haben sie dem Träger der (3) Die Hilfe zum Besuch einer höheren Schule,
Sozialhilfe die Aufwendungen zu ersetzen. einer Hochschule oder einer Einrichtung, deren Aus-
bildungsabschluß dem der höheren Schule gleich-
gestellt ist, wird nur gewährt, wenn die Fähigkeiten
und Leistungen des Auszubildenden erheblich über
Unterabschnitt 2 dem Durchschnitt liegen oder wenn ein Abbruch
Hilfe zum Aufbau oder zur Sicherung der Ausbildung für ihn eine besondere Härte be-
der Lebensgrundlage deuten würde. Für die Hilfe zum Besuch einer
Fachschule gilt Satz 1 mit der Maßgabe, daß die
§ 30 Fähigkeiten und Leistungen des Auszubildenden
über dem Durchschnitt liegen. Für die Hilfe zum Be-
(1) Personen, denen eine ausreichende wirt- such einer mittleren Schule oder einer Einrichtung,
schaftliche Lebensgrundlage fehlt oder bei denen deren Ausbildungsabschluß dem der mittleren
sie gefährdet ist, kann Hilfe gewährt werden. Die Schule gleichgestellt ist, gilt Absatz 1 Nr. 2.
Hilfe soll dazu dienen, ihnen den Aufbau oder die
Sicherung einer Lebensgrundlage durch eigene {4) Wird die Ausbildung nach der Vollendung
Tätigkeit zu ermöglichen. des fünfundzwanzigsten Lebensjahres begonnen, so
wird die I-filfe nur gewährt, wenn die Besonderheit
(2) Die Hilfe soll in der Regel nur gewährt wer- des Falles oder die Art der Ausbildung dies recht-
den, wenn dem Hilfesuchenden sonst voraussicht- fertigt.
lich Hilfe zum Lebensunterhalt gewährt werden
müßte. § -33
(3) Geldleistungen können als Beihilfe oder Dar-
Umfang der Hilfe
lehen gewährt werden.
(1) Die Hilfe umfaßt die erforderlichen Leistungen
für den Lebensunterhalt und für die Ausbildung.
(2) Für den Lebensunterhalt gelten die Bestim-
Unterabschnitt 3 mungen des Abschnitts 2. Für Auszubildende, die
Ausbildungshilfe nicht mehr im volksschulpflichtigen Alter sind, ist
für den laufenden Lebensunterhalt ein Mehrhedarf
§ 31 von fünfzig vom Hundert des maßgebenden Regel-
satzes anzuerkennen, wenn der Lebensunterhalt
Inhalt nach Regelsätzen zu bemessen ist. Satz 2 und § 23
(1) Zur Ausbildung für einen angemessenen Be- mit Ausnahme des Absatzes 3 sind nebeneinander
ruf oder für eine sonstige angemessene Tätigkeit ist anzuwenden.
dem Auszubildenden Ausbildungshilfe zu gewähren. (3) Der Bundesminister des Innern kann durch
(2) Ausbildungshilfe ist auch zum ßesuch einer Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates
mittleren oder höheren Schule oder einer Fachschule Näheres über Art und Maß der in Absatz 1 ge-
zu gewähren. Zum Besuch einer Hochschule sowie nannten Leistungen bestimmen.
einer Einrichtung, deren Ausbildungsabschluß dem
der mittleren oder höheren Schule gleichgestellt ist,
soll sie gewährt werden. § 34
(3) Ausbildungshilfe ist ferner zur Teilnahme an Darlehen
Vorbereitungsmaßnahmen zu gewähren, die gebo- Für die Ausbildung an einer Hochschule oder
ten sind, um ,eine spätere Ausbildung oder die Fachschule kann die Hilfe für einen angemessenen
spätere Ausübung eines Berufs oder einer sonstigen Zeitraum vor dem Abschluß der Ausbildung als
angemess<~nen Tätigkeit zu ermöglichen. Darlehen gewährt werden.
Nr. 46 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 5. Juli 1961 821
§ 35 Unterabschnitt 6
Beteiligung anderer Stellen Hilfe für werdende Mütter
und Wöchnerinnen
Die Voraussetzungen der Hilfe zur Ausbildung
für einen angemessenen Beruf oder für eine sonstige
§ 38
angemessene Tüti9kcit oder zum Besuch einer Fach-
schule sind im Benelrnwn mit den Dienststellen der (1) \Nerdenden Müttern und Wöchnerinnen ist
Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeits- Hilfe zu gewähren.
losenversicherung zu prüfen. Vor der Entscheidung (2) Die Hilfe umfaßt Hebammenhilfe, ärztliche Be-
über die Hilfe zum Besuch einer mittleren oder hö- handlung, Versorgung mit Arznei- und Heilmitteln,
heren Schule, einer Einrichtung der in § 31 Abs. 2 einen Entbindungskostenbeitrag und Stillgeld; die
Satz 2 genannten Art, einer Fuchscbule oder Hoch- Leistungen sollen nach Maß und Form in der Regel
schule ist: die Schule, die Einrichtung oder die Hoch- den Leistungen entsprechen, die nach den Vorschrif-
schule zu hören. ten über die gesetzliche Krankenversicherung den
Familienangehörigen eines Versicherten gewährt
werden. Die Hilfe umfaßt auch Vorsorgeuntersu-
Unforabschnill. 4 chungen, soweit diese nach den Vorschriften über
Vorbeugende Gesundheitshilfe die gesetzliche Krankenversicherung den Familien-
angehörigen eines Versicherten zu gewähren sind.
Außerhalb einer Anstalt oder eines Heims sind für
§ 36
sechs zusammenhängende Wochen vor der Entbin-
(1) Personen, bei denen nach ärztlichem Urteil dung und sechs zusammenhängende Wochen nach
eine Erkrankung oder ein sonstiger Gesundheits- der Entbindung angemessene Ernährungszulagen zu
schaden einzutreten droht, soll vorbeugende Ge- g,e,währen. Satz 3 und § 23 Abs. 1 Nr. 3 sind neben-
sundheitshilfe gewährt werden. Außerdem können einander anzuwenden.
zur Früherkennung von Krankheiten Vorsorge- (3) Zur Entbindung in einer Anstalt oder einem
untersuchungen gewährt werden. Heim soll Hilfe gewährt werden, wenn die Auf-
(2) Zu den Maßnahmen der vorbeugenden Ge- nahme in eine Anstalt oder ein Heim aus gesund-
sundheitshilfe gehören vor allem die nach ärzt- heitlichen oder sonstigen Gründen geboten ist.
lichem Gutachten im Einzelfall erforderlichen Maß-
nahmen der Erholung, besonders für Kinder,
Jugendliche und alte Menschen sowie für Mütter in
geeigneten Müttergenesungsheimen. Unterabschnitt 7
(3) Die gesetzlichen Auf gaben der Gesundheits- Eingliederungshil.fe für Behinderte
ämter bleiben unberührt.
§ 39
Personenkreis und Aufgabe
Unterabschnitt 5 (1) Eingliederungshilfe ist zu gewähren
Krankenhilfe 1. Körperbehinderten oder von ,e,iner Kör-
perbehinderung bedrohten Personen,
§ 37 2. Blinden, von Blindheit bedrohten oder
nicht nur vorübergehend hochgradig seh-
(1) Kranken ist Krankenhilfe zu gewährer ..
sch wachen Personen,
(2) Die Krankenhilfe umfaßt ärztliche und zahn- 3. Personen, die durch eine Beeinträchtigung
ärztliche Behandlung, Versorgung mit Arzneimit- der Hörfähigkeit nicht nur vorübergehend
teln, Verbandmitteln und Zahnersatz, Krankenhaus- wesentlich behindert oder von ,e,iner sol-
behandlung sowie sonstige zur Genesung, zur chen Behinderung bedroht sind,
Besserung oder zur Linderung der Krankheitsfolgen
4. Personen, die durch eine Beeinträchtigung
erforderliche Leistungen.
der Sprachfähigkeit nicht nur vorüber-
(3) Der Kranke hat die freie Wahl unter den gehend wesentlich behindert oder von
niedergelassenen Ärzten, die sich zur ärztlichen einer solchen Behinderung bedroht sind,
Behandlung im Rahmen der Krankenhilfe zu den 5. Personen, deren geistige Kräfte schwach
Mindestsätzen der amtlichen Gebührenordnung oder entwickelt sind.
zu den nach § 368 n Abs. 1 Satz 4 der Reichsver-
sicherungsordnung von den Kassenärztlichen Ver- Körperbehinderte im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 sind
einigungen oder zu den nach landesrechtlichen Personen, die in ihrer Bewegungsfähigkeit durch
Vorschriften von den Ärztekammern mit den Trä- eine Beeinträchtigung ihres Stütz- oder Bewegungs-
gern der Sozialhilfe vereinbarten Bedingungen systems nicht nur vorübergehend wesentlich behin-
bereit erklären. dert sind oder bei denen wesentliche Spaltbildungen
des Gesichts oder des Rumpfes bestehen.
(4) Freie Arztwahl besteht auch bei allen ärzt-
lichen Maßnahmen nach den § § 36, 38, 40 Abs. 1 (2) Anderen Personen mit einer körperlichen,
Nr. 1 und 2, § 49 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 und den §§ 57 geistigen oder seelischen Behinderung kann Ein-
und 58. gliederungshilfe gewährt werden.
822 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1961, Teil I
(3) Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es, eine (2) Für den Lebensunterhalt gelten die Bestim-
drohende Behinderung zu verhüten oder eine vor- mungen des Abschnitts 2. Für Behinderte, die nicht
handene Behinderung oder deren Folgen zu besei- mehr im volksschulpflichtigen Alter sind, ist für
tigen oder zu mildern und dabei dem Behinderten den laufenden Lebensunterhalt ein Mehrbedarf von
die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu mindestens fünfzig vom Hundert des maßgebenden
ermöglichen oder zu erleichtern. Hierzu gehört vor Regelsatzes anzuerkennen, wenn der Lebensunter-
allem, dem Behinderten die Ausübung eines ange- halt nach Regelsätzen zu bemessen ist. Satz 2 und
messenen Berufs oder einer sonstigen angemesse- § 23 mit Ausnahme des Absatzes 3 sind neben-
nen Tätigkeit zu ermöglichen oder ihn wenigstens einander anzuwenden.
unabhängig von Pflege zu machen. (3) Die Bestimmungen der Absätze 1 und 2 kön-
nen auch nach Beendigung der in § 40 Abs. 1 Nr. 3
§ 40
bis 5 genannten Maßnahmen während einer ange-
Maßnahmen der Hilfe messenen Ubergangszeit, vor allem einer Ein-
(1) Maßnahmen der Eingliederungshilfe sind vor arbeitungszeit, angewendet werden.
allem
1. ambulante oder stationiire Behandlung oder
§ 42
sonstige ärztliche oder ärztlich verordnete
Maßnahmen zur Verhütung, Beseitigung Lebensunterhalt für andere Personen
oder Milderung der Behinderung, (1) Erfordert die Behinderung stationäre Behand-
2. Versorgung mit Körperersatzstücken so- lung oder arbeits- und berufsfördernde Maßnahmen,
wie mit orthopädischen oder anderen Hilfs- sollen die Leistungen, die für die von dem Behin-
mitteln, derten bisher auf Grund rechtlicher oder sittlicher
3. Hilfe zu einer angemessenen Schulbil- Pflicht überwi,egend unterhaltenen Personen nach
dung, mindestens im Rahmen der allgemei- Regelsätzen zu gewähren sind, angemessen erhöht
nen Schulpflicht, falls erforderlich auch werden; sie sollen so bemessen werden, daß der
darüber hinaus; die Bestimmungen über Wille des Behinderten zur Selbsthilfe gestärkt und _
die Ermöglichung der Schulbildung im eine nicht zumutbare Beeinträchtigung der Lebens-
Rahmen der allgemeinen Schulpflicht blei- haltung des Behinderten und der von ihm bisher
ben unberührt, auf Grund rechtlicher oder sittlicher Pflicht über-
4. Hilfe zur Ausbildung für einen angemes- wiegend unterhaltenen Personen vermieden wird.
senen Beruf oder für eine sonstige ange- (2) § 41 Abs. 3 gilt entsprechend.
messene Tätigkeit,
5. Hilfe zur Fortbildung im früheren oder
§ 43
einem diesem verwandten Beruf oder zur
Umschulung für einen angemessenen Be- Erweiterte Hilfe
ruf oder eine sonstige angemessene Tätig- Erfordert die Behinderung Gewährung der Hilfe
keit; Hilfe kann auch zum Aufstieg im in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleicharti-
Berufsleben gewährt werden, wenn die g1en Einrichtung oder ambulante Behandlung, ist
Besonderheit des Einzelfalles dies recht- die Hilfe hierfür auch dann in vollem Umfang zu
fertigt, gewähren, wenn den in § 28 genannten Personen
6. Hilfe zur Erlangung eines geeigneten die Aufbringung der Mittel zu einem Teil zuzumu-
Platzes im Arbeitsleben, ten ist. In Höhe dieses Teils haben sie zu den
7. nachgehende Hilfe zur Sicherung der Kosten der Hilfe beizutragen.
Wirksamkeit der ärztlichen oder ärztlich
verordneten Maßnahmen und zur Siche- § 44
rung der Eingliederung des Behinderten
in das Arbeitsleben. Vorläufige Hilfeleistung
(2) Behinderten, bei denen wegen der Schwere Steht nicht fest, ob ein anderer als der Träg,er der
ihrer Behinderung arbeits- und berufsfördernde Sozialhilfe oder welcher andere zur Hilfe verpflich-
Maßnahmen nach Absatz 1 nicht möglich sind, soll tet ist, hat der Träger der Sozialhilfe die notwen-
nach Möglichkeit Gelegenheit zur Ausübung einer digen Maßnahmen unverzüglich durchzuführen,
der Behinderung entsprechenden Tätigkeit gegeben wenn zu befürchten ist, daß sie sonst nicht oder
werden. nicht rechtzeitig durchgeführt werden.
(3) Soweit es im Einzelfall gerechtfertigt ist, kön-
nen Beihilfen an den Behinderten oder seine Ange- § 45
hörigen zum Besuch während der Durchführung der
Maßnahmen der Eingliederungshilfe in einer An- Versagung der Hilie
stalt, einem Heim oder einer gleichartig,en Einrich- Wird der Erfolg der Hilfe durch den Behinderten
tung gewährt werden. oder durch den, der nach den Vorschriften des
Bürgerlichen Gesetzbuches für die Person des Be-
§ 41
hinderten zu sorgen hat, schuldhaft gefährdet, kann
Lebensunterhalt für Behinderte die Weitergewährung der Hilfe ganz oder teilweise
(1) Die Hilfe nach § 40 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 umfaßt versagt werden; der Behinderte, der Sorgepflichtige
auch den Lebensunterhalt des Behinderten. und der behandelnde Arzt sind zu hören.
Nr. 46 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 5. Juli 1961 823
§ 46 3. ambulante Behandlung einschließlich der
Gesamtplan hierzu erforderlichen Kontrolluntersuchun-
gen,
(1) Der Träger der Sozialhilfe stellt so frühzeitig
4. Versorgung mit Arznei-, Heil- und Ver-
wie möglich einen Gesamtplan zur Durchführung bandmitteln,
der einzelnen Maßnahmen auf; bei Körperbehinder-
ten oder von einer Körperbehinderung bedroht,en 5. Behandlung in Kur- und Badeorten,
Personen ist er im Benehmen mit dem Gesundheits- 6. häusliche Wartung und Pflege,
amt aufzustellen. 7. Versorgung mit Körperersatzstücken so-
(2) Bei der Aufstellung des Gesamtplans und der wie mit orthopädischen und. anderen Hilfs-
Durchführung der Maßnahmen soll der Träger der mitteln im Zusammenhang mit den übrigen
Sozialhilfe mit dem Behinderten und den sonst im Maßnahmen der Heilbehandlung,
Einzelfalle Beteiligten, vor allem mit dem behan- 8. nachgehende Hilfe zur Sicherung der
delnden Arzt, dem Gesundheitsamt, dem Landes- Wirksamkeit ärztlicher Maßnahmen.
arzt (§ 125) und den Dienststellen der Bundesanstalt (3) Die stationäre Behandlung schließt die gleich-
für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversiche- zeitige Behandlung anderer Krankheiten ein; sie
rung, zusammenwirken. schließt auch die zahnärztliche Behandlung und die
Versorgung mit Zahnersatz ein, soweit diese für
§ 47 die Vorbereitung oder Durchführung der stationären
Bestimmungen über die Durchführung der Hilfe Behandlung erforderlich sind.
Die Bundesregierung kann durch Rechtsverord-
nung mit Zustimmung des Bundesrates Bestimmun- § 50
gen über die Abgrenzung des Personenkreises der Hilfe zur Eingliederung in das Arbeitsleben
Behinderten, über Art und Umfang der Maßnahmen
(1) Dem Kranken oder Genesenen ist Hilfe zur
der Eingliederungshilfe sowie über das Zusammen- Eingliederung in das Arbeitsleben zu gewähren, so-
wirken mit anderen Stellen, die der Eingliederungs-
weit die Krankheit oder ihre Auswirkungen beson-
hilfe entsprechende Maßnahmen durchführen, er-
dere Maßnahmen erfordern. Die Hilfe muß den
lassen.
Kräften und der Eignung des Kranken oder Gene-
senen entsprechen. Sie soll dazu beitragen, daß er
die Auswirkungen der Krankheit soweit wie mög-
Unterabschnitt 8 lich überwindet.
Tuberkulosehilfe (2) Die Hilfe umfaßt die in § 40 Abs. 1 Nr. 3 bis
6 genannten Maßnahmen, die im Zusammenhang
§ 48 mit ihnen erforderliche Versorgung mit Körper-
Aufgabe und Umfang ersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfs-
mitteln sowie nachgehende Hilfe zur Sicherung der
(1) Aufgabe der Tuberkulosehilfe ist es, die Eingliederung in das Arbeitsleben. § 46 gilt ent-
Heilung Tuberkulosekranker zu fördern und zu
sprechend.
sichern sowie die Umgebung der Kranken gegen
die Ubertragung der Tuberkulose zu schützen. (3) Während de,r stationären Behandlung soll
dem Kranken nach Möglichkeit Gelegenheit gegeben
(2) Die Tuberkulosehilfe umfoßt werden, seine beruflichen Kenntnisse zu erhalten
1. Heilbehandlung, und zu erweitern.
2. Hilfe zur Eingliederung in das Arbeits- (4) Arbeitswilligen Kranken, die in absehbarer
leben,
Zeit in das allgemeine Arbeitsleben nicht eingeglie-
3. Hilfe zum Lebensunterhalt, dert werden können, soll Gelegenheit gegeben
4. Sonderleistungen, werden, eine geeignete Tätigkeit auszuüben, soweit
5. vorbeugende Hilfe. ihr Gesundheitszustand dies zuläßt.
(3) \!'legen Tuberkulose wird Hilfe nach den
§§ 36 und 37 nicht gewährt. Auf die Tuberkulose- § 51
hilfe ist § 2 Abs. 2 Satz 2 nicht anzuwenden. Hilfe zum Lebensunterhalt
Für die Hilfe zum Lebensunterhalt gelten die Be-
§ 49 stimmungen des Abschnitts 2, soweit die §§ 52 bis
Heilbehandlung 55 nichts anderes bestimmen.
(1) Dem Kranken ist Heilbehandlung zu gewäh-
§ 52
ren.
(2) Die Heilbehandlung umfaßt je nach den Empfänger der Hilfe zum Lebensunterhalt
Erfordernissen des Einzelfalles Hilfe zum Lebensunterhalt ist zu gewähren
1. stationäre Behandlung einschließlich der 1. dem Kranken,
Dauerbehandlung, 2. dem Genesenen für die Dauer der Maßnahmen
2. stationäre Beobachtung, auch zur Klärung zur Eingliederung in das Arbeitsleben nach
diagnostischfü Fragen, § 50 in Verbindung mit § 40 Abs. 1 Nr. 3 bis 5,
824 Bundesges,etzblatt, Jahrgang 1961, Teil I
3. den Personen, zu deren Unterhalt der Kranke bei Teilzeit- oder Leichtarbeit oder beim Bezuge
oder Genesene verpflichtet ist, wenn sie bis von Arbeitslosengeld oder Unterstützung aus der
zur Erkrankung mit ihm in häuslicher Gemein- Arbeitslosenhilfe Die Hilfe soll jedoch in der Regel
schaft gelebt haben oder wenn seine Unter- nicht länger als zwei Jahre nach Beendigung der
haltspflicht nach diesem Zeitpunkt entstanden Heilbehandlung oder der Maßnahmen zur Ein-
ist, gliederung in das Arbeitsleben nach § 50 in Ver-
4. den Personen, denen der Kranke oder Genesene bindung mit § 40 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 gewährt werden.
oder sein nicht getrennt lebender Ehegatte bis
zur Erkrankung auf Grund rechtlicher oder § 56
sittlicher Pflicht regelmäßig Unterhalt gewährt
hat. Sonderleistungen
Anderen Personen soll Hilfe zum Lebensunterhalt (1) Als Sonderleistungen sollen, soweit im Einzel-
gewährt werden, wenn sie in Wohng,emeinschaft fall geboten, gewährt werden
mit einem Kranken leben, der an einer ansteckungs- 1. Beihilfen zur Haltung von Ersatzkräften im
fähigen Tuberkulose leidet. Haushalt oder Kleinbetrieb,
2. Mitwirkung bei der Wohnungsbeschaffung.
§ 53
Die Leistung nach Nummer 2 wird ohne Rücksicht
Form und Maß der Hilfe zum Lebensunterhalt auf vorhandenes Einkommen oder Vermögen ge-
(1) Form und Maß der Hilfe zum Lebensunter- währt.
halt müssen den durch die Krankheit verursachten (2) Als Sonderleistungen können, soweit dies im
besonderen Bedürfnissen des Kranken oder Gene- Einzelfall gerechtfertigt ist, gewährt werden
senen sowie der anderen in § 52 genannten 1. Beihilfen oder Darlehen zur Verbesserung
Personen entsprechen. der Wohnverhältnisse,
(2) Soweit der Lebensunterhalt nach Regelsätzen 2. Beihilfen an den Kranken oder seine An-
zu bemessen ist, ist ein Mehrbedarf von fünfzig gehörigen zum Besuch während der sta-
vom Hundert des maßgebenden Regelsatzes anzu- tionären Behandlung und der stationären
erkennen. Außerdem sind dem KrankeP oder Maßnahmen zur Eingliederung in das Ar-
Genesenen und den anderen in § 52 genannten beitsleben.
Personen, die tuberkulosegefährdet oder -bedroht
sind, nach rlern Bedürfnis des Einzelfalles besondere § 57
Ernährungszulagen zu gewähren. Vorbeugende Hilfe
(3) § 23 ist neben Absatz 2 anzuwenden, § 23 (1) Vorbeugende Hilfe ist Minderjährigen und
Abs. 1 Nr. 2 nur, wenn die Erwerbsunfähigkeit nicht ihren Müttern zu gewähren, wenn sie in Wohnge-
durch Tuberkulose verursacht worden ist. meinschaft mit einem Kranken leben, der an einer
(4) Die Hilfe zum Lebensunterhalt für die in § 52 ansteckungsfähigen Tuberkulose leidet. Sie kann
Satz 1 genannten Personen, die nicht mit dem auch anderen Personen aus der Umgebung eines
Kranken oder Genesenen in häuslicher Gemein- Tuberkulosekranken gewährt werden.
schaft leben oder bis zur Erkrankung gelebt haben, (2) Die vorbeugende Hilfe umfaßt alle Maßnah-
soll nicht höher sein als die Leistungen, die der men, die geeignet sind, die in Absatz 1 genannten
Kranke oder Genesene oder sein nicht getrennt Personen gegen die Ubertragung der Krankheit
!,ebender Eheg atte ihnen vor der Erkrankung durch-
1
oder eine erneute Erkrankung widerstandsfähig zu
schnittlich gewährt hat. machen.
§ 54 § 58
Hilfe zum Lebensunterhalt in Sonderfällen Erweiterte Hilfe
Ist dem Kranken auf Grund eines strafgerichtlichen Heilbehandlung und Hilfe zur Eingliederung in
Urteils oder einer sonstigen richterlichen· Ent- das Arbeitsleben sind auch dann in vollem Umfange
scheidung die Freiheit entzogen, so wird den zu gewähren, wenn den in § 28 genannten Personen
anderen in § 52 genannten Personen Hilfe zum die Aufbringung der Mittel zu einem Teil zuzumu-
Lebensunterhalt als Tuberkulosehilfe nur gewährt, ten ist. In Höhe dieses Teils haben sie zu den
wenn der Kranke vor der Freiheitsentziehung in Kosten der Hilfe beizutragen.
häuslicher Gemeins(~haft mit ihnen gelebt hat. Die
Hilfe wird außer im Falle der Untersuchungshaft § 59
nur bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Be-
ginn der Freiheitsentziehung gewährt. Vorläufige Hilfeleistung
(1) Steht nicht fest, ob ein anderer als der Träger
§ 55 der Sozialhilfe oder welcher andere zur Hilfe ver-
pflichtet ist, hat der Träger der Sozialhilfe die not-
Hilfe zum Lebensunterhalt während einer wendigen Maßnahmen unverzüglich durchzuführen,
Ubergangszeit wenn zu befürchten ist, daß sie sonst nicht oder nicht
Hilfe zum Lebensunterhalt soll, soweit angemes- rechtzeitig durchgeführt werden. Sind in anderen
sen, auch während einer Ubergangsz,eit gewährt Fällen Maßnahmen der Heilbehandlung unaufschieb-
werden, besonders während einer Einarbeitungszeit, bar, hat der Träger der Sozialhilfe sie einzuleiten.
Nr. 46 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 5. Juli 1961 825
(2) Der Träger der Sozialhilfe hat die Stelle, die § 64
er zur Gewährung der Hilfe für verpflichtet hält, · Beratung, Aufklärung, Weisungen
unverzüglich über seine Maßnahmen zu unterrich-
ten. Die verpl1ichtete SteJle hat die dem Träger der (1) Der Träger der Sozialhilfe und das Gesund-
Sozialhilfe entstandenen Kosten zu erstatten; für heitsamt haben den Kranken oder Genesenen, die
die Erslüttungspflicht der Träger der gesetzlichen Personen, die mit ihm in häuslicher Gemeinschaft
Krnnkenversicherung gelten die §§ 1531 bis 1543 leben oder bis zur Erkrankung gelebt haben, sowie
der Reichsversicherungsordnung entsprechend. die sonstigen Hilfeempfänger zu beraten und in
geeigneter Vv eise aufzuklären, wie die Heilung ge-
fördert und gesichert, die Pflege durchgeführt und
§ 60 die Ansteckung vermieden werden kann. Falls er-
forderlich, kann der Träger der Sozialhilfe oder das
Weiterbestehen der sachlichen Zuständigkeit Gesundheitsamt den in Satz 1 genannten Personen
Andern sich nach der Feststellung der Behand- Weisungen erteilen; der Kranke darf jedoch nicht
lungsbedürftigkeit durch einen amtlich bestellten verpflichtet werden, sich einer Behandlung, die mit
Arzt die Umstände, welche die sachliche Zuständig- einer erheblichen Gefahr für Leben und Gesundheit
keit eines Trägers der Sozialhilfe begründet haben, verbunden ist, oder einer Operation, die einen er-
so bleibt seine Zuständigkeit bis zur Beendigung heblichen Eingriff in die körperliche Unyersehrt-
der Heilbehandlung bestehen. Dies gilt jedoch nicht heit bedeutet, zu unterziehen.
in den Fällen des § 59 und nicht über den Ablauf
(2) Die in Absatz 1 Satz 1 genannten Personen
des dritten Monats hinaus, der auf die Entlassung
sind verpflichtet, dem Träger der Sozialhilfe und
aus der stationären Behandlung folgt. dem Gesundheitsamt die zur Bekämpfung der Tu-
berkulose erforderlichen Auskünfte zu geben und
ihren Weisungen zu folgen. Verstößt der Kranke,
§ 61
der Genesene oder ein sonstiger Hilfeempfänger in
Ubernahme von Kosten durch den Träger der grober Weise oder beharrlich gegen eine Weisung
Sozialhilfe des Trägers der Sozialhilfe oder gefährdet er vor-
Der Träger der Sozialhilfe ist nicht verpflichtet, sätzlich oder grobfahrlässig andere Personen, den
Kosten für eine Maßnahme zu übernehmen, die Erfolg der Heilbehandlung oder einer Maßnahme
nicht von ihm veranlaßt oder genehmigt ist, außer zur Eingliederung in das Arbeitsleben, so können
wenn die Maßnahme von einer Stelle eingeleitet ist, die Hilfe zu seinem Lebensunterhalt bis auf das
die im Falle von Tuberkulose Leistungen zu ge- Unerläßliche eingeschränkt und die Sonderleistun-
währen hat, und wenn sie bei rechtzeitiger Kenntnis gen ganz oder teilweise versagt werden, solange er
von dem Träger der Sozialhilfe durchzuführen ge- trotz schriftlichen Hinweises auf diese Folgen sein
wesen wäre. Verhalten fortsetzt.
(3) Die nach Absatz 2 zur Erteilung einer Aus-
§ 62 kunft Verpflichteten können die Auskunft auf solche
Obernahme der Heilbehandlung und der Hilfe zur Fragen verweigern, deren Beantwortung sie selbst
Eingliederung in das Arbeitsleben oder einen der in § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivil-
prozeßordnung bezeichneten Angehörigen der Ge-
Der örtlich zuständige Träger der Sozialhilfe ist fahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Ver-
verpflichtet, auf Antrag einer Stelle, die im Falle fahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrig-
von Tuberkulose Leistungen zu gewähren hat, auf keiten aussetzen würde.
deren Rechnung die Heilbehandlung und die Hilfe
zur Eingliederung in das Arbeitsleben durchzufüh-
ren. Er kann die Erstattung angemessener Verwal- § 65
tungskosten verlangen. Durchführungsvorschriften, Einzelweisungen
(1) Die Bundesregierung kann durch Rechtsver-
§ 63 ordnung mit Zustimmung des Bundesrates nähere
Vorschriften über Inhalt und Umfang der in den
Beteiligung des Gesundheitsamtes
§§ 49 bis 58 genannten Leistungen erlassen.
(1) Tuberkulosehilfe kann bei dem Gesundheits-
(2) Der Bundesminister des Innern erläßt mit Zu-
amt oder bei der Gemeinde, in welcher der Hilfe-
stimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungs-
suchende sich tatsächlich aufhält, beantragt werden.
vorschriften, die zur Durchführung der Bestimmun-
Die Gemeinde leitet den Antrag unverzüglich an
gen über die Tuberkulosehilfe erforderlich sind.
das Gesundheitsamt weiter. Das Gesundheitsamt
leitet den Antrag mit seiner Stellungnahme unver- (3) Die Bundesregierung kann in Fällen von
züglich dem Träger der Sozialhilfe zu. grundsätzlicher oder erheblicher finanzieller Bedeu-
tung Einzelweisungen erteilen für
(2) Wird kein Antrag nach Absatz 1 gestellt,
kann das Gesundheitsamt Tuberkulosehilfe bei d_em 1. die Leistungen in den Fällen der statio-
Träger der Sozialhilfe beantragen. nären Dauerbehandlung nach § 49 Abs. 2
Nr. 1,
(3) Wird kein Antrag nach Absatz 1 oder Absatz 2
gestellt, hat der Träger der Sozialhilfe die von ihm 2. den Vollzug
beabsichtigten Maßnahmen im Benehmen mit dem a) der Hilfe zur Eingliederung in das Ar-
Gesundheitsamt einzuleiten. beitsleben,
826 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1961, Teil I
b) der Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 53 Unterabschnitt 10
Abs. 2 Satz 2 {besondere Ernährungszu- Hilfe zur Pflege
lagen),
c) der Sonderleistungen, § 68
d) der vorbeugenden Hilfe. Inhalt
(1) Personen, die infolge Krankheit oder Behin-
derung so hilflos sind, daß sie nicht ohne Wartung
§ 66 und Pflege bleiben können, ist Hilfe zur Pflege zu
Kostentragung durdt den Bund gewähren.
(1) Der Bund trägt zur Hälfte die Aufwendungen, (2) Dem Pflegebedürftigen sollen auch die Hilfs-
die dem Träger der Sozialhilfe entstehen mittel zur Verfügung gestellt werden, die zur Er-
leichterung seiner Besdlwerden wirksam beitragen.
1. durch Leistungen in den Fällen der statio-
Ferner sollen ihm nach Möglidlk.eit angemessene
nären Dauerbehandlung nach § 49 Abs. 2
Bildung und Anregungen kultureller oder sonstiger
Nr.1,
Art vermittelt werden.
2. durch den Vollzug der § § 50, 53 Abs. 2
Satz 2 und der §§ 56 und 51. § 69
Persönliche und sächliche Verwaltungskosten blei- Häuslidle Pßege, Pflegegeld
ben hierbei außer Ansatz. (1) Reimen im Falle des § 68 Abs. 1 häuslime
(2) Als stationäre Dauerbehandlung im Sinne des
Wartung und Pflege aus, gelten die Absätze 2 bis 5.
Absatzes 1 gilt die stationäre Behandlung vom Be- (2) Der Träger der Sozialhilfe soll darauf hinwir-
ginn des zweiten Jahres an, solange bei dem Kran- ken, daß Wartung und Pflege durch Personen, die
ken Bakterien nachweisbar sind. Die Dauer einer dem Pflegebedürftigen nahestehen, oder im Wege
früheren stationären Behandlung ist nicht zu be- der Nachbarschaftshilfe übernommen werden. In
rüdcsiditigen, wenn der Zeitraum zwisdien dem diesen Fällen sind dem Pßegebedürftigen die ange-
Verlassen der Einriditung und der erneuten Auf- messenen Aufwendungen der Pflegeperson zu er-
nahme mehr als sedis t1onate betragen hat. statten; audi können angemessene Beihilfen ge-
(3) Absatz 1 gilt nicht für Leistungen an die in währt werden.
§ 7 Abs. 2 Ziff. 3 des Ersten Gesetzes zur Oberleitung (3} Ist ein Pflegebedürftiger, der das dritte Le-
von Lasten und Deckungsmitteln auf den Bund bensjahr vollendet hat, so hilflos, daß er für die
(Erstes Uberleitungsgesetz) in der Fassung vom gewöhnlidlen und regelmäßig wiederkehrenden
28. April 1955 (Bundesgesetzbl. I S. 193) genannten Verriditungen im Ablauf des täglichen Lebens in
Personen. erheblichem Umfange der Wartung und Pflege dau-
ernd bedarf, so ist ihm, wenn die notwendige War-
tung und Pflege durch nahestehende Personen oder
Unterabschnitt 9 im Wege der Nachbarschaftshilfe voll oder im
wesentlidien Umfange übernommen werden, ein
Blindenhilfe Pflegegeld von einhundert Deutsche Mark monat-
lich zu gewähren. Erfordert der Zustand des Pflege-
§ 61 bedürftigen außergewöhnlidle Pflege, ist der Betrag
(1) Blinden, die das sechste Lebensjahr vollendet des Pflegegeldes angemessen zu erhöhen. Pflege-
haben, ist zum Ausgleich der durdi die Blindheit geld wird nidlt gewährt, soweit der Pflegebedürf-
bedingten Mehraufwendungen Blindenhilfe zu ge- tige gleichartige Leistungen nadi anderen Redits-
währen, soweit sie keine gleichartigen Leistungen vorsdtriften erhält.
nach anderen Rechtsvorschriften erhalten. Dies (4) Zusätzlich zum Pflegegeld werden Leistungen
gilt nicht für Blinde, welche die erforderlidie Pflege nach Absatz 2 Satz 2 nur insoweit gewährt, als ihr
in Anstalten oder Heimen in vollem Umfang er- Gesamtbetrag im Einzelfall den Betrag des Pflege-
halten. geldes übersteigt.
(2) Die Blindenhilfe beträgt für Blinde nach Voll- (5) Soweit die notwendige Wartung und Pflege
endung des adltzehnten Lebensjahres monatlich nicht durdl Personen, die dem Pflegebedürftigen
zweihundert Deutsche Mark, für Blinde, die das nahestehen, oder im Wege der Nadlbarsdiaftshilfe
achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, übernommen werden, ist die Hilfe durch Ubernahme
monatlich einhundert Deutsche Mark. der angemessenen Kosten für eine geeignete Pflege-
kraft oder, wenn dies möglidl ist, durdl Beauftra-
(3) Ein Blinder, der sidl weigert, eine ihm zumut-
gung einer Pflegekraft zu gewähren.
bare Arbeit zu leisten oder sidi zu einem angemes-
senen Beruf oder zu einer sonstigen angemessenen
Tätigkeit ausbilden, fortbilden oder umschulen zu Unterabsdmitt 11
lassen, hat keinen Anspruch auf Blindenhilfe. Hilfe zur Weiterführung des Haushalts
(4) Neben der Blindenhilfe werden Hilfe zur
§ 70
Pflege wegen Blindheit (§§ 68 und 69) und Taschen-
geld (§ 21 Abs. 3, § 24 Abs. 2) nicht gewährt. Neben Inhalt und Aufgabe
Absatz 1 ist § 23 Abs. 1 Nr. 2 nur anzuwenden, (1) Personen mit eigenem Haushalt soll Hilfe zur
wenn der Blinde nicht allein wegen Blindheit er- Weiterführung des Haushalts gewährt werden,
werbsunfähig ist. wenn keiner der Haushaltsangehörigen den Haus-
Nr. 46 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 5. Juli 1961 827
halt führen kann und die Weiterführung des Haus- Das Grundrecht der Freiheit der Person nach Ar-
halts geboten ist. Die Hilfe soll in der Regel nur tikel 2 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes wird inso-
vorübergehend gewährt werden. weit eingeschränkt. Die Eignung der Anstalt, des
(2) Die Hilfe umfaßt die persönliche Betreuung Heimes oder der gleichartigen Einrichtung muß von
von Haushaltsangehörigen sowie die sonstige zur der zuständigen Landesbehörde anerkannt sein.
Weiterführung -des Haushalts erforderliche Tätig- (3) Auf das Verfahren nach Absatz 2 ist das Ge-
keit. setz über das gerichtliche Verfahren bei Freiheits-
(3) § 69 Abs. 2 gilt entsprechend. entziehungen vom 29. Juni 1956 (Bundesgesetzbl. I
S. 599), geändert durch das Gesetz zur Änderung
und Ergänzung kostenrechtlicher Vorschriften vom
§ 71
26. Juli 1957 (Bundesgesetzbl. I S. 861, 937), anzu-
Hilfe durch anderweitige Unterbringung wenden. Spätestens sechs Monate nach Rechtskraft
Haushaltsangehöriger der Anordnung ist über die Fortdauer der Unter-
Die Hilfe kann auch durch Ubernahme der ange- bringung durch das Gericht von Amts wegen zu
messenen Kosten für eine vorübergehende ander- entscheiden. Der Leiter der Anstalt, des Heimes oder
weitige Unterbringung von Haushaltsangehörigen der Einrichtung kann den Gefährdeten vorüber-
gewährt werden, wenn diese Unterbringung in be- gehend in einer geeigneten Familie unterbringen,
sonderen Fällen neben oder statt der Weiterfüh- wenn dies geboten ist, um zu prüfen, ob die Vor-
rung des Haushalts geboten ist. aussetzungen für die Unterbringung in einer An-
stalt, in einem Heim oder in einer gleichartigen Ein-
richtung noch vorliegen. Er hat hiervon dem Gericht
Mitteilung zu machen.
Unterabschnitt 12
Hilfe für Gefährdete § 74
Kostenbeitrag
§ 72
Wird die Hilfe in einer Anstalt, einem Heim oder
Inhalt und Aufgabe
einer gleichartigen Einrichtung oder durch Unter-
(l) Personen, die das achtzehnte Lebensjahr voll- bringung in einer Familie gewährt, hat der Gefähr-
endet haben und die dadurch gefährdet sind, daß dete aus seinem Einkommen und Verrnö·gen zu den
sie aus Mangel an innerer Festigkeit ein geordne- Kosten des Lebensunterhalts in angemessenem Um-
tes Leben in der Gemeinschaft nicht führen können, fang beizutragen.
soll Hilfe gewährt werden.
(2) Aufgabe der Hilfe ist es, den Gefährdeten zu
einem geordneten Leben hinzuführen. Hierbei Unterabschnitt 13
kommt vor allem die Gewöhnung des Gefährdeten
an regelmäßige Arbeit in Betracht. Bei einem nicht Altenhilfe
seßhaften Gefährdeten ist anzustreben, daß er auf
Dauer seßhaft wird. § 75
(3) Die Hilfe wird ohne Rücksicht auf vorhande- (1) Alten Menschen soll außer der Hilfe nach den
nes Einkommen oder Vermögen gewährt. übrigen Bestimmungen dieses Gesetzes Altenhilfe
gewährt werden. Sie soll dazu beitragen, Schwie-
§ 73 rigkeiten, die durch das Alter entstehen, zu über-
winden und Vereinsamung im Alter zu verhüten.
Hilfe in einer Anstalt, einem Heim oder einer
gleichartigen Einrichtung (2) Als Maßnahmen der Hilfe kommen in vertret-
barem Umfang vor allem in Betracht
(1) Dem Gefährdeten soll geraten werden, sich in
die Obhut einer Anstalt, eines Heimes oder einer 1. Hilfe zu einer Tätigkeit des alten Men-
gleichartigen Einrichtung zu begeben, wenn andere schen, wenn sie von ihm erstrebt wird und
Arten der Hilfe nicht ausreichen. in seinem Interesse liegt,
(2) Lehnt ein Gefährdeter die nach Absatz 1 an- 2. Hilfe bei der Beschaffung von Wohnungen,
gebotene Hilfe ab, kann das Gericht ihn anweisen, die den Bedürfnissen alter Menschen ent-
sich in einer geeigneten Anstalt, in einem geeigne- sprechen,
ten Heim oder in einer geeigneten gleichartigen 3. Hilfe zum Besuch von Veranstaltungen oder
Einrichtung aufzuhalten, wenn Einrichtungen, die der Geselligkeit, der
1. der Gefährdete besonders willensschwach Unterhaltung oder den kulturellen Bedürf-
oder in seinem Triebleben besonders hem- nissen alter Menschen dienen,
mungslos ist und 4. Hilfe, die alten Menschen die Verbindung
2. der Gefährdete verwahrlost oder der Ge- mit nahestehenden Personen ermöglicht.
fahr der Verwahrlosung ausgesetzt ist und
(3) Altenhilfe kann ohne Rücksicht auf vorhan-
3. die Hilfe nur in einer Anstalt, in einem denes Einkommen oder Vermögen gewährt werden,
Heim oder in einer gleichartigen Einrich- soweit im Einzelfalle persönliche Hilfe erforderlich
tung wirksam gewährt werden kann. ist.
828 Bundesge,setzblatt, Jahrgang 1961, Teil I
Abschnitt 4 zuzumuten, wenn während der Dauer des Bedarfs
Einsatz des Einkommens und des Vermögens ihr monatliches Einkommen zusammen eine Ein-
kommensgrenze nicht übersteigt, die sich ergibt aus
Unterubschni.tt 1 1. einem Grundbetrag in Höhe des Doppelten
des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes,
Allgemeine Bestimmungen
über den Einsatz des Einkommens 2. den Kosten der Unterkunft und
3. einem Familienzuschlag von sechzig Deut-
§ 76 sche Mark für den nicht getrennt lebenden
Begriff des Einkommens Ehegatten und für jede Person, die vom
Hilfesuchenden oder seinem nicht getrennt
(1) Zum Einkommen im Sinne dieses Gesetzes lebenden Ehegatten bisher überwiegend
gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit unterhalten worden ist oder· der sie nach
Ausnahme der Leistungen nach diesem Gesetz. der Entscheidung über die Gewährung der
(2) Von dem Einkommen sind abzusetzen Sozialhilfe unterhaltspflichtig werden.
1. auf dus Einkommen entrichtete Steuern, (2) Ist der Hilfesuchende minderjährig und un-
2. Pl1icbtbeilrägc zur Sozialversicherung ein- verheiratet, so ist ihm und seinen Eltern die Auf-
schließlich der Arbeitslosenversicherung, bringung der Mittel nicht zuzumuten, wenn während
der Dauer des Bedarfs das monatliche Einkommen
3. Beiträge zu öffentlichen oder privaten Ver-
des Hilfesuchenden und seiner Eltern zusammen
sicherungen oder ähnlichen Einrichtungen,
eine Einkommensgrenze nicht übersteigt, die sich
soweit diese Beiträge gesetzlich vorge-
ergibt aus
schrieben oder nach Grund und Höhe ange-
messen sind, 1. einem Grundbetrag in Höhe des Doppelten
des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes,
4. die mit der Erzielung des Einkommens ver-
bundenen notwendigen Ausgaben. 2. den Kosten der Unterkunft und
3. einem Familienzuschlag von sechzig Deut-
(3) Die Bundesregierung kann durch Rechtsver-
sche Mark für einen Elternteil, wenn die
ordnung mit Zustimmung des Bundesrates Näheres
Eltern zusammenleben, sowie für den
über die Berechnung des Einkommens, besonders Hilfesuchenden und für jede Person, die
der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus von den Eltern oder dem Hilfesuchenden
Gewerbebetrieb und aus selbständiger Arbeit, be- bisher überwiegend unterhalten worden
stimmen.
ist oder der sie nach der Entscheidung
§ 77 über die Gewährung der· Sozialhilfe unter-
Zweckbestimmte Leistungen haltspflichtig werden.
Leben die Eltern nicht zusammen, richtet sich die
Leistungen, die auf Grund öffentlich-rechtlicher
Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Einkommensgrenze nach dem Elternteil, bei dem der
Hilfesuchende lebt; lebt er bei keinem Elternteil,
Zweck gewährt werden, sind nur soweit als Ein-
bestimmt sich die Einkommensgrenze nach Absatz 1.
kommen zu berücksichtigen, als die Sozialhilfe im
Einzelfall demselben Zweck dient. (3) Der für den Grundbetrag maßgebende Regel-
satz bestimmt sich nach dem Ort, an dem der Hilfe-
§ 78 empfänger die Hilfe erhält. Bei der Hilfe in einer
Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Ein-
Zuwendungen
richtung sowie bei Unterbringung in einer anderen
(1) Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege Familie oder bei den in § 104 genannten anderen
bleiben als Einkommen außer Betracht; dies gilt Personen bestimmt er sich nach dem gewöhnlichen
nicht, soweit die Zuwendung die Lage des Empfän- Aufenthalt des Hilfeempfängers oder, wenn im Falle
gers so günstig beeinflußt, daß daneben Sozialhilfe des Absatzes 2 auch das Einkommen seiner Eltern
ungerechtfertigt wäre. oder eines Elternteils maßgebend ist, nach deren ge-
(2) Zuwendungen, die ein anderer gewährt, ohne wöhnlichem Aufenthalt; ist ein gewöhnlicher Auf-
hierzu eine rechtliche oder sittliche Pflicht zu haben, enthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht
sollen als Einkommen außer Betracht bleiben, so- vorhanden oder nicht zu ermitteln, gilt Satz 1.
weit ihre Berücksichtigung für den Empfänger eine (4) Die Länder und, soweit nicht landesrechtliche
besondere Härte bedeuten würde. Vorschriften entgegenstehen, auch die Träger der
Sozialhilfe sind nicht gehindert, für bestimmte
Arten der Hilfe in besonderen Lebenslagen der Ein-
Unterabschnitt 2 kommensgrenze einen höheren Grundbetrag und
einen höheren Familienzuschlag zugrunde zu legen.
Einkommensgrenzen für die Hilfe
in besonderen Lebenslagen
§ 80
§ 79 Erhöhung der allgemeinen Einkommensgrenze
Alluemeine Einkommensgrenze Der Familienzuschlag nach § 79 erhöht sich auf
(1) Bei der Hilfe in besonderen Lebenslagen ist achtzig Deutsche Mark
dem Hilfesuchenden und seinem nicht getrennt 1. bei der Hilfe für werdende Mütter und Wöch-
lebenden Ehegatten die Aufbringung der Mittel nicht nerinnen nach § 38,
Nr. 46 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 5. Juli 1961 829
2. bei der Hilfe zur Pflege nach den §§ 68 und 69, § 83
3. bei der Hilfe zur Weiterführung des Haushalts Zusammentreffen mehrerer Einkommensgrenzen
nach den §§ 70 und 71,
4. bei der Eingliederungshilfe für Behinderte, so- Kann dieselbe Leistung gleichzeitig nach mehre-
weit nicht die besondere Einkommensgrenze ren Bestimmungen gewährt werden, für die unter-
nach § 81 anzuwenden ist, schiedliche Einkommensgrenzen maßgebend sind, so
wird sie nach der Bestimmung gewährt, für welche
5. bei der Tuberkulosehilfe, soweit nicht die be- die höhere Einkommensgrenze maßgebend ist.
sondere Einkommensgrenze nach § 81 anzu-
wenden ist.
§ 84
§ 81
Besondere Einkommensgrenze Einsatz des Einkommens über der Einkommens-
grenze
(1) An die Stelle des Grundbetrages und des Be-
trages für die Kosten der Unterkunft nach § 79 tritt (1) Soweit das zu berücksichtigende Einkommen
ein Grundbetrag von fünfhundert Deutsche Mark die maßgebende Einkommensgrenze übersteigt, ist
die Aufbringung der Mittel in angemessenem Um-
1. bei der Eingliederungshilfe für Behinderte fang zuzumuten. Bei der Prüfung, welcher Umfang
nach § 39 Abs. 1, wenn die Hilfe in einer angemessen ist, sind vor allem die Art des Bedarfs,
Anstalt, einem Heim oder einer gleicharti- die Dauer und Höhe der erforderlichen Aufwendun-
gen Einrichtung gewährt wird oder wenn gen sowie besondere Belastungen des Hilfesuchen-
sie der in einer solchen Einrichtung ge- den und seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen
wiihrten Hilfe mich Art und Umfang ver- zu berücksichtigen.
gleichbar ist,
2. b::j der ambulanten Behandlung der in § 39 (2) Verliert der Hilfesuchende durch den Eintritt
Abs. 1 genannten Personen (§ 40 Abs. 1 eines Bedarfsfalles sein Einkommen ganz oder teil-
Nr. 1), weise und ist sein Bedarf nur von kurzer Dauer, so
kann die Aufbringung der Mittel auch aus dem Ein-
3. bei der Versorgung der in § 39 Abs. 1 ge- kommen verlangt werden, das er innerhalb eines an-
nannten Personen mit Körperersatzstücken gemessenen Zeitraumes nach dem Wegfall des Be-
sowie mit größeren orthopädischen oder darfs erwirbt und das die maßgebende Einkommens-
größeren anderen Hilfsmitteln (§ 40 Abs. 1 grenze übersteigt, jedoch nur insoweit, als ihm ohne
Nr. 2),
den Verlust des Einkommens die Aufbringung der
4. bei der Heilbehandlung und der Hilfe zur Mittel zuzumuten gewesen wäre.
Eingliederung in das Arbeitsleben für Tu-
berkulosekranke oder Genesene (§§ 49 § 85
und 50).
(2) An die Stelle des Grundbetrages und des Einsatz des Einkommens unter der
Betrages für die Kosten der Unterkunft nach § 79 Einkommensgrenze
tritt bei der Blindenhilfe (§ 67) ein Grundbetrag von Die Aufbringung der Mittel kann, auch soweit das
eintausend Deutsche Mark. Einkommen unter der Einkommensgrenze liegt, ver-
(3) Der Familienzuschlag erhöht sich in den Fäl- langt werden,
len der Absätze 1 und 2 auf achtzig Deutsche Mark. 1. soweit von einem anderen Leistungen für
Bei der Blindenhilfe beträgt er für den nicht ge- einen besonderen Zweck gewährt werden, für
trennt lebenden Ehegatten die Hälfte des Grund- den sonst Sozialhilfe zu gewähren wäre,
betrages nach Absatz 1, wenn beide Eheleute blind 2. wenn zur Deckung des Bedarfs nur gering-
sind. fügige Mittel erforderlich sind,
(4) § 79 Abs. 4 gilt nicht. 3. soweit bei der Hilfe in einer Anstalt, einem
(5) Die Bundesregierung kann durch Rechtsver- Heim oder einer gleichartigen Einrichtung Auf-
ordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestim- wendungen für den häuslichen Lebensunter-
men, unter welchen Voraussetzungen im Falle des halt erspart werden. Darüber. hinaus kann in
Absatzes 1 Nr. 1 die Hilfe der in einer Anstalt, angemessenem Umfange die Aufbringung der
einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung Mittel verlangt werden von Personen, die auf
gewährten Hilfe nach Art und Umfang vergleichbar voraussichtlich längere Zeit der Pflege in einer
ist. Die Bundesregierung kann ferner durch Rechts- Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen
verordnung mit Zustimmung des Bundesrates be- Einrichtung bedürfen, solange sie nicht einen
stimmen, welche orthopädischen und anderen Hilf s- anderen überwiegend unterhalten.
mittel die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr. 3
erfüllen. § 86
§ 82 Sonderregelung für die Ausbildungshilie,
Anpassung des Familienzuschlages die Eingliederungshilfe für Behinderte und die
Tuberkulosehilfe
Die Bundesregierung kann durch Rechtsverord-
nung mit Zustimmung des Bundesrates den Fami- (1) Bei der Ausbildungshilfe muß der Auszubil-
lienzuschlag nach § 79 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 Nr. 3 dende sein Einkommen in voller Höhe einsetzen.
und den §§ 80 und 81 Abs. 3 un die Entwicklung der (2) Bei der Eingliederungshilfe für Behinderte
Regelsätze für Haushaltsangehörige im Geltungsbe- nach § 40 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 kann verlangt werden,
reich dieses Gesetzes anpussen. daß der 'Behinderte, dem die Hilfe nicht in einer An-
830 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1961, Teil I
stalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrich- eines angemessenen Hausstandes oder zur
tung gewährt wird, für seinen Lebensunterhalt sein angemessenen Ergänzung des Hausrats als-
Einkommen in voller Höhe einsetzt. bald verwendet werden wird,
(3) Bei der Tuberkulosehilfe kann verlangt wer- 3. eines angemessenen Hausrats; dabei sind
den, daß die in § 52 genannten Personen für ihren die bisherigen Lebensverhältnisse des Hilfe-
Lebensunterhalt, der Krnnke oder Genesene sowie suchenden zu berücksichtigen,
sein nicht getrennt lebender Ehegatte auch für den 4. von Gegenständen, die zur Aufnahme oder
Lebensunterhalt ihrer unterhaltsberechtigten Ange- Fortsetzung der Berufsausbildung oder der
hörigen, ihr Einkommen in voller Höhe einsetzen; Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind,
dies gilt nicht für den Lebensunterhalt desjenigen, 5. von Familien- und Erbstücken, deren Ver-
dem die Hilfe in einer Anstalt, einem Heim oder äußerung für den Hilfesuchenden oder seine
einer gleichartigen Einrichtung gewährt wird. Familie eine besondere Härte bedeuten
(4) Ist in den Fällen der Absätze 1 bis 3 der Hilfe- würde,
suchende minderjährig und unverheiratet und wird 6. von Gegenständen, die zur Befriedigung
der Bedarf nicht in vollem Umfang aus seinem Ein- geistiger, besonders wissenschaftlicher oder
kommen gedeckt, so ist für die Aufbringung der künstlerischer, Bedürfnisse dienen und
noch fehlenden Mittel bei der Prüfung der Zumut- deren Besitz nicht Luxus ist,
barkeit nach § 79 Abs. 2 nur das Einkommen seiner 7. eines kleinen Hausgrundstücks, besonders
Eltern zugrunde zu legen. eines Familienheims, wenn der Hilfe-
suchende das Hausgrundstück allein oder
§ 87 zusammen mit Angehörigen, denen es nach
seinem Tode weiter als Wohnung dienen
Einsatz des Einkommens bei mehrfachem Bedarf soll, ganz oder teilweise bewohnt,
(1) Wird im Einzelfalle der Einsatz eines Teils des 8. kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geld-
Einkommens zur Deckung eines bestimmten Bedarfs werte; dabei ist eine besondere Notlage
zugemutet oder verlangt, darf dieser Teil des Ein- des Hilfesuchenden zu berücksichtigen.
kommens bei der Prüfung, inwieweit der Einsatz
(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz
des Einkommens für einen anderen, gleichzeitig be-
oder von der Verwertung eines Vermögens abhän-
stehenden Bedarf zuzumuten ist oder verlangt wer- gig gemacht werden, soweit dies für den, der das
den kann, nicht berücksichtigt werden. Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhalts-
(2) Sind im Falle des Absatzes 1 für die Bedarfs- berechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten
fälle unterschiedliche Einkommensgrenzen maßge- würde. Dies ist bei der Hilfe in besonderen Lebens-
bend, so ist zunächst über die Hilfe zu entscheiden, lagen vor allem der Fall, soweit eine angemessene
für welche die niedrigere Einkommensgrenze maß- Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer an-
gebend ist. gemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert
(3) Sind im Falle des Absatzes 1 für die Bedarfs- würde.
fälle gleiche Einkommensgrenzen maßgebend, je- (4) Der Bundesminister des Innern kann durch
doch für die Gewährung der Hilfe verschiedene Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates
Träger der Sozialhilfe zuständig, so hat die Ent- die Höhe der Barbeträge oder sonstigen Geldwerte
scheidung über die Hilfe für den zuerst eingetre- im Sinne des Absatzes 2 Nr. 8 bestimmen.
tenen Bedarf den Vorrang; treten die Bedarfsfälle
gleichzeitig ein, so ist das über der Einkommens- § 89
grenze liegende Einkommen zu gleichen Teilen bei Darlehen
den Bedarfsfällen zu berücksichtigen.
Soweit nach § 88 für den Bedarf des Hilfesuchen-
den Vermögen einzusetzen ist, jedoch der sofortige
Verbrauch oder die sofortige Verwertung des Ver-
Unterabschnitt 3 mögens nicht möglich ist oder für den, der es ein-
Einsatz des Vermögens zusetzen hat, eine Härte bedeuten würde, soll die
Sozialhilfe als Darlehen gewährt werden. · Die
§ 88 Gewährung kann davon abhängig gemacht werden,
Einzusetzendes Vermögen, Ausnahmen daß der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in
anderer Weise gesichert wird.
(1) Zum Vermögen im Sinne dieses Gesetzes ge-
hört das gesamte verwertbare Vermögen.
(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht Abschnitt 5
werden vom Einsatz oder von der Verwertung
Verpflichtungen anderer
1. eines Vermögens, das aus öffentlichen
Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung § 90
einer Lebensgrundlage oder zur Gründung
eines Hausstandes gewährt wird, Ubergang von Ansprüchen
2. eines sonstigen Vermögens, soweit es zum (1) Hat ein Hilfeempfänger für die Zeit, für die
Aufbau oder zur Sicherung einer angemes- Hilfe gewährt wird, einen Anspruch· gegen einen
senen Lebensgrundlage oder zur Gründung anderen, kann der Träger der Sozialhilfe durch
Nr. 46 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 5. Juli 1961 831
schriftliche Anzeige an den anderen bewirken, daß grobfahrlässiges Verhalten herbeigeführt hat. Von
der Anspruch bis zur Höhe seiner Aufwendungen der Heranziehung zum Kostenersatz kann abge-
auf ihn übergeht. Er kann den Ubergang dieses An- sehen werden, soweit sie eine Härte bedeuten oder
spruchs auch wegen seiner Aufwendungen für die- den Erfolg der Hilfe gefährden würde.
jenige Hilfe zum Lebensunterhalt bewirken, die er
gleichzeitig mit der Hilfe für den in Satz 1 genann- (3) Zum Ersatz der Kosten der Hilfe zum Lebens-
ten Hilfeempfänger dessen nicht getrennt lebendem unterhalt (Abschnitt 2) sind der Empfänger der Hilfe
Ehegatten und dessen mind(~rjährigen unverheirate- und sein Ehegatte verpflichtet,
ten Kindern gewährt. Der Ubergang des Anspruchs 1. soweit ihr monatliches Einkommen zusam-
darf nur insoweit bewirkt werden, als die Hilfe bei men die Einkommensgrenze nach § 81
rechtzeitiger Leistung des anderen nicht gewährt Abs. 1 und 3 Satz 1 übersteigt und sein
worden wäre. Der Ubergang ist nicht dadurch aus- Einsatz nach § 84 zuzumuten ist, oder
geschlossen, daß der Anspruch nicht übertragen, 2. soweit ihr Vermögen zusammen über dem
verpfändet oder gepfändet werden kann. Sechsfachen des Betrages der Einkommens-
(2) Die schriftliche Anzeige bewirkt den Uber- grenze nach § 81 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1
gang des Anspruchs für die Zeit, für die dem Hilfe- liegt.
empfänger die Hilfe ohne Unterbrechung gewährt Im Falle des Satzes 1 Nr. 2 ist der Ersatzanspruch
wird; als Unterbrechung gilt ein Zeitraum von mehr gegenüber dem Ernpfängt;r der Hilfe und seinem
als zwei Monaten. Ehegatten nur geltend zu machen, soweit die dort
(3) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den genannten_ Voraussetzungen bei einem Vermögen
Verwaltungsakt, der den Ubergang des Anspruchs vorliegen, das nicht zu dem in § 88 Abs. 2 und Abs. 3
bewirkt, haben keine aufschiebende Wirkung. genannten Vermögen gehört. Dem Empfänger von
Hilfe zum Lebensunterhalt stehen Eltern gleich,
(4) Absatz 1 gilt nicht, wenn in den Fällen des deren Kindern vor Vollendung des achtzehnten Le-
§ 19 Abs. 2 und des § 20 Abs. 2 Hilfe zum Lebens-
bensjahres Hilfe zum Lebensunterhalt gewährt wor-
unterhalt zuzüglich einer Entschädigung für Mehr-
den ist.
aufwendungen gewährt wird, und bei der Unter-
bringung in einer Arbeitseinrichtung nach § 26. (4) Eine Verpflichtung zum Ersatz der Kosten be-
steht nicht, wenn in den Fällen des § 19 Abs. 2 und
§ 91
des § 20 Abs. 2 Hilfe zum Lebensunterhalt zuzüg-
lich einer Entschädigung für Mehraufwendungen
Ansprüche gegen einen nach bürgerlichem Recht gewährt wird, sowie bei einer Unterbringung in
Unterhaltspflichtigen einer Arbeitseinrichtung nach § 26.
(1) Der Träger der Sozialhilfe darf den Uber- (5) Eine nach Absatz 2 oder Absatz 3 eingetre-
gang eines Anspruchs nach § 90 gegen einen nach tene Verpflichtung zum Ersatz der Kosten geht auf
bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen nur in dem den Erben über. Seine Haftung beschränkt sich auf
Umfange bewirken, in dem ein Hilfeempfänger nach den Nachlaß. Absatz 3 Satz 2 ist nur anzuwenden,
den Bestimmungen des Abschnitts 4 mit Ausnahme soweit dies zur Vermeidung einer besonderen Härte
des § 84 Abs. 2 und des § 86 sein Einkommen und für den Erben geboten ist.
Vermögen einzusetzen hätte.
(6) Im Falle des Absatzes 3 erlischt der Anspruch
(2) Für die Vergangenheit. kann ein Unterhalts- auf Ersatz nach vier Jahren vorn Ablauf des Jahres
pflichtiger außer unter den Voraussetzungen des an, in dem die Sozialhilfe gewährt worden ist.
bürgerlichen Rechts nur in Anspruch genommen
werden, wenn ihm die Gewährung der Sozialhilfe
unverzüglich schriftlich mitgeteilt worden ist.
(3) Der Träger der Sozialhilfe kann davon ab- Abschnitt 7
sehen, einen nach bürgerlichem Recht Unterhalts-
pflichtigen in Anspruch zu nehmen, soweit dies eine Einrichtungen, Zu,sammenarbeit
besondere Härte bedE!uten würde.
§ 93
Einrichtungen
Abschnitt 6
(1) Die Träger der Sozialhilfe sollen darauf hin-
Kostenersatz wirken, daß die zur Gewährung der Sozialhilfe ge-
eigneten Einrichtungen ausreichend zur Verfügung
§ 92 stehen. Sie sollen eigene Einrichtungen nicht neu
(1) Eine Verpflichtung zum Ersatz der Kosten der schaffen, soweit geeignete Einrichtungen der in § 10
Sozialhilfe besteht nur in den Fällen der Absätze 2 Abs. 2 genannten Träger der freien Wohlfahrtspflege
und 3; eine Verpflichtung zum Kostenersatz nach vorhanden sind, ausgebaut oder geschaffen werden
anderen Rechtsvorschriften bleibt unberührt. können.
(2) Zum Ersatz der Kosten der Sozialhilfe ist ver- (2) Werden im Einzelfall Einrichtungen anderer
pflichtet, wer nach Vollendung des achtzehnten Le- Träger in Anspruch genommen, sind Vereinbarun-
bensjahres die Voraussetzungen für die Gewährung gen über die von den Trägern der Sozialhilfe zu
der Sozialhilfe an sich selbst oder seine unterhalts- erstattenden Kosten anzustreben, soweit darüber
berechtigten Angehörigen durch vorsätzliches oder keine landesrechtlichen Vorschriften bestehen.
832 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1961, Teil I
(3) Die Bundesregierung kann im Falle des Ab- führung von Aufgaben nach diesem Gesetz heran-
satzes 2 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung ziehen und ihnen dabei Weisungen erteilen können;
des Bundesrates bestimmen, welche Kostenbestand- in diesen Fällen erlassen die überörtlichen Träger
teile bei den zu erstattenden Kosten zu berücksich- den Widerspruchsbescheid nach der Verwaltungs-
tigen sind. gerichtsordnung.
§ 94 § 97
Zusammenarbeit mit Trägern anderer örtliche Zuständigkeit
Sozialleistungen
Für die Sozialhilfe örtlich zuständig ist der Träger
(1) Die Träger der Sozialhilfe sollen mit den Trä- der Sozialhilfe, in dessen Bereich sich der Hilfe-
gern anderer Sozia11eistungen zur Abstimmung der suchende tatsächlich aufhält. Für die Ausbildungs-
Sozialhilfe und anderer Sozialleistungen zusammen- hilfe gilt die Sonderregelung des § 98.
arbeiten, wenn die Leistungen gleichartig sind und
wenn gleichmäßige Gewfüuung oder im Einzelfall
§ 98
gegenseitige Ergi:inzung geboten ist.
örtliche Zuständigkeit bei der
(2) Sind von den Trägern der Sozialhilfe und von Gewährung von Ausbildungshilfe
Trägern anderer Sozialleistungen allgemeine Maß-
nahmen, vor allem die Schaffung von Einrichtungen, (1) Für die Ausbildungshilfe nach § 31 ist der
für gleiche Aufgaben durchzuführen, sollen die Trä- Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen
ger der Sozialhilfe auch hier eine Abstimmung an- Bereich der Unterhaltspflichtige, dessen Haushalt
streben. der Auszubildende vor Beginn der durch die Hilfe
zu fördernden Ausbildung angehört hat, ,seinen ge-
§ 95 wöhnlichen Aufenthalt hat. Ist ein gewöhnlicher
Arbeitsgemeinschaften Aufenthalt des Unterhaltspflichtigen im Geltungs-
(1) Die Träger der Sozialhilfe sollen die Bildung bereich dieses Gesetzes nicht vorhanden oder hat
von Arbeitsgemeinschaften anstr~ben, wenn es ge- de1 Auszubildende vor Beginn der durch die Hilfe
boten ist, die gleichmäßige oder gemeinsame Durch- zu fördernden Ausbildung nicht dem Haushalt eines
führung von Maßnahmen zu beraten oder zu Unterhaltspflichtigen angehört, so ist örtlich zu-
sichern. In den Arbeitsgemeinschaften sollen vor ständig der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich
allem die Stellen vertreten sein, deren gesetzliche sich der Hilfesuchende tatsächlich aufhält.
Aufgaben dem gleichen Ziel dienen oder die an der (2) Solange nicht feststeht, ob die örtliche Zu-
Durchführung der Maßnahmen beteiligt sind, beson- ständigkeit nach Absatz 1 Satz 1 gegeben ist, ist der
ders die Verbände der freien Wohlfahrtspflege. in Absatz 1 Satz 2 genannte Träger der Sozialhilfe
(2) Bei der Bekämpfung der Tuberkulose sollen örtlich zuständig, wenn zu befürchten ist, daß die
die Träger der Sozialhilfe mit anderen gesetzlich Ausbildungshilfe sonst nicht oder nicht rechtzeitig
verpflichteten Stellen zur Abstimmung der Maß- gewährt wird. Er kann von dem nach Absatz 1
nahmen und Verwaltungsverfahren Arbeitsgemein- Satz 1 zuständigen Träger Erstattung der aufge-
schaften bilden mit dem Ziel, die Aufgaben gemein- wendeten Kosten verlangen, sobald dessen Zu-
sam zu erfüllen. Die Arbeitsgemeinschaften sollen ständigkeit feststeht. § 112 gilt entsprechend.
vor allem den Bettenausgleich und das Verfahren
der Schnelleinweisung regeln. Der Träger der So- § 99
zialhilfe soll die Bildung der Arbeitsgemeinschaft Sachliche Zuständigkeit des örtlichen Trägers
anstreben, wenn in seinem Bereich keine Arbeits- Für die Sozialhilfe sachlich zuständig ist der ört-
gemeinschaft besteht. liche Träger der Sozialhilfe, soweit nicht nach § 100
oder nach Landesrecht der überörtliche Träger sach-
lich zuständig ist.
Abschnitt 8
§ 100
Träger der Sozialhilfe Sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers
§ 96
(1) Der überörtliche Träger der Sozialhilfe ist
sachlich zuständig
örtliche und überörtliche Träger
1. für die Hilfe in besonderen Lebenslagen
(1) Ortliche Träger der Sozialhilfe sind die kreis- für die in § 39 Abs. 1 genannten Personen,
freien Städte und die Landkreise. Sie führen die So- für Geisteskranke, Personen mit einer
zialhilfe als Selbstverwaltungsangelegenheit durch. sonstigen geistigen oder seelischen Behin-
Die Länder können bestimmen, daß und inwieweit derung oder Störung, Epileptiker und
die Landkreise ihnen zugehörige Gemeinden oder Suchtkranke, wenn die Behinderung, der
Gemeindeverbände zur Durchführung von Aufgaben Zustand oder das Leiden dieser Personen
nach diesem Gesetz heranziehen und ihnen dabei den Aufenthalt in einer Anstalt, einem
Weisungen erteilen können; in diesen Fällen er- Heim oder einer gleichartigen Einrichtung
lassen die Landkreise den Widerspruchsbescheid erfordert,
nach der Verwaltungsgerichtsordnung. 2. für die Versorgung Behinderter mit Körper-
(2) Die Länder bestimmen die überörtlichen Trä- ersatzstücken, größeren orthopädischen und
ger. Sie können bestimmen, daß und inwieweit die größeren anderen Hilfsmitteln im Sinne des
überörtlichen Träger örtliche Träger zur Durch- § 81 Abs. 1 Nr. 3,
Nr. 46 -- Tag der Ausgabe: Bonn, den 5. Juli. 1961 833
3. für die Tuberkulosehilfe, (3) Die Verpflichtung zur Kostenerstattung nach
4. für die Blindenhilfe nach § 67, Absatz 1 besteht auch, wenn jemand beim Verlassen
einer Einrichtung oder innerhalb von zwei Wochen
5. für die Hilfe für Gefährdete, wenn die
danach der Sozialhilfe bedarf, solange er sich nach
Gefährdung den Aufenthalt in einer An-
dem Verlassen der Einrichtung ununterbrochen im
stalt, einem Heim oder einer gleichartigen
Bereich des örtlichen Trägers, in dem die Einrich-
Einrichtung erfordert,
tung liegt, außerhalb einer Anstalt, eines Heims
6. für die Hilfe zum Lebensunterhalt oder in oder einer gleichartigen Einrichtung aufhält; die
besonderen Lebenslagen in einer Anstalt, Verpflichtung zur Erstattung fällt weg, wenn für
einem Heim oder einer gleichartigen Ein- einen zusammenhängenden Zeitraum von einem
richtling, wenn die Hilfe dazu bestimmt Monat Hilfe nicht zu gewähren war.
ist, Nichtseßhafte seßhaft zu machen,
(4) Bei Gewährung von Ausbildungshilfe nach
7. für die Ausbildungshilfe zum Besuch einer
§ 31 gilt Absatz 1 nur, wenn sie von dem nach § 98
Hochschule.
Abs. 1 Satz 2 örtlich zuständigen Träger gewährt
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, 3, 5 und 6 wird.
erstreckt sich die Zuständigkeit des überörtlichen (5) Anstalten, Heime oder gleichartige Einrich-
Trägers auf alle Leistungen, die dem Hilfeempfänger tungen im Sinne der Absätze 1 bis 3 sind alle Ein-
für seine Person nach diesem Gesetz gleichzeitig richtungen, die der Pflege, der Behandlung oder
zu gewähren sind, sowie auf .die Hilfe nach § 15. sonstigen in diesem Gesetz vorgesehenen Maß-
nahmen oder der Erziehung dienen.
§ 101
Allgemeine Aufgaben des überörtlichen Trägers § 104
Die überörtlichen Träger sollen zur Weiterent- Kostenerstattung bei Unterbringung
wicklung von Maßnahmen der Sozialhilfe, vor allem in einer anderen Familie
bei verbreiteten Krankheiten, beitragen; hierfür
können sie die erforderlichen Einrichtungen schaffen § 103 gilt entsprechend, wenn ein Kind oder ein
oder fördern. Jugendlicher unter sechzehn Jahren in einer an-
deren Familie oder bei anderen Personen als bei
§ 102 seinen Eltern oder bei einem Elternteil unter-
Fachkräfte gebracht ist.
Bei der Durchführung dieses Gesetzes sollen Per- § 105
sonen beschäftigt werden, die sich hierfür nach ihrer
Kostenerstattung bei Geburt in einer Anstalt
Persönlichkeit eignen und in der Regel entweder
eine ihren Aufgaben entsprechende Ausbildung er- Wird ein Kind in einer Anstalt, einem Heim oder
halten haben oder besondere Erfahrungen im Sozial- einer gleichartigen Einrichtung geboren, so gilt § 103
wesen besitzen. entsprechend; an die Stelle des gewöhnlichen Auf-
enthalts des Hilfeempfängers tritt der gewöhnliche
Aufenthalt der Mutter des Kindes.
Abschnitt 9
Kostenerstattung zwischen den Trägern
§ 106
der Sozialhilfe
Kostenerstattungspflicht des überörtlichen Trägers
§ 103
Ist in Fällen der §§ 103 bis 105 ein gewöhnlicher
Kostenerstattung bei Aufenthalt in einer Anstalt Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht
(1) Kosten, die eili Träger der Sozialhilfe für den vorhanden oder nicht zu ermitteln und gewährt die
Aufenthalt eines Hilfeempfängers in einer Anstalt, Hilfe ein örtlicher Träger der Sozialhilfe, so sind die
einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung aufgewendeten Kosten von dem überörtlichen
aufgewendet hat, sind von dem sachlich zuständigen Träger der Sozialhilfe zu erstatten, zu dessen Be-
Träger zu erstatten, in dessen Bereich der Hilfe- reich der örtliche Träger gehört.
empfänger seinen gewöhnlichen Auf enthalt im
Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung hat oder § 107
in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt
gehabt hat. Tritt jemand aus einer Anstalt, einem Kostenerstattung bei pflichtwidriger Handlung
Heim oder einer gleichartigen Einrichtung in eine (1) Ein Träger der Sozialhilfe hat einem anderen
andere Einrichtung oder von dort in weitere Ein- Träger die aufgewendeten Kosten zu erstatten,
richtungen über, richtet sich der zur Kosten- wenn diese Kosten durch eine pflichtwidrige Hand-
erstattung verpflichtete Träger nach dem gewöhn- lung des Trägers der Sozialhilfe oder der von ihm
lichen Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maß- beauftragten Stelle entstanden sind.
gebend ist.
(2) Gewährt ein Träger der Sozialhilfe einem
(2) Als Aufenthalt in einer Anstalt, einem Heim Hilfesuchenden Reisegeld, so handelt er nicht
oder einer gleichartigen Einrichtung gilt auch, wenn pflichtwidrig, wenn dadurch die Reise an den Ort
jemand außerhalb der Einrichtung untergebracht des gewöhnlichen Aufenthalts ermöglicht wird oder
wird, aber in ihrer Betreuung bleibt, oder aus der wenn dadurch die Notlage des Hilfesuchenden
Einrichtung beurlaubt wird. beseitigt oder wesentlich gemindert wird oder wenn
834 Bundesge,setzblatt, Jahrgang 1961, Teil I
die Reise zur Zusammenführung naher Angehöriger empfängers in einer Einrichtung der in § 103 Abs. 5
geboten und eine Unterkunft für den Hilfesuchenden genannten Art sowie die Unterbringung in einer
gesichert ist. anderen Familie oder bei den in § 104 genannten
(3) Im Falle des Absatzes 1 hat der erstattungs- anderen Personen.
pflichtige Träger der Sozialhilfe auf Verlangen des § 110
anderen Trägers außerdem einen Betrag in Höhe
eines Drittels der aufgewendeten Kosten, min- Ubernahme der Hilfe
destens jedoch fünfzig Deutsche Mark, zu zahlen. (1) Der Träger der Sozialhilfe, der die Hilfe
gewährt, kann von dem kostenerstattungspflichtigen
(4) Die Verpflichtung nach den Absätzen 1 und 3
Träger verlangen, daß dieser die Gewährung der
besteht nicht oder fällt weg, wenn für einen zusam-
Hilfe in seinem Bereich übernimmt. Der kosten-
menhänucndcn Zeitraum von drei Monaten Hilfe
erstattungspflichtige Träger kann verlangen, daß die
nicht zu gewähren war.
Hilfe von ihm in seinem Bereich gewährt wird. Der
§ 108 kostenerstattungspflichtige Träger hat die Kosten
zu tragen, die durch den Wechsel des Aufenthalts-
Kostenerstattung bei Ubert:ritt aus dem Ausland
ortes des Hilfeempfängers entstehen.
(1) Tritt jemand, der im Geltungsbereich dieses
(2) Die Dbernahme der Hilfe kann nicht verlangt
Gesetzes keinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, aus
werden, wenn der Hilfeempfänger dem Wechsel
dem Ausland in den Geltungsbereich dieses Geset-
seines Aufenthaltsortes nicht zustimmt oder wenn
zes über und bedarf er innerhalb eines Monats nach
sonst ein wichtiger Grund entgegensteht, besonders
seinem Dbertritt der Sozialhilfe, so sind die auf-
wenn der erstrebte Erfolg der Hilfe beeinträchtigt
gewendeten Kosten von dem überörtlichen Träger
oder ihre Dauer wesentlich verlängert würde.
der Sozialhilfe zu erstatten, in dessen Bereich der
Hilfesuchende geboren ist. (3) Absatz 1 gilt nicht im Falle des § 106.
(2) Liegt der Geburtsort des Hilfesuchenden nicht
im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder ist er nicht § 111
zu ermitteln, wird der zur Kostenerstattung ver- Umfang der Kostenerstattung
pflichtete überörtliche Träger der Sozialhilfe von
einer Schiedsstelle bestimmt. Hierbei hat die (1) Die aufgewendeten Kosten sind zu erstatten,
Schiedsstelle die Einwohnerzahl und die sich nach soweit die Hilfe diesem Gesetz entspricht. Dabei
Absatz 1 und § 119 ergebenden Belastungen zu gelten die Grundsätze für die Gewährung von
berücksichtigen. Die Schiedsstelle wird durch Ver- Sozialhilfe, die am Aufenthaltsort des Hilfeemp-
waltungsvereinbarung der Länder gebildet. fängers zur Zeit der Hilfegewährung bestehen.
(3) Leben Ehegatten, Verwandte und Verschwä- (2) Kosten unter fünfzig Deutsche Mark sind
gerte bei Eintritt des Bedarfs an Sozialhilfe zusam- nicht zu erstatten; dies gilt nicht in den Fällen des
men, richtet sich der erstattungspflichtige Träger § 107 Abs. 1 und des § 108.
nach dem ältesten von ihnen, der im Geltungs- (3) Persönliche und sächliche Verwaltungskosten
bereich dieses Gesetzes geboren ist. Ist keiner von sind nicht zu erstatten.
ihnen im Geltungsbereich dieses Gesetzes geboren,
so ist ein gemeinsamer erstattungspflichtiger Träger § 112
nach Absatz 2 zu bestimmen.
Frist zur Geltendmachung des Anspruchs auf
(4) Ist ein Träger der Sozialhilfe nach Absatz 1, Kostenerstattung
Absatz 2 oder Absatz 3 zur Erstattung der für einen
Hilfeempfänger aufgewendeten Kosten verpflichtet, Will ein Träger der Sozialhilfe von einem an-
so hat er auch die für den Ehegatten oder die deren Träger Kostenerstattung verlangen, hat er
minderjährigen Kinder des Hilfeempfängers auf- ihm dies innerhalb von sechs Monaten nach der
gewendeten Kosten zu erstatten, wenn diese Perso- Entscheidung über die Gewährung der Hilfe mitzu-
nen später aus dem Ausland in den Geltungsbereich teilen. Unterläßt er die Mitteilung innerhalb dieser
dieses Gesetzes übertreten und innerhalb eines Frist, kann er nur die Erstattung der Kosten ver-
Monats der Sozialhilfe bedürfen. langen, die in den sechs Monaten vor der Mitteilung
entstanden sind und nachher entstehen. Kann er den
(5) Die Verpflichtung zur Erstattung der für einen
erstattungspflichtigen Träger der Sozialhilfe trotz
Hilfeempfänger aufgewendeten Kosten fällt weg,
sorgfältiger Ermittlungen nicht feststellen, so wird
wenn ihm inzwischen für einen zusammenhängen-
die Frist nach Satz 1 gewahrt, wenn er vor ihrem
den Zeitraum von drei Monaten Sozialhilfe nicht zu
Ablauf den Erstattungsanspruch bei der zuständigen
gewähren war.
Behörde anmeldet.
(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten nicht für Personen,
deren Unterbringung nach dem Ubertritt aus dem § 113
Au~land bundesrechtlich oder durch Vereinbarung Verjährung
zwischen Bund und Ländern geregelt ist.
Der Anspruch auf Erstattung der aufgewendeten
§ 109 Kosten verjährt in zwei Jahren vom Ablauf des
Jahres an, in dem er entstanden ist. Die Bestim-
Ausschluß des gewöhnlichen Aufenthalts mungen des Bürgerlichen Gesetzbuches über die
Als gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne dieses Unterbrechung und die Hemmung der Verjährung
Abschnitts gelten nicht der Aufenthalt ,e,ines Hilfe- gelten entsprechend.
Nr. 46 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 5. Juli 1961 835
Abschnitt 10 leisten. Besonders haben die Finanzbehörden über
die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des
Verfahrensbestimmungen
Hilfesuchenden oder Hilfeempfängers, des Unter-
§ 114
haltspflichtigen und des Kostenersatzpflichtigen, die
Träger anderer Sozialleistungen über alle das Be-
Beteiligung sozial erfahrener Personen schäftigungsverhältnis dieser Personen betreffenden
(1) Vor dem Erlaß allgemeiner Verwaltungsvor- Tatsachen Auskunft zu geben, soweit die Durch-
schriften und der Festsetzung der Regelsätze sind führung dieses Gesetzes es erfordert.
sozial erfahrene Personen zu hören, besonders aus
Vereinigungen, die Bedürftige betreuen, oder aus § 118
Vereinigungen von Sozialleistungsempfängern. Kostenfreiheit
(2) Vor dem Erlaß des Bescheides über einen (1) Geschäfte und Verhandlungen, die aus Anlaß
Widerspruch gegen die Ablehnung der Sozialhilfe der Beantragung, · Gewährung oder des Ersatzes
oder gegen die Festsetzung ihrer Art und Höhe einer nach di,esem Gesetz vorgesehenen Leistung
sind Personen, wie sie in Absatz 1 bezeichnet sind, nötig werden, sind kostenfrei; dies gilt auch für die
beratend zu beteiligen.
in der Kostenordnung vom 26. Juli 1957 (Bundes-
gesetzbl. I S. 861, 960) bestimmten Gerichtskosten
§ 115 einschließlich der Beurkundungs- und Beglaubi-
Pflichten des Hilfesuchenden und des gungskosten.
Hilfeempfängers (2) Absatz 1 gilt auch für gerichtliche Verfahren,
(1) Der Hilfesuchende ist verpflichtet, bei der auf die das Gesetz über die Angelegenheiten der
Feststellung seines Bedarfs mitzuwirken, soweit ihm freiwilligen Gerichtsbark:eit anzuwenden ist. Im
dies zuzumuten ist. Verfahren nach der Zivilprozeßordnung sowie in
Verfahren vor Gerichten der Arbeits-, Sozial- und
(2) Der Hilfeempfänger hat Änderungen der Tat- Finanzgerichtsbarkeit sind nur die Träger der
sachen, die für die Hilfe maßgebend sind, besonders Sozialhilfe von den Gerichtskosten befreit. § 188
Änderungen seiner Einkommens- und Vermögens- Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt un-
verhältniss-e,, unverzüglich dem Träger der Sozial- berührt.
hilfe mitzuteilen. Ist der Hilfeempfänger geschäfts-
unfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt,
trifft die Verpflichtung nach Satz 1 den gesetzlichen Abschnitt 11
Vertreter. Sonstige Bestimmungen
§ 116
§ 119
Pflicht zur Auskunft
Sozialhilfe für Deutsche im Ausland
(1) Die Unterhaltspflichtigen und die Kosten-
ersatzpflichtigen sind verpflichtet, dem Träger der (1) Deutschen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt
Sozialhilfe über ihre Einkommens- und Vermögens- im Ausland haben und im Ausland der Hilfe be-
verhältnisse Auskunft zu geben, soweit die Durch- dürfen, soll, vorbehaltlich der Regelung in Absatz 2
führung dieses Gesetzes es erfordert. Nr. 1, Hilfe zum Lebensunterhalt, Krankenhilfe und
Hilfe für werdende Mütter und Wöchnerinnen
(2) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Träger
gewährt werden. Sonstige Sozialhilfe kann ihnen
der Sozialhilfe über die Art und Dauer der Beschäf-
gewährt werden, wenn die besondere Lage des
tigung, die Arbeitsstätte und den Arbeitsverdienst
Einzelfalles dies rechtfertigt.
des bei ihm beschäftigten Hilfesuchenden oder
Hilfeempfängers, Unt,erhaltspflichtigen oder Kosten- (2) Soweit es im Einzelfall der Billigkeit entspricht,
ersatzpflichtigen Auskunft zu geben, soweit die kann folg-enden Personen, die ihren gewöhnlichen
Durchführung dieses Gesetzes es erfordert. Aufenthalt im Ausland haben und im Ausland der
Hilfe bedürfen, Sozialhilfe gewährt werden:
(3 Für die Auskunftspflicht nach Absatz 1 und
Absatz 2 gilt § 64 Abs. 3 entsprechend. 1. Deutschen, die gleichzeitig die Staats-
angehörigkeit ihres Aufenthaltsstaates be-
(4) Ordnungswidrig handelt, wer als Arbeitgeber sitzen, wenn auch ihr Vater oder ihre
vorsätzlich oder fahrlässig die Auskunft nach Ab- Mutter die Staatsangehörigkeit dieses
satz 2 nicht, unrichtig, unvollstäi1dig oder nicht frist- Staates besitzt oder besessen hat, sowie
gemäß erteilt. Die Ordnungswidrigkeit kann, wenn ihren Abkömmlingen,
sie vorsätzlich begangen ist, mit einer Geldbuß,e bis
2. Familienangehörigen von Deutschen, wenn
zu eintausend Deutsche Mark, wenn sie fahrlässig
sie mit diesen in Haushaltsgemeinschaft
begangen ist, mit einer Geldbuße bis zu fünfhundert
leben,
Deutsche Mark geahndet werden.
3. ehemaligen Deutschen, zu deren Uber-
nahme die Bundesrepublik Deutschland
§ 117
auf Grund zwischenstaatlicher Abkommen
Amtshilfe verpflichtet wäre, sowie ihren Familien-
Auf Ersuchen der Tri:iger der Sozialhilfe sind die angehörigen.
anderen Verwaltungsbehörden und die Träger an- (3) Hilfe wird nicht gewährt, soweit sie von dem
derer Sozialleistungen verpflichtet, Amtshilfe zu hierzu verpflichteten Aufenthaltsland oder von an-
836 Bundesge,s!etzblatt, Jahrgang 1961, Teil I
deren gewährt wird oder zu erwarten ist. Hilfe wird Abschnitt 12
ferner nicht gewährt, wenn die Heimführung des
Hilfesuchenden geboten ist.
Sonderbestimmungen für Personen mit
körperlicher Behinderung
(4) Art, Form und Maß der Hilfe sowie der Ein-
satz des Einkommens und des Vermögens richten § 123
sich nach den besonderen Verhältnissen im Auf- Allgemeines
enthaltsland unter Berücksichtigung der notwen- Bis zu einer anderweitigen gesetzlichen Regelung
digen Lebensbedürfnisse eines dort lebenden gelten zur Sicherung wirksamer ärztlicher Maß-
Deutschen. nahmen für Personen mit körperlicher Behinderung
(5) Für die Gewährung der Hilfe sachlich zu- oder drohender körperlicher Behinderung die §§ 124
ständig ist der überörtliche Träger der Sozialhilte. bis 126. Sie gelten nicht für Personen, die wegen
Ortlich zustündig ist der Träger, in dessen Bereich ihrer Behinderung als Unfallverletzte nach den Be-
der Hilfesuchende geboren ist; § 108 Abs. 2 und 3 stimmungen der gesetzlichen Unfallversicherung
gilt entsprechend; die nach § 108 Abs. 3 begründete oder als Beschädigte nach dem Bundesversorgungs-
Zuständigkeit bleibt bestehen, solange noch eine gesetz oder nach Gesetzen, die das Bundesversor-
der dort genannten Personen der Sozialhilfe bedarf. gungsgesetz für anwendbar erklären, Entschädi-
gungsleistungen erhalten.
(6) Die Träger der Sozialhilfe arbeiten mit den
deutschen Dienststellen im Ausland zusammen. § 124
Einleitung ärztlicher Maßnahmen
(1) Für Personen,
§ 120
1. die in ihrer Bewegungsfähigkeit durch
Sozialhilfe für Ausländer und Staatenlose eine Beeinträchtigung ihres Stütz- oder
(1) Personen, die nicht Deutsche im Sinne des Bewegungssystems nicht nur vorüber-
Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sind und die gehend wesentlich behindert oder yon
sich im Geltungsbereich dieses Gesetzes tatsächlich einer solchen Behinderung bedroht sind,
aufhalten, ist Hilfe zum Lebensunterhalt, Kranken- 2. bei denen Spaltbildungen des Gesichts
hilfe, Hilfe für werdende Mütter und Wöchnerinnen, oder des Rumpfes bestehen,
Tuberkulosehilfe und Hilfe zur Pflege nach diesem 3. die blind oder von Blindheit bedroht sind,
Gesetz zu gewähren; wer sich in den Geltungs- 4. die durch eine Beeinträchtigung der Hör-
bereich dieses Gesetzes begeben hat, um Sozialhilfe fähigkeit nicht nur vorübergehend wesent-
zu erlangen, hat keinen Anspruch. Im übrigen kann lich behindert sind oder
Sozialhilfe gewährt werden, soweit dies im Einzel- 5. die durch eine Beeinträchtigung der
fall gerechtfertigt ist. Rechtsvorschriften, nach denen Sprachfähigkeit nicht nur vorübergehend
außer den in Satz 1 genannten Leistungen auch wesentlich behindert sind,
sonstige Sozialhilfe zu gewähren ist oder gewährt
werden soll, bleiben unberührt. gelten die Absätze 2 bis 4.
(2) Ist der Behinderte oder von Behinderung Be-
(2) Der Bundesminister des Innern kann durch drohte geschäftsunfähig oder in der Geschäfts-
Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates fähigkeit beschränkt, so haben Hebammen und an-
bestimmen, daß außer den in Absatz 1 Satz 1 ge- dere Medizinalpersonen, Lehrer, Sozialarbeiter
nannten Leistungen auch sonstige Sozialhilfe zu (Wohlfahrtspfleger), Kindergärtnerinnen und Hort-
gewähren ist oder gewährt werden soll. nerinnen, die bei ·Ausübung ihres Berufs eine Be-
hinderung oder eine drohende Behinderung nach
Absatz 1 wahrnehmen, den Personensorgeberechtig•
§ 121 ten unter Hinweis auf seine Pflichten anzuhalten,
Erstattung von Aufwendungen anderer den Behinderten oder von Behinderung Bedrohten
einem Arzt vorzustellen. Lehnt der Personensorge-
Hat jemand in einem Eilfall einem anderen Hilfe berechtigte dies ab, so haben die in Satz 1 genann-
gewährt, die der Träger der Sozialhilfe bei recht- ten Personen das Gesundheitsamt zu benachrich-
zeitiger Kenntnis nach diesem Gesetz gewährt tigen.
haben würde, sind ihm auf Antrag die Aufwen- (3) Ärzte haben die Aufgabe,
dungen in gebotenem Umfange zu erstatten, wenn
er sie nicht auf Grund rechtlicher oder sittlicher 1. die in Absatz 1 genannten Personen über
Pflicht selbt zu tragen hat. Dies gilt nur, wenn er die Notwendigkeit oder Möglichkeit einer
den Antrag innerhalb angemessener Frist stellt. ärztlichen Behandlung aufzuklären,
2. sie durch Aushändigung eines amtlichen
Merkblattes über die gesetzlichen Hilfe-
§ 122 möglichkeiten zu unterrichten.
Eheähnliche Gemeinschaft (4) Ist· der Behinderte oder von Behinderung Be-
drohte geschäftsunfähig oder in der Geschäfts-
Personen, die in eheähnlicher Gemeinschaft leben, fähigkeit beschränkt, haben die Ärzte die Aufgabe
dürfen hinsichtlich der Voraussetzungen sowie des nach Absatz 3 gegenüber dem Personensorgeberech-
Umfanges der Sozialhilfe nicht besser gestellt wer- tigten. Lehnt dieser es ab, den Behinderten oder von
den als Ehegatten. § 16 gilt entsprechend. Behinderung Bedrohten einer notwendigen Behand-
Nr. 46 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 5. Juli 1961 837
lung zuzufühn·n, oder vernachlä.ssigt er die Be- Anstalt oder Stiftung des öffentlichen
handlung, haben die Arzte auch ohne sein Einver- Rechts stehen, auch wenn sie im Ausland
ständnis das Recht, das Gesundheitsamt zu benach- verwendet werden, von dem Dienstherrn,
richtigen. 2. Versorgungsempfängern des öffentlichen
§ 125 Dienstes, deren Versorgungsbezüge der
Landesarzt Bund oder eine bundesunmittelbare Kör-
(1) In jedem Land ist mindestens ein Landesarzt perschaft, Anstalt oder Stiftung des öffent-
zu bestellen, der über besondere Erfahrungen in der lichen Rechts trägt, von dem Träger der
Hilfe für Personen mit körperlicher Behinderung Versorgungslast.
verfügt. Die Tuberkulosehilfe ist auch für den Ehegatten und
(2) Dem Landesarzt obliegen vor allem folgende für die kinderzuschlagberechtigten Kinder zu ge-
Aufgaben: währen, wenn diese nicht selbst einen Anspruch auf
1. Einrichtung von Sprechtagen zur ärztlichen Tuberkulosehilfe gegen einen in Satz 1 bezeich-
Beratung Behinderter oder von Behinde- neten Leistungsträger haben. Kommen für einen
rung Bedrohter und Beteiligung an den Kranken oder Genesenen (Satz 1 oder 2) mehrere
Sprechtagen, Leistungsträger nach Satz 1 oder ein Leistungs-
träger nach Satz 1 und ein Leistungsträger nach
2. Erstattung von Gutachten für die Landes-
einer entsprechenden Landesregelung (Absatz 6) in
behörden, die für das Gesundheitswesen
Betracht, so richtet sich der Anspruch gegen den-
und die Sozialhilfe zuständig sind, sowie
jenigen Dienstherrn oder Träger der Versorgungs-
für die Träger der Sozialhilfe,
last, der die höheren Dienst- oder Versorgungs-
3. w9clmäßige Unterrichtung der für das Ge- bezüge zahlt.
sundheitswesen zuständigen Landesbehörde
(2) Deutschen, die bei einer Dienststelle des Bun-
über den Erfolg der Erfassungs-, Vor-
des, einer bundesunmittelbaren Körperschaft, An-
beugungs- und Bekämpfungsmaßnahmen in
stalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts im Aus-
der Hilfe für Behinderte.
land als Ortskräfte beschäftigt werden, kann der
§ 126 Dienstherr Tuberkulosehilfe gewähren. Das gleiche
gilt für den Ehegatten und die kinderzuschlag-
Aufgaben des Gesundheitsamtes
berechtigten Kinder, wenn die Voraussetzungen des
Dem Gesundheitsamt obliegen folgende Auf- Absatzes 1 Satz 2 vorliegen.
gaben:
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für
1. ~irztliche Beratung von Personen mit körper-
licher Behinderung oder drohender körper- 1. Ehrenbeamte und Beamte, die ein ihre
licher Behinderung, auch während und nach Arbeitskraft nur nebenbei beanspruchen-
der Durchführung von Heil- und Einglied.e- des Amt bekleiden oder vorübergehend
nmgsmaßnahmen; hierfür sind die erforder- für nicht länger als ein Jahr verwendet
lichen Sprechtage durchzuführen, werden,
2. Benachrichtigung des Trägers der Sozialhilfe 2. andere Personen, die für weniger als die
oder des Trägers anderer Sozialleistungen zur Hälfte der regelmäßigen wöchentlichen
Einleitung der erforderlichen Maßnahmen, Arbeitszeit oder aushilfsweise beschäftigt
werden,
3. Einleitung unaufschiebbarer ambulanter oder
stationärer ärztlicher Maßnahmen im Be- 3. Personen, die auf Grund der Wehrpflicht
nehmen mit dem Träger der Sozialhilfe oder Wehrdienst oder zivilen Ersatzdienst leisten,
einem anderen zuständigen Träger, bei schon 4. Versorgungsempfänger, die ausschließlich
in ärztlicher Behandlung stehenden Personen Beschädigtenversorgung nach dem Dritten
auch im Zusammenwirken mit dem behandeln- Teil des Soldatenversorgungsgesetzes oder
den Arzt, ausschließlich Ubergangsgeld, Abfindungs-
4. Führung einer Kartei der betreuten Personen rente, Ubergangsbeihilfe oder Ubergangs-
zur ·wissenschaftlichen Auswertung. gebührnisse erhalten, es sei denn, daß der
Dienstherr gleichzeitig Berufsförderung ge-
währt; dies gilt auch, wenn mehrere dieser
Abschnitt 13 Leistungen nebeneinander gewährt .werden.
Tuberkulosebekämpfung außerhalb (4) § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1, § 3 Abs. 2, die
der Sozialhilfe §§ 4, 48 bis 51, 53 bis 58, 61, 63, 64, 76 bis 91 und 95
Unterabschnitt 1 Abs. 2 Satz 1 und 2 gelten entsprechend. Bei der
Anwendung der in Satz 1 genannten Bestimmungen
Sonde rb es t immun gen
auf die Personen, die im Ausland verwendet oder
für Träg er der Tuber k u 1 o s eh i lf e, die
als Ortskräfte beschäftigt werden, sind die be-
nicht Träger der Sozialhilfe sind
sonderen Verhältnisse im Aufenthaltsland und die
§ 127 notwendigen Lebensbedürfnisse eines dort lebenden
Deutschen zu berücksichtigen; die wegen einer
Ofientlicher Dienst
Verwendung im Ausland gewährten Bezüge sind,
(1) Tuberkulosehilfe ist zu gewähren soweit sie die Bezüge eines entsprechenden Bedien-
1. Personen, die im Dienst des Bundes oder steten im Inland übersteigen, bei der Anwendung
einer bundesunmittelbaren Körperschaft, der §§ 79 bis 85 nicht zu berücksichtigen. Die
838 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1961, Teil I
Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung mit gungsbezügen der Deutschen Bundesbahn oder ihrer
Zustimmung des Bundesrates nähere Vorschriften Versicherungsträger sowie deren Familienangehöri-
über die Berücksichtigung von Einkommen und gen zu gewähren. Dies gilt nicht, soweit die erfor-
Vermögen nach Abschnitt 4 erlassen. derliche Hilfe anderweitig, bei Versicherten oder
Rentnern durch einen anderen Träg,er der Sozialver-
(5) Ist die Erkrankung auf einen Dienst- oder
Arbeitsunfall zurückzuführen oder ist der Dienst- sicherung als die Bundesbahnversicherungsanstalt,
herr zur freien Heilfürsorge verpflichtet, so gelten gesetzlich sichergestellt ist.
neben den hierfür maßgebenden Vorschriften die
Bestimmungen der Absätze 1 bis 4 nur, soweit sie § 130
weitergehende Ansprüche gewähren. Anstaltspflege
(6) Die Länder sind verpflichtet, die Tuberkulose- (1) Ist ein Tuberkulosekranker wegen Geistes-
hilfe für krankheit, Geistesschwäche, Epilepsie oder Sucht-
1. die in ihrem Dienst, im Dienst der Gemein- krankheit auf öffentliche Kosten in Anstaltspflege
den und der Gemeindeverbände sowie untergebracht, so ist ihm während der Unterbrin-
sonstiger unter der Aufsicht der Länder gung auch Heilbehandlung von dem für diese Unter-
stehender Körperschaften, Anstalten und bringung zuständigen Kostenträger zu gewähren.
Stiftungen des öffentlichen Rechts stehen- (2) § 3 Abs. 2 und die §§ 4, 49 und 64 gelten ent-
den Personen, sprechend.
2. die Versorgungsempfänger des öffentlichen
§ 131
Dienstes, deren Versorgungsbezüge ein
Land, eine Gemeinde, ein Gemeindever- Haftvollzug
band oder eine sonstige unt,er der Aufsicht (1) Für die Zeit, in der sich ein Tuberkulose-
des Landes stehende Körperschaft, Anstalt kranker in Untersuchungshaft befindet, eine Frei-
oder Stiftung des öffentlichen Rechts trägt, heitsstrafe verbüßt oder auf Grund einer Maßregel
sowie für die Ehegatten und für die kinderzuschlag- der Sicherung und Besserung untergebracht ist, ist
berech ligten Kinder dieser Personen durch den ihm auch Heilbehandlung von der Vollzugsbehörde
Dienstherrn oder den Träger der Versorgungslast zu gewähren.
unter Berücksichtigung der Grundsätze der Ab- (2) Die §§ 4, 49 und 64 gelten entsprechend.
sätze 1 bis 5 zu regeln.
(7) Die Länder können Bestimmungen erlassen
über die Aufbringung der Kosten, die den Gemein-
Unterabschnitt 2
den, den Gemeindeverbänden und sonstigen unter
ihrer Aufsicht stehenden Körperschaften, Anstalten Sonde rb es timm ungen
und Stiftungen des öffentlichen Rechts entstehen. für sonstige zur Tuberkulosebekämpfung
verpflichtete Stellen
§ 128 § 132
Wechsel der Zuständigkeit Anwendungsbereich
(1) In den Fällen des § 127 gilt § 60 vorbehaltlich Für die Träger der Sozialversicherung, die Träger
der Regelung des Absatzes 2 entsprechend. der Kriegsopferversorgung sowie der Versorgung,
(2) Mit dem Wechsel des Dienstherrn oder des die nach dem Bundesversorgungsgesetz durchgeführt
Trägers der Versorgungslast geht die Zuständigkeit wird, fü,r die Träger der Leistungen nach dem Unter-
auf den neuen Dienstherrn oder Träger der Versor- haltssicherungsgesetz, für die Bundesanstalt für
gungslast über. Bei Beendigung des Dienstverhält- Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung
nisses bleibt die bisherige Zuständigkeit bis zur und für die Gesundheitsämter gelten bis zu einer
Beendigung der Heilbehandlung, jedoch nicht über anderweitigen gesetzlichen Regelung die §§ 133_
den Ablauf des dritten Monats hinaus bestehen, der bis 138.
auf die Entlassung aus der stationären Behandlung § 133
folgt; sie bleibt über diesen Zeitpunkt hinaus bis
zur Beendigung der Maßnahmen zur Eingliederung Beteiligung des Gesundheitsamtes
in das Arbeitsleben im Sinne des § 40 Abs. 1 Nr. 4 Für die Beteiligung des Gesundheitsamtes gilt
oder 5 bestehen, wenn der Dienstherr auf Grund § 63 entsprechend; abweichend von Absatz 1 Satz 1
anderer gesetzlicher Vorschriften zur Gewährung können Anträge auf Leistungen bei dem Gesund-
von Berufsförderungsmaßnahmen verpflichtet ist heitsamt oder bei der Gemeinde, in welcher der
oder während der Dienstzeit verpflichtet war. Berechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat,
gestellt werden.
§ 129 § 134
Deutsche Bundesbahn Arbeitsgemeinschaften
Die Deutsche Bundesbahn ist über die Verpflich- Für die Bildung von Arbeitsgemeinschaften durch
tung nach § 127 hinaus ermächtigt, die in § 48 Abs. 2 die in § 132 genannten Stellen mit anderen geselz-
bez,eichneten Leistungen den Betriebsangehörigen lich verpflichteten Leistungsträgern gilt § 95 Abs. 2
und ehemaligen Betriebsangehörigen mit Versor- Satz 1 und 2 entsprechend.
Nr. 46 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 5. Juli 1961 839
§ 135 für die Gewährung von Leistungen in den Fällen
Weiterbestehen der Zuständigkeit der stationären Dauerbehandlung nach § 1244 a der
Reichsversicherungsordnung, des § 21 a des An-
(1) Ändern sich nach der Feststellung der Behand-
gestelltenversicherungsgesetzes und des § 43 a des
lungsbedürftigkeit durch einen amtlich bestellten Reichsknappschaftsgesetzes Einzelweisungen er-
Arzt die Umstände, welche die sachliche Zuständig- teilen.
keit eines in § 132 genannten Leistungsträgers
begründet haben, so bleibt seine Zuständigkeit bis § 138
zur Beendigung der Heilbehandlung bestehen. Dies Kostentragung durch den Bund
gilt jedoch bei Familienangehörigen wehrpflichtiger (1) Der Bund trägt die Aufwendungen, die den
Soldaten und Ersatzdicnstleistender nur bis zur Be- Trägern der gesetzlichen Rentenversicherungen
endigung des Dienstverhältnisses, im übrigen nicht durch die Gewährung der stationären Dauerbe-
über den Ablauf des dritten Monats hinaus, der auf handlung in den Fällen des § 1244 a der Reichsver-
die Entlassung aus der stationären Behandlung folgt. sicherungsordnung, des § 21 a des Angestelltenver-
(2) Unberührt bleiben die Bestimmungen über die sicherungsgesetzes und des § 43 a des Reichsknapp-
zeitliche Begrenzung der Leistungspflicht in der schaftsgesetzes entstehen. Persönliche und sächliche
gesetzlichen Krankenversicherung. Verwaltungskosten bleiben hierbei außer Ansatz.
Der knappschaftlichen Rentenversicherung werden
die Aufwendungen vom Bund im Rahmen des § 128
§ 136
des Reichsknappschaftsgesetzes erstattet.
Beratung, Aufklärung, Weisungen
(2) § 66 Abs. 2 findet Anwendung.
(1) Die in § 132 genannten Leistungsträger sowie
die Gesundheitsämter haben den Kranken oder
Genesenen und seine Familienangehörigen zu be-
raten und in geeigneter Weise aufzuklären, wie die Abschnitt 14
Heilung gefördert und gesichert, die Pflege durch- Ubergangs- und Schlußbestimmungen
geführt und die Ansteckung vermieden werden
kann. Falls erforderlich, können die Leistungsträger § 139
oder die Gesundheitsämter den in Satz 1 genannten Bestimmungen und Bezeichnungen in anderen
Personen Weisungen erteilen; der Kranke darf je- Vorschriften
doch nicht verpflichtet werden, sich einer Behand- (1) Soweit in anderen Vorschriften auf Bestim-
lung, die mit einer erheblichen Gefahr für Leben mungen verwiesen wird oder Bezeichnungen ver-
und Gesundheit verbunden ist, oder einer Opera- wendet werden, die durch dieses Gesetz aufgehoben
tion, die einen erheblichen Eingriff in die körper- oder geändert werden, treten an ihre Stelle die ent-
liche Unversehrtheit bedeutet, zu unterziehen. § 3 sprechenden Bestimmungen und Bezeichnungen
Abs. 2 gilt entsprechend. dieses Gesetzes.
(2) Die in Absatz 1 Satz 1 genannten Personen (2) Soweit nach anderen Vorschriften die Für-
sind verpflichtet, den in § 132 bezeichneten SteUen sorgeverbände Aufgaben durchzuführen haben,
die zur Bekämpfung der Tuberkulose erforderlichen treten an ihre Stelle die Träger der Sozialhilfe.
Auskünfte zu geben und ihren Weisungen zu folgen.
Verstößt der Kranke, der Genesene oder ein Fami- § 140
lienangehöriger in grober Weise oder beharrlich Ersatzansprüche der Träger der Sozialhilfe
gegen die Weisung eines Trägers der Sozialver- nach sonstigen Vorschriften
sicherung oder gefährdet er vorsätzlich oder grob-
Bestimmt sich das Recht des Trägers der Sozial-
fahrlässig andere Personen, den Erfolg der Heil-
hilfe, Ersatz seiner Aufwendungen von einem an-
behandlung oder einer Eingliederungsmaßnahme, so
deren zu verlangen, gegen den der Empfänger von
kann der Träger der Sozialversicherung Barleistun-
Sozialhilfe einen Anspruch hat, nach sonstigen ge-
gen mit Ausnahme von Renten ganz oder teilweise
setzlichen Vorschriften, die dem § 90 vorgehen, so
versagen, solange der Kranke, der Genesene oder
gelten als Aufwendungen außer den Kosten der
der Familienangehörige trotz schriftlichen Hinweises
Hilfe für denjenigen, der den Anspruch gegen den
auf diese Folge sein Verhalten fortsetzt; für die
anderen hat, auch die Kosten der gleichzeitig mit
Versagung von Renten gelten die Vorschriften der
dieser Hilfe seinem nicht getrennt lebenden Ehe-
Sozialversicherung.
gatten und seinen minderjährigen unverheirateten
(3) Für die Auskunftspflicht nach Absatz 2 gilt Kindern gewährten Hilfe zum Lebensunterhalt.
§ 64 Abs. 3 entsprechend;
(4) Im übrigen bleiben die Vorschriften, welche § 141
die Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen Ubergangsregelung für laufende Leistungen
für die Maßnahmen zur Erhaltung, Besserung und Werden in Einzelfällen bei Inkrafttreten dieses
Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit erlassen, Gesetzes lauf ende Leistungen der öffentlichen Für-
unberührt. sorge oder der Tuberkulosehilfe gewährt, die höher
§ 137 sind als die nach diesem Gesetz zu gewährenden
Leistungen, darf die Sozialhilfe bis zum Ablauf
Einzelweisungen der Bundesregierung
eines Jahres nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes
Die Bundesregierung kann in Fällen von grund- nicht geringer sein als die Leistungen, die bei Fort-
sätzlicher oder erheblicher finanzieller Bedeutung geltung des bisherigen Rechts gewährt würden.
840 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1961, Teil I
§ 142 § 148
Ubergangsregelung für das Verfahren nach § 23 Änderung des Bundesvertriebenengesetzes 1 )
der Fürsorgepflichtverordnung
§ 91 des Gesetzes über die Angelegenheiten der
Hat bei Inkrafttreten dieses Gesetzes die Ver- Vertriebenen und Flüchtlinge in der Fassung vom
waltungsbehörde nach § 23 Abs. 2 der Verorqnung 14. August 1957 (Bundesgesetzbl. I S. 1215) erhält
über die Fürsorgepflicht die Unterhaltspflicht im folgende Fassung:
Verwaltungswege festgestellt, so regelt sich das
weitere Verfahren bis zu seinem Abschluß nach bis-
.§ 91
herigem Recht. Ersatz von Kosten der Sozialhilfe
§ 143 (1) Vertriebene und Sowjetzonenflüchtlinge
Ubergangsregelung für die örtliche Zuständigkeit sind nicht verpflichtet, die Kosten der Sozialhilfe
in der Tuberkulosehilfe nach § 92. Abs. 3 des Bundessozialhilfegesetzes
Wird bei Inkrafttreten dieses Gesetzes einem voni 30. Juni 1961 (Bundesgesetzbl. I S. 815) zu
Tuberkulosekranken durch einen Träger der So- ersetzen.
zialhilfe stationäre Behandlung gewährt, so bleibt (2) Ein nach bürgerlichem Recht unterhalts-
die in diesem Zeitpunkt begründete örtliche Zu- pflidJ.tiger Vertriebener oder Sowjetzonenflücht-
ständigkeit des Trägers der Sozialhilfe bis zur Be- ling ist, soweit es sich um eine Person handelt,
endigung der Heilbehandlung bestehen, jedodJ. nicht auf die sich die Vorschrift des § 1603 Abs. 1 des
über den Ablauf des dritten Monats hinaus, der auf Bürgerlichen Gesetzbuches bezieht, nach den
die Entlassung aus der stationären Behandlung §§ 90 und 91 des Bundessozialhilfegesetzes in der
folgt. Regel nicht in Anspruch zu nehmen.•
§ 144
Ubergangsregelung für die Kostenerstattung § 149
Auf die Kostenerstattung zwisdJ.en den Trägem Änderung des Bundesevakuiertengesetzes 2)
der Sozialhilfe sind die bei Inkrafttreten dieses Ge-
setzes geltenden Regelungen weiter anzuwenden § 19 des Bundesevakuiertengesetzes in der Fassung
vom 5. Oktober 1957 (Bundesgesetzbl. I S. 1687) er-
1. bei allen Leistungen, die für eine vor dem In- hält folgende Fassung:
krafttreten dieses Gesetzes liegende Zeit ge-
währt worden sind, .§ 19
2. in den Fällen, in denen vor Inkrafttreten dieses Ersatz von Kosten der Sozialhilfe
Gesetzes die Pflicht zur Kostenerstattung durch (1) Evakuierte sind nicht verpflichtet, die
Anerkennung oder rechtskräftige Entscheidung Kosten der Sozialhilfe nach § 92 Abs. 3 des Bun-
festgestellt worden ist. dessozialhilfegesetzes vom 30. Juni 1961 (Bundes-
gesetzbl. I S. 815) zu ersetzen.
§ 145
(2) Ein nach bürgerlichem Recht unterhalts-
Kostenerstattung bei Evakuierten pflichtiger Evakuierter ist, soweit es sich um eine
Wird ein Evakuierter im Sinne des § 1 des Bundes- Person handelt, auf die sich die Vorschrift des
evakuiertengesetzes in der Fassung vom 5. Oktober § 1603 Abs. 1 ·des Bürgerlichen Gesetzpuches be-
1957 (Bundesgesetzbl. I S. 1687) an den Ausgangs- zieht, nach den §§ 90 und 91 des Bundessozial-
ort rückgeführt oder kehrt er an den Ausgangsort hilfegesetzes in der Regel nicht in Anspruch zu
zurück, wird hierdurch eine Kostenerstattungs- nehmen.•
pflicht nach den §§ 103 bis 105 nicht begründet. § 150
§ 146 Änderung der Kostenordnung und des Gesetzes
über die Kosten der GeridJ.tsvollzieher 3) ·
Zuständigkeit auf Grund der
deutsdl-sdlweizerisdlen Fürsorgevereinbarung (1) § 144 Abs. 2 der Kostenordnung vom 26. Juli
Die in der Erklärung der Bevollmächtigten der 1957 (Bundesgesetzbl. I S. 861, 960) erhält folgende
Regierung der Bundesrepublik zum Schlußprotokoll Fassung:
zur Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik .(2) Die in § 118 Abs. 1 des Bundessozialhilfe-
Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossen- gesetzes vom 30. Juni 1961 (Bundesgesetzbl. I
schaft über die Fürsorge für Hilfsbedürftige vom S. 815) bestimmte Gebührenfreiheit 'gilt auch für
14. Juli 1952 (Bundesgesetzbl. 1953 II S. 31) genann- den Notar, wenn die Notare am Ort der Amts-
ten deutschen Fürsorgestellen sind die überörtlichen handlung für das AmtsgesdJ.äft ausschließlich zu-
Träger der Sozialhilfe, die für die Gewährung von ständig sind.•
Sozialhilfe für Deutsche im Ausland nach § 119 (2) § 8 ·Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über Kosten
Abs. 5 örtlich zuständig wären. der Gerichtsvollzieher vom 26. Juli 1957 (Bundes-
gesetzbl. I S. 861, 887) erhält folgende Fassung:
§ 147 ,,Bei der Durchführung des Bundessozialhilfe-
Ubergangsregelung bei Nichtbestehen gesetzes vom 30. Juni 1961 (Bundesgesetzbl. I
der Schiedsstelle S. 815) sind die Träger der Sozialhilfe von den
Solange die Schiedsstelle nadJ. § 108 Abs. 2 nicht Gebühren befreit.•
gebildet ist, nimmt der Bundesminister des Innern
t) Ändert Bundesgesetzbl. III 240-1.
. oder die von ihm beauftragte Stelle die Aufgaben 2) Ändert Bundesgesetzbl. III 241-1.
der Schiedsstelle wahr. 3) Ändert Bundesgesetzbl. III 361-1, 362-1.
Nr. 46 -- Tag der Ausgabe: Bonn, den 5. Juli 1961 841
§ 151 4. Dezember 1924 (Reichsgesetzbl. I S. 765),
Behördenbestimmung und Stadtstaaten-Klausel zuletzt geändert durch das Gesetz zur Än-
derung der Reichsgrundsätze über Voraus-
(1) Welche Stellen zustJndiqe Behörden im Sinne setzung, Art und Maß der öffentlichen Für-
dieses Gesetzes sind, bestimmt, soweit eine landes- sorge vom 4. Juli 1957 (Bundesgesetzbl. I
rechtliche Regelung nicht besteht, die Landes- S. 693), vorbehaltlich der Regelung des Ab-
regierung. satzes 3,
(2) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und 4. das Gesetz über die Fürsorge für Körper-
Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses behinderte und von einer Körperbehinde-
Gesetzes über die Zuständigkeit von Behörden dem rung bedrohte Personen vom 27. Februar
besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzu- 1957 (Bundesgesetzbl. I S. 147), zuletzt ge-
passen. ändert durch das Gesetz über die Tuber-
§ 152 kulosehilfe vom 23. Juli 1959 (Bundes-
gesetzbl. I S. 513, 523),
Berlin-Klausel
5. das Gesetz über die Tuberkulosehilfe vom
Dieses Gesetz gilt mtch Maßgabe des § 13 Abs. 1 23. Juli 1959 (Bundesgesetzbl. I S. 513), zu-
des Dritten Uberleitungsgesetzes vom 4. Januar letzt geändert durch das Gesetz zur Ände-
1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin. rung sozialrechtlicher Vorschriften vom
Rechtsverordnungen, die auf Grund dieses Ge- 25. April 1961 (Bundesgesetzbl. I S. 465),
setzes erlassen werden, gelten im Land Berlin nach
6. die Dritte Verordnung zur Vereinfachung
§ 14 des Dritten Uberleitungsgesetzes.
des Fürsorgerechts vom 11. Mai 1943
(Reichsgesetzbl. I S. 301),
§ 153
7. die Vierte Verordnung zur Vereinfachung
Inkrafttreten des Fürsorgerechts vom 9. November 1944
(1) Dieses Gesetz tritt am ersten Tage des auf (Reichsgesetzbl. I S. 323),
die Verkündung folgenden elften Kalendermonats 8. die Verordnung über den Ersatz von Für-
in Kraft. sorgekosten vom 30. Januar 1951 (Bundes-
(2) Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes treten gesetzbl. I S. 134),
alle entgegenstehenden Vorschriften außer Kraft, 9. die Verordnung über die Hilfe zur Erwerbs-
besonders befähigung und Berufsausbildung in der
1. die §§ 4 bis 6 des Gesetzes über die Frei- öffentlichen Fürsorge vom 20. Dezember
zügigkeit vom 1. November 1867 (Bundes- 1956 (Bundesgesetzbl. I S. 1009).
gesetzbl. S. 55), zuletzt geändert durch die (3) Absatz 2 gilt nicht für das saarländische Ge-
Verordnung des Reichspräsidenten vom setz Nr. 354 über die Gewährung einer staatlichen
5. Juni 1931 (Reichsgesetzbl. I S. 279, 308), Sozialrentnerhilfe vom 7. November 1952 (Amtsblatt
2. die Verordnung über die Fürsorgepflicht des Saarlandes 1953 S. 141), zuletzt geänd,ert durch
vom 13. Februar 1924 (Reichsgesetzbl. I das Gesetz Nr. 427 vom 7. Juli 1954 (Amtsblatt des
S. 100), zuletzt geändert durch das Gesetz Saarlandes S. 834).
über die Fürsorge für Körperbehinderte (4) § 6 Abs. l Buchstabe d der Reichsgrundsätze
und von einer Körperbehinderung bedrohte über Voraussetzung, Art und Maß der öffentlichen
Personen vom 27. Februar 1957 (Bundes- Fürsorge gilt bis zu einer anderweitigen gesetz-
gesetzbl. I S. 147), lichen Regelung weiter; die dort genannte Hilfe z.ur
3. die Reichsgrundsätze über V0raussetzung, Erziehung gilt .als Hilfe in besonderen Lebenslagen
Art und Maß der öffentlichen Fürsorge vom im Sinne dieses Gesetzes.
Die Bundesregierung hat dem vorstehenden Ge-
setz die nach Artikel 113 des Grundgesetzes erfor-
derliche Zustimmung erteilt.
Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet.
Bonn, den 30. Juni 1961
Der Bundespräsident
Lübke
Der Stellvertreter des Bundeskanzlers
Ludwig Erhard
Der Bundesminister des Innern
Dr. Schröder
842 Bundesge,setzblatt, Jahrgang 1.961, Teil I
Zweite Verordnung über die Gewährung von Betriebsbeihilfe
für Betriebe der Landwirtschaft, des Garten- und des Weinbaues
(Gasöl-Betriebsbeihilfe-VO-Landwirtschaft)
Vom 30. Juni 1961
Auf Grund des Abschnitts III Artikel 4 Abs. 4 in 1. Betriebe, die durch Bodenbewirtschaftung
Verbindung mit Abschnitt III Artikel 4 Abs. 1 Satz 1 oder durch mit Bodenbewirtschaftung ver-
Nr. 1 und Satz 2, Abs. 2 und 3 des Verkehrsfinanz- bundene Tierhaltung pflanzliche oder
gesetzes 1955 vom 6. April 1955 (Bundesgesetzbl. I tierische Erzeugnisse gewinnen; als Boden-
S. 166) in der Fassung des Straßenbaufinanzierungs- bewirtschaftung gelten nur Ackerbau,
gesetzes vom 28. März 1960 (Bundesgesetzbl. I S. 201) Wiesen-, Weide- und Teichwirtschaft sowie
verordnet die Bundesregierung mit Zustimmung des Garten-, Obst- und Weinbau;
Bundesrates:
2. Betriebe, die für die in Nummer 1 bezeich-
neten Betriebe landwirtschaftliche, oder
§ 1 Zwecken der Teichwirtschaft, des Garten-,
Obst- und Weinbaues dienende Arbeiten
Beihilfe ausführen, insbesondere Lohnbetriebe, Be-
(1) Für Gasöl, das nach dem Mineralölsteuer- triebe von Genossenschaften und Maschi-
gesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom nengemeinschaften;
5. Dezember 1957 (Bundesgesetzbl. I S. 1833), zuletzt 3. Schöpfwerke zur Be- oder Entwässerung
geändert durch das Gesetz zur Änderung des von landwirtschaftlich genutzten Grund-
Mineralölsteuergesetzes vom 26. April 1960 (Bundes- stücken.
gesetzbl. I S. 241), versteuert und in Betrieben der
Landwirtschaft, des Garten- und des Weinbaues zum (2) Die Milchabfuhr an Molkereien im Rahmen
Betrieb der Nachbarschaftshilfe ist kein Lohntransport im
Sinne des Abschnitts III Artikel 4 Abs. 2 Nr. 2 des
1. von standfesten oder beweglichen Arbeits- Verkehrsfinanzgesetzes 1955.
maschinen oder
2. von landwirtschaftlichen Schleppern § 3
verwendet worden ist, wird den Inhabern di,eser Höhe der Betriebsbeihilfe
Betriebe (Beihilfeberechtigten) nach Maßgabe der
Die Betriebsbeihilfe beträgt 22,75 Deutsche Mark
folgenden Vorschriften eine Betriebsbeihilfe ge-
währt. für 100 Kilogramm Eigengewicht Gasöl oder 19,30
'Deutsche Mark für 100 Liter Gasöl.
(2) Gasöl im Sinne dieser Verordnung sind die
in Anmerkung 7 Buchstabe d zu Nummer 27.10 des § 4
Deutschen Zolltarifs 1961 (Bundesgesetzbl. 1960 II
Antrag auf Anerkennung der Beihilfeberechtigung
S. 2425) bezeichneten Kohknwasserstoff.gemische.
(1) Die Anerkennung der Beihilfeberechtigung ist
(3) Als Arbeitsmaschinen im Sinne des Absatzes 1
spätestens mit dem ersten Antrag auf Bewilligung
gelten auch Kraftfahrzeuge, die nach ihrer Bauart
der Betriebsbeihilfe zu beantragen.
und ihren besonderen, mit dem Fahrzeug fest ver-
bundenen Einrichtungen zur Leistung von Arbeit (2) Zuständig für die Anerkennung ist die nach
oder zum Transport von Gütern im innerbetrieb- Landesrecht für den Wohnsitz des Antragstellers
lichen Verkehr verwendet werden und zum Ver- zuständige Behörde.
kehr auf öffentlichen Straßen nicht zugelassen sind.
§ 5
Anerkennung
§ 2
(1) Die Beihilfeberechtigung ist nach Maßgabe
Abgrenzung der Betriebe der §§ 1 und 2 schriftlich anzuerkennen. Der Bei-
(1) Betriebe der Landwirtschaft, des Garten- und hilfeberechtigte ist darauf hinzuweisen, daß er
des Weinbaues im Sinne dieser Verordnung sind 1. den Bezugsnachweis (§ 7) zu führen hat;
Nr. 46 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 5. Juli 1961 843
2. für Betriebe im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 gangene Kalenderjahr bei der nach § 4 Abs. 2 zu-
außerdem ein Verwendungsbuch (§ 8) zu ständigen Behörde gestellt werden.
führen hat;
(3) Dem Antrag sind beizufügen
3. für Betriebe im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 1. Quittungen oder Lieferbescheinigungen
außerdem den Verbrauch im einzelnen (§ 7) über das im vorangegangenen Kalen-
buchmäßig nachzuweisen hat; derjahr insgesamt bezogene Gasöl;
4. eine zu Unrecht gezahlte Betriebsbeihilfe 2. das Verwendungsbuch oder der buchmäßige
auf Anforderung innerhalb der gestellten Nachweis, soweit der Antragsteller zu
Frist zurückzuzahlen hat. deren Führung verpflichtet ist (§ 8).
(2) Der Beihilfeberechtigte hat der zuständigen (4) Die Betriebsbeihilfe ist nach d-em nachge-
Behörde unverzüglich den Wegfall der Voraus- wiesenen begünstigten Verbrauch an Gasöl im vor-
setzungen für die Beihilfeberechtigung anzuzeigen. angegangenen Kalenderjahr festzusetzen.
§ 6 (5) Der Antrag ist abzulehnen, soweit ein ord-
nungsmäßiger Nachweis (§§ 7 und 8) nicht geführt
Widerruf der Anerkennung ist.
Die Anerkennung ist zu widerrufen, wenn die (6) Bei unverschuldeter Versäumnis der Frist
Voraussetzungen für ihre Erteilung nicht vorgele- nach Absatz 2 kann Nachsicht gewährt werden.
gen haben oder nachtrüglich weggefallen sind.
§ 10
§ 7
Prüfung
Bezugsnachweis
(1) Die nach Landesrecht zuständige Behörde ist
Der Beihilfeberechtigte hat sich Quittungen oder berechtigt, im Betriebe des Beihilfeberechtigten zu
Lieferbescheinigungen über das insgesamt bezogene prüfen, ob die Voraussetzungen für die Beihilfe-
Gasöl ausstellen zu lassen, welche die Anschrift des berechtigung vorliegen oder vorgelegen haben. Bei
Empfängers, des Lieferers, das Datum der Lieferung, der Prüfung hat der Beihilfeberechtigte die in § 5
die gelieferte Gasölmenge und den zu zahlenden bezeichneten Unterlagen vorzulegen. Er hat ferner
Betrag enthalten, und diese Unterlagen für die Auskunft zu erteilen und Schriftstücke zur Einsicht
Dauer von drei Jahren übersichtlich geordnet aufzu- vorzulegen, soweit dies zur Durchführung der Prü-
bewahren. fung erforderlich ist.
(2) Das Prüfungsrecht nach Absatz 1 steht auch
§ 8
dem Bundesrechnungshof zu. Der Bundesrechnungs-
Verwendungsbuch und buchmäßiger Nachweis hof ist ferner berechtigt, die Unterlagen der nach
(1) Der Beihilfeberechtigte hat für Betriebe im Landesrecht für die Bewilligung der Betriebsbeihilfe
Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 ein Verwendungsbuch zuständigen Behörde zu prüfen.
für Gasöl mit Haupt- und Durchschreibeblättern zu
führen. Die Eintragungen sind leserlich mit Tinte § 11
oder Tintenstift oder in Maschinenschrift so vorzu-
Vordrucke
nehmen, daß die Eintragungen auf dem Hauptblatt
und dem Durchschreibeblatt übereinstimmen. Für den Antrag auf Anerkennung (§ 4), für das
Verwendungsbuch (§ 8 Abs. 1) und für den Antrag
(2) Die Raummenge oder das Gewicht des beim
auf Bewilligung (§ 9 Abs. 2) sind die von der zu-
Betrieb der Arbeitsmaschinen und Schlepper ver-
ständigen Behörde vorgeschriebenen Vordrucke zu
brauchten Gasöls ist im Verwendungsbuch anzu-
verwenden. Bezieht der Antragsteller diese Vor-
schreiben.
drucke von der zuständigen Behörde, so hat er die
(3) Das Verwendungsbuch ist am Schluß des Kosten dafür zu erstatten.
Kalenderjahres abzuschließen. Die Haupt- und
Durchschreibeblütter sind bis zur Einreichung des § 12
Antrags auf Gewährung der Betriebsbeihilfe im
Verwendungsbuch zu belassen. Ubergangsbestimmungen
(4) Der Beihilfeberechtigte hat für Betriebe im (1) Für das Kalenderjahr 1960 beträgt die Be-
Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 über den Gasölverbrauch triebsbeihilfe 21,30 Deutsche Mark für 100 Kilo-
im einzelnen Buch zu führen (buchmäßiger Nach- gramm Eigengewicht Gasöl oder 18,10 Deutsche
weis). Mark für 100 Liter Gasöl.
(2) Zusagen, die nach § 6 der Verordnung über
§ 9 die Verbilligung von Dieselkraftstoff für die Land-
Bewilligung der Betriebsbeihilfe wirtschaft vom 28. Juli 1951 (Bundesgesetzbl. I
S. 482) erteilt sind, sowie Anerkennungen der Bei-
(1) Voraussetzung für die Bewilligung der Be-
hilfeberechtigung, die auf Grund des § 4 der Gasöl-
triebsbeihilfe ist die Anerkennung der Beihilfe-
Betriebsbeihilfe-VO-Landwirtschaft vom 25. Februar
berechtigung.
1956 (Bundesgesetzbl. I S. 87) ausgesprochen worden
(2) Der Antrag auf Bewilligung kann nur in der sind, gelten als Anerkennung im Sinne des § 5
Zeit vom 1. Januar bis 15. Februar für das vorange- dieser Verordnung.
844 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1961, Teil I
(3) Für Mirn~ralöl im Sinne des § 1 Abs. 2 zweiter § 14
Halbsatz dm Casöl-Betriebsbeihilfe-VO-Landwirt-
schaft vom 25. Februar 1956 wird bis zum 30. Sep- Inkrafttreten
tember 1961 eine Betriebsbeihilfe in Höhe von 18,05
(1) Die §§ 1 und 2 dieser Verordnung treten mit
Deutsche Mark für 100 Kilogramm Eigengewicht Wirkung vom 1. April 1960, § 3 tritt mit Wirkung
Gasöl oder 15,30 Deutsche Mark für 100 Liter Gasöl
vom 1. Januar 1961, die übrigen Vorschriften dieser
nach Mctßgabe dieser Verordnung gewährt. Verordnung treten mit Wirkung vom 1. April 1961
§ 13 in Kraft.
Geltung in Berlin (2) Die §§ 1 und 2 der Gasöl-Betriebsbeihilfe-V0-
Dinse Verordnung gilt nach § 14 des Dritten Landwirtschaft vom 25. Februar 1956 treten mit
Uberleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundes- Wirkung vom 1. April 1960, § 3 mit Wirkung vom
gesetzbl. I S. 1) in Verbindung mit Abschnitt VIII 1. Januar 1960, die übrigen Vorschriften dieser Ver-
des Verkehrsfinanzgesetzes 1955 auch im Land ordnung treten mit Wirkung vom 1. April 1961 außer
Berlin. Kraft.
Bonn, den 30. Juni 1961
Der Stellvertreter des Bundeskanzlers
Ludwig Erhard
Der Bundesminister der Finanzen
Etzel
Herausgeber I Der Bundesminister der Justiz. - Ver I a g: Bundesanzeiger Verlagsges. m. b. H., Bonn/Köln. - Druck: Bundesdruckerei.
Das Bundesuesetzblalt ersd1eint in drei Teilen. In Tell I und II werden die Gesetze und Verordnunuen in zeitlicher Reihenfolge nach ihrer
Ausfertiqung verkündet. In Teil III wird das als fortgeltend festgestellte Bundesrecht auf Grund des Gesetzes über die Sammlung des Bundes-
rechts vom 10. Juli 1958 (ßundcsgesetzbl. I S. 437) nach Sachgebieten geordnet veröffentlicht. Bezuusbedingunuen für Teil III durch den Verlag.
BezuqshedingunqEin für Teil I und II: Laufend er Bezug nur durch die Post Bezugspreis vierteljährlich für Teil I und Teil II je DM 5,-
zuzüqlidi Zustellgebühr. Ein z e Ist ü c k e je angefangene 24 Seiten DM0,40 gegen Voreinsendung des erforderlichen Betrages auf Postscheckkonto
.Bundesgesetzblatt" Köln 3 99 oder nach Bezahlung auf Grund einer Vorausrechnunq. Preis dieser Ausgabe DM 0,80 zuzüglich Versandgebühr DM 0,15.