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Bundesgesetzblatt
Teill
1956 Ausgegeben zu Bonn am 29. Juni 1956 Nr. 31
Tag Inhalt: Seite
29. 6. 56 Drittes Gesetz zur Änderung des Bundesergänzungsgesetzes zur Entschädigung für Opfer
der nationalsozialistischen Verfolgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 559
In Teil II Nr. 20, ausgegeben zu Bonn am 28. Juni 1956, sind veröffentlicht: Zweite Verordnung zur Änderung des
Ortsklassenverzeichnisses. - Bekanntmachung über die Wiederanwendung des Ubereinkommens und Statuts über
die internationale Rechtsordnung der Seehäfen im Verhältnis zu Mexiko. - Bekanntmachung über das Inkrafttreten
des Brüsseler Protokolls über die Immunitäten der Bank für Inter1•.Altionalen Zahlungsausgleich für die Bundesrepu-
blik Deutschland. - Berichtigung zur Bekanntmachung über den Be1tritt Belgiens zur Satzung der Schiedskommission
für Güter, Rechte und Interessen in Deutschland.
Drittes Gesetz
zur Änderung des Bundesergänzungsgesetzes
zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung.
Vom 29. Juni 1956.
Der Bundesti.1g hat mit Zustimmung des Bundes- Artikel III
rates das folgende Gesetz beschlossen: Uberg angsvorschriften
1. Ansprüche von Verfolgten, die ihren Wohnsitz
Artikel I oder dauernden Aufenthalt in der Zeit vom
Neufassung des Bundesergänzungsgesetzes 1. Januar 1947 bis zum 30. Dezember 1952 aus
zur Entschädigung für Opfer dem Geltungsbereich des Bundesergänzungs-
der nationalsozialistischen Verfolgung gesetzes verlegt haben, bleiben aufrecht-
erhalten.
Das Bundesergänzungsgesetz zur Entschädigung
für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung 2. Soweit in der Zeit vor Verkündung des Ände-
(BEG) vom 18. September 1953 (Bundesgesetzbl. I rungsgesetzes Fürsorgeleistungen (§ 10 Abs. 2
S. 1387) in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur des Bundesentschädigungsgesetzes) erstattet
Änderung des Bundesergänzungsgesetzes zur Ent- worden sind, behält es hierbei sein Bewenden.
schädigung für Opfer der nationalsozialistischen Ver- 3. (1) Ist einem Erben oder Vermächtnisnehmer
folgung vom 10. August 1955 (Bundesgesetzbl. I S. 506) nach der erbrechtlichen Regelung des Bundes-
erhält die Uberschrift „Bundesgesetz zur Entschädi- ergänzungsgesetzes durch Bescheid oder durch
gung für Opfer der nationalsozialistischen Verfol- rechtskräftige gerichtliche Entscheidung ein An-
gung (Bundesentschädigungsgesetz -- BEG -) " und spruch auf Entschädigung zuerkannt worden, so
die aus der Anlage ersichtliche Fassung. behält es hierbei auch dann sein Bewenden,
wenn der Anspruch nach der erbrechtlichen
Regelung des Bundesentschädigungsgesetzes
Artikel II
ganz oder zum Teil einem anderen Erben oder
BegriHsbeslimmun gen Vermächtnisnehmer zustehen würde.
In diesem Gesetz werden bezeichnet (2) Erhöht sich auf Grund des Bundesentschä-
digungsgesetzes der Anspruch des Verfolgten
1. das Dritte Gesetz zur Änderung des Bundes-
und steht dieser erhöhte Anspruch nach · der
ergänzungsgesetzes zur Entschädigung für Opfer
erbrechtlichen Regelung des Bundesentschädi-
der nationalsozialistischen Verfolgung
gungsgesetzes mehreren Erben zu, so muß sich
als Änderungsgesetz, der Erbe, dem ein Teil des Anspruchs nach der
2. das Bundesgesetz zur Entschädigung für Opfer erbrechtlichen Regelung des Bundesergänzungs-
der nationalsozialistischen Verfolgung gesetzes durch Bescheid oder durch rechtskräf-
als Bundesenlschädigungsgesetz, tige gerichtliche Entscheidung zuerkannt wor-
den ist und dem der Anspruch nach Absatz 1
3. das Bundesergänzungsgesetz zur Entschädigung insoweit verbleibt, im Verhältnis der Erben
für Opfer der nationalsozialistischen Verfol- untereinander den Wert des Erhaltenen an-
gung rechnen lassen; das gleiche gilt für Vermächt-
als Bundesergänzungsgesetz. nisnehmer.
560 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1956, Teil I
4. § 62 des Bundesergänzungsgesetzes tritt erst (3) Im Falle der Absätze 1 und 2 entscheidet
mit der Verkündung des Änderungsgesetzes die nach§§ 185, 186 des Bundesentschädigungs-
außer Kraft. gesetzes zuständige Entschädigungsbehörde.
5. Ist vor Verkündung des Änderungsgesetzes mit
Nummer 8 dieses Artikels findet entsprechende
Anwendung.
den in § 53 des Bundesentschädigungsgesetzes
genannten Nachfolgeorganisationen ein Ver- 10. (1) Stand dem Berechtigten nach dem Bundes-
gleich über die Entschädigung für Schaden an ergänzungsgesetz bei Ansprüchen für Schaden
Eigentum oder ftir Sdwden an Vern1ögen ver- im beruflichen und wirtschaftlichen Fortkommen
fol~Jtcn- RPligions~JesP!lschaften abgeschlossen ein Wahlrecht zu und erhöht sich auf Grund des
worden, so sind damit auch die Ansprüche der Bundesentschädigungsgesetzes die nicht ge-
verfolgten Reli~Jionsgesellschaften sowie ihrer wählte Entschädigung, so kann er diese inner-
Rechts- oder Zweckndchfolger nach §§ 142 bis halb der Antragsfrist des§ 189 Abs. 1 des Bun-
148 des B11ndesentsclüidigtmgsgesctzes abge- desentschädigungsgesetzes durch Erklärung
golten. gegenüber der zuständigen Entschädigungs-
6. Wicderkelnende Leistungen auf Grund des behörde verlangen; Nummer 8 dieses Artikels
Bundescrgünzungsgesetzes werden solange findet entsprechende Anwendung.
weilergewührl:, bis die Leistungen nach dem (2) Ist der Verfolgte vor Abgabe der Erklä-
Bundesf~ntschäd.igunrr~gesetz bewirkt werden. rung nach Absatz 1 innerhalb der Antragsfrist
Dies gilt auch für wiederkehrende Vorschuß- des § 189 Abs. 1 des Bundesentschädigungs-
leistun~Jen. Die Wc~ilerzahlung obliegt der bis- gesetzes verstorben, so kann die Witwe oder
her zusliindi~Jen Entschüdigungsbehörde. Soweit unter den Voraussetzungen des§ 17 Abs.1 Nr. 2
die wiedcrkehre>nden Leistungen ohne Aner- des Bundesentschädigungsgesetzes der Witwer
kcnnunq ('.iner Rechtspflicht bewirkt worden nach Maßgabe der §§ 86, 98 die nicht gewählte·
sind, wird durch Satz 1 und 2 kein Rechtsan- Entschädigung durch Erklärung gegenüber de1
spruch aur diese Leistungen begründet. zuständigen Entschädigungsbehörde verlangen,
wenn die Witwe oder der vVitwer selbst Ver-
7. (1) Eines erneuten Antrages auf Entschädigung folgter ist oder von der Verfolgung des ver-
nach dem Bundesentschädigungsgesetz bedarf storbenen Verfolgten mitbetroffen worden ist
(~s nicht, wenn der Anspruch auf Entschädigung
(3) Im Falle der Erklärung nach Absatz 1 und 2
bereits auf Grund des Bundesergänzungs-
sind bereits bewirkte Leistungen auf die neu
gesetzes angemeldet worden ist. Dies gilt auch
gewählte Entschädigung voll anzurechnen. Dies
dann, wenn der bereits angemeldete Anspruch
gilt auch dann, wenn diese Leistungen an einen
auf Cruncl des Bundesergänzungsgesetzes nicht
Dritten bewirkt worden sind.
begründd war.
(2) Eines Antrages bedarf es jedoch in den 11. (1) Ist die Entschädigung vor Verkündung des
F~illen, in dPnen <!in Anspruch nach dem Bun- Anderungsgesetzes durch Vergleich, Verzicht
desergänzungsgesetz durch unanfechtbaren Be- oder Abfindung geregelt worden, so kann der
scheid oder durch rechtskräftige gerichtliche Berechtigte innerhalb der Antragsfrist des§ lfü)
Entscheidung abgewiesen worden ist. Abs. 1 des Bundesentschädigungsgesetzes die
Regelung durch Erklärung gegenüber der zu-
(3) Wiederkehrende Leistungen auf Grund
ständigen Entschädigungsbehörde anfechten.
des Bundesentschädigungsgesetzes werden von
Amts wegr)n neu festgesetzt. (2) Nummer 9 Abs. 3 dieses Artikels findet
entsprechende Anwendung,
8. Ist bei Verkündung des Anderungsgesetzes ein
Antrag auf Entschädigung in einem Land an- 12. Soweit vor Verkündung des Anderungsgesetzes
hängig, so bleiben die Entschädigungsorgane Ansprüche von Berechtigten durch Bescheid
dieses Landes auch für die Ansprüche des An- oder durch rechtskräftige gerichtliche Entschei-
tragstc,llcrs nach dem Bundesentschädigungs- dung festgesetzt worden sind, behält es hierbei
gPsetz zuständig. zugunsten der Berechtigten sein Bewenden.
9. (1) Soweit vor Verkündung des Anderungs- 13. Im Falle des § 216 des Bundesentschädigungs-
gesetzes ein Anspruch auf Entschädigung durch gesetzes kann die Klage frühestens am 1. April
unanfechtbaren Bescheid oder durch rechts- 1957 erhoben werden. Die Zulässigkeit der bei
k rüftige gerichtliche Entscheidung abgelehnt Verkündung des Anderungsgesetzes bereits an-
oder eine Entschädigung in geringerer Höhe als hängigen Klagen wird hierdurch nicht berührt.
nach dPm Bundescnlschüdigungsgesetz zuer-
kannt worden ist, kann der Berechtigte inner-. 14. Waren die Fristen nach § § 99, 101 und 102 des
halb der Antragsfrist des§ 189 Abs. 1 des Bun- Bundesergänzungsgesetzes bei Verkündung des
desentschädigungs~Jesetzes einen neuen Antrag Anderungsgesetzes noch nicht abgelaufen, so
crnf Entschädigung stellen. behält es bei diesen Fristen se,in Bewenden.
(2) Ist in einem bei Verkündung des Ande- 15. Soweit bei Verkündung des Anderungsgesetzes
rungsgesetzes anlüingigcn Verfahren noch Verfahren bei anderen Gerichten als den Ent-
keine Entscheidung ergangen, so ist der An- schädigungsgerichten anhängig sind, behält es
spruch nach den Vorschriften des Bundesent- hierbei sein Bewenden. Das Verfahren richtet
schädigungsqesetzcs festzusetzen. sich nach den bisher geltenden Vorschriften.
Nr. ]1 Ti:lg der Ausgabe: Bonn, den 29. Juni 1956 561
1G. ln Rcchlsang<,legenhcitcn, die im Bundesent- zungsgesetzes in der folgenden Fassung anzu-
schädifJungsges(:11'. gerqJc-11 sind, ist die United wenden:
Restitu lion Orgi.lnizu lion ohne die Beschrän- „Der Bund erstattet den Ländern 90 vom
kungen des § 1B3 Abs. 2 des Bundesentschädi- Hundert des ihnen durch die Leistungen an
fJungsgcsetzPs znr Beratung und zur Vertretung heimatlose Ausländer und nach §§ 21. 23
im Verfahren bei den En l.sc:hücligungsbehörden Abs. 2, §§ 67 bis 76 in der Zeit vom 1. Januar
bcrech ti gt. 1955 bis zum 31. März 1956 erwachsenden
11
17. Eine Erlaubnis zur Rechtsbesorgung unter Be- Aufwc1ndes.
schränkunn auf die im Bundesentschädigungs-
gesetz geregelten Rechtsangelegenheiten darf Artikel IV
von der Verkündung des Änderungsgesetzes an
Geltung im Land Berlin
nicht mehr erlcilt werden. § 183 Abs. 2 des
Bundesenl.schfüligungsgesetzcs bleibt unberührt. Das Anderungsgesetz gilt nach Maßgabe des § 13
Abs. 1 des Dritten Oberleitungsgesetzes vom 4. Ja-
18. Für die in der Zeit vom 1. Oktober 1953 bis
nuar 1952 (Bundesgesetzbl. I S.1) auch imLandBerlin.
zum 31. März 1956 geleisteten Entschädigungs-
ausgaben und die damit zusammenhängenden
bis zum 31. März 1956 eingegangenen Einnah- A rtike_l V
men verbleibt es bei der durch§ 77 des Bundes-
Inkrafttreten
ergänzungsgesetzes getroff encn Regelung. Hier-
bei ist für die Zeit vom l. Januar 1955 bis zum Das Anderungsgesetz tritt. am 1. April 1956 in
3l. März 195G § 77 Abs. 2 des Bundesergän- Kraft.
Die Bundesregierung hat dem vorstehenden Ge-
setz die nach Artikel 113 des Grundgesetzes erfor-
derliche Zustimmung erteilt.
Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet.
Bonn, den 29. Juni 1956.
Der Bundespräsident
Theodor Heuss
Der Bundeskanzler
Adenauer
Der Bundesminister der Finanzen
Schäffer
D e r B u n d e s rn--i n i s t e r d e r J u s ti z
Neumayer
562 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1956, Teil I
Anlage
(zu Artikel I)
Bundesgesetz
zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung
(Bundesentschädigungsgesetz - BEG-)
Inhaltsübersicht
ERSTER ABSCHNITT §§ §§
Allgemeine Vorschriilen 8. Höchstbetrag der Kapitalentschädi-
gung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 bis 125
Ersler Titel: Anspruch auf En lschädigung 1 bis 12
9. Ermächtigung der Bundesregierung
Zweit.er Titel: Ubcr~Jang und Ubertrag1mg zum Erlaß von Rechtsverordnungen . 126
des Anspruchs ;:rn[ Enl.schiidigtmg ..... . 13 bis 14 III. Schaden im wirtschaftlichen Fortkom-
men
ZWEITER ABSCHNITT 1. Schaden an einer Versicherung außer-
halb der Sozialversicherung . . . . . . . . 127 bis 133
Schadenstatbestände
2. Versorgungsschäden . . . . . . . . . . . . . . . 134 bis 137
Erster Titel: Sdwden an Lebl!IJ .......... . 15 bis 27
3. Schaden in der Sozialversicherung . . 138
Zwciler Titel: Sdrnden c1n Körper oder 4. Schaden in der Kriegsopferversorgung 139
C<~sundheit .......................... . 28 bis 42
IV. Gemeinsame Vorschriften über Vererb-
Dritter Titel: Sdwdl~ll an Freiheit lichkeit und Ubertragbarkeit . . . . . . . . . . 140
1. Freiheitsenlzidrnn~J ................ . 43 bis 46
Achter Titel: Soforthilfe für Rückwanderer 141
JI. Freiheilslwschriinkun~J ............. . 47 bis 50
Vierter Titel: Schfülen un Ei~Jl~nturn ...... . 51 bis 55 DRITTER ABSCHNITT
Fli11ltc~r Titel: Sclldden an Vermögen ..... . 56 bis 58 Besondere Vorschriften für juristische Per-
sonen, Anstalten oder Personenvereinigungen 142 bis 148
Sl!d1~;ler Titel: Sd1acfon durch Zahlung von
Sonderabqalwn, Celdstra fen, Bußen und VIERTER ABSCHNITT
Kosten .............................. . 59 bis 63
Besondere Gruppen von Verfolgten
Sic•llenl.er Titel: Schc1dl!ll im beruflichen und
im wirtschaltlichen Fortkommen
Erster Titel: Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149
I. Crundsat.z ......................... . 64 Zweiter Titel: Verfolgte aus den Vertrei-
bungsgebieten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 bis 159
Ir. Schuden im berufliclwn Fortkommen
1. Be~Jriff
Dritter Titel: Staatenlose und Flüchtlinge
65
im Sinne der Genfer Konvention 160.bis 166
2. SclbsU1ndi~Je Berufe .............. . 66 bis 86
3. Unsclbst.~indigc Berule FUNFTER ABSCHNITT
/\. Privater Diensl ............... . 87 bis 98 Aus Gründen ihrer Nationalität Geschädigte 167 bis 168
B. Offentlichcr Dienst
SECHSTER ABSCHNITT
a) Gemeinsc1me Vorschriften ... . 99 bis 101
Befriedigung der Entschädigungsansprüche 169 bis 170
b) Beamte .................... . 102 bis 107
c) Berufssoldaten .............. . 108 SIEBENTER ABSCHNITT
d) Angestellte und Arbeiter ... . 109 bis 110 Härteausgleich ........................... . 171
c) Nichtbeamtete außerordentliche
Professoren und Privatdozenten ACHTER ABSCHNITT
an den wisscnschaftlichenHoch-
schulen .................... . 111 Verteilung der Entschädigungslast 172
C. Dienst bei Religionsgesellschaft.en 112
NEUNTER ABSCHNITT
4. Schädigung in selbständiger und
Entschädigungsorgane und Verfahren
unselbständiger Erwerbstätigkeit . . . 113
5. Nichtaufnahme einer Erwerbstätigkeit Erster Titel: Entschädigungsorgane 173 bis 174
trotz ab~Jcschlossener Berufsilusbil- Zweiter Titel: Gemeinsame Verfahrensvor-
dung ............................ . 114 175 bis 183
schriften ............................. .
G. Schaden in der Ausbildung ........ . 115 bis 119
Dritter Titel: Entschädigungsbehörden 184 bis 207
7. Zusammentre!Jen von Ansprüchen auf
Entschädigung für Schaden im beruf- Vierter Titel: Entschädigungsgerichte 208 bis 227
lichen Fortkommen mit Ansprüchen
auf Entschüdignng für Schaden an ZEHNTER ABSCHNITT
Leben, Körper oder CPsundheit ..... 120 bis 122 Ubergangs- und Schlußvorschriften 228 bis 241
Nr. 31 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 29. Juni 1956 563
In Anerkennung der Tütsachc, 3. der Geschädigte, der von nationalsozialisti-
daß Personen, die aus Cründcn politischer Gegner- schen Gewaltmaßnahmen betroffen worden
schaft gegen den Nationalsozialismus oder aus Grün- ist, weil er irrtümlich einer Personengruppe
den der Rasse, des Claubens oder der Weltanschau- zugerechnet wurde, die aus den in Absatz 1
ung unter der nalionalsozialistischcn Gewaltherr- und 2 genannten Gründen verfolgt worden
schaft verfolgt wordc!n sind, Unrecht geschehen ist, ist.
daß der aus Uberzcugung oder um des Glaubens § 2
oder des Gevv issens w illcn gegen die nationalsozia- ( 1) Nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen sind
listische Gewaltherrschaft geleistete Vviderstand ein solche Maßnahmen, die aus den Verfolgungsgrün-
Verdienst um das Wohl des Deulscht~n Volkes und den des § 1 auf Veranlassung oder mit Billigung einer
Staates war und Dienststelle oder eines Amtsträgers des Reiches,
daß auch demokrntische, religiöse und wirtschaft-· eines Landes, einer sonstigen Körperschaft, Anstalt
liehe Organisationen durch die nationalsozialistische oder Stiftung des öffentlichen Rechts, der NSDAP,
Gewaltherrschaft rechtswidrig geschädigt worden ihrer Gliederungen oder ihrer angeschlossenen Ver-
sind, bände gegen den Verfolgten gerichtet worden sind.
hat der Bundestag mi 1. Zustim rnung des Bundesrates (2) Der Annahme nationalsozialistischer Gewalt-
das nachstehende Gesetz beschlossen: maßnahmen steht nicht entgegen, daß sie auf gesetz-
lichen Vorschriften beruht haben oder in mißbräuch-
licher Anwendung gesetzlicher Vorschriften gegen
ERSTER ABSCHNITT den Verfolgten gerichtet worden sind.
Allgemeine Vorschriften § 3
ERSTER Tl TEL Der Verfolgte hat Anspruch auf Entschädigung
nach diesem Gesetz.
Anspruch auf Entschädigung
§ 4
§ 1
(1) Anspruch auf Entschädigung besteht,
(1) Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung
ist, wer aus Gründen politischer Gegnerschaft gegen 1. wenn der Verfolgte
den Nationalsozialismus oder aus Gründen der a) am 31. Dezember 1952 seinen Wohn-
Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung durch sitz oder dauernden Aufenthalt im Gel-
nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen verfolgt tungsbereich dieses Gesetzes gehabt
worden ist und hierdurch Schaden an Leben, Körper, hat;
Gesundheit, Freiheit, Eigentum, Vermögen, in seinem b) vor dem 31. Dezember 1952 verstorben
beruflichen oder in seinem wirtschaftlichen Fort- ist und seinen letzten Wohnsitz oder
kommen erlitten hat (Verfolgter). dauernden Aufenthalt im Geltungs-
(2) Dem Verfolgten im Sinne des Absatzes 1 wird bereich dieses Gesetzes gehabt hat;
gleichgestellt, ,,ver durch nationalsozialistische Ge- c) vor dem 31. Dezember 1952 ausgewan-
,-valtmaßnahmen verfolgt worden ist, dert ist, deportiert oder ausgewiesen
1. weil er auf Grund eigener Gewissensent- worden ist und seinen letzten Wohn-
scheidung sich unter Gefährdung seiner sitz oder dauernden Aufenthalt in Ge-
Person aktiv gegen die Mißachtung der bieten gehabt hat, die am 31. Dezem-
Menschenwürde oder gegen die sittlich, ber 1937. zum Deutschen Reich gehört
auch durch den Krieg nicht gerechtfertigte haben, es sei denn, daß er im Zeitpunkt
Vernichtung von Menschenleben eingesetzt der Entscheidung seinen Wohnsitz oder
hat; dauernden Aufenthalt in Gebieten hat,
mit deren Regierungen die Bundes-
2. weil er eine vom Nationalsozialismus ab-
republik Deutschland keine diplomati-
gelehnte k ilnstlerische oder wissenschaft-
liche Richtung vertreten hat; schen Beziehungen unterhält;
d) als Heimkehrer im Sinne des Gesetzes
3. weil er einem Verfolgten nahegestanden
hat. über Hilfsmaßnahmen für Heimkehrer
(Heimkehrergesetz) seinen Wohnsitz
(3) Als Verfolgter im Sinne des Absatzes 1 gilt oder dauernden Aufenthalt im Gel-
auch tungsbereich dieses Gesetzes genom-
1. der Hinterbliebene eines Verfolgten, der men hat oder nimmt;
vorsätzlich oder leichtfertig getötet oder in e) Vertriebener im Sinne des § 1 des Ge-
den Tod getrieben worden oder an den setzes über die Angelegenheiten der
Folgen der Schädigung seines Körpers oder Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundes-
seiner Gesundheit verstorben ist; vertriebenengesetz) ist und seinen
2. der Geschädigte, der eine ihm zur Last ge- Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt
legte Handlung in Bekämpfung der national- im Geltungsbereich dieses Gesetzes ge-
sozialistisdwn Gewaltherrschaft oder in nommen hat oder nimmt;
Abwehr der Verfolgung begangen hat, f) als Sowjetzonenflüchtling im Sinne des
aber den Beweggrund dieser Handlung § 3 des Bundesvertriebenengesetzes an.:.
verbergen konnte; erkannt oder durch die Verordnung
SM Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1956, Teil I
ülwr die Gleichstellung von aus dem Rechtsvorschriften im Sinne des Absatzes 1 fällt,
Saar~Jebiet verdrängten Deutschen vom weil diese in ihrer räumlichen Geltung beschränkt·
25. August l D53 (Bunclesgesetzbl. I sind oder weil der Verfolgte seinen Anspruch auf
S. 1074) cirn!rn Sowjetzonenflüchtling Grund besonderer Rechtsvorschriften im Sinne des
gleichgestellt ist und seinen Wohnsitz Absatzes 1 wegen Fristversäumnis nicht mehr gel-
oder dauernden Aufentha.lt im Gel- tend machen kann,
tungsbereich diesPs Gesetzes genom-
(3) Hat eine Behörde, die für Ansprüche nach Ab-
men hat oder nimmt;
satz 1 zuständig ist, oder ein Gericht, das für An-
2. wenn der Verfolgte am 1. Januar 1947 sich sprüche nach Absatz 1 zuständig ist, in einer nicht
in einem DP-Lager im Geltungsbereich die- mehr anfechtbaren Entscheidung eine der in Absatz 1
ses Gesetzes aufgehalten hat und ent- aufgeführten besonderen Rechtsvorschriften wegen
weder nach dem 31. Dezember 1946 aus der Rechtsnatur des Anspruchs für anwendbar oder
dem Geltungsbereich dieses Gesetzes aus- für nicht anwendbar erklärt, so sind die Entschädi-
gewandert oder als heimatloser Ausländer gungsbehörden und die Entschädigungsgerichte an
in die Zuständigkeit der deutschen Be- diese Beurteilung gebunden.
hörden übergegangen ist oder die deutsche
Staatsangehörigkeit erworben hat.
§ 6
(2) Der vertriebene Verfolgte (Absatz 1 Nr. 1 Buch-
(1) Von der Entschädigung ausgeschlossen ist,
stabe e) hat auch dann Anspruch auf Entschädigung,
wenn sich seine Zugehörigkeit zum deutschen Volk 1. wer Mitglied der NSDAP oder einer ihrer
darauf gründet, daß er dem deutschen Sprach- und Gliederungen gewesen ist oder der natio-
Kulturkreis angehört hat; ein ausdrückliches Be- nalsozialistischen Gewaltherrschaft Vor-
kenntnis zum deutschen Volkstum ist nicht Voraus- schub geleistet hat; die nominelle Mit-
setzung der Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- gliedschaft in der NSDAP oder in einer
und Kulturkreis. ihrer Gliederungen schließt den Anspruch
auf Entschädigung nicht aus, wenn der
(3) Der durch Freiheitsenlziehung bedingte Zwangs-
Verfolgte unter Einsatz von Freiheit, Leib
aufenthalt und der Aufenthalt in einem DP-Lager
oder Leben den Nationalsozialismus aus
gelten nicht als Wohnsitz oder dauernder Aufenthalt
im Sinne des Absatzes 1. Gründen, die den Verfolgungsgründen des
§ 1 entsprechen, bekämpft hat und des-
(4) Die Bundesregierung kann bestimmen, welche wegen verfolgt worden ist;
Staaten, mit deren Regierungen die Bundesrepublik
2. wer nach dem 23. Mai 1949 die freiheitliche
Deutschland keine diplomatischen Beziehungen
unterhält, so behandelt werden, als ob mit ihnen demokratische Grundordnung im Sinne des
diplomatische Beziehungen unterhalten würden. Grundgesetzes bekämpft hat;
3. wem nach dem 8. Mai 1945 rechtskräftig die
(5) Für Schaden an Grundstücken besteht der An-
bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt wor-
spruch auf Entschädigung ohne Rücksicht auf Wohn-
den sind;
sitz oder dauernden Aufenthalt des Verfolgten, wenn
das Grundstück im Geltungsbereich dieses Gesetzes 4. wer nach dem 8. Mai 1945 rechtskräftig zu
belegen ist. Zuchthausstrafe von mehr als drei Jahren
§ 5 verurteilt worden ist.
(1) Anspruch auf Entschädigung besteht nicht, (2) Absatz 1 Nr. 3 und 4 findet keine Anwendung,
soweit der Anspruch auf Wiedergutmachung des wenn die Verurteilung außerhalb des Geltungs-
Schadens seiner Rechtsnatur nach unter besondere, bereichs dieses Gesetzes ausgesprochen ist und wenn
im Geltungsbereich dieses Gesetzes geltende Rechts- die Tat im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht mit
vorschriften zur Wiedergutmachung nationalsozia- Strafe bedroht oder die Aberkennung der bürger-
listischen Unrechts fällt. Rechtsvorschriften im Sinne lichen Ehrenrechte oder die Verurteilung zu Zucht-
des Salzes 1 sind insbesondere hausstrafe von mehr als drei Jahren nach rechts-
die Rechtsvorschriften zur Rückerstattung feststell- staatlichen Grundsätzen nicht gerechtfertigt ist.
barer Vermögensgegenstände und zur Regelung (3) Der Anspruch auf Entschädigung ist verwirkt,
der rückerstattungsrechtlichen Geldverbindlich- wenn nach Festsetzung oder nach rechtskräftiger
keiten des Deutschen Reiches und gleichgestellter gerichtlicher Entscheidung einer der Ausschließungs-
Rechtsträger, gründe des Absatzes 1 Nr. 2 bis 4 eintritt. Die nach
d ic Rechtsvorschriften für die Ubertragung von Eintritt eines Verwirkungsgrundes bewirkten Lei-
Org cmisationsvermögen, stungen können zurückgefordert werden.
die Rechtsvorschriften zur Regelung der Wieder-
gutmachung nationalsoziülislischen Unrechts für
§ 7
Angehörige des öffentlichen Dienstes,
die Rechtsvorschriften zur Wieclergutmacbung (1) Der Anspruch auf Entschädigung kann ganz
nationalsozialistischen UnrPchls in der Sozialver- oder teilweise versagt werden, wenn der Berech-
sicherung und in der Kri(•gsopferversorgung. tigte, um Entschädigung zu erlangen, sich unlauterer
Mittel bedient oder vorsätzlich oder grobfahrlässig
(2) Anspruch aur Entschfüli9lmg besteht auch dann unrichtige oder irreführende Angaben über Grund
nichl, wenn der Anspruch c1uf Wiedergutmachung oder Höhe des Schadens gemacht, veranlaßt oder
des Schadens nur deshalb nicht unter besondere zugelassen hat.
Nr. 31 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 29. Juni 1956 565
(2) Der Anspruch auf Entschüdi9ung konn ganz (2) Auf Fürsorgeleistungen an Verfolgte finden
oder teilweise cntzoq0n werden, wenn sich nach die §§ 25, 25 a der Reichsverordnung über die Für-
Festsetzung herausstellt, daß einer der Versagungs- sorgepflicht keine Anwendung; das gleiche gilt im
gründe des Absc1 lzes 1 vorliegt oder die Entscheidung Falle der §§ 21 a, 22 für Fürsorgeleistungen, die für
auf unrichtigen Angaben des fü,rcchtigten über die die Zeit vor dem 1. November 1953 gewährt worden
tatsächlichen Verhältnisse beruht. sind. Soweit der Verfolgte für die Zeit vor dem
(3) Bereits bcw irk tc Leislunge11 können zurück- 1. November 1953 Leistungen aus der Arbeitslosen-
geforc.lcrl werden. fürsorge erhalten hat, ist die Dberleitung des An-
spruchs auf Entschädigung auf die Rechtsträger der
§ 8 Arbeitslosenfürsorge ausgeschlossen.
(1) AnsprüdH) uegcn das Dcu I sehe Reich, die (3) Stehen dem Berechtigten mehrere Ansprüche
Bundesrc~publik Deutschland und die deutschen zu, die zu verschiedener Zeit befriedigt werden,
Länder können unbeschadet der in § 5 uenannten so ist von der Anrechnung auf Leistungen, die zum
und der durch § 22B Abs. 2 aufr(~chterhaltenen Vor- laufenden Lebensunterhalt oder zum Aufbau einer
schriften nur nach diesem Gesetz geltend gemacht ausreichenden Lebensgrundlage erforderlich sind,
werden, wenn sie darnuf beruhen, daß durch Maß- insoweit abzusehen, als die Anrechnung auf spätere
nahmen, die aus den Vcrfolgunqs~Jründen des § 1 Leistungen gewährleistet ist.
oder aus dem Grunde des § 167 Abs. 1 getroffen
worden sind, Schaden entstanden ist. § 11
(2) Ansprüche gegen andere Körperschaften, An- (1) Geldansprüche für die Zeit vor der Währungs-
stalten oder Stiflllngen des öffentlichen Rechts oder umstellung werden in Reichsmark berechnet und im
gegen Personen des privaten Rechts werden durch Verhältnis 10: 2 in Deutsche Mark umgerechnet.
dieses c_::esetz nicht berührt. Sie gehen, soweit nach
(2) Das Umrecb.nungsverhältnis 10: 2 gilt auch für
diesem Gesetz Entschädigung geleistet ist, auf das die nach § 1O anzurechnenden Leistungen, sofern
leistende Land über. Der Dbergang kann nicht zum
diese in Reichsmark bewirkt worden sind, und für
Nachteil des Berechtigten geltend gemacht werden. Reichsmarkbeträge, die nach anderen Vorschriften
dieses Gesetzes auf die Entschädigung anzurechnen
§ 9 sind.
(1) Die Grundsätze des bürgerlichen Rechts über § 12
die Berücksichtigung mitwirkenden Verschuldens
Renten werden frühestens vom 1. November 1953
und über die Anrechnung eines im Zusammenhang
an in monatlich vorauszahlbaren Beträgen gezahlt.
mit dem Schaden erlangten Vorteils gelten sinn-
gemäß.
(2) Ein mit der Verfolgung zusammenhängendes ZWEITER TITEL
Einverständnis des Verfolgten mit der schädigenden
Dbergang und Ubertragung
Maßnahme steht dem Anspruch auf Entschädigung
des Anspruchs auf Entschädigung
nicht entgegen.
§ 13
(3) Ist der Schaden dadurch entstcrnden, daß der
Verfolgte unter dem Druck der Verfolgung eine (1) Der Anspruch auf Entschädigung ist vererblich.
Handlung vorgenommen oder unterlassen hat, so
(2) Der Anspruch erlischt mit dem Tode des Ver-
steht dies dem Anspruch auf Entschädigung nicht
folgten, wenn der Fiskus gesetzlicher Erbe ist. Er
entgegen.
erlischt ferner, wenn der Verfolgte vor Festsetzung
(4) Leistungen, die ein Dritter in Erfüllung einer des Anspruchs oder vor rechtskräftiger gerichtlicher
gesetzlichen oder sittlichen U n ti~ r haltspfli eh t dem Entscheidung über den Anspuch verstorben ist und
Verfolgten gewährt hat oder ge,vührt, stehen dem ausschließlich von einer Person beerbt wird, die nach
Anspruch auf Entschädigung auch dann nicht ent- § 6 von der Entschädigung ausgeschlossen wäre. Der
gegen, wenn der Schaden durch diese Leistungen aus- Anspruch erlischt nicht, soweit der Verfolgte ihn
geglichen wird. einer Person als Vermächtnis zugewandt hat, die
(5) Für Schaden, der auch ohne die Verfolgung nicht von der Entschädigung ausgeschlossen wäre.
entstanden wäre, wird kPine Entschücligung geleistet. Das Vermächtnis ist unwirksam, wenn der Vermächt-
nisnehmer ausgeschlossen wäre.
§ 10 (3) Wird der Verfolgte von mehreren Erben beerbt
und wäre nur ein Teil der Erben ausgeschlossen, so
(1) Auf die Entschädigung sind aus deutschen
gebührt der Anspruch auf Entschädigung den übrigen
öffentlichen Mitteln gewährte Leistungen anzurech-
Erben als Voraus. Auf den Voraus sind die für Ver-
nen, die im Zuge der Entschädigung für Opfer der
mächtnisse geltenden Vorschriften anzuwenden.
nationalsozialistischen Verfolgung bewirkt worden
sind. Dabei sollen Leistungen, die für einen be-
stimmten Zeitraum oder für einen bestimmten Scha- § 14
denstatbestand bewirkt worden sind oder bewirkt Der Anspruch auf Entschädigung kann abgetreten,
werden, nur auf die Entschädigung für diesen Zeit- verpfändet oder gepfändet werden. Die Abtretung,
raum oder für djcsen Tatbestand angerechnet wer- Verpfändung oder Pfändung ist nur mit Genehmi-
den. Fürsorgeleistungen sind nich f anzurechnen. gung der Entschädigungsbehörde zulässig.
566 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1956, Teil I
ZWEITER ABSCHNITT 2. der einem schuldlos geschiedenen Ehe-
gatten gleichgestellte frühere Ehegatte,
Schadens latbestände dessen Ehe aufgehoben oder für nichtig
ERSTER TITEL erklärt worden ist;
Schaden an Leben 3. Personen, deren Verbindung mit dem Ver-
folgte~ auf Grund des Bundesgesetzes über
§ 15 die Anerkennung freier Ehen rassisch und
(1) An~~prud1 aul Entschädigung für Schaden an politisch Verfolgter oder auf Grund von
Lcl)C'n bcsl<!h 1, w Pnn der Verfolgte vorsätzlich oder Rechtsvorschriften der Länder die Rechts-
leichtfertig q('!(itd odc'r in den Tod gQtrieben worden wirkungen einer gesetzlichrm Ehe zuerkannt
ist. Ds genüD1, d<1ß der ursächliche Zusammenhang worden sind;
zw [sehen Tod und Verfolgung wahrscheinlich ist. 4. die Frau, deren Ehe mit dem Verfolgten
(2) Ist der Verfolgte wi.ihrend der Deportation oder nachträglich durch eine Anordnung auf
wührend einer Freiheitsentziehung im Sinne dieses Grund des Bundesgesetzes über die Rechts-
c;e~;etzes odc)r im unmittelbaren Anschluß daran ver- wirkungen des Ausspruchs einer nachträg-
storben, so wird vermutet, daß er durch national- lichen Eheschließung geschlossen worden ist.
sozialistisch<-: Cewaltmaßnahrnen vorsätzlich, oder (3) Absatz 2 Nr. 1 und 2 findet keine Anwendung
leichtfertig gdö!.d oder in den Tod getriE!ben worden auf einen Ehegatten, der sich aus Gründen, die den
ist. Verfolgungsgründen des § 1 entsprechen, von dem
verfolgten Ehegatten abgewandt hat.
§ 16
Als Entschüdigung werden geleistet § 18
1. Rente, (1) Die Rente wird nach Maßgabe der Versorgungs-
2. Abfindung im Falle der Wiederverheiratung, bezüge festgesetzt, die den Hinterbliebenen eines mit
3. Kapitalentschädigung. dem Verfolgten nach seiner wirtschaftlichen Stellung
vergleichbaren Bundesbeamten einer Besoldungs-
gruppe mit aufsteigenden Gehältern im Falle seines
§ 17 durch Dienstunfall herbeigeführten Todes nach den
(l) Die Rente steht folgenden Hinterbliebenen zu: Vorschriften über die Unfallfürsorge der Bundes-
beamten gewährt würden. Die wirtschaftliche Stel-
1. der Witwe bis zu ihrer Wiederverheiratung
lung ist nach dem Durchschnittseinkommen des Ver-
oder bis zu ihrem Tode;
folgten in den letzten drei Jahren vor seinem Tode
2. dem Witwer bis zu seiner Wiederverheira- zu beurteilen; eine Minderung seines Einkommens
tung oder bis zu seinem Tode, sofern ihn durch vorausgegangene Verfolgung bleibt außer Be-
die Verfolgte zur Zeit des Beginns der Ver- tracht. Neben der wirtschaftlichen Stellung ist_ auch
folgung, die zum Tode geführt hat, unter- die soziale Stellung des Verfolgten zu berücksichti-
halten hat oder, wenn sie noch lebte, unter- gen, wenn dies zu einer günstigeren Einreihung des
halten würde; Verfolgten in eine vergleichbare Beamtengruppe
3. den Kindern für die Zeit, in der für sie nach führt.
Beamtenrecht Kinderzuschläge gewährt
(2) Die Rente ist in einem Hundertsatz von weniger
werden können, nach Vollendung des sech- als 100 vom Hundert der Versorgungsbezüge nach
zehnten Lebensjahres jedoch auch dann, Absatz 1 festzusetzen, wenn die Berücksichtigung
wenn das Kind ein eigenes monatliches Ein- der wirtschaftlichen Verhältnisse des Hinterbliebenen
kommen im Sinne des Bundesbesoldungs- dies rechtfertigt. Bei der Würdigung der wirtschaft-
rechts von mehr als 75 Deutsche Mark hat; lichen Verhältnisse sind auch die Beträge zu berück-
4. den elternlosen Enkeln unter den Voraus- sichtigen, die der Hinterbliebene zu erwerben unter-
setzungen der Nummer 3, sofern sie der läßt, obwohl ihm der Erwerb zuzumuten ist.
Verfolgte zur Zeit des Beginns der Verfol-
(3) Bei der Berechnung der Rente ist die jeweilige
gung, die zum Tode geführt hat, unterhalten
Höhe der gesetzlichen Versorgungsbezüge vergleich-
hat, oder, wenn er noch lebte, unterhalten
würde; barer Beamtengruppen im Sinne des Absatzes 1 zu-
grunde zu legen.
5. den Verwandten der aufsteigenden Linie
für die Dauer der Bedürftigkeit, sofern sie § 19
der Verfolgte zur Zeit des Beginns der Der monatliche Mindestbetrag der Rente beträgt
Verfolgung, die zum Tode geführt hat, un- für
terhalten hat, oder, wenn er noch lebte, die Witwe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 DM
unterhalten würde;
den Witwer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 DM
6. den Adoptivel lern unter den Voraussetzun-
die Vollwaise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 DM
gen der Nummer 5.
die erste und zweite Halbwaise,
(2) Der Witwe oder dem Witwer werden unter wenn keine Rente für die Witwe oder.
den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr. 1 oder 2 den Witwer gezahlt wird, je . . . . . . . . . 75 DM
g leichgestcll t wenn eine Rente für die Witwe oder
1. der schuldlos ges<h iedene Ehegatte; den Witwer gezahlt wird, je . . . . . . . . 55 DM
Nr. 31 --- Tag der Ausgabe: Bonn, den 29. Juni 1956 567
die dritte und jede folgende Halbwaise § 24
je ....... ·......................... 50 DM
Für die Zeit vor dem 1. November 1953 steht den
den elternlosen Enkel . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 DM Hinterbliebenen (§ 17) vom Tode des Verfolgten an
die Eltern oder die Adoptiveltern zu- eine Kapitalentschädigung zu.
sammen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 DM
einen überlebenden Elternteil oder Adop- § 25
tivelternteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 DM.
(1) Der Berechnung der Kapitalentschädigung ist
der Betrag der nach §§ 18 bis 20 errechneten Rente
§ 20 zugrunde zu legen, der auf den Monat November 1953
(1) Die Renten nach § 18 dürfen zusammen das entfällt. § 22 findet entsprechende Anwendung.
Unfallruhegehalt des vergleichbaren Bundesbeamten (2) Besteht für den Monat November 1953 kein
nicht übersteigen. Ergibt sich bei der Zusammen- Anspruch auf Rente, so findet Absatz 1 mit der Maß-
rechnung der Renten mehrerer Hinterbliebenen ein gabe Anwendung, daß der Berechnung der Kapital-
höherer Betrag als das Unfallruhegehalt, so werden entschädigung der Betrag zugrunde zu legen ist, der
die einzelnen Renten in dem Verhältnis gekürzt, in auf den letzten Kalendermonat entfällt, in dem die
dem sie ihrer Höhe nach zueinander stehen. § 19 Voraussetzungen für den Anspruch auf Rente erfüllt
bleibt unberührt. waren.
(2) Wird die Rente eines Hinterbliebenen wegen (3) Für die Zeit vor der Währungsumstellung be-
der Vorschrift des Absatzes 1 Satz 3 nicht gekürzt, trägt der nach Absatz 1 und 2 zugrunde zu legende
so kann die Rente eines anderen Hinterbliebenen Monatsbetrag zwei Zehnteile des in Deutscher Mark
über den nach Absatz 1 Satz 2 sich ergebenden Be- berechneten Monatsbetrages.
trag hinaus nicht gekürzt werden.
(3) Sind in der Person eines Hinterbliebenen die § 26
Voraussetzungen mehrerer Rentenansprüche nach (1) Der Anspruch auf die laufende Rente ist weder
§ 17 erfüllt, so wird bei Renten in gleicher Höhe nur übertragbar noch vererblich; dies gilt auch für den
(;ine und bei Renten in verschiedener Höhe die Anspruch der Witwe oder des Witwers auf Abfin-
höchste Rente gezahlt. dung im Falle der Wiederverheiratung.
(2) Der Anspruch auf die Summe der rückständigen
§ 21 Rentenbeträge und auf die Kapitalentsd1ädigung ist
Haben sich die Verhältnisse, die der Bemessung vor Festsetzung oder vor rechtskräftiger gerichtlicher
der Rente zugrunde gelegt waren, nachträglich so Entscheidung nur vererblich, wenn der Hinterbliebene
geändert, daß die auf Grund der veränderten Ver- von seinem Ehegatten, seinen Kindern, seinen Enkeln
hältnisse neu errechnete Rente um mindestens zehn oder seinen Eltern beerbt wird.
vom Hundert von der festgesetzten Rente abweicht,
so ist die Rente neu festzusetzen. § 27
(1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, zur
§ 22 Durchführung der §§ 15 bis 26 Rechtsverordnungen
zu erlassen. Hierbei kann sie als Grundlage für die
Die Rente ruht, soweit und solange der Hinter-
Berechnung der Renten und Kapitalentschädigungen
bliebene wegen des Todes des Verfolgten aus deut-
eine Besoldungsübersicht aufstellen, welche die durch-
schen öffentlichen Mitteln Versorgungsbezüge oder
schnittlichen ruhegehaltfähigen Dienstbezüge (Grund-
sonstige laufende Leistungen erhält, die den Betrag
gehalt und Wohnungsgeld) der Bundesbeamten des
von 200 Deutsche Mark im Monat übersteigen. Dies
einfachen, mittleren, gehobenen und höheren Dien-
gilt nicht, wenn die Versorgungsbezüge oder son-
stes ausweist. Auf Grund dieser Ubersicht ist der
stigen laufenden Leistungen auschließlich auf eigenen
Verfolgte in eine vergleichbare Beamtengruppe ein-
Geldleistungen des Verfolgten beruhen.
zureihen. Für die Bestimmung des Hundertsatzes
des Ruhegehalts, der als Rente zu zahlen ist,
§ 23 können Pauschsätze aufgestellt werden.
Im Falle der Wiederverheiratung erhält die Witwe (2) Die Bundesregierung wird ferner ermächtigt,
oder der Witwer eine Abfindung in Höhe des vier- durch Rechtsverordnung die monatlichen Mindest-
undzwanzigfachen Betrages df~r für den letzten Ka- beträge der Rente (§ 19) angemessen zu erhöhen,
lendermonat vor der Wiederverheiratung bezogenen wenn sich die Dienst- und Versorgungsbezüge der
Rente. Wird die neue Ehe aufgelöst oder für nichtig Bundesbeamten auf Grund gesetzlicher Vorschriften
erklärt, so lebt die Rente mit Wirkung vom Ersten erhöhen.
des Monats wieder auf, der dem Monat folgt, in dem
die Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt worden ist, ZWEITER TITEL
jedoch frühestens nach Ablauf von zwei Jahren nach Schaden an Körper oder Gesundheit
der Wiederverheiratung. Leistungen, die der Witwe
oder dem Witwer auf Crund eiiws neuen, infolge der § 28
Auflösung odPr Nichtigerklünmq der Ehe er- (1) Der Verfolgte hat Anspruch auf Entschädigung,
worbenen V ersorqunqs- oder Unterhaltsanspruchs wenn er an seinem Körper oder an seiner Gesund-
zustehen, sind auf die Rente anzurechnen. heit nicht unerheblich · geschädigt worden ist. Es
568 l-311ndesgesetzblatt, Jahrgang 1956, Teil I
~w11l1qt, ddß cler urs~ichlidie ZuscJ111menhang zwischen (5) Die Rente beträgt bei einer Beeinträchtigung
den1 Sdrnden dll Kürpc:r oder Cc\stmdheit und der der Erwerbsfähigkeit
Ve rl olg ung w a h rschei n li cli ist. von 25 bis 39 v.H. mindestens 15
(2) § 15 Abs. 2 find<'l Prllspr<\chende Anwendung. und höchstens 40 V. FI.
(3) Als urwrlwhlich ~JilL ei1wSchädigung, die weder von 40 bis 49 v.H. mindestens 20
diP geisli~Je noch die köqwrliche Leistungsfähigkeit und höchstens 45 V. H.
des VPrfolg1en n<Jchhalli~J lweinträchtigt hal und vor- von 50 bis 59 V. H. mindestens 25
aussidlllich auch nicht bcC'intri\chtigen wird. und höchstens 50 v. H.
von 60 bis 69 v.H. mindestens 30
§ 29
und höchstens 55v. H.
J\ls Entschtidigung werdPn ~J<'leistel
von 70 bis 79 v.H. mindestens 35
l. 1[eil verfahren, und höchstens 60 v. H.
2. Rente,
von 80 und mehr v. H. mindestens 40
'.L Kapilalenlsch/'id igu ng, und höchstens 70 v. H
4. Hausgeld,
des Diensteinkommens, das dem Verfolgten bei der
5. lJrnschulun~JsbcihillP, Einreihung in eine vergleichbare Beamtengruppe
(i. Versorgung der llinl<>riJlic>IH'nen. nach seinem Lebensalter am 1. Mai 1949 zugestan-
den hätte.
§ :w
§' 32
(1) Un1fang und Erfüllung des Anspruchs auf ein
Heilverfahren richten sich nach den Vorschriften (1) Der monatliche Mindestbetrag der Rente be-
übPr diP llnlalllürsorge der Bundesbeamten. trägt bei einer Beeinträchtigtmg der Erwerbsfähig-
keit
(2) Der Anspruch w ircl n ichl dadurch ausgeschlos-
von 25 bis 39 v.H. .................. 100 DM
sen, di:lß das lf eilverfah ren vor Inkrafttreten dieses
Gesetzes durchgeführt wordPn ist. von 40 bis 49 v.H. .................. 125DM
von 50 bis 59 v.H. .................. 150DM
§ Tl von 60 bis 69 v.H. •••••• ft ••••••••••• 175DM
( l) Die Rente stehl dem V crlolglen im Falle und von 70 bis 79 v.H. .................. 200DM
für die Dauer einer Beeinlrüchtigung der Erwerbs- von 80 und mehr v. H. ................ 250DM.
lühigkeit urn mindestens 25 vo1.n Hundert zu.
(2) Der monatliche Mindestbetrag der Rente eines
(2) Die Rente ist in ein<.\111 Humlertsatz des Dienst- Verfolgten, der in seiner Erwerbsfähigkeit um min-
einkomnwns (Crundgehalt und Wohnungsgeld) eines destens 50 vom Hundert gemindert ist und das 65. Le-
mit dem Verfolgten nach seiner wirtschaftlichen bensjahr vollendet hat oder vollendet, beträgt 250
Stellung vergleichbaren Bundcslwamten Piner Besol- Deutsche Mark; bei Frauen tritt an Stelle des 65. das
dun~Jsgruppe mit aufsteigenden Gehdltcrn festzu- 60. Lebensjahr. Satz 1 gilt nur, wenn der Verfolgte
set:wn. Die wirtschaftliche Stellung ist nach dem vor dem 1. Januar 1900 geboren ist; bei Frauen tritt
Durchsdmittseinkornrnen des Verfolglen in den an Stelle des 1. Januar 1900 der 1. Januar 1905. Der
lelzten drei Jahren vor dem Beginn der gegen ihn Anspruch auf den monatlichen Mindestbetrag von
gerich !eten Verfolgung zu beurteilen; eine Minde- 250 Deutsche Mark setzt nicht voraus, daß die Minde-
rung seines Einkommens durch vorausgegangene rung der Erwerbsfähigkeit um 50 vom Hundert aus-
VerfolfJlrng bleibt außer Bl~lracht. Neben der wirt- schließlich auf der Verfolgung beruht.
sdrn!IJichen Stellun~J ist c1uch die soziale Stellung des
Verlol~J1en zu berücksichtigen, wenn dies zu einer
günsligeren Einreihung des Verfolgten in eine ver- § 33
gleichbare Beamtengruppe führt.
Der Grad der Minderung und der Beeinträchtigung
(3) Bei der Bemessung des Hundertsatzes sind die der Erwerbsfähigkeit ist danach zu beurteilen, wie
persilnlichen und wirtschafllichen Verhältnisse des weit der Verfolgte im allgemeinen Erwerbsleben
Verfolgten, insbesondere seine nachhaltigen Ein- geistig und körperlich leistungsfähig ist. Der vor dem
künfte einschließlich der Versorgungsbezüge, der Beginn der Verfolgung ausgeübt~ Beruf oder eine
Leistungen nach dem Ceselz über die Versorgung vor diesem Zeitpunkt bereits begonnene oder nach-
der Opfer des Kriegc,s (Bundesversorgungsgesetz), weisbar angestrebte Berufsausbildung ist zu be-
der Leistungen aus der gesetzlichEm Rentenversiche- rücksichtigen.
run~J und der Beträge, die er zu erw(~rben unterläßt,
obwohl ihm dPr Erwerb zuzumuten ist, sowie cfor § 34
Grad der Minderung seiner Erwerbsfähigkeit und
Ist die Erwerbsfähigkeit des Verfolgten neben der
seine Belastung rni l der Sorge für unterhaltsberech- Beeinträchtigung durch die verfolgungsbedingte
li~Jte Angehörige anqernessen zu berücksichtigen.
Schädigung auch durch andere Ursachen gemindert,
(4) Bei der Berechnung der Rente ist die jeweilige so wird bei der Bemessung der Höhe der Rente nur
Höhe des Diensteinkommens vergleichbarer Beam- die durch die verfolgungsbedingte Schädigung her-
tengruppen im Sinne des Absatzes 2 zugrunde zu beigeführte Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit
legen. zugrunde gelegt. § 33 Satz 2 gilt sinngemäß.
Nr. 31 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 29. Juni 1956 569
§ 35 § 40
Haben sich die Verhältnisse, die der Bemessung Dem Verfolgten, der zu einer Umschulung für
der Rente zugrunde gelegt waren, nachträglich so einen anderen Beruf bereit ist, können Beihilfen zu
geändert, daß die auf Grund der veränderten Ver- den entstehenden Kosten bewilligt werden, wenn
hältnisse neu errechnete Rente um mindestens mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, daß die Um-
10 vom Hundert von der festgesetzten Rente ab- schulung seine Leistungsfähigkeit wiederherstellen
weicht, so ist die Rente neu festzusetzen. § 32 oder bessern wird.
Abs. 2 bleibt unberührt.
§ 41
§ 36 Ist der Verfolgte an den Folgen der Schädigung
seines Körpers oder seiner Gesundheit verstorben,
Für die Zeit vor dem 1. November 1953 steht dem so stehen seinen Hinterbliebenen Leistungen nach
Verfolgten vom Beginn der Beeinträchtigung der Maßgabe der §§ 15 bis 26 zu.
Erwerbsfähigkeit um mindestens 25 vom Hundert an
eine Kapitalentschädigung zu.
§ 42
(1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, zur
§ 37 Durchführung der §§ 28 bis 41 Rechtsverordnungen
(1) Der Berechnung der Kapilalentschädigung ist zu erlassen. Hierbei kann sie als Grundlage für die
der Betrag der nach §§ 31 bis 34 errechneten Rente Berechnung der Renten und der Kapitalentschädi-
zugrunde zu legen, der auf den Monat November 1953 gungen eine Besoldungsübersicht aufstellen, die das
entfällt. durchschnittliche Diensteinkommen (Grundgehalt
und Wohnungsgeld) der Bundesbeamten des ein-
(2) Besteht für den Monat November 1953 kein fachen, mittleren, gehobenen und höheren Dienstes,
Anspruch auf Rente, so findet Absatz 1 mit der Maß- nach Lebensaltersstufen gegliedert, ausweist. Auf
gabe Anwendung, daß der Berechnung der Kapital- Grund dieser Ubersicht ist der Verfolgte in eine ver-
entschädigung der Betrag zugrunde zu legen ist, der gleichbare Beamtengruppe einzureihen.
auf den letzten Kalendermonat entfällt, in dem die
Voraussetzungen für den Anspruch auf Rente erfüllt (2) Die Bundesregierung wird ferner ermächtigt,
waren. durch Rechtsverordnung die monatlichen Mindest-
beträge der Rente (§ 32 Abs. 1) angemessen zu er-
(3) Für die Zeit vor der Währungsumstellung be- höhen, wenn sich die Dienst- und Versorgungsbezüge
trägt der nach Absatz 1 und 2 zugrunde zu legende der Bundesbeamten auf Grund gesetzlicher Vor-
Monatsbetrag zwei Zehnteile des in Deutscher Mark schriften erhöhen.
berechneten Monatsbetrages.
(4) § 32 Abs. 2 findet keine Anwendung.
DRITTER TITEL
Schaden an Freiheit
§ 38
I. Freiheitsentziehung
Dem Verfolgten steht ein Haus9eld zu, wenn er
durch das Heilverfahren einen Verdienstausfall er- § 43
leidet und die ihm verbleibenden Einkünfte weniger (1) Der Verfolgte hat Anspruch auf Entschädigung,
als die Rente betragen, die ihm bei einer Beeinträch- wenn ihm in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum
tigung der Erwerbsfähigkeit von 80 und mehr vom 8. Mai 1945 die Freiheit entzogen worden ist. Dies
Hundert zu leisten wäre; hierbei ist von 55 vom gilt auch dann, wenn ein ausländischer Staat unter
Hundert des Diensteinkommens auszugehen, das Mißachtung rechtsstaatlicher Grundsätze die Freiheit
dem Verfolgten bei einer Einreihung in eine ver- entzogen hat und
gleichbare Beamtengruppe nach seinem Lebensalter
1. die Freiheitsentziehung dadurch ermöglicht
am 1. Mai 1949 zustehen würde (§ 31 Abs. 5). Das
worden ist, daß der Verfolgte die deutsche
Hausgeld ist in der Höhe des Unterschiedsbetrages
Staatsangehörigkeit oder den Schutz des
zwischen den dem Verfolgten verbleibenden Ein-
Deutschen Reiches verloren hat, oder
künften und der nach Satz 1 zu berechnenden Rente,
jedoch nicht über die lJöhe des Verdienstausfalls 2. die Regierung des ausländischen Staates
hinaus, zu zahlen. von der nationalsozialistischen deutschen
Regierung zu der Freiheitsentziehung ver-
anlaßt worden ist.
§ 39
(2) Freiheitsentziehung sind insbesondere polizei-
(1) Der Anspruch auf die laufende Rente ist weder liche oder militärische Haft, Inhaftnahme durch die
übertragbar noch vererblich. NSDAP, Untersuchungshaft, Strafhaft, Konzentra-
(2) Der Anspruch auf die Summe der rückständigen tionslagerhaft und Zwangsaufenthalt in einem
Rentenbeträge, auf die Kapitalentschädigung und auf Ghetto.
das Hausgeld ist vor Pestsetzung oder vor rechts- (3) Der Freiheitsentziehung werden Leben unter
kräftiger gerichtlicher Entscheidung nur vererblich, haftähnlichen Bedingungen, Zwangsarbeit unter haft-
wenn der Verfolgte von seinem Ehegatten, seinen ähnlichen Bedingungen und Zugehörigkeit zu einer
Kindern, seinen Enkeln oder seinen Eltern beerbt Straf- oder Bewährungseinheit der Wehrmacht
wird. gleichgea.chtet.
570 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1956, Teil I
§ 44 auf Entschädigung für Freiheitsentziehung nach
(l) Ist die Freiheit im Zusammenhang mit einer § 43, so entfällt insoweit der Anspruch auf Ent-
slrafgerichtlichen Verurteilung entzogen worden, so schädigung für Freiheitsbeschränkung.
kann die Entschädigung in Zweifelsfällen davon ab-
hängig gemacht werden, daß die Verurteilung im § 50
Wiederaufnahmeverfahren oder nach Rechtsvor- Der Anspruch auf Entschädigung für Freiheits-
schriften zur Wicdergulrrldchung nationalsoziali.s- beschränkung ist nach Maßgabe des § 46 übertragbar
tisc:lwn Unrechts in der Slrafrechtspflege aufgehobe::.1 und vererblich. Für die Befreiung von der Erbschaft-
oder geändert worden ist. Für die Zwecke dieses steuer findet § 46 Abs. 3 entsprechende Anwendung.
Gesdzes kann ein Antrag nach diesen Rechtsvor-
schrif lcn bis zum 1. Oklobcr 1958 gestellt werden.
VIERTER TITEL
(2) Die Aufhebung oder die Änderung einer straf-
Schaden an Eigentum
w~richtlichcn Verurteilung ist durch die gerichtliche
En I scheid11n9 nachzuwPisf~n, durch welche die Ver- § 51
urleilunq aulwd10ben oder ~Jeündert worden ist. Im (1) Der Verfolgte hat Anspruch auf Entschädigung
Falle der Aufhelmng oder der Änderung kraft Ge- für Schaden an Eigentum, wenn eine ihm im Zeit-
sclws ist eine Bescheinigung der nach den in Absatz 1 punkt der Schädigung gehörende Sache im Reichs-
genannten Rech tsvorsch r.i lten zuständigen Gerichte gebiet nach dem Stande vom 31. Dezember 1937
oder BehönlPn vorzuleg<·n. zerstört, verunstaltet oder der Plünderung preis-
gegeben worden ist.
§ 45 (2) Als Preisgabe zur Plünderung ist es insbeson-
dere anzusehen, wenn
Die Enlschiidigung nach § 43 wird als Kapital-
cntsd1fidi~Jtln~J qcicis!cl. Sie beträgt 150 Deutsche 1. dem Verfolgten gehörende Sachen von
Mark für jcdPn vollen Monat der Freihcilsent:.de- Personen, die obrigkeitliche Befugnisse
hunq. Zugrunde zu lCDCJJ sind die Kalendermonate, ausgeübt oder sich angemaßt haben, ver-
wüh rPnd dcn:n die Preihcit entzogen war sowie je untreut oder an eine Menschenmenge ver-
JO Tanc der Monate, in dPnen die Freiheit nur zeit- teilt worden sind,
WPise entzogen war; mehrere Zeiten der Freiheits- 2. dem Verfolgten die Freiheit unter solchen
en lzicbung werden zusc1mn1<•ngcrechnet. Umständen entzogen worden ist, daß seine
Sachen ohne eine seine Interessen wah-
§ 4(j rende Aufsicht geblieben sind.
(1) Der Anspn1d1 auf Entsdüicligung für Preiheits- (3) Der Verfolgte hat Anspruch auf Entschädigung
en lzielrnng ist vor ·Festsetzung oder vor rechtskräf- auch dann, wenn er ihm gehörende Sachen hat im
liger gerichtlicher EntsdH:idung nicht übertragbar. Stich lassen müssen, weil er, um nationalsozialisti-
schen Gewaltmaßnahmen zu entgehen, ausgewandert
(2) Der Anspruch ist vor Festsetzung oder vor oder geflohen ist oder in der Illegalität gelebt hat
rechlskräfUger gerichtlicher Entscheidung nur ver- oder weil er aus den Verfolgunusgründen des § 1
erblich, wenn der Verfol~Jle von seinem Ehegatter;i, ausgewiesen oder deportiert worden ist.
seinen Kindern, seinen Enkeln oder seinen Eltern
beerbt wird. (4) Gehört der Verfolgte zu einem Personenkreis,
den in seiner Gesamtheit die nationalsozialistische
(3) Der Anspruch ist beim Obergang im Erbwege deutsche Regierung oder die NSDAP vom kulturellen
auf den I:hegaltcn, dfo Kinder, die Enkel oder die oder wirtschaftlichen Leben Deutschlands auszu-
Eltern des Verfolgten von cl<:r fabschaftsleuer befreit. schließen beabsichtigte, so wird vermutet, daß der
Schaden an Eigentum durch nationalsozialistische
Gewaltmaßnahmen verursacht worden ist.
II. Preiheilsbeschränkung
§ 47 § 52
Der Verfolg l.e hat Anspruch auf Entschädigung, (1) Die Entschädigung nach § 51 wird in Deutscher
wenn er in der Zeil vom ]0. Januar 1933 bis zum Mark berechnet.
8. Mai 1945 den Judenstern getragen oder unter (2) Die Höhe der Entschädigung bemißt sich nach
menschenunwürdigen ß()dingungen in der Illegalität dem Wiederbeschaffungswert der zerstörten oder in
gelebt hat. Verlust geratenen Sache im Geltungsbereich dieses
§ 4B Gesetzes. Maßgebend ist der Wiederbeschaffungs-
wert im Zeitpunkt der Entscheidung unter Berück-
Die Entschädigung nach § 47 wird als Kapitalent-
sichtigung des Wertes der Sache im Zeitpunkt der
schädigung 9eleistPt. Sie beträgt 150 Deutsche Mark
Schädigung.
für jeden vollen Moncll der Freiheitsbeschränkung.
§ 45 Saf.z 3 findet cnlspreclwnde Anwendung. (3) Im Falle der Verunstaltung einer Sache bemißt
sich die Höhe der Entschädigung nach den Kosten,
die im Geltungsbereich dieses Gesetzes im Zeitpunkt
§ 49 der Entscheidung zur Wiederherstellung aufzu-
llal der Verlolgle für die Zeil., in der er d(~n Juden- wenden wären. Das gleiche gilt im Falle der Zerstö-
stern getragen oder unter menschenunwürdigen rung einer Sache, wenn ihre Wiederherstellung
ßecl ing ungen in der Illegcil i Wf gelebt hat, Anspruch möglich ist.
Nr. 31 - T,1g der Ausgabe: Bonn, den 29. Juni 1956 571
§ 53 liegt auch dann vor, wenn der Verfolgte in der
Steht einer üUl Grund rückersl.ültungsrechtlicher Nutzung seines Eigentums oder Vermögens beein-
trächtigt worden ist. Der Anspruch besteht auch,
Vorschriften errichlcl.en Nachfolgeorganisation ein
wenn der Schaden durch Boykott verursacht worden
Anspruch auf Rückc'rs!.ü ttung oder auf Ubertragung
ist. Für Schaden bis zum Betrage von insgesamt
einer Sache nach den Rech Lsvorschriflcn zur Rück-
500 Reichsmark wird keine Entschädigung geleistet.
Prstattung feststeJJbarer Vermögensgegenstände
oder nach den Rechtsvorschriften für die Ubcrtragung (2) Ist der Verfolgte nicht nur in der Nutzung
von Organisationsvermclgen zu, so hat diese Nach- seines Eigentums oder Vermögens beeinträchtigt,
folgeorganisation hinsichtlich dieser Sache auch den sondern auch im Bestande dieses Eigentums oder
Anspruch auf En Lsdü:idigr1ng nach § 51. Macht der Vermögens geschädigt worden, so wird der Nutzungs-
Verfolgte oder machen seine Erben vor Festsetzung schaden in der Weise abgegolten, daß der Entschä-
des Anspruchs nach § 51 oder vor rechtskräftiger digung für den Schaden im Bestande seines Eigen-
gerichtlicher En lscheidung über diesen Anspruch den tums oder Vermögens ein Betrag von fünf vom
uleichen Entschüdigungsanspruch gellend, so geht Hundert hinzugerechnet wird.
der Entschädigungsanspruch der Nachfolgeorganisa-
tion im Zeitpunkt <lE~r Geltendmachung auf den Ver- (3) Der Verfolgte hat Anspruch auf Entschädigung
folgten oder seine Erben über. auch dann, wenn eine Auswanderung oder deren
Vorbereitung zu einem Transferverlust geführt hat.
Voraussetzung ist, daß der Verfolgte aus den Ver-
§ 54
folgungsgründen des § 1 zur Auswanderung genötigt
(1) Hat der Verfolgte durch Zerstörung, Verunstal- gewesen ist und für den zum Transfer aufgewende-
tung, Preisgabe zur Plünderung oder durch Imstich- ten Betrag weniger als 80 vom Hundert des Betrages
lassen Hausrat eingebüßt, so kann er vor Festsetzung erhalten hat, den er erhalten hätte, wenn er freie
des Anspruchs nach § 51 oder vor rechtskräftiger Reichsmark zu dem jeweils geltenden amtlichen
qerichtlicher En tsch(!idung über diesen Anspruch an Kurs hätte transferieren können. Die Entschädigung
Ste1Ie der Entschädigung nach § 51 eine Pauschal- wird in der Weise berechnet, daß der Reichsmark-
abgeltung verlangen. Diese bet:räg t, t : l in Deutsche betrag, für den der Verfolgte keinen Gegenwert
Mark umgerechnet, das Eineinhalbfache des im Jahre erhalten hat, im Verhältnis 10: 2 in Deutsche Mark
1932 erzielten Reineinkomrnens des Verfolgten, umgerechnet wird. Nutzungsschäden werden nicht
höchstens jedoch 5000 Deutsche Mark. ersetzt.
(2) Haben verfolgte Ehegatten Hausrat eingebüßt, (4) Gehört der Verfolgte zu einem Personenkreis,
so steht ihnen der Anspruch auf die Pauschalabgel- den in seiner Gesamtheit die nationalsozialistische
tung gemeinsam zu, ohne Rücksicht darauf, wer von deutsche Regierung oder die NSDAP vom kulturellen
ihnen Eigentümer des Hausrats gewesen ist. Ist ein oder wirtschaftlichen Leben Deutschlands auszu-
Ehegatte verstorben, so steht der Anspruch auf die schließen beabsichtigte, so wird vermutet, daß der
Pauschalabgeltung dem überlebenden Ehegatten zu. Schaden an Vermögen durch nationalsozialistische
Leben die Ehegatten im Zeitpunkt der Entscheidung Gewaltmaßnahmen verursacht worden ist.
getrennt oder sind sie geschieden, so kann jeder
Ehegatte die Hälfte der PauscbalabgPl tung verlangen.
§ 57
§ 55
(1) DerVerfolgte, der aus den Verfolgungsgrün-
(1) Die Entschädigung nach §§ 51, 54 dar.f für den den des § 1 in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum
einzelnen Verfolgten insgesamt den Betrag von 8. Mai 1945 aus dem Reichsgebiet nach dem Stande
75 000 Deutsche Mark nicht übersteigen. Dies gilt vom 31. Dezember 1937 ausgewandert ist oder aus-
auch, wenn dem Verfolgten teils al1ein, teils auf gewiesen worden ist, hat Anspruch auf Ersatz der
Grund seiner Zugehörigkeit zu einer Gesamlhands- notwendigen Aufwendungen, die durch die Aus-
oder Bruchteilsgemeinschaft, die weder ein nicht- wanderung oder Ausweisung entstanden sind; das
rechtsfähiger V Prein noch eine nichtrechtsfähige gleiche gilt für die notwendigen Aufwendungen, die
Gesellschaft des bürgerlichen Rechts oder des Han- durch die Rückwanderung entstanden sind.
delsrechts ist, Entschädigungs,rnsprüchP zustehen.
(2) Sind die notwendigen Aufwendungen in frem-
(2) Werden von den in § 53 genannten Nachfolge- der Währung entstanden, so wird die Entschädigung
organisationen Ansprüche auf Entschädigung geltend
nach dem Kurs dieser Währung im Zeitpunkt der
gemacht, so gilt der Höchstbetrag des Absatzes 1 für
Entscheidung berechnet.
die Entschädigung, die der Nachfolgeorganisation
an Stelle des einzelnen Verfolgten zusteht. (3) Die Entschädigung nach Absatz 1 und 2 darf
für den einzelnen Verfolgten insgesamt den Betrag
FUNFTER TITEL· von 5000 Deulsche Mark nicht übersteigen.
Schaden an Vermögen
§ 58
§ 56
(l) Der Verfol9l.e hat Anspruch auf Enl.sch?.idigung, Die Entschädigung nach §§ 56, 57 darf für den
wenn er an seinem im Reichsgebiet nach dem Stande einzelnen Verfolgten insgesamt den Betrag von
vom 31. Dezember 1937 belegenen Vermögen ge- 75 000 Deutsche Mark nicht (ibersteigen. Im übrigen
schädigt worden ist. Eine Schäcliqung am Vermögen findet§ 55 entsprechende Anwendung.
572 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1956, Teil I
SECHSTEi{. TITEL § 61
Schaden durch Zahlung von Sonderab- (1) Der Verfolgte hat Anspruch auf Entschädigung
gaben, Geldstrafen, Bußen und Kosten für entrichtete Geldstrafen und Bußen, soweit ihm
diese aus den Verfolgungsgründen des § 1 auf erlegt
§ 59 worden sind. Der Anspruch besteht nur, wenn die
(1) Der Verfolgte hat Anspruch auf Entschädigung Geldstrafe oder die Buße im Reichsgebiet nach dem
f~r entrichtete Sonderabgaben, die ihm aus den Ver- Stande vom 31. Dezember 1937 gezahlt oder bei-
folgungsgründen des § 1 auferlegt worden sind. getrieben worden ist. Ist der Verfolgte Vertriebener
Nutzungsschäden werden nich I ersetzt. im Sinne des § 1 des Bundesvertriebenengesetzes, so
(2) Als Sondernbgaben gelten auch
hat er den Anspruch auch dann, wenn die Geldstrafe
oder die Buße im Vertreibungsgebiet gezahlt oder
1. der Verlust, der dem Verfolgten aus der beigetrieben worden ist. § 44 gilt sinngemäß.
Aufzwingung eines l-leimeinkaufsvertrages
entstanden ist; (2) § 60 findet entsprechende Anwendlmg.
2. die Abgaben an die Deutsche Golddiskont-
§ 62
bank zur Erlangung c~iner Ausfuhrgenehmi-
gung; Der Verfolgte hat Anspruch auf Entschädigung für
]. die Entrichtung von Reichsfluchtsteuer; gerichtliche und notwendige außergerichtliche Kosten,
soweit ihm die Kosten dadurch entstanden sind, daß
4. die Zahlung von Säumniszuschlägen, Ver-
zugszins(~n, Bankspesen und Vollstrek- gegen ihn aus den Verfolgungsgründen des § 1 ein
kungskosten, die aus Anlaß der Entrich- Strafverfahren oder ein Dienststrafverfahren an-
hängig gemacht worden ist. Der Anspruch besteht
tung von Sonderabgaben entstanden sind.
nur, wenn das Verfahren im Reichsgebiet nach dem
Abgaben an die Deutsche Golddiskontbank und Stande vom 31. Dezember 1937 anhängig gewesen
Entrichtung von Reichsfluchtsteuer gelten als Sonder- ist. Ist der Verfolgte Vertriebener im Sinne des § 1
a:bgalwn nur, wenn der Verfolgte aus den Verfol- des Bundesvertriebenengesetzes, so besteht der An-
gungsgründen des § 1 zur Auswanderung genötigt spruch auch dann, wenn das Verfahren im Vertrei-
gPwesen ist.
bungsgebiet anhängig gewesen ist. § 44 gilt sinn-
§ 60 gemäß.
( J) Der Verfolgte hat den Anspruch nach § 59 auch § 63
dann, wenn die Sonderabgabe ganz oder teilweise Gehört der Verfolgte zu einem Personenkreis, den
millels Vermögensgegenstönden, die als solche der in seiner Gesamtheit die nationalsozialistische deut-
Rückerstattung unterliegen, entrichtet worden ist. sche Regierung oder die NSDAP vom kulturellen
Die dem Verfolgten zustehenden Rückerstattungs- oder wirtschaftlichen Leben Deutschlands auszu-
ansprüche gehen bis zur Höhe der nach § 59 für den schließen beabsichtigte, so wird vermutet, daß der
Annahmewert der einzelnen entzogenen Vermögens- Schaden durch Zahlung von Sonderabgaben, Geld-
gegenstände zu leistenden Entschädigung auf das strafen, Bußen und Kosten durch nationalsozialisti-
leislPnde Land über. Ein Verzicht des Verfolgten auf sche Gewaltmaßnahmen verursacht worden ist.
den Rückerstal.tungsansprnch hat gegenüber dem
Jeisl.enclen Land keine Wirkung. Hat der Verfolgte
SIEBENTER TITEL
im Wege der Rückerstattung Leistungen erhalten, so
ist der V\Tert dieser Leistungen auf die Entschädigung Schaden im beruflichen
anzurechnen. Anzurechnen sind auch Vorleistungen und im wirtschaftlichen Fortkommen
und Darlehen, die mit der Maßgabe einer Verrech- I. Grundsatz
nung nach Regelung der rückerstattu'ngsrechtlichen
,.';eldverbindlichkeiten des Deutschen Reiches und § 64
gleid1geste1lter Rechtsträger gewährt worden sind. (1) Der Verfolgte hat Anspruch auf Entschädi-
(2) Hat der Verfolgte die Sonderabgabe ganz oder gung für Schaden im beruflichen und im wirtschaft-
teil weise aus dem Erlös eines der Rückerstattung lichen Fortkommen, wenn er im Zuge einer im
unterliegenden Vermögensgegenstandes entrichtet Reichsgebiet nach dem Stande vom 31. Dezember
und ist er nach den Rechtsvorschriften zur Rück- 1937 begonnenen Verfolgung in seinem beruf-
erstattung feststellbarer Vermögensgegenstände lichen oder in seinem wirtschaftlichen Fortkommen
zur Rückgewähr des Kaufpreises oder zur Abtre- nicht nur geringfügig benachteiligt worden ist. Ist
tung des Wiedergutmachungsanspruchs wegen des der Verfolgte Vertriebener im Sinne des § 1 des
nicht erlangten oder des nicht in seine freie Ver- Bundesvertriebenengesetzes, so hat er den An-
fügung gelangten Kaufpreises verpflichtet, so wird spruch auch dann, wenn die Verfolgung im Ver-
der Anspruch nach § 59 insoweit im Verhältnis 10: 1 treibungsgebiet begonnen hat.
in Deutsche Mark umgerechnet. Der Anspruch na::::h (2) Gehört der Verfolgte zu einem Personenkreis,
§ 59 b<:~steht nicht, wenn der Verfolgte den der den in seiner Gesamtheit die nationalsozialistische
Rückerstattung unterliegenden Vermögensgegen- deutsche Regierung oder die NSDAP vom kulturellen
stand zurückerhalten hat oder zurückerhält, aber oder wirtschaftlichen Leben Deutschlands auszu-
weder den Kaufpreis zurückgewährt noch den Wie- schließen beabsichtigte, so wird vermutet, daß der
derg utmachungsanspruch wegen des nicht erlangten Schaden im beruflichen und im wirtschaftlichen
oder des nicht in seine freie Verfügunq gelangten fortkommen durch nationalsozialistische Gewalt-
Kaufpreises abgetreten hat. maßnahmen verursacht worden ist.
Nr. 31 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 29. Juni 1956 573
II. Schaden im beruflichen Fortkommen befreit wird. Der Anspruch besteht nicht, wenn die
Prüfung oder der Befähigungsnachweis für alle in
1. Begriff diesem Beruf bisher Erwerbstätigen vorgeschrieben
§ 65 ist.
§ 68
_Ein Schaden im beruflichen Fortkommen liegt vor,
wenn der Verfolgte in der Nutzung seiner Arbeits- (1) Verfolgte sind bei der Vergabe von öffentlichen
kraft geschädigt worden ist. Aufträgen unbeschadet der Regelungen für not-
leidende Gebiete bevorzugt zu berücksichtigen.
Dies gilt auch für Unternehmen, an denen Verfolgte
2. Selbständige_ Berufe maßgeblich beteiligt sind.
§ 66 (2) Finanzierungsbeihilfen der öffentlichen Hand
sollen unter der Auflage gegeben werden, daß die
(1) Der Verfolgte hat Anspruch auf Entschädigung, Empfänger dieser Hilfen sich· verpflichten, bei der
wenn er aus einer selbständigen Erwerbstätigkeit, Vergabe von Aufträgen entsprechend Absatz 1 zu
einschließlich land- und forstwirtschaftlicher oder verfahren .
. gewerblicher Tätigkeit, verdrängt oder in ihrer § 69
Ausübung wesentlich beschränkt worden ist.
(1) Der Verfolgte hat Anspruch auf zinslose oder
(2) Der selbständigen Erwerbstätigkeit ist die Ge- zinsverbilligte Darlehen, soweit für die Wiederauf-
schäftsführung des tätigen Teilhabers einer Kapital- nahme seiner früheren selbständigen oder die Auf-
gesellschaft des Handelsrechts gleichzuachten, der nahme einer gleichwertigen selbständigen Erwerbs-
mit mehr als 50 vom Hundert am Kapital der Gesell- tätigkeit Geldmittel benötigt werden, die er sich nicht
schaft beteiligt war. anderweitig beschaffen kann.
(3) Wesentlich ist in der Regel die Beschränkung (2) Der Verfolgte hat den Anspruch nach Absatz l
der selbständigen Erwerbstätigkeit, wenn die Be- auch dann, wenn er eine der dort genannten selbstän-
schränkung in der Gesamtzeit der Schädigung zu digen Erwerbstätigkeiten bereits aufgenommen hat
einer Einkommensminderung von mehr als 25 vom und das Darlehen zur Festigung der Grundlage dieser
Hundert geführt hat. Tätigkeit erforderlich ist. Das gleiche gilt für den in
der Ausübung seiner selbständigen Erwerbstätigkeit
§ 67 wesentlich beschränkten Verfolgten, wenn er das
(1) Der Verfolgte hat Anspruch darauf, daß ihm die Darlehen zur vollen Entfaltung seiner früheren Er-
Wiederaufnahme seiner früheren selbständigen oder werbstätigkeit benötigt.
die Aufnahme einer gleichwertigen selbständigen (3) Der Höchstbetrag des Darlehens beträgt 30000
Erwerbstätigkeit durch Erteilung der erforderlichen Deutsch-e Mark.
Genehmigungen, Zulassungen und Bezugsberechti-
§ 70
gungen ermöglicht wird. Hierbei darf die Frage des
öffentlichen Bedürfnisses nicht geprüft werden. Hängt (1) Hat der Verfolgte bei Beginn der Verfolgung
die Erteilung der Genehmigungen, Zulassungen und mehrere selbständige Erwerbstätigkeiten ausgeübt,
Bezugsberechtigungen von besonderen Voraussetzun- so steht ihm der Anspruch auf ein Darlehen zur
gen ab, so gelten diese in der Person des Verfolgten Wiederaufnahme jeder früheren Erwerbstätigkeit zu.
als gegeben, wenn er die Voraussetzungen nur des- (2) Der Gesamtbetrag mehrerer Darlehen darf den
halb nicht erfüllt, weil gegen ihn nationalsozialistische Höchstbetrag des § 69 Abs. 3 nicht übersteigen.
Gewaltmaßnahmen gerichtet worden sind.
(2) Der Verfolgte, der vor dem 4. Septembef 1939 § 71
nach deutschen Vorschriften als Arzt, Zahnarzt oder Der Darlehnsvertrag ist nach Maßgabe der fol-
Dentist zur Kassenpraxis zugelassen war und noch genden Bedingungen abzuschließen:
nicht wieder zugelassen ist, gilt weiterhin als zur 1. Das Darlehen ist in der Regel mit drei vom
Kassenpraxis zugelassen. Der Verfolgte, der nicht zur Hundert jährlich zu verzinsen;
Kassenpraxis zugelassen war, obwohl er die persön-
lichen und fachlichen Voraussetzungen erfüllt hatte, 2. das Darlehen ist nach zwei tilgungsfreien J ah-
ist zur Kassenpraxis zuzulassen. Der Verfolgte gilt ren, spätestens im Verlaufe weiterer zehn Jahre
an dem Ort als zugelassen oder ist an dem Ort zu- zu tilgen;
zulassen, für den er seine Niederlassung beantragt; 3. das Darlehen ist nach Möglichkeit zu sichern,
0
ih m ist ohne Rücksicht auf die Zahl der im Zulassungs- insbesondere durch Sicherungsübereignung
bezirk bereits Zugelassenen und ohne Anrechnung von Gegenständen, die aus dem Darlehen be-
auf die Verhältniszahl der von ihm beantragte Tätig- schafft werden;
keitsbereich zuzuweisen. · 4. der Darlehnsnehmer ist verpflichtet, jährlich
über die Verwendung des Darlehens Auskunft
(3) Absatz 1 und 2 berühren nicht die Bestimmun-
zu erteilen; auf Verlangen hat er Einsicht in
gen über die persönlichen und fachlichen Voraus-
seine Geschäftsgebarung, insbesonq.ere in seine
setzungen, von denen der Zugang zu bestimmten Be-
Geschäftsbücher, zu gestatten; eine Verschlech-
rufen abhängig ist.
terung seiner beruflichen und wirtschaftlichen
(4) Der Verfolgte hat Anspruch darauf, daß er von Verhältnisse, welche die Rückzahlung des Dar-
einer inzwischen eingeführten Prüfung oder von lehens gefährden könnte, hat er unverzüglich
einem inzwischen eingeführten Befähigungsnachweis anzuzeigen;
574 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1956, Teil I
:>. <kr Darlchnsvertrn~J kann aus einem in der (2) Ausreichend ist eine Lebensgrundlage, die dem
Person oder in den Verhältnissen des Dar- Verfolgten und seinen unterhaltsberechtigten Fami-
lehnsnehmers licgc~nd<!n "'.'7ichtigen Grundfrist- lienangehörigen nachhaltig eine solche Lebensfüh-
los gPkündigt werden. rung einschließlich einer angemessenen Vorsorge
für sein Alter und seine Hinterbliebenen ermöglicht,
die Personen mit gleicher oder ähnlicher Berufs-
§ 72
ausbildung in der Regel haben.
(1) Muß der Verfolgte seine frühere oder eine (3) Hat der Verfolgte nach den in § 5 genannten
gleichwertige Erwerbstäti~Jkeit unter besonders er- Rechtsvorschriften oder nach § 56 bereits einen Aus-
schwerendem Bedingungen aufnehmen und können gleich für den durch die Verdrängung oder Beschrän-
_aus diesem Grund ertraglose Anfangsaufwendungen kung eingetretenen Einkommensverlust erhalten
einschließlich angemessener Lebenshaltungskosten oder ist ihm ein solcher Anspruch durch unanfecht-
durch das Darlehen nicht hinlänglich ausgeglichen baren Bescheid, rechtskräftige gerichtliche Ent-
werden, so hat er Anspruch auf ein zusätzliches Dar- scheidung oder Vergleich zuerkannt worden, so
lehen, auf dessen Rückzahlung bei nachweisbar ord- entfällt insoweit der Anspruch auf Kapitalentschä-
nungsmäßiger Verwendung verzichtet werden kann. digung.
(2) Besonders erschwerende Bedingungen imSinne § 76
des Absatzes 1 können insbesondere dann vorliegen, ( 1) Ist der Verfolgte aus seiner Erwerbstätigkeit
wenn der Verfolgte seine Erwerbstätigkeit mehr als verdrängt worden, so wird die Kapitalentschädigung
fünf Jahre hatte unterbrechen müssen, wenn er sie an auf der Grundlage von drei Vierteln der Dienst-
einem anderen Ort als dem früheren aufnehmen muß, bezüge erredmet, die einem vergleichbaren Bundes-
wenn er sein Geschäftsvermögen eingebüßt hat und beamten im Zeitpunkt seiner Entlassung zugestanden
es auch im Wege der Rückerstattung nicht in aus- hätten. Dabei ist an Stelle des Besoldungsdienstalters
reichendem Maße zurückerlangen kann, wenn die des Bundesbeamten im Zeitpunkt der Entlassung
Verfolgung den Kreis seiner Geschäftsfreunde be- vom Lebensalter des Verfolgten bei Beginn der
sonders stark verringert hat oder wenn ihm das in- Schädigung auszugehen. Für die Einreihung des
zwischen erreichte Alter die Aufnahme seiner Er- Verfolgten in eine vergleichbare Beamtengruppe
werbstätigkeit in ungewöhnlichem Maße erschwert. sind seine Berufsausbildung und seine wirtschaftliche
(3) Der Höchstbetrag des zusätzlichen Darlehens Stellung vor Beginn der Verfolgung maßgebend. Die
beträgt 20 000 Deutsche Mark. wirtschaftliche Stellung ist nach dem Durchschnitts-
einkommen des Verfolgten in den letzten drei Jah-
(4) § 71 gilt sinngemäß mit der Maßgabe, daß das ren vor Beginn der Verfolgung zu beurteilen. Beruf-
zusätzliche Darlehen stets zinslos zu gewähren ist. liche Entwicklungsmöglichkeiten des Verfolgten, der
erst am Anfang der Ausübung seines Berufes stand,
sind angemessen zu berücksichtigen.
§ 73
(2) Ist der Verfolgte in der Ausübung seiner
(1) § 69 Abs. 1 und 2, §§ 70, 71, 72 Abs. 1, 2 und 4 Erwerbstätigkeit .wesentlich beschränkt worden, so
finden auf den überlebenden Ehegatten und die Kin- findet Absatz 1 mit der Maßgabe Anwendung, daß
der eines verstorbenen Verfolgten entsprechende die Kapitalentschädigung in der Höhe festgesetzt
Anwendung, wenn sie die frühere Erwerbstätigkeit wird, die sich a.us dem Verhältnis der durch die
des Verfolgten wiederaufgenommen haben oder Beschränkung verursachten Einkommensminderung
.wiederaufzunehmen beabsichtigen. zu den erreichbaren Dienstbezügen eines vergleich-
(2) Der Gesamtbetrag mehrerer Darlehen im Falle baren Bundesbeamten ergibt. Erreichbare Dienst-
des Absatzes 1 darf die in § 69 Abs. 3, § 72 Abs. 3 bezüge sind die Bezüge, die ein vergleichbarer
genannten Höchstbeträge nicht übersteigen. Bundesbeamter am Ende des Entschädigungszeit-
raumes gehabt hätte. War das Durchschnittseinkom-
men, das der Verfolgte innerhalb der letzten drei
§ 74 Jahre vor dem Beginn der Beschränkung gehabt hat,
höher als die erreichbaren Dienstbezüge eines ver-
Der Verfolgte hat für die Zeit der Verdrängung
gleichbaren Bundesbeamten, so findet Absatz 1 mit
aus oder der wesentlichen Beschränkung in seiner
der Maßgabe Anwendung, daß die Kapitalentschädi-
selbständigen Erwf~rbstätiqkeit Anspruch auf Ent-
gung in der Höhe festgesetzt wird, die sich aus dem
schädigung. Die Entschäcli9ung besteht in einer
Verhältnis der durch die Beschränkung verursachten
Kapitalentschädigung oder in einer Rente.
Einkommensminderung zu diesem Durchschnittsein-
kommen ergibt.
§ 75 (3) Zugunsten des Verfolgten wird die fehlende
(l) Die Kapitalentschädi~Jllll~J wird nicht über den Alters- und Hinterbliebenenversorgung des ver-
Zeitpunkt hinaus qeh~istd, in dem der Verfolgte gleichbaren Bundesbeamten dadurch berücksichtigt,
eine ErwerbsUit.iqkeit auf~wnomrnen hat, die ihm daß der Summe der nach Absatz 1 oder 2 errechneten
eine ausreichende Lebe:,ns~rnmdlag(~ bietet. Es wird Bezüge ein Betrag in Höhe von 20 .vom Hundert
vennutet, daß dies erst a111 1. Januar 1947 der Fall hinzugerechnet wird.
war, wenn der Ver[ol~Jle 1/,11 diesem Zeitpunkt seinen (4) Die Gesamtzeit, während der der Verfolgte
Wohnsitz oder dauernden J\ u fenthalt im Geltungs- aus seiner Erwerbstätigkeit verdrängt oder in ihrer
bereich dieses Gesetzes gelwbt. hat. Ausübung wesentlich beschränkt war, wird als ein-
Nr. 31 Tag der Ausgabe: Bonn, den 29. Juni 1956 575
heitlidwr Schadens:t.()itraum behandelt. Das gleiche Erwerbstätigkeit, die dem Verfolgten eine aus-
gilt für einwlne Z,:i Iabschni lte, während deren der reichende Lebensgrundlage bietet, ist eine Versor-
Verfol(JI.C! ans seiner ErwerbsUil.iqkeit verdrängt gung aus einer früher ausgeübten Erwerbstätigkeit
oder in ihrer J\nstibtrng wesentlich beschr~inkt war. gleichzuachten.
§ 83
§ 77
(1) Die Rente wird auf der Grundlage von zwei
Dritteln der Versorgungsbezüge eines vergleichbaren
Von dem nc1ch § 7(> Abs. 1, 3 und ,4 crredrnelen Be- Bundesbeamten errechnet. § 76 Abs. 1 Satz 2 bis 5
trag ist das während des gesarnlen Entschädigungs- findet mit der Maßgabe Anwendung, daß von dem
zeitraunws durch cHHlcrweiliqe Verwertung der Lebensalter des Verfolgten im Zeitpunkt des Inkraft-
Arbeitskrnft erziel!<: Einkornrnen abzuziehen, soweit tretens dieses Gesetzes auszugehen ist.
es zusamnwn mil. dc!tll nach § 7G crrechnelen Betrag
die erreichbaren Dienstbez(ige f!ines vergleichbaren (2) Der monatliche Höchstbetrag der Rente beträgt
Bundesbeamtf:n ülwrsl.eigt. § 7G Abs. 2 Satz 2 findet 600 Deutsche Mark.
Anwendung. Dabei ist Einkommen, das vor dem (3) Hat der Verfolgte die Rente gewählt, so erhält
1. Juli l94B erzielt worden ist, nid1t zu berücksich- er für die Zeit vor dem l. November 1953 eine Ent-
tigen. schädigung in Höhe der Rentenbezüge eines Jahres.
§ 7ß
§ 84
Die Kapilalenlsdüidigung wird nach vollen Mona-
Das Wahlrecht nach § 81 ist bis zum Ablauf einer
ten berechnet. Zugrunde zu legen sind die Kalender-
Frist von drei Monaten oder, wenn der Verfolgte
monate, während (foren der VPrfolgte aus seiner Er-
im außereuropäischen Ausland wohnt, bis zum Ab-
werbstätirJkeit verdrängt oder in ihrer Ausübung
lauf einer Frist von sechs Monaten durch Erklärung
wesentlich beschränkt war, sowie je 30 Tage der
gegenüber der zuständigen· Entschädigungsbehörde
Monate, in denen der Verfolgte nur zeitweise aus
auszuüben. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem
seiner Erwerbstätigkeit verdrängt oder in ihrer Aus-
der Bescheid der Entschädigungsbehörde unanfecht-
übung wesen Uich besc}nänk t war.
bar oder die gerichtliche Entscheidung rechtskräftig
geworden ist. Die Wahl ist endgültig.
§ 7!)
(1) Der Z€~itraum, für den die Kapitalentschädigung § 85
qeleislet wird, endet spätestens mit dem Zeitpunkt, (1) Ist der Verfolgte nach Ausübung des Wahl-
in dem der Verfolgte tatsächlich nicht mehr arbeits- rechtes verstorben, so steht der Witwe bis zu ihrer
fähig ist. Es wird vermutet, daß dies der Fall ist, Wiederverheiratung und den Kindern, solange für
wenn der Verfolgl:0. das 70. Lebensjahr vollendet hat. sie nach Beamtenrecht Kinderzuschläge gewährt wer-
(2) Absatz 1 gill nicht, wenn die Arbeitsunfähigkeit
den können, der Anspruch auf eine Rente zu. Der
in Höhe von mindestens 50 vom Hundert verfolgungs- Anspruch besteht nicht, wenn die Ehe nach Inkraft-
bedingt ist. treten dieses Gesetzes geschlossen worden ist.
(2) Die Rente der Witwe beträgt 60 vom Hund;;rt
§ 80 und die Rente für jedes Kind 30 vom Hundert der
Bestehen nach Festsetzung oder nach rechtskräf- Rente, die dem Verfolgten nach § 83 zugestanden hat.
tiger gerichtlicher Entscheidung die Voraussetzungen Auf die Rente sind andere Versorgungsbezüge aus
für die Leistung einer Kapitalentschädigung fort, so deutschen öffentlichen Mitteln anzurechnen, soweit
wird der der Berechnung der Kapitalentschädigung die Versorgungsbezüge den Betrag von 150 Deutsche
nach § 76 zugrunde gele9te Jahresbetrag in monat- Mark im Monat übersteigen.
lichen Teilbeträgen solange weitergezahlt, bis der (3) Die Renten nach Absatz 2 dürfen zusammen die
Höchstbetrag der Kapitalentschädigung (§ 123) er-
Rente des Verfolgten nicht übersteigen. Ergibt sich
reicht ist.
bei einer Zusammenrechnung der Renten ein höherer
§ 81 Betrag als die Rente des Verfolgten, so werden die
Der Verfolgte kmm an Stelle der Kapitc1lentschä- einzelnen Renten in dem Verhältnis gekürzt, in dem
digung eine Rente wählen. Die Rente wird ohne sie ihrer Höhe nach zueinander stehen.
Rücksicht auf die Höhe der Kapitalentschädigung auf (4) Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß für den Wit-
Lebenszeit geleistet. wer unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Nr. 2.
§ 82
§ 86
Voraussetzung f(ir das Wahlrechl nach § 81 ist,
(1) Ist der Verfolgte innerhalb der Frist des § 84
daß der Verfolg le im Zeitpunkt der Entscheidung
verstorben, ohne das ihm zustehende Wahlrecht nach
keine ErwcrbsUitigkt!il. ausübt, die ihm eine ausrei-
§ 81 ausgeübt zu haben, so kann die Witwe das
chende Lebensgrundlage bictel, und daß ihm die
Wahlrecht ausüben. Die Frist für die Ausübung des
Aufnahme einer solchen Erwerbstätigkeit auch nicht
Wahlrechtes nach § 84 beginnt mit dem Tage, an
zuzumuten ist. Die Aufnahme einer solchen Erwerbs-
dem der Verfolgte verstorben ist.
tätigkeit isl dem V prfolgten insbesondere dann nicht
zuzumuten, wenn (!r im Zeitpunkt der Entscheidung (2) Ist der Verfolgte vor Beginn der Frist des § 84
das 65. Lebensjahr vollendet hat; bei Frauen tritt an nach Inkrafttreten dieses Gesetzes verstorben, ohne
Stelle des G5. dus GO. Lebensjahr. Der Ausübung einer das Wahlrecht ausgeübt zu haben, und lagen vor
576 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1956, Teil I
seinPm Tocle die Vora11ssPtzungen für die Ausübung langt hat oder aus den Verfolgungsgründen des
des WuhlrechlPs rwch § B2 vor, so kann die Witwe § 1 von der Vermittlung in Arbeit ausgeschlos-
das Wahlrecht ausüben, wenn sie selbst Verfolgte sen geblieben ist; ·
isl od<:r von der Verfolgung rnilbetroffen war. Auf 5. der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz dadurch
die J\usiihun~J des Wi:lhlrechtes durch die Witwe verloren hat, daß der Arbeitgeber im Zuge der
findd § H4 enl.spn:dwnde AnwEmdung. Verfolgung seine Tätigkeit hat einstellen müs-
(3) Wiihli die Witw(! die Rente, so findet§ 85Abs.1
sen und der Arbeitnehmer wegen seines Dien-
bis ] <'.n!sprcd1n1dc Anwc~ndung. Für die Zeit vor stes bei diesem Arbeitgeber keine gleichwertige
dem Tode des Verfolqten erhalten die Wilwe und
Beschäftigung gefunden hat;
die KindPr ciJw l'.nlschüdigung in Höhe der Renten- 6. die Aufgaben des arbeitgebenden Verbandes
bczü~JC eines .L:thrcs, die d<:rn Verfolgten nach § 83 im Zuge nationalsozialistischer Organisations-
Abs.:! zu~3esta11dcn hülle. Die Entschädigung ver- maßnahmen auf einen anderen Verband über-
U!ilt sich nach M,;i ß~Jcibc~ des § 85 Abs. 2 Satz 1 und geführt worden sind und der Arbeitnehmer aus
Abs. 3 auf die Witwe und die Kinder. den Verfolgungsgründen des § 1 von der all-
gemeinen Ubernahme in den Dienst dieses Ver-
(4) Sind auf den Anspruch des Verfolgten wegen bandes ausgeschlossen geblieben ist.
Schadens im lwruflichen Fortkommen bereits Lei-
stungen b(~wirkt worden, so sind diese auf die Rente
und au[ die En!schüdirJung für die Zeit vor dem Tode § 89
des V crfol~J ten voll anzurechnen. Dies gilt auch dann, (1) Der Verfolgte hat Anspruch auf Einräumung
wenn diese Leistungen an einen Dritten bewirkt seines früheren oder eines· gleichwertigen Arbeits-
worden sind. platzes, es sei denn, daß er das 65. Lebensjahr voll-
endet haf oder erwerbsunfähig ist. Die Erwerbs-
(5) Absätze l bis 4 gellen sinngemäß für den Wit-
unfähigkeit ist nach der geistigen und körperlichen
wc>r unler den Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Nr. 2. Leistungsfähigkeit des Verfolgten im allgemeinen
Erwerbsleben zu beurteilen.
3. Unselbständige Berufe (2) Die Verpflichtung zur Einräumung des frü-
heren oder eines gleichwertigen Arbeitsplatzes ob-
A. Privater Dienst
liegt jedem Arbeitgeber 1 aus dessen Dienst der
§ 87 Verfolgte entlassen worden oder vorzeitig ausge-
(1) Der Verfolgte hat Anspruch auf Entschädigung, schieden ist, oder dessen Rechtsnachfolger.
wenn er im privaten Dienst durch Entlassung, vor- (3) Der in Anspruch genommene Arbeitgeber oder
zeitiges Ausscheiden oder durch Versetzung in eine dessen Rechtsnachfolger kann die Erfüllung des An-
erheblich geringer entlohnte Beschäftigung geschä- spruchs auf Einräumung des früheren oder eines
digt worden isl. gleichwertigen Arbeitsplatzes verweigern, wenn
(2) Versetzung in einer erheblich geringer ent- 1. er zur Erfüllung dieses Anspruchs aus zwin-
lohnte Beschäftigung liegt in der Regel vor, wenn die genden wirtschaftlichen oder betrieblichen
Versetzung in der Gesamtzeit der Schädigung zu Gründen nicht in der Lage ist;
einer Einkommensminderung von mehr als 25 vom 2. bei Vorhandensein mehrerer Verpflichteter
Hundnt geführt hat. ein anderer Arbeitgeber unter Berücksich-
tigung aller Umstände nach billigem Ermes-
§ 88
sen zur Erfüllung des Anspruchs in erster
§ 87 gilt sinngemäß, WE)nn Linie als verpflichtet anzusehen ist.
l. dem Verfolgten von seinem Arbeitgeber unter (4) Ist die Verpflichtung zur Einräumung des
Beachtung der gesetzlichen, vertraglichen oder früheren oder eines gleichwertigen Arbeitsplatzes
tariflichen Bestimmungen gekündigt worden. durch unanfechtbaren Bescheid oder durch rechts-
ist, sofern nach der Verkehrssitte oder den Um- kräftige gerichtliche Entscheidung festgestellt, so
ständen des Einzelfalles das Arbeitsverhältnis gilt das Arbeitsverhältnis als wiederhergestellt.
fortgesetzt worden wäre, wenn keiner der Ver-
folgungsgründe des § 1 vorgelegen hätte;
§ 90
2. ein befristetes Arbeitsverhältnis nicht erneuert
worden ist, sofern nach der Verkehrssitte oder Hat der Verfolgte eine selbständige Erwerbstätig-
den Umständen des Einzelfalles die Erneuerung keit aufgenommen oder weist er nach, daß er die
zu erwarten gewesen wäre, wenn keiner der Voraussetzungen für die- erfolgreiche Aufnahme einer
Verfolgungsgründe des § 1 vorgelegen hätte; solchen Tätigk.eit erfüllt, so kann ihm nach Maßgabe
der §§ 69, 71 ein Darlehen gewährt werden. § 72 gilt
3. der Verfolgte seinen Arbeitsplatz durch Frei-
sinngemäß.
heitsentziehung, Berufsverbot oder dadurch
verloren bat:, daß er, um nationalsozialistischen § 91
Gewaltmaßnahmen zu entgehen, ausgewandert Der Verfolgte hat Anspruch auf eine Entschädigung
oder geflolu-m ist oder in der Illegalität gelebt für Schaden, der ihm durch Entlassung, vorzeitiges
Jwt oder aus den Verfolgungsgründen des § 1 Ausscheiden oder durch Versetzung in eine erheb-
uusgew icsen oder deportiert worden ist; lich geringer entlohnte Beschäftigung entstanden ist.
4. der mbeitslose Verfolgte aus den in Nummer 3 Die Entschädigung besteht in einer Kapitalentschädi-
genannten Crünclen keinen Arbeitsplatz er- gung oder in einer Rente.
Nr. 31 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 29. Juni 1956 577
§ 92 (2) Der monatliche Mindestbetrag der Rente be-
(1) Auf die Kapitalentschädigung finden die §§ 75, trägt für die Witwe oder den Witwer 60 Deutsche
76 Abs. 1, 2 und 4, §§ 78 bis 80 entsprechende Anwen- Mark, für jedes Kind 30 Deutsche Mark; § 95 Abs. 3
dung. findet entsprechende Anwendung. Ergibt sich bei
(2) Hat der Verfolgte weder Ansprüche auf Rente einer Zusammenrechnung der Mindestbeträge der
aus der gesetzlichen Rentenversicherung wegen Voll- Renten nach Satz 1 ein höherer Betrag als der Min-
endung des 65. Lebensjahres noch Anspruch auf Ent- destbetrag der Rente des Verfolgten, so werden die
schädigung nach §§ 134 bis 137, so wird der Summe einzelnen Mindestbeträge der Renten in dem Ver-
der nach Absatz 1 errechneten Bezüge ein Betrag in hältnis gekürzt, in dem sie ihrer Höhe nach zuein-
Höhe von 20 vom Hundert hinzugerechnet. ander stehen.
(3) § 77 findet mit der Maßgabe Anwendung, daß
§ 98
außer dem durch anderweitige Verwertung der Ar- Ist der Verfolgte vor Ausübung des Wahlrechtes
beitskraft erzielten Einkommen solche Entschädi- verstorben, so findet § 86 entsprech(tnde Anwendung.
gungen, Zuwendungen, Unterhaltsbeiträge oder ähn- Die Rente ist nach § 97 zu berechnen.
liche Leistungen zu berücksichtigen sind, die der Ver-
folgte von einem früheren Arbeitgeber oder dessen B. öffentlicher Dienst
Rechtsnachfolger erhalten hat. a) Gemeinsame Vorschriften
§ 99
§ 93
(1) Der verfolgte Angehörige des öffentlichen
Der Verfolgte kann an Stelle der Kapitalentschädi-
Dienstes (§§ 1, 2, 2a des Gesetzes zur Regelung der
gung eine Rente wählen. Bei Bemessung der Rente
· Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts
sind das Lebensalter des Verfolgten und die ihmnach
für Angehörige des öffentlichen Dienstes) hat An•
§ 92 zustehende Kapitalentschädigung angemessen
spruch auf Entschädigung für die Zeit vor dem
zu berücksichtigen.
§ 94 1. April 1950, wenn ihm auf Grund einer der folgen-
den Maßnahmen Bezüge entgangen sind:
Voraussetzung für das Wahlrecht nach § 93 ist,
daß der Verfolgte im Zeitpunkt der Entscheidung das 1. bei Beamten und Berufssoldaten
65. Lebensjahr vollendet hat oder in seinem Beruf a) Beendigung des Dienstverhältnisses auf
nicht mehr als 50 vom Hundert arbeitsfähig ist; bei Grund Strafurteils,
Frauen tritt an Stelle des 65. das 60. Lebensjahr. b) Entfernung aus dem Dienst,.
§ 95 c) Entlassung ohne Versorgung oder mit
gekürzter Versorgung,
(1) Der monatliche Höchstbetrag der Rente beträgt
600 Deutsche Mark. d) vorzeitige Versetzung in den Ruhestand,
(2) Der monatliche ·Mindestbelrag der Rente be- e) Versetzung in den Wartestand,
trägt 100 Deutsche Mark. f) Versetzung in ein Amt oder auf einen
(3) Der monatliche Mindestbetrag der Rente wird Dienstposten mit niedrigerem Endgrund-
insoweit gekürzt, als er zusammen mit Versorgungs- gehalt;
bezügen oder wiederkehrenden Leistungen a~s deut-- 2. bei Versorgungsempfängern
schen öffentlichen Mitteln den Betrag von 300 Deut- a) Vorenthaltung der Versorgungsbezüge,
sche Mark im Monat übersteigt. Der Betrag von b) Kürzung der Versorgungsbezüge;
300 Deutsche Mark erhöht sich bei verheirateten
Verfolgten um 60 Deutsche Mark im Monat und für 3. bei Angestellten und Arbeitern
jedes Kind, für das nach Beamtenrecht Kinderzu- a) Entlassung,
schläge gewährt werden können, um 20 Deutsche b) vorzeitige Beendigung des Arbeitsver-
Mark im Monat. Der Verfolgte erhält jedoch minde- hältnisses,
stens den Betrag der nach § 93 errechneten Rente.
c} Verwendung in einer Tätigkeit mit ge-
§ 96 ringerer Vergütung oder geringerem
Lohn;
Das Wahlrecht nach § 93 ist bis zum Ablauf einer
Frist von drei Monaten oder, wenn der Verfolgte im 4. bei nichtbeamteten außerordentlichen Pro-
außereuropäischen Ausland wohnt, bis zum Ablauf fessoren und Privatdozenten an den wis-
einer Frist von sechs Monaten durch Erklärung senschaftlichen Hochschulen
gegenüber der zuständigen Entschädigungsbehörde Entziehung der Lehrbefugnis (venia le-
auszuüben. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem gendi).
der Bescheid der Entschädigungsbehörde unanfecht- Es wird vermutet, daß das Dienst- oder Arbeits-
bar oder die gerichtliche faitscheiclung rechtskräftig verhältnis über den 8. Mai 1945 hinaus fortgedauert
geworden ist. Die Wahl ist endgültig. hätte, wenn es ohne die Verfolgung zu diesem Zeit-
§ 97 punkt noch bestanden hätte.
(1) Ist der Verfolgle nach AusC1bung des Wahl-· (2) Als Entlassung, vorzeitige Versetzung in den
rechte~ verstorben, so findet§ B5 entsprechende An- Ruhestand, Vorenthaltung der Versorgungsbezüge
wendung. Der Bcrechnunq der Rente ist die Rente oder Entziehung der Lehrbefugnis im Sinne des Ab-
zugrunde zu legen, die dem Verfolgten nach §§ 93, satzes 1 gelten auch Maßnahmen, welche die gleiche
95 zugestanden hat. Folge kraft Gesetzes gehabt haben. Als Entlassung
578 Bundesgesetzblatt, J~hrgang 1956, Teil I
gellen ferner lwi VPrloltJ I PJJ Angehörigen des öffent- von drei Vierteln der letzten Dienstbezüge eine
lichen Dienstes in den in § 1 Abs. 2 des Gesetzes zur Kapitalentschädigung in Höh~ von drei Vierteln der
Rc>gclung der Wicderg u l111achung nationalsoziali- W artestandsbezüge tritt.
slischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen
(4) Hatte der Beamte im Zeitpunkt der Schädigung
Dienst.es erwühnlcn GPbielen die Ablehnung der
eine vorgeschriebene oder übliche Laufbahnprüfung
Weilerv<'rwendung und bei Verfolgten, deren Dienst-
abgelegt, aber noch keine planmäßige Anstellung er-
verhältnis mil. dPr AblPqung der den Vorbereitungs-
langt, so finden Absätze 1 und 2 mit der Maßgabe
diensl abschließenden Prüfung geendet hat, die
Anwendung, daß an Stelle einer Kapitalentschä-
Nichtübernahme als außerplanmäßiger Beanlter.
digung in Höhe von drei Vierteln der letzten Dienst-
(]) §§ 1 bis 14, h4 lind<'n Anw€~ndun~J. bezüge eine Kapitalentschädigung in Höhe von drei
Vierteln der Dienstbezüge der Eingangsstufe seiner
Dienstlaufbahn tritt. Dies gilt auch im Falle der
§ 100
Nichtübernahme als außerplanmäßiger Beamter (§ 99
Ansprnch c1tlf Entschcidigung besleht nicht, wenn Abs. 2 Satz 2).
c>irw ~Jleidw Maßnahnw aus beamten- oder tarif-
(5) § 75 Abs. 1 und 2 findet entsprechende Anwen-
r<)chtlidwn GründE!n, die nicht mit nationalsozialisti-
dung.
schen Gewaltmaßnahmen im Zusammenhang stehen,
ncich heutirwr Rechlsautlassung gerechtfertigt ge- § 103
WC'sen wäre. Di<> Verlwiratung einer verfolgten Ruhestandsbeamte, Witwen und Waisen, denen
Ang<·hörigen des öff()nllichen Dienstes ist kein Versorgungsbezüge ganz oder teilweise vorenthalten
bearnten- oder larifrPchtlidwr Grund im Sinne des worden sind (§ 99 Abs. l Nr. 2), haben Anspruch auf
SatzPs 1. eine Kapitalentschädigung in Höhe der entgangenen
Versorgungsbezüge.
~ 101
lsl eirn~ Mdf'>r1dl1mP ndch § 99 Abs. 1 Nr. l und 2 § 104
dt1 rch Strafu rl(•i I oder durch Dienststrafurteil aus-
(1) Ein versorgungsberechtigter Hinterbliebener
g(!sprochen worden oder ist sie die gesetzliche Folge
eines verfolgten Beamten oder Versorgungsempfän-
eines solchen Urteils, so findet § 44 entsprechende
gers, der als Folge einer gegen den Verfolgten ge-
An wenclung. Der Aufhebung des Urteils steht die
richteten Maßnahme (§ 99 Abs. 1 Nr. l und 2) keine
BPs<)i I igung der lwam I c•n- od<~r versorgungsrncht-
oder nur gekürzte Versorgungsbezüge erhalten hat,
licl1Pn r~olq('l1 d('s llrlPils itn CnadPnwege gleich.
hat Anspruch auf eine Kapitalentschädigung in Höhe
der nach den allgemeinen beamtenrechtlichen Vor-
li) B(•c1111ll) schriften sich ergebenden Hinterbliebenenbezüge
~ 102 unter Zugrundelegung der Kapitalentschädigung, die
dem Verfolgten nach den §§ 102, 103 zugestanden
( 1) Der fkc1111 le, dem ,utf Crun<l einer der in § 99
hätte.
Abs. 1 Nr. 1 qenannl.()n Maßnahmen Dienstbf~züge
enlyc111gpn sind, hat Anspruch auf eine Kapitalent- (2) Es genügt, daß der versorgungsberechtigte I-Iin-
sc:hüdigun~J, w<·nn er terbliebene die Voraussetzungen des § 4 erfüllt. Im
1. k<>inc Versor~Jun~Jsbezüge erhalten hat, in
übrigen finden§§ 5 bis 14 entsprechende Anwendung.
Hölw von drei Vif~rteln der ihm zuletzt
gewührten Dienstbezüge; § 105
2. Versorgungs- oder Wartestandsbezüge er- Bei einem Beamten oder Versorgungsempfänger,
h-alten oder ein niedrigeres Diensteinkom- der auf Grund mehrerer aufeinanderfolgender Maß-
nwn gehabt ha.t, insoweit als diese Bezüge nahmen (§ 99 Abs. 1 Nr. 1 und 2) geschädigt worden
hinter drei Viert(~ln der ihm bis zu diesem ist, bemißt sich die Kapitalentschädigung nach dem
ZPi l.pun k I gewtih rten Dienstbezüge zurück- Rechtsverhältnis im Zeitpunkt der ersten Schädigung.
~Jebl ieben sind. War der Beamte im Zeitpunkt einer späteren Maß-
nahme entsprechend seiner früheren Rechtsstellung
(2) Gt>lrnllsk ürzungen auf Grund der Verordnung
wiederverwendet, so bemißt sich die Kapitalentschä-
des Reichsprüsidenten zur Sicherung von Wirtschaft
digung für die Folgezeit nach dem letzten Dienst-
und Finanzen vom 1. Dezember 1930 {Reichsgesetz-
verhältnis.
bl. I S. 517, 522), der Zweiten Verordnung des Reichs-
.§ 106
präsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finan-
zen vom 5. Juni 1931 (Reichsgesetzbl. I S. 279, 282) Für die Bemessung der Entschädigung nach §§ 102
und der Vierlen Verordnung des Reichspräsidenten bis l 05 sind die Vorschriften des _für die Bundes-
zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen zum beamten am 1. April 1951 geltenden Besoldungs- und
Schutze dfJS inneren Friedens vorn 8. Dezember 1931 Versorgungsrechts anzuwenden. Dabei sind die
(Reichsgesetzbl. I S. 699, 738) werden nur für den Dienstbezüge nur insoweit zugrunde zu legen, als sie
Zeitraum berücksich!.ig 1, in dem siE! für die Reichs- ruhegehaltfähig wären. ·
und Bundesbeamten gqJoltcn haben.
(3) Befand sich der Beamte im Zeitpunkl der Schä- § 107
digung im Wartestand (einstweiligen Ruhestand), so (1) Auf die Kapitalentschädigung nach §§ 102 bis
findt~n Absülw 1 und 2 1.n it der Maßgabe Anwendung, 106 sind für den gleichen Zeitraum gewährte Ver-
daß an Stelle einer Kapi la len tschädigung in Höhe sorgungs bez üg e, Kapitalabfindungen, Unterhalts bei-
Nr. :31 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 29. Juni 1956 579
trä~Je, Zuwendun~Jcn und ähnliche Leistungen aus § 110
deutschen öffentlichen Mitteln mit Ausnahme von (1) §§ 87, 88, 90 bis 98 finden auf Angestellte und
Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung und Arbeiter (§ 99 Abs. 1 Nr. 3), die keinen vertraglichen
der Arbc~itsloscnfürsorge in vollem Umfange an- Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen
zurechnen. Bezüge, die bei der Bemessung der Grundsätzen oder auf Ruhelohn haben, sowie auf ihre
Kapitalentschädigung bereits berücksichtigt sind Hinterbliebenen entsprechende Anwendung.
(§ 102 Abs. 1 Nr. 2, §§ 10J, 104) bleiben bei der An-
rechnung außer Betrach1. (2) Die in Absatz 1 genannten Angestellten. und
Arbeiter sowie ihre Hinterbliebenen haben abwei-
(2) Ein Berechtigter, der durch anderweitige Ver- chend von § 99 Abs. 1 Anspruch auf Entschädigung
wertung seiner Arbeilsk rafl: ein Einkommen erzielt auch für die Zeit nach dem 1. April 1950, längstens
hat, erhält die Kapilalenlschädigung insoweit, als jedoch bis zu dem Zeitpunkt, von dem an sie laufende
diese zusammen mit dem Einkommen und den in Ab- Bezüge nach § 21 a des Gesetzes zur Regelung· der
satz l genannten Leistungen Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts
1. bei einem c\ntlassenen, vorzeitig in den für Angehörige des öffentlichen Dienstes erhalten.
Ruhestand oder in den Wartestand ver-
setzten Beamten das Diensteinkommen, das e) Nichtbeamtete außerordentliche Professoren und
der Beamte bei Belassung im Dienst in Privatdozenten an den wissenschaftlichen Hochschulen
regelmäßiger Dienstlaufbahn erreicht hätte, § 111
2. bei einem Ruhe- oder Wartest.andsbeam- (1) Nichtbeamtete außerordentliche Professoren
ten die dem Ruhegehalt oder Wartegeld und Privatdozenten an den wissenschaftlichen Hoch-
zugrunde liegenckn ruhcgchaltfähigen schulen (§ 99 Abs. 1 Nr. 4) haben Anspruch auf eine
Dienstbezü ~Jü, Kapitalentschädigung in Höhe von drei Vierteln der
3. bei einer Witwe 75 vom Hundert der Dienstbezüge, die ihnen zugestanden hätten, wenn
Dienstbezüge nach Nummer 2, ihnen im Zeitpunkt der Schädigung eine Diäten-
4. bei einer Waise 40 vom Hundert. der dozentur übertragen worden und das Gesetz über die
Dienstbezüge nach Nummer 2 Besoldung der Hochschullehrer vom 17. Februar 1939
nichl übersteigt. Dabei ist Einkommen, das vor dem (Reichsgesetzbl. I S. 252) in diesem Zeitpunkt. bereits
l. Juli 1948 erzielt worden ist, nicht: zu berück- in Kraft gewesen wäre.
sichtigen. (2) §§ 104 bis 107 finden entsprechende Anwendung.
c) Berufssolclalcm C. Dienst bei Religionsgesellschaften
§ 108 § 112
(1) §§ 102 bis 107 finden auf Berufssoldaten der §§ 109, 110, 88 finden auf Verfolgte, die im Dienst
früheren Wehrmacht sowie ihre Hinterbliebenen ent- von Religionsgesellschaften gestandeh haben und
sprechende Anwendung. in diesem Dienst geschädigt worden sind, sowie auf
(2) Für die Bemessung der ruhegehaltfähigen ihre Hinterbliebenen entsprechende Anwendung.
Dienstbezüge nach den Besoldungsordnungen A und B Der Anspruch auf Entschädigung besteht auch für
ist die zu § 20 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Regelung die Zeit nach dem 1. April 1950, längstens jedoch
der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Un- bis zu dem Zeitpunkt, von dem an laufende Bezüge
rechts für Angehöri~Je des öffentlichen Dienst.es als auf 'Grund des Gesetzes zur Regelung der Wieder-
Anlage beigefügte Tabelle maßgebend. Die Fest- gutmachung nationalsozialistischen Unrechts für An-
setzung des Besoldungsdienstalters in den Besol- gehörige des öffentlichen Dienstes gezahlt werden.
dungsgruppen der Besoldungsordnung A bestimmt
sich, insbesondere für die Frage, welche Bezüge als 4. Schädigung in selbständiger und unselbständiger
ruhegehalt.fähige Dienstbezüge zu gelten haben, nach Erwerbstätigkeit
den für Beamte geltenden Vorschriften des Reichs- § 113
besoldungsgesetzüs ~Jemäß der Verordnung zur Durch- ( 1) Ist der Verfolgte selbständig und unselbständig
führung des § 20 des Gl~setzes zur Regelung der erwerbstätig gewesen und ist er nur in einer der
Wiedergut.rnachung nalion alsozialistischen Unrechts beiden Erwerbstätigkeiten geschädigt worden, so
für Angehörige des öffentlichen Dienstes. sind für die Entschädigung nur die diesen Schaden
(3) Zur früheren Wehnnachl gehören die Wehr- regelnden Vorschriften maßgebend.
macht im Sinne des Wehrgesetzes vom 21. Mai 1935 (2) Ist der Verfolgte sowohl in seiner selbständigen
(Reichsgesetzbl. J S. 609), die Reichswehr und die alte als auch in seiner unselbständigen Erwerbstätigkeit
Wehrmacht (Heer, Ma.rine, Schutztruppe). geschädigt worden, so ist für den Anspruch auf Ka-
pitalentschädigung oder auf Rente entscheidend, aus
welcher Erwerbstätigkeit er nicht nur vorübergehend
d) Anqest.clltc und Arbeiter
das höhere Einkommen bezogen hat.
§ 109
(3) Ist das Einkommen des Verfolgten aus seiner
§§ 102 bis 107 finden auf Angestellte und Arbeiter selbständigen un.d seiner unselbständigen Erwerbs-
(§ 99 Abs. 1 Nr. 3), die einen vertraglichen Anspruch tätigkeit annähernd gleich gewesen, so ist sein An-
auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen spruch auf Kapitalentschädigung oder auf Rente wie
oder auf Ruhelohn haben, sowie auf ihre Hinter- der eines nur selbständig Erwerbstätigen zu be-
bliebenen entsprechende Anwendung. handeln;
580 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1956, Teil I
5. Nichtaufnahme einer Erwerbstätigkeit trotz § 118
abgeschlossener Berufsausbildung
(1) Will der Verfolgte die Ausbildung nicht nach-
§ 114 holen, so hat er als Ersatz für die fehlende Ausbil-
(1) Der Verfolgte, der trotz abgeschlossener Be- dung Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe von
rufsausbildung aus den Verfolgungsgründen des § 1 5000 Deutsche Mark.
keine dieser Ausbildung entsprechende Erwerbstätig- (2) Hat der Verfolgte mit der Nachholung der Aus-
keit hat aufneh rnen können, sowie seine Hinter- bildung begonnen, will er aber die Ausbildung nicht
bliebenen lialwn Anspruch auf Entschädigung nach abschließen, so sind auf die Entschädigung nach
§§ 66 bis 86. Absatz 1 die Beihilfe und Leistungen, die der Ver-
folgte nach anderen Gesetzen für seine Ausbildung
(2) Ist den Umstünden nach anzunehmen, daß der
aus deutschen öffentlichen Mitteln erhalten hat. an-
Verfolgte keine selbständige Erwerbstätigkeit hat
zurechnen.
aufnehmen wollen, so haben der Verfolgte sowie
seine Hinterbliebenen Anspruch auf Entschädigung § 119
nach §§ 87, 90 bis 98. (1) Kinder, die wegen der Verfolgung ihrer Eltern
(3) Die Einreihung d<'~s Verfolgten in eine vergleich- ihre erstrebte Berufsausbildung oder ihre vorberuf-
bare Bearntenqruppe besl.irnml sich nach seiner Be- liche Ausbildung nicht haben aufnehmen oder be-
ru rsausbildung und nach seinem mutmaßlichen Ein- enden können, haben, solange für sie nach Beamten-
kommen. recht Kinderzuschläge gewährt werden können,
Anspruch auf eine Beihilfe zu den notwendigen Auf-
(4) Absätze 1 bis 3 finden keine Anwendung, wenn wendungen, die bei der Nachholung ihrer Ausbildung
der Verfolgte oder seine Hinterbliebenen eine Ent- erwachsen. Der Anspruch besteht nur, soweit die
schädigung nach § 102 Abs. 4 Satz 2, §§ 104 bis 107 Eltern wegen der Verfolgung nicht in der Lage sind,
erhalten. die Kosten der Ausbildung aus eigenen Mitteln zu
bestreiten.
6. Schaden in der Ausbildung (2) Es genügt, daß die Kinder die Voraussetzungen
§ 115 des § 4 erfüllen. Im übrigen finden §§ 5 bis 14 ent-
sprechende Anwendung.
(1) Als Schaden im beruflichen Fortkommen im
(3) Die Beihilfe wird in Teilbeträgen gezahlt, die
Sinne von § 65 gilt auch der Schaden, den der Ver-
dem Bedarf während der Dauer der Ausbildung ent-
folgte in seiner Berufsausbildung oder in seiner vor-
beruflichen Ausbildung durch Ausschluß von der er- sprechen. Die Beihilfe darf für jedes Kind den Betrag
strebten Ausbildung oder durch deren erzwungene von insgesamt 5000 Deutsche Mark nicht übersteigen.
§ 116 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung.
Unterbrechung erlitten hat.
(2) § 67 gilt sinngemäß mit der Maßgabe, daß ein 7. Zusammentreffen
Anspruch nach § 67 Abs. 2 Satz 2 und 3 von dem Zeit- von Ansprüchen auf Entschädigung für Schaden
punkt an besteht, in dem der Verfolgte ohne Aus- im beruflichen Fortkommen mit Ansprüchen
schluß von der erstrebten Ausbildung oder ohne auf Entschädigung für Schaden an Leben,
deren erzwungene Unterbrechung zur Kassenpraxis Körper oder Gesundheit
zugelassen worden wäre.
§ 120
Hat der Hinterbliebene eines Verfolgten Anspruch
§ 116 auf Rente für Schaden im beruflichen Fortkommen
(1) Der Verfolgte hat Anspruch auf eine Beihilfe nach §§ 85, 86 oder§§ 97, 98 und Anspruch auf Rente
zu den Aufwendungen, die ihm bei der Nachholung für Schaden an Leben, so erhält er die höhere Rente
seiner Ausbildung erwachsen oder erwachsen sind. in voller Höhe und 25 vom Hundert der niedrigeren
Rente.
Die Beihilfe beträgt 5000 Deutsche Mark. Nachgewie-
sene höhere Ausbildungskosten sind bis zu einem § 121
weiteren Betrage von 5000 Deutsche Mark zu er- (1) Hat der Verfolgte für denselben Entschädi-
statten. gungszeitraum Anspruch auf Kapitalentschädigung
oder auf Rente für Schaden im beruflichen Fortkom-
(2) Auf die Beihilfe sind Leistungen anzurechnen,
men sowie Anspruch auf Rente und auf Kapital-
die der Verfol~J le nach anderen Gesetzen für seine
entschädigung für Schaden an Körper oder Gesund-
Ausbjldung aus deutschen öffentlichen Mitteln er- heit, so erhält er die Entschädigung für den Schaden,
halten hat. § 10 bleibt unber(ihrt. auf den sich der höhere Anspruch gründet, in voller
Höhe und 25 vom Hundert der Entschädigung für
§ 117 den Schaden. auf den sich der niedrigere Anspruch
gründet.
(1) Der Verfol~Jle hat nach erfolgreich abgeschlos-
(2) Bei der Bemessung des Anspruchs für Schaden
sener Auslrildunq Anspruch auf ein Darlehen. § 69
im beruflichen Fortkommen bleibt außer Betracht,
Abs. l und 2 ~Jill sinn~Jernüß.
daß der Verfolgte wegen des Schadens an Körper
(2) Der liöchsUw!.raq des Da rl(d1Pns beträgt 10 000 oder Gesundheit nicht voll leistungsfähig war oder ist.
Deutsche Marle § 71 findet entsprechende Anwen- (3) Absätze 1 und 2 gelten nicht in den Fällen der
dung. §§ 115 bis 119.
Nr. 31 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 29. Juni 1956 581
§ 122 (2) Die Bundesregierung wird ferner ermächtigt,
(1) Ist die Entschi:idi~Jung für den Schad<~n, auf den
durch Rechtsverordnung die monatlichen Höchst-
beträge der Rente nach § 83 Abs. 2, § 95 Abs. 1 an-
sich der niedrigere Anspruch gründet, durch unan-
fechtbaren Bescheid oder red1 l.sk rüftige w~richtliche gemessen zu erhöhen, wenn sich die Dienst- und
Versorgungsbezüge der Bundesbeamten auf Grund
Entsdwidnng hereits lc!s!.~Jesctzt worden, so ist diese
En tschctdignng in Höhe von 75 vom Hundert auf die gesetzlicher Vorschriften erhöhen.
Entschctdigung für dem Schaden anzurechnen, auf den
::-iich der höhere Anspruch gründd. HI. Schaden im wirtschaftlichen Fortkommen
(2) Absatz 1 gilt auch clann, WC!nn die Entschädigung 1. Schaden an einer Versicherung außerhalb
für den Schaden, auf den sich der niedrigere Anspruch der Sozialversicherung
gründet, auf andc:rc W(~isc, insbesondere durch Ver-
gleich ocler Abiindung, qeregcH worden ist. § 127
(1) Der Verfolgte hat Anspruch auf Entschädigung,
wenn er als Versicherungsnehmer oder als Bezugs-
8. Höchslhctrag der Kapitalentschädigung
berechtigter den Schutz einer Lebensversicherung
§ 123 (Kapital- oder Rentenversicherung), die bei einer
(1) Die Kapitalentschfüligung für Schaden im beruf- privaten oder öffentlich-rechtlichen Versicherungs-
lichen Fortkommen darf für den einzelnen Verfolgten einrichtung außerhalb der Sozialversicherung genom-
insge:.;amt den Belrag von 40 000 Deutsche Mark nicht men worden ist, ganz oder teilweise dadurch ver-
übersteigen. loren hat, daß ein satzungs- oder· bedingungsgemäß
bestehender Anspruch auf eine Versicherungsleistung
(2) Die Beihilfe und die Entschädigung für Schaden oder Gef ahrtragung beeinträchtigt worden ist.
in der Ausbildung sowie die Entschädigung nach § 19
des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung (2) Ein nicht verfolgter Bezugsberechtigter hat An-
nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des spruch auf Entschädigung, wenn der Versicherungs-
öffentlichen Dienstes sind in den Höchstbetrag ein- nehmer Verfolgter ist und der Bezugsberechtigte
zurechnen. Ehegatte des Verfolgten ist oder im Fülle der
gesetzlichen Erbfolge zu den Erben der ersten oder
§ 124
zweiten Ordnung gehören würde. Es genügt, daß
Soweit nach §§ 99 bis 109, 111 ein versorgungs- der Bezugsberechtigte die Voraussetzungen des § 4
berechtigter Hinterbliebener Anspruch auf Entschädi- erfüllt. Im übrigen finden die §§ 5 bis 14 ent-
gung hat, mindert sich der Höchstbetrag des § 123 in sprechende Anwendung.
dem Verhältnis, in dem nach versorgungsrechtlichen
Vorschriften die Hinterbliebenenbezüge zu dem § 128
Ruhegehalt oder Ruhelohn des verstorbenen An- (1) Entschädigung für Schaden an einer Lebensver-
gehörigen des öffentlichen Dienstes stehen. sicherung, die eine Kapitalleistung zum Gegenstand
hat, wird in der Weise geleistet, daß der Berechtigte
§ 125 als Kapitalentschädigung die Leistungen einschließ-
Der Höchstbetrag des § 123 gilt auch dann, wenn lich einer etwaigen Altsparerentschädigung erhält,
Kapitalentschädigungen nach §§ 99 bis 109, 111 aus die ihm ohne die Schädigung nach dem Versicherungs-
einem Dienstverhältnis zugunsten mehrerer Berech- verhältnis zugestanden hätten oder zustehen wür-
tigter zu zahlen sind. den. Leistungen auf Grund von Verbindlichkeiten,
die auf Reichsmark lauteten oder nach den vor der
Währungsumstellung in Geltung gewesenen Vor-
9. Ermächtigung der Bundesregierung zum Erlaß schriften in Reichsmark zu erfüllen gewesen wären,
von Rechtsverordnungen werden unter Anwendung der aus Anlaß der Neu-
§ 126 ordnurig des Geldwesens erlassenen Gesetze und
Verordnungen berechnet.
(1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, zur
Durchführung der §§ 65 bis 98 sowie der §§ 110 bis (2) Nicht entrichtete Prämien sowie Rückvergü-
122 Rechtsverordnungen zu erlassen. Hierbei kann tungen und andere Leistungen des Versicherers an
sie als Grundlage für die Berechnung der Kapitalent- den Versicherungsnehmer, den Bezugsberechtigten
schädigungen und der Renten Bestimmungen über die oder an einen sonst zum Empfang der Versicherungs-
Einreihung des Verfolgten in eine seiner Berufsaus- leistung Berechtigten werden auf die Kapitalentschä-
bildung und seiner wirtschaftlichen Stellung inner- digung mit der Maßgabe angerechnet, daß Reichs-
halb der letzten drei Jahre vor der Schädigung markbeträge im Verhältnis 10: 1 in Deutsche Mark
vergleichbare Beamtengruppe mit aufsteigenden umgerechnet werden. Ein zum Empfang der Ver-
Gehältern treffen und Tabellen für das durchschnitt- sicherungsleistung Berechtigter im Sinne des Satzes 1
liche Diensteinkommen und die durchschnittlichen ist nicht das Deutsche Reich oder ein deutsches Land,
Versorgungsbezüge der Bundesbeamten des ein- wenn diese die Versicherungsleistung im Zuge
fachen, mittleren, gehobenen und höheren Dienstes, nationalsozialistischer Gewaltmaßnahmen in Emp-
nach Lebensaltersst:u[en gegliedert, aufstellen. Für fang genommen haben. Zinsen werden nicht berech-
die anredrnun~JsUihigen Belrlige können Pauschsätze net.
bestimmt werden. Perner kann die Bundesregierung (3) Sind auch die Ansprüche aus der Prämien-
nähere Bei;tirmmmqcn für die Berechnung der in reserve verlorengegangen, so erhält der Berechtigte
§§ 93 bis 98 bezcichnelen Renten treffen. an Stelle der Kapitalentschädi.gung nach Absatz 1 als
582 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1956, Teil I
Kapitalentschädigung die Rückvergütung, die sich im § 130
Zeitpunkt d~s Beginns der schädigenden Einwirkung (1) Stehen dem Berechtigten nach den Rechtsvor-
von nationalsozialistischen Gewaltmaßnahmen auf schriften zur Rückerstattung feststellbarer Vermö-
das Versicherungsverhältnis nach den Versicherungs- gensgegenstände und den Rechtsvorschriften zur
bedingungen ergeben hätte, sofern dies für den Be- Regelung der rückerstattungsrechtlichen Geldver-
rechtigten günstiger ist. Der Reichsmarkbetrag der bindlichkeiten des Deutschen Reiches und gleich-
Rückvergütung ist im Verhältnis 10: 2 in Deutsche gestellter Rechtsträger Ansprüche gegen das Deutsche
Mark umzurechnen. Leistungen des Versicherers Reich oder ein deutsches Land zu, so kann er eine
werden auf die Kapitalentschädigung mit der Maß- Entschädigung nach §§ 128, 129 nur gegen Abtretung
gabe angerechnet, daß Reichsmarkbeträge im Ver- dieser Ansprüche bis zur Höhe der Entschädigung
hältnis 10: 1 in Deutsche Mark umgerechnet werden. an das leistende Land verlangen. Ein Verzicht des
Berechtigten auf den Rückerstattungsanspruch hat
§ 129 gegenüber dem leistenden Land keine Wirkung.
(1) Entschädigung für Schaden an einer Lebens- (2) Hat der Berechtigte im Wege der Rückerstat-
versicherung, die eine Rentenleistung zum Gegen- tung Leistungen erhalten, so ist der Wert dieser
stand hat, wird in der Weise geleistet, daß der Leistungen im Falle des § 128 auf die Kapitalent-
Berechtigte als Rente die Leistungen einschließlich schädigung und im Falle des § 129 auf die rückstän-
einer etwaigen Altsparerentschädigung oder einer digen Rentenleistungen und die laufende Rente voll
Leistung nach dem Rentenaufbesserungsgesetz er- anzurechnen. Anzurechnen sind auch Vorleistungen
hält, die ihm ohne die Schädigung nach dem Versiche- und Darlehen, die mit der Maßgabe einer Verrech-
rungsverhältnis zugestanden hätten oder zustehen nung nach Regelung der rückerstattungsrechtlichen
würden. Leistungen auf Grund von Verbindlich- Geldverbindlichkeiten des Deutschen Reiches und
keiten, die auf Reichsmark lauteten oder nach den gleichgestellter Rechtsträger gewährt worden sind.
vor der Währungsumstellung in Geltung gewesenen
Vorschriften in Reichsmark zu erfüllen gewesen § 131
wären, werden unter Anwendung der aus Anlaß Hat der Versicherer fällige Ansprüche im Zuge
der Neuordnung des Geldwesens erlassenen Gesetze der Verfolgung nicht erfüllt, so bestimmen sich die
und Verordnungen berechnet. Ansprüche des Berechtigten ausschließlich nach den
allgemeinen Rechtsvorschriften. Der Berechtigte
(2) Nicht entrichtete Prämien sowie Rückvergü-
tungen oder andere Leistungen des Versicherers an kann jedoch Entschädigung nach §§ 127 bis 130 ver-
den Versicherungsnehmer, den Bezugsberechtigten langen, soweit die Verfolgung dazu geführt hat, daß
oder an einen sonst zum Empfang der Versicherungs- er die Erfüllung eines Anspruchs auf eine Kapital-
leistung Berechtigten werden auf die Rente mit der oder eine Rentenleistung durch den Versicherer nicht
Maßgabe angerechnet, daß Reichsmarkbeträge im mehr erlangen kann.
Verhältnis 10: 1 in Deutsche Mark umgerechnet wer- § 132
den. Ein zum Empfang der Versicherungsleistung
Berechtigter im Sinne des Satzes 1 ist nicht das Für Schäden an anderen als den in §§ 127 bis 129
Deutsche Reich oder ein deutsches Land, wenn diese behandelten Versicherungen wird keine Entschädi-
die Versicherungsleistung im Zuge nationalsozialisti- gung nach diesem Gesetz geleistet.
scher Gewaltmaßnahmen in Empfang genommen
§ 133
haben. Zinsen werden nicht bei:echnet. Die Summe
der anzurechnenden Beträge ist dem Versicherungs- (1) Die Entschädigung nach §§ 127 bis 130 darf
verhältnis entsprechend zu verrenten. Die Rente für den einzelnen Versicherungsnehmer oder die
nach Absatz 1 ist um die so ermittelten Beträge zu Bezugsberechtigten insgesamt 25000 Deutsche Mark
kürzen. nicht übersteigen. Dies gilt auch dann, wenn ein
Versicherungsnehmer oder ein Bezugsberechtigter
(3) An Stelle der Rente nach Absatz 1 erhält der
an mehreren Versicherungen geschädigt worden ist.
Berechtigte als Entschädigung die Leistungen, die er
erhalten würde, wenn die Versicherung im Zeitpunkt (2) Der Kapitalwert der Rente ist unter ent-
des Beginns der .schädigenden Einwirkung von natio- sprechender Anwendung des Bewertungsgesetzes zu
nalsozialistischen Gewaltmaßnahmen auf das Ver- errechnen.
sicherungsverhältnis in eine beitragsfreie Versiche-
rung umgewandelt worden wäre, sofern dies für 2. Versorgungsschäden
den Berechtigten günstiger ist. Leistungen des Ver- § 134
sicherers werden nach Absatz 2 auf diese Rente
angerechnet. (1) Der Verfolgte hat Anspruch auf Entschädigung,
wenn ihm als Arbeitnehmer im privaten Dienst für
(4) Renten bis zu einem Monatsbetrag von zehn den Fall des Alters oder der Arbeitsunfähigkeit oder
Dei.Itsche Mark sind nach dem Bewertungsgesetz zu als Hinterbliebenen eines solchen Arbeitnehmers
kapitalisieren; sie sind mit dem kapitalisierten Versorgungsleistungen zustanden oder in Aussicht
Betrag abzugelten. gestellt waren und wenn er in dieser Versorgung
(5) Rentenleistungen, die nach dem Versicherungs- geschädigt worden ist.
verhältnis zu bewirken waren und seit Eintritt des (2) Anspruch auf Entschädigung hat auch der Hin-
Versicherungsfalles rückständig sind, werden in terbliebene eines Verfolgten, wenn er als Folge einer
einer Summe unverzinst nachgezahlt. gegen diesen gerichteten nationalsozialistischen Ge-
Nr. 31 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 29. Juni 1956 583
waltrnaßnahme keine oder nur eine gekürzte Ver- folgten des Nationalsozialismus in der Sozialversiche-
sorgung erhalten hat oder erhält. Es genügt, daß rung; Anträge nach diesen Rechtsvorschriften können
der Hinterbliebene die Voraussetzungen des § 4 er- bis zum Ablauf der Antragsfrist des § 189 Abs. 1 ge-
füllt. Im übrigen finden §§ 5 bis 14 entsprechende stellt werden.
Anwendung.
§ 13:)
4. Schaden in der Kriegsopferversorgung
(l) Der Anspruch auf Entsc:hüdigung entfällt,
§ 139
1. soweit der Berechtigte von dem Versor-
gungspflichtigen oder dessen Rechtsnach- Die Wiedergutmachung für Schaden, den der Ver-
folger wieder Versorgungsleistungen er- folgte oder seine Hinterbliebenen in der Kriegsopfer-
hält; versorgung erlitten haben, richtet sich nach dem
Gesetz über die Behandlung der Verfolgten des Na-
2. soweit durch rechtskrJftige gerichtliche Ent-
scheidung oder wenn durch Vergleich fest- tionalsozialismus in der Sozialversicherung und nach
gestellt ist, daß der Versorgungspflichtige dem Gesetz zur Wiedergutmachung nationalsozia-
oder dessen Rechtsnachfolger zu Versor- listischen Unrechts in der Kriegsopferversorgung für
gungsleistungen an den Berechtigten ver- Berechtigte im Ausland; Anträge nach diesen Rechts-
pflichtet ist; vorschriften können bis zum Ablauf der Antragsfrist
des § 189 Abs. 1 gestellt werden.
3. wenn der Berechtigte nach dem 8. Mai 1945
gegenüber dem Versorgungspflichtigen oder
dessen Rechtsnachfolger auf die Versor- IV. Gemeinsame Vorschriften
gungsleistungen verzichtet hat oder für über Vererblichkeit und Ubertragbarkeit
diese Leistungen abgefunden worden ist;
4. soweit der Berechtigte auf Grund eines § 140
nach der Schädigung begründeten Dienst- ( 1} Ist der Verfolgte vor Inkrafttreten dieses Ge-
oder Arbeitsverhältnisses Versorgungslei- setzes verstorben, so ist der Anspruch auf die ihm
stungen erhält. zustehende Kapitalentschädigung nur vererblich,
(2) Der Anspruch entfällt auch dann, wenn der Ver- wenn der Erbe Ehegatte des Verfolgten ist oder im
folgte in seiner selbständigen und unselbständigen Falle der gesetzlichen Erbfolge zu den Erben der
Erwerbstätigkeit geschädigt worden ist, aber als ersten oder zweiten Ordnung gehören würde. Satz 1
selbständig Erwerbstätiger entschädigt wird; das findet in den Fällen der §§ 104, 127 Abs. 2 und des
gleiche gilt für die I1interbliebenen eines solchen § 134 Abs. 2 entsprechende Anwendung.
Verfolgten. (2) Der Anspruch auf die laufende Rente ist weder
§ 136 übertragbar noch vererblich.
( 1) Als Entschädigung erhält der Berechtigte die (3) Der Anspruch auf die Summe der rückständi-
Leistungen, die ihm bei Eintritt des Versorgungsfalles gen Rentenbeträge ist vor Festsetzung oder vor
ohne die Schädigung zugestanden hätten oder zu- rechtskräftiger gerichtlicher Entscheidung nur nach
stehen würden. Maßgabe des Absatzes 1 vererblich.
(2) Ist der Versorgungsfall vor dem 1. November (4) Der Anspruch auf Entschädigung als Ersatz für
1952 eingetreten und hat die Versorgung in einer die fehlende Ausbildung ist vor Festsetzung oder vor
Rente bestanden, so erhält der Berechtigte für die rechtskräftiger gerichtlicher Entscheidung weder
Zeit vor dem 1. November 1953 eine Entschädigung übertragbar noch vererblich.
in Höhe der Rentenbezüge eines Jahres.
(5) Der Anspruch auf Darlehen und der Anspruch
(3) Renten bis zu einem Monatsbetrag von zehn auf Beihilfe für Schaden in der Ausbildung sind
Deutsche Mark sind nach dem Bewertungsgesetz zu weder übertragbar noch vererblich.
kapitalisieren; sie sind mit dem kapitalisierten Be-
trage abzugelten.
§ 137 ACHTER TITEL
(1) Die Entschädiqung nach §§ 134 bis 136 darf für S o f o r t h i 1f e für R ü c k w a n d e r e r
den einzelnen Verfolgten und für seine Hinterbliebe- § 141
nen insgesamt 25 000 Deutsche Mark nicht übersteigen.
(1) Der Verfolgte deutscher Staatsangehörigkeit
(2) Der Kapitalwert der Rente ist unter entspre- oder deutscher Volkszugehörigkeit, der in der Zeit
chender Anwendung des BewPrtungsgesetzes zu er- vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 aus den
rechnen. Verfolgungsgründen des§ 1 ausgewandert ist, depor-
3. Schaden in der SO't.ialversicherung tiert oder ausgewiesen worden ist und seinen letzten
Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt in Gebieten
§ 138
gehabt hat, die am. 31. Dezember 1937 zum Deutschen
Die Wiedergutmachung für Schaden, den der Ver- Reich gehört haben, hat Anspruch auf eine Sofort-
folgle oder seine Hinterbliebenen in der Sozialver- hilfe in Höhe von 6000 Deutsche Mark, wenn er nach
sicherung erlitten haben, richtet sich nach den hierfür dem 8. Mai 1945 im Geltungsbereich dieses Gesetzes
geltenden besonderen Rechtsvorschriften, insbeson- seinen Wohnsitz oder dauernden Auf enthalt genom-
dc>re nach dem Gesetz über die Behandlung der Ver- men hat oder nimmt.
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(2) Dü, Soforlhilf(' isl zur Hälfte mit der Entschädi- § 144
gung für Schaden an Eigenturn und für Schaden an
Der Anspruch auf Entschädigung besteht nicht,
Vermögen zu verrechnen.
wenn mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, daß
(3) Der Anspruch auf die Soforthilfe ist vor Fest- die juristische Person, Anstalt oder Personenvereini-
setzung oder vor rechtskrfül.iger gerichtlicher Ent- gung oder deren Rechts- oder Zwecknachfolger nach
scheidun~J wPder ü bertragbm noch vererblich. der jetzigen Verfassung, Zweckbestimmung, Zusam-
mensetzung, organisatorischen Stellung oder tatsäch-
DRITTER ABSCHNITT lichen Betätigung nicht verfolgt worden wäre.
Besondere Vorschriften § 145
für juri sti sehe Personen, Anstalten (1) Eine juristische Person, Anstalt oder Personen-
oder Personenvereinigungen vereinigung ist von der Entschädigung ausgeschlos-
§ 142 sen, wenn sie nach ihrer Verfassung, Zweckbestim-
mung, Zusammensetzung, organisatorischen Stellung
(1) Eine juristische Person, Anstalt oder Personen-
oder tatsächlichen Betätigung
vereinigun~J (nichl:rPchtsfähiger Verein, nichtrechts-
fähige Gesellschaft des bürgerlichen Rechts oder 1. der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft
des Ifondelsrechts) hat Anspruch auf Entschädigung, Vorschub geleistet hat;
wenn sie durch nationalsozialistische Gewaltmaß- 2. nach dem 23. Mai 1949 die freiheitliche
nahmen geschädigt worden ist. demokratische Grundordnung im Sinne des
Grundgesetzes bekämpft hat.
(2) Besteht eine der in Absatz 1 genannten juri-
stischen Personen, Anstalten oder Personenvereini- (2) Der Anspruch auf Entschädigung ist verwirkt,
gungen nicht mehr und hal sie auch keinen Rechts- wenn nach Festsetzung oder rechtskräftiger gericht-
nachfolger, so kann der Anspruch auf Entschädigung licher Entscheidung der Ausschließungsgrund des
von derjenigen juristischen Person, Anstalt oder Absatzes 1 Nr. 2 eintritt. Die nach Eintritt des
Personenvereinigung geltend gemacht werden, die Verwirkungsgrundes bewirkten Leistungen können
nach ihrer Verfassung, Zweckbestimmung, Zusam- zurückgefordert werden.
mensetzung oder organisatorischen Stellung und (3) Absätze 1 und 2 finden auf den Rechts- oder
nach ihrer tatsächlichen Betätigung als Zwecknach- Zwecknachfolger einer juristischen Person, Anstalt
folger anzusehen ist. Rechtsnachfolger im Sinne des 1 oder Personenvereinigung Anwendung.
Satzes 1 ist für Ansprüche nach § 51 auch eine auf
Grund rückerstattungsrechtlicher Vorschriften errich-
tete Nachfolgeorganisation. § 146
( 1) Anspruch auf Entschädigung besteht nur für
§ 143 Schaden an Eigentum und für Schaden an Vermögen
und nur insoweit, als der Schaden im Geltungsbereich
(1) Der Anspruch auf Enlschädigung besteht nur, dieses Gesetzes eingetreten ist.
wenn die juristische Person, Anstalt oder Personen-
vereinig1mg (2) Gemeinschaften, die Einrichtungen von Reli-
1. arn 31. Dezember 1952 ihren Sitz im Gel-
gionsgesellschaften oder von diesen anerkannt sind
und deren Angehörige sich verpflichtet haben, durch
tungsbereich dieses Gesetzes gehabt hat
oder sich dort der Ort ihrer Verwaltung ihre Arbeit nicht für sich, sondern für die Gemein-
befunden hat, schaft zu erwerben, können als Schaden an Vermögen
auch den Schaden geltend machen, der der Gemein-
2. vor dem 31. Dezember 1952 aus den Ver- schaft durch den Ausfall der Arbeitstätigkeit ihrer
folgungsgründen des § 1 ihren Sitz oder Angehörigen entstanden ist.
ilirc Verwaltung aus Gebieten, die am
31. Dezember 1937 zum Deutschc~n Reich (3) Für Ausfälle an Beiträgen, Spenden und ähn-
gehört haben, in das Ausland verlegt hat, lichen Einnahmen wird eine Entschädigung nicht
es sei denn, daß sich im Zeitpunkt der geleistet.
Entscheidung ihr Sitz oder ihre Verwal- § 147
tung in Gebieten befindet, mit deren Re-
gienmgen die Bundesrepublik Deutsch- Hat eine juristische Person, Anstalt oder Personen-
land keine diplomatischen Beziehungen vereinigung oder deren Rechts- oder Zwecknach-
nn terhült; § 4 Abs. 4 findet. entsprechende folger nach den Rechtsvorschriften für die Uber-
Anwendung. tragung von Organisationsvermögen Leistungen er-
halten, so besteht der Anspruch auf Entschädigung
(2) Besleht eine juristische Person, Anstalt oder nur insoweit, als der Schaden durch diese Leistungen
Personenvereinigung nicht mehr, so ist der Anspruch nicht ausgeglichen ist.
auf Entschücligun~1 nur ge~Jebcn, wenn sie ihren Sitz
oder den Ort ihrer Verwaltung in Gebieten gehabt
hat, die am 31. Dezember 1937 zum Deutschen Reich § 148
gehört haben, und wenn sich der Sitz oder der Ort (1) Die Höchstbeträge des § 55 Abs. 1 und des
der Verwaltung eines Rechts- oder Zwecknachfolgers § 58 gelten auch, für die Ansprüche einer juristischen
am 31. Dezembc!r 1952 im Celtungsbereich dieses Person, Anstalt oder Personenvereinigung oder
Gesetzes befunden hat. deren Rechts- oder Zwecknachfolger.
Nr. 31 - Tdg der Ausgabe: Bonn, den 29. Juni 1956 585
(2) Zugunsten von verfolgten Religionsgesellschaf- § 153
ten und ihren Einrichtungen oder deren Rechts- oder (1) Die Entschädigung für Schaden durch Zahlung
Zwecknachfolger gelten die Höchstbeträge des § 55 von Sonderabgaben wird nach Maßgabe der§§ 59, 60
Abs. 1 und des § 58 für jeden einzelnen Vermögens- geleistet. Voraussetzung ist, daß der Verfolgte vor
gegenstand, für den ein Anspruch auf Entschädigung der allgemeinen Vertreibung in das Ausland aus-
wegen Schadens an Ei~JE~nturn oder wegen Schadens gewandert ist.
an Vermögen besteht. Im Fa11e des § 146 Abs. 2 gilt
der Höchstbetrag des § 58 für den Gesamtschaden, (2) Die für Sonderabgaben entrichteten Beträge
der dem einzelnen Rechtsträger entstanden ist. werden bis zu einem Höchstbetrag von insgesamt
150 000 Reichsmark berücksichtigt. Der ermittelte
(3) Der Höchslbelrag kann überschritten werden, Reichsmarkbetrag wird im Verhältnis 100: 6,5 in
soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben der Religions-
Deutsche Mark umgerechnet.
gesellschaften oder ihrer Einrichtungen oder deren
Rechts- oder Zwecknachfolger im Geltungsbereich (3) Der Anspruch ist vor Festsetzung oder vor
dieses Gesetzes erforderlich ist. Daß die Vorausset- rechtskräftiger gerichtliche{ Entscheidung nur ver-
zungen für eine Uberschreitung des Höchstbetrages erblich, wenn der Erbe Ehegatte des Verfolgten ist
vorliegen, ist von den Religionsgesellschaften oder oder im Falle der gesetzlichen Erbfolge zu den Erben
ihren Einrichtungen oder deren Rechts- oder Zweck- der ersten oder zweiten Ordnung gehören würde.
nachfolger geltend zu machen; der den Höchstbetrag
überschreitende Betrag ist an die Religionsgesell-
§ 154
schaften oder ihre Einrichtungen oder deren Rechts-
oder Zwecknachfolger zu leisten. § 142 Abs. 2 Satz 2 (1) Die Entschädigung für Schaden im beruflichen
findet keine Anwendung. Fortkommen wird nach Maßgabe der§§ 64 bis 66, 87,
88, 112, 114 geleistet. Voraussetzung ist, daß der
(4) § 55 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung.
Verfolgte vor der allgemeinen Vertreibung in das
Ausland ausgewandert ist.
VIERTER ABSCHNITT
(2) Die Entschädigung besteht in einer Kapitalent-
Besondere Gruppen von Verfolgten schädigung oder in einer Rente.
ERSTER TITEL
Grundsatz § 155
§ 149 Die Kapitalentschädigung beträgt 10 000 Deutsche
Mark.
Erfüllen Verfolgte aus den Vertreibungsgebieten
sowie verfolgte Staatenlose und Flüchtlinge im Sinne § 156
der Genfer Konvention und die Hinterbliebenen
( 1) Der Verfolgte kann an Stelle der Kapitalent-
solcher Verfolgten die Voraussetzungen des § 4 nicht,
schädigung eine· Rente wählen. Voraussetzung für
so haben sie einen nach Art und Umfang beschränk-
das Wahlrecht ist, daß der Verfolgte im Zeitpunkt
ten Anspruch auf Entschädigung:.
der Entscheidung das 65. Lebensjahr vollendet hat
oder in seinem Beruf nicht mehr als 50 vom Hundert
ZWEITER TITEL
arbeitsfähig ist; bei Frauen tritt an Stelle des 65. das
Verfolgte 60. Lebensjahr.
aus den Vertreibungsgebieten
(2) § 84 findet Anwendung.
§ 150
(3) Der Monatsbetrag der Rente beträgt 200 Deut-
( 1) Der Verfolgte aus den Vertreibungsgebieten, sche Mark.
der Vertriebener im Sinne des § 1 des Bundesvertrie-
benengesetzes ist, hat Anspruch auf Entschädigung § 157
für Schaden an Körper oder Gesundheit, für Schaden (1) Ist der Verfolgte nach Ausübung des Wahl-
an Freiheit, für Schaden durch Zahlung von Sonder- rechtes verstorben, so steht der Witwe der Anspruch
abgaben und für Schaden im beruflichen Fortkom- auf eine Rente zu. Im Falle der Wiederverheiratung
men. § 4 Abs. 2 findet Anwendung. oder des Todes der Witwe steht der Anspruch auf
(2) Der Hinterbliebene eines Verfolgten, der zu eine Rente den Kindern zu, solange für sie nach
dem in Absatz 1 bezeichneten Personenkreis gehört, Beamtenrecht Kinderzuschläge gewährt werden
hat Anspruch auf Entschädigung für Schaden an können.
Leben. Der Anspruch besteht auch dann, wenn der (2) Der Monatsbetrag der Rente beträgt für die
Hinterbliebene zu dem in Absatz 1 bezeichneten Per- Witwe oder im Falle des Absatzes 1 Satz 2 für die
sonenkreis gehört. Kinder insgesamt 150 Deutsche Mark; ist nur ein
§ 151 Kind vorhanden, so beträgt der Monatsbetrag der
Die Entschädigung für Schaden an Körper oder Rente 75 Deutsche Mark.
Gesundheit wird nach Maßgabe der §§ 28 bis 40 (3) Der Anspruch nach Absatz 1 und 2 besteht nicht,
geleistet. wenn die Ehe nach Inkrafttreten dieses Gesetzes
§ 152 geschlossen worden ist.
Die Entschädigung für Schaden an Freiheit wird (4) Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß für den Wit-
nach Maßgabe der §§ 43 bis 50 geleistet. wer unter den Voraussetzungen des§ 17 Abs. 1 Nr. 2.
586 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1956, Teil I
§ 1.S8 Kapitalentschädigung ist vor Festsetzung oder vor
Für die V C!rurbl ich keil und Ulwrtragbarkeit des rechtskräftiger gerichtlicher Entscheidung weder
Anspruchs dllf Entschüdi~Jung nach §§ 154 bis 157 übertragbar noch vererblich.
findet§ 140 J\bs. 1 bis:~ c>ntspn~dwnde Anwendung.
§ 164
§ 159 (1) Der Verfolgte, der zu dem in§ 160 Abs. 1 und 2
Die Entschädi~Jl.rng Jür Schaden <111 Leben wird nach bezeichneten Personenkreis gehört und bei Inkraft-
Maßgabe der§§ 15 bis 26, 41 geleistet. Der Anspruch treten dieses Gesetzes Staatsangehöriger eines
auf die KapitalPntscl1füligung besieht nur für die Zeit Staates ist, der von der Bundesrepublik Deutschland
vom 1. Januar 1949 c1n. Ersatz für Eingliederungskosten erhält, hat nur An-
spruch auf Entschädigung für Schaden an Freiheit.
(2) Der Hinterbliebene, der zu dem in § 160 Abs. 3
DRITTER TITEL
bezeichneten Personenkreis gehört und bei Inkraft-
Staalenlose und Flüchtlinge treten dieses Gesetzes Staatsangehöriger eines
im Sin11e der Genfer Konvention Staates ist, der von der Bundesrepublik Deutschland
§ 160 Ersatz für Eingliederungskosten erhält, hat nur An-
spruch auf Rente für Schaden an Leben.
(1) Der Verfolgte, der bei Inkrafttreten dieses Ge-
setzes Staatenloser oder Flüchtling im Sinne der
§ 165
Genfer Konvention vom 28. Juli 1951 ist und von
keinem Staat oder keiner zwischenstaatlichen Or- Reicht die Entschädigung nach §§ 161 bis 164 unter
ganisation weg(m des erlittenen Schadens durch Zu- Berücksichtigung des Vermögens und des sonstigen
wendungen laufend b(~treut wird oder durch Kapital- Einkommens des Verfolgten zur Bestreitung seines
abfindung betreut worden ist, hat Anspruch auf Lebensunterhaltes nicht aus, so wird ihm ein ange-
Entschädigung für Schaden an Körper oder Gesund- messener Härteausgleich gewährt. Dies gilt auch
heit und flir Sehadern an Freiheit. dann, wenn der Verfolgte zu einem Personenkreis
gehört, für den Fonds mit besonderer Zweckbestim-
(2) Der Anspruch nach Absatz 1 steht auch dem
mung anderweitig vorgesehen sind.
Verfolgten zu, cl<~r als Staatenloser oder Flüchtling
im Sinne der Genfer Konvention nach Beendigung der § 166
Verfolgung f!ine neue Staatsangehörigkeit erworben
hat. Dies gilt nicht, wenn der Verfolgte als Oster- §§ 160 bis 165 finden auf Staatenlose, die nach Ar-
reicher durch die Verein itwng Osterreichs mit dem tikel 1 F der Genfer Konvention von der Anerken-
Deutschen Reich die deutsche Staatsangehörigkeit nung als Flüchtlinge ausgeschlossen wären, keine
c1rworben hatte und durch den Verlust dieser Staats- Anwendung.
angehörigkeit staatenlos geworden ist. .
(3) Der Hinterbliebene eines Verfolgten, der zu
FDNFTER ABSCHNITT
dem in Absatz 1 und 2 bezeichneten Personenkreis Aus Gründen
nehörte, hut Anspruch auf Entschädigung für Schaden ihrer Nationalität Geschädigte
an Leben. Der Anspruch besteht auch dann, wenn
§ 167
der Hinterbliebene zu dem in Absatz 1 und 2 bezeich-
neten Personenkreis gehört. (1) Personen, die unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft aus Gründen ihrer Nationalität
(4) Soweit Ansprüche nach §§ 150 bis 159 bestehen,
verbleibt PS bei dieser Regelung. unter Mißachtung der Menschenrechte geschädigt
worden und bei Inkrafttreten dieses Gesetzes Flücht-
§ 161
linge im Sinne der Genfer Konvention vom. 28. Juli
1951 sind, haben Anspruch auf Entschädigung für
Die Entschädigung für Schaden an Körper oder einen dauernden Schaden an Körper oder Gesund-
Gesundheit wird nach Maßgabe der §§ 28, 29 Nr. 1 heit.
bis 3, §§ 30 bis 37, 39 geleistet. Der Anspruch auf die
(2) Von der Entschädigung nach Absatz 1 ist aus-
Kapitalentschädigung b(~stehl nur für die Zeit vom
geschlossen, wer
l. Januar 1949 an.
1. ein Verbrechen gegen den Frieden, ein
§ 162 Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen
Die Entschädigung für Schaden an Freiheit wird gegen die Menschlichkeit im Sinne der
nach Maßgabe der §§ 4J bis 50 gel eistE~l. internationalen Vertragswerke begangen
hat;
§ 163 2. ein schweres nichtpolitisches Verbrechen
(1) Die Entschädigung für Schaden an Leben wird außerhalb des Aufnahmelandes begangen
nach Maßgabe der §§ 15, 16 Nr. 1 und 3, §§ 17 bis 22, hat, bevor er dort als Flüchtling aufgenom-
24, 25 geleistet. Der Anspruch auf die Kapitalent- men worden ist;
schädigung besteht nur für die Zeit vom 1. Januar 3. sich Handlungen hat zuschulden kommen
1949 an. lassen, die den Zielen und Grundsätzen
(2) Der Anspruch auf die laufende Rente ist weder der Vereinten Nationen zuwiderlaufen.
übertragbar noch vererblich. Der Anspruch auf die (3) §§ 6 bis 10, 12 finden entsprechende Anwen-
Su mme dn rückst~indiqen Renl.enhPlräge und auf die I dung.
Nr. 31 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 29. Juni 1956 587
§ 168 SIEBENTER ABSCHNITT
(1) Ein dauernder Schaden an Körper oderGesund- Härteausgleich
hP.it im Sinne des § 167 liegt vor, wenn die Erwerbs-
fähigkeit des Geschädigten im Zeitpunkt der Ent- § 171
scheidung noch um mindestens 25 vom Hundert (1) Zur Milderung von Härten kann Personen,
beeinträchtigt ist und sich voraussichtlich nicht we- deren Schädigung auf die Verfolgungsgründe des § 1
sentlich bessern wird. zurückzuführen ist und für die Fonds mit besonderer
(2) Die Entschi.idigung besteht in einer Rente. Diese Zweckbestimmung nicht anderweitig vorgesehen
beträgt mona llich bei einer Beeinträchtigung der sind, ein Härteausgleich gewährt werden. Als Lei-
Erwerbsfähigkeit stungen kommen in Betracht Beihilfen zum Lebens-
von 25 bis 49 v. H. . ................. 100 DM unterhalt, zur Durchführung eines Heilverfahrens,
von 50 bis 59 v. H. . ................. 120 DM zur Beschaffung von Hausrat, zum Existenzaufbau
von 60 bis 69 v. H. . ................. 140 DM und zur Berufsausbildung. Zum Existenzaufbau kön-
nen auch Darlehen gegeben werden. Die Leistungen
von 70 bis 79 v. H. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 DM
sollen in der Regel die in diesem Gesetz vorge-
von 80 und mehr v. I 1. ................ 200 DM.
sehenen Höchstbeträge nicht übersteigen.
(3) §§ 28, 33 bis 35 linden cn !.sprechende Anwen-
dung. (2) Ein Härteausgleich nach Absatz 1 kann auch
Personen gewährt werden, die dadurch Schaden er-
(4) Der Anspruch auf die laufende Rente und auf
litten haben, daß ihre Versorgungseinrichtung durch
dü> Summe der rückständigen Rentenbeträge ist
nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen aufgelöst
wc•dtc1r übertragbar noch vercrblich.
worden ist, wenn sie sich infolge dieses Schadens. in
einer Notlage befinden. Die Bundesregierung wird
SECHSTER ABSCHNITT ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen,
Befri edi gu ng welche Versorgungseinrichtungen als durch national-
sozialistische Gewaltmaßnahmen aufgelöst anzu-
der Entschädigungsansprüche sehen sind.
§ lG9
(3) Ein Härteausgleich kann ferner\ gewährt wer-
(1) Die durch Geldleistungen zu erfüllenden An- den
sprüche werden, soweit es sich nicht um wieder- 1. Geschädigten, die ohne vorausgegangenes
kPhrende Leistungen für zukünftige Zeitabschnitte Verfahren nach dem Gesetz zur Verhütung
handelt, spi.itcstcns bis zum Ablauf des Rechnungs- erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933
jahrs 1962 befriedigt. (Reichsgesetzbl. l S. 529) sterilisiert worden
(2) Die Ansprüche sind sofort fällig. Dies gilt nicht sind;
fiir Ansprüche wegen Schadens an Eigentum und 2. unterhaltsberechtigten Hinterbliebenen von
wc~ien Schadens an V crmögcn sowie für Ansprüche Personen, die unter der nationalsozialisti-
auf Leistung einer Kapila1enlschädigung wegen schen Gewaltherrschaft der Euthanasie
Sdwdens im beruflichen und im wirtschaftlichen Fort- zum Opfer gefallen sind, wenn anzuneh-
koinmen, soweit diese /\nsprüche den Betrag von je men ist, daß die Hinterbliebenen ohne die
10 000 Deutsche Mark überslcig()n und solange der Tötung des Unterhaltsverpflichteten von
Berechtigte das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet ihm gegenwärtig Unterhalt erhalten wür-
hat. Diese Ansprüche werden am 1. April 1957 fällig. den.
(3) Ist der Berechtigte verstorben und der An- (4) In besonderen Fällen können Leistungen auch
spruch vererblich, so muß das Alterserfordernis nach anerkannten karitativen Organisationen oder kari-
Absatz 2 in der Person des Erben erfüllt sein. Bei Mit- tativ tätigen Stellen gewährt werden, wenn dies zur
erben genügt es, daß einer von ihnen das Alters- Errichtung oder Unterhaltung wohltätiger Einrich-
erfordernis erfüllt. Ist der Anspruch abgetreten, ver- tungen zugunsten von Verfolgten erforderlich er-
pfändet oder gepfändet, so bleibt für die Fälligkeit scheint. Dies gilt nicht für Organisationen oder
das Alter des ursprünglich Berechtigten maßgebend. karitativ tätige Stellen, für die Fonds mit besonderer
Zweckbestimmung anderwei!ig vorgesehen sind.
§ 170
(l) Vorschüsse können gewährt werden, wenn ein ACHTER ABSCHNITT
Anspruch wegen eines bestimnllen Schadens glaub- Verteilung
haft gemacht und die Gewährung eines Vorschusses
zur Beseitigung einer Notlage erforderlich ist. Vor-
der Entschädigungslast
schüsse können auch aus sonstigen wichtigen Grün- § 172
den, die einen Vorschuß als billig erscheinen lassen, (1) Die nach diesem Gesetz von den Ländern
gewährt werden. Der Vorschuß kann in einer ein- Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Hamburg,
maligen Leistung oder in einer befristeten laufenden Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rhein-
Beihilfe bestehen. land-Pfalz und Schleswig-Holstein zu leistenden Ent-
(2) Der Vorschuß isl auf den bevorschußten An- schädigungsaufwendungen werden ab 1. April 1956
spruch anzurechnen. Ist dies nicht möglich, so kann je zur Hälfte vom Bund und von der Gesamtheit
der Vorschuß auch auf andere Ansprüche angerech- dieser Länder getragen. Die vom Land Berlin zu lei-
rn~t oder zurückgefordert werden. stenden Entschädigungsausgaben werden ab 1. April
588 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1956, Teil I
1956 zu 60 vom Hundert vom Bund, zu 25 vom Hun- (3) Im Falle des Absatzes 2 haben die Entschädi-
dert von der Gesamtheit der in Satz 1 bezeichneten gungsorgane nur über die Voraussetzungen des An-
Länder und zu 15 vom Hundert vom Land Berlin spruchs nach diesem Gesetz zu entscheiden. Diese
getragen. Entscheidung ist für die fachlich zuständige oberste
(2) Die in Absatz 1 Satz 1 bezeichneten Länder
Behörde und die Verwaltungsgerichte bindend. Ist
bringen ihre nach Absatz 1 insgesamt zu tragenden streitig, ob für den Anspruch die Voraussetzungen
Anteile an den Entschädigungsaufwendungen nach nach diesem Gesetz gegeben sind und hängt hiervon
dem Verhältnis ihrer Einwohnerzahl auf. Soweit die die Entscheidung der fachlich zuständigen obersten
Entschädigungsaufwendungen einzelner Länder den Behörde oder der Verwaltungsgerichte ab, so ist das
hiernach auf sie entfallenden Anteil übersteigen, Verfahren bis zur Entscheidung der Entschädigungs-
erstattet der Bund diesen Ländern den Unterschieds- organe auszusetzen.
betrag; soweit die Entschädigungsaufwendungen ein-
zelner Länder den auf sie entfallenden Anteil nicht § 176
erreichen, führen diese Länder den Unterschieds- (1) Die Entschädigungsorgane haben von Amts
betrag an den Btmd ab. wegen alle für die Entscheidung erheblichen Tat-
(3) Entschädigungsaufwendungen sind die Ent- sachen zu ermitteln und alle erforderlichen Beweise
schädigungsausgaben nach Abzug der damit zusam- zu erheben.
menhängenden Einnahmen. (2) Kann der Beweis für eine Tatsache infolge
(4) Der Bundesminister der Finanzen bestimmt der Lage, in die der Antragsteller durch national-
nach den Vorschriften der Absätze 1 und 2 auf Grund sozialistische Gewaltmaßnahmen geraten ist, nicht
von Schätzungen die Höhe der vorläufigen Uber- vollständig erbracht werden, so können die Entschä-
weisungen und auf Grund der Rechnungsergebnisse digungsorgane diese Tatsache unter Würdigung aller
die Höhe der endgültigen Uberweisungen und das Umstände zugunsten des Antragstellers für fest-
Uberweisungsverfahren durch Rechtsverordnung. § 7 gestellt erachten. Ebenso ist zu verfahren, wenn
Abs. 1 Satz 1 des Länderfinanzausgleichsgesetzes vom Urkunden verlorengegangen, Zeugen verstorben
27. April 1955 (Bundesgesctzbl. I S. 199) und § 6 des oder unauffindbar sind oder wenn die Vernehmung
Vierten Uberleitungsgesetzes vom 27. April 1955 des Antragstellers oder eines Zeugen mit Schwierig-
(Bundesgesetzbl. I S. 189) gelten entsprechend. keiten verbunden ist, die in keinem Verhältnis zu der
Bedeutung der Aussage stehen.
NEUNTER ABSCHNITT § 177
Entschädigungsorgane Vergleiche sind zulässig.
und Verfahren
§ 178
ERSTER TITEL
Für die Anspruchsberechtigung nach diesem Gesetz
Entschädigungsorgane
oder nach weitergehendem Landesrecht im Sinne des
§ 173 § 228 Abs. 2 ist eine auf Landesrecht beruhende An-
Entschädigungsorgane sind erkennung als Verfolgter nicht erforderlich. Die Ent-
scheidung der für die Anerkennung zuständigen
1. die Entschädigungsbehörden der Länder,
Behörden ist für die Entschädigungsorgane nicht bin-
2. die Entschädigungsgerichte. dend.
§ 179
§ 174
(1) Das Entschädigungsverfahren ist mit beson-
Das Entschädigungsverfahren gliedert sich in
derer Beschleunigung durchzuführen.
1. das Verfahren bei den Entsch~idigungsbehör-
den, (2) Ansprüche von Antragstellern, die über 60 Jahre
alt oder bedürftig oder durch Krankheit oder durch
2. das Verfahren vor den Entschädigungsgerich-
Gebrechen in ihrer Erwerbsfähigkeit um mindestens
ten, soweit das Verfahren bei den Entschädi-
50 vom Hundert gemindert sind, sollen mit Vorrang
gungsbehörden keine Erledigung gefunden hat.
vor allen anderen Ansprüchen behandelt werden.
ZWEJTER TITEL § 180
Gemeinsame Verfahrens vors c h r i.f t e n (1) Hat ein Verfolgter seinen letzten bekannten
§ 175 Aufenthalt in Gebieten, die am 31. Dezember 1937
zum Deutschen Reich gehört haben, oder in einem
(1) Für die nach diesem GE~selz zu treffenden Ent-
vom Deutschen Reich oder seinen Verbündeten
scheidungen sind die Entschädigungsorgane zu-
ständig. beherrschten oder besetzten Gebiet gehabt und ist
sein Aufenthalt seit dem 8. Mai 1945 unbekannt, so
(2) Dber die Erteilung der Genehmigungen, Zu- wird vermutet, daß er am 8. Mai 1945 verstorben
lassungen, BezugsberechUgungen und Befreiungen ist, es sei denn, daß nach dem Verschollenheitsgesetz
nach §§ 67, 115 Abs.2 entscheidet die fachlich zu- oder nach anderen Rechtsvorschriften bereits ein
ständige obE)rste Behörde. anderer Zeitpunkt des Todes festgestellt worden ist.
Nr. '.ll Tdg der Ausgabe: Bonn, den 29. Juni 1956 589
(2) Unter den Voruusselzm1gen des Absatzes 1 ten erster Instanz berechtigt. Die Landesjustizver-
kann im Enlschüdigungsverfahren ein anderer Zeit- waltung kann diese Tätigkeit untersagen, wenn sie
punkt als der des 8. Mai 1945 festgestellt werden, mißbräuchlich a.usgeübt wird. § 157 Abs. 2 der
wenn nach den UmsUinden des Einzelfalles, ohne Zivilprozeßordnung findet keine Anwendung.
daß es weiterer Ermil1Jun~Jen bedarf, ein anderer
(2) Die Landesjustizverwaltung kann Organisa-
Zeitpunkt des Todes wahrscheinlich ist.
tionen, deren Aufgabe in der Wahrnehmung der
Interessen von Verfolgten besteht und deren Zweck
§ 181
nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb
(1) Im Entschüdigungsverfdhren soll von der Vor- gerichtet ist, die Erlaubnis erteilen, ihre Mitglieder
lage eines Erbscheins abgesehen werden, wenn die in Rechtsangelegenheiten, die in diesem Gesetz
Erbberechtigung auch ohne Vorhigc eines Erbscheins geregelt sind, unentgeltlich zu beraten und im Ver-
nachweisbar isl. fahren bei den Entschädigungsbehörden unentgelt-
(2) Verlangen die Entschädigungsorgane die Vor- lich zu vertreten. Die Erlaubnis ist zu versagen,
lage eines Erbscheins, so hat das Nachlaßgericht auf wenn ein wichtiger Grund vorliegt, insbesondere
Antrag des Erben einen Erbschein für den Entschädi- wenn die Gewähr für eine ordnungsgemäße Ge-
gungsanspruch zu erteilen; hierbei hat das Nachlaß- schäftsführung und für eine sachgemäße Beratung
gericht nicht zu prüfen, ob der Erbe nach diesem durch hierzu geeignete Personen nicht gegeben ist.
Gesetz entschfüJigungsberechtigl ist. In dem Erb- Die Erlaubnis ist zu widerrufen, wenn Tatsachen
schein ist anzu~Jeben, ob der Erbe Ehegatte des Ver- eintreten oder nachträglich bekannt werden, die eine
folgten oder ob und wil' er mit ihm verwandt war. Versagung der Erlaubni$ rechtfertigen würden. Die
Für die Erteilung eines solchen Erbscheins ist die Erlaubnis kann widerrufen werden, wenn gegen An-
Todesvermutung des § 180 Abs. 1 oder, falls im Ent- ordnungen oder Auflagen der Landesjustizverwal-
schädigungsverr ahren nach § lBO Abs. 2 ein anderer tung wiederholt verstoßen worden ist.
Zeitpunkt des Todes fostgc!sldlt. worden ist, diese
Feststellung nwßgebend.
DRITTER TITEL
(3) Die Erteilung des Erbscheins für den Entschä-
digungsanspruch einschließlich des vorausgegange- Entschädigungsbehörden
nen Verfahrens ist gebührenfrei. § 99 Abs. 1 Satz 2 § 184
der Verordnung über die Kosten in Angelegen- ( 1) Die Landesregierungen regeln die Errichtung
heiten der fHdwilligen Gc)richtsbarkeit und der der Entschädigungsbehörden und das Verwaltungs-
Zwangsvollstreckung in das 1mbewegliche Ver- verfahren bei diesen Behörden. Nach bisherigem
mögen (Kostenordnunq) bleibt unberührt. Landesrecht geltende Vorschriften über den Aufbau
der Entschädigungsbehörden und über das Verwal-
§ 182
tungsverfahren bei diesen Behörden sind den Vor-
(1) Bei der Regelung der Ansprüche auf Entschä- schriften dieses Gesetzes anzugleichen.
digung für Schaden an einer Versicherung außerhalb
(2) Die Entschädigungsbehörden müssen den Wei-
der Sozialversicherung sind die beteiligten Ver-
sungen einer obersten Landesbehörde unterstehen.
sicherungseinrichtungen auf Verlangen der Entschä-
digungsorgane zur Mitwirkung verpflichtet; sie
haben insbesondere die erforderlichen Berechnungen § 185
vorzunehmen und dllS Büchern oder Akten schrift- (1) Die Entschädigungsbehörden sind für die An-
lich oder mündlich Auskünlle zu geben. meldung und, unbeschadet des § 175 Abs. 2, für die
(2) Die Entschädigungsorgane sollen bei der Ent- Entscheidung über die Ansprüche nach diesem Ge-
scheidung über den Entschädigungsanspruch die setz zuständig.
zuständige Versicherungsaufsichtsbehörde zu den (2) Ortlich zuständig sind
Berechnungen und Ausk ünfl(~n der beteili~Jten Ver- 1. die Entschädigungsbehörden des Landes,
sicherungseinrichtungPn hören. in dem der Verfolgte am 31. Dezember
(3) Den Versichernngseinrichlunqen sind die erfor- 1952 seinen Wohnsitz oder dauernden
derlichen Kosten, die ihnen durch ihre Mitwirkung Aufenthalt gehabt hat (§ 4 Abs. 1 Nr. 1
nach Absatz 1 en l.slehen, nach Pauschsä tzen zu Buchstabe a);
erstatten, die der Runclcsminisl.er für \,Virtschaft 2. hilfswei.se:
durch Rechtsverordnung festsetzt; der Bundesmini- wenn der Verfolgte vor dem 31. Dezem-
ster für Wirl.sch,tfl kann dies(~ Ermächtigung weiter ber 1952 verstorben ist, die Entschädi-
übertragen. gungsbehörden des Landes, in dem er sei-
§ la3 nen letzten Wohnsitz oder dauernden Auf-
(1) Personen, die im Ausland ihren Wohnsitz oder enthalt gehabt hat (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 Buch-
dauernden Aulenl.halt haben, früher bei einem deut- stabe b);
schen Gericht als Rechtsanwalt. zugelassen waren 3. hilfsweise:
und deren Zulassung aus den Verfolgungsgründen wenn der Verfolgte vor dem 31. Dezember
des § 1 erloschen ist, sind in Rechtsangelegenheiten, 1952 ausgewandert ist, deportiert oder
die in diesem Gesetz w~regel t sind, zur Beratung a.usgewiesen worden ist (§ 4 Abs. 1 Nr. 1
und zur Vertn~tung im Verfahren bei den Entschädi- Buchstabe c) und seinen letzten Wohnsitz
gungsbehörden und vor den Entschädigungsgerich- oder dauernden Aufenthalt gehabt hat
590 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1956, Teil I
a) in einem Land innerhalb des Geltungs- § 186
bereichs dieses Gesc~tzes,
§ 185 findet auf juristische Personen, Anstalten
die En lschiidigungsbehörden dieses oder Personenvereinigungen oder deren Rechts- oder
Landes, Zwecknachfolger mit der Maßgabe Anwendung, daß
b) im Gebiet der sowjetisch besetzten an die Stelle des Wohnsitzes der Sitz und an die
Zone Deutschlands, Stelle des dauernden Aufenthaltes der Ort der Ver-
die Entschädigungsbehörden des Lan- waltung tritt.
des Niedersachsen, § 187
c) im sowjetisch beselzten Sektor von
(1) Für die Bewilligung eines Härteausgleichs sind
Berlin,
die obersten Entschädigungsbehörden der Länder zu-
die Entschädigungsbehörden des Lan- ständig.
des Berlin,
(2) Ortlich zuständig ist die oberste Entschädi-
d) in Vertreibungsgebieten innerhalb der gungs hehörde des Landes, dessen Entschädigungs~
Grenzen des Deutschen Reiches nach behörden nach §§ 185, 186 für die Entscheidung über
dem Stande vom 31. Dezember 1937 die Ansprüche nach diesem Gesetz zuständig sind
für Verfolgte mit Wohnsitz oder oder zuständig wären.
dauPrndf~m Aufenthalt in europäischen
(3) Ist nach Absatz 2 keine Zuständigkeit gegeben
Ländern,
so ist die oberste Entschädigungsbehörde des Landes
die Entschädigungsbehörden des Lan- örtlich zuständig, in dem der Antragsteller nach dem
des Nordrhein-Westfalen,
31. Dezember 1952 erstmals seinen Wohnsitz oder
für Verfolgte mit Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt genommen hat oder nimmt. In
dauerndem Aufenthalt in außereuropäi- allen übrigen Fällen gilt § 185 Abs. 5 sinngemäß.
sch(~n Ländern,
die Entschädigungsbehörden des Lan-
des Rheinland-Pfalz; § 188
4. hilfsweise: Der Anspruch auf Entschädigung ist gegen das
für die in § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchstaben d bis f Land, dessen Entschädigungsbehörden nach §§ 185,
genannten Verfolgten die Entschädigungs- 186 zuständig sind, und im Falle des § 89 auch gegen
behörden des Landes, in dem der Verfolgte den Arbeitgeber zu richten.
nach dem 31. DezC'mber 1952 erstmals sei-
nen Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt § 189
genommen hat oder nimmt;
(1) Entschädigung wird nur auf Antrag gewährt
5. hilfsweise: Der Antrag ist bis zum 1. Oktober 1957 bei der zu-
für die in § 4 Abs. 1 Nr. 2 genannten Ver- ständigen Entschädigungs?ehörde zu stellen.
folgten die Entschädigungsbehörden des
(2) Die Antragsfrist gilt auch dann als gewahrt,
Landes, in dem der Verfolgte sich am
1. Januar 1947 aufgehalten hat, wobei der
wenn der Antrag fristgemäß bei einer für Ansprüche
Aufenthalt in einem Du:::-chgangslager für nach diesem Gesetz unzuständigen Behörde gestellt
Auswanderer außer Betracht bleibt. oder wenn der Anspruch bei Gericht geltend gemacht
worden ist.
(3) Für die Ansprüche eines Hinterbliebenen ist,
(3) War der Antragsteller ohne sein Verschulden
wenn sich aus dem Wohnsitz oder dauernden Auf-
enthalt des verstorbenen Verfolgten keine Zustän- verhindert, die Antragsfrist einzuhalten, so ist ihm
digkeit nach Absatz 2 ergibt, der Wohnsitz oder auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
dauernde Aufenthalt des Hinterbliebenen maß- zu gewähren.
gebend. Dies gilt sinngemäß in den Fällen der §§ 104, § 190
119, 127 Abs. 2 und des § 134 Abs. 2.
Der Antrag soll enthalten
(4) Ist im Falle des § 4 Abs. 5 keine Zuständigkeit 1. Angaben zur Person und zu den wirtschaft-
nach den vorstehenden Vorschriften gegeben, so sind lichen Verhältnissen,
die Entschädigungsbehörden des Landes zuständig,
2. eine Darstellung des den Anspruch begründen-
in dem das (-:;rundsliick belegen ist.
den Sachverhalts,
(5) In allen übrigen Fällen sind zuständig die Ent- 3. Angabe von Beweismitteln,
schädigungsbehörden
4. Angaben über Art und Umfang des Anspruchs,
1. des Landes Nordrhein-Westfalen für An-
5. eine Erklärung, ob und wo der Antragsteller
twgsl.elJ0r mit Wohnsitz oder dauerndem
schon früher einen Antrag gestellt oder einen
Aufenthalt in europifr;chen Ländern,
Anspruch angemeldet hat,
2. des LdrHlc)s Rheinland-Pfalz für Antrag-
slell(:r mit Wohnsitz oder dauerndem Auf- 6. eine Erklärung über Leistungen, die im Zuge
ent.ha lt in au f:\ereuropföschen Ländern. der Entschädigung für Opfer der nationalsozia-
listischen Verfolgung aus deutschen öffentlichen
(6) Durch den dauernden Aufenthalt wird nur in Mitteln oder von einem nach bürgerlichem
Ermangelung eines Wohnsitzes eine örtliche Zustän- Recht Schadensersatzpflichtigen bewirkt wor-
digkeit begründet. den sind,
Nr. 31 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 29. Juni 1956 591
7. eine Drklänmg darüber, ob und mit welchem Ärzten, die den Verfolgten behandelt haben oder
Erfolg ein Rückerslctltungsverfahren wegen behandeln, Auskünfte einholen· und Untersuchungs-
eines dem Anl.rngstdlcr oder seinem Rechts- unterlagen zur Einsicht beiziehen.
vorgänger vor der r.n lziehung gehörenden Ver-
rnögensgPqc'nslirndcs c1nhiinqiq gemacht wor- § 193
den ist. (1) Der Antragsteller und sein Bevollmächtigter
§ 191 können die Akten der Entschädigungsbehörde ein-
sehen. Sie können sich daraus Auszüge und Ab-
(1) Soweit in diC>i;ern Cr~scl.z oder in den nach§ 184 schriften selbst fertigen oder gegen Erstattung der
i\ bs. l crlasserH!n lilndc~srcch tlichen Vorschriften nicht Kosten erteilen lassen.
Abweichendes b('sti mm!. ist, qclten für die Beweis-
erhebung durch di(' Entschfü]iqungsbehörcle §§ 355 ff. (2) Aus besonderen Gründen kann dem Antrag-
der Zivilprozeßordnung sinn~Jernäß. Eine Beeidigung steller die Einsicht in die Akten oder in Aktenteile
durch die Entschödi~Jun9slid1ördP findet nicht statt. sowie die Fertigung oder Erteilung von Auszügen
und Abschriften versagt werden.
(2) Die Entsdüidiqun~Jshchörde ist berechtigt, in
(3) Ein Recht auf Aushändigung der Akten haben
entsprechender Anwendung des § 287 der Zivilpro-
nur Rechtsanwälte, die bei einem Gericht im Gel-
zeßordrrnng die l hihe eines Schadens zu schätzen.
tungsbereich dieses Gesetzes zugelassen sind.
(3) Der Entschädigungsbehörde ist Rechts- und
Amtshilfe zu leisten. Cebüh ren und Auslagen werden § 194
nicht erstattet, soweit die Rechts- und Amtshilfe im Die Entschädigungsbehörde hat dem nach § 89 in
Inland geleistet wird. Anspruch genommenen Arbeitgeber eine beglaubigte
(4) Die Entschädigungsbehörde kann insbesondere Abschrift des Antrages zuzustellen und den Arbeit-
1. die Staatsanwaltschaft oder unmittelbar
geber vor der Entscheidung zu dem Anspruch, den
die Polizeibehörde um die Erforschung Angaben des Antragstellers und dem Ergebnis der
eines Verfolgungstatbestandes ersuchen; Ermittlungen zu hören.
2. das Amtsgericht, in dessen Bezirk der An-
§ 195
tragsteller, ein Zeuge oder ein Sachver-
ständiger sich aufhält, um Vernehmung des (1) Die Entschädigungsbehörde entscheidet durch
Antragstellers, des Zeugen oder des Sach- Bescheid. Teilbescheide sind zulässig.
verständigen ersuchen, wobei die Tat- (2) Der Bescheid muß enthalten
sachen und Vorgänge anzugeben sind, die 1. die Bezeichnung der Entschädigungsbehörde,
Gegenstand der Vernehmung sein sollen;
2. die Entscheidungsformel einschließlich et-
3. eine Auslandsvertretung der Bundesrepu- waiger Leistungsvorbehalte und der Be-
blik, in deren Bezirk der Antragsteller, ein zeichnung des Fälligkeitszeitpunktes, falls
Zeuge oder ein Sachverständiger sich auf- der Anspruch nicht sofort· fällig ist,
hält, um Vernehmung des Antragstellers, 3. den Hinweis, daß Klage erhoben werden
des Zeugen oder des Sachverständigen er- kann, soweit der Anspruch abgelehnt wor-
suchen, wobei die Tatsachen und Vorgänge den ist, und die Belehrung, in welcher
anzugeben sind, die Gegenstand der Ver- Form, innerhalb welcher Frist sowie bei
nehmung sein sollen;
welchem Gericht die Klage zu erheben ist,
4. die Strafregisterbehörden um unbeschränkte 4. das Datum und die Unterschrift.
Auskunft, auch über getilgte Strafen, er-
suchen. (3) Der Bescheid soll enthalten
1. die Personalangaben des Antragstellers,
(5) Im Falle des Absatzes 4 Nr. 2 gelten die Vor-
schriften der Zivilprozeßordnung über den Beweis 2. die Feststellung des Sachverhalts,
durch Parteivernehmung, über den Zeugenbeweis, 3. die Entscheidungsgründe.
über den Beweis durch Sachverständige und über das
§ 196
Verfahren bei der Abnahme von Eiden sinngemäß.
(1) Der Bescheid ist dem Antragsteller zuzustellen.
Ist ein Bevollmächtigter bestellt, so ist der Bescheid
§ 192 diesem zuzustellen.
(1) Mit Einverständnis des Antragstellers kann die (2) In den Fällen des § 86 Abs. 2 und des § 98 ist
Enlschädigungsbehörde von öffentlichen, freien ge- der Bescheid der Witwe oder dem Witwer auch
meinnützigen und privaten Krankenanstalten sowie dann zuzustellen, wenn diese nicht Erben sind.
Krankenanstalten öffentlich-rechtlicher Körperschaf-
tcm und Trägern der Sozialversicherung Kran- § 197
kenpapiere, Aufzckhnungen, Krankengeschichten, (1) Zustellungen erfolgen nach den Vorschriften
Sektions- und Untersuchungsbefunde sowie Röntgen- des Verwaltungszustellungsgesetzes.
bilder zur Einsicht beiziehen. Die Entschädigungs-
(2) Wohnt der Zustellungsempfänger nicht im Gel-
behörde hat für die Wahrung des ärztlichen Berufs-
geheimnisses Sorge zu tragen. tungsbereich dieses Gesetzes, so finden auch §§ 174,
175 der Zivilprozeßordnung entsprechende Anwen-
(2) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 dung. Die Zustellung kann auch mit Postrückschein
kann die Entschädigungsbehörde von privaten erfolgen.
592 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1956, Teil I
§ 198 (2) Absatz 1 findet entsprechende Anwendung,
(1) Ulwr diP Vc,rpflichlung dC's Arlwitgebers zur wenn die Entschädigungsbehörde im F?lle des § 201
I'.inrJ 11111ung d<·s ! rühercn oder eines gkichwertigen von der Möglichkeit der Rückforderung bereits be-
Arbc:iLspliJlzes i:--;l durch bcs01Hl(•rt·n Bescheid zu wirkter Leistungen Gebrauch machen will.
entsdiciclcn.
§ 205
(2) D<~r ßpscltt!id ist auch dc111 Arbcit~Jcber zuzu-
stcl1Pn. § 11)7 /\l>s. l find<'! Anvvc>ndung. (1) Der Widerrufsbescheid ist vorläufig vollstreck-
bar, soweit die Entscheidungsformel die Verpflich-
tung zur Rückzahlung bestimmter Beträge enthält.
§ 19q
(2) Die Zwangsvollstreckung richtet sich nach den
bt lwi Ansprüchen für Sd1ad(:n im beruflichen Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Voll~
Fortkori1rnen Pin Wc1hlr<•cht gegeben, so hat die Ent- streckung von Urteilen in bürgerlichenRechtsstreitig-
sd1LidiqLLll~Jslwhörcle in dem Bescheid auch den An- keiten. Die vollstreckbare Ausfertigung wird von der
spruch clcr J lülic nach fPstzus(•t?.en, der gewählt Entschädigungsbehörde erteilt.
werden kann. Dic,s ist nicht erforderlich, wenn das
\Vahl recht vor Untsclwidnng übf'r den Anspruch (3) Für Klagen, durch die Einwendungen gegen
bereits c1usvcü bl wordPn ist. den Anspruch selbst geltend gemacht werden
(§ 767 der Zivilprozeßordnung), ist das Entschädi-
gungsgericht erster Instanz zuständig, in dessen
§ 200 Bezirk die Entschädigungsbehörde ihren Sitz hat.
(1) Die Enf.schtidigunqsbehörde bat einen zugun-
sten des An trngstellcrs ergangenen Bescheid zu § 206
widerrufen, wenn sich nach Erlaß des Bescheides
(1) Ist ein Anspruch auf wiederkehrende Leistun-
herausstellt, daß ein Verwirkungsgrund nach § 6
gen zuerkannt oder abgelehnt worden und haben sich
Abs. 3, § 145 Abs. 2, § 167 Abs. 2 und 3 vorliegt.
die tatsächlichen Verhältnisse, die für die Zuerken-
(2) Absatz 1 findet auf Vergleiche, die im Ver- nung oder Ablehnung maßgebend waren, wesentlich
fahren bei den Entschädigungsbehörden abgeschlos- geändert, so ist die Entschädigungsbehörde befugt
sen worden sind, entsprechende Anwendung. und auf Verlangen des Antragstellers verpflichtet,
einen neuen Bescheid über den Anspruch zu erlassen;
die Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung steht
§ 201
dabei nicht entgegen. Satz 1 gilt nur, soweit die
(1) Die Entschädigungsbehörde kann einen zu- Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eine neue
gunsten des Antragstellers ergangenen Bescheid Entscheidung über Gewährung, Erhöhung, Minde-
widerrufen, wenn sich nach Erlaß des Bescheides rung oder Entziehung einer Rente notwendig macht.
herausstellt, dciß ein Entziehungsgrund nach § 7 Abs. 2 (2) Absatz 1 findet auf Vergleiche, die im Verfahren
vorliegt.
bei den Entschädigungsbehörden oder im gericht-
(2) Absatz l fi.ndct auf Vergleiche, die im Ver- lichen Verfahren abgeschlossen worden sind, ent-
fahren bei den EntschfüJigungsbehörden abgeschlos- sprechende Anwendung.
sen worden sind, entsprechende Anwendung. (3) § 323 der Zivilprozeßordnung findet keine An-
wendung.
§ 202 § 207
Ein Leistunqsvorbehalt, der in einem zugunsten (1) Verfahren bei den Entschädigungsbehörden
des Antragstdlers ergangenen Bescheid enthalten sind gebühren- und auslagenfrei. Für offensichtlich
ist, kann auch dann goltcnd gemacht werden, wenn unbegründete Anträge können dem Antragsteller die
die Vorcrnsselzungen clcr §§ 200, 201 nicht vorliegen. Kosten auferlegt werden. Ober die Verpflichtung zur
Der Leistun~Jsvorbchalt ist durch „Widerruf geltend Tragung der Kosten ist zugleich mit der Entscheidung
zu rnachon. in der Hauptsache zu erkennen.
§ 203 (2) Gebühren und Auslagen werden nicht, erstattet.
(1) Der Widc•rruf ist clnrch Bescheid auszu- (3) Personenstandsurkunden zur Vorlage bei den
sprechen. Entschädigungsbehörden sind gebührenfrei auszu-
stellen.
(2) Die Widcrrufsfrist betrügt sechs Monate. Sie
beginnt mit dem Tage, an dem die Entschädigungs-
VIERTER TITEL
behörde von dem Widcrrufsgruncl Kenntnis erlangt
hat. En ts chädigungsgerich te
§ 204 § 208
(1) Will die Entschüdi9ungsbehörde im Falle des (1) Entschädigungsgerichte sind das Landgericht
§ 200 von der Möglichkeit der Rückforderung der (Entschädigungskammer), das Oberlandesgericht (Ent-
nach Eintritt r!ines V crw irkungsgrundes bewirkten schädigungssenat), der Bundesgerichtshof (Ent~thä-
Leistungen Gebrauch machen, so hat sie die Verpflich- digungssena t).
tung zur Rückzühlung dieser Leistungen in dem (2) Die Landesregierungen werden ermächtigt,
Widerrnfsbcsc:heid auszusprechen. durch Rechtsverordnung die Entschädigungssachen
Nr. 31 -- Tag der Ausgabe: Bonn, den 29. Juni 1956 593
einem Land~Jericht U.ir die Bezirke mehrerer Land- dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden
gerichte zuzuweisen, wenn die Zusammenfassung für Weise Gebrauch gemacht hat. Entsprechendes gilt im
eine sachdienliche Förderung und schnellere Erledi- Falle des § 183.
gung der Verfahren erforderlich ist.. Die Landesregie- (2) Im Falle des § 171 ist das Landgericht zustän-
rungen können die Ermächtigung auf die Landes- dig, in dessen Bezirk die oberste Entschädigungs-
justizverwaltungen übertragen. Entsprechendes gilt, behörde des Landes ihren Sitz hat.
wenn in einem Lande mehrere Oberlandesgerichte
errichtet sind. (3) Im Falle des § 183 ist das Landgericht zustän-
dig, in dessen Bezirk die Landesjustizverwaltung
(3) Bei der Besetzung der Entschädigungskammern ihren Sitz hat.
und der Entschädigungssenate ist dem Wesen der
§ 212
Wiedergutmachung in geE:~igneter Weise Rechnung
zu tragen. Der Vorsitzende oder einer der Beisitzer (1) Ist ein Bescheid oder ein Vergleich nach§§ 200
der Entschädigungskammer und der Entschädigungs- bis 205 widerrufen, so kann der Antragsteller inner-
senate soll dem Kreis der Verfolgten angehören. halb einer Frist von drei Monaten gegen das Land
Klage auf Aufhebung oder Abänderung des Wider-
rufsbescheides vor dem für den Sitz der Entschädi-
§ 209
gungsbehörde zuständigen Landgericht erheben.
(1) Für das Verfahren vor den Entschädigungs-
(2) § 210 Abs. 2 und 3 findet Anwendung.
gerichten und für die Zwangsvollstreckung gelten,
unbeschadet der §§ 175 bis 183, die Vorschriften (3) Soweit der Bescheid die Verpflichtung zur
des Gerichtsverfassungsgesetzes, der Zivilprozeßord- Rückzahlung bereits bewirkter Leistungen enthält,
nung und die Kostenvorschriften für bürgerliche findet § 707 der Zivilprozeßordnung entsprechende
Rechtsstreitigkeiten sinngemäß. Anwendung.
(2) § 114 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozeßordnung § 213
findet keine Anwendung. (1) Ist ein Anspruch auf Entschädigung durch
(3) Versäumnisurteile sind nicht zulässig. Im Falle rechtskräftige gerichtliche Entscheidung oder durch
der Säumnis kann das Entschädigungsgericht von Prozeßvergleich festgesetzt und stellt sich nachträg-
Amts wegen oder auf Antrag einer Partei eine Ent- lich heraus, daß ein Verwirkungsgrund nach § 6
scheidung ohne mündliche Verhandlung treffen; Abs. 3, § 145 Abs. 2, § 167 Abs. 2 und 3 vorliegt, so
hierauf sind die Parteien in der Ladung hinzuweisen. kann das Land vor dem für den Sitz der Entschädi-
gungsbehörde zuständigen Landgericht Klage mit
(4) Ein Gesuch zur Sicherung des Beweises (§ 485
dem Antrag erheben, unter Aufhebung der gericht-
der Zivilprozeßordnung) ist auch dann zulässig, wenn lichen Entscheidung oder des Prozeßvergleichs den
ein Verfahren bei den Entschädigungsgerichten noch Anspruch auf Entschädigung abzuweisen.
nicht anhängig ist und der Zeuge oder der Sachver-
ständige sich im Ausland aufhält. Das Gesuch ist bei (2) Im Falle des Absatzes 1 ist der Anspruch auf
dem Amtsgericht anzubringen, in dessen Bezirk die Rückzahlung der nach Eintritt eines Verwirkungs-
nach §§ 185, 186 zuständige Entschädigungsbehörde grundes bewirkten Leistungen zugleich mit der Klage
ihren Sitz hat. geltend zu machen.
(5) Zustellungen erfolgen von Amts wegen. (3) Die Klage kann nur innerhalb einer Frist von
sechs Monaten erhoben werden. Die Frist beginnt
(6) Verfahren vor den Entschädigungsgerichten mit dem Tage, an dem die Entschädigungsbehörde
sind auf Antrag als Feriensachen zu bezeichnen. von dem Verwirkungsgrund Kenntnis erlangt hat.
§ 210 § 214
(1) Soweit durch den Bescheid der Entschädigungs- (1) Ist durch Bescheid der Entschädigungsbehörde
behörde der geltend gemachte Anspruch abgelehnt der Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Einräu-
worden ist, kann der Antragsteller innerhalb einer mung des früheren oder eines gleichwertigen
Frist von drei Monaten Klage gegen das Land vor Arbeitsplatzes abgelehnt worden, so kann der An-
dem für den Sitz der Entschädigungsbehörde zustän- tragsteller innerhalb einer Frist von drei Monaten
digen Landgericht erheben. gegen den Arbeitgeber vor dem für den Sitz der
(2) Wohnt der Antragsteller im außereuropäischen Entschädigungsbehörde· zuständigen Landgericht
Ausland, so tritt an Stelle der Frist von drei Monaten Klage auf Feststellung erheben, daß der Arbeitgeber
eine Frist von sechs Monaten. zur Einräumung des früheren oder eines gleichwer-
tigen Arbeitsplatzes verpflichtet ist.
(3) Die Fristen nach Absalz 1 und 2 sind Not-
fristen; sie beginnen· mit der Zustellung des Be- (2) § 210 Abs. 2 und 3 findet Anwendung.
scheides. (3) Der Antragsteller ist verpflichtet, dem Land
§ 211 gerichtlich den Streit zu verkünden.
(1) Soweit die Enlschädigungsbehörde ermächtigt
§ 215
ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat das Ent-
schädigungsgericht nur zu pr(ifcn, ob die Entschädi- (1) Ist durch Bescheid der Entschädigungsbehörde
gungsbehörde die geselzlichen Grenlcn des Ermes- die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Einräumung
sens überschritten oder von dem Ermessen in einer des früheren oder eines gleichwertigen Arbeitsplatzes
594 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1956, Teil I
festgestellt worden, so kann der Arbeitgeber inner- (2) Die Einlegung der sofortigen Beschwerde
halb einer Frist von drei Monaten gegen den Antrag- hemmt die Rechtskraft des Urteils.
steller vor dem für di:n Silz der Entschädigungs-
(3) Uber die sofortige Beschwerde entscheidet der
behörde zustctndigen Landgericht Klage auf Fest-
Bundesgerichtshof durch Beschluß, der zu begründen
stellung erheben, daß keine Verpflichtung zur
ist. Wird die Revision nicht zugelassen, so wird das
Einräumung des früheren oder eines gleichwertigen
Arbeitsplatzes b(~steht. Berufungsurteil mit der Zustellung des Beschlusses
rechtskräftig. Wird die Revision zugelassen, so ist
(2) § 210 Abs. 3 findet Anwendung. sie innerhalb einer Frist von einem Monat einzu-
(3) Der An lragsleller ist verpflichtet, dem Land legen. Die Frist beginnt mit der Zustellung des
gerichtlich den Streit zu verkünden. Beschlusses, durch den die Revision zugelassen wird.
Sie ist eine Notfrist.
§ 21G § 221
Hat die Entschüdigungsbehörde binnen einer Frist (1) Ohne Zulassung findet die Revision statt, so-
von einem Jahr seit Eingang des Antrages ohne weit es sich um die Unzulässigkeit des Rechtsweges
zureichenden Grund keine Entscheidung über den oder die Unzulässigkeit der Berufung handelt.
Anspruch getroffen, so kann der Antragsteller vor (2) § 566 a der Zivilprozeßordnung findet keine
dem für den Sitz der Entschädigungsbehörde zustän- Anwendung.
digen Landgericht Klage erheben.
§ 222
Die Revision kann nicht darauf gestützt werden,
§ 217
daß die Entscheidung auf der Verletzung landes-
Die Gerichtsstände der §§ 210 bis 216 sind aus- rechtlicher Vorschriften beruht.
schließliche Gerichtsstdnde.
§ 223
§ 218 In den Fällen der sofortigen Beschwerde tritt an
(1) Gegen Endurteile des Landqerichts findet ohne Stelle der Notfrist des § 577 Abs. 2 der Zivilprozeß-
Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstandes ordnung eine Notfrist von drei Monaten. Wohnt der
die Berufung an das Oberlandesgericht statt. Beschwerdeführer im außereuropäischen Ausland,
so tritt für ihn an Stelle der Frist von drei Monaten
(2) Die Berufung ist innerhalb einer Frist von
drei Monaten einzulegen. Wohnt der Berufungs- eine Frist von sechs Monaten.
kläger im außereuropäischen Ausland, so tritt für
ihn an Stelle der Frist von drei Monaten eine Frist
§ 224
von sechs Monaten. (1) Im Verfahren vor den Landgerichten besteht
kein Anwaltszwang.
§ 219
(2) Im Verfahren vor den Oberlandesgerichten
(1) Gegen Endurteile des Oberlandesgerichts fin- besteht für das Land kein Anwaltszwang. Die Par-
det die Revision an den Bundesgerichtshof statt, teien können sich auch durch einen bei einem Land-
wenn das Oberlandesgericht die Revision zugelassen gericht zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen,
hat. wenn dieser sie vor dem Landgericht in der gleichen
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn Sache vertreten hat.
1. eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Be- (3) Im Verfahren vor den Landgerichten und vor
deutung zu entscheiden ist; den Oberlandesgerichten hängt die Beiordnung eines
2. die Fortbildung des Rechts oder die Siche- Rechtsanwalts im Armenrecht nicht davon ab, daß
rung einer einheitlichen Rechtsprechung er bei dem Prozeßgericht zugelassen ist.
eine Entscheidunq des Bundesgerichtshofs (4) In der Revisionsinstanz besteht uneinge-
erfordert; schränkt Anwaltszwang mit der Maßgabe, daß sich
3. streitig ist, ob das Land, gegen das der die Parteien auch durch einen bei einem Oberlandes-
Anspruch auf Entschädigung gerichtet ist gericht zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen
(§ 188), zu Recht als zuständig in Anspruch können.
uenornrnen ist. § 225
(3) Uber die Zulassung oder Nichtzulassung der (1) Verfahren vor den Entschädigungsgerichten
Revision ist im Urteil zu befinden. Die Nichtzulas- sowie Beweissicherungsverfahren sind gebühren-
sung ist zu beqründcn. und auslagenfrei.
(4) Auf die Frist, innc~rhalb der die Revision ein- (2) Für offensichtlich unbegründete Klagen oder
zulegen ist, findet § 218 Abs. 2 entsprechende An- Rechtsmittel können dem Kläger die Kosten auferlegt
wendung. werden. Ist die Rechtsverfolgung offenbar mutwillig,
§ 220 so kann ein Kostenvorschuß erhoben werden.
(1) Die Nichlzulassunq der Revision kann selb- (3) Bei wiederkehrenden Leistungen ist der Streit-
ständig durch sofortige Beschwerde angefochten wert nach § 10 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes
werden. § 719 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung findet zu berechnen.
entsprechende Anwendung. (4) § 207 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung.
Nr. 31 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 29. Juni 1956 595
§ 226 § 230
Ist die Klage erhoben worden, weil die Entschädi- (1) Wiederkehrende Leistungen auf Grund bis-
gungsbehörde ohne ausreichenden Grund binnen heriger Vorschriften werden solange weitergewährt,
Jahresfrist keine Entscheidung über den Anspruch bis die Leistungen nach diesem Gesetz bewirkt wer-
getroffen hat, so sind Auslagen, die dem Kläger den. Dies gilt auch für wiederkehrende Vorschuß-
durch Erfüllung einer Auflage des Entschädigungs- leistungen. Die Weiterzahlung obliegt der bisher
gerichtes notwendig erwachsen sind, dem beklagten zuständigen .Stelle. Soweit die wiederkehrenden Lei-
Land ohne Rücksicht auf den Ausgang des Verfahrens stungen ohne Anerkennung einer Rechtspflicht be-
aufzuerlegen. wirkt worden sind, wird durch Satz 1 und 2 kein
Rechtsanspruch auf diese Leistungen begründet.
§ 227
(1) Im Verfahren vor den Entschädigungsgerichten (2) Für Ansprüche auf Durchführung eines Heil-
sind Gebühren und Auslagen der Rechtsanwälte nach verfahrens gilt Absatz 1 sinngemäß.
§ 91 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung zu erstatten.
(2) Hat sich das Land in dem Verfahren vor den § 231
Landgerichten und Oberlandesgerichten durch einen
Rechtsanwalt vertreten lassen, so werden die dem ( 1) Eines erneuten Antrages auf Entschädigung
Land erwachsenen Gebühren und Auslagen eines nach den Vorschriften dieses Gesetzes bedarf es
Rechlsanwalls nicht erstattet. nicht, wenn der Anspruch auf Entschädigung bereits
auf Grund bisher geltender Vorschriften oder Ver-
(3) Für die Gebühren und Auslagen der Rechts- waltungsanordnungen angemeldet worden ist. Dies
anwälte sind die für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten gilt auch dann, wenn der bereits angemeldete An-
geltenden Vorschrifl.E~n entsprechend anzuwenden. spruch nach bisher geltenden Vorschriften oder
(4) Absätze 1 und 3 finden auf die Gebühren der in Verwaltungsanordnungen nicht begründet oder wenn
§ 183 Abs. 1 bezeichneten Personen entsprechende der Antrag nicht fristgerecht gestellt war.
Anwendung.
(2) Eines Antrages bedarf es jedoch in den Fällen,
in denen ein Anspruch nach bisher geltendem Recht
ZEHNTER ABSCHNITT durch unanfechtbaren Bescheid oder durch rechts-
kräftige gerichtliche Entscheidung abgewiesen .wor-
Ubergangs- den ist.
und Schlußvorschriften
§ 232
§ 228
( 1} Ist bei Inkrafttreten dieses Gesetzes ein Antrag
(l) Mit dem Zeitpunkt des lnkrafttretens dieses
Gesetzes tritt das in den Ländern Bayern, Bremen, auf Entschädigung in einem Land anhängig, dessen
I--Iessen und im Gebiet des früheren Landes Württem- Behörden nach §§ 185, 186 nicht zuständig sind, so
berg-Baden einheitlich geltende Gesetz zur Wieder- bleiben die Entschädigungsbehörden dieses Landes
gutmachung nationalsozialistischen Unrechts (Ent- sowohl für Ansprüche nach bisherigem Recht als auch
schädigungsgesetz) einschließlich der hierzu erlasse- für Ansprüche nach diesem Gesetz zuständig. Dies
nen Rechtsverordnungen außer Kraft. gilt nicht in den Fällen des § 185 Abs. 5.
(2) Das gleiche gilt für alle sonstigen im Geltungs- (2) Sind bei Inkrafttreten dieses Gesetzes Anträge
bereich dieses Gesetzes geltenden entschädigungs- auf Entschädigung in mehreren Ländern anhängig,
rechtlichen Vorschriften, die diesem Gesetz wider- deren Behörden nach §§ 185, 186, zuständig sind, so
sprechen. Soweit diese Vorschriften weitergehende sind für die Entscheidung über_ Ansprüche nach
entschädigungsrechtliche Ansprüche gewähren, be-
diesem Gesetz die Entschädigungsbehörden des
hält es hierbei zugunsten des bisher Anspruchs-
Landes zuständig, die nach§§ 185, 186 in erster Linie
berechtigten sein Bewenden mit der Maßgabe, daß
sich die verfahrensmäßige Behandlung und die Er- zuständig sind.
füllung dieser Ansprüche nach diesem Gesetz richten. § 233
Der durch die weitergehenden entschädigungsrecht-
lichen Ansprüche erwachsende Aufwand wird von Für die Festsetzung der nach bisherigem Recht
dem nach bisherigem Landesrecht Verpflichteten weitergehenden Ansprüche, die sich auf entschädi-
getragen. gungsrechtliche Vorschriften mehrerer Länder grün-
(3) Soweit in Gesetzen, Verordnungen, allge- den, sind zuständig,
meinen Verwaltungsanordnungen und Erlassen auf 1. wenn es sich um verschiedene Schadenstat-
die aufgehobenen Vorschriften verwiesen ist, treten bestände handelt, die Entschädigungsbehörden
an deren Stelle die entsprechenden Vorschriften des Landes, auf dessen Recht sich der jeweilige
dieses Gesetzes.
Anspruch gründet,
§ 229 2. wenn es sich um denselben Schadenstatbestand
Bei Ansprüchen nach den Vorschriften der Länder handelt, die Entschädigungsbehörden des Lan-
über die Anerkennung und Betreuung der Verfolgten des, dessen Recht nach der Erklärung des An-
richtet sich die verfa.h rensrnäßige Behandlung nach tragstellers angewandt werden soll; bei dieser
diesem Gesetz. Zuständigkeit behält es sein Bewenden.
596 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1956, Teil I
§ 234 Rechtsmittels das Rechtsmittel, das gegen eine ent-
(1) Sowei L vor I nk rnfltrcten dieses Gesetzes nach
sprechende Entscheidung nach diesem Gesetz ge-
bisherigem Recht ein Antrag auf Enlschädigung durch geben ist.
unan l'echlbarcn Bescheid oder durch rechtskräftige (3) Soweit gerichtliche Verfahren auf Grund die-
9erichtliche Entscheidung ab{J(~lehnt oder eine ses Gesetzes ihre Erledigung finden, bleiben Gebüh-
Enl.sdiödigunu in geringerer liöh(~ als nach den Vor- ren und Auslagen außer Ansatz. Außergerichtliche
schrillen dieses Gesetzes zuerkannt worden ist, kann Kosten werden gegeneinander aufgehoben.
der Bcrechtiqle innerhalb der Antrc.igsfrisl des § 189
A hs. 1 einen nPllPn Antra~J auf Entschädigung stellen. § 237
(2) W icdcrkehrende Leislu ngen auf Grund dieses (1) In den Fällen der §§ 81, 85, 86, 93, 97, 98 wird
C()sel1.es werdPn von Arnl.s wegen neu festgesetzt. das Wahlrecht nicht dadurch ausgeschlossen, daß der
(3) lsl in einem bei Inkrafll.reten dieses Gesetzes Verfolgte auf Grund bisheriger Vorschriften, nach
iJnhünqi~J(:11 Verwaltungsverfahren noch keine Ent- denen ein \tVahlrecht dieser Art nicht gegeben war,
sch;~id ung ergangen, so ist der Anspruch nach den eine Entschädigung für Schaden im beruflichen Fort-
Vo rschri llen dieses Gesetzes festzusetzen. kommen ganz oder teilweise erhalten hat.
(4) In clen Fällen der Absätze 1 bis 3 entscheidet (2) Wird die Rente gewählt, so wird die Entschä-
diP nach §§ 185, 186 zuständige Enlschädigungs- digung, die der Verfolgte erhalten hat, auf die Ent-
bPhörde; §§ 232, 233 finden entsprechende An- schädigung für die Zeit vor dem 1. November 1953
wrmdung. und auf die Rente voll angerechnet.
§ 235
§ 238
(1) Isl die Enlschädigung vor Inkrafl.lreten dieses
Gesetzes durch Vergleich, Verzicht oder Abfindung Eine weitergehende Regelung der Entschädigung
geregeh worden, so kann der Berechtigte innerhalb für Verfolgte, die eine örtliche Beziehung zu deut-
der Antragsfrist des § 189 Abs. 1 die Regelung durch schen Gebieten außerhalb des Geltungbereichs die-
Erklärung gegenüber der zuständigen Entschädi- ses Gesetzes haben, bleibt bis zur Wiedervereini-
gungsbehörde anfechten. gung Deutschlands vorbehalten.
(2) § 234 Abs. 4 findet entsprechende Anwendung.
§ 239
§ 236 Die Bundesregierung wird ermächtigt, mit Perso-
nengruppen, deren Schädigung auf die Verfolgungs-
(1) Ist bei Inkrafttreten dieses Gesetzes ein Ver- gründe des § 1 zurückzuführen ist, die aber keine
fahren bei einem Gericht anhängig, so richtet sich räumliche Beziehung zum Geltungsbereich dieses
die Fortführnng des Verfahrens nach folgenden Vor- Gesetzes haben und auch nicht nach §§ 149 bis 166
schriften: anspruchsberechtigt sind, Globalregelungen über die
1. Soweit das Verfahren bei einem Gericht Gewährung von Leistungen im Wege des Härteaus-
unhängig ist, das auch nach diesem Gesetz gleichs zu treffen. Der Achte und der Neunte Ab-
zuständig ist, entscheidet dieses Gericht auf schnitt dieses Gesetzes finden keine Anwendung.
Grund der Vorschriften dieses Gesetzes;
2. soweit das Verfahren bei einem Gericht § 240
anhängig ist, das nach diesem GesPtz nicht
(1) Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des§ 13 Abs. 1
zuständig ist, ist das Verfahren an das
des Dritten Uberleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952
nach diesem Gesetz zuständig(~ Gericht
(Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin.
(:rster Instanz abzugeben.
(2) Rechtsverordnungen, die auf Grund dieses
(2) Die Zulässigkeit eines Rechlsmiltels gegen die
Gesetzes erlassen werden, gelten im Land Berlin
vor Ink rafltreten dieses Gesetzes ergangenen Ent-
nach § 14 des Dritten Uberleitungsgesetzes.
scheidungen richtet sich nach den bisher geltenden
Vorschriften. Kann danach bei Inkrafttreten dieses
Ges(d.zes ein Rechtsmittel noch eingelegt werden, so § 241
lrill an Stelle des nach bisherigem Recht zulässigen Dieses Gesetz tritt am 1. Oktober 1953 in Kraft.
Nr. 31 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 29. Juni 1956 597
Verkündungen im Bundesanzeiger.
Gemäß § 1 Abs. 2 cks Gesetzes über die Verkündung von Rechtsverordnungen vom 30. Januar 1950
(Bundesgesetzbl. S. ~3) wird auf folgende im Bundesanzeiger verkündete Rechtsverordnungen nachricht-
lich hingewiesen:
Verkündet im Tag des
ß<!Zt!icl1n1111q dc•r Vcrordn1111g Bundesanzeiger Inkraft-
Nr. vom tretens
Vcrordnunq PR Nr. 5/56 zur Ändc~r1111q dor Preise der Reichs-
liste fiir orthopüdisdw Jlillsmittel. Vom 7. Juni 1956. J 10 9. 6. 56 10.6.56
Vernrclnu11q der OIH,rfin,111zdirc!klion Kid über die ZulassunCJ
des lfcllens List/Sylt als Zollanclunnsplatz. Vom 28. Mai 1956. 112 13.6.56 14. 6. 56
V<!rordnunq der Obcrfi1rnnzdirek1.ion flc1rnburq über die Ancle-
rnnq des Verlc1uls der Zol!hinrwnlinic c111 rfor Unterelbe. Vom
rn. Mai 1956. 112 13.6.56 14. 6.56
Verordnung PR Nr. Gl:>fi iiber EnlqPlle für ärztliche Unter-
suchnnqcn auf Tauqlichkcil zur Einslcllunq als Soldat in die
BL1ndcswehr. Vom 11.Juni 1!Vifi. 112 13.6.56 1. 4. 56
Vcrordnunq PR Nr. 7/5(i tihc~r Enlqcltc clcr Arzte bei Durch-
!iilirunq der frcic!n Jlcilflirsorqe !Lir Solchil.en der Bundeswehr.
Volll 11. Juni 1956. 112 13.6.SG 14. 6.56
Verordnung über die I-'cslsclztrncr von Entnellen für Verkehrs-
ieislun~Jen der BinncnschilfdhtL Vorn 11. Juni 195G. 114 15.6.56 Inkrafttreten
gemäߧ 4
Verorduunq über eine Stc1tistik der J\rlwitskräfte in landwirt-
sch,dtlichcn Betrieben. Vorn 18. Juui 195b. 117 20. 6. 56 1. 8. 56
Verordnung über die Pestset.zung von Entgelten für Verkehrs-
Jcistunqen clf~r Binncn.sdiillahrl. Vom 1G. Juni 1956. 119 22. 6.56 Inkrafttreten
·gemäߧ 4
Verordnun~J zur Andcrunq lolsenrecht.lichcr Vorschriften. Vom
22. Juni 195G. 121 26.6. 56 1. 7. 56
Verordnung znr Anderunq ckr Ccbührenorclnunq für Maßnah-
men im StraßenvcrkPhr. Vom 20. Juni 1956. 122 27.6.56 Inkrafttreten
gemäß
Artikel 3
Verordnung TS Nr. 2/56 über einen :Crsten Nachtrag zur An-
derunq und Ergänzung der Verordnunq TS Nr. 5/55 über
!Vlöbeltransporttarife. Vom 2ö. Juni rn5(i. 123 28.6.56 1. 7. 56
598 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1956, Teil I
Solorl lieferbar:
Fundslellennamweis über die Bundesgesefzgebung
nach dem Slande vom 31. Dezember 1955
bestehend aus
einer nach Sachgebieten gegliederten systematischen Dbersicht
aller von 1949 bis 1955 im Bundesgesetzblatt und im Bundesanzeiger verkündeten
Gesetze und Verordnungen sowie sonstiger Veröffentlichungen
nebst
einem alphabetischen Register zu der systematischen Dbersicht.
Der Fundstellennachweis stellt ein erschöpfendes Nachschlagewerk über die seit
1949 im Bundesgesetzblatt und Bundesanzeiger verkündeten Gesetze und Ver-
ordnungen sowie [iber sonstige Veröffentlichungen dar
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