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Bundesgesetzblatt
Teill
1957 Ausgegeben zu Bonn am 20. August 1957 Nr. 47
Tag I n h alt : Seite
'1.7. 7. 57 Zweites Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Bundesvertriebenengesetzes (2. ÄndG BVFG) 1207
14. 8. 57 Neufassung des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge
(Bundesvertriebenengesetz - BVFG)..................................................... 1215
Zweites Gesetz
zur Änderung und Ergänzung des Bundesvertriebenengesetzes
(2. ÄndG BVFG).
Vom 27. Juli 1957.
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundes- 3. nach Abschluß der allgemeinen Ver-
rates das folgende Gesetz beschlossen: treibungsmaßnahmen die zur Zeit
unter fremder Verwaltung stehen-
Artikel I den deutschen Ostgebiete, Danzig,
Das Bundesvertriebenengesetz vom 19. Mai 1953 Estland, Lettland, Litauen, die So-
(Bundesgesetzbl. I S. 201} in der Fassung des Ersten wjetunion, Polen, die Tschechoslowa-
Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bundes- kei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien,
vertriebenengesetzes vom 3. August 1954 (Bundes- Jugoslawien, Albanien oder China
gesetzbl. I S. 231) wird wie folgt geändert und verlassen hat oder verläßt, es sei
ergänzt: denn, daß er erst nach dem 8. Mai
1945 einen Wohnsitz in diesen Ge-
1. § 1 wird wie folgt geändert: bieten begründet hat (Aussiedler},
a) In Absatz 1 wird Satz 3 durch folgenden Satz 4. ohne einen Wohnsitz gehabt zu
ersetzt: haben, sein Gewerbe oder seinen
„Als bestimmender Wohnsitz im Sinne von Beruf ständig in den in Absatz 1
Satz 2 ist insbesondere der Wohnsitz anzu- genannten Gebieten ausgeübt hat
sehen, an welchem die Familienangehörigen und diese Tätigkeit infolge Vertrei-
gewohnt haben." bung aufgeben mußte,
b) Absatz 2 erhält folgende Fassung: 5. seinen Wohnsitz in den in Absatz 1
,, (2) Vertriebener ist auch, wer als deut- genannten Gebieten gemäß § 10 des
scher Staatsangehöriger oder deutscherVolks- Bürgerlichen Gesetzbuchs durch Ehe-
zugehöriger schließung verloren, aber seinen
ständigen Aufenthalt dort beibehal-
1. nach dem 30.Januar 1933 die in Ab- ten hatte und diesen infolge Ver-
satz 1 genannten Gebiete verlassen treibung aufgeben mußte,
und seinen Wohnsitz außerhalb des
6. in den in Absatz 1 genannten Gebie-
Deutschen Reiches genommen hat,
weil aus Gründen politischer Geg- ten als Kind einer unter Nummer 5
fallenden Ehefrau gemäß § 11 des
nerschaft gegen den Nationalsozia-
Bürgerlichen Gesetzbuchs keinen
lismus oder aus Gründen der Rasse,
des Glaubens oder der Weltanschau- Wohnsitz, aber einen ständigen
ung nationalsozialistische Gewalt- Aufenthalt hatte und diesen infolge
Vertreibung aufgeben mußte."
maßnahmen gegen ihn verübt wor-
den sind oder ihm drohten, c) In Absatz 3 werden hinter dem Wort „Wohn-
2. auf Grund der während des zweiten sitz" die Worte eingefügt „oder in den Fällen
Weltkrieges geschlossenen zwischen- des Absatzes 2 Nr. 5 als Ehegatte eines deut-
staatlichen Verträge aus außerdeut- schen Staatsangehörigen oder deutschen
schen Gebieten oder während des Volkszugehörigen den ständigen Aufenthalt".
gleichen Zeitraumes auf Grund von
Maßnahmen deutscher Dienststellen d} Folgend.er Absatz 4 wird angefügt:
aus den von der deutschen Wehr- ,,(4) Wer infolge von Kriegseinwirkungen
macht besetzten Gebieten umgesie- Aufenthalt in den in Absatz 1 genannten
delt worden ist (Umsiedler}, Gebieten genommen hat, ist jedoch nur dann
1208 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1957, Teil I
Vertriebener, wenn aus den Umständen her- (West) seinen ständigen Aufenthalt
vorgeht, daß er sich auch nach dem Kriege in hatte oder unter 'Nummer 2 oder 3
diesen Gebieten ständig niederlassen wollte." fällt, oder
2. § 2 wird wie folgt geändert: 5. als Sowjetzonenflüchtling gemäß § 3
a) In Absatz 1 zweiter Halbsatz werden hinter oder
den Worten „Gesamtheit der" die Worte ein- 6. nach Zuzug aus dem Ausland bis
gefügt „in§ 1 Abs. 1 genannten". zum Inkrafttreten des Zweiten Ge-
b) In Absatz 2 werden die Worte „nach dem setzes zur Änderung und Ergänzung
31. Dezember 1937 geborener" gestrichen. des Bundesvertriebenengesetzes,
wenn die hierfür im Geltungsbereich
3. § 3 wird wie folgt geändert:
des Grundgesetzes oder in Berlin
a) In Absatz 1 wird folgender Satz 3 eingefügt: (West) bestehenden Vorschriften
„Eine besondere Zwangslage ist auch bei beachtet worden sind und der Auf-
einem schweren Gewissenskonflikt gegeben." enthalt im Ausland im Anschluß an
Der bisherige Satz 3 wird Satz 4. die Vertreibung genommen worden
b) Absatz 2 erhält folgende Fassung: war."
,, (2) § 1 Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 2 Nr. 4 b) Folgender Absatz 4 wird angefügt:
bis 6, Abs. 3 und 4 ist sinngemäß anzu- ,,(4) Die Voraussetzung des Absatzes 1 gilt
wenden." auch dann als erfüllt, wenn der Vertriebene
4. § 4 Abs. 2 erhält folgende Fassung: 1. am 31. Dezember 1952 seinen stän-
digen Aufenthalt im Ausland hatte
,, (2) § 1 Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 2 Nr. 1, 4 bis 6 1
und
Abs. 3 und 4 ist sinngemäß anzuwenden."
2. nachweislich sich rechtzeitig vor
5. § 10 wird wie folgt geändert: diesem Zeitpunkt bemüht hat, sei-
a} Absatz 2 erhält folgende Fassung: nen ständigen Aufenthalt im Gel-
tungsbereich des Grundgesetzes oder
,, (2) Ohne Rücksicht auf den in Absatz 1
in Berlin (West) zu nehmen, an der
genannten Stichtag kann ein Vertriebener
tatsächlichen Aufenthaltnahme aber
Rechte und Vergünstigungen in Anspruch
dadurch gehindert war, daß ihm
nehmen, wenn er im Geltungsbereich des
die zur Aus- oder Einreise erforder-
Grundgesetzes oder in Berlin (West) seinen
lichen Urkunden nicht rechtzeitig
ständigen Aufenthalt genommen hat
ausgehändigt worden sind, und
1. als nach dem 31. Dezember 1952 ge- 3. nach Aushändigung dieser Urkun-
borenes Kind eines zur Inanspruch- den unverzüglich seinen ständigen
nahme von Rechten und Vergünsti- Aufenthalt im Geltungsbereich des
gungen berechtigten Vertriebenen Grundgesetzes oder in Berlin (West)
oder genommen hat."
2. spätestens sechs Monate nach dem 6. In § 11 Nr. 2 werden die Worte „nach der Ver-
Zeitpunkt, in dem er die zur Zeit treibung" durch die Worte ersetzt „im Vertrei-
unter fremder Verwaltung stehen- bungsgebiet oder".
den deutschen Ostgebiete oder das
1. § 12 Abs. 1 Satz 1 wird durch die Worte ergänzt
Gebiet desjenigen Staates, aus dem
"und seine Rechtsstellung als Deutscher im
er vertrieben oder ausgesiedelt
Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes ver-
worden ist, verlassen hat, wobei
liert".
nicht mitgerechnet werden Zeiten,
in denen ein Vertriebener nach Ver- 8. § 13 wird wie folgt geändert:
lassen eines der in § 1 Abs. 2 Nr. 3 a.) In Absatz 1 werden folgende Sätze angefügt:
bezeichneten Staaten, aus dem er „ Unberührt bleiben die Vorschriften des
vertrieben oder ausgesiedelt wor- Ersten Abschnittes sowie des § 70 Abs. 1 bis 4
den ist, in einem anderen der dort und de,r §§ 71, 81 bis 90 und 92 bis 97 dieses
bezeichneten Staaten sich aufgehal- Gesetzes. Unberührt bleiben ferner die Ver-
ten hat, oder günstigungen nach § 91, soweit es sich um die
3. als Heimkehrer nach den Vorschrif- Rückzahlung von Fürsorgeleistungen handelt,
ten des Heimkehrergesetzes vom die vor der Erteilung des Ausschließungs-
19. Juni 1950 (Bundesgesetzbl. S. 221) vermerks empfangen wurden. Unberührt
in seiner jeweils geltenden Fassung bleiben auch steuerr,echtliche Vergünstigun-
oder gen, die sich auf die Zeit vor der Erteilung
des Ausschließungsvermerks beziehen, soweit
4. im Wege der Familienzusammen-
nicht in anderen Vorschriften eine günstigere
führung gemäß § 94 Abs. 2 Nr. 1
Regelung getroffen ist."
bis 4, vorausgeset:z;.t, daß er mit
einem Angehörigen zusammenge- b) Absatz 3 erhält folgende Fassung:
führt wird, der schon am 31. De- ,, (3) Dber die Beendigung der Inanspruch-
zember 1952 im Geltungsbereich nahme von Rechten und Vergünstigungen
des Grundgesetzes oder in Berlin gemäß Absatz 1 und 2 entscheiden die zentra-
Nr. 47 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. August 1957 1209
len Dienststellen der Länder (§ 21) oder die ständige Behörde. Solange sich ein Vertrie-
von ihnen bestimmten Behörden. Der Ver- bener oder Sowjetzonenflüchtling in einem
triebene oder Sowjetzonenflüchtling ist ver- Gast- oder Durchgangslager befindet, be-
pflichtet, diesen Dienststellen auf Verlangen stimmt die Regierung des Landes, in welchem
die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und das Lager gelegen ist, die zuständige Be-
Unterlagen vorzulegen. Gelangt die zentrale hörde."
Dienststelle oder die von ihr bestimmte Be- c) Folgender Absatz 3 wird angefügt:
hörde zu der Auffassung, daß die Beendigung
der Gewährung von Rechten und Vergünsti- 11 (3) Die zuständige Behörde erhebt von
gungen nach diesem Gesetz geboten sei, so Amts wegen die erforderlichen Beweise.
hat sie auf Antrag des Betroffenen vor der Wenn sie init Rücksicht auf die Bedeutung
Entscheidung einen Ausschuß zu hören, der einer Aussage eine eidliche Vernehmung für
aus dem Behördenleiter oder einem Stell- geboten erachtet, so ist das Amtsgericht um
vertreter als Vorsitzendem und zwei Bei- die eidliche Vernehmung zu ersuchen. Hier-
sitzern besteht; einer der Beisitzer ist auf bei sind die Tatsachen und Vorgänge anzu-
Vorschlag der von der zentralen Dienststelle geben, über welche die Vernehmung erfolgen
des Landes anerkannten Verbände der Ver- soll. Die Vorschriften des Gerichtsverfassungs-
triebenen oder Sowjetzonenflüchtlinge zu gesetzes und der Zivilprozeßordnung sind
berufen; hinsichtlich der Berufung und Amts- sinngemäß anzuwenden. Das Amtsgericht
dauer der Beisitzer gilt § 25 sinngemäß. Die entscheidet über die Rechtmäßigkeit , der
für die Gewährung von Rechten und Vergün- Verweigerung des Zeugnisses, des Gut-
stigungen zuständigen Stellen sind berech- achtens oder der Eidesleistung; die Entschei-
tigt, deren Beendigung zu beantragen." dung kann nicht angefochten werden."
9. § 15 wird wie folgt geändert: 11. § 17 erhält folgende Fassung:
,,§ 17
a) In Absatz 2 Nr. 3 wird nach dem Wort Ver- II
triebene" das Wort (Heimatvertriebene) u
11
Ablehnender Bescheid
gestrichen. Wird die Ausstellung des Ausweises oder die
Eintragung eines Vermerks gemäß § 15 Abs. 3
b) Folgender Absatz 3 wird eingefügt:
abgelehnt oder der Ausweis gemäß § 15 Abs. 4
II (3) Liegen bei einem Vertriebenen die besonders gekennzeichnet, so ist dem Antrag-
Voraussetzungen des § 3 vor, so ist auf An- steller ein schriftlicher, mit Gründen versehener
trag der Ausweis A oder B durch einen ent- Bescheid zu erteilen."
sprechenden Vermerk zu kennzeichnen."
Der bisherige Absatz 3 wird Absatz 4. 12. In § 18 wird vor dem Wort „Voraussetzungen"
das Wort „tatsächlichen" eingefügt.
c) Folgender Absatz 5 wird angefügt:
II (5) Die Entscheidung über die Ausstellung 13. § 20 erhält folgende Fassung:
des Ausweises ist für alle Behörden und ,,§ 20
Stellen verbindlich, die für die Gewährung Rechtsmittel
von Rechten oder Vergünstigungen als Ver- Wird die Ausstellung des Ausweises oder die
triebener oder Sowjetzonenflüchtling nach Eintragung eines Vermerks gemäß § 15 Abs. 3
diesem oder einem anderen Gesetz zuständig abgelehnt, der Ausweis eingezogen oder für un-
sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Ent- gültig erklärt oder ein Vermerk gemäß § 15
scheidung der zuständigen Behörde über die Abs. 4 oder § 19 eingetragen, so sind dagegen
Ausstellung des Ausweises nicht für gerecht- die Rechtsbehelfe und Rechtsmittel nach den in
fertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder den Ländern geltenden Vorschriften zulässig."
Aufhebung durch die Ausstellungsbehörde
beantragen. Wenn diese dem Antrag nicht 14. § 23 wird wie folgt geändert:
entsprechen will, so entscheidet darüber die a) In Absatz 1 wird das Wort „vierzehn" durch
gemäß § 21 errichtete zentrale Dienststelle das Wort sechzehn" ersetzt und an Stelle des
II
oder die von dieser bestimmte Behörde des Wortes „und" hinter den Worten „private
Landes, in welchem der Ausweis ausgestellt Fürsorge" ein Komma gesetzt. Die Worte „je
worden ist." zwei Vertretern der Spitzenorganisationen
10. § 16 wird wie folgt geändert: der Arbeitgeber und Arbeitnehmer" werden
ersetzt durch die Worte „zwei Vertretern der
a) Die Uberschrift wird ergänzt durch die Worte Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und
,, und Verfahren". zwei Vertretern der Spitzenorganisationen
b) Absatz 1 erhält folgende Fassung: der Arbeitnehmer".
11 (1) Den Ausweis stellen auf Antrag die b) Folgender Absatz 2 wird angefügt:
von den zentralen Dienststellen der Länder ,, (2) Für jedes Mitglied des Beirates kann
(§ 21) bestimmten Behörden aus. In den
ein Stellvertreter berufen werden."
Fällen, in welchen ein Vertriebener oder
Sowjetzonenflüchtling seinen Wohnsitz oder Der bisherige Absatz 2 wird Absatz 3.
ständigen Auf enthalt im Ausland hat, be- 15. In § 24 Satz 1 werden hinter den Worten „bei
stimmt die Regierung des Landes, in welchem dem Bundesminister für Vertriebene" die Worte
die Bundesregierung ihren Sitz hat, die zu- eingefügt „und ihre Stellvertreter".
1210 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1957, Teil I
16. § 36 wird wie folgt geändert: 3. für die Ansetzung auf Moor- und
a) Nummer 3 erhält folgende Fassung: Odland und Rodungsflächen die
„3. Der Erwerber oder Pächter darf nicht mit Mittel für die Beihilfen· nach § 43."
dem Veräußerer oder Verpächter in b) Folgender Absatz 2 wird eingefügt:
gerader Linie verwandt sein. Das gilt ,, (2) Die Mittel, die auf Grund des Ab-
nicht, wenn der Veräußerer oder Ver- satzes 1 bereitgestellt worden sind oder
pächter nach dem Flüchtlingssiedlungs- werden, fließen dem Zweckvermögen bei der
gesetz vom 10. August 1949 (WiGBI. Deutschen Siedlungsbank zu."
S. 231) oder nach den Vorschriften dieses Die bisherigen Absätze 2 bis 6 werden Ab-
Titels in die Landwirtschaft eingegliedert sätze 3 bis 7.
ist."
21. § 47 wird wie folgt geändert:
• b) Folgende Nummer 4 wird angefügt:
a) Absatz 1 erhält folgende Fassung:
„4. Der Pächter darf nicht der Ehegatte des
Verpächlers sein." 11 (1) In den Fällen der §§ 42 bis 45 und
bei Anwendung des Absatzes 2 werden auf
17. In§ 41 wird hinter den Worten „gewährt werden" dem Gebiete des Steuer- und Abgabenrechts
das Semikolon und der anschließende letzte Vergünstigungen nach §§ 48 bis 56 insoweit
Halbsatz gestrichen. gewährt, als der Einheitswert des veräußer-
18. § 42 wird wie folgt geändert: ten oder verpachteten Betriebes, Betriebs-
teils oder Grundstücks (§ 42) oder bei Zu-
a) In Satz 1 wird hinter den Worten „gewährt
kauf oder Zupachtung der Einheitswert des
werden" das Komma und der anschließende
von dem Erwerber oder Pächter unter Ein-
letzte Halbsatz des Satzes 1 gestrichen.
schluß der zugekauften oder zugepachteten
b) Satz 2 erhält folgende Fassung: Fläche insgesamt bewirtschafteten Betriebes
„Es können in besonderen Fällen an Stelle 80 000 Deutsche Mark nicht übersteigt. Diese
oder neben Darlehen auch Beihilfen gewährt Wertgrenze gilt nicht für die Veräußerung
werden." von Betrieben, Betriebsteilen oder Grund-
19. § 44 wird wie folgt geändert: stücken im Rahmen eines ordentlichen Sied-
lungsverfahrens und für· den Fall des
a) In Absatz 1 werden die Worte „und der Be- Absatzes 3. 11
trieb, Betriebsteil oder die Grundstücke die
b) Folgender Absatz 2 wird eingefügt:
in § 36 Abs. 1 Nr. 3 vorgeschriebene Wert-
grenze nicht übersteigt" gestrichen. 11 (2) Bei dem Erwerb des Gesamthand-
eigentums nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 werden die
b) Absatz 1 Nr. 1 erhält folgende Fassung:
Vergünstigungen auf dem Gebiete des
,, 1. die Entstehung des Gesamthandeigen- Steuer- und Abgabenrechts für den ganzen
tums an einem Betrieb, Betriebsteil oder zu dem Gesamthandeigentum gehörenden
Grundstück durch die Vereinbarung der Betrieb, Betriebsteil oder für das ganze zum
Gütergemeinschaft (§§ 1415 ff. des Bür- Gesamthandeigentum gehörige Grundstück
gerlichen Gesetzbuchs) zugunsten eines gewährt. Bei Erwerb des Miteigentums nach
Ehegatten, der Vertriebener oder Sowjet- § 44 Abs. 1 Nr. 2 werden die Vergünstigun-
zonenflüchtling ist,". . gen auf dem Gebiete des Steuer- und Ab-
c) In Absatz 2 werden hinter den Worten „Ab- gabenrechts gewährt
satzes 1" die Worte „Nr. l" und hinter den 1. für den ganzen Betrieb, an dem das
Worten „oder Beihilfen" die Worte „bis zu Miteigentum zugunsten des Ver-
der in § 42 vorgesehenen Höhe" gestrichen. triebenen oder Sowjetzonenflücht-
20. § 46 wird wie folgt geändert: lings begründet wird, wenn das
a) Absatz 1 erhält folgende Fassung: Miteigentum mindestens zur Hälfte
dem Vertriebenen oder Sowjet-
,, (1) Die für die Zwecke dieses Titels er-
zonenflüchtling übertragen wird,
forderlichen Mittel einschließlich von Mitteln
für die Vorbereitung, Durchführung und 2. nur für den übertragenen Miteigen-
Sicherung der Eingliederung stellt der Bund tumsanteil, wenn das Miteigentum
zur Verfügung. Er stellt insbesondere zur mit weniger als zur Hälfte an den
Durchführung eines von der Bundesregie- Vertriebenen oder Sowjetzonen-
rung jährlich aufzustellenden Siedlungspro- flüchtling übertragen wird."
gramms zusätzlich zu den von den Ländern Die bisherigen Absätze 2 und 3 werden
aufzubringenden finanziellen Leistungen bis Absätze 3 und 4. Der bisherige Ab-
zu einer underweitigen bundesgesetzlichen satz 4 wird gestrichen.
Regelung, soweit die haushaltsmäßige Dek- 22. In § 48 werden hinter den Worten „so rechnen
kung beschafft werden kann, bereit die die Worte eingefügt während der Bewirt-
II
II
l. für die Neusiedlung jährlich 100 schaftung durch den Erwerber oder Pächter, seine
11
Millionen Deutsche Mark, Familienangehörigen oder Erben fälligen •
2. zur Förderung der in §§ 42, 44 und 23. In § 49 Nr. 2 werden im letzten Satz die Worte
45 f(~stgelegtcn Zwecke jährlich 100 ,,§47 Abs.2" durch die Worte ,,§47 Abs.3"
Millionen Deutsche Mark, ersetzt.
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24. In § 50 Abs. 1 werden im letzten Satz die Worte d) Der bisherige Absatz 3 wird Absatz 4; er
„Nr. 3" und „des Erbfalles" gestrichen, der erhält folgende Fassung:
Schlußpunkt durch ein Komma ersetzt und die 11 (4) Vorschriften, in denen für die Zulas-
Worte eingefügt „an dem die genannten Rechts- sung zu einem Gewerbezweig Höchstzahlen
verhältnisse oder Tatbestände zugunsten des festgesetzt werden, die unter der Zahl der
Vertriebenen oder Sowjetzonenflüchtlings be- bisherigen Zulassungen liegen, finden auf
gründet werden oder entstehen." Vertriebene und Sowjetzonenflüchtlinge, die
25. In § 51 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt: vor der Vertreibung in diesem Gewerbezweig
tätig waren, keine Anwendung, sofern die
,,Satz 3 gilt im Falle des § 44 Abs. 1 Nr. 1 ent-
persönlichen Voraussetzungen für die Zu-
sprechend, wenn die Ehe geschieden, aufgehoben lassung gegeben sind."
oder für nichtig erklärt worden ist; im Falle der
Auflösung der Ehe durch Tod gilt Satz 3 mit der e) Folgender Absatz 5 wird angefügt:
Maßgabe, daß die Vierteljahresbeträge erlassen 11 (5) Diese Bestimmungen finden keine An-
werden, die innerhalb von zwölf Jahren nach der wendung, wenn und solange der Anteil der
Entstehung des in § 44 Abs. 1 Nr. 1 genannten Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlinge in
Rech lsverhäl tnisses fällig werden." dem Beruf oder Gewerbe dem Verhältnis
entspricht, in dem die Zahl der Vertriebenen
26. In § 52 Abs. 3 wird hinter den Worten „ver- und Sowjetzonenflüchtlinge zur Gesamtzahl
pachtet wird" das Semikolon und der anschlie- der Bevölkerung des Landes steht."
ßende letzte Halbsatz gestrichen.
30. § 70 erhält folgende Fassung:
27. In§ 54 Satz 3 werden die Worte „Nr. 3" und „des
Erbfalles" gestrichen, der Schlußpunkt durch ein 11§ 70
Komma ersetzt und die Worte „an dem die Zulassung zur Kassenpraxis
genannten Rechtsverhältnisse oder Tatbestände (1) Vertriebene und Sowjetzonenflüchtlinge,
zugunsten des Vertriebenen oder Sowjetzonen- die vor dem 4. September 1939 als Arzte, Zahn-
flüchtlings begründet werden oder entstehen; ärzte oder Dentisten zur Kassenpraxis zugelassen
§ 51 Abs. 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwen- waren oder denen in der Zeit vom 4. September
den." angefügt. 1939 bis zum 8. Mai 1945 die Teilnahme an der
Im letzten Satz wird nach den Worten „Satz 1 Kassenpraxis als Arzt, Zahnarzt oder Dentist
und Satz 2" das Semikolon und der anschließende gestattet war und die bis zum 31. Dezember 1952
letzte Halbsatz gestrichen. ihren ständfgen Aufenthalt im Geltungsbereich
des Grundgesetzes oder in Berlin (West) ge-
28. § 67 erhält folgende Fassung:
nommen haben, gelten weiterhin als zur Kassen-
,,§ 67 praxis zugelassen. Sie haben sich innerhalb einer
Finanzierungsrichtlinien Frist von drei Monaten nach dem Inkrafttreten
Die Richtlinien für die Gewährung von Dar- dieses Gesetzes bei dem für den Ort ihres stän-
lehen und Beihilfen, für die Verwendung des digen Aufenthalts zuständigen Zulassungsaus-
Zweckvermögens (§ 46 Abs. 2), für die Freistel- schuß zwecks Wiederaufnahme der Kassenpraxis
lung der Länder (§ 46 Abs. 7) und für die Rege- zu melden.
lung der Entschädigung (§ 61 Abs. 3) erläßt der (2) Der Zulassungsausschuß hat Ärzten, Zahn-
Bundesminister für Er_nährung, Landwirtschaft ärzten und Dentisten, die sich gemäß Absatz 1
und Forsten im Einvernehmen mit den Bundes- gemeldet haben, unverzüglich einen Tätigkeits-
ministern der Finanzen und für Vertriebene." bereich ohne Rücksicht auf die Zahl der im Zu-
lassungsbezirk bereits Zugelassenen und ohne
29. § 69 wird wie folgt geändert:
Anrechnung auf die Verhältniszahl zuzuweisen.
a) In Absatz 1 werden im zweiten Halbsatz (3) Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 finden auch
nach den Worten „in einem solchen" die Anwendung auf Vertriebene und Sowjetzonen-
Worte „ oder ähnlichen" eingefügt. flüchtlinge, die vor der Vertreibung oder Flucht
Der letzte Satz wird gestrichen. zur Ausübung eines Berufes als Arzt, Zahnarzt
b) Folgender Absatz 2 wird eingefügt: oder Dentist befugt waren und nach bundes-
oder landesrechtlichen Vorschriften umgesiedelt
,, (2) Die bevorzugte Berücksichtigung gilt
wurden oder werden, wenn sie am bisherigen
bei der Zulassung oder Erlaubnis für mehrere
Aufenthaltsort zur Kassenpraxis zugelassen
Berufe oder Gewerbezweige für jede früher
waren oder wenn ihnen die Teilnahme an der
ausgeübte Tätigkeit, bei mehreren gleich-
Kassenpraxis als Arzt, Zahnarzt oder Dentist
artigen Zulassungen oder Genehmigungen
gestattet war, mit der Maßgabe, daß die Melde-
für einen angemessenen Teil derselben."
frist für nach Inkrafttreten dieses Gesetzes Um-
c) Der bisherige Absatz 2 wird Absatz 3; er gesiedelte mit der Aufenthaltnahme im neuen
erhält folgende Fassung: Zulassungsbezirk beginnt.
,, (3) Die Absätze 1 und 2 finden auch (4) Gegen die Entscheidung des Zulassungs-
Anwendung auf Personen, bei denen eine ausschusses gemäß den Absätzen 1 bis 3 kann
Vereidigung in Verbindung mit einer Be- der Antragsteller von den für das Zulassungs-
dürfnisprüfung die Voraussetzung für die verfahren vorgesehenen Rechtsmitteln Gebrauch
Berufsausübung bildet." machen.
1212 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1957, Teil I
(5) Im übrigen sind Vertriebene und Sowjet- b) In Absatz 2 wird die Jahreszahl „ 1957" durch
zonenflüchtlinge, die vor der Vertreibung zur die Jahreszahl „ 1960 ersetzt.·
11
Ausübung eines Berufes als Arzt, Zahnarzt oder c) In Absatz 3 Satz 1 werden hinter den Worten
Dentist befugt waren, bei sonst gleichen Bedin- "oder Pächter" die Worte eingefügt „oder in
gungen bevorzugt zuzulassen. Das gilt nicht, einem sonstigen Nutzungsrechtsverhältnis".
wenn und solange der Anteil der Vertriebenen
und Sowjetzonenflüchtlinge in diesen Berufen 35. § 79 Abs. 1 Nr. 2 erhält folgende Fassung:
dem Verhältnis entspricht, in dem die Zahl der .,2. an denen Vertriebene oder Sowjetzonen-
Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlinge zur flüchtlinge mit mindestens der Hälfte des
Gesamtzahl der Bevölkerung des Landes steht." Kapitals beteiligt sind, sofern diese Beteili-
gung und eine Mitwirkung an der Geschäfts-
31. In § 72 Abs. 3 erhält Satz 1 folgende Fassung: führung für mindestens sechs Jahre sicher~
„Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für gestellt sind, oder".
Unternehmen, an denen Vertriebene oder 36. In § 80 Abs. 3 wird der Text in der Klammer
Sowjetzonenflüchtlinge , mit mindestens der hinter dem Wort „Wohnungsbau" wie folgt
Hälfte des Kapitals beteiligt sind, sofern diese gefaßt:
Beteiligung und eine Mitwirkung an der Ge- ,, §§ 29 ff. des Zweiten Wohnungsbaugesetzes
schäftsführung für mindestens sechs Jahre vom 27. Juni 1956 - Bundesgesetzbl. I S. 523 11
•
sichergestellt sind." 37. In § 82 wird folgender Satz 2 angefügt:
32. In § 73 Abs. 1 werden die Worte „Gesetzes zur „Dies gilt auch für Vertriebene, die nach der
Änderung und Ergänzung des Einkommensteuer- Bestimmung des § 10 Rechte und Vergünstigun-
gesetzes vom 19. Mai 1953 (Bundesgesetzbl. I gen nicht in Anspruch nehmen können. 11
11
S. 222) gestrichen und dafür die Worte ein-
38. In § 88 Abs. 1 werden hinter den Worte 1 „ver-
gefügt „Einkommensteuergesetzes in seiner
loren haben" die Worte „oder darüber nicht ver-
jeweils geltenden Fassung".
fügen können" eingefügt.
33. § 74 wird wie folgt geändert: 39. § 93 wird wie folgt geändert:
a) In der Uberschrift und im Absatz 1 Satz 1 a) In Absatz 1 werden nach den Worten „Be-
werden die Worte „öffentlichen Aufträgen" rufes notwendigen" die Worte eingefügt
durch die Worte ersetzt „Aufträgen durch die „oder für den Nachweis ihrer Befähigung
öffentliche Hand 11
• zweckdienlichen".
b) Absatz 1 Satz 2 erhält folgende Fassung• b) Absatz 2 erhält folgende Fassung:
„Entsprechendes gilt für Unternehmen, an ,, (2) Voraussetzung für die Ausstellung
denen Vertriebene oder Sowjetzonenflücht- der Bescheinigung gemäß Absatz 1 ist die
linge mit mindestens der Hälfte des Kapitals glaubhafte Bestätigung
beteiligt sind, sofern diese Beteiligung und 1. durch schriftliche, an Eides Statt ab-
eine Mitwirkung an der Geschäftsführung zugebende Erklärung einer Person,
für mindestens sechs Jahre sichergestellt die auf Grund ihrer früheren dienst-
sind." lichen Stellung im Bezirk des An-
c) Folgender Absatz 3 wird angefügt: tragstellers von der Ablegung der
,, (3) Bei der Vergabe von Aufträgen an Prüfung oder dem Erwerb des Be-
Optiker, Orthopäden und Bandagisten durch fähigungsnachweises Kenntnis hat,
die Träger der sozialen Krankenversicherung oder
sind Vertriebene und Sowjetzonenflüchtlinge 2. durch schriftliche, an Eides Statt ab-
bei sonst gleichen Bedingungen in angemes- zugebende Erklärungen von zwei
senem Umfange zu berücksichtigen." Personen, die von der Ablegung der
Prüfung oder dem Erwerb des Be-
34. § 75 wird wie folgt geändert:
fähigungsnachweises eigene Kennt-
a) Absatz 1 erhält folgende Fassung: nis haben."
,, (1) Bei Maßnahmen, die die Erzeugung c) Absatz 5 erhält folgende Fassung:
oder die Zu- und Verteilung von Gütern, ,, (5) Zuständig für die Entgegennahme von
Leistungen und Zahlungsmitteln für gewerb- Erklärungen an Eides Statt gemäß Absatz 2
liche Zwecke kontingentieren oder in anderer sind die für die Ausstellung der Bescheini-
Weise beschränken, haben die zuständigen gungen gemäß Absatz 1 zuständigen und die
Behörden und Organisationen der Wirtschaft von den Ländern hierzu bestimmten Behör-
die Betriebe der Vertriebenen und Sowjet- den und Stellen."
zonenflüchtlinge unter Berücksichtigung ihrer
besonderen Lage angemessen zu beteiligen. 40. § 94 Abs. 2 wird wie folgt geändert:
Entsprechendes gilt für Unternehmen, an a) Die Nummer 3 erhält folgende Fassung:
denen Vertriebene oder Sowjetzonenflücht- ,.3. von hilfsbedürftigen Eltern zu Kindern;
linge mit mindestens der Hälfte des Kapitals dabei sind im Verhältnis zwischen Eltern
beteiligt sind, sofern diese Beteiligung und und Kindern auch Schwiegerkinder zu
eine Mitwirkung an der Geschäftsführung berücksichtigen, wenn das einzige oder
für mindestens sechs Jahre sichergestellt letzte Kind verstorben oder verschollen
sind." ist, 11
•
Nr. 47 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. August 1957 1213
b) Die Nummer 4 erhält folgende Fassung: 1. nach dem 30. Januar 1933 die in Absatz 1
„4. von volljährigen hilfsbedürftigen Kindern genannten Gebiete verlassen und seinen
zu den Eltern oder volljährigen Kindern Wohnsitz außerhalb des Deutschen
zu hilfsbedürftigen Eltern,". Reiches genommen hat, weil aus Gründen
politischer Gegnerschaft gegen den
c) Folgende neue Nummern werden angefügt: Nationalsozialismus oder aus Gründen
,, 7. von volljährigen, in Ausbildung stehen- der Rasse, des Glaubens oder der Welt-
den Kindern zu den Eltern, anschauung nationalsozialistische Ge-
8. von Eltern zu Kindern oder, wenn Enkel waltmaßnahmen gegen ihn verübt
vorhanden sind, zu Schwiegerkindern, worden sind oder ihm drohten,
9. von Geschwistern zueinander, wenn ein 2. auf Grund der während des zweiten
Teil hilfsbedürftig ist, Weltkrieges geschlossenen zwischen-
staatlichen Verträge aus außerdeutschen
10. von Schwiegerkindern zu hilfsbedürftigen
Gebieten oder während des gleichen
Schwiegereltern."
Zeitraumes auf Grund von Maßnahmen
41. § 96 erhält folgende Fassung: deutscher Dienststellen aus den von der
deutschen Wehrmacht besetzten Gebie-
,,§ 96 ten umgesiedelt worden ist (Umsiedler),
Pflege des Kulturgutes 3. nach Abschluß der allgemeinen Ver-
der Vertriebenen und Flüchtlinge und treibungsmaßnahmen die zur Zeit unter
Förderung der wissenschaftlichen Forschung fremder Verwaltung stehenden deut-
Bund und Länder haben entsprechend ihrer schen Ostgebiete, Danzig, Estland, Lett-
durch das Grundgesetz gegebenen Zuständigkeit land, Litauen, die Sowjetunion, Polen, die
du.s Kulturgul der Vertreibungsgebiete in dem Tschechoslowakei, Ungarn, Rumänien,
Bewußtsein der Vertriebenen und Flüchtlinge, Bulgarien, Jugoslawien, Albanien oder
des gesamten deutschen Volkes und des Aus- China verlassen hat oder verläßt, es sei
landes zu erhalten, Archive, Museen und Biblio- denn, daß er erst nach dem 8. Mai 1945
theken zu sich(~rn, zu ergänzen und auszuwerten, einen Wohnsitz in diesen Gebieten be-
sowie Einrichtungen des Kunstschaffens und der gründet hat (Aussiedler),
Ausbildung sicherzustellen und zu fördern. Sie 4. ohne einen Wohnsitz gehabt zu haben,
haben Wissenschaft und Forschung bei der Er- sein Gewerbe oder seinen Beruf ständig
füllung der Aufgaben, die sich aus der Vertrei- in den in Absatz 1 genannten Gebieten
bung und der Eingliederung der Vertriebenen ausgeübt hat und diese Tätigkeit infolge
und Flüchtlinge ergeben, sowie die Weiterent- Vertreibung auf geben mußte,
wi-cklung der Kulturleistungen der Vertriebenen
und Flüchtlinge zu fördern. Die Bundesregierung 5. seinen Wohnsitz in den in Absatz 1 ge-
berichtet jährlich dem Bundestag über das von nannten Gebieten gemäß § 10 des
ihr Veranlaßte." Bürgerlichen Gesetzbuchs durch Ehe-
schließung verloren, aber seinen ständi-
42. In § 100 Nr. 1 erhält § 11 des Lastenausgleichs- gen Aufenthalt dort beibehalten hatte
gesetzes folgende Fassung: und diesen infolge Vertreibung aufgeben
mußte,
,, § 11
6. in den in Absc).tz 1 genannten Gebieten
Vertriebener
als Kind einer unter Nummer 5 fallenden
(1) Vertriebener ist, wer als deutscher Staats- Ehefrau gemäß § 11 des Bürgerlichen Ge-
angehöriger oder deutscher Volkszugehöriger setzbuchs keinen Wohnsitz, aber einen
seinen Wohnsitz in den zur Zeit unter fremder ständigen Aufenthalt hatte und diesen
Verwaltung stehenden deutschen Ostgebieten infolge Vertreibung aufgeben mußte.
oder in den Gebieten außerhalb der Grenzen des
Deutschen Reiches nach dem Gebietsstande vom (3) Als Vertriebener gilt auch, wer, ohne selbst
31. Dezember 1937 hatte und diesen im Zu- deutscher Staatsangehöriger oder deutscher
sammenhang mit den Ereignissen des zweiten Volkszugehöriger zu sein, als Ehegatte eines
Weltkrieges infolge Vertreibung, insbesondere Vertriebenen seinen Wohnsitz oder in den
durch Ausweisung oder Flucht, verloren hat. Fällen des Absatzes 2 Nr. 5 als Ehegatte eines
Bei mehrfachem Wohnsitz muß derjenige Wohn- deutschen Staatsangehörigen oder deutschen
sitz verloren gegangen sein, der für die persön- Volkszugehörigen den ständigen Aufenthalt in
lichen Lebensverhältnisse des Betroffenen be- den in Absatz 1 genannten Gebieten verloren
stimmend war. Als bestimmender Wohnsitz im hat.
Sinne von Satz 2 ist insbesondere der Wohnsitz (4) Wer infolge von Kriegseinwirkungen Auf-
anzusehen, an welchem die Familienangehörigen enthalt in den in Absatz 1 genannten Gebieten
gewohnt haben.
genommen hat, ist jedoch nur dann Vertriebener,
(2) Vertriebener ist auch, wer als deutscher wenn aus den Umständen hervorgeht, daß er sich
Staatsangehöriger oder deutscher Volkszuge- auch nach dem Kriege in diesen Gebieten ständig
höriger niederlassen wollte."
1214 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1957, Teil I
43. In§ 101 Nr. 1 erhält § 1 Abs. 2 des Notaufnahme- (2) Der ständige Aufenthalt im Saarland ist auch
gesetzes folgende Fassung: dann als Aufenthalt im Geltungsbereich des Grund-
,, (2) Diese besondere Erlaubnis darf Personen
gesetzes im Sinne des § 10 anzusehen, wenn er vor
nicht verweigert werden, die aus den in Ab- dem 1. Januar 1957 begründet wurde.
satz 1 genannten Gebieten flüchten mußten, um (3) Rechte und Vergünstigungen· können gemäß
sich einer von ihnen nicht zu vertretenden und § 10 Abs. 2 Nr. 6 auch bei Zuzug nach dem dort be-
durch die politischen Verhältnisse bedingten stimmten Zeitpunkt dann in Anspruch genommen
besonderen Zwangslage zu entziehen, und dort werden, wenn bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes
nicht durch ihr Verhalten gegen die Grundsätze ein Einbürgerungsantrag auf Grund des § 9 des Ge-
der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit ver- setzes zur Regelung von Fragen der Staatsangehörig-
stoßen haben. Eine besondere Zwangslage ist keit vom 22. Februar 1955 (Bundesgesetzbl. I S. 65)
vor allem dann gegeben, wenn eine unmittel- gestellt worden ist, die Einbürgerung daraufhin
bare Gefahr für Leib und Leben oder die per- erfolgt und der Vertriebene unverzüglich seinen
sönliche Freiheit vorgelegen hat. Eine besondere ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Grund-
Zwangslage ist auch bei einem schweren Gewis- gesetzes oder in Berlin (West) nimmt.
senskonflikt gegeben. Wirtschaftliche Gründe
allein begründen keinen Rechtsanspruch auf Er- Artikel III
teilung der besonderen Erlaubnis nach Absatz 1." Der Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge
und Kriegsgeschädigte wird ermächtigt, den Wortlaut
44. In § 104 Abs. 2 werden hinter dem Wort „vor- des Bundesvertriebenengesetzes in der neuen Fas-
behaltlich" die Worte eingefügt „des§ 15 Abs. 5 sung bekanntzumachen, die sich aus den Änderungen
und". und Ergänzungen in Artikel I und im Ersten Gesetz
45. § 105 erhält folgenden Absatz 2: zur Änderung und Ergänzung des Bundesvertrie-
benengesetzes vom 3. August 1954 (Bundesgesetzbl. I
,, (2) Für die Einziehung oder Ungültigkeits-
S. 231) ergibt.
erklärung der in Absatz 1 genannten Länder-
ausweise gilt § 18 entsprechend." A rtik e 1 IV
(1) Dieses Gesetz· gilt nach Maßgabe des § 12
Der bisherige Text wird Absatz 1.
Abs. 1 und des § 13 Abs. 1 des Dritten Uberleitungs-
gesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1)
Artikel II auch im Land Berlin.
(1) Soweit Vertriebene und Sowjetzonenflüchtlinge (2) Dieses Gesetz gilt nicht im Saarland.
erst durch die Neufassung des § 70 Abs. 1 weiterhin
als zur Kassenpraxis zugelassen gelten, beginnt die Artikel V
in dieser Bestimmung gesetzte Meldefrist von drei Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkün-
Monaten mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes. dung in Kraft.
Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet.
Bonn, den 27. Juli 1957.
Der Bundespräsident
Theodor Heuss
Der Stellvertreter des Bundeskanzlers
Blücher
Der Bundes mini s t er für V er trieben e,
Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte
Dr. Oberländer
Der Bundesminister des Innern
Dr. Schröder
Der Bundesminister der Justiz
von Merkatz
Für den Bundesminister der Finanzen
Der Bundesminister der Justiz
von Merkatz
Für den Bundesminister für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten
Der Bundesminister der Justiz
von Merkatz
Nr. 47 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. August 1957 121-5
Bekanntmachung der Neufassung des Gesetzes
über die Angelegenheiten der Vertriebene1' und Flüchtlinge
(Bundesvertriebenengesetz - BVFG).
Vom 14. August 1957.
Auf Grund des Artikels III des Zweiten Gesetzes
zur Änderung und Ergänzung des Bundesvertriebe-
nengesetzes (2. ÄndG BVFG) vom 27. Juli 1957
(Bundesgesetzbl. I S. 1207) wird nachstehend der
Wortlaut des Bundesvertriebenengesetzes vom
19. Mai 1953 (Bundesgesetzbl. I. S. 201) in der nun-
mehr geltenden Fassung bekanntgemacht. Bei der
Anwendung sind Artikel II und IV des 2. ÄndG
BVFG zu beachten.
Bonn, den 14. August 1957.
Der Bundesminister für Vertriebene,
Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte
Dr. Oberländer
Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge
(ßundesvertriebenengesetz - BVFG)
in der Fassung vom 14. August 1957.
Inhaltsübersicht
§§ §§
ERSTER ABSCHNITT: Ausschluß bei Erwerb einer fremden Staats-
angehörigkeit ............................ . 12
Allgemeine Bestimmungen 1-20 Beendigung der Inanspruchnahme von Rech-
ten und Vergünstigungen ................. • 13
Erster Titel:
B egri ffsb es ti mm ungen 1-8 Dritter Titel:
Vertriebener ............................. . 1 Erweiterung des Personenkreises .. 14
Heimatvertriebener ....................... . 2 Ermächtigung ............................ . 14
Sowjetzonenflüchtling ..................... . 3
Sowjetzonenflüchtlingen gleichgestellte Per- Vierter Titel:
sonen .................................... . 4
Ausweise 15-20
Verwendung des Wortes „Vertreibung" .... . 5
Volkszugehörigkeit ....................... . 6 Zweck und Arten der Ausweise ........... . 15
Nach der Vertreibung geborene oder legiti- Zuständigkeit und Verfahren ............. . 16
mierte Kinder ............................ . 7 Ablehnender Bescheid .................... . 17
Heirat und Annahme an Kindes Statt ..... . 8 Einziehung und Ungültigkeitserklärung .... . 18
Vermerk über die Beendigung der Inanspruch-
nahme von Rechten und Vergünstigungen . . 19
Z w e i t er T i t e 1 :
Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
Voraussetzungen für die Inan s p r u ch-
n ahme von Rechten und Vergünsti-
gungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9-13 ZWEITER ABSCHNITT:
Ständiger Aufenthalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Behörden und Beiräte ..................... 21-25
Stichtag für Vertriebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Erster Titel:
Ausschluß von Nutznießern und Personen,
die gegen die Grundsätze der Menschlichkeit
Behörden . .. .. .. . . .. .. . . .. . . .. ... . . .. .. . 21
oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen haben . . . 11 Landesflüchtlingsverwaltungen ............. 21
1216 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1957, Teil I
§§ §§
Zweiter Titel: Befreiung von der Vermögens- und Hypothe-
Beiräte ................................. 22-25 kengewinnabgabe bei der Veräußerung von
Grundstücken in Berlin (West) . . . . . . . . . . . . . 56
Bildung und Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
Aufhebung von Mietverhältnissen : . . . . . . . . . 57
Zusammensetzung des Beirates bei dem Bun-
desminister für Vertriebene . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Aufhebung eines Pacht- oder sonstigen Nut-
zungsverhältnisses bei freiwilliger Landabgabe 58
Berufung und Amtsdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
Rechtsbehelfe und Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . 59
Zusammensetzung der Beiräte bei den zen-
tralen Dienststellen der Länder . . . . . . . . . . . . 25 Besitzeinweisung ..... ~ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
... Entschädigung des bisherigen Nutzungsberech-
tigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • . . . . . . . 61
DRITTER ABSCHNITT: Inanspruchnahme von G~bäuden und, Land . . 62
Eingliederung der Vertriebenen und Flüdlt- Verfahren . . . . . . . • . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • 63
linge ..................................... 26-81 Entsprechende Anwendung von Vorschriften
des Reichssiedlungsgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . 64
Erster Titel: Ausschluß des Vorkaufsrechts der Siedlungs-
Umsiedlupg ............................ 26-34 unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • . . • 65
Änderung des Reichssiedlungsgesetzes . . . . . • 66
Begriff und Zweck ........ : . . . . . . . . . . . . . . . . 26
Finanzierungsrichtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
Freiwilligkeft . . . . . . . . . . . . . . . • . . . . . . . . . . . . . 27
Verwaltungsanordnungen der Länder 68
Beteiligung der Berufs- und Personengruppen 28
Berücksichtigung persönlicher Verhältnisse . . 29
Dritter Titel:
Berücksichtigung besonderer Verhältnisse in
den Ländern . . . . . . . . . . . . . . . . • . . . . . . . . . . . . . 30 Zulassung zur Berufs- und Gewerbe-
Entlastung der mit Vertriebenen und Flücht- ausübung ...............-................ 69-71
lingen überbelegten Länder ... , . . . . . . . . . . . . 31 Allgemeine Vorschriften >. . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
Sonstige Umsiedlung von Land zu Land . . . . . 32 Zulassung zur Kassenpraxis .... : .. ·......••• 70
Umsiedlung innerhalb eines Landes . . . . . . . . 33 Eintragung in die Handwerksrolle . . . . . . . . . . 71
Einzelweisungen 34
Vierter Titel:
Zweiter Titel:
Förderung selbständig Erwerbstäti-
Landwirtschaft 35-68 , g_er .......... ; ........................... 72-76
Grundsatz . . . . . . . . . . . . • . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Kredite, Zi_nsverbilligungen, Bürgschaften und
Voraussetzungen für die Eingliederung . . . . . 36 Teilhaberschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
Mitwirkung der Siedlungsbehörde . . . . . . . . . . 37 Steuerliche Vergünstigungen und Beihilfen . . 73
Beteiligung an der Neusiedlung· . . . . . . . . . . . . 38 Vergabe von Aufträgen durch die öffentliche
Hand . . . .. . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . .. .. . . .• 74
Auslaufe.nde und wüste Höfe . . . . . . . . . • . . . . • 39
Kontingente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • • 75
Moor-, Odla!ld und Rodungsflädlen . . . • • . • • 40
Vermietung, Verpachtung und Ubereignung
Darlehen und' Beihilfen bei Neusiedlung . . • • 41 durch die öffentliche Hand . . . . . . . . • . . . . . . • • 76
Darlehen und Beihilfen bei Ubemahme be-
stehender landwirtschaftlicher Betriebe .. , . . 42
Fünfter Titel:
Beihilfen bei Ansetzung auf Moor-, Odland
oder Rodungsflächen . . . . . . . . . . . . . • . . . . . . . . . 43 Förderung unselbständig Erwerbs-
Einheirat und Erwerb von Todes wegen . . . . . 44 täti.ger ..•...........................••.. 77-79
Pachtverlängerung und Begründung eines son- Arbeiter und Angestellte . . . . . . . . . . . • . . • • . . 77
stigen Nutzungsverhältnisses . . . . . . . . . . . • . . • 45 Lehrstellen und Ausbildungsstellen sonstiger
Bereitstellung der Mittel . . . . . . . . . . . • . • . . . • 46 Art ............................. ... :....... 78
Vergünstigungen für den Landabgeber auf Dauerarbeitsplätze 79
dem Gebiete des Steuer- und Abgabenrechts 47
Sechster Titel:
Vergünstigungen bei der Einkommensteuer.. 413
Vergünstigungen bei ,_der Erbschaftsteuer • . • 49 Sonstige Vorschriften 80-81
Befreiung von der Vermögensabgabe bei der Wuhnraumversorgung .................... . 80
Veräußerung .......................... _... . 50 Nichtanwendung beschränkender Vorschriften 81
Fortfall der Befreiung von der Vermögens-
abgabe bei Rückerwerb durch den Veräußerer 51
VIERTER ABSCHNITT:
Fortfall der Befreiung von der Vermögens-
abgabe bei Veräußerung durch den Erwerber 52 Einzelne Red:ttsverhältnisse 82-95
Befreiung von der Vermögensabgabe bei der - Erster Ti t e-1:
Verpachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
Schuldenq!gelung für Vertriebene
Befreiung von der Hypothekengewinnabgabe
bei der Veräußerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
und Sow j etzo nenfl üch tlinge ....... • 82-89
Befreiung von der Vermögens- und Hypothe- Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
kengewinnabgabe bei Veräußerung vor dem Vertragshilfeverfahren auf Antrag des Gläu-
Inkrafttreten dieses Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . 55 bigers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • 83
y.
Nr. 47 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. August 1957 1217
§§ §§
Antragsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 FUNFTER ABSCHNITT:
Juristische Personen und Handelsgesellschaf- Kultur, Forschung und Statistik . . . . . . . . . . . . 96-97
ten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
Pflege des Kulturgutes der Vertriebenen und
Frühere gerichtliche Entscheidungen und Ver- Flüchtlinge und Förderung der wissenschaft-
gleiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 lichen Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96
Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 Statistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
Regelung für Sowjetzonenflüchtlinge . . . . . . . 88
Erledigung anhängiger Verfahren . . . . . . . . . . 89 SECHSTER ABSCHNITT:
Strafbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98-99
,zweiter Ti t e 1 : Erschleichung von Vergünstigungen ....... . 98
S o z i a 1 r e c h t 1 i c h e A n g e 1 e g e n h e i t e n . 90-91 Pflichtverletzung von Verwaltungsangehöri-
gen .................................... • • • 99
Sozialversicherung 90
Ersatz von Fürsorgekosten 91 SIEBENTER ABSCHNITT:
Ubergangs- und Schlußbestimmungen 100-107
Dritter Titel:
.Änderung des Lastenausgleichsgesetzes . . . . 100
Pr ü f u n gen u n d Ur kund e n . . . . . . . . . . . . 92-93 .Änderung des Notaufnahmegesetzes . . . . . . . . 101
Anerkennung von Prüfungen . . . . . . . . . . . . . . 92 Aufhebung des Flüchtlingssiedlungsgesetzes. 102
Ersatz von Urkunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 Aufhebung von landesrechtlichen Vorschrif-
ten •,•.................. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
Vierter Titel: Verhältnis zum sonstigen Bundes- und Lan-
desrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
Sonstige Vorschriften 94-95 Weitergeltung der bisherigen Ausweise ... . 105
Familienzusammenführung . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 Verwaltungsvorschriften .................. . 106
Unentgeltliche Beratung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 Anwendung des Gesetzes im Land Berlin .. . 107
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundes- genommen hat, weil aus Gründen politi-
rates das folgende Gesetz beschlossen: scher Gegnerschaft gegen den National-
sozialismus oder aus Gründen der Rasse,
ERSTER ABSCHNITT des Glaubens oder der Weltanschauung
nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen
Allgemeine Bestimmungen gegen ihn verübt worden sind oder ihm
drohten,
ERSTER TITEL
2. auf Grund der während des zweiten Welt-
Begriffsbestimmungen krieges geschlossenen zwischenstaatlichen
Verträge aus außerdeutschen Gebieten oder
§ 1
während des gleichen Zeitraumes auf Grund
Vertriebener von Maßnahmen deutscher Dienststellen
(1) Vertriebener ist, wer als deutscher Staatsan- aus den von der deutschen Wehrmacht be-
gehöriger oder deutscher Volkszugehöriger seinen setzten Gebieten umgesiedelt worden ist
Wohnsitz in den zur Zeit unter fremder Verwaltung (Umsiedler),
stehenden deutschen Ostgebieten oder in den Ge- 3. nach Abschluß der allgemeinen Vertrei-
bieten außerhalb der Grenzen des Deutschen Rei- bungsmaßnahmen die zur Zeit unter frem-
ches nach dem Gebietsstande vom 31. Dezember 1937 der Verwaltung stehenden deutschen Ost-
hatte und diesen im Zusammenhang mit den Ereig- gebiete, Danzig, Estland, Lettland, Litauen,
nissen des zweiten Weltkrieges infolge Vertreibung, die Sowjetunion, Polen, die Tschechoslowa-
insbesondere durch Ausweisung oder Flucht, ver- kei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Jugo-
loren hat. Bei mehrfachem Wohnsitz muß derjenige slawien, Albanien oder China verlassen hat
Wohnsitz verlorengegangen sein, der für die per- oder verläßt, es sei denn, daß er erst nach
sönlichen Lebensverhältnisse des/ Betroffenen be- dem 8. Mai 1945 einen Wohnsitz in diesen
stimmend war. Als bestimmender Wohnsitz im Sinne Gebieten begründet hat (Aussiedler),
von Satz 2 ist insbesondere der Wohnsitz anzu- 4. ohne einen Wohnsitz gehabt zu haben, sein
sehen, an welchem die Familienangehörigen ge- Gewerbe oder seinen Beruf ständig in den
wohnt haben. in Absatz 1 genannten Gebieten ausgeübt
(2) Vertriebener ist auch, wer als deutscher hat und diese Tätigkeit infolge Vertrei-
Staatsangehöriger oder deutscher Volkszugehöriger bung aufgeben mußte,
1. nach dem 30. Januar 1933 die in Absatz 1 5. seinen Wohnsitz in den in Absatz 1 ge-
genannten Gebiete verlassen und seinen nannten Gebieten gemäß § 10 des Bürger-
Wohnsitz außerhalb des Deutschen Reiches lichen Gesetzbuchs durch Eheschließung
1218 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1957, Teil I
verloren, aber seinen ständigen Aufenthalt Gewissenskonflikt gegeben. Wirtschaftliche Gründe
dort beibehalten hatte und diesen infolge allein rechtfertigen nicht die Anerkennung als
Vertreibung aufgeben mußte, Sowjetzonenflüchtling.
6. in den in Absatz 1 genannten Gebieten als (2) § 1 Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 2 Nr. 4 bis 6,
Kind einer unter Nummer 5 fallenden Ehe- Abs. 3 und 4 ist sinngemäß anzuwenden.
frau gemäß § 11 des Bürgerlichen Gesetz-
buchs keinen Wohnsitz, aber einen ständi-
gen Aufenthalt hatte und diesen infolge § 4
Vertreibung aufgeben mußte. Sowjetzonenflüchtlingen gleichgestellte Personen
(3) Als Vertriebener gilt auch, wer, ohne selbst (1) Einern Sowjetzonenflüchtling wird gleich-
deutscher Staatsangehöriger oder deutscher Volks- gestellt ein deutscher Staatsangehöriger oder deut-
zugehöriger zu sein, als Ehegatte eines Vertriebe- scher Volkszugehöriger, der im Zeitpunkt der Be-
nen seinen Wohnsitz oder in den Fällen des Ab- setzung seinen Wohnsitz in der sowjetischen Be-
satzes 2 Nr. 5 als Ehegatte eines deutschen Staats- satzungszone oder im sowjetisch besetzten Sektor
angehörigen oder deutschen Volkszugehörigen den von Berlin gehabt und sich außerhalb dieser Ge-
ständigen Aufenthalt in den in Absatz· 1 genannten biete aufgehalten hat, dorthin jedoch nicht zurück-
Gebieten verloren hat. kehren konnte, ohne sich offensichtlich einer von
ihm nicht zu vertretenden und unmittelbaren Ge-
(4) Wer infolge von Kriegseinwirkungen Aufent- fahr für Leib und Leben oder die persönliche Frei-
halt in den in Absatz 1 genannten Gebieten ge- heit auszusetzen.
nommen hat, ist jedoch nur dann Vertriebener,
wenn aus den Umständen hervorgeht, daß er sich (2) § 1 Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 2 Nr. 1, 4 bis 6,
auch nach dem Kriege in diesen Gebieten ständig Abs. 3 und 4 ist sinngemäß anzuwenden.
niederlassen wollte.
§ 5
§ 2
Verwendung des Wortes „Vertreibung"
Heimatvertriebener
Soweit in diesem Gesetz das Wort „Vertreibung"
(1) Heimatvertriebener ist ein Vertriebener, der verwendet wird, sind hierunter auch die Tat-
am 31. Dezember 1937 oder bereits einmal vorher bestände der §§ 3 und 4 zu verstehen.
seinen Wohnsitz in dem Gebiet desjenigen Staates
hatte, aus dem er vertrieben worden ist (Vertrei-
bungsgebiet); die Gesamtheit der in § 1 Abs. 1 ge- § 6
nannten Gebiete, die am 1. Januar 1914 zum Deut- Volkszugehörigkeit
schen Reich oder zur Osterreichisch-Ungarischen
Deutscher Volkszugehöriger im Sinne dieses Ge-
Monarchie oder zu einem späteren Zeitpunkt zu
setzes ist, wer sich in seiner Heimat zum deutschen
Polen, zu Estland, zu Lettland oder zu Litauen ge-
Volkstum bekannt hat, sofern dieses Bekenntnis
hört haben, gilt als einheitliches Vertreibungsgebiet.
durch bestimmte Merkmale wie Abstammung,
(2) Als Heimatvertriebener gilt auch ein vertrie- Sprache, Erziehung, Kultur bestätigt wird.
bener Ehegatte oder Abkömmling, wenn der andere
Ehegatte oder bei Abkömmlingen ein Elternteil als
deutscher Staatsangehöriger oder deutscher Volks- § 7
zugehöriger am 31. Dezember 1937 oder bereits ein- Nach der Vertreibung
mal vorher seinen Wohnsitz im Vertreibungsgebiet geborene oder legitimierte Kinder
(Absatz 1) gehabt hat.
Kinder, die nach der Vertreibung geboren sind,
erwerben die Eigenschaft als Vertriebener oder
§ 3 Sowjetzonenflüchtling des Elternteiles, dem im Zeit-
punkt der Geburt oder der Legitimation das Recht
Sowjetzonenflüchtling
der Personensorge zustand oder zusteht. Steht
(1) Sowjetzonenflüchtling ist ein deutscher Staats- beiden Elternteilen das Recht der Personensorge zu,
angehöriger oder deutscher Volkszugehöriger, der so erwirbt das Kind die Eigenschaft als Vertriebe-
seinen Wohnsitz in der sowjetischen Besatzungs- ner oder Sowjetzonenflüchtling desjenigen Eltern-
zone oder im sowjetisch besetzten Sektor von Ber- teiles, dem im Zeitpunkt der Geburt oder der Legi-
lin hat oder gehabt hat, von dort flüchten mußte, um timation das Recht der gesetzlichen Vertr,etung zu-
sich einer von ihm nicht zu vertretenden und durch stand oder zusteht.
die politischen Verhältnisse bedingten besonderen
Zwangslage zu entziehen, und dort nicht durch sein § 8
Verhalten gegen die Grundsätze der Menschlichkeit Heirat und Annahme an Kindes Statt
oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen hat. Eine beson-
dere Zwangslage ist vor allem dann gegeben, wenn Durch Heirat oder Annahme an Kindes Statt nach
eine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben oder der Vertreibung wird die Eigenschaft als Vertrie-
die persönliche Freiheit vorgelegen hat. Eine be- bener oder Sowjetzonenflüchtling weder erworben
sondere Zwangslage ist auch bei einem schweren noch verloren.
Nr. 47 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. August 1957 1219
ZWEITER TITEL 6. nach Zuzug aus dem Ausland bis zum
Voraussetzungen für die Inanspruchnahme 20. August 1957, wenn die hierfür im Gel-
von Rechten und Vergünstigungen tungsbereich des Grundgesetzes oder in
Berlin (West) bestehenden Vorschriften be-
§ 9 achtet worden sind und der Aufenthalt im
Ständiger Aufenthalt Ausland im Anschluß ~n die Vertreibung
genommen worden war. ••J
(1) Rechte und Vergünstigungen als Vertriebener
oder Sowjetzonenflüchtling kann vorbehaltlich der (3) Die Voraussetzung des Absatzes 1 gilt als er-
§§ 10 bis 13 nur in Anspruch nehmen, wer im Gel- füllt, wenn eine Erlaubnis zum ständigen Aufent-
tungsbereich des Grundgesetzes oder in Berlin (West) halt vor dem Stichtag erteilt war, der Vertriebene
seinen ständigen Aufenthalt hat. jedoch erst nach dem Stichtag, spätestens aber in-
(2) Die Beschränkung des Absatzes 1 gilt nicht nerhalb von zwei Jahren nach Erteilung der Erlaub-
für einen Vertriebenen oder Sowjetzonenflüchtling, nis seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich
der als Angehöriger des öffentlichen Dienstes sei- des Grun~gesetzes oder in Berlin (West) genommen
nen ständigen Aufenthalt im Ausland genommen hat.
hat. (4) Die Voraussetzung des Absatzes 1 gilt auch
dann als erfüllt, wenn der Vertriebene
§ 10
1. am 31. Dezember 1952 seinen ständigen
Stichtag für Vertriebene
Aufenthalt im Ausland hatte und
(1) Rechte und Vergünstigungen als Vertriebe-
ner kann nur in Anspruch nehmen, wer bis zum 2. nachweislich sich rechtzeitig vor diesem
31. Dezember 1952 im Geltungsbereich des Grund- Zeitpunkt bemüht hat, seinen ständigen
gesetzes•) oder in Berlin (West) seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Grund;.
Aufenthalt genommen hat. gesetzes oder in Berlin (West) zu nehmen,
an der tatsächlichen Auf enthaltnahme aber
(2) Ohne Rücksicht auf den in Absatz 1 genann- dadurch gehindert war, daß ihm die zur
ten Stichtag kann ein Vertriebener Rechte und Ver- Aus- oder Einreise erforderlichen Urkun-
günstigungen in Anspruch nehmen, wenn er im Gel- den nicht rechtzeitig ausgehändigt worden
tungsbereich des Grundgesetzes oder in Berlin sind, und
(West) f,einen ständigen Aufenthalt genommen hat
3. nach Aushändigung dieser Urkunden un-
1. als nach dem 31. Dezember 1952 geborenes
verzüglich seinen ständigen Aufenthalt im
Kind eines zur Inanspruchnahme von Rech-
Geltungsbereich des Grundgesetzes oder in
ten und Vergünstigungen berechtigten Ver-
Berlin (West) genommen hat.
triebenen oder
2. spätestens sechs Monate nach dem Zeit-
punkt, in dem er die zur Zeit unter fremder
§ 11
Verwaltung stehenden deutschen Ostge-
biete oder das Gebiet desjenigen Staates, Ausschluß von Nutznießern und Personen, die gegen
aus dem er vertrieben oder ausgesiedelt die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechts-
worden ist, verlassen hat, wobei nicht mit- staatlichkeit verstoßen haben
gerechnet werden Zeiten, in denen ein Ver-
triebener nach Verlassen eines der in § 1 Rechte und Vergünstigungen als Vertriebener
Abs. 2 Nr. 3 bezeichneten Staaten, aus dem kann nicht in Anspruch nehmen, wer
er vertrieben oder ausgesiedelt worden ist,
in einem anderen der dort bezeichneten 1. nach dem 31. Dezember 1937 erstmalig Wohn-
Staaten sich aufgehalten hat, oder sitz in einem in das Deutsche Reich ein-
gegliederten, von der deutschen Wehrmacht
3. als Heimkehrer nach den Vorschriften des besetzten oder in den deutschen Einflußbereich
Heimkehrergesetzes vom 19. Juni 1950
einbezogenen Gebiet genommen und dort die
(Bundesgesetzbl. S. 221) in seiner jeweils
durch die nationalsozialistische Gewaltherr-
geltenden Fassung oder
schaft geschaff~ne Lage ausgenutzt hat oder
4. im Wege der Familienzusammenführung 2. im Vertreibungsgebiet oder in der sowjetischen
gemäß § 94 Abs. 2 Nr. 1 bis 4, vorausge- Besatzungszone oder im sowjetisch besetzten
setzt, daß er mit einem Angehörigen zu- Sektor von Berlin durch sein Verhalten gegen
sammengeführt wird, der schon am 31. De- die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechts-
zember 1952 im Geltungsbereich des Grund- staatlichkeit verstoßen hat.
gesetzes oder in Berlin (West) seinen stän-
digen Aufenthalt hatte oder unter Num-
mer 2 oder 3 fällt, oder ••) Gemäß Artikel II Abs. 3 des 2. ÄndG BVFG können Vertriebene
Rechte und Vergünstigungen auch geltend machen, wenn sie nach
5. als Sowjetzonenflüchtling gemäß § 3 oder dem 20. August 1957 aus dem Au?land z_uzi~hen, voraus,gesetzt,
daß sie vor diesem Zeitpunkt emen Emburgerungsantrag auf
Grund des § 9 des Gesetzes zur Regelung von Fragen der Staats•
•) Gemäß Artikel II Abs. 2 des 2. AndG BVFG ist der ständige angehörigkeit vom 22. Februar 1955 (~undesgesetzbl. I S. 6~) \Je•
Aufenthalt im Saarldnd auch dann als Aufenthalt im Geltungs- stellt haben, die Einbürgerung daraufhm erfolgt und der standi~e
bereich des Grund<Jesel.zes im Sinne des § 10 anzusehen, wenn er Aufenthalt im Geltungsbereich des Grundgesetzes oder. in Berlin
vor dem 1. Januar 1957 begründet wurde. (West) unverzüglich nach der Einbürgerung genommen wird.
1220 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1957, Teil I
§ 12 Vertriebenen oder Sowjetzonenflüchtlinge zu be-
rufen; hinsichtlich der Berufung und Amtsdauer der
Ausschluß bei Erwerb
einer fremtlen Staalsangehörigkeit Beisitzer gilt § 25 sinngemäß. Die für die Gewäh-
rung von Rechten und Vergünstigungen zuständigen
(1) Rechle und Vergünstigungen als Vertriebener Stellen sind berechtigt, deren Beendigung zu bean-
oder Sow jetzoncnflüchtling kann nicht in Anspruch tragen.
nehmen, wer nach der Vertreibung eine fremde
DRITTER TITEL
Staatsangchürigkeit erworben hnt oder erwirbt und
seine Rechtsstellung als Deutscher im Sinne des Ar- Erweiterung des Personenkreises
tikels 116 des Grundgesetzes verliert. Dies gilt nicht
§ 14
im Falle des § 1 Abs. 2 Nr. 1, es sei denn, daß die
fremde Staatsangehörigkeit nach Inkrafttreten dieses Ermächtigung
Gesetzes erworben wird.
Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch
(2) Erwirbt ein Vertriebener oder Sowjetzonen- Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates
flüchtling, der nach der Vertreibung eine fremde weitere Personengruppen, die von Vertreibungs-
Staatsangehörigkeit erworben hat, die deutsche oder vertreibungsähnlichen Maßnahmen betroffen
Staatsangehörigkeit, so kann er von diesem Zeit- sind oder werden, den Vertriebenen oder Sowjet-
' punkt ab Rechte und Vergünstigungen als Vertrie- zonenflüchtlingen gleichzustellen sowie Vorausset-
bener oder Sowjetzonenflüchtling in Anspruch zungen und Umfang der ihnen zu gewi:i.hrenden
Ilf~hmen, sofern die sonstigen Voraussetzungen Rechte und Vergünstigungen zu bestimmen.
dieses Titels gegeben sind.
VIERTER TITEL
§ 13 Ausweise
Beendigung der Inanspruchnahme § 15
von Rechten und Vergünstigungen
Zweck und Arten der Ausweise
(1) Rechte und Vergünstigungen als Vertriebener
oder Sowjetzonenflüchtling nach diesem Gesetz kann (1) Vertriebene und Sowjetzonenflüchtlinge er-
nicht mehr in Anspruch nehmen, wer in das wirt- halten zum Nachweis ihrer Vertriebenen- oder
schaftliche und soziale Leben in einem nach seinen Flüchtlingseigenschaft (§§ 1 bis 4) Ausweise, deren
früheren wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen Muster der Bundesminister für Vertriebene be-
zumutbaren Maße eingegliedert ist. Unberührt blei- stimmt.
ben di,e Vorschriften des Ersten Abschnittes sowie des (2) Es erhalten
§ 70 Abs. 1 bis 4 und der §§ 71, 81 bis 90 und 92 bis 97 1. Heimatvertriebene den Ausweis A,
dieses Gesetzes. Unberührt bleiben ferner die Ver-
2. Vertriebene, die nicht Heimatvertriebene
günstigungen nach§ 91, soweit es sich um die Rück-
sind, den Ausweis B,
zahlung von Fürsorgeleistungen handelt, die vor
der Erteilung des Ausschließungsvermerks empfan- 3. Sowjetzonenflüchtlinge (§§ 3 und 4), die
gen wurden. Unberührt bleiben auch steuerrecht- nicht gleichzeitig Vertriebene sind, den
liche Vergünstigungen, die sich auf die Zeit vor der Ausweis C.
Erteilung des Ausschließungsvermerks beziehen, (3) Liegen bei einem Vertriebenen die Voraus-
soweit nicht in anderen Vorschriften eine günstigere setzungen des § 3 vor, so ist auf Antrag der Aus-
Regelung getroffen ist. weis A oder B durch einen entsprechenden Vermerk
(2) Dasselbe gilt, wenn ein Vertriebener oder zu kennzeichnen.
Sowjetzonenflüchtling in die in § 1 Abs. 1 und § 3 (4) Die Ausweise derjenigen Vertriebenen und
genannten Gebiete nicht zurückkehrt, obwohl ihm Sowjetzonenflüchtlinge, die nach §§ 9 bis 12 zur
die Rückkehr dorthin möglich und zumutbar ist. Inanspruchnahme von Rechten und Vergünstigungen
(3) Dber die Beendigung der Inanspruchnahme nicht berechtigt sind, werden besonders gekenn-
von Rechten und Vergünstigungen gemäß Absatz 1 zeichnet.
und 2 entscheiden die zentralen Dienststellen der (5) Die Entscheidung über die Ausstellung des
Länder (§ 21) oder die von ihnen bestimmten Be- Ausweises ist für alle Behörden und Stellen ver-
hörden. Der Vertriebene oder Sowjetzonenflüchtling bindlich, die für die Gewährung von Rechten oder
ist verpflichtet, diesen Dienststellen auf Verlangen Vergünstigungen als Vertriebener oder Sowjet-
die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Unter- zonenflüchtling nach diesem oder einem anderen
lagen vorzulegen. Gelangt die zentrale Dienststelle Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle
oder die von ihr bestimmte Behörde zu der Auf- die Entscheidung der zuständigen Behörde über die
fassung, daß die Beendigung der Gewährung von Ausstellung des Ausweises nicht für gerechtfertigt,
Rechten und Vergünstigungen nach diesem Gesetz so kann sie nur ihre Anderung oder Aufhebung
geboten sei, so hat sie auf Antrag des Betroffenen durch die Ausstellungsbehörde beantragen. Wenn
vor der Entscheidung einen Ausschuß zu hören, der diese dem Antrag nicht entsprechen will, so ent-
nus dem Behördenleiter oder einem Stellvertreter scheidet darüber die gemäß § 21 errichtete zentrale
als Vorsitzendem und zwei Beisitzern besteht; einer Dienststelle oder die von dieser bestimmte Behörde
der Beisitzer ist auf Vorschlag der von der zentralen des Landes, in welchem der Ausweis ausgestellt
Dienststelle des Landes anerkannten Verbände der worden ist.
Nr. 47 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20 .. August 1957 1221
§ 16 ZWEITER ABSCHNITT
Zuständigkeit und Verfahren Behörden und Beiräte
(1) Den Ausweis stellen auf Antrag die von den ERSTER TITEL
zentralen Dienststellen der Länder (§ 21) bestimm-
ten Behörden aus. In den Fällen, in welchen ein Behörden
Vertriebener oder Sowjetzonenflüchtling seinen
Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt im Ausland § 21
hat, bestimmt die Regierung des Landes, in welchem landes:flüchfüngsverwaltungen
die Bundesregierung ihren Sitz hat, die zuständige
Behörde. Solange sich ein Vertriebener oder Sowjet- Die Länder sind verpflichtet, zur Durchführung
zonenflüchtling in einem Gast- oder Durchgangs- dieses Gesetzes zentrale Dienststellen zu unterhal-
lager befindet, bestimmt die Regierung des Landes, ten. Diese sind, soweit sie nicht selbst zuständig
in welchem das Lager gelegen ist, die zuständige sind, bei den Maßnahmen zur Durchführung dieses
Behörde. Gesetzes zu beteiligen.
(2) Der Antrag ist auf einem Vordruck zu stellen,
dessen Fassung der Bundesminister für Vertriebene ZWEITER TITEL
im Benehmen mit den zentralen Dienststellen der
Länder (§ 21) bestimmt. Beiräte
(3) Die zuständige Behörde erhebt von Amts
§ 22
wegen die erforderlichen Beweise. Wenn sie mit
Rücksicht auf die Bedeutung einer Aussage eine Bildung und Aufgaben
eidliche Vernehmung für geboten erachtet, so ist
das Amtsgericht um die eidliche Vernehmung zu (1) Bei dem Bundesminister für Vertriebene und
ersuchen. Hierbei sind die Tatsachen und Vorgänge bei den zentralen Dienststellen der Länder sind
anzugeben, über welche die Vernehmung erfolgen Beiräte für Vertriebenen- und Flüchtlingsfragen zu
soll. Die Vorschriften des Gerichtsverfassungsge- bilden.
setzes und der Zivilprozeßordnung sind sinngemäß (2) Die Beiräte haben die Aufgabe, die Bundes-
anzuwenden. Das Amtsgericht entscheidet über die regierung und die Landesregierungen sachverstän-
Rechtmäßiukeit der Verweigerung des Zeugnisses, dig in Vertriebenen- und Flüchtlingsfranen zu be-
des Gutachtens oder der Eidesleistung; die Entschei- raten. Sie sollen zu allgemeinen Regelungen und
dung kann nicht angefochten werden. Maßnahmen gehört werden.
§ 17
Ablehnender Bescheid § 23
Wird die Ausstellung des Ausweises oder die Zusammensetzung des Beirates
Eintragung eines Vermerks gemäß § 15 Abs. 3 ab- bei dem Bundesminister für Vertriebene
gelehnt oder der Ausweis gemäß § 15 Abs. 4 be- (1) Der Beirat für Vertriebenen- und Flüchtlings-
sonders gekennzeichnet, so ist dem Antragsteller fragen bei dem Bundesminister für Vertriebene
ein schriftlicher, mit Gründen versehener Bescheid setzt sich zusammen aus
zu erteilen.
§ 18 je einem Vertreter der bei den zentralen
Dienststellen der Länder gebildeten Beiräte
Einziehung und Ungültigkeitserklärung
für Vertriebenen- und Flüchtlingsfragen (§ 22),
Der Ausweis ist einzuziehen oder für ungültig zu sechzehn Vertretern der auf Bundesebene
erklären, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen tätigen Organisationen der Vertriebenen und
für seine Ausstellung nicht vorgeleg,en haben. Flüchtlinge,
§ 19 je einem Vertreter der Evangelischen und der
Katholischen Kirche,
Vermerk über die Beendigung der Inanspruchnahme
von Rechten und Vergünstigungen je einem Vertreter der kommunalen Spitzen-
verbände,
Die Beendigung der Inanspruchnahme von Rech-
ten und Vergünstigungen ist im Ausweis zu ver- je einem Vertreter der anerkannten Spitzen-
merken. Der Ausweis bleibt im Besitz des Inhabers. verbände der freien Wohlfahrtspflege sowie
des Deutschen Vereins für öffentliche und
§ 20 private Fürsorge,
Rechtsmittel zwei Vertretern der Spitzenorganistionen der
Arbeitgeber und zwei Vertretern der Spitzen-
Wird die Ausstellung des Ausweises oder die
Eintragung eines Vermerks gemäß § 1.5 Abs. 3 ab- organisationen der Arbeitnehmer.
gelehnt, der Ausweis eingezogen oder für ungültig (2) Für jedes Mitglied des Beirates kann ein
erklärt oder ein Vermerk gemäß § 15 Abs. 4 oder Stellvertreter berufen werden.
§ 19 eingetragen, so sind daqegen die Rechtsbehelfe
und Rechtsm.i ttel nach den in den Ländern gelten- (3) Den Vorsitz im Beirat. führt der Bundes-
den Vorschriften zulässig. minister für Vertriebene.
1222 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1957, Teil I
§ 24 § 28
Berufung und Amtsdauer Beteiligung der Berufs- und Personengruppen
(1) An der Umsiedlung sind alle Berufs- und Per-
Die Mitglieder des Beirates für Vertriebenen- sonengruppen angemessen zu beteiligen.
und Flüchtlingsfragen bei dem Bundesminister für
Vertriebene und ihre Stellvertreter beruft dieser (2) Die Zugehörigkeit zu einer Berufsgruppe be-
auf Vorschlag der in § 23 genannten Organisationen stimmt sich nach dem vor der Vertreibung ausge-
auf die Dauer von zwei Jahren. Scheidet ein Mit- übten Beruf.
glied des Beirates vor Ablauf der Amtsdauer aus § 29
oder verliert ein Mitglied seine Eigenschaft als Ver- Berücksichtigung persönlicher Verhältnisse
treter einer der in § 23 genannten Organisationen,
so beruft der Bundesminister für Vertriebene auf (1) Bei der Umsiedlung ist die Familien- und
Vorschlag dieser Organisationen einen' Ersatzmann Haushaltsgemeinschaft zu wahren. Sie soll auch
für den Rest der Amtsdauer. vorübergehend nicht getrennt werden.
(2) Bei der Unterbringung sind Wünsche der Um-
zusiedelnden hinsichtlich ihrer Konfession und ihrer
§ 25 sonstigen persönlichen Verhältnisse nach Möglich-
Zusammensetzung der Beiräte keit zu berücksichtigen.
bei den zentralen Dienststellen der Länder § 30
Die Zusammensetzung der Beiräte für Vertriebe- Berücksichtigung besonderer Verhältnisse
nen- und Flüchtlingsfragen bei den zentralen Dienst- in den Ländern
stellen der Länder und die Berufung und Amtsdauer Bei der Umsiedlung sind die wirtschaftlichen, ar-
ihrer Mitglieder regeln die Länder. beitsmarktpolitischen und sozialen Verhältnisse der
Abgabe- und der Aufnahmeländer zu berücksichti-
gen, sofern der Umsiedlungszweck (§ 26) dadurch
DRITTER ABSCHNITT nicht gefährdet wird.
Eingliederung der Vertriebenen und Flüchtlinge
§ 31
ERSTER TITEL
Entlastung der mit Vertriebenen und Flüchtlingen
Umsiedlung überbelegten Länder
(1) Für die Entlastung der mit Vertriebenen und
§ 26
Sowjetzonenflüchtlingen überbelegten Länder durch
Begriff und Zweck die Umsiedlung ist der Bund zuständig. In die Um-
(1) Die angemessene Verteilung der Vertriebe- siedlung können auch Personen einbezogen werden,
nen und Sowjetzonenflüchtlinge im Geltungsbereich die, ohne Vertriebene oder Sowjetzonenflüchtlinge
des Grundgesetzes und in Berlin (West) zum Zwecke zu sein, zum Personenkreis des § 7 Abs. 2 des Ersten
ihrer wirtschaftlichen Eingliederung ist im Rahmen Uberleitungsgesetzes in der Fassung vom 21. Au-
eines allgemeinen Bevölkerungsausgleichs durch gust 1951 (Bundesgesetzbl. I S. 779) gehören.
Umsiedlung zu fördern. - (2) Die Bundesregierung bestimmt, sofern nicht
eine Regelung durch Gesetz erfolgt, alljährlich bis
(2) Umsiedlung im Sinne dieses Gesetzes ist zum 1. September durch Rechtsverordnung mit Zu-
stimmung des Bundesrates, aus welchen Ländern
1. die Wohnsitzverlegung von Vertriebenen und in welche Länder eine Umsiedlung durchzufüh-
und Sowjetzonenflüchtlingen in Gebiete, in ren ist und stellt hierfür unter Berücksichtigung des
denen sie wirtschaftlich eingegliedert und Ergebnisses der freien Wanderung einen Umsied-
wohnungsmäßig untergebracht werden lungs- und Finanzierungsplan fest, der auch die
können, aus Gebieten, in denen sich dies wohnungsmäßige Unterbringung der Umsiedler
nicht ermöglichen läßt, sicherstellt.
2. die aus Gründen des sozialen Bevölke- (3) Der Umsiedlungsplan trifft Bestimmungen
rungsausgleichs gebotene Neuverteilung über die Zahl der Umzusiedelnden und über die An-
der nicht erwerbsfähigen und der schwer rechnung sonstiger Zu- und Abwanderungen von
in Arbeit zu vermittelnden Vertriebenen Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlingen und an-
und Sowjetzonenflüchtlinge, deren gemäß Absatz 1 · Satz 2 in die Umsiedlung
einbezogenen Personen, die gebietsmäßige Vertei-
3. die Zusammenführung getrennter Familien-
lung, den Zeitpunkt der Ubernahme sowie die woh-
und Haushaltsgemeinschaften am Arbeits-
nungsmäßige Unterbringung der Umzusiedelnden.
ort des Ernährers.
§ 32
§ 27 Sonstige Umsiedlung von Land zu Land
Fr~i willig kei t (1) Die Bundesregierung kann durch Rechtsver-
ordnung mit Zustimmung des Bundesrates eine Um-
Die Teilnahme an der Umsicdlunq ist freiwillig. siedlung auch aus anderen als den in § 31 Abs. 1
Nr. 47 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. August 1957 1223
bezeichneten Ländern regeln, wenn trotz einer Emp- siedlungsgesetz vom 10. August 1949 (WiGBl.
fehlung der Bundesregierung innerhalb eines ange- S. 231) oder nach den Vorschriften dieses Titels
messenen Zeitraumes zweckdienliche Vereinbarun- in die Landwirtschaft eingegliedert ist.
gen zwischen den beteiligten Ländern nicht zustande 4. Der Pächter darf nicht der Ehegatte des Ver-
gekomrnen sind. pächters sein.
(2) Ist für die Umsiedlung gemäß Absatz 1 die
Feststellung eines Umsiedlungsplanes erforderlich, § 37
gilt § 31 Abs. 3 entsprechend. Mitwirkung der Siedlungsbehörde
(1) Voraussetzung für die Gewährung von Dar-
§ 33
lehen und Beihilfen nach §§ 41 bis 45 und für die
Umsiedlung innerhalb eines Landes Gewährung von Vergünstigungen auf dem Gebiete
Für die Umsiedlung innerhalb eines Landes ist des Steuer- und Abgabenrechts nach §§ 47 bis 56 ist
das Land zuständig. Die Bundesregierung ist über die Mitwirkung der Siedlungsbehörde bei der Ein-
Umsiedlungsplanungen und über ihre Durchführung gliederung (§ 35). Sie kann auch dadurch mitwir-
rechtzeitig zu unterrichten. ken, daß sie einem bereits abgeschlossenen Ver-
trage zustimmt. Im Falle des § 44 erfolgt die Mit-
§ 34 wirkung der Siedlungsbehörde durch Erteilung einer
Bescheinigung darüber, daß die Voraussetzungen
Einzelweisungen
des § 44 vorliegen.
Die Bundesregierung wird ermächtigt, zur Aus- (2) Die Siedlungsbehörde hat mitzuwirken, wenn
führung des Umsiedlungsplanes gemäß § 31 für be-
die Voraussetzungen für die Gewährung von Dar-
sondere Fälle Einzelweisungen zu erteilen. Dasselbe
lehen und Beihilfen oder von Vergünstigungen auf
gilt, wenn ein Umsiedlungsplan durch Rechtsverord- dem Gebiete des Steuer- und Abgabenrechts (§§ 35
nung gemäß § 32 festgestellt wird. und 36) vorliegen. Sie hat ihre Mitwirkung zu ver-
sagen, wenn diese Voraussetzungen nicht erfüllt
ZWEITER TITEL
sind.
Landwirtschaft (3) Sie kann die Mitwirkung versagen, wenn der
Erwerber oder Pächter mit dem Veräußerer oder
§ 35
Verpächter bis zum dritten Grade der Seitenlinie
Grundsatz verwandt oder als Verwandter der Seitenlinie ge-
Vertriebene und Sowjetzonenflüchtlinge, die aus setzlicher Erbe oder bis zum zweiten Grade ver-
der Landwirtschaft stammen oder nach der Vertrei- schwägert ist und die Veräußerung oder Verpach-
tung auch ohne die Vergünstigungen auf dem Ge-
bung überwiegend in der Landwirtschaft tätig
biete des Steuer- und Abgabenrechts erfolgen würde
waren, sollen nach Maßgabe dieses Titels dadurch
oder der· Erwerber oder Pächter durch die Ver-
in die Landwirtschaft eingegliedert werden, daß sie
äußerung oder Verpachtung auch ohne diese Ver-
entweder als Siedler im Sinne der Siedlungs- und
Bodenreformgesetzgebung oder sonst als Eigen- günstigungen eine gesicherte Lebensgrundlage in
der Land- oder Forstwirtschaft bereits hat oder er-
tümer oder Pächter land- oder forstwirtschaftlicher
hält. Hierdurch wird die Gewährung von Darlehen
Grundstücke oder in einem anderen zweckdienlichen
und Beihilfen und die hierfür erforderliche Mitwir~
Nutzungsverhältnis angesetzt werden.
kung der Siedlungsbehörde nicht ausgeschlossen.
§ 36 (4) Die zuständigen Behörden haben ohne weitere
Nachprüfung die Vergünstigungen auf dem Gebiete
Voraussetzungen für die Eingliederung des Steuer- und Abgabenrechts nach §§ 47 bis 56 zu
Für die Eingliederung nach § 35 müssen die fol- gewähren, wenn die Siedlungsbehörde bescheinigt,
genden Voraussetzungen vorliegen: daß die Voraussetzungen für die Gewährung dieser
Vergünstigungen vorliegen. Diese Bescheinigung ist
1. Der Erwerber oder Pächter muß die zur ord-
für die zuständigen Behörden bindend.
nungsmäßigen Bewirtschaftung der Stelle er-
forderliche Eignung besitzen. (5) Die Darlehen und Beihilfen (Absatz 1) kön-
2. Die Umstände müssen erwarten lassen, daß nen mit Zustimmung der Siedlungsbehörde auch in
durch die Veräußerung oder Verpachtung für den Fällen gewährt werden, in denen Vertriebene
den Erwerber oder Pächter eine neue gesicherte oder Sowjetzonenflüchtlinge bereits vor Inkraft-
Lebensgrundlage geschaffen oder eine bereits treten dieses Gesetzes in einer dem § 42 entspre-
geschaffene, aber noch gefährdete Lebens- chenden Weise ohne Mitwirkung der Siedlungs-
grundlage gesichert wird. Diese Voraussetzun- behörde zur Ansetzung gelangt sind.
gen können auch erfüllt sein, wenn die Ver-
äußerung oder Verpachtung zur Begründung § 38
einer landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstelle
dient. Beteiligung an der Neusiedlung
3. Der Erwerber oder Pächter darf nicht mit dem Bei der Vergabe von Neusiedlerstellen ist das
Veräußerer oder Verpächter in gerader Linie neu anfallende Siedlungsland im Bundesgebiet län-
verwandt sein. Das gilt nicht, wenn der Ver- dermäßig nach Fläche und Güte mindestens zur
äußerer oder Verpächter nach dem Flüchtlings- Hälfte dem in § 35 genannten Personenkreis zuzu-
1224 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1957, Teil!
teilen. Bei der weiteren Vergabe sind gleichrangig zu dem in § 35 genannten Personenkreis gehörigen
die einheimischen Siedlungsbewerber entsprechend Vertriebenen oder Sowjetzonenflüchtling veräußert
der Zßhl der vorliegenden Anträge zu berücksich- oder auf mindestens zwölf Jahre verpachtet, so
tigen. können zur Finanzierung der hierfür erforderlichen
§ 39
Aufwendungen, insbesondere zur Zahlung des Er-
werbspreises, zur Anschaffung des Inventars, für
Auslaufende und wüste Höfe notwendige bauliche Aufwendungen und für die
(1) Für die Ansetzung nach § 35 kommen vor al- Beschaffung von Ersatzwohnungen, zinslose Dar-
lem auch auslaufende Höfe, deren unwirtschaftliche lehen gewährt werden. Es können in besonderen
Zerschlagung verhindert werden soll, sowie wüste Fällen an St,elle oder neben Darlehen auch Beihil-
Höfe, die sich für eine Wiederinbetriebnahme eig- fen gewährt werden.
nen, in Betracht.
§ 43
(2) Auslaufende Höfe sind landwirtschaftliche
Betriebe, deren Eigentümer diese nicht mehr selbst Beiµ.ilfon bei Ansetzung auf Moor-, Udland
bewirtschaften oder bewirtschaften können und oder Rodungsfiächen
keine Erben haben, die den Betrieb selbst bewirt- Sofern die Ansetzung von Vertriebenen oder
schaften können oder wollen. Wüste Höfe sind Sowjetzonenflüchtlingen auf kultivierbarem Moor-
früher selbständige landwirtschaftliche Betriebe, od~r Odland oder auf Rodungsflächen (§ 40) ge-
deren Betriebsgebäude ganz oder teilweise noch währleistet ist, können außer den in §§ 41 und 42
vorhanden sind, deren Land aber veräußert oder genannten Darlehen und Beihilfen dem Siedlungs-
verpachtet oder anderweitig zur Nutzung abge- bewerber oder dem Siedlungsunternehmen auf An-
geben worden ist. trag des Landes Beihilfen bis zu 2500 Deutsche Mark
§ 40
je Hektar der zu kultivierenden oder zu rodenden
Fläche gewährt werden.
Moor-, Ödland und Rodungsflächen
§ 44
(1) Für die Ansetzung nach § 35 kommen ferner
Moor-, Odland und RodungsfLichen in Betracht. Einheirat und Erwerb von Todes wegen
(2) Für die Anwendung des § 3 des Reichssied- (1) Der Veräußerung eines Betriebes, Betriebs-
lungsgesetzes vom 11. August 1919 (Reichsgesetzbl. I teils oder Grundstücks an einen Vertriebenen oder
S. 1429) stehen dem Moor- und Odland gleich Sowjetzonenflüchtling (§ 42) steht unter der Voraus-
1. landwirtschaftlich nutzbare Ländereien, die
setzung, daß dadurch für diesen Vertriebenen oder
nicht planmäßig bewirtschaftet werden, Sowjetzonenflüchtling eine selbständige Existenz in
der Land- oder Forstwirtschaft geschaffen wird,
2. nicht sachgemäß bewirtschaftete Holz-
gleich
bodenflächen (Rodungsflächen), soweit sie
zur Besiedlung geeignet sind. Die Enteig- 1. die Entstehung des Gesamthandeigentums
nung von Rodungsflächen ist nur nach an einem Betrieb, Betriebsteil oder Grund-
Anhören der obersten Landesforstbehörde stück durch die Vereinbarung der Güter-
zulässig. gemeinschaft (§§ 1415 ff. des Bürgerlichen
Gesetzbudis) zugunsten eines Ehegatten,
§ 41 der Vertriebener oder Sowjetzonenflücht-
Darlehen und Beihilfen bei Neusiedlung ling ist,
Können für die Ansetzung von Vertriebenen oder 2. die Ubertragung des Miteigentums an
Sowjetzonenflüchtlingen als Neusiedler Mittel nicht einem Betrieb, Betriebsteil oder Grund-
rechtzeitig oder nur in unzureichendem Maße ein- stück an einen Vertriebenen oder Sowjet-
gesetzt werden, so können zugunsten des einzel- zonenflüchtling,
nen Vertriebenen oder Sowjetzonenflüchtlings zu- 3. der Erwerb eines Betriebes, Betriebst,eils
sätzlich zu den von den Ländern bereitzustellenden oder Grundstücks von Todes wegen durch
Finanzierungshilfen zinslose Darlehen und Beihil- einen Vertriebenen oder Sowjetzonen-
fen, insbesondere zur Land- und Inventarbeschaf- flüchtling, der mit dem Erblasser nicht in
fung und für notwendige bauliche Aufwendungen, gerader Linie oder bis zum dritten Grade
gewährt werden. der Seitenlinie verwandt oder bis zum
§ 42 zweiten Grade verschwägert ist.
Darlehen und Beihilfen bei Obernahme (2) In den Fällen des Absatzes 1 ist die Gewäh-
bestehender landwirtschaftlicher Betriebe rung von Darlehen oder Beihilfen nur zulässig,
wenn dies zur Sicherung einer selbständigen Exi-
Wird ein land- ode·r forstwirtschaftlicher Betrieb
stenz notwendig ist.
(Betri,eb) oder ein Teil eines solchen Betriebes (Be-
triebsteil) oder ein Grundstück im Sinne des Be- § 45
wertungsgesetzes, dessen Veräußerung oder Ver-
Pachtverlängerung und Begründung
pachtung der Bildung eines land- oder forstwirt-
eines sonstigen Nutzungsverhältnisses
schaftlichen Betriebes des Erwerbers oder Pächters
dient oder das zur Grundlage einer landwirtschaft- Der Verpachtung eines Betriebes, Betriebsteils
lichen Nebenerwerbsstelle wird (Grundstück), unter oder Grundstücks auf mindestens zwölf Jahre (§ 42)
Mitwirkung der Siedlungsbehörde (§ 37) an einen steht gleich
Nr. 47 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. August 1957 1225
1. die Verlängerung eines mit einem Vertriebe- Existenzen in der Landwirtschaft gewährt werden,·
nen oder Sowjetzonenflüchtling auf weniger dürfen nur im Einvernehmen mit der Siedlungs-
als zwölf Jahre abgeschlossenen Pachtvertra- behörde bewilligt werden.
ges um mindestens sechs Jahre auf insgesamt (6) Bei Gewährung von Wohnraumhilfe nach
mindestens zwölf Jahre,
§§ 298 ff. des Lastenausgleichsgesetzes ist der Wohn-
2. die Begründung eines anderen zweckdienlichen teil von nach diesem Titel geförderten Vorhaben
Nutzungsverhältnisses auf mindestens zwölf angemessen zu berücksichtigen.
Jahre.
(7) Beansprucht der bisherige Eigentümer eine
§ 46 ortsübliche und angemessene Versorgung mit Woh-
nung und Unterhalt (z.B. Altenteil) und übernimmt
Bereitstellung der Mittel
das Land die Bürgschaft hierfür, so stellt der Bund
(1) Die für die Zwecke dieses Titels erforder- das Land insoweit frei, als es aus der Bürgschaft
lichen Mittel einschließlich von Mitteln für die Vor- in Anspruch genommen wird. Entsprechende Ver-
bereitung, Durchführung und Sicherung der Ein- pflichtungen können bis zur Höhe von insgesamt
gliederung stellt der Bund zur Verfügung. Er stellt 5 Millionen Deutsche Mark übernommen werden.
insbesondere zur Durchführung eines von der Bun-
desregierung jährlich aufzustellenden Siedlungs- § 47
programms zuslitzlich zu den von den Ländern auf-
zubringenden finanziellen Leistungen bis zu einer Vergünstigungen für den Landabgeber
anderweitigen bundesgesetzlichen Regelung, soweit auf dem Gebiete des Steuer- und Abgabenrechts
die haushaltsmäßige Deckung beschafft werden (1) In den Fällen der §§ 42 bis 45 und bei An-
kann, bereit wendung des Absatzes 2 werden auf dem Gebiete
1. für die Neusiedlung jährlich 100 Millionen des Steuer- und Abgabenrechts Vergünstigungen
Deutsche Mark, nach §§ 48 bis 56 insoweit gewährt, als der Ein-
heitswert des veräußerten oder verpachteten Be-
2. zur Förderung der in §§ 42, 44 und 45 fest- triebes, Betriebsteils oder Grundstücks (§ 42) oder
gelegten Zwecke jährlich 100 Millionen bei Zukauf oder Zupachtung der Einheitswert des
Deutsche Mark, von dem Erwerber oder Pächter unter Einschluß der
3. für die Ansetzung auf Moor- und Odland zugekauften oder zugepachteten Fläche insgesamt
und Rodungsflächen die Mittel für die Bei- bewirtschafteten Betriebes 80 000 Deutsche Mark
hilfen nach § 43. nicht übersteigt.Diese Wertgrenze gilt nicht für die
Veräußerung von Betrieben, Betriebsteilen oder
(2) Die Mittel, die auf Grund des Absatzes 1 Grundstücken im Rahmen eines ordentlichen Sied-
bereitgestellt worden sind oder werden, fließen lungsverfahrens und für den Fall des Absatzes 3.
dem Zweckvermögen bei der Deutschen Siedlungs-
bank zu. (2) Bei dem Erwerb des Gesamthandeigentums
nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 werden die Vergünstigungen
(3) Daneben werden zur verstärkten Förderung auf dem Gebiete des Steuer- und Abgabenrechts für
der in diesem Titel festgelegten Zwecke aus dem den ganzen zu dem Gesamthandeigentum gehören-
Ausgleichsfonds (§ 5 des Lastenausgleichsgesetzes den Betrieb, Betriebsteil oder für das ganze zum
vom 14. August 1952 - Bunclesgesetzbl. I S. 446) Gesamthandeigentum gehörige Grundstück gewährt.
für die Jahre 1953 bis 1957, unbeschadet der nach Bei Erwerb des Miteigentums nach § 44 Abs. 1 Nr .. 2
dem Lastenausgleichsgesetz zu gewährenden Ein- werden die Vergünstigungen auf dem Gebiete des
gliederungsdarlehen, den Ländern jährlich 100 Mil- Steuer- und Abgabenrechts gewährt
lionen Deutsche Mark aus den im Wege der Vor- 1. für den ganzen Betrieb, an dem das Mit-
finanzierung bereitgestellten Mitteln darlehns-
eigentum zugunsten des Vertriebenen oder
weise zur Verfügung gestellt. Die Länder -haben
Sowjetzonenflüchtlings begründet wird,
a1s erste Darlehnsnehmer dem Ausgleichsfonds
wenn das Miteigentum mindestens zur
gegenüber die Darlehen derart zu tilgen, daß die
Hälfte dem Vertriebenen oder Sowjet-
Tilgung bis zum 31. März 1979 abgeschlossen ist.
zonenflüchtling übertragen wird,
(4) Die Richtlinien über die Verteilung und Ver- 2. nur für den übertragenen Miteigentums-
wendung der hiernach bereitgestellten Mittel sowie anteil, wenn das Miteigentum mit weniger
über di,e Kontrolle ihrer Verwendung erläßt der als zur Hälfte an den Vertriebenen oder
Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Sowjetzonenflüchtling übertragen wird.
Forsten im Einvernehmen mit den Bundesministern
der Finanzen und für Vertriebene, und, soweit es (3) Der Veräußerung an einen Vertriebenen oder
sich um Lastenau,sgleichsmittel handelt, im Beneh- Sowjetzonenflüchtling steht die zum Zwecke der
men mit dem Präsidenten des Bundesausgleichs- Ansetzung von Vertriebenen oder Sowjetzonen-
amts. Dabei kann die Verteilung mit der Bedin- flüchtlingen vorgenommene Veräußerung an ein ge-
gung verbunden werden, daß die Länder, soweit es meinnütziges Siedlungsunternehmen im Sinne der
zur Erfüllung der in § 35 festgelegten Zwecke er- Siedlungs- und Bodenreformgesetzgebung gleich,
forderlich ist, Landesmittel zur Verfügung stellen. wenn die Siedlungsbehörde bescheinigt, daß qer er-
worbene Betrieb, Betriebsteil oder das Grundstück
(5) Eingliederungsdarlehen nach dem Lastenaus- mindestens zur Hälfte seiner Fläche der Ansiedlung
gleichsgesetz, die für Vertriebene oder Sowjet- von Vertriebenen oder Sowjetzonenfl4chtlingen
zonenflüchtlinge zur Schaffung oder Sicherung von dient.
1226 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1957, Teil I
(4) Die Vergünstigungen nach Maßgabe der §§ 48 einen Vertriebenen oder Sowjetzonenflüchtling
bis 56 werden nicht gewährt für die Veräußerung gemäß §§ 42, 44 und 45 in Verbindung mit § 39
von Betrieben, Betriebsteilen oder Grundstücken, Abs. 2 des Gesetzes über die Angelegenheiten
die als vollständige oder teilweise Erfüllung des der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesver-
Landabgabesolls im Rahm(~n der Bodenreformge- triebenengesetz) vom 19. Mai 1953 (Bundes-
setzgebung behandelt wird. gesetzbl. I S. 201). Der Veräußerung an einen
Vertriebenen oder Sowjetzonenflüchtling steht
§ 48
gleich die Veräußerung an ein gemeinnütziges
Vergünstigungen bei der Einkommensteuer Sie'dlungsunternehmen im Sinne der Siedlungs-
Wird ein Betrieb, Betriebsteil oder Grundstück und Bodenreformgesetzgebung gemäß § 47 Abs. 3
nach Maßgabe des § 42 veräußert oder verpachtet, des Bundesvertriebenengesetzes."
so rechnen die während der Bewirtschaftung durch § 50
den Erwerber oder Pächter, seine Familienangehöri-
Befreiung von der Vermögensabgabe
gen oder Erben fälligen Einkünfte aus der Verpach-
bei der Veräußerung
tung oder aus einer bei der Veräußerung vorbehal-
tenen Versorgung mit Wohnung und Unterhalt (z.B. (1) Wird ein Betrieb, Betriebsteil oder Grund-
Altenteil) nicht zum einkommensteuerpflichtigen stück nach Maßgabe des § 42 veräußert, so gelten
Einkommen, soweit diese Einkünfte jährlich 2000 die nach dem Zeitpunkt der Ubergabe zur Bewirt-
Deutsche Mark nicht übersteigen. schaftung an einen Vertriebenen oder Sowjetzonen-
flüchtling fällig werdenden Vierteljahresbeträge der
§ 49 nach dem Lastenausgleichsgesetz zu erhebenden
Vergünstigungen bei der Erbschaftsteuer Vermögensabgabe des Veräußerers in der sich aus
den Absätzen 2 bis 4 ergebenden Höhe vorbehalt-
Das Erbschaftsteuergesetz in der Fassung vom
lich der §§ 51 und 52 als durch die Veräußerung ab-
30. Jum 1951 (Bundesgesetzbl. I S. 764) wird wie
gegolten. Satz 1 gilt in den Fällen des § 44 Abs. 1
folgt geändert:
mit der Maßgabe, daß an die Stelle des Zeitpunktes
1. § 18 Abs. 1 Nr. 11 a erhält folgende Fassung: der lJbergabe zur Bewirtschaftung der Zeitpunkt
„ 11 a. ein Erwerb tritt, an dem die genannten Rechtsverhältnisse oder
a) von Vermögen, das aus Erlösen stammt, Tatbestände zugunsten des Vertriebenen oder So-
die der Erblasser (Schenker) für eine wjetzonenflüchtlings begründet werden oder ent-
nach dem 21. Juni 1948 durchgeführte stehen.
Veräußerung eines auslaufenden Hofes (2) Als abgegolten gilt von dem gesamten von
oder eines wüsten Hofes an einem Ver- dem Veräußerer zu leistenden Vierteljahresbetrag
triebenen oder Sowjetzonenflüchtling ein Betrag von 0,55 vom Hundert des für den
erworben hat, 21. Juni 1948 geltenden Einheitswertes (Einheits-
b) eines auslaufenden Hofes oder eines wertanteiles) des veräußerten Betriebes, Betriebs-
wüsten Hofes, wenn er von dem Erben teils oder Grundstücks. Vom Einheitswert (Einheits-
(Beschenkten) innerhalb von zwölf Mo- wertanteil) sind die mit dem veräußerten Betrieb,
naten nach erlangter Kenntnis von dem Betriebsteil odei Grundstück nach dem Stande vom
Anfall oder während der Dauer eines 21. Juni 1948 in wirtschaftlichem Zusammenhang ste-
Pachtverhältnisses gemäß Buchstabe c henden Verbindlichkeiten in ihrer Höhe vom
an einen Vertriebenen oder Sowjet- 21. Juni 1948 abzusetzen. Bei Grundstücken im Sinne
zonenflüchtling veräußert wird, des Bewertungsgesetzes, die nach dem Stande vom
c) eines auslaufenden Hofes oder eines 21. Juni 1948 als unbebaute Grundstücke bewertet
wüsten Hofes, der von dem Erblasser worden sind, gilt statt des Satzes 0,55 vom Hundert
(Schenker) auf die Dauer von minde- der Satz 0,85 vom Hundert.
stens zwölf Jahren an einen Vertriebe- (3) Handelt es sich bei dem veräußerten Betriebs-
nen oder Sowjetzonenflüchtling ver- teil um die in § 40 auf geführten Flächen, so er-
pachtet worden ist, zur Hälfte des auf höht sich der Betrag nach Absatz 2 um 7,50 Deutsche
dieses Vermögen entfallenden Steuer- Mark je Hektar der veräußerten Fläche.
betrages; der restliche Steuerbetrag
wird bis zur Beendigung des Pacht- (4) lJbersteigt der nach den Absätzen 2 und 3 er-
verhältnisses gestundet. Das gleiche rechnete Betrag den vom Veräußerer insgesamt zu
gilt, wenn di,e Verpachtung durch den leistenden Vierteljahresbetrag an Vermögensab-
Erben (Beschenkten) innerhalb von gabe, so tritt dieser an die Stelle des errechneten
zwölf Monaten nach erlangter Kenntnis Betrages.
von dem Anfall erfolgt. Diese Steuer- § 51
vergünstigungen entfallen rückwirkend, Fortfall der Befreiung von der Vermögensabgabe
wenn das Pachtverhältnis vor Ablauf bei Rückerwerb durch den Veräußerer
von zwölf Jahren nach der Ubergabe
erlischt." (1) Fällt ein Betrieb, Betriebsteil oder Grund-
stück, dessen Veräußerung nach § 50 zur Abgeltung
2. § 18 Abs. 2 erhält folgende Fassung: der darauf entfallenden Vierteljahresbeträge an
,, (2) Steuerbegünstigt gemäß Nummer 11 a ist Vermögensabgabe geführt hat, innerhalb von zwölf
nur eine Veräußerung oder Verpachtung eines Jahren seit der Veräußerung an den Veräußerer,
auslaufenden Hofes oder eines wüsten Hofes an seine Erben oder an einen seiner Erben zurück, so
Nr. 47 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. August 1957 1227
gilt die Abgeltung als nicht erfolgt. Die vom Zeit- führungsverordnung zum Ersten Teil des Sofort-
punkt der Veräußerung bis zum Zeitpunkt des hilfegesetzes vom 29. Dezember 1950 (Bundesge-
Rückfalls fällig gewordenen Vierteljahresbeträge setzbl. 1951 I S. 51) die auf den Betrieb, Betriebsteil
sind innerhalb eines Zeitraumes von zwölf Mona- oder das Grundstück entfallenden Leistungen an
ten nachzuentrichten. Beruht der Rückfall auf dem Soforthilfeabgabe unerhoben geblieben, so gelten
Tode des Erwerbers, so werden die nachzuentrich- die unerhoben gebliebenen Beträge für die Berech-
tenden Vierteljahresbeträge erlassen. Satz 3 gilt im nung der Vermögensabgabe als entrichtet, jedoch
Falle des § 44 Abs. 1 Nr. 1 entsprechend, wenn die höchstens bis zur Höhe der Abgabeschuld (§ 31 des
Ehe geschieden, aufgehoben oder für nichtig erklärt Lastenausgleichsgesetzes). Die ab 1. April 1952 wäh-
worden ist; im Falle der Auflösung der Ehe durch rend der Dauer der Bewirtschaftung durch den Ver-
Tod gilt Satz 3 mit der Maßgabe, daß die Viertel- triebenen, seine Familienangehörigen oder seine
jahresbcträ9e erlassen werden, die innerhalb von Erben fällig werdenden Vierteljahresbeträge an
zwölf Jahren nach der Entstehung des in § 44 Abs. 1 Vermögensabgabe werden nach Maßgabe des § 50
Nr. 1 genannten Rechtsverhältnisses fällig werden. Abs. 2 erlassc• n.
(2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt entsprechend im
§ 54
Falle der Rückverdußenmg oder der Verpachtung
an den Veräußerer oder dessen Erben. Befreiung von der Hypothekengewinnabgabe
bei der Veräußerung
§ 52 Ruht auf einem nach Maßgabe des § 42 veräußer-
Fortfall der Befreiung von der Vermögensabgabe ten Betrieb, Betriebsteil oder Grundstück eine
bei V cräußenmg durch den Erwerber . Hypothekengewinnabgabe als öffentliche Last, so
werden auf Antrag des Erwerbers oder seiner Erben
(1) Wird ein Betrieb, Betriebsteil oder Grund-
die nach dem Zeitpunkt der Ubergabe zur Bewirt-
stück, dessen Veräußerung nach § 50 zur Abgeltung
schaftung an den Erwerber während der Bewirt-
der darauf entfallenden Vierteljahresbeträge an
schaftung durch diesen, seine Familienangehörigen
Vermögensabgabe geführt hat, innerhalb von sechs
oder seine Erben fällig werde·nden Leistungen an
Jahren seit der Veräußerung durch den Erwerber
Hypothekengewinnabgabe bis zur Höhe von jähr-
oder seine Erben (Ersterwerber) an andere als die
lich 2,2 vom Hundert der Abgabeschuld an Hypo-
in § 51 genannten Personen veräußert, so gilt die
thekengewinnabgabe nach dem Stande vom 21. Juni
Abgeltung als nicht erfolgt. In diesem Falle gilt
1948 erlassen. Bei unbebauten Grundstücken im
die Verpflichtung zur Entrichtung dieser Viertel-
Sinne des Bewertungsgesetzes gilt statt des Satzes
jahresbeträge als auf den Ersterwerber über-
2,2 vom Hundert der Satz 3,4 vom Hundert. Satz 1
gegangen. Die während der Dauer des Eigentums
und Satz 2 gelten in den Fällen des § 44 Abs. 1 mit
des Ersterwerbers fällig gewordenen Vierteljahres-
der Maßgabe, daß an die Stelle des Zeitpunktes der
beträge werden erlassen.
Dbergabe zur Bewirtschaftung der Zeitpunkt tritt,
(2) Absatz 1 ist für den Fall der Verpachtung an dem die genannten Rechtsverhältnisse oder Tat-
durch den Ersterwerber entsprechend anzuwenden. bestände zugunsten des Vertriebenen oder Sowjet-
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, wenn der zonenflüchtlings begründet werden oder entstehen;
Betrieb, Betriebsteil oder das Grundstück nach § 51 Abs. 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.
Maßgabe des § 42 veräußert oder verpachtet wird. Wird ein Betrieb, Betriebsteil oder Grundstück,
dessen Veräußerung zum Erlaß der Hypotheken-
gewinnabgabe nach Satz 1 geführt hat, nach Maß-
§ 53
gabe des § 42 weiterveräußert oder verpachtet, so
Befreiung von der Vermögensabgabe gelten Satz 1 und Satz 2.
bei der Verpachtung
(1) Wird ein Betrieb, Betriebsteil oder Grund-
stück nach Maßgabe des § 42 verpachtet, so werden -§ 55
die nach dem Zeitpunkt der Dbergabe zur Bewirt- Befreiung von der Vermögens- und Hypotheken-
schaftung an den Pächter während der Bewirtschaf- gewinnabgabe bei Veräußerung vor dem Inkraft-
tung durch diesen, seine Familienangehörigen oder treten dieses Gesetzes
Erben fälligen, auf den verpachteten Betrieb, Be-
triebsteil oder das verpachtete Grundstück entfal- (1) Ist ein Betrieb, Betriebsteil oder Grundstück
lenden Vierteljahresbeträge an Vermögensabgabe vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes an einen
erlassen. § 50 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Vertriebenen veräußert worden und sind auf Grund
des § 66 der (Ersten) Durchführungsverordnung zum
(2) Absatz 1 gilt im Falle des § 45 Nr. 1 mit der
Ersten Teil des Soforthilfegesetzes oder des § 6 der
Maßgabe, daß an die Stelle des Zeitpunktes der
Zweiten Durchführungsverordnung zum Ersten Teil
Dbergabe zur Bewirtschaftung der Zeitpunkt des
des Soforthilfegesetzes die auf den Betrieb, Betriebs-
Abschlusses des Verlängerungsvertrages tritt.
teil oder das Grundstück entfallenden Leistungen
(3) Ist ein Betrieb, Betriebsteil oder Grundstück anSoforthilfeabgabe unerhoben geblieben, so gelten
vor Inkrafttreten dieses Gesetzes an einen Ver- die unerhoben gebliebenen Beträge für die Berech-
triebenen verpachtet worden und sind auf Grund nung der Vermögensabgabe als entrichtet, jedoch
des § 66 der (Ersten) Durchführungsverordnung zum höchstens bis zur Höhe der Abgabeschuld (§ 31 des
Ersten Teil des Soforthilfegesetzes ~vom 8. August Lastenausgleichsgesetzes). Die ab 1. April 1952 fällig
1949 (WiGBl. S. 214) oder des § 6 der Zweiten Durch- werdenden Vierteljahresbeträge an Vermögensab-
1228 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1957, Teil I
gabe gelten nach Maßgabe des § 50 Abs. 2 als ab- § 58
gegolten. Die Vorschriften der §§ 51 und 52 sind Aufhebung eines Pacht- oder sonstigen Nutzungs-
vom Inkrafttreten dieses Gesetzes ab entsprechend verhältnisses bei freiwilliger Landabgabe
anzuwenden.
(1) Ein Pacht- oder sonstiges Nutzungsverhältnis
(2) Ruht auf einem unter Absatz 1 fallenden Be- über Grundstücke, die der Eigentümer einem Ver-
trieb, Betriebsteil oder Grundstück eine Hypothe- triebenen oder Sowjetzonenflüchtling zu Eigentum
kengewinnabgabe als öffentliche Last, so werden überträgt oder zur Ausstattung eines wüsten Hofes
auf Antrag des Erwerbers oder seiner Erben die pachtweise zur Verfügung stellt, kann die Sied-
nach Inkrafttreten dieses Gesetzes während der lungsbehörde durch schriftliche Verfügung an den
Dauer der Bewirtschaftung durch den Erwerber, Nutzungsberechtigten unter Einhaltung einer an-
seine Familienangehörigen oder seine Erben fällig gemessenen Frist ganz oder teilweise aufheben.
werdenden Leistungen an Hypothekengewinnabgabe
bis zur Höhe von jährlich 2,2 vom Hundert der (2) Die Aufhebung des Nutzungsverhältnisses ist
Abgabeschuld an Hypothekengewinnabgabe nach nur zulässig, wenn dadurch die Wirtschaftlichkeit
dem Stande vom 21. Juni 1948 erlassen. Bei unbe- des Betriebes, dem die Grundstücke bisher dienten,
bauten Grundstücken im Sinne des Bewertungs- nicht nachhaltig beeinträchtigt wird oder die Auf-
gesetzes gilt statt des Satzes 2,2 vom Hundert der hebung aus einem anderen Grunde nicht eine unbil-
Satz 3,4 vom Hundert; § 54 Satz 4 gilt entsprechend. lige Härte bedeutet.
(3) Die Absätze 1 · und 2 gelten in den in § 44 § 59
genannten Fällen des Erwerbs des Miteigentums,
des Gesamthandeigentums und des Erwerbs von Rechtsbehelfe und Rechtsmittel
Todes wegen entsprechend. Gegen die nach § 58 erlassene Verfügung der
Siedlungsbehörde können die Beteiligten zwei
Wochen nach Zustellung an den bisherigen Nut-
§ 56 zungsberechtigten gerichtliche Entscheidung bean-
tragen. In der gerichtlichen Entscheidung kann die
Befreiung von der Vermögens- und Hypotheken-
Verfügung der Siedlungsbehörde bestätigt, geändert
gewinnabgabe bei der Veräußerung von Grund-
oder aufgehoben werden. Zuständig für die Ent-
stücken in Berlin (West)
scheidung sind bis zum Erlaß einer bundesgesetz-
(1) Für einen Betrieb, Betriebsteil oder ein Grund- lichen Regelung des gerichtlichen Verfahrens in
stück in Berlin (West) treten in § 50 Abs. 2 an die Landwirtschaftssachen die in den Ländern für Pacht-
Stelle von 0,55 vom Hundert des Einheitswertes schutzsach~n zuständigen Gerichte nach den für sie
oder Einheitswertanteils 0,5 vom Hundert und an geltenden Verfahrensvorschriften.
die Stelle von 0,85 vom Hundert des Einheitswerts
oder Einheitswertanteils 0,75 vom Hundert dieser
§ 60
Werte, jedoch für die Zeit bis zum 31. März 1957
nur ein Drittel dieser Vomhundertsätze. An die Besitzeinweisung
Stelle des 21. Juni 1948 tritt jeweils der 1. April Die Verfügung oder die gerichtliche Entscheidung
1949, soweit es sich nicht um Wirtschaftsgüter eines schließt die Besitzeinweisung ein. Die Besitzeinwei-
gewerblichen Betriebes handelt, dessen DM-Eröff- sung gilt als erfolgt zwei Wochen nach Eintritt der
nungsbilanz auf den 21. Juni 1948 erstellt ist. Rechtskraft der Verfügung oder der gerichtlichen
Entscheidung oder, wenn in der Verfügung oder der
(2) In §§ 54 und 55 Abs. 2 treten bei Betrieben,
gerichtlichen Entscheidung ein späterer Zeitpunkt
Betriebsteilen oder Grundstücken in Berlin (West)
festgesetzt ist, mit diesem Zeitpunkt, frühestens je-
an die Stelle von 2,2 vom Hundert der Abgabe-
doch mit der rechtskräftigen Aufhebung des Nut-
schuld 2 vom Hundert und an die Stelle von 3,4 vom
zungsverhältnisses.
Hundert 3 vom Hundert der Abgabeschuld. In die-
sen Fällen ist der Stand der Abgabeschuld vom
25. Juni 1948 maßgebend. § 61
Entschädigung
des bisherigen Nutzungsberechtigten
§ 57
(1) We,r infolge einer nach §§ 58 und 59 ergange-
Aufhebung von Mietverhältnissen nen Verfügung oder gerichtlichen Entscheidung die
Nutzung verliert, kann Geldentschädigung für Ver-
(1) Wird ein Betrieb, Betriebsteil oder ein Grund- wendungen in sinngemäßer Anwendung der Vor-
stück mit Gebäuden nach Maßgabe des § 42 ver- schriften der §§ 994 bis 996, 998 und 999 des Bürger-
äußert oder verpachtet und sind in diesen Gebäuden lichen Gesetzbuchs verlangen.
Räume zu Wohnzwecken vermietet, so kann der
Vermieter die Aufhebung des Mietverhältnisses (2) Für andere Vermögensnachteile, die durch
v,erlangen, wenn und soweit die Räume für Zwe<=;ke eine nach §§ 58 und 59 ergangene Verfügung oder
des Betriebes benötigt werden. gerichtliche Entscheidung entstehen, kann der Be-
troffene eine Entschädigung verlangen, soweit eine
(2) In den Fällen des Absatzes 1 gelten die Vor- solche unter gerechter Abwägung der Interessen
schriften des § 4 Abs. 2 bis 6 des Mieterschutz- der Allgemeinheit und des Betroffenen geboten er-
gesetzes entsprechend. scheint.
Nr. 47 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. August 1957 1229
(3) Zur Leistung der Entschädigung ist ausschließ- (4) Besteht über dieselbe Sache bereits ein Miet-
lich das Land verpflichtet. Der Bund erstattet 'dem oder Nutzungsverhältnis, so gelten die §§ 57 bis 61
Land die geleistete Entschädigung, wenn entweder entsprechend, § 57 jedoch mit der Maßgabe, daß an
unter Mitwirkung der Siedlungsbehörde eine Eini- die SteHe des Vermieters die Siedlungsbehörde
gung über die Entschädigung erzielt oder eine Ent- tritt.
schädigung rechtskräftig festgesetzt ist.
§ 64
Entsprechende Anwendung von Vorschriften
§ 62 des Reichssiedlungsgesetzes
Inanspruchnahme von Gebäuden und Land Für Geschäfte und Verhandlungen, die der Durch-
(1) Für den in § 35 bezeichneten Zweck können führung der Vorschriften dieses Titels dienen, gilt
für den Betrieb der Land- oder Forstwirtschaft ein- § 29 des Reichssiedlungsgesetzes entsprechend.
gerichtete Gebäude, die ganz oder überwiegend
anderweitig genutzt oder nicht genutzt werden,
§ 65
nach Maßgabe des § 63 bis zu achtzehn Jahren zur
Nutzung in Anspruch genommen werden, falls ent- Ausschluß des Vorkaufsrechts
sprechendes Land bis zur Größe einer selbständi- der Siedlungsunternehmen
gen Ackernahrung zur Verfügung gestellt werden In den Fällen des § 42 ist die Ausübung des Vor-
kann. kaufsrechts nach § 4 des Reichssiedlungsgesetzes
(2) Land, das sich im Eigentum des Bundes oder ausgeschlossen.
der Länder befindet, soll nach Maßgabe des § 63
bis zur gleichen Dauer zu dem in § 35 bezeichneten § 66
Zweck für die Ausstattung eines wüsten Hofes, Änderung des Reichssiedlungsgesetzes
einer sonstigen Hofstelle oder eines landwirtschaft-
(1) § 3 Abs. 1 Satz 2 des Reichssiedlungsgesetzes
lichen Kleinbetriebes bis zur Größe einer selbstän-
wird aufgehoben.
digen Ackernahrung zur Nutzung in Anspruch ge-
nommen werden, anderes Land, sofern es anhaltend (2) Bei einer Enteignung nach § 3 Abs. 1 des
so schlecht bewirtschaftet wird, daß die gesetzlich Reichssiedlungsgesetz~s ist das Siedlungsunterneh-
vorgeschriebenen Maßnahmen zur Sicherung der men verpflichtet, das enteignete Land innerhalb
Landbewirtschaftung angeordnet werden können. einer von der Siedlungsbehörde zu bestimmenden
(3) Die Inanspruchnahme ist nur zulässig, wenn Frist zu kultivieren. Wird das enteignete Land nicht
die Wirtschaftlichkeit des Betriebes, dem die Ge- innerhalb dieser Frist kultiviert, so hat der Ent-
bäude oder das Land dienen, nicht nachhaltig beein- eignete oder sein Rechtsnachfolger nach Ablauf
trächtigt wird oder wenn die Inanspruchnahme aus eines Jahres nach Beendigung der Frist (Satz 1) bin-
einem anderen Grund für den Eigentümer oder nen eines weiteren Jahres einen Anspruch auf Rück-
sonstigen Nutzungsberechtigten nicht eine unbillige übereignung gegen Erstattung der Entschädigung.
Härte bedeutet. (3) Betriebe, die Land zur Kultivierung abgeben,
erhalten auf Antrag nach Durchführung der Kulti-
§ 63
vierung im Wege der Anliegersiedlung (§ 1 des
Verfahren Reichssiedlungsgesetzes) Land in der ihrer Abgabe
(1) Die Siedlungsbehörde kann nach Anhörung entsprechenden Größe, höchstens jedoch eine Fläche,
der Beteiligten verlangen, daß der Verfügungs- die zur Hebung des Betriebes bis zur Größe einer
berechtigte mit einer der in § 35 bezeichneten Per- selbständigen Ackernahrung erforderlich ist.
sonen nach Maßgabe des § 42 ein Rechtsverhältnis
ver,einbart, das diese zur Nutzung einer der nach § 67
§ 62 der Inanspruchnahme unterliegenden Sache
berechtigt. Die Siedlungsbehörde hat dem Verfü- Finanzierungsrichtlinien
gungsberechtigten eine angemessene Frist für eine Die Richtlinien für die Gewährung von Darlehen
Vereinbarung des Nutzungsverhältnisses zu setzen. und Beihilfen, für die Verwendung des Zweckver-
Die Frist beginnt mit der Zustellung an den Ver- mögens (§ 46 Abs. 2), für die Freistellung der Länder
fügungs berechtigten. (§ 46 Abs. 7) und für die Regelung der Entschädi-
(2) Kommt die Vereinbarung innerhalb der Frist gung (§ 61 Abs. 3) erläßt der Bundesminister für
nicht zustande, so kann die Siedlungsbehörde die Ernährung, Landwirtschaft und Forsten im Einver-
Person, mit der das Nutzungsverhältnis zu begrün- nehmen mit den Bundesministern der Finanzen und
den ist, mit deren Einverständnis bestimmen und für Ver{:riebene.
die im Rahmen des Ortsüblichen angemessenen
Vertragsbedingungen festsetzen. Die festgesetzten § 68
Bedingungen gelten als zwif':chen den Beteiligten Verwaltungsanordmmgen der Länder
vereinbart; § 60 ist anzuwenden. (1) Bei der Durchführung dieses Titels beteiligen
(3) Gegen eine nach Absatz 1 oder Absatz 2 er- die zuständigen Landesbehörden nach Maßgabe der
lassene Verfügung der Siedlungsbehörde können nach Absatz 2 zu treffenden Bestimmungen die be-
die Beteiligten binnen zwei Wochen nach Zustel- rufsständische Vertretung der Landwirtschaft, die
lung gerichtliche Entscheidung beantragen. § 59 Organisationen der Vertriebenen und Flüchtlinge
Satz 2 und Satz 3, §§ 60 und 61 sind anzuwenden. und die Selbsthilfeeinrichtungen.
1230 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1957, Teil I
(2) Die Landesregierungen bestimmen, welche sich innerhalb einer Frist von drei Monaten nach
Stellen die Aufgaben der Siedlungsbehörde wahr- dem Inkrafttreten dieses Gesetzes bei dem für den
zunehmen haben und in welchem Umfange die Sied- Ort ihres ständigen Aufenthalts zuständigen Zulas-
lungsbehörde unter Beteiligung der Flüchtlings- sungsausschuß zwecks Wiederaufnahme der Kassen-
behörde in den V erfahren nach den Vorschriften praxis zu melden. •)
dieses Titels mitzuwirken hat; sie bestimmen fer- (2) Der Zulassungsausschuß hat Ärzten, Zahn-
ner, in welcher Weise die berufsstä.ndische Vertre- ärzten und Dentisten, die sich gemäß Absatz 1 ge-
tung der Landwirtschaft, die Organisationen der meldet haben, unverzüglich einen Tätigkeitsbereich
Vertriebenen und Flüchtlinge und die Selbsthilfe- ohne Rücksicht auf die Zahl der im Zulassungsbezirk
einrichtungen zu beteiligen sind. bereits Zugelassenen und ohne Anrechnung auf die
Verhältniszahl zuzuweisen.
DRITTER TITEL (3) Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 finden auch An-
Zulassung zur Berufs- und Gewerbeausübung wendung auf Vertriebene und Sowjetzonenflücht-
linge, die vor der Vertreibung oder Flucht zur Aus-
§ 69 übung eines Berufes als Arzt, Zahnarzt oder Dentist
Allgemeine Vorschriften befugt waren und nach bundes- oder landesrecht-
(1) Ist für die Ausübung eines Berufes oder Ge- lichen Vorschriften umgesiedelt wurden oder wer-
werbes eine Zulassung oder Erlaubnis erforderlich, den, wenn sie am bisherigen Aufenthaltsort zur
deren Erteilung von der Feststellung eines Bedürf- Kassenpraxis zugelassen waren oder wenn ihnen die
nisses oder ähnlicher Voraussetzungen abhängt, so Teilnahme an der Kassenpraxis als Arzt, Zahnarzt
sind Vertriebene und Sowjetzonenflüchtlinge, die oder Dentist gestattet war, mit der Maßgabe, daß
vor der Vertreibung in einem solchen oder ähn- die Meldefrist für nach Inkrafttreten dieses Gesetzes
lichen Beruf oder Gewerbe tätig waren, bevorzugt Umgesiedelte mit der Aufenthaltnahme im neuen
zu berücksichtigen, sofern die persönlichen Voraus- Zulassungsbezirk beginnt.
setzungen für die Zulassung oder die Erteilung der (4) Gegen die Entscheidung des Zulassungsaus-
Erlaubnis gegeben sind. schusses gemäß den Absätzen 1 bis 3 kann der An-
tragsteller von den für das Zulassungsverfahren
(2) Die bevorzugte Berücksichtigung gilt bei der
vorgesehenen Rechtsmitteln Gebrauch machen.
Zulassung oder Erlaubnis für mehrere Berufe oder
(5) Im übrigen sind Vertriebene und Sowjet-
Gewerbezweige für jede früher ausgeübte Tätigkeit,
bei mehreren gleichartigen Zulassungen oder Ge- zonenflüchtlinge, die vor der Vertreibung zur Aus-
nehmigungen für einen angemessenen Teil der- übung eines Berufes als Arzt, Zahnarzt oder Dentist
selben. befugt waren, bei sonst gleichen Bedingungen be-
vorzugt zuzulassen: Das gilt nicht, wenn und so-
(3) Die Absätze 1 und 2 finden auch Anwendung lange der Anteil der Vertriebenen und Sowjetzonen-
auf Personen, bei denen eine Vereidigung in Ver- flüchtlinge in diesen Berufen dem Verhältnis ent-
bindung mit einer Bedürfnisprüfung die Vorausset- spricht, in dem die Zahl der Vertriebenen und
zung für die Berufsausübung bildet. Sowjetzonenflüchtlinge zur Gesamtzahl der Bevöl-
(4) Vorschriften, in denen für die Zulassung zu kerung des Landes steht.
einem Gewerbezweig Höchstzahlen festgesetzt wer- § 71
den, die unter der Zahl der bisherigen Zulassungen
liegen, finden auf Vertriebene und Sowjetzonen- Eintragung in die Handwerksrolle
flüchtlinge, die vor der Vertreibung in diesem Ge- Vertriebene -und Sowjetzonenflüchtlinge, die -
werbezweig tätig waren, keine Anwendung, sofern glaubhaft machen, daß sie vor der Vertreibung ein
die persönlichen Voraussetzungen für die Zulassung Handwerk als stehendes Gewerbe selbständig be-
gegeben sind. trieben oder die Befugnis zur Anleitung von Lehr-
(5) Diese Bestimmungen finden keine Anwendung, lingen besessen haben, sind auf Antrag bei der für
wenn und solange der Anteil der Vertriebenen und den Ort ihres ständigen Aufenthaltes zuständigen
Sowjetzonenflüchtlinge in dem Beruf oder Gewerbe Handwerkskammer in die Handwerksrolle einzu-
dem Verhältnis entspricht, in dem die Zahl der Ver- tragen. Für die Glaubhaftmachung ist § 93 entspre-
triebenen und Sowjetzonenflüchtlinge zur Gesamt- chend anzuwenden.
zahl der Bevölkerung des Landes steht.
VIERTER TITEL
§ 70 Förderung selbständig Erwerbstätiger
Zulassung zur Kassenpraxis
§ 12
(1) Vertriebene und Sowjetzonenflüchtlinge, die
vor dem 4. September 1939 als Arzte, Zahnärzte Kredite, Zinsverbilligungen, Bürgschaften
oder Dentisten zur Kassenpraxis zugelassen waren und Teilhaberschaften
oder denen in der Zeit vom 4. September 1939 bis (1) Die Begründung und Festigung selbständiger
zum 8. Mai 1945 die Teilnahme an der Kassenpraxis Erwerbstätigkeit der Vertriebenen und Sowjetzonen-
aJs Arzt, Zahnarzt oder Dentist gestattet ·war und flüchtlinge in der Landwirtschaft, im Gewerbe und
die bis zum 31. Dezember 1952 ihren ständigen
AufontJw lt im Gel tnnqshereich dc~s Grundrycse ::-i:es •) Gemäß Artikel II Abs. 1 des 2. ÄndG BVFG beginnt die Meldefrist
oder in Berlin (West) genommen haben, gelten wei- für Vertriebene und Sowjetzonenflüchtlinge, die erst durch die
Änderung des § 70 Abs .. 1 weiterhin als zur Kassenpraxis zuge-
terhin als zur Kassenpraxis zugelassen. Sie haben lassen gelten, mit dem 21. August 1957.
Nr. 47 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. August 1957 1231
in freien Berufen ist durch Gewährung von Kredi- (2) Finanzierungshilfen der öffentlichen Hand
ten aus öffentlichen Mitteln zu günstigen Zins-, sollen unter der Auflage gegeben werden, daß die
Tilgungs- und Sicherungsbedingungen, durch Zins- Empfänger dieser Hilfen sich verpflichten, bei der
verbillirJungen und Bürgschaftsübernahmen zu för- Vergabe von Aufträgen entsprechend Absatz 1 zu
dern. verfahren.
(2) Zur 1-:estigung selbständiger Erwerbstätigkeit (3) Bei der Vergabe von Aufträgen an Optiker,
soll auch die Umwandlung hochverzinslicher und Orthopäden und Bandagisten durch die Träger der
kurzfristiger Kredite in langfristige zu günstigen sozialen Krankenversicherung sind Vertriebene und
Zins- und Tilgungsbedingungen ermöglicht werden. Sowjetzonenflüchtlinge bei sonst gleichen Bedingun-
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für gen in angemessenem Umfange zu berücksichtigen.
Unternehmen, an denen Vertriebene und Sowjet-
zonenflüchtlinge mit mindestens der Hälfte des Ka- § 75
pitals beteiligt sind, sofern diese Beteiligung und
eine Mitwirkung an der Geschäftsführung für min- Kontingente
destens sechs Jahre sichergestellt sind. Beteiligun- (1) Bei Maßnahmen, die die Erzeugung oder die
gen der öffentlichen Hand, die der Konsolidierung Zu- und Verteilung von Gütern, Leistungen und
solcher Betriebe dienen, bleiben bei der Ermittlung Zahlungsmitteln für gewerbliche Zwecke kontingen-
der Beteiligung der Vertriebenen oder Sowjetzonen- tieren oder in anderer Weise beschränken, haben
flüchtlinge außer Ansatz, wenn diesen das Recht die zuständigen Behörden und Organisationen der
eingeräumt ist, die Beteiligungen der öffentlichen Wirtschaft die Betriebe der Vertriebenen und So-
Hand abzulösen. wjetzonenflüchtlinge unter Berücksichtigung ihrer
(4) Die Vergünstigungen des Absatzes 1 können besonderen Lage angemessen zu beteiligen. Entspre-
auch Unternehmen gewährt werden, die Vertriebe- chendes gilt für Unternehmen, an denen Vertriebene
nen und Sow jetzonenf1üchtlingen den Aufbau einer oder Sowjetzonenflüchtlinge mit mindestens der
selbständigen Existenz dadurch ermöglichen, daß sie Hälfte des Kapitals beteiligt sind, sofern diese Be-
ihnen eine Beteiligung von mindestens 35 vom Hun- teiligung und eine Mitwirkung an der Geschäfts-
dert an ihrem Kapital und Gewinn auf die Dauer führung für mindestens sechs Jahre sichergestellt
von mindestens sechs Jahren sowie eine Beteili- sind.
gung an der Geschäftsführung einräumen (Teil- (2) Sofern bei der Festsetzung von Kontingenten
haberschaft). ein in der Vergangenheit liegender Zeitraum oder ·
§ 73 Zeitpunkt zugrunde gelegt wird, ist bei den in Ab-
satz 1 genannten Betrieben auf Antrag in der Regel
Steuerliche Vergünstigungen und Beihilfen ein anderer entsprechende·r Zeitraum oder Zeitpunkt
(J) Zum Zwecke der Begründung und Festigung zugn~nde zu legen, welcher der Anordnung der
selbständiger Erwerbstätigkeit der Vertriebenen Kontingentierungsmaßnahme vorausgeht und den
und Sowjetzonenflüchtlinge werden steuerliche Ver- besonderen Verhältnissen dieser Betriebe Rechnung
günstigungen nach Maßgabe des Einkommensteuer- trägt. Von diesem Recht können Antragsteller läng-
gesetzes in seiner jeweils geltenden Fassung ge- stens bis zum 31. Dezember 1960 Gebrauch machen.
währt.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend,
(2) Im Hinblick auf die Nichtgewährung der steu- wenn Vertriebene oder Sowjetzonenflüchtlinge, ohne
erlichen Vergünstigungen gemäß Absatz 1 im Ver- Inhaber eines Betriebes zu sein, Werk- oder ähn-
anlagungszeitraum 1951 werden aus Mitteln des liche Verträge mit bestehenden Betrieben abschlie-
Bundeshaushalts 1952 7 Millionen Deutsche Mark ßen, sofern sie vor der Vertreibung einen gleich-
an Vertriebene und Sowjetzonenflüchtlinge als Bei- artigen Betrieb als Eigentümer oder Pächter oder
hilfen nach Richtlinien gewährt, die der Bundes- in einem sonstigen Nutzungsrechtsverhältnis ge-
minister für Vertriebene im Einvernehmen mit dem führt haben. Zur berufsgleichen Eingliederung sind
Bundesminister der Finanzen und dem Bundesmini- solche Verträge zuzulassen und zu fördern.
ster für Wirtschaft erläßt.
§ 76
§ 74
Vergabe von Aufträgen durch die öffentliche Hand Vermietung, Verpachtung und Ubereignung
durch die öffentliche Hand
(l) Bei der Vergabe von Aufträgen durch die
öffentliche Hand sind Vertriebene und Sowjetzonen- Soweit die öffentliche Hand Grund und Boden,
flüchtlinge unbeschadet von Regelungen für not- Räumlichkeiten oder Betriebe zum Zwecke einer
leidende Gebiete bevorzugt zu berücksichtigen. Ent- bestimmten gewerblichen Nutzung verpachtet, ver-
sprechendes gilt für Unternehmen, an denen Ver- mietet oder übereignet, sollen Vertriebene und
triebene oder Sowjetzonenflüchtlinge mit mindestens Sowjetzonenflüchtlinge, die vor der Vertreibung ein
der Hälfte des Kapitals beteiligt sind, sofern diese gleichartiges Gewerbe ausgeübt haben, bevorzugt
Beteiligung und eine Mitwirkung an der Geschäfts- berücksichtigt werden, bis das Verhältnis erreicht
fühnmg für mindestens sechs Jahre sichergestellt ist, in dem die Zahl der Vertriebenen und Sowjet-
sind. Der Bundt!srninister für Wirtschaft erläßt im zonenflüchtlinge zur Gesamtzahl der Bevölkerung
Einvernehmen mit dem Bundesminister für Ver- im Bereich der vergebenden Körperschaft oder
triebene hierzu allgemeine Richtlinien. Stelle steht.
1232 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1957, Teil I
FUNFTER TITEL (2) Sofern für die Schaffung zusätzlicher Lehr-
Förderung unselbständig Erwerbstätiger stellen und Ausbildungsstellen sonstiger Art ein-
schließlich der Einrichtung von Lehrwerkstätten und
§ 77 Lehrlingswohnheimen öffentliche Mittel zur Verfü-
Arbeiter und Angestellte gung gestellt werden, sind diese bevorzugt für die
Unterbringung von Vertriebenen und Sowjetzonen-
(1) Die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und flüchtlingen zu verwenden, bis bei der Besetzung
Arbeitslosenversicherung hat dahin zu wirken, daß von Lehrstellen und Ausbildungsstellen sonstiger
der Anteil der beschtift.igten Arbeitnehmer, die Ver- Art das Verhältnis erreicht ist, in dem die Zahl der
triebene oder Sowjetzonenflüchtlinge sind, an der Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlinge zur Ge-
Gesamtzahl der beschäftigten Arbeitnehmer inner- samtzahl der Bevölkerung im Bereich der Körper-
halb der Landesarbeitsamtsbezirke dem Verhältnis schaft steht, welche die Mittel zur Verfügung stellt.
entspricht, in dem die Zahl der Arbeitnehmer, die
Vertriebene oder Sowjetzonenflüchtlinge sind, zur
§ 79
Gesamtzahl der Arbeitnehmer - getrennt nach Ar-
beitern und Angestellten - in diesen Bezirken Dauerarbeitsplätze
steht. Außerdem hat die Bundesanstalt dahin zv (1) Zur Schaffung von zusätzlichen Dauerarbeits-
wirken, daß dieser Personenkreis aus berufsfremder plätzen für Ve~triebene und Sowjetzonenflüchtlinge
Beschäftigung in die erlernten oder überwiegend sollen aus öffentlichen Mitteln Kredite zu günsti-
ausgeübten Berufe vermittelt wird. gen Zins-, Tilgungs- und Sicherungsbedingungen
(2) Solange das Verhältnis gemäß Absatz 1 nicht sowie Zinsverbilligungen gewährt und Bürgschaften
erreicht ist, sind arbeitslose Vertriebene und So- übernommen werden. Diese Vergünstigungen sollen
wjetzonenflüchtlinge, die nach dem 1. Januar 1949 Betrieben bevorzugt gewährt werden,
weniger als zwei Jahre in Beschäftigung gestanden 1. deren Inhaber Vertriebene oder Sowjet-
haben, von der Bundesanstalt für Arbeitsvermitt- zonenflüchtlinge sind, oder
lung und Arbeitslosenversicherung vor anderen 2. an denen Vertriebene oder Sowjetzonen-
Bewerbern mit gleicher persönlicher und fachlicher flüchtlinge mit mindestens der Hälfte des
Eignung und gleichen sozialen Verhältnissen unter Kapitals beteiligt sind, sofern diese Betei-
Berücksichtigung der Wirtsdrnftslage bevorzugt in ligung und eine Mitwirkung an der Ge-
Arbeit zu vermitteln. Diese Bestimmung findet schäftsführung für mindestens sechs Jahre
jedoch auf die Vermittlung der Wiedereinstellung sichergestellt sind, oder
von Arbeitskräften keine Anwendung, die wegen
vorübergehender Betriebseinschränkung oder -still- 3. die sich vernflichten, in dem geförderten
legung entlassen worden sind, sofern die Entlassung Betrieb mindestens 70 vom Hundert Ver-
nicht länger als sechs Monate zurückliegt. Der Ver- triebene oder Sowjetzonenflüchtlinge für
waltungsrat der Bundesanstalt erläßt über die be- die Laufzeit der Vergünstigung zu beschäf-
vorzugte V ermi ttl ung von arbeitslosen Vertriebenen tigen.
und Sowjetzonenflüchtlingen Richtlinien. Diese be- (2) In besonderen Fällen können die Vergünsti-
dürfen der Zustimmung des Bundesministers für gungen des Absatzes 1 auch gewährt werden
Arbeit. 1. für die Restfinanzierung - jedoch nicht für
(3) In die Beschäftigungszeiten nach Absatz 2 die nachstellige Finanzierung - von Woh-
werden Zeiten der Notstandsarbeit, geringfügiger nungsbauten, sofern diese die Schaffung
Beschäftigung, einer Beschäftigung, die diesen Per- zusätzlicher Dauerarbeitsplätze ermöglicht,
sonen nach ihrer beruflichen Vorbildung, ihrem oder
Alter oder Gesundheitszustand als I?auerbeschäfti- 2. zur Erhaltung gefährdeter Dauerarbeits-
gung nicht zugemutet werden kann, sowie Beschäf- plätze.
tigungszeiten vor einer Umsiedlung nach bundes-
oder landesrechtlichen Vorschriften nicht einge- SECHSTER TITEL
rechnet.
Sonstige Vorschriften
(4) Die Verpflichtung zur Beschäftigung und be-
vorzugten Arbeitsvermittlung anderer Personen- § 80
gruppen nach Maßgabe bestehender Gesetze wird Wohnraumversorgung
hierdurch nicht berührt.
(1) Die Versorgung der Vertriebenen und Sowjet-
§ 78 zonenflüchtlinge mit Wohnraum ist eine vordring-
Lehrstellen und Ausbildungsstellen sonstiger Art liche Aufgabe der Wohnraumbewirtschaftung und
des öffentlich geförderten Wohnungsbaues.
(1) Die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und
Arbeitslosenversicherung hat unter Beteiligung der (2) Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlingen ist
zuständigen Organisu.tionen der Wirtschaft dahin ein angemessener Teil des vorhandenen und des
zu wirken, daß bei der Besetzung von Lehrstellen neu zu schaffenden Wohnraumes zuzuteilen. Dabei
und Ausbildungsstellen sonstiger Art Vertriebene sind die noch in Lagern und anderen Notunterkünf-
und Sowjetzonenflüchtlinge unter Berücksichtigung ten Untergebrachten besonders zu berücksichtigen.
der Berufsnachwuchslage in den Landesarbeitsamts- (3) Im Rahmen der Wohnungsbauprogramme für
bezirken sowie der Eignung der Lehrstellenbewer- den öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau
ber angemessen beteiligt werden. (§§ 29 ff. des Zweiten Wohnungsbaugesetzes vom
Nr. 47 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. August 1957 1233
27. Juni 1956 -- Bundesgesetzbl. I S. 523) ist in nisse des Schuldners am 21. Juni 1948 oder, wenn
möglichst weitem Umfange zugunsten der Vertrie- er erst zu einem späteren Zeitpunkt seinen stän-
benen und Sowjetzonenflüchtlinge auch die Begrün- digen Aufenthalt im Geltungsbereich des Grund-
dung von Eigentum an Wohnungen (Eigenheimen, gesetzes oder in Berlin (West) genommen hat, die ·
Kleinsiedlungen, Wohnungseigentum oder Dauer- Vermögens- und Erwerbsverhältnisse zu diesem
wohnrecht) zu fördern. Zeitpunkt zugrunde zu legen.
(4) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch (3) Das Gericht kann jedoch audi nach dem in
Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Absatz 2 genannten Zeitpunkt erlangtes Vermögen
Vorschriften über die angemessene Berücksichtigung des Schuldners berücksichtigen, wenn und soweit
der Vertriebenen 1md Sowjetzonenflüchtlinge bei dies aus besonderen Gründen zur Vermeidung
der Zuteilung des Wohnraumes zu erlassen, der im einer unbilligen Härte gegenüber dem Gläubiger
Rahmen des mit öffentlichen Mitteln geförderten erforderlich erscheint. Haben sich die Vermögens-
sozialen Wohnungsbaues neu geschaffen wird. und Erwerbsverhältnisse des Schuldners nach dem
in Absatz 2 genannten Zeitpunkt verschlechtert, so
§ 81 ist dies zu berücksichtigen, wenn und soweit dies
aus besonderen Gründen zur Vermeidung einer un-
Nichtanwendung beschränkender Vorschriften billigen Härte gegenüber dem Schuldner erforder-
(1) Vorschriften, nach denen die Ausübung eines lich erscheint.
Rechts oder die Erlangung einer Berufsstellung von (4) Wird über einen Anspruch im Sinne des § 82
einer besonderen Beziehung zu einem Lande oder ein Rechtsstreit anhängig, so kann das Prozeß-
einer Gemeinde (z.B. Geburt, Wohnsitzdauer, Aus- gericht Vertragshilfe nach den Vorschriften der
bildung) abhängig gemacht ist, finden auf Vertrie- Absätze 1 bis 3 auch gewähren, wenn nur der Gläu-
bene und Sowjetzonenflüchtlinge keine Anwendung, biger es beantragt.
wenn sie dort im Zeitpunkt des Inkrafttretens
dieses Gesetzes ihren sUindigen Aufenthalt haben
§ 84
oder nach diesem Zeitpunkt dorthin behördlich zu-
gewiesen oder umgesiedelt werden. Antragsfrist
(2) Durch Absatz 1 werden die besonderen Rechte (1) Der Antrag des Gläubigers nach § 83 Abs. 1
auf Grund einer Mitgliedschaft bei bestehenden oder 4 kann nur bis zum 31. Dezember 1953 gestellt
Realgemeinden oder ähnlichen Nutzungsgemein- werden; hat der Schuldner jedoch erst nach dem
schaften nicht berührt. 31. Dezember 1952 seinen ständigen Aufenthalt im
Geltungsbereich des Grundgesetzes oder in Berlin
(West) genommen, so kann der Antrag innerhalb
VIERTER ABSCHNITT eines Jahres, seitdem der Schuldner seinen stän-
digen Aufenthalt im Geltungsbereich des Grund-
Einzelne Rechtsverhältnisse gesetzes oder in Berlin (West) genommen hat, ge-
ERSTER TITEL stellt werden. Das Gericht kann einen Antrag des
Schuldenregelung für Vertriebene Gläubigers nach diesem Zeitpunkt durch besonderen
und Sowjetzonenflüchtlinge Beschluß zulassen, wenn der Gläubiger glaubhaft
macht, daß er ohne sein Verschulden den Antrag
§ 82 nicht rechtzeitig gestellt hat, und ihn nach Wegfall
des Hindernisses unverzüglich nachgeholt hat.
Grundsatz
Gegen die Entscheidung des Gerichts über die Zu-
Vertriebene können wegen der Verbindlichkeiten, lassung findet die sofortige Beschwerde statt. Das
die vor der Vertreibung begründet worden sind, Beschwerdegericht entscheidet endgültig.
nicht in Anspruch genommen werden, soweit sich (2) Hat der Gläubiger den Anspruch gegen den
aus den folgenden Vorschriften nichts Abweichen- Schuldner mit der Begründung gerichtlich geltend
des ergibt. Dies gilt auch für Vertriebene, die nach gemacht, daß die Voraussetzungen des § 82 nicht
der Bestimmung des § 10 Rechte und Vergünsti- gegeben seien, so gilt ein binnen sechs Monaten
gungen nicht in Anspruch nehmen können. nach Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung
oder nach Klagerücknahme gestellter Antrag gemäß
§ 83 § 83 Abs. 1 oder 4 als rechtzeitig gestellt.
Vertragshilfoverfahren auf Antrag des Gläubigers
(1) Auf Antrag des Gläubigers kann das Gericht § 85
zur Vermeidung unbilliger Härten die unter die Juristische Personen und Handelsgesellschaften
Regelung des § 82 fallenden Verbindlichkeiten im
Die Vorschriften der §§ 82 bis 84 gelten ent-
Wege der richterlichen Vertragshilfe nach den Vor-
sprechend für Verbindlichkeiten von juristischen
schriften des Vertragshilfegesetzes vom 26. März
Personen und Handelsgesellschaften, die ihren Sitz
1952 (Bundesgesetzbl. I S. 198) abweichend regeln.
vor dem 8. Mai 1945 in den in § 1 Abs. 1 bezeich-
(2} Bei Abwägung der Interessen und der Lage neten Gebieten hatten, sofern sich der Sitz, der Ort
beider Teile gemäß § 1 Abs. 1 des Vertragshilfe- der Niederlassung oder die Geschäftsleitung im
gesetzes sind die Vermögens- und Erwerbsverhält- Geltungsbereich dieses Gesetzes befindet.
1234 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1957, Teil I
§ 86 vor der Flucht oder in den Fällen des § 4 vor der
Frühere gerichtliche Entscheidungen und Vergleiche Besetzur1g begründet worden sind, nicht in Anspruch
genommen werden, soweit sich aus Absatz 2 nichts
(1) Die Vorschriften der §§ 82 bis 85 gelten auch, Abweichendes ergibt.
wenn vor der Vertreibung der Anspruch ganz oder
teilweise durch rechtskräftiges Urteil festgestellt (2) § 83 Abs. 1 und 4, §§ 84, 86 Abs. 1, Abs. 2
oder über ihn ein Vergleich abgeschlossen worden Satz 3, Abs. 3 und § 87 sind entsprechend anzu-
ist. Die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung wenden.
kann der Schuldner im Wege der Erinnerung nach § 89
§ 766 der Zivilprozeßordnung gel Lend machen.
Erledigung anhängiger V erfahren
(2) Isl der Anspruch nach der Vertreibung ganz
(1) Erledigt sich ein anhängiger Rechtsstreit durch
odE:r teilweise durch rechtskräftiges Urteil festge-
die Anwendung der §§ 82 bis 88, so trägt jede Par-
stellt oder über ihn ein Vergleich abgeschlossen
tei ihre außergerichtlichen Kosten und die Hälfte der
worden, so sind in einem nach allgemeinen Vor-
gerichtlichen Auslagen; das Gericht kann jedoch die
schriften eingeleiteten Vertrngshilfeverfahren die
außergerichtlichen Kosten und die gerichtlichen Aus-
Vorschriften des § 83 Abs. 2 und 3 entsprechend an-
lagen anders verteilen, wenn dies aus besonderen
zuwenden, sofern der Schuldner den Antrag auf Ge-
Gründen der Billigkeit entspricht. Die Gerichtsge-
währung von Vertragshilfe bis zu dem in § 84
bühren werden nicht erhoben.
Abs. 1 Satz 1 bezeichneten Zeitpunkt stellt. § 84
Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt sinngemäß. Das Vertrags- (2) Erledigt sich ein anhängiges Vertragshilfever-
hilfeverfahren ist auch zulässig, wenn der Anspruch fahren durch die Anwendung der §§ 82 bis 88, so
nach dem 20. Juni 1948, jedoch vor der Vertreibung werden die gerichtlichen Gebühren und Auslagen
begründet und nach der Vertreibung durch rechts- nicht erhoben.
kräftiges Urteil eines außerhalb des Geltungsbe-
reiches des Grundgesetzes oder Berlins (West) ZWEITER TITEL
gelegem.n Gerichts festgestellt worden ist.
Sozialrechtliche Angelegenheiten
(3) Vor Inkrafttreten dieses Gesetzes ergangene
rechtskräftige Entscheidungen, durch die Vertrags- § 90
hilfe gewährt worden ist, bleiben vorbehaltlich der Sozialversicherung
Bestimmung des § 17 des Vertragshilfegesetzes un-
(1) Vertriebene und Sowjetzonenflüchtlinge wer-
berührt.
den in der Sozialversicherung und Arbeitslosenver-
§ 87 sicherung den Berechtigten im Geltungsbereich des
Grundgesetzes und in Berlin (West) gleichgestellt.
Ausnahmen
(2) Vertriebene und Sowjetzonenflüchtlinge kön-
(1) Die Vorschriften der §§ 82 bis 86 gelten nicht
für nen Ansprüche und Anwartschaften, die sie bei
nicht rnehr vorhandenen oder nicht erreichbaren
1. Verbindlichkeiten, die mit Vermögenswer- Trägern der deutschen Sozialversicherung oder bei
ten des Vertriebenen im Geltungsbereich nichtdeutschen Trägern der Sozi'alversicherung er-
des Grundgesetzes oder in Berlin (West) in worben haben, unter Zugrundelegung der bundes-
wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, rechtlichen Vorschriften über Sozialversicherung bei
2. gesetzliche Unterhaltsverpflichtungen, Trägern der Sozialversicherung im Geltungsbereich
3. Löhne und Gehälter, des Grundgesetzes und in Berlin (West) geltend
machen.
4. die in § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Vertrags-
(3) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
hilfegesetzes bezeichneten Verbindlichkei-
ten.
§ 91
(2) Die Vorschrift des § 6 Abs. 2 des Vertrags-
hilfegesetzes gilt entsprechend. *l Ersatz von Fürsorgekosten
(1) Bei Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlin-
§ 88 gen ist anzunehmen, daß durch die Heranziehung
zum Ersatz von Fürsorgekosten nach §§ 25 und 25 a
Regelung für Sowjetzonenflüchtlinge der Verordnung über die Fürsorgepflicht die Her-
(1) Sowjetzonenflüchtlinge, die vor der Flucht stellung einer den Zeitverhältnissen entsprechenden
oder in den Fällen des § 4 im Zeitpunkte der Beset- Lebensgrundlage beeinträchtigt wird; deshalb sind
zung den überwiegenden Teil ihres Vermögens in nach § 4 der Verordnung über den Ersatz von Für-
der sowjetisch besetzten Zone oder im sowjetisch sorgekosten vom 30. Januar 1951 (Bundesgesetzbl. I
besetzten Sektor von Berlin hatten und diesen Teil S. 154) Ersatzansprüche nicht geltend zu machen.
ihres Vermögens durch Enteignungsmaßnahmen (2) Ein nach bürgerlichem Recht unterhaltspflich-
oder diesen wirtschaftlich gleichstehende Maßnab, tiger Vertriebener oder Sowjetzonenflüchtling ist,
men verloren haben oder darüber nicht verfügen soweit es sich um eine Person handelt, auf die sich
k9nnen, können wegen der Verbindlichkeiten, die die Vorschrift des § 1603 Abs. 1 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs bezieht, zum Ersatz von Fürsorgekosten
*) Die fassung des § 87 Abs. 2 beruht auf § 107 des Gesetzes zur nach § 21 a der Verordnung über die Fürsorgepflicht
A11sführung des Ahkommc!ns vom 27. fcbruar 1953 über deutsche
Ausl,mdsschuldcn vom 24. August 1953 (Bundcsgesetzbl. I S. 1003) in der Regel nicht heranzuziehen.
Nr. 47 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. August 1957 1235
(3) Unbeschadet der Regelung in Absatz 2 bleiben 2. durch schriftliche, an Eides Statt abzuge-
die Ersatzansprüche der Fürsorgeverbände nach der bende Erklärungen von zwei Personen, die
Reichsversicherungsordnung, nach den Vorschriften von der Ablegung der Prüfung oder dem
über die Arbeitslosenunterstützung und die Arbeits- Erwerb des Befähigungsnachweises eigene
losenfürsorge, über die Kriegsopferversorgung, die Kenntnis haben.
Kriegsschadenrente und nach § 21 a der Verordnung (3) Die Bescheinigung gemäß Absatz 1 hat im
über die Fürsorgepflicht unberührt, soweit diese Rechtsverkehr dieselbe Wirkung wie die Urkunde
Ansprüche einen Zeitraum betreffen, für den Für- über die abgelegte Prüfung oder den erworbenen
sorgeleistungen gewährt wurden. Bef~higungsnachweis.
(4) Die Absätze 1 bis 3 sind für den Nachweis
rechtserheblicher Tatsachen im Sinne des Gesetzes
DRITTER TITEL zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Arti-
Prüfungen und Urkunden kel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen vom
11. Mai 1951 (Bundesgesetzbl. I S. 307) entsprechend
§ 92 anzuwenden.
Anerkennung von Prüfungen (5) Zuständig für die Entgegennahme von Erklä-
rungen an Eides Statt gemäß Absatz 2 sind die
(1) Prüfungen und Befähigungsnachweise, die
für die Ausstellung der Bescheinigungen gemäß
Vertriebene und Sowjetzonenf1üchtlinge bis zum
Absatz 1 zuständigen und die von den Ländern hier-
8. Mai 1945 im deutschen Reichsgebiet nach dem
zu bestimmten Behörden und Stellen.
Gebietsstande vom 31. Dezember 1937 abgelegt bzw.
erworben haben, sind im Geltungsbereich des
Grundgesetzes und in Berlin (West) anzuerkennen.
VIERTER TITEL
(2) Prüfungen und Befähigungsnachweise, die Sonstige Vorschriften
Vertriebene bis zum 8. Mai 1945 in Gebieten außer-
halb des Deuts.chPn Reiches nach dem Gebietsstande § 94
vom 31. Dezember 1937 abgelegt bzw. erworben Familienzusammenführung
haben, sind im Geltungsbereich des Grundgesetzes
und in Berlin (West) anzuerkennen, wenn sie den (1) Sofern nach Vorschriften des Bundes, der
entsprechenden deutschen Prüfungen und Befähi- Länder oder einer Besatzungsmacht der Zuzug oder
gungsnachweisen gleichwertig sind. Die Bundes- der Aufenthalt im Geltungsbereich des Grundgeset-
regierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung zes oder in Berlin (West) von einer Erlaubnis ab-
mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, hängt, darf diese nicht verweigert werden, wenn
welche Prüfungen und Befähigungsnachweise, deren sie ein Vertriebener oder Sowjetzonenflüchtling,
Anerkennung nicht in die ausschließliche Zuständig- der im Geltungsbereich des Grundgesetzes oder in
keit der Länder fällt, den entsprechenden deutschen Berlin (West) seinen ständigen Aufenthalt hat, für
Prüfungen und Befähigungsnachweisen gleichwertig seine in Absatz 2 genannten Angehörigen zum
sind. Si.e kann dabei bestimmen, ob und in welchem Zwecke der Familienzusammenführung beantragt.
Umfange Ergänzungsprüfungen abzulegen sind. (2) Als Familienzusammenführung im Sinne des
Absatzes 1 gilt die Zusammenführung
§ 93 1. von Ehegatten,
Ersatz von Urkunden 2, von minderjährigen Kindern zu den Eltern,
(1) Haben Vertriebene oder Sowjetzonenflücht-
3. von hilfsbedürftigen Eltern zu Kindern;
linge die zur Ausübung ihres Berufes notwendigen dabei sind im Verhältnis zwischen Eltern
oder für den Nachweis ihrer Befähigung zweckdien- und Kindern auch Schwiegerkinder zu be-
lichen Urkunden (Prüfungs- oder Befähigungsnach- rücksichtigen, wenn das einzige oder letzte
weise) und die zur Ausstellung von Ersatzurkunden Kind verstorben oder verschollen ist,
erforderlichen Unterlagen verloren, so ist ihnen auf 4. von volljährigen hilfsbedürftigen Kindern
Antrag durch die für die Ausstellung entsprechender zu den Eltern oder volljährigen Kindern
Urkunden zuständigen Behörden und Stellen eine zu hilfsbedürftigen Eltern,
Bescheinigung auszustellen, wonach der Antragstel- 5. von minderjährigen Kindern zu den Groß-
ler die Ablegung der Prüfung oder den Erwerb des eltern, falls die Elt~rn nicht mehr leben
Befähigungsnachweises glaubhaft nachgewiesen hat. oder sich der Kinder nicht annehmen
(2) Voraussetzung für die Ausstellung der Be- können,
scheinigung gemäß Absatz 1 ist die glaubhafte 6. von minderjährigen Kindern zu Verwand-
Bestätigung ten der Seitenlinie, wenn Verwandte auf-
steig_ender Linie nicht mehr leben oder
1. durch schriftliche, an Eides Statt abzuge-
sich der Kinder nicht annehmen können,
bende Erklärung einer Person, die auf
Grund ihrer früheren dienstlichen Stellung 7. von volljährigen, in Ausbildung stehen-
im Bezirk des Antragstellers von der Ab- den Kindern zu den Eltern,
legung der Prüfung oder dem Erwerb des 8. von Eltern zu Kindern oder, wenn Enkel
Befähigungsnachweises Kenntnis hat, oder vorhanden sind, zu Schwiegerkindern,
1236 Bundesgesetzblatt, Jahrgang· 1957, Teil I
9. von Geschwistern zueinander, wenn ein (2) Der Stand der wirtschaftlichen und sozialen
Teil hilfsbedürftig ist, Eingliederung der Vertriebenen und Sowjetzonen-
10. von Schwiegerkindern zu hilfsbedürftigen flüchtlinge im Vergleich zu deren Lage vor der
Schwiegereltern. Vertreibung ist durch eine Statistik festzustellen,
die im Zusammenhang mit der Beantragung von
(3) Personen, die im Wege der Familienzusam- Ausweisen durchzuführen ist. Die Antragsteller
menführung ihren ständigen Aufenthalt im Gel- haben die Antragsvordrucke (§ 16) in doppelter Aus-
tungsbereich des Grundgesetzes oder in Berlin fertigung auszufüllen. Die für die statistische Aus-
(West) genommen haben, können ihrerseits ein wertung bestimmten Doppelstücke werden durch
Recht auf Nachzug von Familienangehörigen aus qie Statistischen Amter nach den für die Statistik
dieser Vorschrift nur dann herleiten, wenn sie selbst g'eltenden Vorschriften weiter bearbeitet. Die Ko-
Rechte und Vergünstigungen als Vertriebene oder sten hierfür tragen Bund und Länder nach den bei
Sowjetzonenflüchtlinge in Anspruch nehmen können. ihnen anfallenden Arbeiten.
§ 95
Unentgeltliche Beratung SECHSTER ABSCHNITT
(1) Organisationen der Vertriebenen und Flücht- Strafbestimmungen
linge, deren Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen
§ 98
Geschäftsbetrieb gerichtet ist, dürfen Vertriebene
und Sowjetzonenflüchtlinge im Rahmen ihres Auf- Erschleichung von Vergünstigungen
gabengebietes in Rechts-, Steuer- und Wirtschafts- Mit Gefängnis und Geldstrafe oder einer dieser
fragen unentgeltlich beraten. Sie bedürfen hierzu Strafen wird bestraft, wer vorsätzlich unrichtige
keiner besonderen Erlaubnis. oder unvollständige Angaben tatsächlicher Art
(2) Diese Tätigkeit kann ihnen im Falle miß- macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen
bräuchlicher Ausübung untersagt werden. Das Nä- Rechte oder Vergünstigungen, die Vertriebenen
here bestimmt die Bundesregierung durch Rechts- oder Sowjetzonenflüchtlingen vorbehalten sind, zu
verordnung mit Zustimmung des Bundesrates. erschleichen.
§ 99
FUNFTER ABSCHNITT Pflichtverletzung von Verwaltungsangehörigen
Kultur, Forschung und Statistik Mit Gefängnis und Geldstrafe oder einer dieser
Strafen wird bestraft, wer als Verwaltungsangehö-
§ 96 riger bei der Durchführung dieses Gesetzes vorsätz-
Pflege des Kulturgutes der Vertriebenen und Flücht- lich Ausweise oder Bescheinigungen für Personen
ausstellt, von denen er weiß, daß sie kein Recht auf
linge und Förderung der wissenschaftlichen
Erteilung des Ausweises oder der Bescheinigung
Forschung
haben.
Bund und Länder haben entsprechend ihrer durch
das Grundgesetz gegebenen Zuständigkeit das Kul-
SIEBENTER ABSCHNITT
turgut der Vertreibungsgebiete in dem Bewußtsein
der Vertriebenen und Flüchtlinge, des gesamten Ubergangs- und Schlußbestimmungen
deutschen Volkes und des Auslandes zu erhalten,
Archive, Museen und Bibliotheken zu sichern, zu § 100
ergänzen und auszuwerten, sowie Einrichtungen des Änderung des Lastenausgleichsgesetzes
Kunstschaffens und der Ausbildung sicherzustellen
und zu fördern. Sie haben Wissenschaft und For- Das Gesetz über den Lastenausgleich vom
schung bei der Erfüllung der Aufgaben, die sich 14. August 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 446) wird wie
aus der Vertreibung und der Eingliederung der Ver- folgt geändert:
triebenen und Flüchtli'.nge ergeben, sowie die Weiter- 1. § 11 erhält folgende Fassung:
entwicklung der Kulturleistungen der Vertriebenen
,,§ 11
und Flüchtlinge zu fördern. Die Bundesregierung
berichtet jährlich dem Bundestag über das von ihr Vertriebener
Veranlaßte.
(1) Vertriebener ist, wer als deutscher Staats-
§ 97 angehöriger oder deutscher Volkszugehöriger
seinen Wohnsitz in den zur Zeit unter fremder
Statistik
Verwaltung stehenden deutschen Ostgebieten
(1) Bund und Länder haben die auf dem Gebiete oder in den Gebieten außerhalb der Grenzen
des Vertriebenen- und Flüchtlingswesens erforder- des Deutschen Reiches nach dem Gebietsstande
lichen statistischen Arbeiten durchzuführen. Insbe- vom 31. Dezember 1937 hatte und diesen im
sondere haben sie die Statistik so auszugestalten, Zusammenhang mit den Ereignissen des
daß die statistischen Unterlagen für die Durchfüh- zweiten Weltkrieges infolge Vertreibung, ins-
rung der zum Zwecke der Eingliederung der Ver- besondere durch Ausweisung oder Flucht, ver-
triebenen und Sowjetzonenflüchtlinge erlassenen loren hat. Bei mehrfachem Wohnsitz muß der-
Vorschriften zur Verfügung gestellt werden können. jenige Wohnsitz verlorengegangen sein, der
Nr. 47 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. August 1957 1237
für die persönlichen Lebensverhältnisse des Be- den Fällen des Absatzes 2 Nr. 5 als Ehegatte
troffenen bestimmend war. Als bestimmender eines deutschen Staatsangehörigen oder deut-
Wohnsitz im Sinne von Satz 2 ist insbesondere schen Volkszugehörigen den ständigen Aufent-
der Wohnsitz anzusehen, an welchem die Fa- halt in den in Absatz 1 genannten Gebieten
milienangehörigen gewohnt haben. verloren hat.
(2) Vertriebener ist auch, wer als deutscher (4) Wer infolge von Kriegseinwirkungen
Staatsangehöriger oder deutscher Volkszuge- Aufenthalt in den in Absatz 1 genannten Ge-
höriger bieten genommen hat, ist jedoch nur dann
1. nach dem 30. Januar 1933 die in Ab- Vertriebener, wenn aus den Umständen her-
satz 1 genannten Gebiete verlassen vorgeht, daß er sich auch nach dem Kriege in
und seinen Wohnsitz außerhalb des diesen Gebi'eten ständig niederlassen wollte."
Deutschen Reiches genommen hat, weil 2. In § 248 Satz 1 werden nach den Worten „für
aus Gründen politischer Gegnerschaft Heimatvertriebene" die Worte „im Sinne des
gegen den Nationalsozialismus oder § 2 des Bundesvertriebenengesetzes vom 19. Mai
aus Gründen der Rasse, des Glaubens 1953"(Bundesgesetzbl. I S. 201)" eingefügt; Satz 2
oder der Weltanschauung national- wird gestrichen.
sozialistische Gewaltmaßnahmen gegen
ihn verübt worden sind oder ihm 3. In § 249 Abs. 1 wird die Nummer 4 wie folgt
drohten, ergänzt:
2. auf Grund der während des zweiten „ und soweit sie nicht für den unrentierlichen
Weltkrieges geschlossenen zwischen- Teil der Finanzierung eines Vorhabens, ins-
staatlichen Verträge aus außerdeut- besondere zur Melioration oder zur Kulti-
schen Gebieten oder während des vierung von Moor-, Odland und Rodungs-
gleichen Zeitraumes auf Grund von flächen (§ 40 des Bundesvertriebenengesetzes)
Maßnahmen deutscher Dienststellen aufgewendet worden sind oder werden".
aus den von der deutschen Wehr-
macht besetzten Gebieten umgesiedelt 4. § 301 Abs. 1 Satz 2 erhält folgende Fassung:
worden ist (Umsiedler), „Aus dem Härtefonds sollen insbesondere auch
3. nach Abschluß der allgemeinen Ver- Sowjetzonenflüchtlinge und die diesen gleich-
treibungsmaßnahmen die zur Zeit gestellten Personen (§§ 3 und 4 des Bundesver-
unter fremder Verwaltung stehenden triebenengesetzes vom 19. Mai 1953 - Bun-
deutschen Ostgebiete, Danzig, Estland, desgesetzbl. I S. 201) berücksichtigt werden."
Lettland, Litauen, die Sowjetunion,
Polen, die Tschechoslowakei, Ungarn, § 101
Rumänien, Bulgarien, Jugoslawien, Al-
banien oder China verlassen hat oder Änderung des Notauinahmegesetzes
verläßt, es sei denn, daß er erst nach Das Gesetz über die Notaufnahme von Deutschen
dem 8. Mai 1945 einen Wohnsitz in in das Bundesgebiet vom 22. August 1950 (Bundes-
diesen Gebieten begründet hat (Aus- gesetzbl. S. 367) in der Fassung des Gesetzes vom
siedler), 21. Juli 1951 (Bundesgesetzbl. I S. 470) wird wie
4. ohne einen Wohnsitz gehabt zu haben, folgt geändert:
sein Gewerbe oder seinen Beruf stän-
dig in den in Absatz 1 genannten Ge- 1. § 1 Abs. 2 erhält folgende Fassung:
bieten ausgeübt hat und diese Tätig- ,, (2) Diese besondere Erlaubnis darf Per-
keit infolge Vertreibung aufgeben sonen nicht verweigert werden, die aus den in
mußte, Absatz 1 genannten Gebieten flüchten mußten,
5. seinen Wohnsitz in den in Absatz 1 um sich einer von ihnen nicht zu vertretenden
genannten Gebieten gemäß § 1O des und durch die politischen Verhältnisse beding-
Bürgerlichen Gesetzbuchs durch Ehe- ten besonderen Zwangslage zu entziehen, und
schließung verloren, aber seinen stän- dort nicht durch ihr Verhalten gegen die
digen Aufenthalt dort beibehalten Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechts-
hatte und diesen infolge Vertreibung staatlichkeit verstoßen haben. Eine besondere
aufgeben mußte, Zwangslage ist vor allem dann gegeben, wenn
eine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben
6. in den in Absatz 1 genannten Gebieten oder die persönliche Freiheit vorgelegen hat.
als Kind einer unter Nummer 5 fallen- Eine besondere Zwangslage ist auch bei einem
den Ehefrau gemäß § 11 des Bürger- schweren Gewissenskonflikt gegeben. Wirt-
lichen Gesetzbuchs keinen Wohnsitz, schaftliche Gründe allein begründen keinen
aber einen ständigen Aufenthalt hatte Rechtsanspruch auf Erteilung der besonderen
und diesen infolge Vertreibung auf- Erlaubnis nach Absatz 1."
geben mußte.
(3) Als Vertriebener gilt auch, wer, ohn~ 2. § 2 Satz 3 erhält folgende Fassung:
selbst deutscher Staatsangehöriger oder deut- ,,Er entscheidet auch darüber, \vas als beson-
scher Volkszugehöriger zu sein, als Ehegatte dere Zwangslage im Sinne des § 1 Abs. 2 an-
eines Vertriebenen seinen Wohnsitz oder in zusehen ist."
1238 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1957, Teil I
§ 102 4. Vorschriften der Länder über die Einglie-
Aufhebung des Flüchtlingssiedlungsgesetzes derung der Vertriebenen und Sowjetzonen-
flüchtlinge, die eine günstigere Regelung
Das Gesetz zur Förderung der Eingliederung von 'vorsehen.
Heimatvertriebenen in die Landwirtschaft (Flücht-
(3) Rechte und Vergünstigungen, die Vertriebe-
lingssiedlungsgesetz) vom 10. August 1949 (WiGBl.
S. 231) wird aufgehoben. nen nach anderen als den in Absatz 2 Nr. 1 bis 3
genannten bundes- und landesrechtlichen Vorschrif-
ten gewährt werden, stehen mit dem Inkrafttreten
§ 103
dieses Gesetzes auch Sowjetzonenflüchtlingen sowie
Aufhebung von landesrechtlichen Vorschriften Personen zu, welche diesen gleichgestellt sind oder
werden-
Die Vorschriften der Länder, welche die in den
§§ 91, 93, 94 und 95 dieses Gesetzes geregelten
§ 105
Tatbestände betreffen, insbesondere § 7 Abs. 1
Satz 2 des Flüchtlingsgesetzes des Landes Nord- Weitergeltung der bisherigen Ausweise
rhein-V✓ estfalen vom 2. Juni 1948 treten außer
(1) Die bisher von den Ländern für Vertriebene
Kraft. Dasselbe gilt für Strafbestimmungen der Län-
und Flüchtlinge ausgestellten Ausweise gelten als
der auf dem Gebiet des Vertriebenen- und Flücht-
Nachweis der Vertriebenen- oder Flüchtlingseigen-
lingsrechts.
schaft im Sinne dieses Gesetzes, bis sie durch Aus-
§ 104 weise gemäß § 15 ersetzt oder durch die Bundes-
regierung außer Kraft gesetzt werden.
Verhältnis zum sonstigen Bundes- und Landesrecht
(2) Für die Einziehung oder Ungültigkeitserklä-
(1) Soweit in sonstigen bundes- und landesrecht- rung der in Absatz 1 genannten Länderausweise gilt
lichen Vorschriften der Vertriebenen- und Flücht- § 18 entsprechend.
lingsbegriff festgelegt ist oder verwendet wird,
treten die Vorschriften des Ersten Titels und die § 106
nach Maßgabe des § 14 dieses Gesetzes erlassenen
Verwaltungsvorschriften
Vorschriften an ihre Stelle.
Die zur Durchführung dieses Gesetzes erforder-
(2) Durch die Vorschriften dieses Gesetzes blei-
lichen allgemeinen Verwaltungsvorschriften erläßt
ben vorbehaltlich des § 15 Abs. 5 und der ausdrück-
die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundes-
lich genannten Änderungen und Ergänzungen unbe-
rates.
rührt
1. das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhält- § 107
nisse der unter Artikel 131 des Grundge-
setzes fallenden Personen vom 11. Mai 1951 Anwendung des Gesetzes im Land Berlin•)
(Bundesgesetzbl. I S. 307) sowie das Gesetz Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 12 Abs. 1
zur Regelung der Wiedergutmachung natio- und des § 13 Abs. 1 des Dritten Dberleitungsgesetzes
nalsozialistischen Unrechts für Angehörige vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im
des öffentlichen Dienstes vom 11. Mai 1951 Land Berlin. Rechtsverordnungen, die auf Grund
(Bundesgesetzbl. I S. 291), der in di,esem Gesetz enthaltenen Ermächtigungen
2. die Vorschriften auf dem Gebiete des erlassen werden, gelten im Land Berlin nach § 14
Lastenausgleichs, des Dritten Dberleitungsgesetzes.
3. die Vorschriften der Länder zur Regelung
der Wiedergutmachung nationalsozialisti-
•) Das Gesetz gilt nicht im Saarland (siehe auch Artikel IV Abs. 2
schen Unrechts, des ÄndG BVFG).
Herausgeber: Der Bundesminister der Justiz - Verlag: Bundesanzeiger-Verlags-GmbH., Bonn/Köln - Druck: Bundesdruckerei Bonn.
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