651
Bundesgesetzblatt
Teil I
1956 Ausgegeben zu Bonn am 24. Juli 1956 Nr.36
Tag Inhalt: Seite
21. 7. 56 Wehrpflichtgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 651
21. 7. 56 Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht 662
Wehrpflichtgesetz.
Vom 21. Juli 1956.
Ubersicht
ABSCHNITT I ABSCHNITT IV
Wehrpflicht Beendigung des Wehrdienstes
1. Umfang der Wehrpflicht §§ und Verlust des Dienstgrades §§
Allgemeine Wehrpflicht ...................... . Beendigungsgründe ............................... 28
Wehrpflicht der Ausländer und Staatenlosen . . . . 2
Entlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • 29
Inhalt und Dauer der Wehrpflicht . . . . . . . . . . . . . . 3
Ausschluß aus der Bunde1swehr und Verlust des
2. Vvehrdienst Dienstgrades . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
Arten des Wehrdienstes 4 Wiederaufnahme de:s Verfahrens ............ , .... . 31
Grundwehrdienst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
Wehrübungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
Anrechnung von freiwillig geleistetem Wehrdienst 7 ABSCHNITT V
Wehrdienst in fremden Streitkräften . . . . . . . . . . . . 8
Rechtsmittel
3. Wehrdienstausnahmen
Dauernde Dienstuntauglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Rechtsweg ................ , ..... , ..... , .. • •.,. • • • 32
Ausschluß vom Wehrdienst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Besondere Vorschriften für das Vorverfahren . . . . . . 33
Befreiung vom Wehrdienst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Besondere Vorschriften für das gerichtliche Verfahren 34
Zurückstellungen vom Wehrdienst . . . . . . . . . . . . . . 12 Anfechtungsklage gegen den Musterungs- und den
Unabkömmlichstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Einberufungsbescheid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
ABSCHNITT II
Wehrersatzwesen ABSCHNITT VI
1. Wehrersatzbehörden .. ; . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Ubergangs- und Schlußvorschriften
2. Erfa,ssung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
Angehöri,ge der früheren Wehrmacht und Wehr-
3. Heranziehung von ungedienten Wehrpflichtigen pflichtige älterer Geburtsjahrgänge . . . . . . . . . . . . . . . . 36
Zweck der Musterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Verzicht auf einen Dienstgrad ................ ; . . . . 37
Durchführung der Musterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Wiedergutmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
Musterungsausschuß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Verleihung eines höheren Dienstgrades . . . . . . . . . . . . 39
Verfahrensgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Zeitweiliger Dienstgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
Zurückstellungsantrctge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Wehrpflicht bei Zuzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
Einberufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Bundesgrenzschutz und Polizei in den Ländern . . . . . . 42
Verfahrensvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Wehrpflichtige im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
4. Heranziehung von gedienten Wehrpflichtigen . . . . 23 Zustellung und Vorführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
5. Wehrüberwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Bußgeldvorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
Stadtstaatklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
ABSCHNITT III Ubergangsvorschriften für Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . 47
Vorschriften für Kric~D:::;dicnstvcrweigerer Zuständigkeit für den Erlaß der Rechtsverordnungen 48
Wirkungen der Kriogsdicmstvcrwoi~Jenmg . . . . . . . . . 25 Einschränkung von Grundrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Zeitpunkt der ersten Musterungen und Einberufungen 50
Ziviler Ersatzdienst und wu.flcnloser Dienst . . . . . . . . 27 Inkrafttreten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
652 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1956, Teil I
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundes- (2) Die Wehrpflicht endet mit Ablauf des Jahres,
rates das folgende Gesetz beschlossen: in dem der Wehrpflichtige das fünfundvierzigste Le-
bensjahr vollendet. Bei Offizieren und Unteroffizie-
ren endet sie mit Ablauf des Jahres, in dem sie das
ABSCHNITT I sechzigste Lebensjahr vollenden. § 51 des Soldaten-
gesetzes bleibt unberührt.
Wehrpflicht
(3) Im Verteidigungsfalle endet die Wehrpflicht
mit Ablauf des Jahres, in dem der Wehrpflichtige
1. Umfang der Wehrpflicht das sechzigste Lebensjahr vollendet.
§ 1
Allgemeine Wehrpflicht
2. Wehrdienst
(1) Wehrpflichtig sind alle Männer vom voll-
endeten 18. Lebensjahr an, die Deutsche im Sinne § 4
des Grundgesetzes sind und Arten des Wehrdienstes
1. ihren ständigen Aufenthalt im Geltungs-
(1) Der auf Grund der Wehrpflicht zu leistende
bereich dieses Gesetzes haben oder Wehrdienst umfaßt
2. ihren ständigen Aufenthalt außerhalb des
1. den Grundwehrdienst (§ 5),
Gebietes des Deutschen Reichs nach dem
Stand vom 31. DezE-!rnber 1937 (Deutschland) 2. Wehrübungen (§ 6),
haben und entweder 3. im Verteidigungsfalle den unbefristeten
a) ihren letzten innerdeutschen ständigen Wehrdienst.
Aufenthalt im Geltungsbereich dieses (2) Ungediente Wehrpflichtige gehören zur Ersatz-
Gesetzes hatten oder reserve, gediente Wehrpflichtige zur Reserve.
b) einen Paß oder eine Staatsange-
hörigkeitsurkunde der Bundesrepublik
§ 5
Deutschland besitzen oder sich auf
andere Weise ihrem Schutz unterstellt Grundwehrdienst
haben. (1) Die Dauer des Grundwehrdienstes wird durch
(2) Die Wehrpflicht ruht bei Deutschen, die ihren Gesetz geregelt.
ständig,en Aufenthalt und ihre Lebensgrundlage
(2) Der Grundwehrdienst beginnt in der Regel in
außerhalb Deutschlands haben, wenn Tatsachen die
dem Kalenderjahr, in dem der Wehrpflichtige das
Annahme rechtfertigen, daß sie beabsichtigen, ihren
ständigen Aufenthalt im Ausland beizubehalten. 20. Lebensjahr vollendet. Einern Antrag, vorzeitig
Das gilt insbesondere für Deutsche, die zugleich die zum Grundwehrdienst herangezogen zu werden, soll
Staatsangehörigkeit eines anderen Staates besitzen. entsprochen werden.
(3) Verlegt ein Wehrpflichtiger seinen ständigen (3) Wehrpflichtige werden nach Ablauf des Kalen-
Aufenthalt während des Wehrdienstes innerhalb derjahres, in dem sie das fünfundzwanzigste Le-
Deutschlands aus dem Geltungsbereich dieses Ge- bensjahr vollenden, statt zum vollen Grundwehr-
setzes hinaus, so bleibt er während der für diesen dienst zu einem verkürzten Grundwehrdienst, der
Wehrdienst festgesetzten Zeit wehrpflichtig. sechs Monate dauert, einberufen.
(4) Wehrpflichtige können zum verkürzten Grund-
§ 2
wehrdienst einberufen werden, wenn sie auf Grund
Wehrpflicht der Ausländer und Staatenlosen der jährlichen Einberufungsanordnungen des Bun-
(1) Ausländer, deren Heimatstaat Deutsche ge- desministers für Verteidigung nicht zum vollen
setzlich zum Wehrdienst verpflichtet, können unter Grundwehrdienst herangez_ogen werden können.
den gleichen Voraussetzungen, unter denen Deut- (5) Wehrpflichtige, die während des Grundwehr-
sche dort wehrpflichtig sind, durch Rechtsverord- dienstes Freiheitsstrafen einschließlich disziplinarer
nung der Wehrpflicht unterworfen werden.
Arreststrafen von insgesamt mehr als 30 Tagen ver-
(2) Staatenlose können durch Rechtsverordnung büßt haben, müssen die verbüßte Zeit nachdienen.
der Wehrpflicht unterworfen werden, wenn sie
ihren ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich die-
ses Gesetzes haben. § 6
Wehrübungen
§ 3
Inhalt und Dauer der Wehrpflicht (1) Die Gesamtdauer der Wehrübungen wird durch
Gesetz geregelt.
(1) Die Wehrpflicht wird durch den Wehrdienst
oder im Falle des § 25 durch den zivilen Ersatz- (2) Wehrpflichtige können über ihre gesetzlichen
dienst erfüllt. Sie umfaßt die Pflicht, sich zu melden, Pflichten hinaus freiwillig Wehrübungen leisten.
vorzustellen und nach Maßgabe dieses Gesetzes auf Sie haben auch dann die Rechtsstellung eines Sol-
die geistige und körperliche Tauglichkeit unter, daten, der auf Grund der Wehrpflicht Wehrdienst
suchen zu lassen. leistet.
Nr. 36 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 24. Juli 1956 653
§ 7 (3) Der Bundesminister für Verteidigung kann im
Anrechnung Einzelfall Ausnahmen von Absatz 1 Nr. 1 zulassen.
von freiwillig geleistetem Wehrdienst
Der auf Grund freiwilliger Verpflichtung in der § 11
Bundeswehr geleistete Wehrdienst ist auf den
Grundwehrdienst anzurechnen; er kann auch auf Befreiung vom Wehrdienst
Wehrübungen angerechnet werden. (1) Vom Wehrdi,enst sind befreit
1. ordinierte Geistliche evangelischen Be-
§ 8
kenntnisses,
Wehrdienst in fremden Streitkräften, 2. Geistliche römisch-katholischen Bekennt-
nisses, die die Subdiakonatsweihe empfan-
(1) Wehrpflichtige dürfen sich nur mit Zustim- gen haben,
mung des Bundesministers für Verteidigung oder
der von ihm beauftragten Stelle zum Eintritt in 3. hauptamtlich tätige Geistliche anderer Be-
fremde Streitkräfte verpflichten. Dies gilt nicht bei kenntnisse, deren Amt dem eines ordinier-
Wehrdienst, der auf Grund gesetzlicher Vorschrift ten Geistlichen evangelischen oder eines
des Aufenthaltsstaates zu leisten ist. Geistlichen römisch-katholischen Bekennt-
nisses, der die Subdiakonatsweihe empfan-
(2) Der Bundesminister für Verteidigung kann im
gen hat, entspricht,
Einzelfall Wehrdienst in fremden Streitkräften auf
den Wehrdienst nach diesem Gesetz ganz oder zum 4. Schwerkriegsbeschädigte,
Teil anrechnen. Der Wehrdienst soll angerechnet 5. Heimkehrer im Sinne des Heimkehrergeset-
werden, wenn er auf Grund gesetzlicher Vorschrift
zes, die nach dem 1. Juli 1953 von ihrer Ge-
geleistet worden ist oder wenn der Bundesminister
für Verteidigung ihm zugestimmt hat. wahrsamsmacht entlassen worden sind.
(2) Vom Wehrdienst sind auf Antrag zu befreien
Wehrpflichtige, deren sämtliche Brüder oder, falls
keine Brüder vorhanden waren, deren sämtliche
3. Wehr d i e n stau s nahm e n
Schwestern an den Folgen einer Schädigung i~
§ 9 Sinne des § 1 des Bundesversorgungsgesetzes oder
des § 1 des Bundesentschädigungsgesetzes verstor-
Dauernde DienstuntaugHchkeit
ben sind.
Zum Vvehrdienst wird nicht herangezogen,
1. wer für den Wehrdienst körperlich oder geistig § 12
dauernd untauglich ist oder Zurückstellungen vom Wehrdienst
2. wer entmündigt ist.
(1) Vom Wehrdienst wird zurückgestellt,
1. wer für den Wehrdienst vorübergehend un-
§ 10 tauglich ist,
Ausschluß vom Wehrdienst 2. wer, abgesehen von den Fällen des § 10,
eine Freiheitsstrafe verbüßt oder nach
(1) Vom Wehrdienst ist ausgeschlossen, § 42 b des Strafgesetzbuchs in einer Heil-
1. wer durch ein deutsches Gericht zu Zucht- und Pflegeanstalt untergebracht ist,
haus oder wegen einer hochverräterischen, 3. wer unter vorläufige Vormundschaft ge-
staatsgefährdenden oder vorsätzlichen lan- stellt ist.
desveuäterischen Handlung zu Gefängnis
von einem Jahr oder mehr verurteilt wor- (2) Vom Wehrdienst werden Wehrpflichtige, die
den ist, es sei denn, daß der Vermerk über sich auf das geistliche Amt (§ 11) vorbereiten, auf
die Verurteilung im Strafregister getilgt ist, Antrag zurückgestellt.
2. wer die bürgedichen Ehrenrechte oder (3) Hat ein Wehrpflichtiger seinet Aufstellung
die Fähigkeit zur Bekleidung öffontlicher für die Wahl zum Bundestag oder zu einem Land-
Ämter nicht besitzt,
tag zugestimmt, so ist er bis zur Wahl zurückzu-
3. gegen wen auf Maßregeln der Sicherung stellen. Hat er die Wahl angenommen, so kann er
und Besserung nach §§ 42 c bis 42 e des für die Dauer des Mandats, außer auf seinen Antrag,
Strafgesetzbuchs erkannt ist, solange diese nur während der Parlamentsferien einberufen wer-
Maßregeln nicht erledigt sind. den.
(2) Verurteilungen durch Gerichte außerhalb des (4) Vom Wehrdienst soll ein Wehrpflichtiger auf
Geltungsbereichs des Grundgesetzes kommen nur in Antrag zurückgestellt werden, wenn. die Heranzi.e-
Betracht, soweit die Vollstreckung nach dem Gesetz hung zum Wehrdienst für ihn wegen persönlicher,
über die innerdeutsche Rechts- und Amtshilfe in insbesondere häuslicher, wirtschaftlicher oder beruf-
Strafsachen vom 2. Mai 1953 (Bundesgesetzbl. I licher Gründe eine besondere Härte bedeuten
S. 161) zulässig ist oder war. würde. Eine solche liegt in der Regel vor,
654 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1956, Teil I
1. wenn im Falle der Einberufung des Wehr- ABSCHNITT II
pflichtigen
a) die Versorgung seiner Familie, hilfsbe- Wehrersatzwesen
d_ürftiger Angehöriger oder anderer
hilfsbedürftiger Personen, für deren 1. Wehrersatzbehörden
Lebensunterhalt er aus rechtlicher oder
§ 14
sittlicher Verpflichtung aufzukommen
hat, gefährdet würde oder (1) Für die Durchführung der Aufgaben des Wehr-
ersatzwesens mit Ausnahme der Erfassung werden
b) für Verwandte ersten Grades besondere
Notstände zu erwarten sind, in bundeseigener Verwaltung Wehrersatzbehörden
errichtet. Sie unterstehen dem Bundesminister für
2. wenn der Wehrpflichtige für die Erhaltung Verteidigung.
und Fortführung eines eigenen oder elter-
lichen landwirtschaftlichen Betriebes oder (2) Die Wehrersatzbehörden gliedern sich in
Gewerbebetriebes unentbehrlich ist, 1. das Bundes-Wehrersatzamt
- Bundesoberbehörde-,
3. wenn die Einberufung des Wehrpflichtigen
einen bereits weitgehend geförderten Aus- 2. Bereichs-Wehrersatzämter als Abteilungen
bildungsabschnitt unterbrechen würde. der Wehrbereichsverwaltungen und Bezirks-
Wehrersatzämter
(5) Vom Wehrdienst kann ein Wehrpflichtiger - Bundesmittelbehörden-,
ferner zurückgestellt werden, wenn gegen ihn ein
3. Kreis-Wehrersatzämter
Strafverfahren anhängig ist, in dem eine Freiheits-
- Bundesunterbehörden-,
strafe oder eine. mit Freiheitsentziehung verbundene
Maßregel der Sicherung und Besserung zu erwarten (3) Die örtliche Zuständigkeit der Wehrersatzbe-
ist. hörden der Mittel- und Unterstufe ist den Grenzen
der Länder und ihrer Verwaltungsbezirke anzu-
(6) In den Fällen des Absatzes 4 Nr. 1 Buchstabe a,
passen.
Nr. 2 und 3 sowie des Absatzes 5 darf der Wehr-
pflichtige vom vollen Grundwehrdienst höchstens so (4) Die Stellen der Leiter der Bereichs- und Be-
lange zurückgestellt werden, daß er noch in dem zirks-Wehrersatzämter werden im Benehmen mit
Kalenderjahr, in dem er das fünfundzwanzigste Le- den beteiligten Landesregierungen besetzt.
hensjahr vollendet, ein berufen werden kann. In
Ausnahmefällen, in denen die Einberufung eine un-
zumutbare Härte bedeuten' würde, kann er auch 2. Erfassung
darüber hinaus zurückgestellt werden. § 15
(7) Im Verteidigungsfalle treten Zurückstellungen (1) Im Wege der Erfassung werden für alle Wehr-
nach Absatz 2, 4 und 5 außer Kraft. pflichtigen Personennachweise angelegt und laufend
geführt.
§ 13 (2) Die Wehrpflichtigen haben sich nach Auffor-
derung durch die Erfassungsbehörde zur Erfassung
Unabkömmlichstellung persönlich zu melden.
(1) Zum Ausgleich des personellen Kräftebedarfs (3) Die Erfassung ist Aufgabe der Länder. Sie
für die Aufgaben der Bundeswehr und andere Auf- wird von den Meldebehörden durchgeführt; in Län-
gaben kann ein Wehrpflichtiger im öffentlichen In- dern, in denen amtsangehörige Gemeinden Melde-
teresse für den Wehrdienst unabkömmlich gestellt behörden sind, kann die Landesregierung bestim-
werden, wenn und solange er für die von ihm aus- men, daß sie von den Amtern durchgeführt wird.
geübte Tätigkeit nicht entbehrt werden kann. Dies Um die planmäßige und reibungslose Durchführung
soll in der Regel erst nach dem Grundwehrdienst der Erfassung sicherzustellen, kann die Bundesregie-
geschehen. Die Bundesregierung erläßt mit Zustim- rung für besondere Fälle Einzelweisungen erteilen.
mung des Bündesratcs allgemeine Verwaltungsvor-
(4) Die Erfassungsbehörde leitet das Erfassungs-
schriften über Crundsätze, die dem Ausgleich des
ergebnis dem Kreis-Wehrersatzamt zu.
personellen Kräflebedarfs zugrunde zu legen sind.
(2) Uber die Unabkörnmlichstellung entscheidet
die Wehrersatzbehörde auf Antrag der zuständigen 3. Heranziehung
Verwaltungsbehörde. Die Zuständigkeit und das von ungedienten Wehrpflichtigen
Verfahren regelt eine Rechtsverordnung, die im be-
§ 16
sonderen bestimmt, welche sachverständigen Stel-
len der öffentlichen Verwaltung und Wirtschaft zu Zweck der Musterung
hören und wie Meinungsverschiedenheiten zwischen
(1) Ungedient,e Wehrpflichtige werden vor der
der Wehrersatzbehörde und der beantragenden Ver-
Heranziehung zum Wehrdienst gemustert.
waltungsbehörde unter Abwügung der verschiede-
nen Belange auszugleichen sind. Der Arbeitgeber ist (2) Durch die Musterung wird entschieden, welche
verpflichtet, den Wegfall der Voraussetzungen für ungedienten Wehrpflichtigen für den Wehrdienst
die Unabkömmlichstellung eines seiner Arbeitneh- zur Verfügung stehen und sich zum Wehrdienst zu
mer der zuständigen Wehrersatzbehörde anzuzeigen. stellen haben.
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§ 17 füllung ihrer Amtsobliegenheiten nach § der Ver-
ordnung gegen Bestechung und Geheimnisverrat
Durchführung der Musterung
nichtbeamteter Personen in der Fassung vom 22. Mai
(1) DieMusterungwird von den Kreis-Wehrersatz- 1943 (Reichsgesetzbl. I S. 351) zu verpflichten.
ämtern im Benehmen mit den kreisfreien Städten
und den Landkreisen durchgeführt.
§' 19
(2) In jeder kreisfreien Stadt und in jedem Land-
kreis werden ein oder mehrere Musterungsbezirke Verfahrensgrundsätze
gebildet.
(1) Der Vorsitzende eröffnet und leitet das
(3) In den kreisfreien Städten und den Landkrei- Musterungsverfahren. Er hat jedem Beisitzer auf
sen sind die für die Musterung erforderlichen Räume Verlangen zu gestatten, sachdienliche Fragen zu
bereitzustellen. Die Kosten trägt der Bund. stellen.
(4) Die Wehrpflichtigen haben sich nach Auffor- (2) Die Mitglieder des Musterungsausschusses
derung durch die Kreis-Wehrersatzämter zur Muste- haben gleiches Stimmrecht. Weisungen für den Ein-
rung vorzustellen. zelfall dürfen ihnen nicht erteilt werden. Das Ver-
fahren ist nicht öffentlich.
(5) Die Wehrpflichtigen sind vor ihrem Erscheinen
vor dem Musterungsausschuß auf ihre körperliche (3) Der Musterungsausschuß erforscht den Sach-
und geistige Tauglichkeit ärztlich zu untersuchen. verhalt von Amts wegen und erhebt die erforder-
Das Ergebnis der Untersuchung ist unter Angabe lichen Beweise. Der Wehrpflichtige ist zu hören. Eine
des Tauglichkeitsgrades schriftlich dem Musterungs- Beeidigung von Zeugen und Sachverständigen durch
ausschuß vorzulegen; dem Wehrpflichtigen ist eine den Musterungsausschuß findet nicht statt. Die Ab-
Abschrift auszuhändigen. Der Musterungsausschuß gabe eidesstattlicher Versicherungen ist unzulässig.
kann eine nochmalige Untersuchung durch einen
anderen Arzt anordnen. (4) Alle Behörden und Gerichte haben dem Muste-
rungsausschuß Amts- und Rechtshilfe zu leisten. Der
(6) Ärztliche Untersuchungsmaßnahmen, die einer Musterungsausschuß kann insbesondere das Amts-
ärztlichen Behandlung oder einer Operation im gericht, in dessen Bezirk ein Zeuge oder Sachver-
Sinne des § 17 Abs. 4 Satz 5 des Soldatengesetzes ständiger seinen Wohnsitz oder dauernden Aufent-
gleichkommen, dürfen nicht ohne Zustimmung des halt hat, um Vernehmung des Zeugen oder Sachver-
Wehrpflichtigen vorgenommen werden. ständigen ersuchen. Hierbei sind die Tatsachen und
Vorgänge anzugeben, über welche die Vernehmung
(7) Nicht als ärztliche Behandlung und als Ope·-
erfolgen soll. Die Vorschriften des Gerichtsv,erfas-
ration im Sinne des § 17 Abs. 4 Satz 5 des Soldaten-
sungsgesetzes und der Zivilprozeßordming sind
gesetzes und nicht als Eingriffe in die körperliche
sinngemäß anzuwenden. Die Beeidigung eines Zeu-
Unversehrtheit gelten einfache ärztliche Maßnah-
gen oder Sachverständigen liegt im Ermessen des
men wie Blutentnahme aus dem Ohrläppchen, dem
Amtsgerichts. Das Amtsgericht entscheidet auch über
Finger oder einer Blutader oder eine rönt-
die Rechtmäßigkeit einer Verweigerung des Zeug-
genologische Untersuchung.
nisses, des Gutachtens oder der Eidesleistung. Die
Entscheidung kann nicht angefochten werden.
§ 18 (5) Außer dem Wehrpflichtigen kann auch sein
gesetzlicher Vertreter binnen der für den Wehr-
Musterungsausschuß
pflichtigen laufenden Fristen selbständig Anträge
(1) Die Entscheidung nach § 16 Abs. 2 treffen stellen und von den zulässigen Rechtsmitteln Ge-
Mustenmgsausschüsse, die bei den Kreis-Wehrer- brauch machen. Die ,Vorschriften für die Anträge
s~tzämtern gebildet werden. Bei Wehrpflichtigen, und Rechtsmittel des Wehrpflichtigen gelten ent-
die nach § 5 Abs. 2 Satz 2 vorzeitig zum Grund- sprechend.
wehrdienst herangezogen werden sollen, entschei- (6) Kann die Entscheidung nicht im Musterungs-
den die Kreis-Wehrersatzämter. termin getroffen werden, so entscheidet der Muste-
(2) Die Musterungsausschüsse sind mit dem Leiter rungsausschuß, ob der Wehrpflichtige erneut zu
des Kreis-Wehrersatzamtes oder seinem Vertreter laden ist. Der Ausschuß kann den Vorsitzenden er-
als Vorsitzendem, einem Beisitzer, der von der Lan- mächtigen, allein schriftlich zu entscheiden, wenn
desregi,erung oder der von ihr bestimmten Stelle die Entscheidung von dem Ergebnis einer vom Aus-
benannt wird, sowie einem ehrenamtlichen Beisitzer schuß angeordneten Beweisaufnahme abhängt und
besetzt. ein eindeutiges Ergebnis der Beweisaufnahme zu er-
warten ist. Bei erneuter Ladung kann der Muste-
(3) Die ehrenamtlichen Beisitzer werden von den rungsausschuß in anderer Zusammensetzung ent-
Vertretungskörperschaften der · kreisfreien Städte scheiden.
und der Landkreise binnen zwei Monaten nach Mit-
teilung der erforderlichen Zahl der Beisitzer ge- (7) Dber das Ergebnis der Musterung erhalten
wählt. die Wehrpflichtigen einen schriftlichen Musterungs-
bescheid.
(4) Die Beisitzer haben über die ihnen bei der
Ausübung ihres Amtes bekanntgewordenen Ange- (8) Das Verfahren vor dem Musterungsausschuß
legenheiten Verschwiegenheit zu wahren. Beisitze,r, ist kostenfrei. Notwendige Auslagen sind dem Wehr-
die nicht Beamte sind, sind auf gewissenhafte Er- pflichtigen zu erstatten.
656 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1956,. Teil I
§ 20 (2) Als gedient im Sinne dieser Vorschrift gelten
auch Wehrpflichtige, die mindestens drei Monate
Zurückstellungsanträge
Wehrdienst geleistet und dabei eine Grundausbil-
(1) Anträge auf Zurückstellung nach § 12 Abs. 2 dung erhalten haben.
und 4 sollen bei der Meldung zur Erfassung, späte-
stens zwei Wochen vor der Musterung schriftlich
oder zur Niederschrift bei der Erfassungsbehörde
gestellt sein. Sie sind zu begründen. Ist die Frist 5. Wehr über w a c h u n g
versiiumt oder tritt der Zurückstellungsgrund nach § 24
Abli.rnf dieser Frist ein, so können Zurückstellungs-
anträgc bei dem Kreis-Wehrersatzamt gestellt wer- (1) Die Wehrpflichtigen unterliegen von ihrer
den. Musterung an der Wehrüberwachung.
(2) Von der Wehrüberwachung sind diejenigen
(2) Die fafassungsbehörde prüft, ob die Angaben,
die den Antrag begründen, sachlich richtig sind, und Wehrpflichtigen ausgenommen, die
leitet das Prüfungsergebnis dem Kreis-Wehrersatz- 1. für den Wehrdienst dauernd untauglich
amt zu. Uber den Antrag entscheidet der Muste- sind (§ 9),
rungsa ussch uß. 2. vom Wehrdienst dauernd ausgeschlossen
sind (§ 10),
§ 21 3. vom Wehrdienst befreit sind (§ 11),
4. als Kriegsdienstverweigerer anerkannt
Einberufung
sind und den zivilen Ersatzdienst geleistet
Ungediente Wehrpflichtige werden von denKreis- haben.
Wehrersatzämtern in Ausführung des Musterungs-
bescheides zum Wehrdienst einberuf eL Ort und (3) Wehrpflichtige können in besonderen Fällen
Zeit des Dienstantritts werden durch Einberufungs- für begrenzte Zeit von der Erfüllung der ihnen im
bescheid bekanntgegeben. Die Wehrpflichtigen haben Rahmen der Wehrüberwachung übertragenen Auf-
sich entsprechend dem Einberufungsbescheid zum gaben ganz oder teilweise befreit werden, wenn und
Wehrdienst in der Bundeswehr zu stellen. solange sie für eine Einberufung nicht in Betracht
kommen.
(4} Während der Wehrüberwachung haben die
§ 22
Wehrpflichtigen
Verfahrensvorschriften
1. jede Änderung ihres ständigen Aufenthalts
Durch Rechtsverordnung werden nähere Bestim- oder ihrer Wohnung binnen einer Woche
mungen getroffen über der zuständigen Wehrersatzbehörde ihres
Weg- und Zuzugsortes zu melden,
1. das Verfahren bei der Musterung und bei der
Einberufung von ungedienten Wehrpflichtigen 2. Vorsorge zu treffen, daß Mitteilungen der
sowie die Erstattung der Auslagen gemäß § 19 Wehrersatzbehörde sie unverzüglich er-
Abs. 8, reichen,
2. die Voraussetzungen für die Berufung der 3. auf Auffordern der zuständigen Wehr-
ehrenamtlichen Beisitzer in die Musterungsaus- ersatzbehörde sich persönlich zu melden.
schüsse, über die Amtsdauer und die vorzeitige
Beendigung des Amtes sowie über die Entschä- (5) Während der Wehrüberwachung haben die
digung der ehrenamtlichen Beisitzer. Wehrpflichtigen ferner der zuständigen Wehrersatz-
behörde unverzüglich zu melden
1. die Absicht, ihrem ständigen Aufenthalts-
4. Heranzieh u n g ort länger als acht Wochen fernzubleiben;
von gedienten Wehrpflichtigen 2. den Eintritt von Tatsachen, die eine
§ 23 dauernde Dienstuntauglichkeit begründen;
3. den Eintritt von Tatsachen, die eine vor-
(1) Wehrpflichtige, die bereits in der Bundeswehr
gedient haben, werden nach Prüfung ihrer Verfüg- übergehende Dienstuntauglichkeit von vor-
barkeit durch die zuständigen Wehrersatzbehörden aussichtlich mindestens sechs Monaten be-
zum Wehrdienst einberufen. Sie sind zu hören und gründen;
zu untersuchen, wenn seit dem Ausscheiden aus 4. den vorzeitigen Wegfall der Voraussetzun-
dem Wehrdienst mehr als zwei Jahre verstrichen gen für eine Zurückstellung.
sind. Auf die Untersuchung findet § 17 Abs. 6 und 7
Anwendung. Die Wehrpflichtigen haben sich ent- (6) Aufgaben der Wehrersatzbehörde bei der
sprechend dem Einberufungsbescheid zum Wehr- Wehrüberwachung von Wehrpflichtigen, die als Be-
dienst in der Bundeswehr zu stellen. Das Nähere satzungsmitglieder auf Seeschiffen gemäß Flaggen-
über ihre Anhörung und Untersuchung sowie über rechtsgesetz vom 8. Februar 1951 (Bundesgesetzbl. I
den Zeitpunkt der Einberufung regelt eine Rechts- S. 79) fahren, können durch Rechtsverordnung den
verordnung. Seemannsämtern übertragen werden.
Nr. 36 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 24. Juli 1956 651
ABSCHNITT III (7) Ein.er Entscheidung über den Antrag bedarf es
nicht., wenn und solange eine Einberufung aus an-
Vorschriften deren Gründen nicht in Betracht kommt.
für Kriegsdienstverweigerer
§ 27
§ 25
Ziviler Ersatzdienst
Wirkungen und waffenloser Dienst
der Kriegsdienstverweigerung
(1) Durch den zivilen Ersatzdienst werden Auf-
Wer sich aus Gewissensgründen der Beteiligung gaben des Allgemeinwohls wahrgenommen. Seine
an jeder Waffenanwendung zwischen den Staaten Dauer faßt im Frieden die Dauer des Grundwehr-
widersetzt und deshalb den Kriegsditmst mit der dienstes und der Wehrübungen zusammen; im Ver-
Waffe verweigert, hat statt des Wehrdienstes einen teidigungsfall ist der Ersatzdienst unbefristet.
zivilen Ersatzdienst außerhalb der Bundeswehr zu
(2) Die Einrichtung und Organisation des zivilen
leisten. Er kann auf seinen Antrag zum waffenlosen
Ersatzdienstes sowie die Rechtsstellung der Wehr-
Dienst in der Dundeswehr herangezogen werden.
pflichtigen, die den Ersatzdienst zu leisten haben,
regelt ein besonderes Gesetz.
§ 26
(3) Die Verfügbarkeit für den zivilen Ersatzdienst
Verfahren wird durch die Musterung nach den Vorschriften, die
für die Heranziehung zum Wehrdienst gelten, ge-
(1) Uber die Be rech tiqung, den Kriegsdienst mit
der Waffe zu verwc~igern, wird auf Antrag entschie- prüft.
den. (4) Der waffenlose Dienst in der Bundeswehr be-
(2) Der Antrag ist schrifU ich oder zur Niedcr- freit von der Pflicht zum Kampf mit der Waffe und
Echrift beim Krei1;-\N ehrersatzamt zu stellen. Er soll der Pflicht zur Teilnahme an einer Ausbildung, die
bq;ründet werden. Der Antn1u eines ungedienten den Wehrpflichtigen auf den Kampf mit der Waffe
vVehrpflichtigcn soll vierzehn Tage vor der Muste- vorbereitet.
rung eingereicht werden. Er befreit nicht von der
Pflicht, sich zur Erfassung zu melden und zur Mu-
sterung vorzustellen. ABSCHNITT IV
(3) Die Entsch8idung treffen besondere Aus-
schüsse (Prüfungsausschüsse für Kriegsdienstver-
Beendigung des Wehrdienstes
weigerer). Sie sind mit einem vom Bundesminister und Verlust des Dienstgrades
für Verteidigung bestimmten Vorsitzenden und drei
ehrenamtlichen Beisitzern besetzt; einer der Beisit- § 28
zer wird von der Landesregierung oder der von ihr
Beendigungsgründe
bestimmten Stelle benannt. Der Vorsitzende hat im
Ausschuß beratende Stimme; er muß zum Richter- Der Wehrdienst endet
amt oder zum höheren Verwaltungsdienst befähigt 1. durch Entlassung (§ 29),
sein und das fünfunddreißigste Lebensjahr vollen-
2. durch Ausschluß (§ 30).
det haben. Die Beisitzer müssen das fünfunddreißig-
ste Lebensjahr vollendet haben und sollen für ihre
Aufgabe auf Grund ihrer Lebenserfahrung geeignet § 29
sein. Aus jeder kreisfreien Stadt und jedem Land-
kreis sind von den Vertretungskörperschaften min- Entlassung
destens zwei Beisitzer zu wählen. Die Reihenfolge
(1) Ein Soldat, der auf Grund der Wehrpflicht
ihrer Heranziehung wird von dem zuständigen
Kreis-Wehrersatzamt jeweils für ein Jahr durch Wehrdienst leistet, ist zu entlassen:
das Los bestimmt. 1. mit Ablauf der für den Wehrdienst fest-
gesetzten Zeit,
(4) Die Ausschüsse haben bei ihrer Entscheidung
die gesamte Persönlichkeit des Antragstellers und 2. wenn sich herausstellt, daß die Vorausset-
sein sittliches Verhalten zu berücksichtigen. Die zungen des § 1 nicht erfüllt sind,
Mitglieder der Ausschüsse sind an Weisungen nicht 3. wenn der Einberufungsbescheid aufgehoben
gebunden. wird,
(5) Die Prüfungsausschüsse werden für den Be- 4. wenn er als Kriegsdienstverweigerer aner-
zirk eines oder mehrerer Kreis-Wehrersatzämter bei kannt ·ist und keinen Antrag auf Heranzie-
Kreis-W ehr,ersa tzäm tern gebildet. hung zum waffenlosen Dienst stellt,
5. wenn er seiner Aufstellung für die \,Vahl
(6) Im übrigen gelten § 18 Abs. 3 und 4, § 19
Abs. 1 bis 5, 7 und 8 sowie § 22 entsprechend. Der zum Bundestag oder zu einem Landtag zu-
Wehrpflichtige ist über die zulässigen Rechtsmittel gestimmt hat,
(§§ 32 bis 35, 47) zu belehren. 6. wenn er unabkömmlich gestellt ist.
658 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1956, Teil I
(2) Er ist ferner zu entlassen, wenn er körperlich § 31
oder geistig dauernd dienstunfähig ist. Auf seinen
Wiederaufnahme des Verfahrens
Antrag kann er auch dann entlassen werden, wenn
die Wiederherstellung seiner Dienstfähigkeit in- Wird ein Urteil mit den Folgen des § 30 im Wie-
nerhalb der gesetzlichen Wehrdienstzeit nicht zu er- deraufnahmeverfahren durch ein Urteil ersetzt, das
warten ist. Er ist verpflichtet, sich von Ärzten der diese Folgen nicht hat, so gilt der Verlust des
Bundeswehr oder von hierzu bestimmten Ärzten Dienstgrades als nicht eingetr,eten. Die Beendigung
untersuchen zu lassen. Auf die Untersuchung findet des Wehrdienstes durch einen Ausschluß darf für
§ 17 Abs. 6 und 7 Anwendung. Der Arzt der Bundes- die Erfüllung der Wehrpflicht nicht zum Nachteil
wehr muß einen Arzt der Versorgungsverwaltung des Betroffenen geltend gemacht werden.
hinzuziehen, wenn mit cfor Geltendmachung von
Versorgungsansprüchen zu rechnen ist oder wenn
der Soldat dies beantragt. Das Recht des Soldaten,
darüber hinaus Gutachten von Ärzten seiner Wahl ABSCHNITT V
einzuholen, bleibt unberührt. Die über die Entlas-
sung entscheidende Dienststelle kann auch andere Rechtsmittel
Beweise erheben.
(3) Bestehen Zweifel über das Vorliegen einer § 32
Dienstbeschädigung, so ist vor der Entlassung eine Rechtsweg
Ärztekornmission zu hören. Sie ist bei den Bereichs-
Für Rechtsstreitigkeiten bei der Ausführung
Wehrersatzämtern zu bilden. Die Kommission be-
dieses Gesetzes gilt die Verwaltungsgerichts-
steht aus drei Ärzten, die von der medizinischen
Fakultät einer im Bereiche des Wehrersatzamtes lie- ordnung nach Maßgabe der §§ 33 bis 35.
genden Universität, vom Wehrbereichsarzt und von
dem zur Entlassung stehenden Soldaten der über die
§ 33
Entlassung entscheidenden Dienststelle benannt
werden. Die Kornrnission bestimmt ihren Vorsitzen- Besondere Vorschriften für das Vorverfahren
den selbst.
(1) Uber den Widerspruch gegen den Musterungs-
(4) Er kann entlassen werden bescheid entscheidet eine Musterungskammer.
1. auf seinen Antrag nach Anhörung der Wehr- (2) Die Musterungskammern werden bei den
ersatzbehörde, wenn das Verbleiben im Bezirks-Wehrersatzämtern gebildet. Sie sind mit
Wehrdienst für ihn wegen persönlicher, einem zum Richteramt oder zum höheren Ver-
insbesondere häuslicher, beruflicher· oder waltungsdienst befähigten Angehörigen der Wehr-
wirtschaftlicher Gründe eine besondere ersatzverwaltung als Vorsitzendem, einem Beisitzer,
Härte bedeuten würde, der von der Landesregierung oder der von ihr be-
2. wenn gegen ihn auf Freiheitsstrafe von drei stimmten Stelle benannt wird, sowie einem ehren-
Monaten oder mehr erkannt ist. amtlichen Beisitzer besetzt.
(5) Die Entlassung wird von der Stelle verfügt, (3) Uber den Widerspruch gegen den Bescheid
die nach § 4 Abs. 2 des Soldatengesetzes für die Er- der Prüfungsausschüsse für Kriegsdienstverweigerer
nennung des Soldaten zuständig wäre. Die Entlas- entscheiden Prüfungskammern für Kriegsdienst-
sung nach Abschluß einer Wehrübung verfügt der verweigerer, die für den Bezirk eines oder mehrerer
nächste Disziplinarvorgesetzte. Bezirks-Wehrersatzämter bei Bezirks-Wehrersatz-
ämtern gebildet werden. Im übrigen gilt § 26 Abs. 3,
§ 30 4, 6 und 7 entsprechend.
Ausschluß aus der Bundeswehr (4) Die ehrenamtlichen Beisitzer werden von den
und Verlust des Dienstgrades Vertretungskörperschaften der im Bereich des
Bezirks-\Vehrersatzamtes gelegenen kreisfreien
(1) Ein Soldat, der auf Grund der Wehrpflicht
Wehrdienst leistet, ist aus der Bundeswehr ausge- Städte und Landkreise binnen zwei Monaten nach
schlossen, wenn gegen ihn durch Urteil eines deut- Mitteilung der erforderlichen Zahl der Beisitzer ge-
schen Gerichts im Geltungsbereich des Grundge- wählt. Soweit in Ländern für den Bereich einer
setzes auf die in § 10 bezeichneten Strafen, Maß- höh'eren Verwaltungsbehörde Bezirksvertretungen
regeln oder Nebenfolgen erkannt wird. Er verliert bestehen, werden die Beisitzer von diesen gewählt.
seinen Dienstgrad. In Schleswig-Holstein werden die Beisitzer vom
Landtag gewählt. § 18 Abs. 4 und § 22 gelten ent-
(2) Ein Wehrpflichtiger verliert seinen Dienstgrad,
sprechend.
wenn gegen ihn durch ein deutsches Gericht im Gel-
tungsbereich des Grundgesetzes erkannt wird (5) Auch der Leiter des Kreis-Wehrersatzamtes
1. auf die in § 38 Abs. 1 des Soldatengesetzes kann Widerspruch einlegen.
bezeichneten Strafen, Maßregeln oder (6) Für das Verfahren der Musterungskammern
Nebenfolgen oder
gilt § 19 entsprechend. Der Wehrpflichtige kann mit
2. wegen vorsätzlich begangener Tat auf Ge- seinem Einverständnis· von der Pflicht, sich vorzu-
fängnis von einem Jahr oder mehr. stellen, befreit werden.
Nr. 36 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 24. Juli 1956 659
(7) Uber den Widerspruch gegen den Einbe- (2) Für die Heranziehung von Wehrpflichtigen,
rufungsbescheid entscheidet das Bezirks-Wehr- die in der früheren Wehrmacht gedient haben, gilt
ersatzamt. § 23 entsprechend. Sie sind mit ihrem letzten frühe-
ren Dienstgrad einzuziehen. Sie unterliegen der
(8) Der Widerspruch gegen den Musterungs-
Wehrüberwachung von ihrer Erfassung an.
bescheid hat aufschiebende Wirkung.
(3) Wehrpflichtige, die in der früheren Wehr.;
(9) Ist der Muslerungsbescheid unanfechtbar ge- macht Wehrdienst von mindestens drei Monaten
worden, so ist ein Rechtsbc~helf gegen den Ein- Dauer mit einer militärischen Grundausbildung ge-
berufungsbescheid nur insoweit zulässig, als eine leistet haben, werden nur zu Wehrübungen heran-
Rechtsverletzung durch den Einberufungsbescheid gezogen.
selbst geltend gemacht wird.
(4) Für Wehrpflichtige, die außerhalb der frühe-
(10) Der Widerspruch gegen den Einberufungs- ren Wehrmacht mindestens drei Monate Dienst ge-
bescheid (§ 21 und § 23 Abs. 1) hat keine auf- leistet und dabei eine militärische Grundausbildung
schiebende Wirkung. erhalten haben, gilt Absatz 3 entsprechend.
(5) Der Widerspruch gegen den Einberufungs-
bescQeid hat bei der erstmaligen Einberufung zur
§ 34 Bundeswehr aufschiebende Wirkung.
Besondere Vorschriften (6) Ungediente Wehrpflichtige, die vor dem 1. Juli
für das gerichtliche Verfahren 1937 geboren sind, werden nur zum verkürzten
(1) In Rechtsslreitigkeiten bei der Ausführung Grundwehrdienst und zu Wehrübungen herange-
zogen.
dieses Geselzes ist die Berufung gegen das Urteil
des Verwaltungsgerichts ausgeschlossen. § 37
(2) Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Verzicht auf einen Dienstgrad
ist binnen eines Monats nach Zustellung die Revi-
(1) Wehrpflichtige, die nicht in der Bundeswehr
sion an das Bundesverwaltungsgericht zulässig,
gedient haben, können auf ihren früheren Dienst-
wenn wesentliche Mängel des Verfahrens im Sinne
grad verzichten. In diesem Falle erhalten sie den
der Verwaltungsgerichtsordnung gerügt werden
untersten Mannschaftsdienstgrad.
oder das Verwaltungsgericht die Revision in seiner
Entscheidung zugelassen hat. Die Zulassung der (2) Die Verzichterklärung ist bei dem für den
Revision kann nur verweigert werden, wenn offen- Wohnsitz des Wehrpflichtigen zuständigen Kreis-
sichtlich eine Klärung grundsätzlicher Rechtsfragen Wehrersatzamt zu Protokoll zu geben.
nicht zu erwarten ist. Die Revision muß zugelassen (3) Die Verzichterklärung kann nicht wider-
werden, wenn das Urteil von einer Entscheidung rufen werden.
des Bundesverwaltungsgerichts abweicht und auf
dieser Abweichung beruht. Die Beschwerde gegen § 38
die Nichtzulassung der Revision durch das Ver-
Wiedergutmachung
waltungsgericht ist ausgeschlossen.
(1) Angehörigen der früheren Wehrmacht, die
Verfolgte im Sinne des Bundesentschädigungs-
§ 35 gesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 29. Juni
Anfechtungsklage gegen den Musterungs- 1956 (Bundesgesetzbl. I S. 559, 562) sind und deshalb
und den Einberufungsbescheid in ihrer militärischen Laufbahn benachteiligt wurden,
ist auf Antrag der Dienstgrad zu verleihen, den sie
(1) Die Anfechtungsklage gegen den Musterungs- bei normalem Verlauf ihrer Laufbahn wahrschein-
und den Einberufungsbescheid hat keine auf- lich erreicht hätten.
schiebende Wirkung. Das Gericht kann auf Antrag
die aufschiebende Wirkung anordnen. Vor der An- (2) § 39 Abs. 2 ist anzuwenden.
ordnung ist das Bezirks-Wehrersatzamt zu hören.
§ 39
(2) Auch der Leiter des Bezirks-Wehrersatzamtes
kann gegen den Musterungsbescheid Anfechtungs- Verleihung eines höheren Dienstgrades
klage erheben. (1) Einern Wehrpflichtigen, der sich die für einen
höheren Dienstgrad erforderliche militärische Eig-
nung durch Lebens- und Berufserfahrung außerhalb
ABSCHNITT VI der Bundeswehr oder der früheren Wehrmacht er-
Ubergangs- und Schlußvorschriften worben hat, kann dieser Dienstgrad verliehen
werden (§ 4 Abs. 1 Nr. 3 des Soldatengesetzes).
§ 36
(2) Die Verleihung des Dienstgrades kann von
Angehörige der früheren Wehrmacht dem Ergebnis einer Wehrübung abhängig gemacht
und Wehrpflichtige älterer Geburtsjahrgänge werden. In diesem Fall ist der Wehrpflichtige zu
(1) Offiziere und Unteroffiziere der früheren der Wehrübung mit einem vorläufigen Dienstgrad
Wehrmacht sind bis zum Ablauf des Jahres wehr- einzuberufen.
pflichtig, in dem sie das sechzigste Lebensjahr voll- (3) Für die Heranziehung zum Wehrdienst gilt
enden. § 23.
660 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1956, Teil I
§ 40 § 45
Zeitweiliger Dienstgrad Bußgeldvorscbrift
Wird ein Wehrpflichtiger auf Grund seiner durch (1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder
Lebens- und Berufserfahrung erworbenen besonde- fahrlässig
ren Eignung für eine mili tärfachliche Verwendung vor- 1. der Aufforderung nach § 15 Abs. 2 und § 17
gesehen, so kann ihm der für die Dienststellung Abs. 4, sich zur Erfassung zu melden oder
erforderliche Dienstgrad für die Dauer der Ver- zur Musterung vorzustellen, nicht Folge
wendung verliehen werden. leistet,
2. den in § 24 Abs. 4 und 5 begründeten
§ 41 Pflichten zuwiderhandelt.
Wehrpflicht bei Zuzug (2) Die Ordnungswidrigkeit kann, wenn sie vor-
Wer seinen ständigen Aufenthr1Jt in Deutschland sätzlich begangen ist, mit einer Geldbuße bis zu
in den Geltungsbereich dieses Gesetzes hinein ver- eintausend Deutsche Mark, wenn sie fahrlässig be-
legt hat, wird erst ein Jahr danach wehrpflichtig. gangen ist, mit einer Geldbuße bis zu dreihundert
Deutsche Mark geahndet werden.
§ 42 (3) Verwaltungsbehörde im Sinne des § 73 des
Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist, soweit es
Bundesgrenzschutz
sich nicht um Ordnungswidrigkeiten bei der Er-
und PoUzel in den läiukrn
fassung handelt, das Bundes-\Vehrersatzamt oder
(l) WchrpflichtiDe werden w.Jluencl ihrer Zu- die von ihm bestimmte Stelle. Das Bundes-Wehr-
gebörigkeit zum Vollzugsdienst des Bundesgrenz- ersatzamt oder die von ihm bestirnmte Ste!le nimmt
schutzes oder der Polizei in den Uindern nur mit insoweit c:.uch die der obersten Ver-
Zustimmung des Bundesministers des Innern oder waltungsbehörde im Sinne des § 66 Abs. 2 des
des zusUindjgen Landesministers zu Wehrübungen Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten wahr.
herangezogen.
(2) WchrpilichtiDe, die bei Inkrnfüreten dieses § 46
Gesetze::, dem Vollzugsdienst des Bundesgrenz-
schutzes oder der Bereitschaftspolizei der Länder Stadtstaalklausel
angehören oder innerhalb von fünf Jahren in Die Länder Bremen und Hamburg bestimmen,
diesen Vollzugsdienst eintreten, werden nicht zum welche S tcllen die Aufgaben erfüllen, die in diesem
Grundwehrdienst herangezouen. Haben sie im Voll- Gesetz und ,den dazu ergehenden Rechtsverordnun-
zugsdienst mindestens zwei Jahre Dienst geleistet, gen den Landesbehörden, den kreisfreien Städten
so erlischt ihre Pflicht, Grundwehrdienst zu leisten. und den Landkreisen oder den Gemeinden sowie
Sind sie vor Ablauf von zwei Jahren ausgeschieden, deren Vertretungskörperschaften zugewiesen sind.
so kann der bis dahin geleistete Dienst auf den
Grundwehrdienst angerechnet werden.
§ 47
§ 43 Ubergangsvorschriften für Rechtsmittel
Wehrpflichtige im Ausland (1) Bis zum Inkrafttreten der Verwaltungs-
Erfassung, Musterung, Einberufung und Wehrüber- gerichtsordnung gelten das Gesetz über das Bun-
wachung der im Ausland lebenden Wehrpflichtigen desverwaltungsgericht vom 23. September 1952
werden durch besonderes Gesetz geregelt. (Bundesgesetzbl. I S. 625) und die landesrechtlichen
Vorschriften über die Verwaltungsgerichtsbarkeit,
soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
§ 44
(2) Vor Erhebung der Anfechtungsklage gegen
Zustellung und Vorführung
einen nach diesem Gesetz von einer Bundesbehörde
(1) Die in diesem Gesetz vorgesehenen Be- erlassenen Verwaltungsakt sind Rechtmäßigkeit
scheide sind zuzustellen. Für das Zustellungsver- und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in
fahren gilt das Verwaltungszustellungsgesetz vom einem Vorverfahren nachzuprüfen. Das Vorver-
3. Juli 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 379). Für das Zu- fahren beginnt mit der Erhebung des Widerspruchs
stellungsverfahren bei der Erfassung gelten die Zu- nach Maßgabe des § 33. Vorschriften, nach denen
stellungsvorschriften der Länder. Bei minderjähri- vor Erhebung der Anfechtungsklage erfolglos Ein-
gen \tVehrpflichtigen ist an diese zuzustellen; § 7 spruch oder Beschwerde gegen den Verwaltungsakt
Abs. 1 des Verwaltungszustellungsgesetzes und die einzulegen ist, sind nicht anzuwenden. Der An-
entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften gel- fechtungsklage steht die Rechtsbeschwerde nach
ten insoweit nicht. Artikel 13 des Württembergischen Gesetzes über
(2) Bei Wehrpflichtigen, die bei der Erfassung oder die Verwaltungsrechtspflege vom 16. Dezember 1876
Musterung oder auf eine Aufforderung der Wehr- (Re,gierungsblatt für Württemberg S. 485) gleich.
ersatzbehörde, sich persönlich zu melden (§ 24 (3) Der Widerspruch ist binnen zwei Wochen,
Abs. 4 Nr. 3), unentschuldigt fernbleiben, kann die nachdem der Verwaltungsakt dem Wehrpflichtigen
Vorführung angeordnet werden. Die Polizeibehörde bekanntgegeben worden ist, schriftlich oder zur
ist um Durchführung zu ersuchen. Niederschrift bei der Wehrersatzbehörde zu er-
Nr. 36 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 24. Juli 1956 661
heben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die (2) Die Rechtsverordnungen bedürfen der Zu-
Frist wird auch durch Einlegung bei der Wehr- stimmung des Bundesrates.
ersatzbehörde, die den Widerspruchsbescheid zu er-
lassen hat, gewahrt. § 49
Einschränkung von Grundrechten
§ 48
Die Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit
Zuständigkeit (Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes), der
für den Erlaß der Rechtsverordnungen Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 des
Grundgesetzes) und der Fretzügigkeit (Artikel 11
(1) Die Bundesregierung erläßt die Rechtsver-
Abs. 1 des Grundgesetzes) werden nach Maßgabe
ordnungen
dieses Gesetzes eingeschränkt.
1. über die Unterwerfung von Ausländern
und Staatenlosen unter die Wehrpflicht
§ 50
(§ 2),
Zeitpunkt
2. über die Zuständigkeit und das Verfahren
der ersten Musterungen und Einberufungen
bei der Unabkömmlichste~lung (§ 13 Abs. 2),
Die Bundesregierung bestimmt den Tag der ersten
3. über die Ubertragung von Aufgaben der
Musterungen und Einberufungen.
Wehrersatzbehörde bei der Wehrüber-
wachung auf die Seemannsämter (§ 24
Abs. 6), § 51
4. über das Verfahren in den Fällen der Inkrafttreten
§§ 22, 23 Abs. 1 Satz 5, des § 26 Abs. 6 und Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Ver-
des § 33 Abs. 3 und 4. kündung in Kraft.
Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet.
Bonn, den 21. Juli 1956.
Der Bundespräsident
Theodor Heuss
Der Bundeskanzler
Aden~uer
Der Bundesminister für Verteidigung
Blank
Der Bundesminister des Innern
Dr. Schröder
Für den Bundesminister der Finanzen
Der Bundesminister für Atomfragen
Strauß
662 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1956, Teil I
Gesetz zur Änderung
des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht.
Vom 21. Juli 1956.
Der Bundestag hat das folgende Gesetz be- männer unverzüglich das Bundesverfassungs-
schlossen: gericht aufzufordern, Vorschläge für die Wahl
zu machen.
Artikel 1
(2) Das Plenum des Bundesverfassungs-
Das Gesetz über das Bundesverfassungsgericht gerichts beschließt mit einfacher Mehrheit, wer
vom 12. März 1951 (Bundesgesetzbl. I S. 243) wird zur Wahl als Richter vorgeschlagen wird. Ist
wie folgt geändert: nur ein Richter zu wählen, so hat das Bundes-
1. § 2 erhält folgende Fassung: verfassungsgericht drei Personen vorzuschlagen;
sind gleichzeitig mehrere Richter zu wählen, so
,,§ 2
hat das Bundesverfassungsgericht doppelt so
(1) Das Bundesverfassungsgericht besteht aus viele Personen vorzuschlagen, als Richter zu
zwei Senaten. wählen sind. § 16 Abs. 2 gilt entsprechend.
(2) In jeden Senat werden acht Richter ge- (3) Ist der Richter vom Bundesrat zu wählen,
wählt." so gelten die Absätze 1 und 2 mit der Maßgabe,
2. In § 3 Abs. 4 wird folgender Satz 2 angefügt: daß an die Stelle des Ältesten der Wahlmänner
· der Präsident des Bundesrates oder sein Stell-
,,Die Tätigkeit als Richter -des Bundesverfas-
vertreter tritt.
sungsgerichts geht der Tätigkeit als Hochschul-
lehrer vor." (4) Das Recht des Wahlorgans, einen nicht
vom Bundesverfassungsgericht Vorgeschlagenen
3. § 4 Abs. 1 erhält folgende Fassung: zu wählen, bleibt unberührt."
,, (1) Drei Richter jedes Senats werden aus
der Zahl der Richter an den oberen Bundes- 7. § 14 erhält folgende Fassung:
gerichten für die Dauer ihres Amtes an diesen ,,§ 14
Gerichten gewählt. Gewählt werden sollen nur (1) Der Erste Senat des Bundesverfassungs-
Richter, die wenigstens drei Jahre an einem gerichts ist zuständig für Normenkontrollver-
oberen Bundesgericht tätig gewesen sind." fahren (§ 13 Nr 6 und 11 ), in denen über-
wiegend die Unvereinbarkeit einer Vorschrift
4. § 5 Abs. 1 erhält folgende Fassung:
mit Grundrechten oder Rechten aus Artikel 33,
,, (1) Die Richter jedes Senats werden je zur 101, 103 und 104 des Grundgesetzes geltend ge-
Hälfte vom Bundestag und vom Bundesrat ge- macht wird, sowie für Verfassungsbeschwerden
wählt. Von den auf Zeit zu berufenden Richtern mit Ausnahme der Verfassungsbeschwerden
werden drei vor dem einen, zwei von dem nach § 91 und der Verfassungsbeschwerden aus
anderen W,ahlorgan, von den für die Dauer dem Bereich des Wahlrechts.
ihres Amtes an einem oberen Bundesgericht zu
(2) Der Zweite Senat des Bundesverfassungs-
berufenden Richtern einer von dem einen, zwei
gerichts ist zuständig in den Fällen des § 13
von dem anderen Wahlorgan in die Senate ge-
Nr. 1 bis 5, 7 bis 9, 12 und 14, ferner für
wählt."
Normenkontrollverfahren und Verfassungsbe-
5. a) § 6 erhält folgenden neuen Absatz 4: schwerden, die nicht dem Ersten Senat zuge-
,,(4) Die Mitglieder des Wahlmänneraus- wiesen sind.
schusses sind zur Verschwiegenheit über die (3) In den Fällen des § 13 Nr. 10 und 13 be-
ihnen durch ihre Tätigkeit im Wahlmänner- stimmt sich die Zuständigkeit der Senate nach
. ausschuß bekanntgewordenen persönlichen der Regel der Absätze 1 und 2 .
Verhältnisse der Bewerber sowie über die (4) Das Plenum des Bundesverfassungsgerichts
hierzu im Wahlmännerausschuß gepflogenen kann mit Wirkung vom Beginn des nächsten
Erörterungen und über die Abstimmung ver- Geschäftsjahrs die Zuständigkeit der Senate
pflichtet." abweichend von den Absätzen 1 bis 3 regeln,
b) Der bisherige Absatz 4 des § 6 wird Absatz 5 wenn dies infolge einer nicht nur vorüber-
und erhält folgende Fassung: gehenden Uberlastung eines Senats unabweis-
,, (5) Zum Richter ist gewählt, wer min- lich geworden ist. Der Beschluß wird im Bundes-
destens acht Stimmen auf sich vereinigt." gesetzblatt bekanntgemacht.
(5) Wenn zweifelhaft ist, welcher Senat für
6. Nach § 7 wird folgender § 7 a eingefügt:
ein Verfahren zuständig ist, so entscheidet dar-
,,§ 7 a über ein Ausschuß, der aus dem. Präsidenten,
(1) Kommt innerhalb von zwei Monaten nach dem Stellvertreter des Präsidenten und vier
dem Ablauf der Amtszeit oder dem vorzeitigen Richtern besteht, von denen je zwei von jedem
Ausscheiden eines Richters die Wahl eines Senat für die Dauer des Geschäftsjahrs berufen
Nachfolgers auf Grund der Vorschriften des werden. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme
§ 6 nicht zustande, so hat der Älteste der Wahl- des Vorsitzenden den Ausschlag."
Nr. 36 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 24. Juli 1956 663
8. § 15 erhält folgende Fassung: 13. § 54 Abs. 2 erhält folgende Fassung:
,.§ 15 11 (2) Die Durchführung der Voruntersuchung
(1) Der Präsident des Bundesverfassungs- ist einem Richter des nicht zur Entscheidung in
gerichts und sein Stellvertreter führen den Vor- der Hauptsache zuständigen Senats zu über-
sitz in ihrem Senat. Sie werden von dem lebens- tragen."
ältesten anwesenden Richter des Senats ver- 14. § 73 erhält folgenden zweiten Absatz:
treten.
11 (2) Die Vorschrift des § 64 Abs. 3 gilt ent-
(2) Jeder Senat isl beschlußfähig, wenn min- sprechend, sofern das Landesrecht nichts anderes
destens sechs Richter anwesend sind. Im Ver- bestimmt."
fahren gemäß § 13 Nr. 1, 2, 4 und 9 bedarf es
zu einer dem Antragsgegner nachteiligen Ent- 15. § 80 erhält folgende Fassung:
scheidung in jedem Fall einer Mehrheit von ,,§ 80
zwei Dritteln der Mitglieder des Senats. Im (1) Sind die Voraussetzungen des Artikels 100
übrigen entscheidet die Mehrheit der an der Abs. 1 des Grundgesetzes g,egeben, so holen die
Entscheidung mitwirkenden Mitglieder des Gerichte unmittelbar die Entscheidung des Bun-
Senats, soweit nicht das Gesetz etwas anderes desverfassungsgerichts ein.
bestimmt. Bei Stimmengleichheit kann ein Ver-
(2) Die Begründung muß angeben, inwiefern
stoß gegen das Grundgesetz oder sonstiges Bun-
von der Gültigkeit der Rechtsvorschrift die Ent-
desrecht nicht festgestellt werden."
scheidung des Gerichts abhängig ist und mit
9. § 16 wird wie folgt geändert: welcher übergeordneten Rechtsnorm sie unver-
a) Absatz 2 erhält folgende Fassung: einbar ist. Die Akten sind beizufüg,en.
"(2) Es ist beschlußfähig, wenn von jedem (3) Der Antrag des Gerichts ist unabhängig
Senat zwei Drittel seiner Richter anwesend von der Rüge der Nichtigkeit der Rechtsvor-
sind." schrift durch einen Prozeßbeteiligten.
b) Die Absätze 3 und 4 werden gestrichen. (4) Das Bundesverfassungsgericht gibt den
oberen Bundesgerichten Kenntnis von dem Vor-
10. § 24 erhält folgende Fassung: lagebeschluß. Die oberen Bundesgerichte teilen
,,§ 24 dem Bundesverfassungsgericht mit, wie und auf
Grund welcher Erwägungen sie das Grundges-etz
Formwidrige, unzulässige, verspätete oder
in der streitigen Frage bisher ausgelegt haben,
offensichtlich unberJiündete Anträge und An-
ob und wie sie die in ihrer Gültigkeit streitige
träge von offensichtlich Nichtberechtigten kön- Rechtsvorschrift in ihrer Rechtsprechung ange-
nen durch einstimmigen Beschluß des Gerichts
wandt haben und welche damit zusammenhän-
verworfen werden. Der Beschluß bedarf keiner genden Rechtsfragen zur Entscheidung anstehen.
weiteren Begründung, wenn der Antragsteller Das obere Bundesgericht des zuständigen Ge-
vorher auf die Bedenken gegen die Zulässigkeit richtszweigs kann zu dem Vorlagebeschluß eine
oder Begründetheit seines Antrags hingewiesen
Äußerung des Senats vorlegen, der nach der
worden ist."
Geschäftsverteilung im Falle eine,r Revisions-
11. § 30 Abs. 1 erhält folgende Fassung: einlegung zur Entscheidung über die Sache zu-
ständig wäre. Das Bundesverfassungsgericht
,.(1) Das Bundesverfassungsgericht entschei-
gibt den in § 77 genannten Verfassungsorganen
det in geheimer Beratung nach seiner freien,
sowie den in § 82 Abs. 3 genannten Beteiligten
aus dem Inhalt der Verhandlung und dem Er-
Kenntnis.
gebnis der Beweisaufnahme geschöpften Dber-
zeugung. Die Entscheidung ist schriftlich abzu- (5) Handelt es sich um die Gültigkeit von Lan-
fassen, zu begründen und von den Richtern, die desrecht, so ist Absatz 4 mit der Maßgabe ent-
bei ihr mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Sie sprechend anzuwenden, daß an die Stelle der
ist sodann, wenn eine mündliche Verhandlung oberen Bundesgerichte die obersten Gerichte des
stattgefunden hat, in einem dort bekanntzu- Landes treten.
gebenden, nicht über drei Monate hinaus anzu- (6) Das Bundesverfassungsgericht kann obere
beraumenden Termin untE-!r Mitteilung der Bundesgerichte oder oberste Landesgerichte er-
wesentlichen Entscheidungsgründe öffentlich zu suchen, ihre Erwägungen zu einer für die Ent-
verkünden. Der Termin zur Verkündung der scheidung erheblichen Rechtsfrage darzulegen.
Entscheidung kann durch Beschluß des Bundes- Absatz 4 Satz 4 findet entsprechende Anwen-
verfassungsgerichts verlegt werden; hierbei dung."
kann die Frist von drei Monaten überschritten
16. § 82 Abs. 1 erhält folgende Fassung:
werden."
,, (1) Die Vorschriften der §§ 77 bis 79 gelten
12. § 38 erhält folgenden Absatz 2: entsprechend."
,, (2) Das Bundesverfassungsgericht kann zur
17. Hinter § 91 wird folgender § 91 a eingefügt:
Vorbereitung der mündlichen Verhandlung eine
Vonmtersuchung anordnen. Die Durchführung „91 a
der Voruntersuchung ist einem Richter des nicht (1) Ein aus drei Richtern bestehender Aus-
zur Entscheidung in der Hauptsache zuständigen schuß, der von dem zuständigen Senat für die
Senats zu übertragen." Dauer eines Geschäftsjahrs berufen wird, prüft
664 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1956, Teil I
die Verfassungsbeschwerde vor. Jede,r Senat 22. § 99 Abs. 3 wird gestrichen.
kann mehrere Ausschüsse berufen.
(2) Der Ausschuß kann durch einstimmigen 23. § 100 Abs. 1 erhält folgende Fassung:
Beschluß die Verfassungsbeschwerde verwerfen, 11 (1) Endet das Amt eines auf Zeit ernannten
wenn weder von der Entscheidung die Klärung Richters des Bundesverfassungsgerichts, so er-
einer verfassungsrechtlichen Frage zu erwarten hält er, wenn er sein Amt wenigstens zwei
ist, noch dem Beschwerdeführer durch die Ver- Jahre bekleidet hat, für die Dauer eines Jahres
sagung der Entscheidung zur Sache ein schwerer ein Dbergangsgeld in Höhe seiner Bezüge nach
und unabwendbarer Nachteil entsteht. Einigt sich Maßgabe des Gesetzes über das Amtsgehalt der
der Ausschuß nicht, so kann der Senat die Ver- Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts. Dies
fassungsbeschwerde aus diesen Gründen mit ein- gilt nicht für den Fall des Eintritts in den Ruhe-
t ach er Mehrheit verwerfen. stand nach § 99. 11
(3) § 24 Satz 2 findet entsprechende Anwen-
dung." 24. In § 100 wird Absatz 2 gestrichen; der bisherige
Absatz 3 wird Absatz 2 und erhält folgende Fas-
18. § 93 Abs. 1 erhält folgende Fassung: sung:
11(1) Die Verfassungsbeschwerde ist binnen 11 (2) Die Hinterbliebenen eines früheren Rich-
eines Monats zu erheben. Die Frist beginnt mit ters des Bundesverfassungsgerichts, der zur Zeit
der Zustellung oder formlosen Mitteilung der seines Todes Dbergangsgeld bezog, erhalten als
in vollständiger Form abgefaßten Entscheidung, Sterbegeld das Dbergangsgeld, das dem Verstor-
wenn diese nach den maßgebenden verfahrens- benen für die auf den Sterbemonat folgenden
rechtlichen Vorschriften von Amts wegen vor- drei Monate zugestanden hätte, und sodann
zunehmen ist. In anderen Fällen beginnt die Witwen- und Waisengeld für den Rest der Be-
Frist mit der Verkündung der Entscheidung zugsdauer des Dbergangsgeldes; das Witwen-
oder, wenn diese nicht zu verkünden ist, mit und Waisengeld wird aus dem Dbergangsgeld
ihrer sonstigen Bekanntgabe an den Beschwerde- berechnet. 11
führer; wird dabei dem Beschwerdeführer eine
Abschrift der Entscheidung in vollständiger Form 25. § 101 Abs. 1 und 2 erhält folgende Fassung:
nicht erteilt, so wird die Frist des Satzes 1 da- ,, (1) Ein auf Zeit zum Richter des Bundesver-
durch unterbrochen, daß der Beschwerdeführer fassungsgerichts gewählter Beamter oder Rich-
schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle ter scheidet mit der Ernennung aus seinem bis-
die Erteilung einer in vollständiger Form abge- herigen Amt aus. Für die Dauer des Amtes als
faßten Entscheidung beantragt. Di,e Unterbre- Richter des Bundesverfassungsgerichts ruhen die
chung dauert fort, bis die Entscheidung in voll- in dem Dienstverhältnis als Beamter oder Rich-
ständiger Form dem Beschwerdeführer von dem ter begründeten Rechte und Pflichten. Bei unfall-
Gericht erteilt oder von Amts wegen oder von verletzten Beamten oder Richtern bleibt der An-
einem an dem Verfahren Beteiligten zugestellt spruch auf das Heilverfahren unberührt.
wird.''
(2) Endet das Amt als Richter des Bundesver-
19. § 97 wird gestrichen. fassungsgerichts, so tritt der Beamte oder Rich-
20. § 98 Satz 1 erhält folgende Fassung: ter, wenn ihm kein anderes Amt übertragen
wird, aus seinem Dienstverhältnis als Beamter
11 Tritt ein für die Dauer seines Amtes an einem oder Richter in den Ruhestand und erhält das
oberen Bundesgericht ernannter Richter des Bun- Ruhegehalt, das er in seinem früheren Amt
desverfassungsgerichts wegen Erreichung der unter Hinzurechnung der Dienstzeit als Richter
Altersgrenze oder Zurruhes,etzung infolge des Bundesverfassungsgerichts erhalten hätte.
Dienstunfähigkeit in den Ruhestand, so erhält Soweit es sich um Beamte oder Richt,er handelt,
er Ruhegehalt auf der Grundlage der Bezüge, die die nicht Bundesbeamte oder Bundesrichter sind,
ihm nach Maßgabe des Gesetzes über das Amts- erstattet der Bund dem Dienstherrn das Ruhe-
gehalt der Mitglieder des Bundesverfassungs- gehalt sowie die Hinterbliebenenbezüge."
gerichts zuletzt zugestanden haben."
21. § 99 Abs. 1 erhält folgende Fassung: 26. § 101 Abs. 3 erhält folgende Sätze 2, 3 und 4:
11(1) Ein auf Zeit ernannter Richter des Bun- ,,Für die Dauer ihres Amtes als Richter am Bun-
desverfassungsgerichts tritt in den Ruhestand desverfassungsgericht ruhen grundsätzlich ihre
Pflichten aus dem Dienstverhältnis als Hoch-
1. bei Ablauf seiner Amtsperiode, es sei
schullehrer. Von den Dienstbezügen aus dem
denn, daß er in diesem Zeitpunkt das
Dienstverhältnis als Hochschullehrer werden
58. Lebensjahr noch nicht vollendet
zwei Drittel auf die ihnen als Richter des Bun-
hat und seine Wiederwahl ablehnt, desverfassungsgerichts zustehenden Bezüge an-
2. bei Zurruhesetzung infolge Dienst- gerechnet. Der Bund erstattet dem Dienstherrn
unfähigkeit, des Hochschullehrers die durch seine Vertretung
3. bei Zurruhesetzung auf Antrag ohne erwachsenden tatsächlichen Ausgaben bis zur
Nachweis der Dienstunfähigkeit, wenn Höhe der angerechneten Beträge."
der Richter das 62. Lebensjahr voll-
endet und sein Amt als Richter des 27. § 105 Abs. 1 Nr. 1 erhält folgende Fassung:
Bundesverfassungsgerichts wenigstens 111. wegen dauernder Dienstunfähigkeit einen
acht Jahre bekleidet hat." Richter des Bundesverfassungsgerichts in den
Nr. 36 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 24. Juli 1956 665
Ruhestand zu versetzen oder, sofern er kei- Entscheidung überVerfassungsbeschwerden ist jeder
nen Anspruch auf Ruhegehalt nach diesem Senat jedoch beschlußfähig schon dann, wenn min-
Gesetz besitzt, sein Amt vorzeitig für be- destens s,echs Richter anwesend sind.
endet zu er klären;".
. 28. § 105 Abs. 4 und 5 erhält folgende Fassung: Artikel 3
,, (4) Die Ermächtigung nach Absatz 1 bedarf Solange einem Senat mehr als drei für die Dauer
der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglie- ihres Amtes an einem oberen Bundesgericht ge-
der des Gerichts. wählte Richter angehören, ist im Falle des Ausschei-
dens eines dieser Richter der Uachfolger von dem-
(5) Nach Einleitung des Verfahrens gemäß
selben Bundesorgan, das den ausg,eschiedenen Rich-
Absatz 2 kann das Plenum des Bundesverfas-
ter gewählt hat, nach der Vorschrift de~. § 4 Abs. 2
sungsgerichts den Richter vorläufig· seines Am-
zu wählen. Für Richter, die im Laufe des Jahres
tes entheben. Das gleiche gilt, wenn gegen den
1956 wegen Erreichung der Altersgrenze ausschei-
Richter wegen eines Verbrechens oder Vergehens
den, kann der Nachfolger bereits zum 1. September
das Hauptverfahren eröffnet worden ist. Die
1956 auf die Dauer von sieben Jahren gewählt wer-
vorläufige Enlhebung vorn Amt bedarf der Zu-
den; in diesem Falle erhöht sich die gesetzliche Mit-
stimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des
gliederzahl des Senats, dem der ausscheidende Rich-
Gerichts."
ter angehört, bis zum Ausscheiden des Richters ent-
Artikel 2 sprechend.
(1) Abweichend von den Vorschriften des § 2 Artikel 4
Abs. 2 und des § 5 Abs. 1 des Gesetzes über das Anhängige Verfahren gehen mit dem Inkrafttre-
Bundesverfassungsgericht in der Fassung dieses Ge- ten dieses Gesetzes in der Lage, in der sie sich be-
setzes werden die zwei Senate des Bundesverfas- finden, auf den nunmehr zuständigen Senat über. In
sungsgerichts bis zum 31. August 1956 mit je zwölf der Zeit bis zum 31. August 1956 verbleiben j,edoch
Richtern, vom 1. September 1956 bis 31. August 1959 Verfahren, in denen bereits eine mündliche Ver-
nach Maßgabe des Absatzes 2 dieses Artikels mit handlung oder eine Beratung der Entscheidung
je zehn Richtern besetzt. stattgefunden hat, in der Zuständigkeit des bisher
(2) Als Nachfolger für die am 31. August 1956 zuständigen Senats.
wegen Ablaufs ihrer Amtszeit ausscheidenden Rich- Artikel 5
ter wird je ein Richter vom Bundestag und vom Bun-
desrat in jeden der beiden Senate auf die Dauer Artikel 1 Nr. 2, 22 und 26 findet auf Richter, die
von sieben Jahren gewählt. Als Nachfolger für die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes auf Zeit ge-
im September 1959 wegen Ablaufs ihrer Amtszeit wählt sind, bis zum Ablauf ihrer Amtszeit keine An-
ausscheidenden Richter wird je ein Richter vom Bun- wendung.
destag und vom Bundesrat in jeden der beiden Artikel 6
Senate für eine Amtsdauer bis zum 31. August 1967 Soweit das Grundgesetz für das Land Berlin gilt
gewählt. oder die Zuständigkeit des Bundesverfassungs-
(3) Bis zum 31. August 1956 ist § 15 Abs.2 des Ge- gerichts durch ein Gesetz Berlins in Ubereinstim-
setzes über das Bundesverfassungsgericht in der mung mit diesem Gesetz begründet wird, findet die·-
bisher geltenden Fassung anzuwenden. In der Zeit ses Gesetz auch auf Berlin Anwendung.
vom 1. September 1956 bis zum 31. August 1959 ist
in Abweichung von § 15 Abs. 2 Satz 1 in der Fas- Artikel 7
sung dieses Gesetzes jeder Senat beschlußfähig, wenn Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkün-
mindestens sieben Richter anwesend sind; für die dung in Kraft.
Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates
sind gewahrt.
Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet.
Bonn, den 21. Juli 1956.
Der Bundespräsident
Theodor Heuss
Der Stellvertreter des Bundeskanzlers
Blücher
Der Bundesminister der Justiz
Neumayer
666 Bundesgesetzblatt, Jahrgang/ 1956, Teil I
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