613
Bundesgesetzblatt
Teil I
1958 Ausgegeben zu Bonn am 28. August 1958 Nr. 33
Tag Inhalt: Seite
23. 8. 58 Neufassung des Sozialgerichtsgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 613
liinweis auf Verkündungen im Bundesanzeiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 643
In Teil II Nr. 21, ausgegeben am 27. August 1958, sind veröffentlicht: Gesetz zu dem Abkommen vom 22. Mai 1957
zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Australischen Bund über den Luftverkehr. - Bekanntmachung
über den Geltungsbereich der Europäischen Ubereinkunft über die Internationale Patentklassifikation (Inkrafttreten
für Australien). - Bekanntmachung über den Geltungsbereich des Welturheberrechtsabkommens. - Bekanntmachung
über den Geltungsbereich des Abkommens betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs (Inkrafttreten für
die Dominikanische Republik). - Berichtigung der Bekanntmachung über den Geltungsbereich der vier Genfer Rot-
kreuz-Abkommen (Inkrafttreten für das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland),
Bekanntmachung
der Neuiassung des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Vom 23. August 1958.
Auf Grund des § 3 Abs. 2 des Zweiten Gesetzes
zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes vom
25. Juni 1958 (Bundesgesetzbl. I S. 409) wird nach-
stehend der vom 1. Juli 1958 an geltende Wortlaut
des Sozialgerichtsgesetzes vom 3. September 1953
(Bundesgesetzbl. I S. 1239, 1326) in der Fassung
des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichts-
gesetzes vom 10. August 1954 (Bundesgesetzbl. I
s. 239),
des Gesetzes über Änderung von Vorschriften
des Zweiten Buches der Reichsversicherungsord-
nung und zur Ergänzung des Sozialgerichts-
gesetzes vom 17. August 1955 (Bundesgesetzbl. I
s. 513),
des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des
Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeits-
losenversicherung vom 23. Dezember 1956 (Bun-
desgesetzbl. I S. 1018, 1056),
des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung
kostenrechtlicher Vorschriften vom 26. Juli 1957
(Bundesgesetzbl. I S. 861, 933) und
des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sozial-
gerichtsgesetzes vom 25. Juni 1958 (Bundes-
gesetzbl. I S. 409)
bekanntgemacht.
Bonn, den 23. August 1958.
Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung
In Vertretung
Dr. Claussen
614 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1958, Teil I
Sozialgerichtsgesetz (SGG)
in der Fassung vom 23. August 1958.
Inhaltsübersicht
ERSTER TEIL
Gerichtsverfassung §§
Erster Abschnitt Gerichtsbarkeit und Richteramt ...... . 1 bis 6
Zweiter Abschnitt Sozialgirichte ....................... . 7 bis 27
Dritter Abschnitt Landessozialgerichte ................. . 28 bis 37
Vierter Abschnitt Bundessozialgericht ........ : ......... . 38 bis 50
Fünfter Abschnitt Rechtsweg und Zuständigkeit ........ . 51 bis 59
ZWEITER TEIL
Verfahren
Erster Abschnitt Gemeinsame Verfahrensvorschriften
Erster Unterabschnitt Allgemeine Vorschriften .............. , 60 bis 75
Zweiter Unterabschnitt Beweissicherungsverfahren .......... . 76
Dritter Unterabschnitt Vorverfahren ,· ...................... . 77 bis 86
Vierter Unterabschnitt Verfahren im ersten Rechtszug ....... . 87 bis 122
Fünfter Unterabschnitt Urteile und Beschlüsse .............. . 123 bis 142
Zweiter Abschnitt Rechtsmittel
Erster Unterabschnitt Berufung 143 bis 159
Zweiter Unterabschnitt Revision ............................ . 160 bis 171
Dritter Unterabschnitt Beschwerde ......................... . 172 bis 178
Dritter Abschnitt Wiederaufnahme des Verfahrens und
besondere Verfahrensvorschriften 179 bis 182
Vierter Abschnitt Kosten und Vollstreckung
Erster Unterabschnitt Kosten ............................. . 183 bis 197
Zweiter Unterabschnitt Vollstreckung ....................... . 198 bis 201
DRITTER TEIL
Ubergangs- und Schlußvorschriiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 bis 224
Erster Teil § 3
(1) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit werden
Gerichtsverfassung mit Berufsrichtern und ehrenamtlichen Beis.itzern
besetzt.
Erster Abschnitt (2) Die ehrenamtlichen Beisitzer führen bei den
Gerichtsbarkeit und Richteramt Sozialgerichten die Amtsbezeichnung „Sozialrichter",
bei den Landessozialgerichten die Amtsbezeichnung
§ 1 ,,Landessozialrichter" und bei dem Bundessozial-
gericht die Amtsbezeichnung „Bundessozialrichter".
Die Sozialgerichtsbarkeit wird durch unabhängige,
von den Verwaltungsbehörden getrennte, besondere § 4
Verwaltungsgerichte ausgeübt. Bei jedem Gericht wird eine Geschäftsstelle ein-
gerichtet, die mit der erforderlichen Zahl von Ur-
kundsbeamten besetzt wird. Das Nähere bestimmen
§ 2
für das Bundessozialgericht der Bundesminister für
Als Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit werden in Arbeit und Sozialordnung, für die Sozialgerichte und
den Ländern Sozialgerichte und Landessozialgerichte, Landessozialgerichte die nach Landesrecht zuständi-
im Bund das Bundessozialgericht errichtet. gen Stellen.
Nr. 33 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 28. August 1958 615
§ 5 (2) Als Vorsitzender kann auch ernannt werden,
(1) Alle Gerichte, Verwaltungsbehörden und Or- wer durch längere, mindestens fünfjährige Tätigkeit
gane der Versicherungsträger leisten den Gerichten in der Beratung und Vertretung von Angelegenhei-
der Sozialgerichtsbarkeit Rechts- und Amtshilfe. ten auf den der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesenen
Gebieten umfassende Kenntnisse und Erfahrungen
(2) Das Ersuchen an ein Sozialgericht um Rechts- im Sozialrecht besitzt.
hilfe ist an das Sozialgericht zu richten, in dessen
Bezirk die Amtshandlung vorgenommen werden (3) Die Landesregierung oder die von ihr beauf-
tragte Stelle führt die allgemeine Dienstaufsicht. Sie
soll. Das Ersuchen ist durch den Vorsitzenden einer
Kammer durchzuführen. Ist die Amtshandlung kann Geschäfte der Verwaltung und der Dienstauf-
sicht dem Präsidenten des Landessozialgerichts oder
außerhalb des Sitzes des ersuchten Sozialgerichts
vorzunehmen, so kann dieses Gericht das Amts- dem Vorsitzenden des Sozialgerichts, bei mehreren
gericht um die Vornahme der Rechtshilfe ersuchen. einem von ihnen, übertragen.
(3) §§ 158 bis 160, 164 bis 166, 168 des Gerichts-
§ 10
verfassungsgesetzes gelten entsprechend.
(1) Bei den Sozialgerichten werden Kammern für
Angelegenheiten der Sozialversicherung, der Ar-
§ 6 beitslosenversicherung einschließlich der übrigen
(1) Die Berufsrichter müssen entweder die Fähig- Aufgaben der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung
keit zum Richteramt nach dem Gerichtsverfassungs- und Arbeitslosenversicherung sowie der Kriegs-
gesetz oder auf Grund der vorgeschriebenen Prüfun- opferversorgung gebildet. Bei Bedarf sind für An-.
gen an einem allgemeinen Verwaltungsgericht haben. gelegenheiten der· Knappsdiaftsversicherung ein-
Sie sollen besondere Kenntnisse auf den Gebieten schließlich der Unfallversicherung für den Bergbau
des Sozialrechts und des sozialen Lebens besitzen. eigene Kammern zu bilden.
(2) Die Berufsrichter sind Richter mit den Rechten (2) Für Angelegenheiten des Kassenarztrechts
und Pflichten der Richter der ordentlichen Gerichte. (§ 51 Abs. 2) sind eigene Kammern zu bilden.
Für ihre Rechtsstellung q<~ltcn die Vorschriften des
Geri eh tsverfassu n g sgesctzes. (3) Der Bezirk einer Kammer kann auf Bezirke
anderer Sozialgerichte erstreckt werden. Die be-
teiligten Länder können die Ausdehnung des Bezirks
Zweiter Abschnitt einer Kammer auf das Gebiet oder Gebietsteile meh-
rerer Länder vereinbaren.
Sozialgerichte
§ 11
§ 7
(1) Die Berufsrichter werden nach Maßgabe des
(1) Die Sozialgerichte werden als Landesgerichte
Landesrechts nach Beratung mit einem für den Be-
errichtet. Die Errichtung und Aufhebung eines Ge-
zirk des Landessozialgerichts zu bildenden Ausschuß
richts und die Verlegung eines Gerichtssitzes werden
auf Lebenszeit ernannt.
durch Gesetz angeordnet. Änderungen in der Ab-
grenzung der Gerichtsbezirke können auch durch (2) Der Ausschuß ist von der zuständigen ober-
Rechtsverordnung bestimmt werden. Die Landes- sten Landesbehörde zu errichten. Ihm sollen in an-
regierung oder die von ihr beauftragte Stelle kann gemessenem Verhältnis Vertreter der Versicherten,
anordnen, daß außerhalb des Sitzes eines Sozial- der Arbeitgeber, der Versorgungsberechtigten und
gerichts Zweigstellen errichtet werden. der mit der Kriegsopferversorgung vertrauten Per-
(2) Mehrere Länder können gemeinsame Sozial- sonen sowie der Sozialgerichtsbarkeit angehören.
gerichte errichten oder die Ausdehnung von Ge- (3) Für die Bestellung von Hilfsrichtern gilt § 10
richtsbezirken über die Landesgrenzen hinaus ver- Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes entspre-
einbaren. chend.
(3) Wird ein Sozialgericht aufgehoben oder wird § 12
die Abgrenzung der Gerichtsbezirke geändert, so (1) Jede Kammer des Sozialgerichts wird in der
kann durch Landesgesetz bestimmt werden, daß die
Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei Sozial-
bei dem aufgehobenen Gericht oder bei dem von
richtern als Beisitzern tätig.
der Änderung in der Abgrenzung der Gerichts-
bezirke betroffenen Gericht rechtshängigen Streit- (2) In den Kammern für Angelegenheiten der
sadH!n auf eif\ anderes Sozialgericht übergehen. Sozialversicherung und für Angelegenheiten der Ar-
beitslosenversicherung gehört je ein Sozialrichter
dem Kreis der Versicherten und der Arbeitgeber an.
§ 8
Sind für Angelegenheiten einzelner Zweige der
Die Sozialgerichte entscheiden, soweit durch Ge- Sozialversicherung eigene Kammern gebildet, so
setz nichts anderes bestimmt ist, im ersten Rechtszug sollen die Sozialrichter dieser Kammern an dem
über alle Streitigkeiten, für die der Rechtsweg vor jeweiligen Versicherungszweig beteiligt sein.
den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit offensteht.
(3) In den Kammern für Angelegenheiten des
Kassenarztrechts wirken je ein Sozialrichter aus den
§ 9 Kreisen der Krankenkassen und der Kassenärzte
(1) Das Sozialgericht besteht aus der erforder- (Kassenzahnärzte) mit. In Angelegenheiten der Kas-
lichen Zahl von Berufsrichtern als Vorsitzenden und senärzte (Kassenzahnärzte) wirken als Sozialrichter
aus den Sozialrichtern. nur Kassenärzte (Kassenzahnärzte) mit.
616 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1958, Teil I
(4) In der Kammer für Angelegenheiten der für die mit der Kriegsopferversorgung vertrauten
Kriegsopferversorgung wirken je ein Sozialrichter Personen von den Landesversorgungsämtern und
aus dem Kreis der mit der Kriegsopferversorgung die Vorschlagslisten für die Versorgungsberechtig-
vertrauten Personen und der Versorgungsberechtig- ten von den im Gerichtsbezirk vertretenen Ver-
ten mit; dabei sind Hinterbliebene in angemessener einigungen der Kriegsopfer aufgestellt.
Zahl zu beteiligen.
§ 13 § 15
(1) Die Sozialrichter werden von der Landesregie- (1) Die Sozialrichter sind vor ihrer ersten Dienst-
rung oder der von ihr beauftragten Stelle auf Grund leistung durch den Vorsitzenden in öffentlicher
von Vorschlagslisten (§ 14) für vier Jahre berufen; Sitzung zu beeidigen.
sie sind in angemessenem Verhältnis unter billiger
Berücksichtigung der Minderheiten aus den Vor- (2) Der Vorsitzende richtet an die zu Beeidigen-
schlagslisten zu entnehmen. den die Worte: ,,Sie schwören bei Gott dem Allmäch-
tigen und Allwissenden, die Pflichten eines Sozial-
(2) Die Sozialrichter bleiben nach Ablauf ihrer richters getreulich zu erfüllen und Ihre Stimme nach
Amtszeit im Amt, bis ihre Nachfolger berufen sind. bestem Wissen und Gewissen abzugeben." Die
Erneute Berufung i_st zulässig. Bei vorübergehendem Sozialrichter leisten den Eid, indem jeder einzelne
Bedarf kann die Landesregierung oder die von ihr die Worte spricht: ,,Ich schwöre es, so wahr mir
beauftragte Stelle weitere Sozialrichter nur für ein Gott helfe." Der Schwörende soll bei der Eides-
Jahr berufen. leistung die rechte Hand erheben.
(3) Die Zahl der Sozialrichter, die für die Kam- (3) Ist ein Sozialrichter Mitglied einer Religions-
mern für Angelegenheiten der Sozialversicherung, gemeinschaft, der das Gesetz den Gebrauch gewisser
der Arbeitslosenversicherung und der Kriegsopfer- Beteuerungsformeln an Stelle des Eides gestattet, so
versorgung zu berufen sind, bestimmt sich nach wird die Abgabe einer Erklärung unter der Beteue-
Landesrecht; dabei ist die Zahl der Sozialrichter für rungsformel dieser Religionsgemeinschaft der Eides-
die Kammern für Angelegenheiten der Knappschafts- leistung gleichgeachtet.
versicherung und für Angelegenheiten des Kassen-
arztrechts je besonders festzusetzen. (4) Der Eid kann auch ohne religiöse Beteuerung
geleistet werden.
(4) Bei der Berufung der Sozialrichter für die
Kammern für Angelegenheiten der Sozialversiche- . (5) Dber die Beeidigung wird eine Niederschrift
rung und der Arbeitslosenversicherung ist auf ein aufgenommen.
angemessenes Verhältnis zu der Zahl der im Ge- § 16
richtsbezirk ansässigen Versicherten der einzelnen
Versicherungszweige, auf die hauptsächlichen Er- (1) Das Amt des Sozialrichters kann nur ausüben,
werbszweige, insbesondere auch auf die Gruppe der wer Deutscher ist und das fünfundzwanzigste Le-
Selbständigen ohne fremde Arbeitskräfte Rücksicht bensjahr vollendet hat.
zu nehmen. (2) Die Sozialrichter in den Kammern für Ange-
(5) Die Sozialrichter für die Kammern für An- legenheiten der Sozialversicherung und für Ange-
gelegenheiten der Kriegsopferversorgung sind in legenheiten der Arbeitslosenversicherung können
angemessenem Verhältnis zu der Zahl der von den nur Versicherte und Arbeitgeber sein.
Vorschlagsberechtigten vertretenen Kriegsopfer zu (3) Sozialrichter .aus Kreisen der Versicherten
berufen. kann auch sein, wer arbeitslos ist oder Rente aus
§ 14 eigener Versicherung bezieht.
(1) Die Vorschlagslisten sollen die eineinhalbfache (4) Sozialrichter aus Kreisen der Arbeitgeber
Zahl der festgesetzten Höchstzahl der Sozialrichter können sein
enthalten. 1. Personen, die regelmäßig mindestens einen
(2) Die Vorschlagslisten für die Sozialrichter, die versicherungspflichtigen Arbeitnehmer be-
in den Kammern für Angelegenheiten der Sozial- schäftigen; ist ein Arbeitgeber zugleich
versicherung und für Angelegenheiten der Arbeits- Versicherter oder bezieht er eine Rente aus
losenversicherung mitwirken, werden von den Ge- eigener Versicherung, so begründet die Be-
werkschaften und von selbständigen Vereinigungen schäftigung einer Hausgehilfin oder Haus-
von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer angestellten nicht die Arbeitgebereigen-
Zwecksetzung sowie von Vereinigungen von Arbeit- schaft im Sinne dieser Vorschrift;
gebern und den in § 16 Abs. 4 Nr. 3 bezeichneten 2. bei Betrieben einer juristischen Person oder
obersten Bundes- oder Landesbehörden aufgestellt. einer Personengesamtheit Personen, die
(3) Die Vorschlagslisten für die Sozialrichter, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschafts-
in den Kammern für Angelegenheiten des Kassen- vertrags allein oder als Mitglieder des Ver-
arztrechts mitwirken, werden bezirklich von den tretungsorgans zur Vertretung der juristi-
Kassenärztlichen (Kassenzahnärztlichen) Vereini- schen Person oder der Personengesamtheit
gungen und von den Zusammenschlüssen der Kran- be•ruf en sind;
kenkassen aufgestellt. 3. Beamte und Angestellte des Bundes nach
(4) Für die Kammern für Angelegenheiten der näherer Anordnung der zuständigen ober-
Kriegsopferversorgung werden die Vorschlagslisten sten Bundesbehörde und Beamte und An-
Nr. 33 -- Tag der Ausgabe: Bonn, den 28. August 1958 617
gestellte der Uinder, der Gemeinden und § 18
der Cemeindeverbände nach näherer An- (1) Die Ubernahme des Amtes als Sozialrichter
ordnung der zuständigen obersten Landes- kann nur ablehnen,
behörde;
1. wer das fünfundsechzigste Lebensjahr voll-
4. leitende Angestellte in Betrieben einer endet hat,
juristi sehen Person oder einer Personen-
2. wer in den acht der Berufung vorhergehen-
gesmn lhcit, wenn i.hnen Generalvollmacht
den Jah.ren als Beisitzer bei einem Gericht
oder Prokura erteilt ist oder wenn sie be-
der Sozialgerichtsbarkeit tätig gewesen ist,
rechtigt sind, im Betrieb Arbeitnehmer
sclbstünd.ig einzustellen und zu entlassen. 3. wer durch ehrenamtliche Tätigkeit für die
Allgemeinheit so in Anspruch genommen
(5) Bei Sozia.lgerichten, in deren Bezirk wesent- ist, daß ihm die Dbernahme des Amtes nicht
liche Teile der Bevölkerung in der Seeschiffa.hrt be- zugemutet werden kann,
schäftigt sind, können Sozialrichter aus dem Kreis 4. wer durch Krankheit oder Gebrechen ver-
der VersicherU~n auch befahrene Schiffahrtskundige hindert ist, das Amt ordnungsmäßig aus-
sein, die nicht Reeder, Reedereileiter (Korrespon- zuüben,
dentreecler, §§ 492 bis 499 des Handelsgesetzbuchs)
5. wer glaubhaft macht, daß wichtige Gründe
oder Bevollnüichtigte sind.
ihm die Ausübung des Amtes in besonde-
(6) Die Sozialrichter sollen im Bezirk des Sozial- rem Maße erschweren.
~Jerichts wohnen oder ihren Betriebssitz haben oder (2) Ablehnungsgründe sind nur zu berücksichti-
beschäftigt sc in. gen, wenn sie innerhalb von zwei Wochen, nachdem
der Sozialrichter von seiner Berufung in Kenntnis
§ 17
gesetzt worden ist, von ihm geltend gemacht werden.
(1) Vom Amt des Sozialrichters ist ausgeschlossen,
(3) Der Sozialr.ichter kann auf Antrag aus dem
1. wer die Fühigkeit zur Bekleidung öffent- Amt entlassen werden, wenn einer der in Absatz 1
lich<~r A1nter infolge strafgerichtlicher Ver- Nr. 3 bis 5 bezeichneten Gründe nachträglich eintritt.
urlcilung verloren hut oder wegen eines Eines Antrages bedarf es nicht, wenn der Sozial-
Verbrechens oder eines vorsätzlichen Ver- richter seinen Wohnsitz aus dem Bezirk des Sozial-
gehens zu einer Freiheitsstrafe von mehr gerichts verlegt und seine Heranziehung zu den
c1ls sechs Ivfonaten verurteilt worden ist, Sitzungen dadurch wesentlich erschwert wird.
2. wer wc,gen eines Verbrechens oder Ver- (4) Dber die Berechtigung zur Ablehnung des
uehens irngeklugt ist, das die Aberkennung Amtes oder über die Entlassung aus dem Amt ent-
der bürgerlichen Ehrenrechte oder der Fä- scheidet die vom Präsidium (§ 24) für jedes Ge-
hi~Jkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter schäftsjahr im voraus bestimmte Kammer endgültig.
zur Polge haben kann,
3. wer infol~JC gerichtlicher Anordnung in der § 19
Verfüu1mu über sein Vermögen beschränkt · (1) Der Sozialrichter übt sein Amt als Ehrenamt
ist,
mit gleichen Rechten wie der Berufsrichter aus.
4. wer das Wahlrecht zum Deutschen Bundes- (2) Die Sozialrichter erhalten eine Entschädigung
tag nicht besitzt.
nach dem Gesetz über die Entschädigung der ehren-
(2) Mitglieder der Vorstände von Trägern und amtlichen Beisitzer bei den Gerichten.
Verbänden der Sozialversicherung, der Kassenärzt-
lichen (Kassenzahnärztlichen) Vereinigungen und § 20
der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Ar-
(1) Der Sozialrichter darf in der Dbernahme oder
beitslosenversicherung können nicht Sozialrichter
Ausübung des Amtes nicht beschränkt oder wegen
sein.
der Dbernahme oder Ausübung des Amtes nicht be-
(3) Die Bediensteten der Träger und Verbände nachteiligt werden.
der Sozialversicherung, der Kassenärztlichen (Kas-
(2) Wer den Vorschriften des Absatzes 1 zuwider-
senzahnärztlichen) Vereinigungen und der Dienst-
handelt, wird mit Geldstrafe, in schweren Fällen mit
stellen der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und
Gefängnis bis zu einem Jahr, bestraft, sofern nicht
Arbeitslosenversicherung können nicht Sozialrichter
nach anderen gesetzlichen Vorschriften eine schwe-
in der Kammer sein, die über Streitigkeiten aus
rere Strafe verwirkt ist;
ihrem Arbeitsgebiet entscheidet.
(4) Geschäftsführer und deren Stellvertreter bei § 21
den Trägern und Verbänden der Krankenversiche-
rung sowie den Kassenärztlichen (Kassenzahnärzt- Der Vorsitzende kann gegen einen Sozialrichter,
lichen) Vereinigungen sind als Sozialrichter in den der sich der Erfüllung seiner Pflichten entzieht, ins-
Kammern für Angelegenheiten des Kassenarztrechts besondere ohne genügende Entschuldigung nicht
nicht ausgeschlossen. oder nicht rechtzeitig zu den Sitzungen erscheint,
durch Beschluß eine Ordnungsstrafe in Geld ver-
(5) Ein Sozialrichter kann nicht gleichzeitig Lan- hängen und ihm die durch sein Verhalten verursach-
dessozialrichter oder Bundessozialrichter sein. ten Kosten auferlegen. Bei nachträglicher genügen-
618 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1958, Teil I
der Entschuldigung ist der Beschluß aufzuheben oder (2) Die Anordnungen des Präsidiums können im
zu ändern. Gegen den Beschluß ist Beschwerde zu- Laufe des Geschäftsjahres nur geändert werden,
lässig. Uber die Beschwerde entscheidet die durch wenn dies wegen Geschäftshäufung bei einer
das Präsidium (§ 24) für jedes Geschäftsjahr im vor- Kammer oder infolge Wechsels oder dauernder Ver-
aus bestimmte Kammer des Sozialgerichts endgültig. hinderung einzelner Vorsitzender erforderlich wird.
Vor der Entscheidung ist der Sozialrichter zu hören.
§ 26
§ 22
Das Präsidium teilt die Sozialrichter im voraus für
(1) Der Sozialrichter ist seines Amtes zu entheben,
jedes Geschäftsjahr, mindestens für ein Vierteljahr,
wenn das Fehlen oder der Wegfall einer Voraus-
einer Kammer zu, stellt die Reihenfolge fest, in der
setzung für seine Berufung bekannt wird oder wenn
sie zu den Verhandlungen zuzuziehen sind, und re-
er seine Amtspflicht grob verletzt.
gelt ihre Vertretung für den Fall der Verhinderung.
(2) Uber die Enthebung entscheidet die vom Von der Reihenfolge darf nur aus besonderen Grün-.
Präsidium (§ 24) für jedes Geschäftsjahr im voraus den abgewichen werden; die Gründe sind akten-
bestimmte Kammer endgültig. Vor der Entscheidung kundig zu machen.
ist der Sozialrichter zu hören.
§ 27
§ 23 (1) Der aufsichtführende Vorsitzende wird, wenn
nach Maßgabe des Landesrechts ein ständiger Ver-
(1) Bei jedem Sozialgericht wird ein Ausschuß der
treter ernannt ist, durch diesen, sonst durch den dem
Sozialrichter gebildet. Er besteht aus sechs Mitglie-
Dienstalter nach, bei gleichem Dienstalter durch den
dern, die von den Sozialrichtern aus ihrer Mitte ge-
der Geburt nach ältesten Vorsitzenden vertreten.
wählt werden. Der Ausschuß tagt unter der Leitung
des aufsichtführenden, oder wenn ein solcher nicht (2) Bei Verhinderung des regelmäßigen Vertreters
vorhanden oder verhindert ist, des dienstältesten eines Vorsitzenden wird ein zeitweiliger Vertreter
Vorsitzenden des Sozialgerichts. durch den aufsichtführenden Vorsitzenden bestimmt.
(2) Der Ausschuß ist vor der Bildung von Kam- (3) Wenn die Vertretung eines Vorsitzenden nicht
mern, vor der Geschäftsverteilung, vor der Vertei- durch einen Berufsrichter desselben Gerichts mög-
lung der Sozialrichter auf die Kammern und vor lich ist, wird sie auf Antrag des Präsidiums durch
Aufstellung der Listen über die Heranziehung der die Landesregierung oder die von ihr beauftragte
Sozialrichter zu den Sitzungen mündlich oder schrift- Stelle geregelt.
lich zu hören. Er kann dem Vorsitzenden des Sozial-
gerichts und den die Verwaltung und Dienstaufsicht
führenden Stellen Wünsche der Sozialrichter über-
Dritter Abschnitt
mitteln.
§ 24
Landessozialgerichte
(1) Bei den Sozialgerichten wird ein Präsidium § 28
gebildet, das aus dem aufsichtführenden Richter
als Vorsitzendem und den beiden dienstältesten, bei (1) Die Landessozialgerichte werden als Landes-
gleichem Dienstalter den der Geburt nach ältesten gerichte errichtet. Die Errichtung und Aufhebung
Berufsrichtern besteht. Das Dienstalter bestimmt sich eines Gerichts und die Verlegung eines Gerichts-
nach dem Tag der Ernennung zum Berufsrichter des sitzes werden durch Gesetz angeordnet. Änderungen
Sozialgerichts. in der Abgrenzung der Gerichtsbezirke können auch
durch Rechtsverordnung bestimmt werden.
(2) Ist ein dem Präsidium angehörender Berufs-
richter verhindert, so wird er von dem im Dienstalter (2) Mehrere Länder können ein gemeinsames
folgenden Berufsrichter vertreten. Landessozialgericht errichten.
(3) Das Präsidium entscheidet mit Stimmenmehr-
heit; bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des auf- § 29
sichtführenden Richters den Ausschlag. Die Landessozialgerichte entscheiden im zweiten
(4) Bei den mit weniger als drei Berufsrichtern Rechtszug über die Berufung gegen die Urteile und
besetzten Sozialgerichten tritt der aufsichtführende die Beschwerden gegen andere Entscheidungen der
Richter an die Stelle des Präsidiums. Sozialgerichte.
§ 30
§ 25
(1) Das Landessozialgericht besteht aus dem
(1) Das Präsidium verteilt vor Beginn des Ge-
Präsidenten, den Senatspräsidenten, weiteren Be-
schäftsjahres auf dessen Dauer die Geschäfte auf die
rufsrichtern und den Landessozialrichtern.
Kammern und die Kammern auf die Vorsitzenden.
Es teilt die Vorsitzenden den einzelnen Kammern (2) Die Landesregierung oder die von ihr beauf-
für die Dauer des Geschäftsjahres zu und regelt tragte Stelle führt die allgemeine Dienstaufsicht.
ihre Vertretung für den Fall der Verhinderung. Die Sie kann Geschäfte der Verwaltung und der Dienst-
Vorsitzenden und die Sozialrichter können mehreren aufsicht dem Präsidenten des Landessozialgerichts
Kammern angehören. übertragen.
Nr. 33 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 28. August 1958 619
§ 31 Vierter Abschnitt
(1) Bei den Landessozialgerichten werden Senate Bundessozialgericht
für Angelegenheiten der Sozialversicherung, der
Arbeitslosenversicherung einschließlich der übrigen § 38
Aufgaben der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung
und Arbeitslosenversicherung sowie der Kriegs- (1) Das Bundessozialgericht hat seinen Sitz in
opferversorgung gebildet. Bei Bedarf ist für Ange- Kassel.
legenheiten der Knappschaftsversicherung ein-
(2) Das Bundessozialgericht besteht aus dem Prä-
schließlich der Unfallversicherung für den Bergbau
sidenten, den Senatspräsidenten, weiteren Bundes-
ein eigener Senat zu bilden.
richtern und den Bundessozialrichtern. Die Berufs-
(2) Für die Angelegenheiten des Kassenarztrechts richter müssen das fünfunddreißigste Lebensjahr
ist ein eigener Senat zu bilden. vollendet haben. Für die Berufung der Berufsrichter
(3) Die beteiligten Länder können die Ausdehnung gelten die Vorschriften des Richterwahlgesetzes.
des Bezirks eines Senats auf das Gebiet oder auf Zuständiger Minister im Sinne des § 1 Abs. 1 des
Gebietsteile mehrerer Länder vereinbaren. Richterwahlgesetzes ist der Bundesminister für
Arbeit und Sozialordnung.
(3) Der Bundesminister für Arbeit und Sozial-
§ 32
ordnung führt die allgemeine Dienstaufsicht über
(1) Die Berufsrichter werden von der nach Landes- das Bundessozialgericht. Er kann Geschäfte der Ver-
recht zuständigen Stelle auf Lebenszeit ernannt. waltung und der Dienstaufsicht dem Präsidenten des
(2) Für die Bestellung der Hilfsrichter gilt § 11 Bundessozialgerichts übertragen.
Abs. 3 mit der Maßgabe, daß als Hilfsrichter nur § 39
auf Lebenszeit ernannte Richter anderer Gerichte
bestellt werden dürfen. (1) Das Bundessozialgericht entscheidet über das
Rechtsmittel der Revision.
§ 33
(2) Das Bundessozialgericht entscheidet im ersten
Jeder Senat wird in der Besetzung mit einem
und letzten Rechtszug über Streitigkeiten nicht ver-
Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und
fassungsrechtlicher Art zwischen dem Bund und den
zwei Landessozialrichtern tätig. § 12 Abs. 2 bis 4
gilt entsprechend. Ländern sowie zwischen verschiedenen Ländern in
Angelegenheiten des § 51. Hält das Bundessozial-
§ 34 gericht in diesen Fällen eine Streitigkeit für verfas-
(1) Den Vorsitz im Senat führt der Präsident oder sungsrechtlich, so legt es die Sache dem Bundesve,r-
ein Senatspräsident. Bei Verhinderung des ordent- f assungsgericht zur Entscheidung vor. Das Bundes-
lichen Vorsitzenden führt den Vorsitz der vom Präsi- verfassungsgericht entscheidet mit bindender Wir-
dium (§ 36) vor Beginn des Geschäftsjahres zum kung.
Vertreter bestellte Berufsrichter; ist auch dieser ver- § 40
hindert oder ein Vertreter nicht bestellt, so regelt
das Präsidium den Vorsitz. Für die Bildung und Besetzung der Senate gelten
§ 31 Abs. 1 und §§ 33 und 34 entsprechend. Für An-
(2) Innerhalb des Senats verteilt der Vorsitzende
gelegenheiten des Kassenarztrechts und der Knapp-
die Geschäfte auf 'die Mitglieder.
schaftsversicherung einschließlich der Unfallver-
sicherung für den Bergbau ist je ein Senat zu bilden.
§ 35
(1) Die Landessozialrichter müssen das dreißigste § 41
Lebensjahr vollendet haben; sie sollen mindestens
vier Jahre Sozialrichter gewesen sein. Im übrigen (1) Bei dem Bundessozialgericht wird ein Großer
gelten §§ 13 bis 23. Senat gebildet, der aus dem Präsidenten, sechs
weiteren Bundesrichtern und vier Bundessozial-
(2) In den Fällen des § 18 Abs. 4, der §§ 21 und 22 richtern als Beisitzern besteht.
Abs. 2 entscheidet der vom Präsidium (§ 36) für
jedes Geschäftsjahr im voraus bestimmte Senat. (2) Je zwei Bundesrichter müssen Senaten für An-
gelegenheiten der Sozialversicherung, der Arbeiits-
losenversicherung sowie der Kriegsopferversorgung
§ 36 angehören.
Bei den Landessozialgerichten wird ein Präsidium
(3) Als ehrenamtliche Beisitzer sind aus der Zahl
gebildet, das aus dem Präsidenten als Vorsitzendem,
der als Bundessozialrichter berufenen Personen vom
den Senatspräsidenten und den beiden dienstälte-
Präsidium durch das Los auszuwählen
sten, bei gleichem Dienstalter den der Geburt nach
ältesten Berufsrichtern besteht. §§ 24 bis 26 gelten 1. für Streitigkeiten in Angelegenheiten der
entsprechend. Sozialversicherung sowie in Angelegen-
heiten der Bundesanstalt für Arbeitsver-
§ 37
mittlung und Arbeitslosenversicherung je
Für die Vertretung des Präsidenten und der wei- vier Vertreter der Versicherten und der
teren Berufsrichter gilt § 27 entsprechend. Arbeitgeber,
620 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1958, Teil I
2. für Streitigkeiten in Angelegenheiten der (2) Die Vorschlagslisten für die Bundessozialrich-
Kriegsopferversorgung je vier Vertreter ter in den Senaten für Angelegenheiten des Kassen-
der mit der Kriegsopferversorgung ver- arztrechts werden von den Kassenärztlichen (Kassen-
trauten Personen und der Versorgungs- zahnärztlichen) Vereinigungen und gemeinsam von
berechtigten. den Zusammenschlüssen der Krankenkassen, die
(4) Die Bundesrichter und die Bundessozialrichter sich über das Bundesgebiet erstrecken, aufgestellt.
sowie die im Falle ihrer Verhinderung an ihre Stelle (3) Die Bundessozialrichter für die Senate der
tretenden Bundesrichter und Bundessozialrichter Kriegsopferversorgung werden auf Vorschlag der
werden als Mitglieder des Großen Senats durch das obersten Verwaltungsbehörden der Länder und der-
Präsidium für zwei Geschäftsjahre bestellt. jenigen Vereinigungen von Kriegsopfern, die sich
(5) Den Vorsitz im Großen Senat führt der Prä- über das Bundesgebiet erstrecken und eine entspre-
sident, im Falle der Verhinderung der dienstälteste chende Mitgliederzahl aufweisen, berufen.
Senatspräsident. In den Fällen des § 42 nehmen die
Präsidenten der beteiligten Senate, in den Fällen des
§ 43 der Präsident des erkennenden Senats oder ein § 47
von ihnen bestimmtes Mitglied ihres Senats an den Die Bundessozialrichter müssen das fünfunddrei-
Sitzungen des Großen Senats mit den Befugnissen ßigste Lebensjahr vollendet haben; sie sollen min-
eines Mitglieds teil. Bei Stimmengleichheit gibt die destens vier Jahre Sozialrichter oder Landessozial-
Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. richter gewesen sein. Im übrigen gelten §§ 15 bis
23 entsprechend mit der Maßgabe, daß in den Fällen
§ 42 des § 18 Abs. 4, der §§ 21 und 22 Abs. 2 der vom
Will in einer Rechtsfrage ein Senat von der Ent- Präsidium (§ 48) für jedes Geschäftsjahr im voraus
scheidung eines andernn Senats oder des Großen bestimmte Senat des Bundessozialgerichts ent-
Senats abweichen, so entscheidet der Große Senat. scheidet.
§ 43
§ 48
Der erkennende Senat kann in einer Frage von Beim Bundessozialgericht wird ein Präsidium ge-
grundsätzlicher Bedeutung die Entscheidung des bildet, das aus dem Präsidenten als Vorsitzendem,
Großen Senats herbeiführen, wenn nach seiner Auf- den Senatspräsidenten und den beiden dem Dienst-
fassung die Fortbildung des Rechts oder die Siche- alter nach, bei gleichem Dienstalter den der Geburt
rung einer einheitlichen Rechtsprechung es erfordert. nach ältesten Bundesrichtern besteht. §§ 24 bis 26
gelten entsprechend.
§ 44 § 49
(1) Der Große Senat entscheidet in mündlicher
Für die Vertretung des Präsidenten und der wei-
Verhandlung über die Rechtsfrage.
teren Bundesrichter gilt § 27 entsprechend mit der
(2) Die Entscheidung ist in der vorliegenden Sache Maßgabe, daß an die Stelle der Landesregierung der
für den erkennenden Senat bindend. Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung tritt.
(3) Erfordert die Entscheidung der Sache eine er-
neute mündliche Verhandlung vor dem erkennenden
Senat, so sind die Beteiligten unter Mitteilung der § 50
ergangenen Entscheidung der Rechtsfrage zu der Der Geschäftsgang wird durch eine Geschäftsord-
Verhandlung zu laden. ·nung _geregelt, die das Präsidium unter Zuziehung
der beiden der Geburt nach ältesten Bundessozial-
§ 45
richter beschließt. Sie bedarf der Bestätigung durch
(1) Der Bundesminister für Arbeit und Sozial- den Bundesrat.
ordnung bestimmt nach Anhörung des Präsidenten
des Bundessozialgerichts die Zahl der für die einzel-
nen Zweige der Sozialgerichtsbarkeit zu berufenden Fünfter Abschnitt
Bundessozialrichter.
(2) Die Bundessozialrichter werden vom Bundes- Rechtsweg und Zuständigkeit
minister für Arbeit und Sozialordnung auf Grund
§ 51
von Vorschlagslisten (§ 46) für die Dauer von vier
Jahren berufen; sie sind in angemessenem Verhält-
(1) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit ent-
nis unter billiger Berücksichtigung der Minderheiten
scheiden über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in
aus den Vorschlagslisten zu entnehmen.
Angelegenheiten der Sozialversicherung, der Ar-
(3) Die Bundessozialrichter bleiben nach Ablauf beitslosenversicherung und der übrigen Aufgaben
ihrer Amtszeit im Amt, bis ihre Nachfolger berufen der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Ar-
sind. Erneute Berufung ist zulässig. beitslosenversicherung sowie der Kriegsopferver-
sorgung.
§ 46
(1) Die Vorschlagslisten für die Bundessozialrich- (2) Angelegenheiten der Sozialversicherung sind
ter in den Senaten für Angelegenheiten der Sozial- auch die Angelegenheiten, die auf Grund der Bezie-
versicherung und der Arbeitslosenversicherung wer- hungen zwischen Ärzten, Zahnärzten und Kranken-
den von den in. § 14 Abs. 2 aufgeführten Organisa- kassen (Kassenarztrecht) im Rechtsweg zu entschei-
tionen und Behörden aufgestellt. den sind. Zu den Angelegenheiten der Kriegsopfer-
Nr. 33 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 28. August 1958 621
versorgung gehören nicht Maßnahmen auf dem Ge- ten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck
biet der sozialen Fürsorge nach §§ 25 bis 27 des der Emi:ichtigung nicht entsprechenden Weise Ge-
Bundesversorgungsgesetzes. brauch gemacht ist.
(3) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit ent- (3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des
scheiden ferner über sonstige öffentlich-rechtliche öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Auf-
Streitigkeiten, für die durch Gesetz der Rechtsweg hebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde
vor diesen Gerichten eröffnet wird. begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung
das Aufsichtsrecht überschreite.
§ 52 (4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine
Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so
(1) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entschei- kann mit der ·Klage neben der Aufhebung des Ver-
den über die Zulässigkeit des zu ihnen beschrittenen waltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt
Rechtsweges. l-Iat ein Gericht der Sozialgeri_chtsbar- werden.
keit den Rechtsweg zuvor rechtskräftig für unzulässig
erklärt, so kann ein anderes Gericht in derselben (5). Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer
Sache seine Gerichtsbarkeit nicht deshalb verneinen, Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch
weil es den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozial- dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt
gerichtsbarkeit für gegeben hält. nicht zu ergehen hatte.
(2) Hat ein Gericht der Zivil-, Arbeits-, Straf-, § 55
Finanz- oder der allgemeinen Verwaltungsgerichts- (1) Mit der Klage kann begehrt werden
barkeit den zu ihm beschrittenen Rechtsweg zuvor
1. die Feststellung des Bestehens oder Nicht-
rechtskräftig für zulässig oder unzulässig erklärt,
bestehens eines Rechtsverhältnisses,
so sind die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit an
diese Entscheidung gebunden. 2. die Feststellung, welcher Versicherungs-
träger der Sozialversicherung zuständig ist,
(3) Hält ein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit den
zu ihm beschrittenen Rechtsweg nicht für gegeben, 3. die Feststellung, ob eine Gesundheits-
so verweist es in dem Urteil, in dem es den Rechts- störung oder der Tod die Folge eines Ar-
weg für unzulässig erklärt, zugleich auf Antrag des beitsunfalls, einer Berufskrankheit oder
Klägers die Sache an das Gericht des ersten Rechts- einer Schädigung im Sinne des Bundesver-
zugs, zu .dem es den Rechtsweg für gegeben hält sorgungsgesetzes ist,
Der Kläger kann den Antrag auf Verweisung nur 4. die Feststellung der Nichtigkeit eines Ver-
bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung stellen, waltungsakts,
auf die das Urteil ergeht. Mit der Rechtskraft des
Urteils gilt die Rechtshängigkeit der Sache bei dem wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der
im Urteil bezeichneten Gericht als begründet. Soll baldigen Feststellung hat.
durch die Erhebung der Klage eine Frist gewahrt (2} Unter Absatz 1 Nr. 1 fällt auch die Fest-
werden, so tritt diese Wirkung bereits in dem Zeit- stellung, in welchem Umfange Beiträge zu berech-
punkt ein, in dem die Klage erhoben worden ist. nen oder anzurechnen sind.
Das gleiche gilt in Ansehung der Wirkungen, d{e
durch andere als verfahrensrechtliche Vorschriften
an die Rechtshängigkeit geknüpft werden. § 56
Mehrere Klagebegehren können vom Kläger in
§ 53 einer Klage zusammen verfolgt werden, wenn sie
sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusam-
Der Rechtsschutz wird auf Klage gewährt.
menhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist.
§ 54
(1} Durch Klage kann die Aufhebung eines Ver- § 57
waltungsakts oder seine Abänderung sowie die (1} Ortlich zuständig ist das Sozialgericht, in des-
Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder sen Bezirk der Kläger zur Zeit der Klageerhebung
unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. seinen Sitz oder Wohnsitz oder in Ermangelung
Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die dessen seinen Aufenthaltsort hat; steht er in einem
Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch Beschäftigungsverhältnis, so kann er auch vor dem
den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung für den Beschäftigungsort zuständigen Sozialgericht
oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert klagen. Klagt eine Körperschaft oder Anstalt des
zu sein. öffentlichen Rechts oder in Angelegenheiten der
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwal- Kriegsopferversorgung ein Land, so ist der Sitz oder
tungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung Wohnsitz oder Aufenthaltsort des Beklagten maß-
eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die gebend, wenn dieser eine natürliche Person oder
Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen eine juristische Person des Privatrechts ist.
Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu han- (2} Ist die erstmalige Bewilligung einer Hinter-
deln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, .wenn die bliebenenrente streitig, so ist der Wohnsitz oder in
gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschrit- Ermangelung dessen der Aufenthaltsort der Witwe
622 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1958, Teil I
oder des Witwers maßgebend. Ist eine Witwe oder Zweiter Teil
ein Witwer nicht vorhanden, so ist das Sozialgericht
örtlich zuständig, in dessen Bezirk die jüngste Waise Verfahren
im Geltungsbereich dieses Gesetzes ihren Wohnsitz
oder in Ermangelung dessen ihren Aufenthaltsort Erster Abschnitt
hat; sind nur Eltern oder Großeltern vorhanden, so
ist das Sozialgericht örtlich zuständig, in dessen Gemeinsame Verfahrensvorschriften
Bezirk die Eltern oder Großeltern ihren Wohnsitz
oder in Ermangelung dessen ihren Auienthaltsort ERSTER UNTERABSCHNITT
haben. Bei verschiedenem Wohnsitz oder Aufent-
haltsort der Eltern- oder Großelternteile gilt der im
Allgemeine Vorschriften
Geltungsbereich dieses Gesetzes gelegene Wohn-
sitz oder Aufenthaltsort des anspruchsberechtigten § 60
Ehemannes oder geschiedenen Mannes. (1) Für die Ausschließung und Ablehnung der
Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 44, 45 Abs. 2
· (3) Hat der Kläger seinen Sitz oder Wohnsitz oder
Satz 2, §§ 47 bis 49 der Zivilprozeßordnung ent-
Aufenthaltsort außerhalb des Geltungsbereichs die-
sprechend. Dber die Ablehnung entscheidet außer
ses Gesetzes, so ist örllich zuständig das Sozial-
im Falle des § 171 das Landessozialgericht durch Be-
gericht, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz
schluß.
oder Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen
Aufentha.ltsort hat. (2) Von der Ausübung des Amtes als Richter ist
auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegange-
nen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.
§ 57 a
(3) Die Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der
in Angelegenheiten des Kassenarztrechts ist, Zivilprozeßordnung gilt stets als begründet, wenn
wenn es sich um Fragen der Zulassung handelt, der Richter dem Vorstand einer Körperschaft oder
das Sozialgericht zuständig, in dessen Bezirk die Anstalt des öffentlichen Rechts angehört, deren
Kassenarztstelle liegt, im übrigen das Sozial- Interessen durch das Verfahren unmittelbar berührt
gericht, in dessen Bezirk die Kassenärztliche werden.
Vereinigung ihren Sitz hat.
§ 61
(1) Für die Offentlichkeit, Sitzungspolizei und
§ 58 Gerichtssprache gelten §§ 169, 172 bis 191 des Ge-
richtsverfassungsgesetzes entsprechend. Die Offent-
(1) Das zuständige Gericht innerhalb der Sozial- lichkeit kann auch ausgeschlossen werden, wenn die
gerichtsbarkeit wird durch das gemeinsam nächst- Offenlegung der gesundheitlichen oder Familien-
höhere Gericht bestimmt, verhältnisse für einen Beteiligten von erheblichem
1. wenn das an sich zuständige Gericht in Nachteil sein könnte.
einem einzelnen Falle an der Ausübung der (2) Für die Beratung und Abstimmung gelten
Gerichtsbarkeit rechtlich oder tatsächlich §§ 192 bis 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes ent-
verhindert ist, sprechend.
2. wenn mit Rücksicht auf die Grenzen ver- § 62
schiedener Gerichtsbezirke ungewiß ist, Vor jeder Entscheidung ist den Beteiligten recht-
welches Gericht für den Rechtsstreit zu- liches Gehör zu gewähren; die Anhörung kann
ständig ist, schriftlich geschehen.
3. wenn in einem Rechtsstreit verschiedene § 63
Gerichte sich rechtskräftig für zuständig
erklärt haben, (1) Anordnungen und Entscheidungen, durch die
eine Frist in Lauf gesetzt wird, sowie Terminbe-
4. wenn verschiedene Gerichte, von denen stimmungen und Ladungen sind zuzustellen, bei
eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich Verkündung jedoch nur, wenn es ausdrücklich vor-
rechtskräftig für unzuständig erklärt haben, geschrieben ist.
5. wenn eine örtliche Zuständigkeit nach § 57 (2) Zugestellt wird von Amts wegen nach §§ 2 bis
nicht gegeben ist. 15 des Verwaltungszustellungsgesetzes vom 3. Juli
1952 (Bundesgesetzbl. I S. 379).
(2) Zur Feststellung der Zuständigkeit kann jedes
(3) Wer nicht im Inland wohnt, hat auf Verlangen
mit dem Rechtsstreit befaßte Gericht und jeder am
einen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen.
Rechtsstreit Beteiligte das im Rechtszug höhere Ge-
richt anrufen, das ohne mündliche Verhandlung
entscheiden kann. § 64
§ 59 (1) Der Lauf einer Frist beg.innt, soweit nichts
anderes bestimmt ist, mit dem Tage nach der Zu-
Vereinbarungen der Beteiligten über die Zustän- stellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist,
digkeit haben keine rechtliche Wirkung. mit dem Tage nach der Eröffnung oder Verkündung.
Nr. 33 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 28. August 1958 623
(2) Eine nach Tagen bestimmte Frist endet mit § 69
dem Ablauf ihres letzten Tages, eine nach Wochen Beteiligte am Verfahren sind
oder Monaten bestimmte Frist mit dem Ablauf des-
jenigen Tages der letzten Woche oder des letzten 1. der Kläger,
Monats, welcher nach Benennung oder Zahl dem 2. der Beklagte,
Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeit- 3. der Beigeladene.
punkt fällt. Fehlt dem letzten Monat der entspre-
chende Tag, so endet die Frist mit dem Monat. § 70
Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind
(3) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag
oder gesetzlichen Feiertag, so endet die Frist mit 1. natürliche und juristische Personen,
Ablauf des nächstfolgenden Werktags. 2. nichtrechtsfähige Personenvereinigungen,
3. Behörden, sofern das Landesrecht dies be-
§ 65 stimmt,
4. der Berufungsausschuß (§ 368 b Abs. 6 Reichs-
Auf Antrag kann der Vorsitzende richterliche
versicherungsordnung) und das Schiedsamt
Fristen abkürzen oder verlängern. Im Falle der Ver-
(§ 368 i Abs. 1 Reichsversicherungsordnung).
längerung wird die Frist von dem Ablauf der vori-
gen Frist an berechnet.
§ 71
§ 66 (1) Ein Beteiligter ist prozeßfähig, soweit er sich
(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen ande- durch Verträge verpflichten kann.
ren Rechtsbehelf beginnt nur dann zu laufen, wenn (2) Minderjährige, die das 16. Lebensjahr vollen-
der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die_, Verwal- det haben, sind in eigenen Sachen prozeßfähig. Zur
tungsstelle oder das Gericht, bei denen der Rechts- Zurücknahme eines Rechtsbehelfs bedürfen sie der
behelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhal- Zustimmung des gesetzlichen Vertreters.
tende Frist schriftlich belehrt worden ist.
(3) Für rechtsfähige und nichtrechtsfähige Per-
(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig sonenvereinigungen sowie für Behörden handeln
erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur ihre gesetzlichen Vertreter, Vorstände oder beson-
innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung ders Beauftragte.
oder Verkündung zulässig, außer wenn die Ein-
(4) Für den Berufungsausschuß und das Schieds-
legung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer
amt (§ 70 Nr. 4) handelt der Vorsitzende.
Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche Beleh-
rung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht (5) In Angelegenheiten der Kriegsopferversor-
gegeben sei. § 67 Abs. 2 gilt für den Fall höherer gung wird das Land durch das Landesversorgungs-
Gewalt entsprechend. amt vertreten.
(6) §§ 53 bis 56 der Zivilprozeßordnung gelten
§ 67
entsprechend.
(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert § 72
war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so
ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vori- (1) Für einen nicht prozeßfähigen Beteiligten ohne
gen Stand zu gewähren. gesetzlichen Vertreter kann der Vorsitzende bis zum
Eintritt eines Vormundes oder Pflegers für das Ver-
(2) Der Antrag ist binnen eines Monats nach Weg- fahren einen besonderen Vertreter bestellen, dem
fall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur alle Rechte, außer dem Empfang von Zahlungen,
Begründung des Antrages sollen glaubhaft gemacht zustehen.
werden. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte
(2) Der. nicht prozeßfähige Beteiligte kann auf
Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so
sein Verlangen selbst gehört werden.
kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag ge-
währt werden. · (3) Die Bestellung eines besonderen Vertreters
ist auch zulässig, wenn der Aufenthaltsort eines Be-
(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäum- teiligten oder seines gesetzlichen Vertreters vom
ten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Sitz des Gerichts weit entfernt ist und der Beteiligte
Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer oder gesetzliche Vertreter zustimmt.
Gewalt unmöglich war.
(4) Die Kosten des besonderen Vertreters gelten
, (4) Uber den Wiedereinsetzungsantrag entschei- als Kosten des Beteiligten.
det das Gericht, das über die versäumte Rechtshand-
lung zu befinden hat. Der Beschluß, der die Wieder- § 73
einsetzung bewilligt, ist unanfechtbar.
(1) Die Beteiligten können sich in jeder Lage des
Verfahrens durch prozeßfähige Bevollmächtigte ver-
§ 68 treten lassen. Personen, die als ärztliche Gutachter
Für die Unterbrechung und Aussetzung des Ver- für Beteiligte tätig gewesen sind, können in diesem
fahrens gelten § 239 Abs. 1, 2 und 5 und § § 240 bis Verfahren nicht als Bevollmächtigte auftreten.
245, 247 bis 249 der Zivilprozeßordnung ent- (2) Die Vollmacht ist schriftlich zu erteilen und
sprechend. zu den Akten bis zur Verkündung der Entscheidung
624 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1958, Teil I
einzureichen; sie kann auch zur Niederschrift des fahrenshandlungen wirksam vornehmen. Abwei-
Gerichts erteilt werden. Bei Ehegatten und Ver- chende Sachanträge kann er nur dann stellen, wenn
wandten in gerader Linie kann die Bevollmächti- eine Beiladung nach Absatz 2 vorliegt.
gung unterstellt werden. (5) Ein Versicherungsträger oder in Angelegen-
(3) Ist ein Bevollmächtigter bestellt, so sind die heiten der Kriegsopferversorgung ein Land kann
Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten. Der nach Beiladung verurteilt werden.
Beteiligte muß die Prozeßführung gegen sich gelten
lassen, auch wenn er nur mündlich Vollmacht er-
teilt oder die Prozeßführung ausdrücklich oder still- ZWEITER UNTERABSCHNITT
schweigend genehmigt hat.
Beweissicherungsverfahren
(4) Für den Umfang und die Wirkungen der Voll~
macht gelten im übrigen §§ 81, 84 bis 86 der Zivil- § 76
prozeßordnung entsprechend. Eine Vollmacht kann (1) Auf Gesuch eines Beteiligten kann die Ein-
auch für einzelne Prozeßhandlungen erteilt werden. nahme des Augenscheins und die Vernehmung von
(5) In der mündlichen Verhandlung können die Zeugen und Sachverständigen zur Sicherung des Be-
Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Für Bei- weises angeordnet werden, wenn zu besorgen ist,
stände gilt Absatz l Satz 2 entsprechend. Das von daß das Beweismittel verlorengehe oder seine
dem Beistand Vorgetragene gilt als von der Partei Benutzung erschwert werde, oder wenn der gegen-
vorgebracht, soweit es nicht von dieser sofort wärtige Zustand einer Sache festgestellt werden
widerrufen oder berichtigt wird. soll und der Antragsteller ein berechtigtes Interesse
an dieser Feststellung hat.
(6) Für die Zurückweisung von Bevollmächtigten
und Beiständen gilt § 157 der Zivilprozeßordnung (2) Das. Gesuch ist bei dem für· die Hauptsache
entsprechend. Ist die Zurückweisung dem Beteilig- zuständigen Sozialgericht anzubringen. In Fällen
ten nicht rechtzeitig vorher angekündigt worden, so dringender Gefahr kann das Gesuch bei einem ande-
ist, falls der Beteiligte nicht erschienen ist oder falls ren Sozialgericht oder einem Amtsgericht angebracht
er es beim Erscheinen auf Befragen beantragt, die werden, in dessen Bezirk sich die zu vernehmenden
Verhandlung zu vertagen. § 157 Abs. 1 der Zivil- Personen aufhalten oder sich der in Augenschein zu
prozeßordnung gilt nicht für Bevollmächtigte, die nehmende Gegenstand befindet.
Mitglieder und Angestellte von Gewerkschaften, (3) Für das Verfahren gelten §§ 487, 490 bis 494
von selbständigen Vereinigungen von Arbeitneh- der Zivilprozeßordnung entsprechend.
mern mit sozial- oder berufspolitischer Zweck-
setzung, von Vereinigungen von Arbeitgebern und
von Vereinigungen der Kriegsopfer sind, sofern sie DRITTER UNTERABSCHNITT
kraft Satzung oder Vollmacht zur Prozeßvertretung
befugt sind. Vorverfahren
§ 77
§ 74
§§ 59 bis 65 der Zivilprozeßordnung über die Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene
Streitgenossenschaft und die Hauptintervention gel- Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt, so ist
ten entsprechend. der Verwaltungsaki. für die Beteiligten in der Sache
bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes be-
§ 75 stimmt ist.
(1) Das Gericht kann von Amts wegen oder auf § 78
Antrag andere, deren berechtigte Interessen durch Vor Erhebung der Klage sind Verwaltungsakte
die Entscheidung berührt werden, beiladen. In An- in den gesetzlich vorgesehenen Fällen in einem Vor-
gelegenheiten der Kriegsopferversorgung ist die verfahren nachzuprüfen.
Bundesrepublik Deutschland auf Antrag beizu-
laden.
§ 79
(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte
Ein Vorverfahren findet statt, wenn mit der Klage
derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen
gegenüber nur einheitlich ergehen kann oder ergibt 1. die Aufhebung eines Verwaltungsakts be-
sich im Verfahren, daß bei der Ablehnung des An gehrt wird, der nicht eine Leistung betrifft, auf
spruch-s ein anderer Versicherungsträger oder in die ein Rechtsanspruch besteht,
Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung ein 2. die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten
Land als leistungspflichtig in Betracht kommt, ~o Verwaltungsakts begehrt wird.
sind sie beizuladen.
(3) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten § 80
zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und Ein Vorverfahren findet ferner statt
der Grund der Beiladung angegeben werden. Der 1. in allen übrigen Angelegenheiten der Kranken-
Beschluß, den Dritten beizuladen, ist unanfechtbar. und Knappschaftsversicherung, der Bundes-
(4) Der Beigeladene kann innerhalb der Anträge anstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeits-
der anderen Beteiligten selbständig Angriffs- und losenversicherung sowie der Kriegsopf erver-
Verteidigungsmittel geltend machen und alle Ver- sorgung,
Nr. T3 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 28. August 1958 625
2. bei Beitrugsstreitigkeiten in der Unfallver- (3) Der Widerspruchsbescheid ist schriftlich zu
sicherung und in den Rentenversicherungen der erlassen, zu begründen und den Beteiligten zuzu-
Arbeiter und der Angestellten. stellen. Die Beteiligten sind hierbei über die Zu-
lässigkeit der Klage, die einzuhaltende Frist und
den Sitz des zuständigen Gerichts zu belehren.
§ Bl
Ein Vorverfahren findet in den Fällen der §§ 79 § 86
und 80 nicht statt,
( 1) Wird während des Vorverfahrens der Ver-
1. wenn ein Verwaltungsakt von einer obersten
waltungsakt abgeändert, so wird auch der neue
Bundesbehörde oder einer obersten Landes- Verwaltungsakt Gegenstand des Vorverfahrens; er
behörde erlassen worden ist, ist der Stelle, die über den Widerspruch entscheidet,
2. wenn in Angelegenheiten des Kassenarztrechts unverzüglich mitzuteilen.
gegen Entscheidungen der Kassenärztlichen
(2) Der Widerspruch gegen Verwaltungsakte,
Vereinigung nach § 368 m Abs. 4 der Reichs-
versicherungsordnung Klage erhoben werden welche die Kapitalabfindung von Versicherungsan-
soll, sprüchen oder die Rückforderung von Beiträgen
oder sonstigen Leistungen betreffen oder in der
3. wenn ein Land oder ein Versicherungsträger
Sozialversicherung eine laufende Leistung entziehen,
klagen will.
hat aufschiebende Wirkung.
§ 82 (3) Wird in Angelegenheiten der Kriegsopfer-
In den Fällen der §§ 1107 bis 1109 der Reichsver- versorgung oder der Bundesanstalt für Arbeitsver-
sicherungsordnung rJ ilt das Verfahren vor dem See- mittlung und Arbeitslosenversicherung gegen einen
mannsumt als Vorverfahren. Verwaltungsakt, der eine laufende Leistung ent-
zieht, Widerspruch erhoben, so können die in § 85
Abs. 2 Nr. 1 und 3 genannten Verwaltungsbehörden
§ 83 und Stellen auf Antrag des Beschwerten den Voll-
Das Vorverfahren beginnt mit der Erhebung des zug einstweilen ganz oder teilweise aussetzen. Wird
Widerspruchs. die Aussetzung abgelehnt, so wird dieser Verwal-
tungsakt Gegenstand des Vorverfahrens.
§ 84
(1) Der Widerspruch ist binnen eines Monats,
nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten be- VIERTER UNTERABSCHNITT
kanntgegeben worden ist, schriftlich oder zur Nie- Verfahren im ersten Rechtszug
derschrift bei der Stell(~ einzureichen, die den Ver-
waltungsakt erlassen hat. § 87
(2) Die Frist zur Erhebung des Widerspruchs gilt (1) Die Klage ist binnen eines Monats nach Zu-
auch dann als gewahrt, wenn die Widerspruchs- stellung oder, wenn nicht zugestellt wird, nach Be-
schrift bei einer anderen inländischen Behörde oder kanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Die
bei einem Versicherungsträger oder bei einer deut- Frist beträgt bei Zustellung oder Bekanntgabe
schen Konsularbehörde oder, soweit es sich um die außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes drei
Versicherung von Seeleuten handelt, auch bei einem Monate.
deutschen Seemannsamt eingegangen ist. Die Wider- (2) Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so be-
spruchsschrift ist unverzüglich der zuständigen Be- ginnt die Frist mit der Zustellung des Widerspruchs-
hörde oder dem zustti.ndigen Versicherungsträger bescheids.
zuzuleiten, der sie der für die Entscheidung zustän-
digen Stelle vorzulegen hat. Im übrigen gelten §§ 66 § 88
und G7 entsprechend. (1) Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwal-
tungsakts ohne zureichenden Grund in angemesse-
§ 85 ner Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist
(1) Wird der Widerspruch für begründet erachtet, die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit
so ist ihm abzuhelfen. dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts
zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß
(2) Wird dem Widerspruch nicht abgeholfen, so
der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen
erläßt den Widerspruchsbescheid
ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ab-
1. die nächsthöhere Behörde oder, wenn diese lauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die ver-
eine oberste Bundes- oder eine oberste längert werden kann. Wird innerhalb dieser Frist
Landesbehörde ist, die Behörde, die den dem Antrag stattgegeben, so ist die Hauptsache für
Verwaltungsakt erlassen hat, erledigt zu erklären.
2. in Angelegenheiten der Sozialversicherung (2) Das gleiche gilt, wenn über einen Wid~rspruch
die von der Vertreterversammlung be- nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, daß
stimmte Stelle, als angemessene Frist in Angelegenheiten der Kran-
3. in Angelegenheiten der Bundesanstalt für kenversicherung und der Bundesanstalt für Arbeits-
Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenver- vermittlung und Arbeitslosenversicherung eine Frist
sicherung die von dem Verwaltungsrat be- von einem Monat, im übrigen eine solche von drei
stimmte Stelle. Monaten gilt. Die Klage kann nur bis zum Ablauf
626 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1958, Teil I
eines Jahres seit der Einlegung des Widerspruchs § 95
erhoben werden, es sei denn, daß die Einlegung
Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so ist Gegen-
des Rechtsbehelfs vor Ablauf der Jahresfrist infolge
stand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt
höherer Gewalt unmöglich war oder unter den be-
in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbe-
sonderen Verhältnissen des einzelnen Falles unter-
scheid gefunden hat.
blieben ist.
§ 89 § 96
Die Klage ist an keine Frist gebunden, wenn die (1) Wird nach Klageerhebung der Verwaltungsakt
Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungs- durch einen neuen abgeändert oder ersetzt, so wird
akts ode.r die Feststellung des zuständigen Versiche- auch der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Ver.:
rungsträgers oder die Vornahme eines unterlasse- fahrens.
nen Verwaltungsakts begehrt wird.
(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts
§ 90 • ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren
anhängig ist.
Die Klage ist bei dem zuständigen Gericht der
Sozialgerichtsbarkeit schriftlich oder zur Nieder-
§ 97
schrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu
erheben. (1) Die Klage hat aufschiebende Wirkung
1. bei Kapitalabfindungen von Versicherungs-
§ 91
ansprüchen,
(1) Die Frist für die Erhebung der Klage gilt auch
2. bei der Rückforderung von Leistungen,
dann als gewahrt, wenn die Klageschrift innerhalb
der Frist statt bei dem zuständigen Gericht der So- 3. wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines
zialgerichtsbarkeit bei einer anderen inländischen Verwaltungsakts begehrt wird,
Behörde oder bei einem Versicherungsträger oder 4. wenn die Aufhebung einer Entscheidung in
bei einer deutschen Konsularbehörde oder, soweit Zulassungssachen (§ 368 b Abs. 4 Reichs-
es sich um die Versicherung von Seeleuten handelt, versicherungsordnung) begehrt wird und
auch bei einem deutschen Seemannsamt im Ausland die sofortige Vollziehung von dem Be-
eingegangen ist. rufungsausschuß nicht angeordnet worden
(2) Die Klageschrift ist unverzüglich an das zu- ist.
ständige Gericht der Sozialgerichtsbarkeit abzu- (2) Wird ein Verwaltungsakt angefochten, der
geben. eine laufende Leistung herabsetzt oder entzieht, so
§ 92 kann das Gericht auf Antrag des Klägers nach An-
hörung des Beklagten anordnen, daß der Vollzug
Die Klage soll die Beteiligten und den Streitgegen- des Verwaltungsakts einstweilen ganz oder teil-
stand bezeichnen und einen bestimmten Antrag ent- weise ausgesetzt wird. Die Anordnung kann von
halten. Sie soll den angefochtenen Verwaltungsakt einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht und
oder den Widerspruchsbescheid bezeichnen und die jederzeit aufgehoben werden. Sie kann nur mit der
zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweis- Entscheidung in der Hauptsache angefochten wer-
mittel angeben und von dem Kläger oder einer zu den.
seiner Vertretung befugten Person mit Orts- und
Tagesangabe unterzeichnet sein. (3) ~.L1 Falle des Absatzes 1 Nr. 4 kann das Ge-
. richt auf Antrag nach Anhörung der übrigen Betei-
ligten die Vollziehung der angefochtenen Entschei-
§ 93 dung anordnen oder eine angeordnete Vollziehung
Der Klageschrift, den sonstigen Schriftsätzen und aussetzen. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.
nach Möglichkeit den Unterlagen sind Abschriften
für die Beteiligten beizufügen. Sind die erforder-
lichen Abschriften nicht eingereicht, so fordert das § 98
Gericht sie nachträglich an oder fertigt sie selbst an. (1) Hält sich das angerufene Gericht für örtlich
Die Kosten für die Anfertigung können von dem oder sachlich unzuständig, so hat es sich auf Antrag
Kläger eingezogen werden. des Kl,ägers, sofern das zuständige Gericht der So-
zialgerichtsbarkeit bestimmt werden kann, durch Be-
§ 94 schluß für unzuständig zu erklären und den Rechts-
streit an das zuständige Gericht der Sozialgerichts-
(1) Durch die Erhebung der Klage wird die Streit-
sache rechtshängig. barkeit zu verweisen.
(2) Wenn die Streitsache schon bei einem Gericht (2) Der Beschluß ist unanfechtbar. Er ist für das
der Sozialgerichtsbarkeit rechtshängig ist, so ist im Beschluß bezeichnete Gericht bindend. Die Wir-
eine neue Klage während der Rechtshängigkeit un- kungen der Rechtshängigkeit bleiben bestehen.
zulässig. (3) Soweit im Verfahren vor dem angegangenen
(3) Die Zuständigkeit des Gerichts wird durch Gericht Kosten entstanden sind, werden sie als Teil
eine Veränderung der sie be9ründenden Umstände der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluß be-
nach Eintritt der Rechtshängigkeit nicht berührt. zeichneten Gericht entstehen.
Nr. 33 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 28. August 1958 627
§ 99 weis enthalten, daß auch verhandelt und entschie-
(1) Eine .Änderung der Klage ist nur zulässig, den werden kann, wenn die Äußerung nicht inner-
wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das halb der Frist eingeht.
Gericht die .Änderung für sachdienlich hält. § 105
(2) Die Einwilligung der Beteiligten in die .Ände- (1) Erweist sich die Klage als unzulässig oder als
rung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne offenbar unbegründet, so kann sie der Vorsitzende
der .Änderung zu widc~rsprechen, in einem Schrift- bis zur Anberaumung der mündlichen Verhandlung
satz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die durch einen Vorbescheid mit Gründen abweisen.
abgeänderte Klage eingelassen hc1ben. (2) Die Beteiligten können binnen eines Monats
(3) Als eine .Änderung der Klage ist es nicht an- nach Zustellung des Vorbescheids mündliche Ver-
zusehen, wenn ohne .Änderung des Klagegrundes handlung beantragen. Wird der Antrag rechtzeitig
1. die tatsächlichen oder rechtlichen Ausfüh-
gestellt, so gilt der Vorbescheid als nicht ergangen;
rungen ergänzt oder berichtigt werden, andernfalls steht er einem rechtskräftigen Urteil
gleich.
2. der Klageantrag in der Hauptsache oder in
bezug auf Nebenforderungen erweitert § 106
oder beschränkt wird, (1) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß
3. statt der ursprünglich geforderten Leistung Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert,
wegen einer später eingetretenen Ver- sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende An-
änderung eine andere Leistung verlangt gaben tatsächlicher Art ergänzt sowie alle für die
wird. Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts
wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Entscheidung, daß eine Änderung der
Klage nicht vorliege oder zuzulassen sei, ist unan- (2) Der Vorsitzende hat bereits vor der münd-
fechtbar. lichen Verhandlung alle Maßnahmen zu treffen,
die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst
§ 100 in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen.
Bei dem Gericht der Klage kann eine Widerklage (3) Zu diesem Zweck kann er insbesondere
erhoben werden, wenn der Gegenanspruch.mit dem
in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit 1. um Mitteilung von Urkunden ersuchen,
den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln 2. Krankenpapiere, Aufzeichnungen, Kranken-
zusammenhängt. geschichten, Sektions- und Untersuchungs-
befunde sowie Röntgenbilder beiziehen,
§ 101
3. Auskünfte jeder Art einholen,
(1) Um den geltend gemachten Anspruch voll- 4. Zeugen und Sachverständige, auch eidlich,
ständig oder zum Teil zu erledigen, können die Be- durch den ersuchten Richter vernehmen
teiligten zur Niederschrift des Gerichts oder des
lassen,
Vorsitzenden oder des beauftragten oder ersuchten
Richters einen Vergleich schließen, soweit sie über 5. die Einnahme des Augenscheins sowie die
den Gegenstand der Klage verfügen können. Begutachtung durch Sachverständige an-
ordnen und ausführen,
(2) Das angenommene Anerkenntnis des geltend
6. andere beiladen,
gemachten Anspruchs erledigt insoweit den Rechts-
streit in der Hauptsache, 7. einen Termin anberaumen, das persönliche
Erscheinen der Beteiligten hierzu anordnen
und den Sachverhalt mit diesen erörtern.
§ 102
(4) Für die Beweisaufnahme gelten §§ 116, 118
Der Kläger kann die Klage bis zum Schluß der und 119 entsprechend.
mündlichen Verhandlung zurücknehmen. Die Klage-
§ 107
rücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Haupt-
sache. Auf Antrag ist diese Wirkung durch Beschluß Den Beteiligten ist nach Anordnung des Vorsitzen-
auszusprechen und, soweit Kosten entstanden sind, den entweder eine Abschrift der Niederschrift der
über diese zu entscheiden. Beweisaufnahme oder deren Inhalt mitzuteilen.
§ 108
§ ·103
Die Beteiligten können zur Vorbereitung der
Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Die
wegen. Es ist an das Vorbringen und die Beweis- Schriftsätze sind den übrigen Beteiligten von Amts
anträge der Beteiligten nicht gebunden. wegen mitzuteilen. '
§ 109
§ 104
(1) Auf Antrag des Versicherten, des Versor-
Der Vorsitzende übersendet eine Abschrift der gungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein
Klage an die übrigen Beteiligten. Zugleich mit der bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die An-
Zustellung oder Mitteilung ergeht die Aufforderung, hörung kann davon abhängig gemacht werden, daß
sich schriftlich zu äußern. Für die .Äußerung kann der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbe-
eine Frist gesetzt werden, die nicht kürzer als ein haltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts
Monat sein soll. Die Aufforderüng muß den Hin- endgültig trägt.
628 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1958, Teil I
(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn § 114
durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits
verzögert werden würde und der Antrag nach der (1) Hängt die Entscheidung eines Rechtsstreits
von einem familien- oder erbrechtlichen Verhältnis
freien Uberzeugung des Gerichts in der Absicht, das
ab, so kann das Gericht das Verfahren solange aus-
Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nach-
setzen, bis dieses Verhältnis im Zivilprozeß fest-
lässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.
gestellt worden ist.
(2) Hängt die Entscheidung des Rechtsstreits ganz
§ 110 oder zum Teil vom Bestehen oder Nicht.bestehen
Der Vorsitzende bestimmt Ort und Zeit der münd- eines Rechtsverhältnisses ab, das den Gegenstand
lichen Verhandlung und teilt sie den Beteiligten in eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder
der Regel zwei Wochen vorher mit. Die Beteiligten von einer Verwaltungsstelle festzustellen ist, so
sind darauf hinzuweisen, daß im Falle ihres Aus- kann das Gericht anordnen, daß die Verhandlung
bleibens nach Lage der Akten entschieden werden bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder
kann. bis zur Entscheidung der Verwaltungsstelle auszu-
setzen sei.
§ 111 (3) Das Gericht kann, wenn sich im Laufe eines
(1) Der Vorsitzende kann das persönliche Erschei- Rechtsstreits der Verdacht einer strafbaren Hand-
nen eines Beteiligten zur mündlichen Verhandlung lung ergibt, deren Ermittlung auf die Entscheidung
anordnen sowie Zeugen und Sachverständige laden. von Einfluß ist, die Aussetzung derVerhandlung bis
Auf die Folgen des Ausbleibens ist dabei hinzu- zur Erledigung des Strafverfahrens anordnen.
weisen.
· § 115
(2) Die Ladung von Zeugen und Sachverständigen
ist den Beteiligten bei der Mitteilung des Termins Ist ein bei der Verhandlung Beteiligter zur Auf-
zur mündlichen Verhandlung bekanntzugeben. rechterhaltung der Ordnung von dem Ort der Ver-
(3) Das Gericht kann einem Beteiligten, der keine handlung entfernt worden, so kann gegen ihn in
natürliche Person ist, aufgeben, zur mündlichen Ver- gleicher Weise verfahren werden, als wenn er sich
handlung einen nach § 81 der Zivilproz,eßordnung freiwillig entfernt hätte. Das gleiche gilt im Falle
des § 73 Abs. 6, sofern die Zurückweisung bereits in
schriftlich bevollmächtigten und über die Sach- und
Rechtslage ausreichend unterrichteten Beamten oder einer früheren Verhandlung geschehen war.
Angestellten zu entsenden.
§ 116
Die Beteiligten werden von allen Beweisaufnahme-
§ 112
terminen benachrichtigt und können der Beweisauf-
(1) Der Vorsitzende eröffnet und leitet die münd- nahme beiwohnen. Sie können an Zeugen und Sach-
liche Verhandlung. Sie beginnt nach Aufruf der verständige sachdienliche Fragen richten lassen.
Sache mit der Darstellung des Sachverhalts. Wird eine Frage beanstandet, so entscheidet das
(2) Sodann erhalten die Beteiligten das Wort. Der Gericht.
Vorsitzende hat das Sach- und Streitverhältnis mit
§ 117
den Beteiligten zu erörtern und dahin zu wirken,
daß sie sich über erhebliche Tatsachen vollständig Das Gericht erhebt Beweis in der mündlichen Ver-
erklären sowie angemessene und sachdienliche An- handlung, soweit die Beweiserhebung nicht einen
träge stellen. besonderen Termin erfordert.
(3) Die Anträge können ergänzt, berichtigt oder
im Rahmen des § 99 geändert werden. § 118
(4) Der Vorsitzende hat jedem Beisitzer auf Ver- (1) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt,
langen zu gestatten, sachdienliche Fragen zu stellen. sind auf die Beweisaufnahme § 160 Abs. 2 Nr. 3,
Wird eine Frage von einem Beteiligten beanstandet, §§ 358 bis 363, 365 bis 377, 380 bis 386, 387 Abs. 1
so entscheidet das Gericht endgültig. und 2, §§ 388 bis 390, 392 bis 444, 478 bis 484 der
Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden. Die
Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Weige-
§ 113 rung nach § 387 der Zivilprozeßordnung ergeht
(1) Das Gericht kann durch Beschluß mehrere bei durch Beschluß.
ihm anhängige Rechtsstreitigkeiten derselben Betei- (2) Zeugen und Sachverständige werden nur be-
ligten oder verschiedener Beteiligter zur gemein- eidigt, wenn das Gericht dies im Hinblick auf die
samen Verhandlung und Entscheidung verbinden, Bedeutung des Zeugnisse-s oder Gutachtens für die
wenn die Ansprüche, die den Gegenstand dieser Entscheidung des Rechtsstreits für notwendig er-
Rechtsstreitigkeiten bilden, in Zusammenhang ste- achtet.
hen oder von vornherein in einer Klage hätten gel-
(3) Der Vorsitzende kann das Auftreten eines
tend gemacht werden können.
Prozeßbevollmächtigten untersagen, solange die
(2) Die Verbindung kann, wenn es zweckmäßig Partei trotz Anordnung ihres persönlichen Erschei-
ist, auf Antrag oder von Amts wegen wieder auf- nens unbegründet ausgeblieben ist und hierdurch
gehoben werden. der Zweck der Anordnung vereitelt wird.
Nr. 33 -- Tag der Ausgabe: Bonn, den 28. August 1958 629
§ 119 FDNFTER UNTERABSCHNITT
(1) Eine Behörde ist zur Vorlage von Urkunden Urteile und Beschlüsse
oder Akten und zu Auskünften nicht verpflichtet,
wenn die zuständige oberste Aufsichtsbehörde er- § 123
klärt, daß das Bekanntwerden des Inhalts dieser Das Gericht entscheidet über die vom Kläger er-
Urkunden, Akten oder Auskünfte dem Wohl des hobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der An-
Bundes oder eines deutschen Landes nachteilig sein träge gebunden zu sein.
würde oder daß die Vorgänge nach einem Gesetz
oder ihrem Wesen nach geheimgehalten werden § 124
müssen.
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes
(2) Handelt es sich um Urkunden oder Akten und bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung.
um Auskünfte einer obersten Bundesbehörde, so
darf die Vorlage der Urkunden oder Akten und die (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das
Erteilung der Auskunft nur unterbleiben, wenn die Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil
Erklärung nach Absatz 1 von der Bundesregierung entscheiden.
abgegeben wird. Die Landesregierung hat die Er- (3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile
klärung abzugeben, wenn diese Voraussetzungen sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen,
bei einer obersten Landesbehörde vorliegen. soweit nichts anderes bestimmt ist.
§ 120
§ 125
(1) Die Beteiligten haben das Recht der Einsicht in
die Akten, soweit die übersendende Behörde dieses Uber die Klage wird, soweit nichts anderes be-
nicht ausschließt. stimmt ist, durch Urteil entschieden.
(2) Die Beteiligten können sich durch die Ge-
schäftsstelle auf ihre Kosten Abschriften erteilen § 126
lassen.
Das Gericht kann, sofern in der Ladung auf
(3) Der Vorsitzende kann aus besonderen Grün- diese Möglichkeit hingewiesen worden ist, nach
den die Einsicht in die Akten oder in Aktenteile Lage der Akten entscheiden, wenn in einem
sowie die Fertigung oder Erteilung von Auszügen Termin keiner der Beteiligten erscheint oder
und Abschriften versagen oder beschränken. Gegen beim Ausbleiben von Beteiligten die erschienenen
die Versagung oder die Beschränkung der Akten- Beteiligten es beantragen.
einsicht kann das Gericht angerufen werden; es ent-
scheidet endgültig. § 127
(4) Die Entwürfe zu Urteilen, Beschlüssen und Ist ein Beteiligter nicht benachrichtigt worden,
Verfügungen, die zu ihrer Vorbereitung angef ertig- daß in der mündlichen Verhandlung eine Beweis-
ten Arbeiten sowie die Schriftstücke, welche Ab- erhebung stattfindet, und ist er in der mündlichen
stimmungen oder in. 'dem anhängigen Verfahren Verhandlung nicht-zugegen oder vertreten, so kann
Strafverfügungen betreffen, werden weder vorgelegt in diesem Termin ein ihm ungünstiges Urteil nicht
noch abschriftlich mitgeteilt. erlassen werden.
§ 121 § 128
Nach genügender Erörterung der Streitsache er- (1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien,
klärt der Vorsitzende die mündliche Verhandlung aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewon-
für geschlossen. Das Gericht kann die Wiedereröff- nenen Uberzeugung. In dem Urteil sind die Gründe
nung beschließen. · anzugeben, die für die richterliche Uberzeugung
§ 122 leitend gewesen sind.
(1) Zur mündlichen Verhandlung und zu jeder (2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweis-
Beweisaufnahme wird ein vereidigter Schriftführer ergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Be-
zugezogen. Die wesentlichen Vorgänge der Ver- teiligten äußern konnten.
handlung, vor allem die endgültige Fassung der von
den Beteiligten gestellten Anträge sind in eine Nie- § 129
derschrift aufzunehmen, die von dem Vorsitzenden
oder dem vernehmenden Richter und von dem Das Urteil kann nur von den Richtern gefällt
Schriftführer zu unterzeichnen ist. werden, die an der dem Urteil zugrunde liegenden
Verhandlung teilgenommen haben.
(2) Die Niederschrift über die Aussage eines Zeu-
gen, Sachverständigen oder Beteiligten ist diesem
vorzulesen oder zur Durchsieht vorzulegen. In der § 130
Niederschrift ist zu vermerken, daß dies geschehen Wird gemäß § 54 Abs. 4 oder 5 eine Leistung in
und sie genehmigt ist oder welche Einwendungen Geld begehrt, auf die ein Rechtsanspruch besteht,
erhoben sind. Bei Vernehmung außerhalb der münd- so kann auch zur Leistung nur dem Grunde nach
lichen Verhandlung soll der Vernommene seine verurteilt werden. Hierbei kann im Urteil eine ein-
Aussage auch unterschreiben. malige oder laufende vorläufige Leistung angeord-
(3) Im übrigen gelten §§ 159 bis 165 der Zivil- net werden. Die Anordnung der vorläufigen Leistung
prozeßordnung entsprechend. ist nicht anfechtbar.
630 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1958, Teil I
§ 131 2. die Bezeichnung des Gerichts und die Namen
(1) Wird ein Verwaltungsakt oder ein Wider- der Mitglieder, die bei der Entscheidung
spruchsbescheid, der bereits vollzogen ist, aufge- mitgewirkt haben,
hoben, so kann das Gericht aussprechen, daß und in 3. den Ort und Tag der mündlichen Verhand-
welcher Weise die Vollziehung des Verwaltungsakts lung,
rückgängig zu machen ist. Dies ist nur zulässig, wenn 4. die Urteilsformel,
die Verwaltungsstelle rechtlich dazu in der Lage und 5. die gedrängte Darstellung des Tatbestandes,
diese Frage ohne weiteres in jeder Beziehung spruch-
6. die Entscheidungsgründe,
reif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch
Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das 7. die Rechtsmittelbelehrung.
Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Ver- (2) Die Darstellung des Tatbestandes kann durch
waltungsakt rechtswidrig ist, wenn der Kläger ein eine Bezugnahme auf den Inhalt der vorbereitenden
berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Schriftsätze und auf die zur Sitzungsniederschrift er-
(2) Hält das Gericht die Verurteilung zum Erlaß folgten Feststellungen ersetzt werden, soweit sich
eines abgelehnten Verwaltungsakts für begründet aus ihnen der Sach- und Streitstand richtig und voll-
und diese Frage in jeder Beziehung für spruchreif, so ständig ergibt. In jedem Falle sind jedoch die er-
ist im Urteil die Verpflichtung auszusprechen, den hobenen Ansprüche genügend zu kennzeichnen und
beantragten Verwaltungsakt zu erlassen. die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungs-
mittel ihrem Wesen nach hervorzuheben.
(3) Hält das Gericht die Unterlassung eines Ver-
waltungsakts für rechtswidrig, so ist im Urteil die
§ 137
Verpflichtung auszusprechen, den Kläger unter
Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu Die Ausfertigungen des Urteils sind von dem
bescheiden. Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschrei-
ben und mit dem Gerichtssiegel in der Form des
§ 132 Prägesiegels zu versehen.
(1) Das Urteil ergeht im Namen des Volkes. Es
§ 138
wird grundsätzlich in dem Termin verkündet, in dem
die mündliche Verhandlung geschlossen wird. Aus- Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare
nahmsweise kann das Urteil in einem sofort anzu- Unrichtigkeiten im Urteil sind jederzeit von Amts
beraumenden Termin, der nicht über zwei Wochen wegen zu berichtigen. Der Vorsitzende entscheidet
hinaus angesetzt werden soll, verkündet werden. hierüber durch Beschluß. Der Berichtigungsbeschluß
Eine Ladung der Beteiligten ist nicht erforderlich. wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen ver-
merkt.
(2) Das Urteil wird durch Verlesen der Urteils-
formel verkündet. Sofern nicht alle Beteiligten ab- § 139
wesend sind, ist der wesentliche Inhalt der Ent- (1) Enthält die Darstellung des Sachverhalts im
scheidungsgründe mitzuteilen. Urteil andere Unrichtigkeiten oder Unklarheiten, so
kann die Berichtigung binnen zwei Wochen nach Zu-
§ 133
stellung des Urteils beantragt werden.
Bei Urteilen, die nicht auf Grund mündlicher Ver- (2) Das Gericht entscheidet ohne Beweisaufnahme
handlung ergehen, wird die Verkündung durch Z11 durch Beschluß. Der Beschluß ist unanfechtbar. Bei
stellung ersetzt. Dies gilt. für die Verkündung von der Entscheidung wirken nur die Richter mit, die
Beschlüssen entsprechend. beim Urteil mitgewirkt haben. Ist ein Richter ver-
hindert, so entscheidet bei Stimmengleichheit die
Stimme des Vorsitzenden. Der Berichtigungsbeschluß
§ 134 wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen ver-
Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungs- merkt.
gründen ist vom Vorsitzenden zu unterschreiben. § 140
War es bei der Verkündung noch nicht vollständig
schriftlich niedergelegt, so soll es binnen drei Tagen (1) Hat das Urteil einen von einem Beteiligten
nach der Verkündung in vollständiger Abfassung erhobenen Anspruch oder den Kostenpunkt ganz
der Geschäftsstelle übergeben werden. oder teilweise übergangen, so wird es auf Antrag
nachträglich ergänzt. Die Entscheidung muß binnen
eines Monats nach Zustellung des Urteils beantragt
§ 135 werden.
Das Urteil ist den Beteiligten zuzustellen; dies soll (2) Uber den Antrag wird in einem besonderen
binnen zwei Wochen nach seiner Verkündung ge- Verfahren entschieden. Die Entscheidung ergeht,
schehen. wenn es sich nur um den Kostenpunkt handelt, durch
Beschluß, der lediglich mit der Entscheidung in der
§ 136
Hauptsache angefochten werden kann, im übrigen
(1) Das Urteil enthält durch Urteil, das mit dem bei dem übergangenen
1. die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer ge- Anspruch zulässigen Rechtsmittel angefochten wer-
setzlichen Vertreter und der Bevollmächtig- den kann.
ten nach Namen, Stand oder Gewerbe, (3) Die mündJiche Verhandlung hat nur den nicht
Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren, erledigten Teil des Rechtsstreits zum Gegenstand.
Nr. 33 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 28. August 1958 631
(4) Die ergänzende Entscheidung wird auf der 4. den Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit
Urschrift des Urteils und den Ausfertigungen ver- oder die Neufeststellung von Dauerrenten
merkt. wegen Änderung der Verhältnisse, es sei denn,
§ 141
daß die Schwerbeschädigteneigenschaft oder
die Gewährung der Rente davon abhängt oder
(1) Rechtskräftige Urteile binden die Beteiligten die Änderung durch ein neu hinzugetretenes
und ihre Rechtsnachfolger, soweit über den Streit- Leiden verursacht worden ist.
gegenstand entschieden worden ist.
(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Ge- § 146
genforderung geltend gemacht, so ist die Ent-
scheidung, daß die Gegenforderung nicht besteht, In Angelegenheiten der Rentenversicherungen
bis zur Höhe des Betrags der Rechtskraft fähig, für ist die Berufung nicht zulässig, soweit sie Beginn
den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist. oder Ende der Rente oder nur die Rente für bereits
abgelaufene Zeiträume betrifft.
§ 142
§ 147
(1) Für Beschlüsse gelten § 128 Abs. 1 Satz 1,
In Angelegenheiten der Arbeitslosenversicherung
§§ 134 und 138, nach mündlicher Verhandlung auch
und der Arbeitslosenhilfe ist die Berufung nicht zu-
§§ 129, 132, 135 und 136 entsprechend.
lässig, soweit sie Beginn oder Höhe der Leistung
(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch betrifft.
Rechtsmittel angefochten werden können oder über § 148
ein Rechtsmittel entscheiden.
In Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung
(3) Ausfertigungen der Beschlüsse sind von dem ist die Berufung nicht zulässig, soweit sie betrifft
Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschrei-
1. Anträge, die wegen Fristversäumnis abgelehnt
ben.
worden sind, es sei denn, daß die Ausnahme-
fälle des § 57 des Bundesversorgungsgesetzes
geltend gemacht werden,
Zweiter Abschnitt 2. Beginn oder Ende der Versorgung oder nur
Versorgung für bereits abgelaufene Zeiträume,
Rechtsmittel 3. den Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit
oder die Neufeststellung der Versorgungsbe-
ERSTER UNTERABSCHNITT züge wegen Änderung der Verhältnisse, es sei
Berufung denn, daß die Schwerbeschädigteneigenschaft
oder die Gewährung der Grundrente davon ab-
§ 143 hängt,
Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die 4. die Höhe der Ausgleichsrente.
Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit
sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts § 149
nichts anderes ergibt.
Die Berufung ist nicht zulässig bei Ersatz- oder
§ 144 Erstattungsstreitigkeiten zwischen Behörden oder
(1) Die Berufung ist nicht zulässig bei An- Körperschaften des öffentlich~n Rechts oder An-
sprüchen . stalten des öffentlichen Rechts sowie bei Streitig-
keiten wegen Rückerstattung von Leistungen, wenn
1. auf einmalige Leistungen, der Beschwerdewert fünfhundert Deutsche Mark
2. auf wiederkehrende Leistungen für einen nicht übersteigt, ferner bei Streitigkeiten wegen
Zeitraum bis zu dreizehn Wochen (drei Rückerstattung von Beiträgen, wenn der Be-
Monaten). schwerdewert fünfzig Deutsche Mark nicht über-
(2) Die Berufung ist ferner nicht zulässig, wenn steigt.
es sich um Kosten des Verfahrens handelt. § 150
Die Berufung ist ungeachtet der §§ 144 bis 149
§ 145 zulässig,
In Angelegenheiten der Unfallversicherung ist 1. wenn das Sozialgericht sie im Urteil zugelas-
die Berufung nicht zulässig, soweit sie betrifft sen hat; sie ist zuzulassen, wenn die Rechtssache
1. Anträge, die wegen Versäumnis der Aus- grundsätzliche Bedeutung hat oder we_nn das
schlußfrist (§ 1546 der Reichsversicherungs- Sozialgericht in der Auslegung einer Rechts-
ordnung) abgelehnt wurden, es sei denn, vorschrift von einem Urteil des im Rechtszug
daß die Ausnahmefälle des § 1547 der Reichs- übergeordneten Landessozialgerichts abweicht;
versicherungsordnung geltend gemacht werden, 2. wenn ein wesentlicher Mangel des Verfahrens
2. Beginn oder Ende der Rente oder nur Rente gerügt wird;
für bereits abgelaufene Zeiträume, 3. wenn der ursächliche Zusammenhang einer Ge-
3. vorläufige Renten (§ 1585 Abs. 1 der Reichs- sundheitsstörung oder des Todes mit einem
versicherungsordnung), Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit oder
632 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1958, Teil I
einer Schädigung im Sinne des Bundesversor- (2) Die Zurücknahme bewirkt den Verlust des
gungsgesetzes streitig ist oder das Sozialgericht Rechtsmittels. Uber die Kosten entscheidet das Ge-
eine Gesundheitsstörung nicht als feststellbar richt auf Antrag durch Beschluß.
erachtet hat.
§ 151 § 157
(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht Das Landessozialgericht prüft den Streitfall im
innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils gleichen Umfang wie das Sozialgericht. Es hat auch
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeam- neu vorgebrachte Tatsachen und Beweismittel zu
ten der Geschäftsstelle einzulegen. berücksichtigen.
(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die § 158
Einlegung der Berufung innerhalb der Frist zur (1) Ist die Berufung nicht statthaft oder nicht in
Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäfts- der gesetzlichen Frist oder nicht schriftlich oder nicht
stelle des Sozialgerichts erklärt wird. In diesem zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Ge-
Falle legt das Sozialgericht die Niederschrift mit schäftsstelle eingelegt, so ist sie als unzulässig zu
seinen Akten unverzuglich dem Landessozialgericht verwerfen.
vor.
(2) Der Vorsitzende des Senats kann die Beru-
(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Ur- fung ohne mündliche Verhandlung durch Vorbe-
teil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten scheid als unzulässig verwerfen, wenn er mit dem
und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Berichterstatter darüber einig ist, daß die Berufung
Beweismittel angeben. unzulässig oder verspätet eingelegt ist. Soll die Be-
rufung als verspätet verworfen werden, so ist dem
§ 152 Berufungskläger vorher unter Mitteilung des Sach-
(1) Die Geschäftsstelle des Landessozialgerichts verhalts Gelegenheit zur Äußerung zu geben.
hat unverzüglich, nachdem die Berufungsschrift ein- (3) Für den Vorbescheid gilt § 105 Abs. 2.
gereicht ist, von der GeschäftsstelJe des Sozial-
gerichts die Prozeßakten anzufordern.
§ 159
(2) Nach Erledigung der Berufung sind die Akten
der Geschäftsstelle des Sozialgerichts nebst einer (1) Das Landessozialgericht kann durch Urteil die
beglaubigten Abschrift des in der Berufungsinstanz angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache
erlassenen Urteils zurückzusenden. an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn
1. dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in
§ 153 der Sache selbst zu entscheiden,
2. das Verfahren an einem wesentlichen Man-
(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerich-
gel leidet,
ten gelten die Vorschriften über das Verfahren im
ersten Rechtszug mit Ausnahme des § 91 ent- 3. nach dem Erlaß des angefochtenen Urteils
sprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt neue Tatsachen oder Beweismittel bekannt
nichts anderes ergibt. werden, die für die Entscheidung wesent-
lich sind.
(2) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats
zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so (2) Das Sozialgericht hat die rechtliche Beurtei-
vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung lung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, seiner
der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter Entscheidung zugrunde zu legen.
dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrundes.
ZWEITER UNTERABSCHNITT
§ 154 Revision
(1) Die Berufung hat in den Fällen des § 97 Abs. 1
§ 160
und bei der Rückforderung von Beiträgen aufschie-
bende Wirkung. Gegen die Urteile der Landessozialgerichte findet
die Revision an das Bundessozialgericht statt, soweit
(2) Die Berufung eines Versicherungsträgers oder
sich aus den Vorschriften dieses Unten:.bschnitts
in der Kriegsopferversorgung eines Landes bewirkt
Aufschub, soweit es sich um Beträge handelt, die für nichts anderes ergibt.
die Zeit vor Erlaß des angefochtenen Urteils nach- § 161
gezahlt werden sollen.
(1) Sind Urteile der Sozialgerichte nach § 150 mit
§ 155 der Berufung anfechtbar, so kann unter Ubergehung
des Berufungsverfahrens die Revision unmittelbar
Der Vorsitzende kann seine Aufgaben nach§§ 104,
-beim Bundessozialgericht (Sprungrevision) eingelegt
106 bis 108 einem Berufsrichter des Senats über-
werden, wenn der Rechtsmittelgegner einwilligt. Die
tragen. Er kann einen Berufsrichter zum Bericht- schriftliche Erklärung der Einwilligung ist der Re-
erstatter ernennen.
visionsschrift beizufügen.
§ 156 (2) Die Einlegung der Revision und die Erklä-
(1) Die Berufung kann bis zum Schluß der münd- rung der Einwilligung gelten als Verzicht auf das
lichen Verhandlung zurückgenommen werden. Rechtsmittel der Berufung.
Nr. 33 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 28. August 1958 633
§ 1G2 (2) Als Prozeßbevollmächtigte sind die Mitglieder
und Angestellten von Gewerkschaften, von selb-
(1) Die Revision findet nur statt,
ständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit
1. wenn das Landessozialgericht sie zuläßt; sie sozial-· oder berufspolitischer Zwecksetzung, von
ist zuzulassen, wenn über Rechtsfragen von Vereinigungen von Arbeitgebern und von Vereini-
grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden gungen der Kriegsopfer zugelassen, sofern sie kraft
ist oder wenn das Lcmdessozialgericht von Satzung oder Vollmacht zur Prozeßvertretung be-
einer Entscheidung des Bundessozialgerichts fugt sind. Jeder bei einem deutschen Gericht zuge-
oder einer grundsätzlichen Entscheidung des lassene Rechtsanwalt ist ebenfalls als Prozeßbevoll-
Reichsversicherungsamts, des Reichsversor- machtigter vor dem Bundessozialgericht zugelassen.
gungsgerichts, des Bayerischen Landesver-
sicherungsamts nach dem 8. Mai 1945 oder
des Landesversicherungsamts Württemberg- § 167
Baden abweicht; (1) Einern Beteiligten, der nicht nach § 166 Abs. 2
2. wenn ein wesentlicher Mangel des Verfah- Satz 1 vertreten ist, kann für das Verfahren vor
rens gerügt wird; dem Bundessozialgericht. das Armenrecht bewilligt
3. wenn bei der Beurteilung des ursächlichen und ein Rechtsanwalt als Prozeßbevollmächtigter
Zusammenhangs einer Gesundheitsstörung beigeordnet werden.
oder des Todes mit einem Arbeitsunfall (2) Für das Verfahren gelten §§ 114, 115 Abs. 2,
oder einer Berufskrankheit oder einer Schä- §§ 117 bis 118a, 121, 122 und 124 bis 127 der Zivil-
digung im Sinne des Bundesversorgungs- prozeßordnung entsprechend.
gesetzes das Gesetz verletzt ist.
(2) Die Revision kann jedoch nur darauf gestützt § 168
werden, daß diE~ Entscheidung auf der Nichtanwen- Klageänderungen und Beiladungen sind im Re-
dung oder unrichtigen Anwendung einer Vorschrift visionsverfahren. unzulässig.
des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk
des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, § 169
deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Be-
rufungsgerichts hinaus erstreckt.. Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Re-
vision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form
§ 163 und Frist eingelegt und begründet worden ist. Man-
gelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Re-
Das Bundessozialgericht ist an die in dem ange- vision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfung
fochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststel- ohne mündliche Verhandlung erfolgt durch Beschluß
lungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese ohne Zuziehung der Bundessozialrichter.
Feststellungen zulässige und begründete Revisions-
gründe vorgebracht sind. § 170
§ 164 (1) Ist die Revision unbegründet, so weist das
Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben
(1) Die Revision ist binnen eines Monats nach Zu- die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesver-
stellung des Urteils schriftlich beim Bundessozial- letzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus
.. gericht einzulegen und binnen eines weiteren Monats
anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision
zu begründen. Die Frist für die Revisionsbegründung
ebenfalls zurückzuweisen.
kann auf einen vor ihrem Ablauf beim Bundessozial-
gericht eingegangenen Antrag durch den Vorsitzen- (2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundes-
den einmal bis zu einem weiteren Monat verlängert sozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden.
werden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene
(2) Die Revision muß das angefochtene Urteil be-
Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellun-
. zeichnen und einen bestimmten Antrag enthalten. gen aufheben und die Sache zur erneuten Verhand-
Die Revisionsbegründung muß außerdem die ver- lung und Entscheidung an das Gericht zurückver-
letzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel weisen, welches das angefochtene Urteil erlassen
gerügt werden, die Tatsachfm und Beweismittel be- hat.
zeichnen, die den Mangel ergeben. (3) Verweist das Bundessozialgericht die Sache
bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen
§ 165 Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es
nach seinem Ermessen auch an das Landessozialge-
Für die Revision gelten die Vorschriften über die richt zurückverweisen, das für die Berufung zustän-
Berufung entsprechend, soweit sich aus diesem Un- dig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Lan-
terabschnitt nichts anderes ergibt. dessozialgericht gelten dann die gleichen Grund-
sätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungs-
§ 166 gemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht
(1) Vor dem Bundessozialgericht müssen sich die anhängig geworden wäre.
Beteiligten, soweit es sich nicht um Behörden oder (4) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten
Körperschaften des öffentlichen Rechts oder Anstal- Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist,
ten des öffentlichen Rechts handelt, durch Prozeß- hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurtei1ung
bevollmächtigte vertreten lassen. des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.
634 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1958, Teil I
§ 171 § 177
(1) Uber die Ablehnung einer Gerichtsperson(§ 60) Entscheidungen des Landessozialgerichts oder
entscheidet der Senul. seines Vorsitzenden können mit der Beschwerde
(2) Wird während des Revisionsverfahrens der nicht angefochten werden.
angefochtene Verwaltungsakt durch einen neuen ab-
geändert oder ersetzt, so gilt der neue Verwaltungs-
§ 178
akt als mit der Klage beim Sozialgericht angefoch-
ten, es sei denn, duß der Kläger durch den neuen Gegen die Entscheidungen des ersuchten oder be-
Verwaltungsakt klaglos gestellt oder dem Klagebe- auftragten Richters oder des Urkundsbeamten kann
gehren durch die Entscheidung des Revisionsgerichts binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht
zum ersten Verwaltungsakt in vollem Umfange ge- angerufen werden, das endgültig entscheidet. §§ 173
nügt wird. bis 175 gelten entsprechend.
DRITTER UNTERABSCHNITT
Dritter Abschnitt
Beschwerde
Wiederaufnahme des Verfahrens
§ 172 und besondere Verfahrensvorschriften
(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte
mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen § 179
·der Vorsitzenden dieser Gerichte mit Ausnahme der (1) Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann
Vorbescheide findet die Beschwerde an das Landes- entsprechend den Vorschriften des Vierten Buches
sozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz der Zivilprozeßordnung wieder aufgenommen wer-
anderes bestimmt ist. den.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsan- (2) Die Wiederaufnahme des Verfahrens ist fer-
ordnungen, Vertagungsbeschlüsse, Fristbestimmun- ner zulässig, wenn ein Beteiligter strafgerichtlich
gen, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung verurteilt worden ist, weil er Tatsachen, die für die
von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung Entscheidung der Streitsache von wesentlicher Be-
von Verfahren und Ansprüchen können nicht mit deutung waren, wissentlich falsch behauptet oder
der Beschwerde angefochten werden. vorsätzlich verschwiegen hat.
(3) Auf Antrag kann das Gericht anordnen, daß
§ 173
die gewährten Leüitungen zurückzuerstatten sind.
Die Beschwerde ist binnen eines Monats nach Be-
kanntgabe der Entscheidung beim Sozialgericht
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeam- § 180
ten der Geschäftsstelle einzulegen; § 181 des Ge- (1) Eine Wiederaufnahme des Verfahrens ist auch
richtsverfassungsgesetzes bleibt unberührt. Die Be- zulässig, wenn
lehrung über das Beschwerderecht ist auch münd- 1. mehrere Versicherungsträger denselben An-
lich möglich; sie ist dann aktenkundig zu machen. spruch endgültig anerkannt haben oder
wegen desselben Anspruchs rechtskräftig
§ 174 zur Leistung verurteilt worden sind,
Hält das Sozialgericht oder der Vorsitzende, dessen 2. ein oder mehrere Versicherungsträger den-
Entscheidung angefochten wird, die Beschwerde für selben Anspruch endgültig abgelehnt haben
begründet, so ist ihr abzuhelfen; sonst ist sie unver- oder wegen desselben Anspruchs rechts-
züglich unter Benachrichtigung der Beteiligten dem kräftig von der Leistungspflicht befreit
Landessozialgericht vorzulegen. worden sind, weil ein anderer Versiche-
rungsträger leistungspflichtig sei, der seine
Leistung bereits endgültig abgelehnt hat
§ 175 oder von ihr rechtskräftig befreit worden
Die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung, wenn ist.
sie die Festsetzung einer Strafe zum Gegenstand hat. (2) Das gleiche gilt im Verhältnis zwischen Ver-
Soweit dieses Gesetz auf Vorschriften der Zivilpro- sicherungsträgern und einem Land, wenn streitig
zeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes ist, ob eine Leistung aus der Sozialversicherung oder
verweist, regelt sich die aufschiebende Wirkung Kriegsopferversorgung zu gewähren ist.
nach diesen Gesetzen. Das Gericht oder der Vor-
sitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, (3) Der Antrag auf \Viederaufnahme des Verfah-
kann bestimmen, daß der Vollzug der angefochtenen rens ist bei einem der gemäß § 179 Abs. 1 für die
Entscheidung einstweilen auszusetzen ist. Wiederaufnahme zuständigen Gerichte der Sozial-
gerichtsbarkeit zu stellen. Dieses verständigt die an
den Wiederaufnahmeverfahren Beteiligten und die
§ 176
Gerichte, die über den Anspruch entschieden haben.
Uber die Beschwerde entscheidet das Landes- Es gibt die Sache zur Entscheidung an das gemein-
sozialgericht durch Beschluß. sam nächsthöhere Gericht ab.
Nr. 33 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 28. August 1958 635
(4) Das zur Entscheidung berufene Gericht be- § 185
stimmt unter Aufhebung der entgegenstehenden Be-
Die Gebühr wird fällig, sobald die Streitsache
scheide oder richterlichen Entscheidungen den Lei-
durch Zurücknahme des Rechtsbehelfs, durch Ver-
stungspfli eh tigen.
gleich, Anerkenntnis, Vorbescheid, Beschluß oder
(5) Für die Durchführung des Verfahrens nach durch Urteil e,rledigt ist.
Absatz 4 gelten im übrigen die Vorschriften über die
Wiederaufnahme des Verfahrens entsprechend.
§ 186
(6) Der Vorsitzende des nach Absatz 3 zuerst an-
Wird eine Sache nicht durch Urteil erledigt, so
gegangenen oder des für die Entscheidung zustän-
ermäßigt sich die Gebühr auf die Hälfte. Die Gebühr
digen Gerichts kann durch einstweilige Anordnung
entfällt, wenn die Erledigung auf einer Rechtsände-
einen Versicherungsträger oder in der Kriegsopfer-
rung beruht.
versorgung ein Land zur vorläufigen Leistung ver-
pflichten. § 97 Abs. 2 gilt entsprechend. § 187
Sind an einer Streitsache mehrere Körperschaften
§ 181 oder Anstalten des öffentlichen Rechts beteiligt, so
haben sie die Gebühr zu gleichen Teilep. zu ent-
Will das Gericht die Klage gegen einen Versiche- richten.
rungsträger ablehnen, weil es einen anderen Versi-
cherungsträger für leistungspflichtig hält, obwohl § 188
dieser bereits den Anspruch endgültig abgel:ehnt hat Wird ein durch rechtskräftiges Urteil abgeschlosse-
oder in einem früheren Verfahren rechtskräftig be- nes Verfahren wieder aufgenommen, so ist das neue
freit worden ist, so verständigt es den anderen Ver- Verfahren eine besondere Streitsache.
sicherungsträger und das Gericht, das über den An-
spruch rechtskräftig entschieden hat, und gibt die
Sache zur Entscheidung an das gemeinsam nächst- § 189
höhere Gericht ab. Im übrigen gilt § 180 Abs. 2 und (1) Die Gebühren für die Streitsachen werden in
Abs. 4 bis 6. einem Verzeichnis zusammengestellt. Die Mittei-
lung eines Auszuges aus diesem Verzeichnis an die
§ 182
Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen
(1) Hat das Bundessozialgericht oder ein Landes- Rechts gilt als Feststellung der Gebührenschuld und
sozialgericht die Leistungspflicht eines Versiche- als Aufforderung, den Gebührenbetrag binnen eines
rungsträgers rechtskräftig verneint, weil ein anderer Monats an die in der Mitteilung angegebene Stelle
Versicherungsträger verpflichtet sei, so kann der zu zahlen.
Anspruch gegen den anderen Versicherungsträger (2) Die Feststellung erfolgt durch den Urkunds-
nicht abgelehnt werden, weil der im früheren Ver-
beamten der Geschäftsstelle. Gegen diese Fest-
fahren befreite Versicherungsträger leistungspflich-
stellung kann binnen eines Monats nach Mitteilung
tig sei.
das Gericht angerufen werden, das endgültig ent-
(2) Das gleiche gilt im Verhältnis zwischen einem scheidet.
Versicherungsträger und einem Land, wenn die Lei-
stungspflicht der Kriegsopferversorgung streitig ist. § 190
Die Präsidenten und die aufsichtführenden Richter
der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sind befugt,
eine Gebühr, die durch unrichtige Behandlung der
Vierter Abschnitt Sache ohne Schuld der gebührenpflichtigen Beteilig-
ten entstanden ist, niederzuschlagen. Sie können
Kosten und Vollstreckung
von der Einziehung absehen, wenn sie mit Kosten
oder Verwaltungsaufwand verknüpft ist, die in
ERSTER UNTERABSCHNITT keinem Verhältnis zu der Einnahme stehen.
Kosten
§ 191
§ 183
Ist das persönliche Erscheinen eines Beteiligten
Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialge-
angeordnet worden, so werden ihm auf Antrag bare
richtsbarkeit ist kostenfrei, soweit nichts anderes
bestimmt ist. Auslagen und Zeitverlust wie einem Zeugen ver-
gütet; sie können vergütet werden, wenn er ohne
§ 184 Anordnung erscheint und das Gericht das Erscheinen
für geboten hält.
(1) Die Körperschaften oder Anstalten des öffent-
lichen Rechts haben für jede Streitsache, an der § 192
sie beteiligt sind, eine Gebühr zu entrichten. Die Ge-
Hat ein Beteiligter, dessen Vertreter oder Bevoll-
bühr entsteht, sobald die Streitsache rechtshängig
mächtigter durch Mutwillen, Verschleppung oder
geworden ist; sie ist für jeden Rechtszug zu zahlen.
Irreführung dem Gericht oder einem Beteiligten
(2) Die Bundesregierung setzt die Höhe der Ge- Kosten verursacht, so kann sie das Gericht dem Be-
bühr durch Rechtsverordnung fest, die der Zustim- teiligten im Urteil ganz oder teilweise auferlegen.
mung des Bundesrates bedarf. § 193 Abs. 1 gilt entsprechend.
636 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1958, Teil I
§ 193 § 199
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob (1) Vollstreckt wird
und in welchem Umfange die Beteiligten einander 1. aus gerichtlichen Entscheidungen, soweit
Kosten zu erstatten haben; es entscheidet auf An- nach den Vorschriften dieses Gesetzes kein
trag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders Aufschub eintritt,
beendet wird. 2. aus Anerkenntnissen und gerichtlichen
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Vergleichen,
Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwen- 3. aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.
digen Aufwendungen der Beteiligten. (2) Hat ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wir-
(3) Die gesetzlichen Gebühren und die notwen- kung, so kann der Vorsitzende des Gerichts, das
digen Auslagen eines Rechtsanwalts (§§ 25 bis 30 über das Rechtsmittel zu entscheiden hat, die Voll-
der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte) oder streckung durch einstw~ilige Anordnung aussetzen.
eines Rechtsbeistandes sind stets erstattungsfähig. Er kann die Aussetzung und Vollstreckung von
einer Sicherheitsleistung abhängig machen; §§ 108,
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen 109, 113 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend.
der Behörden, der Körperschaften und Anstalten des Die Anordnung ist unanfechtbar; sie kann jederzeit
öffentlichen Rechts. aufgehoben werden.
(3) Für die Vollstreckung können den Beteiligten
§ 194
auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne
Sind mehrere Beteiligte kostenpflichtig, so gilt Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt
§ 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Die werden, deren Zustellung in den Wirkungen der
Kosten können ihnen als Gesamtschuldnern aufer- Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.
legt werden, wenn das Streitverhältnis ihnen gegen-
über nur einheitlich entschieden werden kann.
§ 200
§ 195 (1) Soll zugunsten einer Bundesbehörde oder
einer bundesunmittelbaren Körperschaft des öffent-
Wird der Rechtsstreit durch gerichtlichen Ver- lichen Rechts oder einer bundesunmittelbaren An-
gleich erledigt und haben die Beteiligten keine stalt des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so
Bestimmung über die Kosten getroffen, so trägt richtet sich die Vollstreckung nach dem Verwaltungs-
jeder Beteiligte seine Kosten. vollstreckungsgesetz.
(2) Bei der Vollstreckung zugunsten einer Be-
§ 196 hörde, die nicht Bundesbehörde ist, sowie zugunsten
(weggefallen) einer nicht bundesunmittelbaren Körperschaft oder
Anstalt des öffentlichen Rechts gelten die Vor-
schriften des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes
§ 197 entsprechend. In diesem Falle bestimmt das Land
(1) Auf Antrag der Beteiligten oder ihrer Bevoll- die Vollstreckungsbehörde.
mächtigten setzt der Urkundsbeamte des Gerichts
des ersten Rechtszugs den Betrag der zu erstatten- § 201
den Kosten fest. § 104 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung
(1) Kommt die Behörde in den Fällen des § 131
findet entsprechende Anwendung.
der im Urteil auferlegten Verpflichtung nicht nach,
(2) Gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten so kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf An-
der Geschäftsstelle kann binnen eines Monats nach trag unter Fristsetzung eine Erzwingungsstrafe bis
Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das zu zweitausend Deutsche Mark durch Beschluß an-
endgültig entscheidet. drohen und nach vergeblichem Fristablauf festsetzen.
Die Erzwingungsstrafe kann wiederholt verhängt
werden.
(2) Für die Vollstreckung gilt§ 200.
ZWEITER UNTERABSCHNITT
Vollstreckung
§ 198 Dritter Teil
(1) Für di.e Vollstreckung gilt das Achte Buch der Ubergangs- und Schlußvorschriften
Zivilprozeßordnung entsprechend, soweit sich aus
diesem Gesetz nichts anderes ergibt. § 202
(2) Die Vorschriften über die. vorläufige Voll- Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über
streckbarkeit, den Arrest und die einstweilige Ver- das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungs-
fügung sind nicht anzuwenden. gesetz und die Zivilprozeßordnung entsprechend
(3) An die Stelle der sofortigen Beschwerde tritt anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede
die Beschwerde (§§ 172 bis 177). der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen.
Nr. 33 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 28. August 1958 637
§ 203 der Zahl der ordentlichen Senate nicht überschreiten.
Soweit in anderen Gesetzen auf Vorschriften oder Kammern und Senate auf Zeit dürfen nicht über den
Bezeichnungen verwiesen wird, die durch dieses 31. Dezember 1960 hinaus tätig sein.
Gesetz aufgehoben werden, treten an deren Stelle (2) Den Vorsitz in den Kammern auf Zeit kann
die entsprechenden Vorschriften oder die Bezeich- ein Hilfsrichter, in den Senaten auf Zeit an Stelle
nungen dieses Gesetzes. eines Senatspräsidenten ein anderer Berufsrichter
des Landessozialgerichts führen.
§ 203 a
Die Senate des Bundessozialgerichts können Sit- § 211
zungen auch in Berlin abhalten. Die Vorschriften des § 41 des Bundesbeamten-
gesetzes vom 14. Juli 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 551)
§ 204 gelten bis zum 31. Dezember 1956 nicht für die in
§ 38 Abs. 2 bezeichneten Bundesrichter. Die danach
Vor die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit ge-
über das fünfundsechzigste Lebensjahr hinaus im
hören auch Streitigkeiten, für welche durch Rechts-
Dienst verbliebenen oder nach Vollendung des fünf-
verordnung die Zuständigkeit der früheren Ver-
undsechzigsten Lebensjahres bestellten Bundes-
sicherungsbehörden oder Versorgungsgerichte be-
richter treten mit Ablauf des 31. Dezember 1956 in
gründet worden war.
den Ruhestand.
§ 205
§ 212
Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden
über Streitigkeiten aus dem Gesetz betreffend die Bei der ersten Berufung der Landessozialrichter
Unfallfürsorge für Gefangene vom 30. Juni 1900 und der Bundessozialrichter nach dem Inkrafttreten
(Reichsgesetzbl. S. 536), wobei die Beschwerde als dieses Gesetzes entfällt das Erfordernis einer vier-
Klage beim Sozialgericht gilt. jährigen Tätigkeit als Sozialrichter oder Landes-
sozialrichter.
§ 206 § 213
Bei Streit über die Teuerungszulagen nach dem (1) Das Spruch- und das Beschlußverfahren nach
Teuerungszulagengesetz in der Fassung vom 25. Juni den sozialversicherungs- und den versorgungsrecht-
. 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 354) ist die Berufung aus- lichen Vorschriften und nach dem Gesetz über
geschlossen. Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung
§ 207 fallen weg. An die Stelle dieser Verfahren treten
die in diesem Gesetz geregelten Verfahren.
(1) Durch Landesgesetz muß geregelt werden,
unter welchen Voraussetzungen die bisher haupt- (2) Soweit durch dieses Gesetz der Rechtsweg vor
amtlich bei den Versicherungsbehörden richterlich den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet
Tätigen zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit wird, fällt die bisherige rechtsprechende Tätigkeit
übernommen werden. Einer Mitwirkung des in § 11 der Versicherungsämter, der Oberversicherungs-
vorgesehenen Ausschusses bedarf es nicht. Der ämter, der Spruchbehörden der Arbeitslosenver-
Ubernahme steht nicht entgegen, daß die Voraus- sicherung und der Versorgungsgerichte weg.
setzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 nicht erfüllt sind. (3) Soweit in sozialversicherungsrechtlichen Vor-
(2) Bei der ersten Ernennung von Berufsrichtern, schriften und in dem Gesetz über Arbeitsvermitt-
die nicht dem in Absatz 1 bezeichneten Personen- lung und Arbeitslosenversicherung in den Fällen
k~eis angehören, treten in dem Ausschuß (§ 11) an der §§ 78 bis 80 die Verwaltungsbeschwerde oder
die Stelle der Vertreter der Sozialgerichtsbarkeit der Einspruch vorgesehen ist, tritt an deren Stelle
Vertreter aus dem Kreis der im Hauptamt ernannten der Widerspruch (§§ 83 bis 86).
Mitglieder der Oberversicherungsämter des Landes.
§ 214
§ 208 (1) Die in der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum
Bis zum 31. Dezember 1958 gelten als Beratungs- Inkrafttreten dieses Gesetzes ergangenen Entschei-
und Vertrelungstätigkeit im Sinne des § 9 Abs. 2 dungen der Oberversicherungsämter und der Ver-
auch Zeiten einer entsprechenden Tätigkeit vor den sorgungsgerichte mit Ausnahme derjenigen im Land
Versicherungsbehörden oder Versorgungsgerichten. Bayern und dem früheren Land Württemberg-
Baden können beim Landessozialgericht angefochten
werden
§ 209
1. in der Unfallversicherung und der Kriegs-
In den Ländern Bayern und I-Iessen tritt § 32 erst opferversorgung mit der Berufung, wenn
drei Jahre nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes der ursächliche Zusammenhang einer Ge-
in Kraft. sundheitsstörung oder des Todes mit einem
§ 210 Unfall, einer Berufskrankheit oder mit
(1) Bei Bedarf können bei den Sozialgerichten einer Schädigung im Sinne des Bundesver-
und den Landessozialgerichten Kammern und Senate sorgungsgesetzes streitig ist,
auf Zeit gebildet werden. Die Zahl der Kammern 2. in den Rentenversicherungen mit der Re-
auf Zeit darf die Hälfle der Zahl der ordentlichen vision entsprechend den früheren §§ 1696,
Kammern, die Zahl der Senate auf Zeit drei Viertel 1697 Nr. 1 der Reichsversicherungsordnung.
638 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1958, Teil I
(2) Im Falle des Absatzes 1 Nr. 1 entscheidet (7) Soweit beim Inkrafttreten dieses Gesetzes in
das Landessoziulgcricht nur über den ursächlichen Angelegenheiten des § 51 Sachen bei den all-
Zusammenhang. Soweit im übrigen über den An- gemeinen Verwaltungsgerichten des ersten Rechts-
spruch Strnit besteht, ist die Sache an das Sozial- zugs rechtshängig sind und eine Entscheidung des
gericht zurückzuverweisen, das endgültig entscheidet. Oberversicherungsamts oder des Versorgungs-
gerichts vorliegt, gehen sie als Berufung auf die
(3) Die Rechtsmittel sind binnen einer Ausschluß-
Landessozialgerichte über; die Zulässigkeit der Be-
frisl von sechs Monaten seit dem Inkrafttreten dieses
rufung richtet sich nach diesem Gesetz.
Gesetzes einzulegen.
(8) Soweit beim Inkrafttreten dieses Gesetzes in
(4) Bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes frist-
Angelegenheiten des § 51 Sachen bei den allgemei-
gerecht eingelegte Rekurse gelten als Berufungen
nen Verwaltungsgerichten des zweiten Rechtszugs
im Sinne der §§ 143 bis 159. Bis zum Inkrafttreten
rechtshängig sind, gehen sie auf die Landessozial-
dieses Gesetzes eingelegte Re\Tisionen gelten als
gerichte über; die Zulässigkeit der Berufung richtet
Revisionen im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2. Diese
sich nach diesem Gesetz.
Rechtsmittel können nur dann verfolgt werden,
wenn die Rechtsmittelkläger dies innerhalb von (9) Soweit beim Inkrafttreten dieses Gesetzes in
zwei Monaten, nachdem sie hierüber belehrt worden Angelegenheiten des § 51 Sachen beim Bundes-
sind, beantragen. verwaltungsgericht rechtshängig sind, gehen sie auf
das Bundessozialgericht über; die Zulässigkeit der
(5) Vorbehaltlich des Absatzes 2 entscheidet das
Revision richtet sich nach diesem Gesetz.
Landessozialgericht in den Fällen der Absätze 1 und
4 endgültig.
(6) Soweit das Landessozialgericht auf Grund der § 216
nach den Absätzen 1 und 4 eingelegten Rechtsmittel
(1) Bis zum 31. Dezember 1960 kann
Entscheidungen der Oberversicherungsämter und
der Versorgungsgerichte, durch die Leistungen ge- 1. der Vorsitzende bei dem Sozialgericht Vor-
währt werden, aufhebt, sind diese Leistungen mit bescheide in allen Fällen erlassen, auch
Ablauf des auf die Verkündung der Entscheidung wenn eine Beweiserhebung stattgefunden
folgenden Monats einzustellen. Die Rückforderung hat;
der gewährten Leistungen ist ausgeschlossen. 2. der Vorsitzende bei dem Sozialgericht, das
Landessozialgericht ohne Zuziehung der
Landessozialrichter und das Bundessozial-
§ 215
gericht ohne Zuziehung der Bundessozial-
(1) Die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes bei den richter außerhalb der mündlichen Verhand-
Geschäftsausschüssen nach dem Reichsknappschafts- lung Beschlüsse erlassen, die der Entschei-
gesetz, den Spruchausschüssen nach dem Gesetz dung in der Sache selbst vorausgehen;
über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversiche-
3. das Landessozialgericht durch einstimmigen
rung und den Beschwerdeausschüssen der Kriegs-
Beschluß ohne Zuziehung der Landessozial-
opferversorgung anhängigen Sachen gehen auf die
richter
für das Vorverfahren zuständigen Stellei1 über. So-
weit ein Vorverfahren nicht stattfindet, werden sie a) die Berufung ohne Vorbescheid (§ 158
bei dem zuständigen Sozialgericht rechtshängig. Abs. 2 und 3) als unzulässig verwerfen,
wenn die Voraussetzungen des § 158
(2) Die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes bei Abs. 1 erfüllt sind,
den Versicherungsämtern, den Oberversicherungs- b) eirv Revision (§ 214) oder Berufung zu-
ämtern und den Versorgungsgerichten rechtshängi- rückweisen, wenn sie offenbar unbe-
gen Sachen gehen auf das zuständige Sozialgericht gründet ist,
über.
c) über eine Revision (§ 214) oder Berufung
(3) Die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes bei den entscheiden, wenn die Sach- und Rechts-
Landesversicherungsämtern Bayern und Württem- lage zweifelsfrei geklärt ist;
berg-Baden rechtshängigen Sachen gehen auf das
zuständige Landessozialgericht über. 4. das Bundessozialgericht durch einstimmi-
gen Beschluß ohne Zuziehung der Bundes-
(4) Mit dem Iri.kraftreten dieses Gesetzes gelten sozialrichter
die bisherigen Berufungen und Beschwerden als a) eine Revision zurückweisen, wenn sie
Klage. Ein Vorverfahren findet nicht statt. offenbar unbegründet ist,
(5) Soweit in Angelegenheiten des § 51 rechts- b) über eine Revision entscheiden, wenn
kräftige Urteile der allgemeinen Verwaltungs- die Rechtslage zweifelsfrei geklärt ist.
gerichte ergangen sind, hat es dabei sein Bewenden.
(2) Soll über ein Rechtsmittel nach Absatz 1 Nr. 3
(6) Soweit beim Inkrafttreten dieses Gesetzes in oder 4 entschieden werden, so ist dies in den Fällen
Angelegenheiten des § 51 Sachen bei den allgemei- der Nummer 3 Buchstaben a, b und der Nummer 4
nen Verwaltungsgerichten des ersten Rechtszugs Buchstabe a dem Rechtsmittelkläger, in den übrigen
rechtshängig sind und eine Entscheidung des Ober- Fällen allen Beteiligten unter Angabe der Gründe
versicherungsamts oder des Versorgungsgerichts vorher mitzuteilen. Diese können sich noch binnen
nicht vorliegt, gehen sie auf die Sozialgerichte über. eines Monats nach Zustellung der Mitteilung äußern.
Nr. 33 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 28. August 1958 639
§ 217 (4) Wird das Ersuchen um Rechtshilfe von
(1) Bis zu einer einheitlichen Regelung durch die einem Sozialgericht abgelehnt, so entscheidet
Bundesrechtsanwaltsordnung sind Verwaltungs- das Landessozialgericht."
rechtsräte als Prozeßbevollmächtigte vor dem Bun-
3. In § 1572 wird Absatz 2 durch folgende Ab-
dessozialgericht zugelassen.
sätze 2 bis 5 ersetzt:
(2) Als Verwaltungsrechtsrat gilt auch der, der
,, (2) Zuständig ist das Versicherungsamt, in
auf Grund der vorgeschriebenen Prüfungen die
dessen Bezirk der Versicherte zur Zeit des
Fähigkeit zum höheren Verwaltungsdienst hat und
Antrags seinen Wohnsitz oder in Ermange-
dem das Auftreten vor den Gerichten der Verwal-
lung dessen seinen Aufenthaltsort hat oder
tungsgerichtsbarkeit allgemein gestattet ist.
beschäftigt ist.
§ 218 (3) Bei erstmaliger Bewilligung einer Hinter-
(1) Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 bliebenenrente ist der Wohnsitz oder in Er-
Abs. 1 des Dritten Uberleitungsgesetzes vom 4. Ja- mangelung dessen der Aufenthaltsort der
nuar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Witwe oder des Witwers maßgebend. Ist eine
Berlin. Rechtsverordnungen, die auf Grund der in Witwe oder ein Witwer nicht vorhanden, so
diesem Gesetz enthaltenen Ermächtigungen erlassen ist das Versicherungsamt örtlich zuständig, in
werden, gelten im Land Berlin nach § 14 des Dritten dessen Bezirk die jüngste Waise im Geltungs-
Uber lei tungsgesetzes. bereich dieses Gesetzes ihren Wohnsitz oder
in Ermangelung dessen ihren Aufenthaltsort
(2) Soweit in Bezeichnungen dieses Gesetzes die
hat; sind nur Eltern oder Großeltern vorhan-
Oberversicherungsämter genannt werden, tritt im
den, so ist das Versicherungsamt örtlich zu-
Land Berlin an deren Stelle das Sozialversicherungs-
ständig, in dessen Bezirk die Eltern oder Groß-
amt Berlin.
eltern ihren Wohnsitz oder in Ermangelung
(3) § 214 findet im Land Berlin keine Anwendung.
dessen ihren Aufenthaltsort haben. Bei ver-
(4) § 215 Abs. 1 Satz 1 ist crnf die bei Inkrafttreten schiedenem Wohnsitz oder Aufenthaltsort der
dieses Gesetzes beim Landesversorgungsamt Berlin Eltern- oder Großelternteile gilt der im Gel-
im Einspruchsverfahren der Kriegsopferversorgung tungsbereich dieses Gesetzes gelegene Wohn-
anhängigen Fälle entsprechend anzuwenden. sitz oder Aufenthaltsort des anspruchsberech-
(5) Die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes beim tigten Ehemannes oder geschiedenen Mannes.
Bezirks-Berufungsausschuß und der Spruchkammer (4) Hat der Versicherte seinen Wohnsitz oder
für Arbeitslosenversicherung des Sozialversiche- Aufenthaltsort außerhalb des Geltungsbereichs
rungsamts Berlin und beim Versorgungsgericht dieses Gesetzes, so ist das Versicherungsamt
Berlin anhängigen Fälle gehen auf das Sozialgericht des letzten Wohnsitzes oder in Ermangelung
über.
dessen des letzten Aufenthalts- oder des letz-
(6) Die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bei dem ten Beschäftigungsorts innerhalb des Geltungs-
Spruchausschuß des Sozialversicherungsamts Berlin bereichs dieses Gesetzes zuständig. Ist danach
und dem Oberversorgungsgericht Berlin anhängigen keine Zuständigkeit gegeben, so ist der Sitz
Fälle gehen auf das Landessozialgericht über. des Betriebs maßgebend, in dem der Ver-
sicherte beschäftigt ist oder zuletzt beschäftigt
§ 219
war.
Die Länder Berlin, Bremen, Hamburg und (5) Sind nach der Regelung in den Absätzen 2
Schleswig-Holstein können Abweichungen von den bis 4 mehrere Vesicherungsämter zuständig,
Vorschriften des § 85 Abs. 2 Nr. 1 zulassen. so gebührt dem der Vorzug, das zuerst an-
§ 220
gegangen wird."
Die Reichsversicherungsordnung wird wie folgt 4. In § 1574 Abs. 1 und 2 werden die Worte
geändert: „der Zivilprozeßordnung 11
durch die Worte
1. § 759 erhält folgende Fassung: ,, des Sozialgerichtsgesetzes ersetzt.
II
,,§ 759 5. § 1576 erhält folgende Fassung:
Soweit der Einspruch auf die Voraussetzun- ,,§ 1576
gen des § 757 Abs. 2 gegründet wird und die
Ist das Versicherungsamt um die Verneh-
Genossenschaft ihn nicht als berechtigt an-
mung von Zeugen oder Sachverständigen er-
erkennt, entscheidet auf Klage das Sozial-
sucht worden und verweigert ein Zeuge oder
gericht darüber, welcher Genossenschaft der
Sachverständiger unter Angabe von Gründen
Entgelt nachzuweisen ist; es hebt eine ab-
die Abgabe des Zeugnisses oder Gutachtens,
weichende Feststellung der Beiträge auf."
so ist das Ersuchen um Rechtshilfe an das zu-
2. In § 1571 erhalten Absatz 2 und 4 folgende ständige Sozialgericht weiterzuleiten. 11
Fassung:
,, (2) Sollen Zeugen und Sachverständige im 6. § 1577 erhält folgende Fassung:
Wege der Rechtshilfe eidlich vernommen wer- ,,§ 1577
den, so kann nur ein Sozialgericht ersucht (1) Gegen Zeugen oder Sachverständige, die
werden. Uber die Notwendigkeit der Beeidi- sich nicht einfinden oder ihre Aussage ohne
gung entscheidet der ersuchte Richter end- Angabe eines Grundes verweigern, kann eine
gültig. Ordnungsstrafe fö Geld verhängt werden.
640 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1958, Teil I
. (2) Die Slrnfo V<)rhüngt das Versicherungs- neue Prüfung beantragt oder vorgenommen
arnt." werden, wenn
7. § 1613 Abs. 3 erhült folgende Fassung: 1. eine Urkunde, auf die sich der Ver-
,, (3) Die Versicherungsanstalt stellt den Sach- waltungsakt stützt, fälschlich angefer-
verhalt klar. Sie kann ein Versicherungsamt tigt oder verfälscht war,
oder ein Sozialgericht um eine Beweisauf- 2. durch Beeidigung eines Zeugnisses
nahme ersuchen, um eidliche Vernehmung nur oder eines Gutachtens, auf die sich
ein Sozialgericht. § 1571 Abs. 2 Satz 2 und der Verwaltungsakt stützt, der Zeuge
Abs. 4, § 1617 Abs. 3 gelten entsprechend." oder Sachverständige vorsätzlich oder
8. § 1613 Abs. 4 Satz 2 erhält folgende Fassung:
fahrlässig die Eidespflicht verletzt hat,
,,In diesen Fällen gelten die §§ 1617, 1618, 3. ein Beteiligter oder sein Vertreter den
1624 und 1625." Verwaltungsakt durch eine mit ge-
richtlicher Strafe bedrohte Handlung
9. § 1614 erhält folgende Fassung: erwirkt hat,
,,§ 1614 4. ein Beteiligter Tatsachen, die für den
Für die Zuständigkeit des Versicherungs- Erlaß des Verwaltungsakts von we-
amts gilt § 1572 Abs. 2 bis 5 entsprechend." sentlicher Bedeutung waren, wissent-
lich falsch behauptet oder vorsätzlich
10. § 1618 Abs. 2 erhält folnende Fassung: verschwiegen hat,
,, (2) Auf Antrag einer der Parteien ist das 5. ein strafgerichtliches Urteil, auf das
Gutachten nach mündlicher Erörterung unter sich der Verwaltungsakt stützt, durch
Zuziehung des Antragstellers und des Ver- ein anderes rechtskräftig gewordenes
sicherungsträgers abzugeben. Uber das Er- Urteil aufgehoben worden ist,
gebnis der mündlichen Erörterung ist eine 6. ein Beteiligter nachträglich eine Ur-
Niederschrift aufzunehmen. In diesem Falle kunde, die einen ihm günstigeren
gelten die§§ 1617, 1618, 1624 und 1625."
Verwaltungsakt herbeigeführt haben
11. In§ 1624 Abs. 1 und 2 ist das Wort „Verhand- würde, auffindet oder zu benutzen
lung" durch das Wort „Erörterung" zu ersetzen. instandgesetzt wird.
12. § 1625 erhält folgende Fassung: (2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 bis 4
kann eine neue Prüfung vorgenommen werden,
,,§ 1625
wenn
Das Ve,rsicherungsamt übersendet die Nieder-
1. wegen der strafbaren Handlung eine
schrift über das Ergebnis der mündlichen Er-
rechtskräftige strafgerichtliche Ver-
örterung und das Gutachten dem Versicherungs-
urteilung ergangen ist,
träger (§ 1630)."
2. ein gerichtliches Strafverfahren aus
13. § 1626 Abs. 1 Satz 3 erhält folgende Fassung: anderen Gründen als wegen Mangels
,,Die §§ 1617, 1618, 1624 und 1625 gelten als- an Beweis nicht eingeleitet oder nicht
dann entsprechend." durchgeführt werden konnte."
14. § 1626 Abs. 2 erhält folgende Fassung:
§ 221
,, (2) Für die Zuständigkeit des Versicherungs-
amts gilt § 1572 Abs. 2 bis 5 entsprechend." Die Verordnung über Geschäftsgang und Ver-
fahren der Versicherungsämter vom 24. Dezember
15. In § 1626 Abs. 3 ist das Wort „Verhandlung" 1911 in der Fassung vom 21. Dezember 1922 und
durch das Wort „Erörterung" zu ersetzen. 14. Dezember 1923 (Reichsgesetzbl. 1911 S. 1107;
16. § 1628 erhält folgende Fassung: 1922 I S. 956; 1923 I S. 1199) wird wie folgt geändert:
,,§ 1628
In §§ 88, 90, 92 Abs. 1 und § 93 wird das Wort
,,Verhandlung" durch das Wort „Erörterung" ersetzt.
(l) Ist die Vorbereitung und Begutachtung
der Sache Organen von Sonderanstalten über-
§ 222
tragen, so gelten die §§ 1617, 1618, 1624 bis
1627 entsprechend. (weggefallen)
(2) Sollen Zeugen oder Sachverständige eid-
lich vernommen werden, so gelten der § 1571 § 223
Abs. 2 bis 4 und die §§ 1573, 1574, 1576 bis 1579 § 26 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über die Beschäfti-
entsprechend." gung Schwerbeschädigter vom 16. Juni 1953 (Bundes-
17. In § 1738 fallen die Worte „ von dem Reichs- gesetzbl. I S. 389) erhält folgende Fassung:
versicherungsamt (Landesversicherungsamt)" ,,Die Anfechtungsklage bei den Gerichten der Sozial-
weg. gerichtsbarkeit kann auch von einer Dienststelle im
Sinne des § 3 Abs. 1 Buchstabe a oder von einem
18. § 1744 .erhält folgende Fassung:
Betrieb erhoben werden, der zum Geschäftsbereich
,,§ 1744 des Bundesministers für Verkehr oder des Bundes-
(1) Gegenüber einem bindenden Verwal- ministers für das Post- und Fernmeldewesen ge-
tungsakt eines Veq,icher·ungsträgers kanri eine hört."
Nr. 33 -- Tag der Ausgabe: Bonn, den 28. August 1958 641
§ 224 10. die nach § 84 Abs. 3 des Bundesversor-
(1) Dieses Gesetz tritt, soweit es sich um Maß- gungsgesetzes aufrechterhaltenen Vor-
nahmen zu seiner Durchführung handelt, mit dem schriften, soweit sie das Spruchverfahren
Tage seiner Verkündung, im übrigen am 1. Januar betreffen, insbesondere
1954 in Km ft. *) a) die in § 84 Abs. 2 des Bundesversor-
(2) Mit dem Tage der Verkündung tritt § 9 des gungsgesetzes genannten Gesetze und
Gesetzes über die Selbstverwdltung und über Ände- Verordnungen, soweit sie das Spruch-
rungen von Vorschriften auf dem Gebiet der Sozial- verfahren betreffen,
versicherung (Selbstverwaltungsgesetz) in der Fas- b) das Gesetz über das Verfahren in Ver-
sung vom 13. August 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 427) sorgungssachen in der Fassung vom
außer Kraft. 2. November 1934 (Reichsgesetzbl. I
s. 1113),
(3) Mit dem 1. Januar 1954 werden alle Vor-
schriften früherer Gesetze und Verordnungen, di~ c) das badische Landesgesetz über das
denselben Gegenstand regeln, aufgehoben, soweit Verfahren in Versorgungssachen vom
sie nicht bereits außer Kraft getreten sind, ins- 15. März 1950 (Badisches Gesetz- und
besondere Verordnungsblatt S. 156),
1. §§ 40 bis 58, 59 Abs. 2 und 3, §§ 61 bis 81, 11. die zur Änderung, Ergänzung und Durch-
83 bis 109, 254, 358, 705, 705 a, 754 a Abs. 2, führung der unter Nummer 10 genannten
§ 758 Abs. 3 und 4, § 1179 Abs. 2, §§ 1575, Vorschriften ergangenen Bestimmungen,
1615, 1617 Abs. 1 Halbsatz 2, §§ 1619, 1621,
1622, 1636 bis 1734, 1736 bis 1737 a, 1738 a, 12. §§ 1 bis 72, '96 bis 99 der Verordnung
1740, 1741, 1771 bis 1805 der Reichsver- über Geschäftsgang und Verfahren der
sicherungsordnung, Versicherungsämter vom 24. Dezember
1911 in der Fassung vom 21. Dezember
2. Artikel 42 des Dritten Gesetzes über Än- 1922 und 14. Dezember 1923 (Reichsge-
derungen in der Unfallversicherung vom
setzbl. 1911 S.·1107; 1922 I S. 956; 1923 I
20. Dezember 1928 (Reichsgesetzbl. I S. 405) s. 1199),
und die zu seiner Durchführung ergange-
nen Bestimmungen, 13. die Verordnung über Geschäftsgang und
3. § 48 Abs. 3, §§ 131 bis 141, 143 bis 145, 147 Verfahren der Oberversicherungsämter
bis 167 des Angestelltenversicherungs- vom 24. Dezember 1911 in der Fassung
gesetzes in der Fassung vom 28. Mai 1924 vom 14. Dezember 1923 (Reichsgesetzbl.
(Reichsgesetzbl. I S. 563), 1911 S. 1095; 1923 I S. 1199),
4. § 2 Abs. 4 Satz 2, §§ 192, 193 Abs. 2 und 3, 14. die Verordnung über Geschäftsgang und
§ 194 Satz 2, §§ 195, 199 bis 202 des Reichs- Verfahren des Reichsversicherungsamts
knappschaftsgesetzes, vom 24. Dezember 1911 (Reichsgesetzbl.
5. § 165a Abs.2, § 168 Abs.4 Satz 3 und 4,
s. 1083),
§§ 178 bis 180 a, 184 Abs. 1 Satz 3 und 15. die Verordnung betreffend die Gebühren
Abs. 2, §§ 187 bis 194, 195 Abs. 2, §§ 196, 259 der Rechtsanwälte im Verfahren vor den
Abs. 2, § 266 des Gesetzes über Arbeits- Versicherungsbehörden vom 24. Dezember
vermittlung und Arbeitslosenversicherung, 1911 in der Fassung der Verordnungen
6. § 26 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes über die über Rechtsanwaltsgebühren im Verfahren
Beschäftigung Schwerbeschädigter vom vor den Versicherungsbehörden vom
16. Juni 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 389), 14. Dezember 1923 und 12. Dezember 1924
(Reichsgesetzbl. 1911 S. 1094; 1923 I S. 1198;
7. das Gesetz Nr. 56 über die Errichtung 1924 I S. 775),
eines Bayerischen Landesversicherungs-
amts vom 2. September 1946 (Bayerisches 16. die Verordnung über Errichtung von Aus-
Gesetz- und Verordnungsblatt 1947 S. 11), schüssen und Kammern für Angestellten-
versicherung vom 21. Dezember 1922 in_
8. das Gesetz Nr. 714 über Zuständigkeiten der Fassung der Verordnung vom 28. März
und Verfahren in der Sozialversicherung 1924 (Reichsgesetzbl. 1922 I S. 963; 1924 I
vom 26. Januar 1948 (Regierungsblatt der s. 410),
Regierung Württemberg-Baden S. 40),
9. §§ 48 bis 50 des Gesetzes über die Errich- 17. §§ 1 bis 13, 24 bis 26 der Verfahrensord-
nung für die Ausschüsse der Angestellten-
tung einer Bundesanstalt für Arbeitsver-
mittlung und Arbeitslosenversicherung versicherung vom 21. Dezember 1922 in der
Fassung des Artikels II der Verordnung
vom 10. März 1952 (Bundesgesetzbl. I
S. 123), vom 14. Dezember 1923 (Reichsgesetzbl.
1922 I S. 956; 1923 I S. 1199),
*) Die Vorschrift betrifft das lnkrafftrelcn des Gesetzes in der Fassung 18. die Verfahrensordnung für die Kammern
vom 3. September 1053. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens der der Angestelltenversicherung vom 21. De-
späteren Anderunqcn enJibt. sich trns den in der vorangestellten
Bckann1machunq niihcr bezcichnclcn Vorschriften. zember 1922 in der Fassung cies Artikels
642 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1958, Teil I
IV der Verordnung vom 14. Dezember 1923 20. die Grundsätze für die Erstattung der
(Reichsgesetzbl. 1922 I S. 959; 1923 I S. 1199), Kosten der Spruchbehörden der Angestell-
19. die Verfahrensordnung der Senate für An- tenversicherung vom 24. März 1924 in der
gestelltenversicherung vom 12. Januar 1923 Fassung vorn 10. November 1926 (Reichs-
in der Fassung des Artikels III der Ver- gesetzbl. 1924 I S. 372; 1926 I S. 488),
ordnung vom 14. Dezember 1923 und des
Artikels VI Nr. 4 der Verordnung vorn 21. die Gebührenordnung für das Reichsver-
15. März 1924 (Reichsgesetzbl. 1923 I S. 56; sicherungsamt vorn 22. April 1924 (Reichs-
1924 I S. 280), gesetzbl. I S. 419).
Nr. 33 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 28. August 1958 643
Verkündungen im Bundesanzeiger.
Gemäß § 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Verkündung von Rechtsverordnungen vom 30. Januar 1950
(Bundesgesetzbl. S. 23) wird auf folgende im Bundesanzeiger verkündete Rechtsverordnungen nachrichtlich
hingewiesen:
Verkündet im Tag des
Bezeichnung der Verordnung Bundesanzeiger Inkraft-
Nr. vom tretens
Verordnung TS Nr. 8/58 über Tarife für den Güterfernverkehr
mit Kraftfährzeuqcn (Militi:irgütcrverkehr). Vom 13. August
1958. 158 20.8.58 1. 9. 58
Verordnung TS Nr. D/58 über Tarifbestimmungen für den
Güterfernverkehr mit Kraftfahrzeu9en zwischen der Bundes-
republik Deutschland und Berlin. Vom 21. August 1958. 161 ~3.8.58 1. 9. 58
644 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1958, Teil I
Sammlung des Bundesremfs
(Bundesgesetzblatt Teil III)
Herausgegeben vom Bundesminister der Justiz
gemäß Gesetz über die Sammlung des Bundesrechts vom 10. Juli 1958
(Bundesgesetzbl. I S. 437)
Neuveröffentlichung aller Rechtsvorschriften, die bei der Bereinigung
des Bundesrechts als fortgeltend erachtet werden, nach Sachgebieten
geordnet, in der jeweils gültigen Fassung.
Die Sammlung wird in folgende 9 Hauptsachgebiete gegliedert:
1. Staats- und Verfassungsrecht
2. Verwaltung
3. Rechtspflege
4. Zivil- und Strafrecht
5. Verteidigung
6. Finanzwesen
7. Wirtschaftsrecht
8. Arbeitsrecht, Sozialrecht, Versorgung
9. Verkehrswesen, Post- und Fernmeldewesen
Jedes I Iauptsach~:1ebiet wird aus mehreren Teillieferungen zusammengehöriger Unter-
gruppen bestehen. Die Untergliederung des jeweiligen Hauptsachgebiets ist auf der
letzten Umschlagseile jeder Lieferung abgedruckt.
Aus9d1end von der ursprünglichen Fassung jeder Vorschrift sind alle Änderungen,
Neufossungen und Teilaufhebungen im Text berücksichtigt. Jede solche Änderung ist
. in einer Fußnote unter Angabe der Verkündungsstelle der ändernden Vorschrift belegt.
Jst eine Vorschrift amtlich neu gefaßt, so geht die Bearbeitung von dieser Neufassung aus.
Voraussichtlicher Umfang der Sammlung etwa 4000 bis 5000 Blatt. Die Sammlun,9" wird
auch nach Abschluß der Bereinigung durch Obersichten fortgeführt, die die Verände-
rungen in dem einzelnen Sachgebieten jeweils zum 1. Januar des laufenden Kalender-
jahres darstellen, bei wesentlichen Änderungen des Inhalts einzelner Lieferungen auch
durch Neuauflagen nach dem jüngsten Stand.
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Sammlung des Bundesrechts, Bundesgesetzblatt Teil III, Köln 1, Postfach
Die Sammlung kann im Abonnement nur für alle Rechtsgebiete bezogen werden. Der
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sandkosten. Eine Abonnementsbestellung bei der Post ist nicht möglich. Rechnungsertei-
lung erfolgt postnumerando durch den Verlag nach dem Umfang der gelieferten Hefte.
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