1387
Bundesgesetzblatt
Teil I
1953 Ausgegeben zu Bonn am 21. September 1953 Nr. 62
Tag Inhalt:- Seite
18. 9, 53 Bundesergänzungsgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung
(BEG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1387
16. 9. 53 Erste Verordnung zur Anderung der Verordnung zur Durchführung des Mineralölsteuer-
gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1409
Hinweis auf Verkündungen im Bundesanzeiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1410
Bundesergänzungsgesetz zur Entschädigung
für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (BEG).
Vom 18. September 1953.
Inhaltsübersicht
ARTIKEL I §§
Neufassung und Erstreckung des Gesetzes B. Sozialversicherung ............ . 64
zur Wiedergutmachung nationalsozialisti- C. Kriegsopferversorgung ........ . 65
schen Unrechts
7. Gemeinsame Bestimmungen über
Erbrecht ........................ . 66
ERSTER ABSCHNITT §§
Allgemeine Vorschriften Vierter Titel: Besondere Verfolgten-
gruppen
Erster Titel: Anspruch auf Entschädigung 1- 9 67
1. Grundsatz
Zweiter Titel: Ubergang und Ubertragung 2. Verfolgte aus den Vertreibungs-
des Anspruchs auf Entschädigung 10-13 gebieten ........................ . 68-70
3. Staatenlose und politische Flücht-
ZWEITER ABSCHNITT linge ........................... . 71-75
Schadenstatbestände 4. Nationalverfolgte ........... ,.... . 76
Erster Titel: Schaden an Leben, Körper,
Gesundheit und Freiheit ............ . 14-17 DRITTER ABSCHNITT
Zweiter Titel: Schaden an Eigentum und Befriedigung der Entschädigungsansprüche
Vermögen ......................... . 18-24
Erster Titel: Entschädigungslast und Rang-
Dritter Titel: Schaden im beruflichen und folge der Ansprüche ............... . 77, 78
wirtschaftlichen Fortkommen
Zweiter Titel: Härteausgleich 19
1. Grundsatz ...................... . 25
2. Selbsländige Berufe .............. . 26-33 VIERTER ABSCHNITT
3. Private Dienstverhältnisse 34-37 Behörden und Verfahren
4. Offentlicher Dienst
Erster Titel: Entschädigungsorgane 80, 81
A. Gemeinsame Vorschriften 38-40
B. Besondere Vorschriften Zweiter Titel: Gemeinsame Verfahrens-
a) Beamte ................... . 41-47 vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82- 87
b) Berufssoldaten ............ . 48
c) Angestellte und Arbeiter ... . 49, 50 Dritter Titel: Entschädigungsbehörden . . 88- 97
5. Schaden in der Ausbildung ....... . 51-55 Vierter Titel: Entschädigungsgerichte . . . . 98-103
6. Versicherungs- und Versorgungs-
schäden ARTIKEL II
A. Versicherungsverhältnisse außer-
halb der Sozialversicherung ... 56-63 Obergangs- und Schlußbestimmungen . . . . 104-113
1388 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
In Anerkennung der Tatsache, einem Personenkreis gehörte, den in seiner Gesamt-
daß Personen, die wegen ihrer politischen Uberzeu- heit die deutsche Regierung oder die NSDAP durch
gung, aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der ihre Maßnahmen vom kulturellen und wirtschaft-
Weltanschauung unter der nationalsozialistischen lichen Leben Deutschlands auszuschließen beabsich-
Gewaltherrschaft verfolgt worden sind, Unrecht ge- tigte.
schehen ist, und (4) Keinen Anspruch auf Entschädigung nach
daß der aus Uberzeugung oder um des Glaubens diesem Gesetz hat,
oder Gewissens willen gegen die national- 1. wer der nationalsozialistischen oder einer
sozialistische Gewaltherrschaft geleistete Wider 3tand anderen Gewaltherrschaft Vorschub ge-
ein Verdienst um das Wohl des Deutschen Voikes leistet hat;
und Staates war, 2. wem nach dem 8. Mai 1945 rechtskräftig die
hat der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt worden
das nachstehende Gesetz beschlossen: sind;
3. wer nach dem 8. Mai 1945 rechtskräftig zu
Zuchthausstrafe von mehr als drei Jahren
ARTIKEL I verurteilt worden ist;
Neufassung und Erstreckung 4. wer die freiheitliche demokratische Grund-
des Gesetzes zur Wiedergutmachung ordnung bekämpft.
nationalsozialistischen Unrechts § 2
Das in den Ländern Bayern, Bremen, Hessen und (1) Der Anspruch auf Entschädigung ist ganz oder
im Gebiet des früheren Landes Württemberg-Baden teilweise zu versagen, wenn der Anspruchsberech-
einheitlich geltende Gesetz zur Wiedergutmachung tigte sich, um Entschädigungsleistungen zu erlangen,
nationalsozialistischen Unrechts (Entschädigungs- vor oder nach Inkrafttreten dieses Gesetzes un-
gesetz) erhält folgende Fassung (§§ 1 bis 103) und lauterer Mittel bedient oder wissentlich oder grob-
wird auf den Geltungsbereich des Grundgesetzes fahrlässig .unrichtige oder irreführende Angaben
erstreckt. über Grund oder Höhe des Schadens gemacht, ver-
ERSTER ABSCHNITT anlaßt oder zugelassen hat.
(2) Der Anspruch auf Entschädigung ist verwirkt,
Allgemeine Vorschriften wenn nach dem Inkrafttreten des Gesetzes einer der
Ausschließungsgründe. des § 1 Abs. 4 eintritt.
ERSTER TITEL
Anspruch auf Entschädigung § 3
(1) Die Grundsätze des bürgerlichen Rechtes über
§ 1
die Berücksichtigung mitwirkenden Verschuldens und
(1) Anspruch auf Entschädigung nach diesem Ge- über die Anrechnung eines im Zusammenhang mit
setz hat, wer in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum dem Schaden erlangten Vorteils finden sinngemäß
8. Mai 1945 (Verfolgungszeit) wegen seiner gegen Anwendung.
den Nationalsozialismus gerichteten politischen Uber-
(2) Ein mit der Verfolgung zusammenhängendes
zeugung, aus Gründen der Rasse, des Glauberis oder
Einverständnis des Verfolgten mit der schädigenden
der Weltanschauung (Verfolgungsgründe) durch
Maßnahme steht dem Anspruch auf Entschädigung
nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen verfolgt
nicht entgegen.
worden ist und hierdurch Schaden an Leben, Körper,
Gesundheit, Freiheit, Eigentum, Vermögen oder in (3) Für Schaden, der auch ohne die Verfolgung
seinem beruflichen und wirtschaftlichen Fortkommen entstanden wäre, wird keine Entschädigung gewährt,
erlitten hat (Verfolgter). soweit in diesem Gesetz nicht Abweichendes be-
stimmt ist.
(2) Der Verfolgung wegen politischer Dberzeugung
wird gleichgestellt eine Verfolgung, die darauf be- § 4
ruhte, daß der Verfolgte auf Grund eigener Ge- (1) Auf die Entschädigung nach diesem Gesetz sind
wissensentscheidung sich unter Gefährdung seiner Leistungen anzurechnen, die im Zuge der Entschädi-
Person aktiv gegen die Mißachtung der Menschen- gung für Opfer des Nationalsozialismus bewirkt
würde oder gegen die sittlich, auch durch den Krieg, worden sind. Unbeschadet des Satzes 1 sollen solche
nicht gerechtfertigte Vernichtung von Menschen- Leistungen, wenn sie für einen bestimmten Zeitraum
leben eingesetzt hat. oder für einen bestimmten Schadenstatbestand be-
(3) Nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen sind wirkt worden sind, auf die Entschädigung für diesen
solche Maßnahmen, die auf Veranlassung oder mit Zeitraum oder diesen Tatbestand angerechnet
Billigung einer Dienststelle oder eines Amtsträgers werden.
des Reichs oder eines Landes oder einer sonstigen (2) Stehen dem Berechtigten mehrere Ansprüche
Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen zu, die zu verschiedener Zeit befriedigt werden, so
Rechtes oder der NSDAP oder ihrer Gliederungen oder ist von der Anrechnung auf Leistungen, die zum
angeschlossenen Verbände aus den Verfolgungs- laufenden Lebensunterhalt oder zum Aufbau einer
gründen gegen den Verfolgten gerichtet worden sind. ausreichenden Lebensgrundlage erforderlich sind, in-
Eg wini ~-..s.~-;~~~;tG-!;1 daß solch~ Maßnahmen gegen den soweit abzusehen, als die Anrechnung auf spätere
Verfolgten gerichtet worden sind, wenn dl.eser zu ~eis~~7:;;:::: ~~währlei~t~t ist.
Nr. 62 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 21. September 1953 1389
§ 5 2. vor dem 1. Januar 1947 verstorben oder
Soweit Geldrenten nach diesem Gesetz zu leisten ausgewandert ist, deportiert oder ausge-
sind, werden sie vom Ersten des dem Inkrafttreten wiesen worden ist, aber seinen letzten in-
dieses Gesetzes folgenden Kalendermonats an in ländischen Wohnsitz oder dauernden Auf-
monatlich vorauszahlbaren Beträgen gewährt. enthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes
hatte;
§ 6 3. als Heimkehrer nach den Vorschriften des
(1) Geldansprüche für die Zeit vor der Währungs- Heimkehrergesetzes vom 19. Juni 1950
umstellung werden, soweit das Gesetz nicht Abwei- (Bundesgesetzbl. S. 221) in der Fassung des
chendes bestimmt, in Reichsmark berechnet und im Gesetzes zur Ergänzung und Änderung des
Verhältnis 10 : 2 in Deutsche Mark umgerechnet. Heimkehrergesetzes vom 30. Oktober 1951
(Bundesgesetzbl. I S. 875, 994) im Geltungs-
(2) Das Umrechnungsverhältnis 1O : 2 gilt auch bereich dieses Gesetzes seinen Wohnsitz
für die gemäß § 4 anzurechnenden Leistungen, sofern oder dauernden Aufenthalt genommen hat;
diese in Reichsmark bewirkt worden sind, und für
Reichsmarkbeträge, die nach anderen Bestimmungen 4. als Vertriebener im Sinne der §§ 1 und 2
dieses Gesetzes auf die Entschädigung anzurechnen des Bundesvertriebenengesetzes vom 19. Mai
sind. 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 201) im Geltungs-
bereich dieses Gesetzes seinen Wohnsitz
§ 7
oder dauernden Aufenthalt genommen hat;
(1) Entschädigungsansprüche nach diesem Gesetz
5. als Sowjetzonenflüchtling im Sinne des § 3
können nur geltend gemacht werden, soweit der
des Bundesvertriebenengesetzes vom 19. Mai
Anspruch auf Wiedergutmachung des Schadens sei-
1953 (Bundesgesetzbl. I S. 201) anerkannt
ner Rechtsnatur nach nicht unter besondere, im
ist und im Geltungsbereich dieses Gesetzes
Geltungsbereich dieses Gesetzes geltende Rechtsvor-
seinen Wohnsitz oder dauernden Aufent-
schriften zur Wiedergutmachung nationalsozialisti-
halt genommen hat;
schen Unrechts fällt. § 21 Abs. 3 bleibt unberührt.
Rechtsvorschriften im Sinne von Satz 1 sind insbe- 6. am 1. Januar 1947 sich in einem DP-Lager
sondere: im Geltungsbereich dieses Gesetzes aufhielt
die Rechtsvorschriften zur Rückerstattung feststell- und
barer Vermögensgegenstände; entweder
die Rechtsvorschriften für die Ubertragung von nach dem 31. Dezember 1946 aus dem Gel-
Organisationsvermögen; tungsbereich dieses Gesetzes ausgewandert
ist
die Rechtsvorschriften zur Regelung der Wieder-
oder
gutmachung nationalsozialistischen Unrechts für
Angehörige des öffentlichen Dienstes; als heimatloser Ausländer in die Zuständig-
keit der deutschen Behörden übergegangen
die Rechtsvorschriften zur Wiedergutmachung ist oder die deutsche Staatsangehörigkeit
nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialver-
erworben hat.
sicherung und in der Kriegsopferversorgung.
Soweit der Anspruch auf Wiedergutmachung des (2) Die Anspruchsvoraussetzungen des Absatzes 1
Schadens nur deshalb nicht unter besondere Rechts- gelten nicht, soweit für besondere Verfolgtengrup-
vorschriften im Sinne von Satz 1 und 3 fällt, weil pen (§§ 67 bis 76) Abweichendes bestimmt ist.
diese Vorschriften in ihrer räumlichen Geltung (3) Für Schäden an Grundstücken wird Entschädi-
beschränkt sind, können Entschädigungsansprüche gung ohne Rücksicht auf Wohnsitz oder dauernden
nach diesem Gesetz nicht geltend gemacht werden. Auf enthalt des Geschädigten gewährt, wenn das
Das gleiche gilt, wenn der Verfolgte seinen Anspruch Grundstück im Geltungsbereich dieses Gesetzes gele-
auf Grund besonderer Rechtsvorschriften im Sinne gen ist.
von Satz 1 und 3 wegen Fristversäumnis nicht mehr § 9
geltend machen kann.
(1) Ansprüche auf Entschädigung für Schäden, die
(2) Hat ein Gericht, das für Ansprüche nach auf nationalsozialistischen Gewaltmaßnahmen beru-
Absatz 1 zuständig ist, oder hat eine solche Behörde hen, können, unbeschadet des Absatzes 2, gegen die
in einer nicht mehr anfechtbaren Entscheidung auf in § 1 Abs. 3 aufgeführten Personen des öffentlichen
die Sache eine der in Absatz 1 aufgeführten beson- Rechtes nur nach den Vorschriften dieses Gesetzes
deren Vorschriften für anwendbar oder für nicht- geltend gemacht werden; die in§§ 7 und 104 genann-
anwendbar erklärt, so sind die Entschädigungs- ten Rechtsvorschriften bleiben unberührt.
organe an diese Beurteilung gebunden. Absatz 1
Satz 4 und 5 bleibt unberührt. (2) Ansprüche, die einem Verfolgten nach den
Vorschriften des bürgerlichen Rechtes gegen Körper-
schaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen
§ 8
Rechtes oder gegen Personen des privaten Rechtes
(1) Anspruch auf Entschädigung besteht, wenn der zustehen, werden durch die Vorschriften dieses Ge-
Verfolgte setzes nicht berührt. Sie gehen, soweit nach diesem
1. am 1. Januar 1947 seinen Wohnsitz oder Gesetz Entschädigung geleistet ist, auf das zuständige
dauernden Aufenthalt im Geltungsbereich Land über. Der Ubergang kann nicht zum Nachteil
dieses Gesetzes hatte; des Berechtigten geltend gemacht werden.
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ZWEITER TITEL § 12
Obergang und Ubertragung Der Anspruch auf Entschädigung kann, soweit
des Anspruchs auf Entschädigung nicht seine Ubertragung ausgeschlossen ist, nur mit
Genehmigung der zuständigen Entschädig~ngs-
§ 10
behörde abgetreten, verpfändet oder gepfändet
(1) Der Anspruch auf Entschädigung ist vererblich, werden.
soweit in diesem Gesetz nicht Abweichendes be- § 13
stimmt ist.
Entschädigungsrechtliche Ansprüche, die auf Grund
(2) Der Anspruch erlischt mit dem Tode des Ver- rück.ersta ttungsrech tlicher Vorschriften an den Rück-
folgten, wenn der Fiskus gesetzlicher Erbe .ist. Er erstattungspflichtigen abgetreten sind, bleiben einer
erlischt ferner, wenn der Verfolgte ausschließlich besonderen gesetzlichen Regelung vorbehalten.
von einer Person beerbt wird,
a) auf die der Anspruch nach dem offenkun-
digen Willen des Verfolgten nicht über- ZWEITER ABSCHNITT
gehen soll, Schadens ta tbes tände
b) die nach § 1 Abs. 4 keinen Anspruch auf ERSTER TITEL
Entschädigung hat.
Schaden an Leben, Körper, Gesundheit·
Der Anspruch erlischt nicht, wenn er auf Grund einer
und Freiheit
Zuwendung des Erblassers einer Person, bei der die
Erlöschensgründe des Satzes 2 nicht vorliegen, als § 14
Verm'ächtnis zusteht. Liegen die Erlöschensgründe
(1) Anspruch auf Entschädigung für Schaden am
des Satzes 2 beim Vermächtnisnehmer vor, so ist das
Leben besteht, wenn der Verfolgte vorsätzlich oder
Vermächtnis unwirksam.
leichtfertig getötet oder in den Tod getrieben wor-
(3) Wird der Erblasser von mehreren Erben beerbt den ist. Ist der Verfolgte während der Deportation
und liegen die Erlöschensgründe des Absatzes 2 nur oder während einer Freiheitsentziehung im Sinne
bei einem Teil der Erben vor, so gebührt der An- von § 16 Abs. 1, 2, 3 und 5 oder im unmittelbaren
spruch auf Entschädigung den übrigen Erben als Anschluß daran verstorben, so wird vermutet, daß
Voraus. Auf den Voraus sind die für Vermächtnisse er durch nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen
geltenden Vorschriften anzuwenden. vorsätzlich oder leichtfertig getötet oder in den Tod
(4) Ist der Verfolgte vor dem 1. Januar 1947 getrieben worden ist. § 1 Abs. 3 Satz 2 findet keine
verstorben, so steht der Anspruch auf Entschädigung Anwendung.
den Erben des Verfolgten zu. Der Anspruch gilt als (2) Voraussetzung für die Entschädigung ist, daß
zum Nachlaß des Verfolgten gehörig. Der Anspruch der Verfolgte die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1
besteht nicht, wenn der Erbe weder Ehegatte des Nr. 2 erfüllt hat oder daß auf den Hinterbliebenen
Verfolgten ist noch im Falle der gesetzlichen Erb- (Absatz 3) die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 zu-
folge zu den gesetzlichen Erben der ersten oder treffen.
zweiten Ordnung gehören würde. Ist der Verfolgte
(3) Die Entschädigung wird als Geldrente folgen-
von mehreren Erben beerbt worden und liegen nur
den Hinterbliebenen geleistet:
bei einem Teil von ihnen die Voraussetzungen des
Satzes 3 vor, so ist Absatz 3 entsprechend anzuwen- 1. der Witwe bis zu ihrer Wiederverheiratung
den. Ist auch der Erbe des Verfolgten vor dem oder bis zu ihrem Tode;
1. Januar 1947 verstorben, so steht der Anspruch des- 2. dem Witwer bis zu seiner Wiederverhei-
sen Erben zu. Der Anspruch gelangt nicht zur Ent- ratung oder bis zu seinem Tode, wenn und
stehung, wenn der Erbeserbe weder der Ehegatte soweit er außerstande ist, sich selbst zu
des Verfolgten noch ein Abkömmling des Verfolg- unterhalten;
ten oder ein Abkömmling der Eltern des Verfolgten 3. den Kindern, soweit und solange für sie
ist. Satz 4 gilt sinngemäß. nach Beamtenrecht Kinderzuschläge gewährt
werden können, und bis zur Vollendung
§ 11 des 16. Lebensjahres den elternlosen·Enkeln,
die der Verfolgte zur Zeit seines Todes
Wäre eine juristische Person, eine Anstalt, ein unentgeltlich unterhalten h?-t, oder die er,
nichtrechtsfähiger Verein oder eine nichtrechtsfähige wenn er noch lebte, unterhalten würde;
Gesellschaft des bürgerlichen Rechtes oder des Han-
4. Verwandten der aufsteigenden Linie, deren
delsrechts, die aus Verfolgungsgründen aufgelöst
Lebensunterhalt ganz oder überwiegend im
oder zur Auflösung gezwungen worden ist, entschä-
Zeitpunkt seines Todes durch den Verfolg-
digungsberechtigt, so kann der Anspruch auf Ent-
ten bestritten wurde oder, wenn er noch
schädigung von derjenigen juristischen Person, An-
lebte, von ihm bestritten würde, auf die
stalt, dem nichtrechtsfähigen Verein oder der nicht-
Dauer der Bedürftigkeit.
rechtsfähigen Gesellschaft des bürgerlichen Rechtes
oder des Handelsrechts geltend gemacht werden, Anspruch und Anwartschaft auf die Geldrente sind
die nach ihrer Verfassung, Zusammensetzung, weder übertragbar noch vererblid:1.
Zweckbestimmung oder organisatorischen Stellung (4) Die Geldrenten werden in einem Hundertsatz
und nach ihrer tatsächlichen Betätigung als Nach- der Versorgungsbezüge festgesetzt, die der Witwe,
folgerin der auf gelösten anzusehen ist. den Kindern, Enkeln und Verwandten der aufstei-
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genden Linie eines mit dem Verfolgten nach seiner Hinterbliebenenrenten eine Besoldungsübersicht auf-
wirtschaftlichen .und sozialen Stellung vergleichbaren stellen, welche die durchschnittlichen ruhegehalt-
Beamten einer Besoldungsgruppe mit aufsteigenden fähigen Dienstbezüge (Grundgehalt und Wohnungs-
Gehältern im Falle seines durch Dienstunfall herbei- geld) der Bundesbeamten des einfachen, mittleren
geführten Todes nach den beamtenrechtlichen Vor- gehobenen und höheren Dienstes, nach Lebensalters-
schriften über die Unfallfürsorge der Beamten ge- stufen gegliedert, ausweist. Auf der Grundlage dieser
währt würden. Die wirtschaftliche Stellung ist nach Ubersicht ist die Einreihung des Verfolgten in eine
dem Durchschnittseinkommen des Verfolgten in den vergleichbare Beamtengruppe vorzunehmen. Für die
letzten drei Jahren vor seinem Tode zu beurteilen; Bestimmung des Hundertsatzes des Ruhegehalts, der
eine Minderung seines Einkommens durch vorausge- als Rente zu zahlen ist, können im Hinblick auf die
gangene Verfolgung bleibt außer Betracht. Der Hun- Grundsätze des Absatzes 4 Pauschsätze aufgestellt
dertsatz ist unter Berücksichtigung der wirtschaft- werden ..
lichen und sozialen Verhältnisse der Berechtigten, § 15
der Steuerfreiheit der Geldrenten (Absatz 8) sowie (1) Der Verfolgte hat Anspruch auf Entschädigung,
der Beträge festzusetzen, die der Versorgungs- wenn er an seinem Körper oder an seiner Gesund-
empfänger zu erwerben unterläßt, obwohl ihm der heit nicht unerheblich geschädigt wurde. § 14 Abs. 1
Erwerb zuzumuten ist. Bei wesentlicher Änderung Satz 2 gilt entsprechend. Als unerheblich gelten Schä-
der der Festsetzung zugrunde liegenden Verhält- den, die wed~r die geistige noch die körperliche
nisse ist der Hundertsatz neu festzusetzen. Bei der Leistungsfähigkeit des Verfolgten nachhaltig ge-
Berechnung der Renten ist vorn Inkrafttreten dieses mindert haben und voraussichtlich auch nicht
Gesetzes an die jeweilige Höhe der gesetzlichen mindern werden. § 1 Abs. 3 Satz 2 findet keine An-
Versorgungsbezüge vergleichbarer Beamtengruppen wendung.
zugrunde zu legen; hat der Hinterbliebene bei
(2) Als Entschädigung wird geleistet:
Inkrafttreten dieses Gesetzes noch keine Rentenzah-
lungen erhalten, so sind ab 1. April 1952 die jeweils 1. ein Heilverfahren nach Maßgabe der be-
eingetretenen gesetzlichen Änderungen der Versor- amtenrechtlichen Vorschriften über die Un-
gungsbezüge vergleichbarer Beamtengruppen zu fallfürsorge;
berücksichtigen. Der Witwer erhält im Falle des Ab- 2. im Falle und für die Dauer einer Beeinträch-
satz.es 3 Nummer 2 je nach dem Grade seiner Bedürf- tigung der Erwerbsfähigkeit um mindestens
tigkeit eine Rente von monatlich 100 bis 200 Deutsche 30 vom Hundert vorn Inkrafttreten dieses
Mark. Gesetzes an eine nach Absatz 3 bis 5 festzu-
setzende Geldrente;
(5) Der monatliche Mindestbetrag der Rente
beträgt: 3. für die Zeit zwischen der Beeinträchtigung
der Erwerbsfähigkeit und dem Beginn der
für die Witwe 200 DM
Geldrente eine nach den Grundsätzen der
für die Vollwaise 100 DM Absätze 3 und 4 festzusetzende Kapital-
für die erste und zweite Halbwaise, entschädigung;
wenn keine Witwenrente gewährt wird, je 75 DM 4. Fürsorge für die Hinterbliebenen nach
wenn eine Witwenrente gewährt wird, je 55 DM näherer Bestimmung des Absatzes 6.
für die dritte und jede folgende Halbwaise, Anspruch und Anwartschaft auf die Geldrente sind
je 50DM. weder übertragbar noch vererblich.
(6) Die Geldrenten nach Absatz 3 bis 5 ruhen, (3) Die Geldrente ist in einem Hundertsatz des
soweit und solange dem Versorgungsempfänger Diensteinkommens (Grundgehalt und Wohnungs-
Versorgungsbezüge oder sonstige laufende Leistun- geld) eines mit dem Verfolgten vergleichbaren Be-
gen, die nicht ausschließlich auf eigenen Geldlei- amten in einer Besoldungsgruppe mit aufsteigenden
stungen des Verfolgten beruhen, auf Grund eines Gehältern festzusetzen. Bei der Bemessung des
Dienst- oder Arbeitsverhältnisses des Verfolgten Hundertsatzes sind die persönlichen, wirtschaftlichen
oder nach dem Bundesversorgungsgesetz oder auf und sozialen Verhältnisse des Verfolgten, ins-
Grund anderer gesetzlicher, insbesondere sozial- besondere seine nachhaltigen Einkünfte einschließ-
versicherungsrechtlicher Vorschriften gewährt wer- lich etwaiger Versorgungsbezüge und Leistungen
den. nach dem Bundesversorgungsgesetz und aus der ge-
(7) Für die zwischen dem Tode des Verfolgten und setzlichen Sozialversicherung sowie jener Beträge,
dem Beginn der Rentengewährung liegende Zeit die zu erwerben er unterläßt, obwohl ihm der Erwerb
wird den in Absatz 3 genannten Hinterbliebenen zuzumuten ist, der Grad seiner Erwerbsbeschränkung
eine nach den Grundsätzen der Absätze 4 und 6 zu und seiner Belastung mit der Sorge für unterhalts-
berechnende Kapitalentschädigung gewährt. berechtigte Angehörige sowie die Steuerfreiheit der
Geldrenten (Absatz 7) angemessen zu berücksichtigen.
(8) Die Geldrenten und die Kapitalentschädi- Die wirtschaftliche Stellung ist nach dem Durch-
gungen sind von der Einkommen- und Lohnsteuer schnittseinkommen des Verfolgten in den letzten drei
befreit. Jahren vor Beginn der gegen ihn ger~chteten Verfol-
(9) Die Bundesregierung wird ermächtigt, zur gungsmaßnahmen zu beurteilen; eine Minderung
Durchführung s-sr vox:stehende11 BestimmunQen seines Einkommens durch vorausgegangene Verfol-
Rechtsverordnungen zu erlassen. Bferbei kann sie gung b1efbt düg~ ~~~:~~~- ~:! '::~~~:!!~~~ ~S=.
als Berechnungsgrundlage für die sich nach Maß- rung der der Festsetzung zugrunde liegenden Ver-
gabe der vorstehenden Vorschriften ergebenden hältnisse ist der Hundertsatz neu festzusetzen.
1392 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
(4) Die dem Verfolgten zu zahlende Geldrente be- § 16
trägt bei einer Beeinträchtigung der Erwerbsfähig-
keit (1) Der Verfolgte hat Anspruch auf Entschädigung
für Freiheitsentziehung, gleichgültig, ob diese inner-
von 30 bis 39 v. H. halb oder außerhalb des Geltungsbereichs dieses
mindestens 15 und höchstens 40 v. H. Gesetzes stattgefunden hat. § 1 Abs. 3 Satz 2 findet
von 40 bis 49 v. H. keine Anwendung.
mindestens 20 und höchstens 45 v. H. (2) Freiheitsentziehung sind insbesondere polizei-
von 50 bis 59 v. H. liche oder militärische Haft, Inhaftnahme durch die
mindestens 25 und höchstens 50 v. H. NSDAP, Untersuchungshaft, Strafhaft, Konzen-
von 60 bis 69 v. H. trationslagerhaft, Ghettoeinweisung und Zuweisung
mindestens 30 und höchstens 55 v. H. zu einer Wehrmachtsstrafeinheit.
von 70 bis 79 v. H. (3) Der Freiheitsentziehung wird Zwangsarbeit
mindestens 35 und höchstens 60 v. H. gleichgeachtet, sofern der Verfolgte dabei unter
von 80 und mehr v. H. haftähnlichen Bedingungen gelebt hat.
mindestens 40 und höchstens 70 v. H. (4) Der Freiheitsentziehung wird es auch gleich-
des Diensteinkommens, das dem Verfolgten bei geachtet, wenn der Verfolgte im Reichsgebiet nach
der Einreihung gemäß Absatz 3 am 1. Mal 1949 zu- dem Stande vom 31. Dezember 1937 unter haft-
gestanden hätte. Der Mindestsatz kann unterschritten ähnlichen oder menschenunwürdigen Bedingungen
werden, wenn und soweit der Verfolgte es unter- in der Illegalität gelebt hat.
läßt, einem ihm nach seinen sozialen Verhältnissen (5) Hat die Freiheitsentziehung im Zusammen-
und seinen körperlichen und geistigen Fähigkeiten hang mit einer strafgerichtlichen Verurteilung statt-
zumutbaren Erwerb nachzugehen. gefunden, so ist Voraussetzung für einen Anspruch
(5) Der monatliche Mindestbetrag der Rente auf Entschädigung, daß die Verurteilung im Wieder-
beträgt bei einer Beeinträchtigung der Erwerbs- aufnahmeverfahren oder nach Rechtsvorschriften,
fähigkeit die die Wiedergutmachung nationalsozialistischen
Unrechts zum Gegenstand haben, aufgehoben oder
von 30 bis 39 v. H. 100 DM geändert worden ist. Für die Zwecke dieses Gesetzes
von 40 bis 49 v. H. 125 DM kann ein Antrag nach, den genannten Rechtsvor-
schriften bis zum 1. Oktober 1955 gestellt werden,
von 50 bis 59 v. H. 150 DM auch wenn die Fristen bei Inkrafttreten dieses Ge-
von 60 bis 69 v. H. 175 DM setzes abgelaufen sind oder vor dem l. Oktober 1955
ablaufen.
von 70 bis 79 v. H. 200 DM
von 80 und mehr v. H. 250 DM. (6) Aufhebung oder Änderung einer strafgericht-
lichen Verurteilung ist nachzuweisen durch die ge-
Hat• der Verfolgte bei Inkrafttreten dieses Gesetzes richtliche Entscheidung, durch welche die Verurteilung
das 65. Lebensjahr vollendet und ist er in seiner aufgehoben oder geände.rt worden ist. Im Falle einer
Erwerbsfähigkeit um mindestens 50 vom Hundert Aufhebung oder Änderung kraft Gesetzes ist die Be-
gemindert, so erhält er eine Mindestrente von scheinigung der nach den in Absatz 5 genannten
250 Deutsche Mark. Bei weiblichen Verfolgten tritt Rechtsvorschriften zuständigen Gerichte oder Be-
an Stelle der Vollendung des 65. Lebensjahres die hörden vorzulegen.
Vollendung des 60. Lebensjahres.
(6) Ist der Verfolgte an den Folgen der Schädi- § 17
gung seines Körpers oder• seiner Gesundheit ver-
storben, so erhalten s-eine Hinterbliebenen Lei- (1) Die Entschädigung nach § 16 wird als Kapital-
stungen nach Maßgabe des § 14 Abs. 3 bis 7. entschädigung geleistet. Sie beträgt 150 Deutsche
Mark für jeden vollen Monat der Haftzeit. Als Haft-
(7) § 14 Abs. 8 gilt auch für die Leistungen nach monate gelten die in Haft verbrachten vollen Ka-
Absatz 2 bis 6. lendermonate sowie je 30 Hafttage der nur teilweise
in Haft verbrachten Kalendermonate; mehrereHaft-
(8) Die Bundesregierung wird ermächtigt, zur zeiten werden zusammengerechnet.
Durchführung der vorstehenden Bestimmungen
Rechtsverordnungen zu erlassen. Hierbei kann sie als (2) Der Anspruch auf Entschädigung für Freiheits-
Berechnungsgrundlage für die sich nach Maßgabe entziehung ist nicht übertragbar und nur nach Satz 2
der vorstehenden Bestimmungen ergebenden Ver- vererblich. Stirbt der Verfolgte nach Inkrafttreten
folgtenrenten eine Besoldungsübersicht aufstellen, dieses Gesetzes, so ist der Anspruch auf Entschädi-
welche das durchschnittliche Diensteinkommen gung für Freiheitsentziehung vererblich, wenn der
(Grundgehalt - und Wohnungsgeld) der Bundes- Verfolgte von seinem Ehegatten, seinen Kindern
bea.11ten des einfachen, mittleren, gehobenen und oder seinen Eltern beerbt wird und wenn die Ver-
höheren Dienstes, nach Lebensaltersstufen geglie- -erbung des Anspruchs wegen des Zusammenhangs
dert, ausweist. Auf der Grundlage dieser Ubersicht des Todes des Verfolgten mit der Verfolgung oder
ist die Einreihung des Verfolgten unter Berücksichti- wegen der Bedürftigkeit der Erben billig erscheint.
gung der Grundsätze des Absatzes 3· in eine ver- Ist der Verfolgte vor dem Inkrafttreten dieses Ge-
gleichbare Beamtengruppe vorzunehmen. setzes, aber nach dem 8. Mai 1945 verstorben, so steht
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der Anspruch auf Entschädigung für Entziehung der (2) Als Sonderabgabe gilt auch der Verlust, der
Freiheit seinen Erben nur zu, wenn die Voraus- dem Verfolgten aus der Aufzwingung eines als
setzungen des Satzes 2 vorliegen. Heimeinkaufsvertrag bezeichneteL Scheingeschäfts
(3) Die Entschädigung für Freiheitsentziehung ist entstanden ist. Abgaben an die Deutsche Gold-
von der Einkommen- und Lohnsteuer, der Anspruch diskontbank für die Erlangung der Genehmigung
auf diese Entschädigung ist beim Ubergang im Erb- zur Ausfuhr von Umzugsgut sind als Sonderabgaben
wege (Absatz 2) von der Erbschaftsteuer befreit. anzusehen, wenn der Verfolgte aus Verfolgungs-
gründen genötigt war, in der Verfolgungszeit aus-
zuwandern.
ZWEITER TITEL (3) Ist die Sonderabgabe mittels eines der Rück-
Schaden an Eigentum und Vermögen erstattung unterliegenden Vermögensgegenstandes
oder aus dem Erlös desselben entrichtet worden, so
§ 18 hat der Verfolgte Anspruch auf den Unterschieds-
(1) Der Verfolgte hat Anspruch auf Entschädigung betrag zwischen dem Wert der im Rückerstattungs-
für Schaden an Eigentum, wenn eine ihm im Zeit- verfahren zuerkannten Ansprüche und dem Betrag,
punkt der Schädigung gehörende Sache im Reichs- der ihm nach den Vorschriften dieses Gesetzes für
gebiet nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 zer- die entrichteten Sonderabgaben zustehen würde.
stört, verunstaltet.oder der Plünderung preisgegeben (4) Auf die nach Absatz 1 bis 3 zu erstattenden
wurde. Der Verfolgte hat auch Anspruch auf Ent- Beträge können rückständige Steuern oder öffent-
schädigung, wenn er, um Verfolgungsmaßnahmen zu liche Abgaben, die nicht zu den Sonderabgaben im
entgehen, ins Ausland geflohen oder ausgewandert Sinne von Absatz 1 und 2 gehören, angerechnet
ist und hierbei ihm gehörende Sachen im Stich werden, auch wenn sie bereits verjährt sind.
lassen mußte.
(5) Der Verfolgte hat Anspruch auf Entschädigung
(2) Als Preisgabe zur Plünderung ist es insbeson- für Reichsfluchtsteuer, wenn er aus Verfolgungs-
dere anzusehen, gründen genötigt war, in der Verfolgungszeit aus-
a) wenn dem Verfolgten gehörende Sachen zuwandern. Steuerbeträge bis zu 50 000 Reichsmark
von Personen, die obrigkeitliche Befugnisse werden gemäß § 6 Abs. 1 umgerechnet. Uber den Be-
ausübten oder sich anmaßten, an eine trag von 50 000 Reichsmark hinausgehende Steuer-
Menschenmenge verteilt wurden; beträge werden im Verhältnis 10: 1 umgerechnet;
b) wenn der Verfolgte seiner Freiheit unter hierfür wird Entschädigung bis zum Höchstbetrag
solchen Umständen beraubt wurde, daß von 30 000 Deutsche Mark geleistet. Stehen dem
seine Sachen ohne eine die Interessen des Verfolgten andere Ansprüche aus diesem Titel oder
Verfolgten wahrende Aufsicht blieben. aus dem Dritten Titel dieses Abschnitts 'zu, so wer-
den die entsprechenden Entschädigungsleistungen
bis zum Höchstbetrag von 10 000 Deutsche Mark auf
§ 19
den Anspruch nach Satz 3 angerechnet.
Steht hinsichtlich einer in § 18 Abs. 1 genannten
Sache einer auf Grund rückerstattungsrechtlicher § 22
Vorschriften errichteten Nachfolgeorganisation ein (1) Geldstrafen, Bußen und Kosten, die auf Grund
Anspruch auf Rückerstattung oder auf Ubertragung einer im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder im
der Sache nach den Vorschriften zur Rückerstattung Herkunftsgebiet der in § 8 Abs. 1 Nr. 4 und 5 auf-
feststellbarer Vermögensgegenstände oder den Vor- geführten Personen erfolgten Verurteilung gezahlt
schriften für die Ubertragung von Organisations- oder beigetrieben worden sind, sind dem Verfolgten
vermögen zu, so ist diese Nachfolgeorganisation unter den Voraussetzungen des § 16 Abs. 5 zu er-
auch berechtigt, den Entschädigungsanspruch nach statten.
§ 18 geltend zu machen.
(2) Notwendige außergerichtliche Kosten sind, im
Falle der Aufhebung ganz, bei Änderung des Urteils ,
§ 20 zu einem angemessenen Teil zu erstatten. Gebühren
Hat der Verfolgte durch Zerstörung, Verunstaltung und Auslagen eines Rechtsanwalts, die nach den
oder Preisgabe zur Plünderung oder dadurch, daß er Vorschriften der Gebührenordnung für Rechts-
Hausrat im Stich lassen mußte, seinen Hausrat ein- anwälte erstattungsfähig sind, gelten in jedem Falle
gebüßt, so kann er an Stelle der Entschädigung nach als notwendige außergerichtliche Kosten im ?inne
§ 18 eine Pauschalabgeltung verlangen. Sie beträgt, von Satz 1..
1 : 1 in Deutsche Mark umgerechnet, das Eineinhalb- (3) Ist ein Verfolgter einer Handlung beschuldigt
fache seines im Jahre 1932 erzielten Reineinkom- worden, die allein nach nationalsozialistischer Auf-
mens, höchstens jedoch 5000 Deutsche Mark. fassung strafbar war, so werden auch die notwen-
digen Kosten der durch die Beschuldigung erwach-
§ 21 senen Verteidigung erstattet. Absatz 2 Satz 2 findet
(1) Der Verfolgte hat Anspruch auf Entschädigung sinngemäß Anwendung.
für entrichtete Sonderabgaben, die ihm durch Ver-
§ 23
folgungsmaßnahmen oder durch Rechtsvorschriften,
die aus Verfolgungsgründen erlassen wurden, auf- (1) Der Verfolgte, der in seinem im Reichsgebiet
erlegt worden sind. nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 belegenen
1394 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
Vermögen schwer geschädigt wurde, hat Anspruch zuerst genannten Ansprüche außer Betracht, daß der
auf Entschädigung. Einer Schädigung nach Satz 1 Verfolgte wegen des Schadens an Körper und Ge-
steht eine besonders schwere Schädigung gleich, die sundheit nicht voll leistungsfähig war. Ansprüche
durch Sondermaßnahmen gegen die in § 1 Abs. 1 wegen Schaden an Körper und Gesundheit bestehen
und 2 bezeichneten Personenkreise herbeigeführt in diesem Falle nur insoweit, als der Schaden nicht
worden ist. Als Schädigung durch Sondermaßnahmen durch Entschädigung nach den folgenden Bestim-
ist insbesondere Boykott anzusehen. mungen ausgeglichen wird.
(2) Hat eine Auswanderung zu einem besonders (3) Der Aufwand zugunsten des Verfolgten für
schweren Transferverlust geführt, so ist auch für Kapitalentschädigungen nach diesem Titel darf ins-
diesen Schaden Entschädigung zu leisten, wenn der gesamt 25 000 Deutsche Mark nicht übersteigen.
Verfolgte aus Verfolgungsgründen in der Verfol-
gungszeit genötigt war, auszuwa.ndern.
2.
(3) Für Vermögensschäden, die durch Schaden an
Eigentum oder durch Zahlung von Sonderabgaben Selbständige Berufe
oder Reichsfluchtsteuer eingetreten sind, wird Ent-
§ 26
schädigung nur nach §§ 18, 20 und 21 gewährt.
Der Verfolgte hat Anspruch auf Entschädigung,
§ 24 wenn er aus seiner selbständigen Erwerbstätigkeit,
(1) Die Entschädigung nach §§ 18, 20 und 23 darf einschließlich land- und forstwirtschaftlicher oder
für den einzelnen Verfolgten insgesamt den Betrag gewerblicher Tätigkeit, verdrängt oder in ihrer Aus-
von 75 000 Deutsche Mark nicht überschreiten. Die übung wesentlich beschränkt worden ist.
Höchstsumme gilt auch, wenn dem Verfolgten teils
§ 27
allein, teils auf Grund seiner Zugehörigkeit zu einer
Gesamthands- oder Bruchteilsgemeinschaft, die (1) Der Verfolgte hat Anspruch darauf, daß ihm
weder einen nichtrechtsfähigen Verein noch eine die Wiederaufnahme seiner früheren oder die Auf-
nichtrechtsfähige Gesellschaft des bürgerlichen nahme einer gleichwertigen Tätigkeit durch Ertei-
Rechts oder des Handelsrechts darstellt, Entschädi- lung der erforderlichen Genehmigungen, Zulassun-
gungsansprüche zustehen. gen und Bezugsberechtigungen ermöglicht wird. Das
(2) Die Höchstsumme des Absatzes 1 gilt nicht für gleiche gilt entsprechend für Verfolgte, die trotz
Ansprüche der in § 19 genannten Nachfolgeorgani- abgeschlossener Berufsausbildung eine dieser Aus-
sationen. Zu Gunsten von verfolgten Religions- bildung entsprechende Tätigkeit nicht aufnehmen
gesellschaften oder verfolgten Personenvereini- konnten.
gungen, die überwiegend karitativen Zwecken (2) Der Verfolgte, der vor dem 4. September 1939
dienen, kann die Höchstsumme überschritten werden, als Arzt, Zahnarzt oder Dentist zur Kassenpraxis
soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforder- nach deutschen Vorschriften zugelassen war und noch
lich ist. Dies gilt auch im Falle der Auflösung nicht wieder zugelassen ist, gilt weiterhin als zur
solcher Religionsgemeinschaften oder Personen- Kassenpraxis zugelassen. Er hat sich innerhalb einer
vereinigungen zu Gunsten ihrer Nachfolger. Frist von sechs Monaten nach Inkrafttreten dieses
Gesetzes oder nach der Rückkehr aus dem Ausland
bei dem für seinen Wohnsitz oder den Ort seines
DRITTER TITEL dauernden Aufenthalts zuständigen Zulassungsaus-
schuß zwecks Wiederaufnahme der Kassenpraxis
Schaden im beruflichen zu melden. Der Zulassungsausschuß hat einem Ver-
und wirtschaftlichen Fortkommen folgten, der sich fristgemäß gemeldet hat, unver-
1. züglich ohne Rücksicht auf die Zahl der im Zu-
lassungsbezirk bereits zugelassenen und ohne An-
Grundsatz rechnung auf die Verhältniszahl einen Tätigkeits-
§ 25 bereich zuzuweisen. Der Verfolgte, der als Arzt,
(1) Der Verfolgte hat Anspruch auf Entschädigung
Zahnarzt oder Dentist nicht zur Kassenpraxis zu-
für Schaden im beruflichen und wirtschaftlichen Fort- gelassen war, obwohl er die persönlichen und
kommen, wenn er im Zuge einer im Reichsgebiet fachlichen Voraussetzungen erfüllt hatte, ist zur
nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 oder im Kassenpraxis zuzulassen.
Falle des § 8 Abs. 1 Nr. 4 im Vertreibungsgebiet (3) Durch die Vorschriften der Absätze 1 und 2
begonnenen Verfolgung in seinem beruflichen und bleiben die Bestimmungen über die persönlichen und
wirtschaftlichen Fortkommen nicht nur geringfügig fachlichen Voraussetzungen, von denen der Zugang
benachteiligt wurde. Der Anspruch besteht ins- zu bestimmten Berufen abhängig gemacht ist, unbe-
besondere dann, wenn die Benachteiligung in An- rührt. Für die Zulassung zu einem Verkehrsgewerbe
wendung von Ausnahmegesetzen, die sich gegen finden die Bestimmungen über die Prüfungen des
Verfolgte richteten, erfolgt ist. öffentlichen Verkehrsbedürfnisses im Straßenver-
(2) Hat der Verfolgte für denselben Zeitraum An- kehr Anwendung.
sprüche auf Entschädigung für Schaden im beruf- (4) Der Verfolgte hat Anspruch darauf, daß er von
lichen und wirtschaftlichen Fortkommen und An- einer inzwischen eingeführten Prüfung befreit wird,
sprüche auf Entschädigung für Schaden an Körper sofern nicht ein unabweisliches öffentliches Interesse
und Gesundheit, so bleibt bei der Bemessung der entgegensteht.
Nr. 62 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 21. September 1953 1395
(5) Uber die Erteilung der Genehmigungen, Zulas- (3) Das zusätzliche Darlehen beträgt höchstens
sungen, Bezugsberechtigungen · und Befreiungen 20 000 Deutsche Mark.
entscheidet, unbeschadet der Vorschrift des Absat- (4) § 28 Abs. 3 findet sinngemäß Anwendung mit
zes 2, die fachlich zuständige oberste Landesbehörde. der Einschränkung, daß das zusätzlid1e Darlehen
zinslos gewährt wird.
§ 28 § 30
(1) Dem Verfolgten sind zinslose oder zinsverbil- (1) Dem in seiner selbständigen Erwerbstätigkeit
ligte Darlehen zur Verfügung zu stellen, soweit für geschädigten Verfolgten wird für die Zeit der Ver-
die Wiederaufnahme seiner früheren oder die Auf- drängung aus oder der Beschränkung in seiner beruf-
nahme einer gleichwertigen selbständigen Erwerbs- lichen Tätigkeit eine Entschädigung gewährt. Die
tätigkeit Geldmittel benötigt werden, die er sich Entschädigung besteht in einer Kapitalentschädigung
nicht anderweitig beschaffen kann. Dies gilt ent- oder in einer Rente.
sprechend im Falle des § 27 Abs. 1 Satz 2.
(2) Die Entschädigung wird nicht über den Zeit-
(2) Der Höchstbetrag des Darlehens beträgt punkt hinaus gewährt, in dem der Verfolgte seine
30000 Deutsche Mark. frühere Tätigkeit in vollem Umfange aufgenommen
(3) Der Darlehensvertrag ist nach Maßgabe der oder in dem er sich einem anderen Beruf zugewandt
folgenden Bedingungen abzuschließen: hat, der ihm eine ausreichende Lebensgrundlage
bietet. Es wird vermutet, daß dies am 1. Januar 1947
1. die Darlehnssumme ist in der Regel mit
der Fall war, sofern der Verfolgte zu diesem Zeit-
3 vom Hundert jährlich zu verzinsen;
punkt seinen Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt
2. die Tilgung erfolgt nach zwei tilgungsfreien im Geltungsbereich dieses Gesetzes hatte.
Jahren, spätestens im Verlaufe weiterer
zehn Jahre; (3) Als ausreichend ist eine Lebensgrundlage anzu-
sehen, die dem Verfolgten und seinen mit ihm in
3. das Darlehen ist nach Möglichkeit zu häuslicher Gemeinschaft lebenden unterhaltsberech-
sichern, insbesondere durch Sicherungs- tigten Familienangehörigen nachhaltig eine Lebens-
übereignung von Gegenständen, die aus haltung ermöglicht, die Personen mit gleicher oder
dem Darlehen beschafft werden; ähnlicher Berufsausbildung in der Regel haben.
4. der Darlehnsnehmer ist verpflichtet, jähr-
(4) Soweit in einer Wiedergutmachungsleistung
lich über die Verwendung des Darlehens
für Schäden an Eigentum oder an Vermögen nach
Auskunft zu erteilen. Auf Verlangen hat er
den in § 7 genannten Rechtsvorschriften oder nach
Einsicht in seine Geschäftsgebarung, insbe-
§§ 18, 20 und 23 bereits ein Ausgleich der durch die
sondere in seine Geschäftsbücher zu gestat-
Verdrängung oder Beschränkung eingetretenen Ein-
ten. Von einer Verschlechterung seiner kommensminderung enthalten ist, findet Absatz 1
beruflichen und wirtschaftlichen Verhält-
keine Anwendung.
nisse, welche die Rückzahlung des Dar-
lehens gefährden könnte, hat er unverzüg- § 31
lich Anzeige zu machen; (1) Als Kapitalentschädigung erhält der Verfolgte
~ 5. das Darlehen kann aus einem in der Per- den Betrag, der den Versorgungsbezügen entspricht,
son oder in den Verhältnissen des Dar- die einem vergleichbaren Beamten für die Zeit von
lehnsnehmers liegenden wichtigen Grund seiner Entlassung bis zur Wiedereinstellung zuge-
fristlos gekündigt werden. standen hätten, wenn er im Zeitpunkt der Entlassung
in den Ruhestand versetzt worden wäre, mindestens
aber zwei Drittel der vergleichbaren letzten Dienst-
§ 29 bezüge. Hierbei ist zu Gunsten des Verfolgten eine
(1) Muß der Verfolgte die Tätigkeit unter beson·- fehlende Alters- und Hinterbliebenenversorgung
ders erschwerenden Bedingungen aufnehmen und zu berücksichtigen.
können aus diesem Grunde ertraglose Anfangs- (2) Von der Summe der nach Absatz 1 errechneten
aufwendungen durch das gewährte Darlehen nicht Versorgungsbezüge ist die Summe des durch ander-
hinlänglich ausgeglichen werden, so erhält er ein weitige Verwertung der Arbeitskraft des Verfolgten
zusätzliches Darlehen, auf dessen Rückzahlung bei erzielten Einkommens abzuziehen, soweit sie zusam-
nachweisbar ordnungsmäßiger Verwendung ver- men mit der Summe der Versorgungsbezüge die
zichtet werden kann. Summe der Dienstbezüge eines vergleichbaren
(2) ·Besonders erschwerende Bedingungen im Beamten übersteigt.
Sinne des Absatzes 1 können insbesondere dann
§ 32
vorliegen, wenn der Verfolgte seine Tätigkeit mehr
als zehn Jahre hatte unterbrechen müssen, wenn (1) Der Zeitraum, für den die Kapitalentschädi-
er sie an einem anderen Ort als dem früheren auf- gung gewährt werden kann, endet spätestens mit
nehmen muß, wenn er sein Geschäftsvermögen ein- Vollendung des 70. Lebensjahres des Verfolgten
gebüßt hat und es auch im Wege der Rüdrnrstattung oder im Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitsunfähig-
nicht in ausreichendem Maße zurückerlangen kann, keit. Der Arbeitsunfähigkeit ist eine Beeinträch-
wenn die Verfolgung den Kreis seiner Geschäfts- tigung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 80 vom
freunde besonders stark verringert hat, oder wenn Hundert gleichzuachten.
ihm das inzwischen erreichte Alter die Aufnahme (2) Bestehen nach rechtskräftiger Entscheidung
seiner Tätigkeit in ungewöhnlichem Maße erschwert. über die Kapitalentschädigung die Voraussetzungen
1396 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
für die Gewährung einer Entschädigung nach § 30 § 36
Abs. 1 und 2 fort, so wird der der Berec;::hnung der (1) Die Entschädigung wird als Kapitalentschädt-
Kapitalentschädigung zugrunde gelegte monatliche gung oder als Rente gewährt.
Entschädigungsbetrag als Rente solange weiterge-
währt, bis der Höchstbetrag (§ 25 Abs. 3) erreicht (2) Für die Kapitalentschädigung gelten die Vor-
ist. Absatz 1 findet Anwendung. schriften der §§ 30, 31 und 32 Abs. 1 entsprechend
(3) Außer dem durch anderweitige Verwertung
§ 33 der Arbeitskraft erzielten Einkommen sind Leistun-
(1) Der Verfolgte kann an Stelle einer Kapitalent- gen anzurechnen, die aus Mitteln der Arbeitslosen-
schädigung eine seiner früheren Lebensstellung versicherung oder Arbeitslosenfürsorge gewährt
entsprechende angemessene Rente wählen. Voraus- wurden. Ferner sind Kapitalabfindungen, Zuwendun-
setzung für dieses Wahlrecht ist, daß der Verfolgte gen, Unterhaltsbeiträge oder ähnliche Leistungen
anzurechnen, die der Verfolgte von einem früheren
im Zeitpunkt seiner Entschließung seine frühere
Arbeitgeber oder dessen Rechtsnachfolger erhalten
Tätigkeit nicht wieder in vollem Umfange aufnehmen
hat.
konnte oder daß ihm eine solche Aufnahme nicht
zuzumuten war. § 30 Abs. 2 Satz 2 findet entspre- (4) Für Zeiträume, innerhalb deren der Verfolgte
chende Anwendung. ohne hinreichenden Grund den Abschluß eines
zumutbaren Arbeitsvertrages oder die Aufnahme
(2) Als Rente erhält der Geschädigte zwei Drittel
einer zumutbaren Tätigkeit unterlassen hat oder
der Versorgungsbezüge eines vergleichbaren Beam-
unterläßt, wird eine Entschädigung nicht gewährt.
ten. Eine aus dieser Berechnung sich ergebende
höhere Rente als 500 Deutsche Mark wird nicht ge- (5) Der Verfolgte kann an Stelle einer Kapital-
währt. entschädigung eine Rente wählen. Voraussetzung
für dieses Wahlrecht ist, daß der Verfolgte im Zeit-
(3) Hat der Verfolgte die Rente gewählt, so erhält
punkt seiner Entschließung das 65. Lebensjahr voll-
er für die zurückliegende Zeit eine Entschädigung
endet hat oder erwerbsunfähig ist. Bei Frauen tritt
in Höhe der Rentenbezüge eines Jahres.
an Stelle des 65. das 60. Lebensjahr. Bei der Be-
(4) Das Wahlrecht kann bis zum Ablauf der in messung der Rente ist das Lebensalter des Verfolgten
§ 99 bezeichneten Frist durch Erklärung gegenüber und die ihm nach Absatz 1 bis 3 zustehende Kapital-
der zuständigen Entschädigungsbehörde ausgeübt entschädigung angemessen zu berücksichtigen. § 33
werden. Die Wahl ist endgültig. Abs. 4 findet Anwendung.
§ 37
3.
Die Bundesregierung wird ermächtigt, zur Durch-
Private Dienstverhältnisse führung der Bestimmungen der §§ 25 bis 36 Rechts-
§ 34 verordnungen zu erlassen. Hierbei kann sie als
Berechnungsgrundlage für die Kapitalentschädi-
Der Verfolgte, der in seinem privaten Dienst-
gungen und Renten Bestimmungen über die Einrei-
oder Arbeitsverhältnis durch Entlassung, vorzeitiges
hung des Verfolgten in eine seiner Berufsausbildung
Ausscheiden oder durch Versetzung in eine erheblich
und seiner wirtschaftlichen und sozialen Stellung
geringer entlohnte Beschäftigung geschädigt worden
innerhalb der letzten drei Jahre vor der Verdrängung
ist, hat Anspruch auf
oder Beschränkung vergleichbare Beamtengruppe mit
1. Einräumung seines früheren oder eines gleich- aufsteigenden Gehältern treffen und Tabellen für
wertigen Arbeitsplatzes, es sei denn, daß er das durchschnittliche Diensteinkommen und die
das 65. Lebensjahr vollendet hat oder arbeits- durchschnittlichen Versorgungsbezüge des einfachen.
unfähig ist; mittleren, gehobenen und höheren Dienstes auf-
2. eine Entschädigung für den Schaden, der ihm stellen. Für die anrechnungsfähigen Beträge können
durch Entlassung, vorzeitiges Ausscheiden oder Pauschsätze bestimmt werden. Ferner kann die Bun-
durch Versetzung in eine erheblich geringer desregierung nähere Bestimmungen für die Berech-
entlohnte Beschäftigung entstanden ist. nung der in § 36 Abs. 5 bezeichneten Renten treffen.
§ 35
4.
Der Anspruch auf Einräumung des früp.eren oder
eines gleichwertigen Arbeitsplatzes richtet sich gegen öffentlicher Dienst
jeden Arbeitgeber des Verfolgten, aus dessen Dienst A. Gemeinsame Vorschriften
er innerhalb der Verfolgungszeit entlassen wurde
oder vorzeitig ausgeschieden ist, oder gegen dessen § 38
Rechtsnachfolger. Der Arbeitgeber ist zur Erfüllung (1) Der verfolgte Angehörige des ö~fentlichen
des Anspruchs nicht verpflichtet, wenn er hierzu Dienstes (§ 2 des Gesetzes zur Regelung der Wieder-
aus zwingenden wirtschaftlichen oder betrieblichen gutmachung nationalsozialistischen Unrechts für
Gründen nicht in der Lage ist. Das gleiche gilt, wenn Angehörige des öffentlichen Dienstes vom 11. Mai
bei Vorhandensein mehrerer nach Satz 1 und 2 Ver- 1951 - Bundesgesetzbl. I S. 291 -} hat unter den
pflichteten ein anderer als der in Anspruch genom- Voraussetzungen der §§ 1 bis 9, 25 Anspruch auf
mene Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Um- Entschädigung für die Zeit vor dem 1. April 1950,
stände nach billigem Ermessen zur Erfüllung des wenn ihm auf Grund einer der folgenden Maßnah-
Anspruchs in erster Linie verpflichtet erscheint. men Bezüge entgangen sind:
Nr. 62 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 21. September 1953 1397
1. bei Beamten und Berufssoldaten versetzt worden wäre, mindestens jedoch
a) Beendigung des Dienstverhältnisses auf eine Entschädigung in Höhe von zwei
Grund Strafurteils, Dritteln der ihm zuletzt gewährten Dienst-
b) Entfernung aus dem Dienst,
bezüge;
c) Entlassung ohne Versorgung oder mit
b) sofern er Versorgungs- oder Wartestands-
gekürzter Versorgung, bezüge erhalten oder ein niedrigeres
Diensteinkommen gehabt hat, insoweit, als
d) vorzeitige Versetzung in den Ruhestand,
diese Bezüge hinter den im Zeitpunkt der
e) Versetzung in den Wartestand, Schädigung erdienten Versorgungsbezügen
f) Versetzung in ein Amt oder auf einen oder, falls es für den Verfolgten günstiger
Dienstposten mit niedrigerem Endgrund- ist, hinter zwei Dritteln der bis dahin
gehalt; g~währten Dienstbezüge zurückgeblieben
~- l>ei Versorgungsempfängern sind.
a) Entziehung der Versorgungsbezüge, (2) Befand sich der Beamte im Zeitpunkt der
b) Kürzung der Versorgungsbezüge; Schädigung im Wartestand (einstweiligen Ruhe-
stand), so findet Absatz 1 mit der Maßgabe Anwen-
3. bei Angestellten und Arbeitern dung, daß an die Stelle einer Entschädigung in Höhe
a) Entlassung, von zwei Dritteln der letzten Dienstbezüge eine
b) vorzeitige Beendigung des Arbeitsver- Entschädigung in Höhe von zwei Dritteln der Warte-
hältnisses, standsbezüge tritt.
c) Versetzung in eine Beschäftigung mit § 42
erheblich geringerem Verdienst. Ruhestandsbeamte, Witwen oder Waisen, denen
(2) Als Entlassung, vorzeitige Versetzung in den Versorgungsbezüge ganz oder teilweise entzogen
Ruhestand oder Entziehung der Versorgungsbezüge worden sind (§ 38 Abs. 1 Nr. 2) erhalten eine Ent-
im Sinne des Absatzes 1 gelten auch Maßnahmen, schädigung in Höhe der entgangenen Versorgungs-
die die gleiche Folge kraft Gesetzes hatten. bezüge.
§ 43
§ 39 Ein versorgungsberechtigter Hinterbliebener eines
Ein Anspruch auf Entschädigung besteht nicht, verfolgten Beamten oder Versorgungsempfängers,
wenn eine gleiche Maßnahme aus beamten- oder der als Folge einer gegen den Verfolgten gerichteten
tarifrechtlichen Gründen auch ohne Verfolgung ge- Maßnahme (§ 38 Abs. 1 Nr. 1 und 2) keine oder nur
rechtfertigt gewesen wäre. gekürzte Versorgungsbezüge erhalten hat, erhält
eine Entschädigung in Höhe der nach den allgemei-
§ 40 nen beamtenrechtlichen Bestimmungen sich erge-
benden Hinterbliebenenbezüge unter Zugrundele-
(1) Ist eine der in§ 38 Abs. 1 Nr. 1 und 2 genannten gung der Entschädigung, die dem Verfolgten nach
Maßnahmen durch Strafurteil ausgesprochen worden den §§ 41, 42 zugestanden hätte.
oder ist sie die gesetzliche Folge eines solchen Ur-
teils, so gilt § 16 Abs. 5 und 6. § 44
(2) Ist eine der in § 38 Abs. 1 Nr. 1 und 2 genannten Bei einem Beamten oder Versorgungsempfänger,
Maßnahmen durch Dienststrafurteil ausgesprochen der auf Grund mehrerer aufeinanderfolgender Maß-
worden, so setzt eine Entschädigung voraus, daß nahmen (§ 38 Abs. 1 Nr. 1 und 2) geschädigt worden
das Urteil im Wiederaufnahmeverfahren oder in ist, ist für die Bemessung der Entschädigung das
einem sonstigen gesetzlich geregelten V erfahren Rechtsverhältnis im Zeitpunkt der ersten Schädigung
aufgehoben ist. maßgeblich. War der Beamte im Zeitpunkt einer
(3) Solange für den Bereich des für die Entschädi- späteren Maßnahme entsprechend seiner früheren
gung zuständigen Landes eine Regelung über die Rechtsstellung wiederverwendet, so bemißt sich die
Beseitigung dienststrafrechtlicher Maßnahmen nicht Entschädigung für die Folgezeit nach dem letzten
getroffen ist, stehen diese Maßnahmen einer Ent- Dienstverhältnis.
schädigung für den erlittenen Schaden nicht ent- § 45
gegen.
Für die Bemessung der Entschädigung nach den
§§ 41 bis 44 sind die versorgungsrechtlichen Vor-
B. Besondere Vorschriften
schriften des für die Bundesbeamten geltenden Be-
a) Beamte amtengesetzes anzuwenden. Die ruhegehaltfähigen
§ 41 Dienstbezüge bemessen sich nach den Besoldungs-
ordnungen A und B, ohne die für die Polizeivollzugs-
(1) Der Beamte, dem auf Grund einer der in § 38
beamten früher geltenden Untergruppen (Fußnoten).
Abs. 1 Nr. 1 genannten Maßnahmen Dienstbezüge
entgangen sind, erhält eine Entschädigung,
a) sofern er keine Versorgungsbezüge erhal-
§ 46
ten hat, in Höhe der Versorgungsbezüge, (1) Auf die Entschädigung sind für den gleichen
die ihm zugestanden hätten, wenn er im Zeitraum gewährte Versorgungsbezüge, Kapitalab-
Zeitpunkt der Schädigung in den Ruhestand findungen, Zuwendungen, Unterhaltsbeträge und
1398 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
ähnliche Leistungen aus öffentlichen Mitteln sowie als Anlage beigefügte Tabelle maßgebend. Die Fest-
Leislungen aus der Arbeitslosenversicherung und setzung des Besoldungsdienstalters in den Besol-
der Arbeitslosenfürsorge in vollem Umfange anzu- dungsgruppen der Besoldungsordnung A bestimmt
rechnen. Bezüge, die bei der Bemessung der Entschä- sich, insbesondere für die Frage, welche Bezüge als
digung bereits berücksichtigt sind (§ 41 Abs. 1 b, ruhegehaltfähige Dienstbezüge zu gelten haben,
§§ 42, 43) bleiben bei der Anrechnung außer Betracht. nach den für Beamte geltenden Vorschriften des
(2) Ein Berechtigter, der durch anderweitige Ver- Reichsbesoldungsgesetzes gemäß der Verordnung
wertung seiner Arbeitskraft ein Einkommen erzielt vom 13. Juni 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 329) zur
hat, erhält die Entschädigung (§§ 41 bis 45) insoweit, Durchführung des § 20 des Gesetzes zur Regelung
als diese zusammen mit dem Einkommen und et- der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Un-
wafgen in Absatz 1 genannten Leistungen rechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes vom
11. Mai 1951.
a) bei einem entlassenen, vorzeitig in den
Ruhestand oder in den Wartestand versetz- (3) Zur früheren Wehrmacht gehören sowohl die
ten Beamten das Diensteinkommen, das der Wehrmacht im Sinne des Wehrgesetzes vom 21.
Beamte bei Belassung im Dienst in regel- Mai 1935 (Reichsgesetzbl. I S. 609) wie die alte
mäßiger Dienstlaufbahn erreicht hätte, Wehrmacht (Heer, Marine, Schutztruppe) und die
b) bei einem Ruhe- oder Wartestandsbeamten Reichswehr.
die dem Ruhegehalt oder Wartegeld zu-
c) Angestellte und Arbeiter
grunde liegenden ruhegehal tfähigen Dienst-
bezüge, § 49
c) bei einer Witwe Die Vorschriften der §§ 41 bis 47 finden auf Ange-
75 vom Hundert der Bezüge zu Buchstabe b, stellte und Arbeiter (§ 38 Abs. 1 Nr. 3), die einen
d) bei einer Waise vertraglichen Anspruch auf Versorgung nach beam-
40 vom Hundert der Bezüge zu Buchstabe b tenrechtlichen Grundsätzen oder auf Ruhelohn
nicht übersteigt. haben, sowie ihre Hinterbliebenen entsprechende
Anwendung.
§ 47
§ 50
(1) Auf die nach §§ 41 bis 46 zu leistende Ent-
Die Vorschriften der §§ 36 und 37 finden auf die
schädigung findet, auch soweit sie aus einem Dienst-
übrigen Angestellten und Arbeiter(§ 38 Abs.1 Nr. 3)
verhältnis zu Gunsten mehrerer Berechtigter zu
entsprechende Anwendung.
zahlen ist, § 25 Abs. 3 Anwendung mit der Maß-
gabe, daß eine nach § 19 Abs. 1 des Gesetzes
zur Regelung der Wiedergutmachung national- 5.
sozialistischen Unrechts für Angehörige des öffent-
Schaden in der Ausbildung
lichen Dienstes vom 11. Mai 1951 (Bundesgesetzbl. I
S. 291) gewährte Entschädigung auf den Höchst- § 5i'
betrag anzurechnen ist.
Als Schaden im beruflichen und wirtschaftlichen
(2) Soweit nach §§ 38 bis 46 versorgungsberech- Fortkommen im Sinne von § 25 Abs. 1 gilt auch der
tigte Hinterbliebene Anspruch auf Entschädigung Schaden, den der Verfolgte in seiner beruflichen oder
haben, findet Absatz 1 mit der Maßgabe Anwendung, vorberuflichen Ausbildung durch Ausschluß von der
daß sich der Höchstbetrag (§ 25 Abs. 3) in dem Ver- erstrebten Ausbildung oder durch deren erzwungene
hältnis mindert, in welchem nach versorgungsrecht- Unterbrechung erlitten hat. Der Ausgleich dieser
lichen Vorschriften die Hinterbliebenenbezüge zu Schäden regelt sich nach den folgenden Bestimmun-
dem Ruhegehalt des verstorbenen Beamten stehen. gen mit dem Ziel, dem Verfolgten die erstrebte
(3) Die sich aus Absatz 1 und 2 ergebenden Höchst- Lebensgrundlage zu schaffen. § 27 findet sinngemäß
grenzen gelten auch für den Fall, daß eigene Ent- Anwendung.
schädigungsansprüche eines nach §§ 38 bis 46 An- § 52
spruchsberechtigten mit solchen Ansprüchen aus
Der Verfolgte hat Anspruch auf eine Beihilfe zu
§§ 38 bis 46 zusammentreffen, die gemäß § 66 auf
den notwendigen Aufwendungen, die ihm bei der
ihn übergegangen sind.
Nachholung seiner Ausbildung erwachsen. Als Bei-
b) ßerufssoldaten hilfe erhält er einen Zuschuß, der sich nach der Höhe
der mit der Ausbildung nach der Lebenserfahrung
§ 48
verbundenen Kosten bemißt. Der Zuschuß wird in
(1) Die Vorschriften der §§ 41 bis 47 finden auf Teilbeträgen bewilligt, die dem laufenden Bedarf
Berufssoldaten der früheren Wehrmacht sowie ihre während der Dauer der Ausbildung entsprechen.
Hinterbliebenen nach Maßgabe des Absatzes 2 ent- Der Zuschuß darf den Betrag von insgesamt 5000
sprechende Anwendung. Deutsche Mark nicht übersteigen.
(2) Für die Bemessung der ruhegehaltfähigen
Dienstbezüge nach den Besoldungsgruppen A und B § 53
(§ 45) ist die zu § 20 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Der Verfolgte hat nach erfolgreich abgeschlossener
Regelung der Wiedergutmachung nationals.ozialisti- Ausbildung unter den Voraussetzungen des § 28
schen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Abs. 1 Anspruch auf Gewährung eines Existenz-
Dienstes vom 11. Mai 1951 (Bundesgesetzbl. I S. 291) aufbaudarlehens. Der Höchstbetrag des Darlehens
Nr. 62 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 21. September 1953 1399
darf den Betrag von 10 000 Deutsche Mark nicht (4) Auf die Ausübung des Wahlrechts findet § 33
übersteigen. § 28 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden; Abs. 4 Anwendung.
hierbei ist im Einzelfall besonders gelagerten ·Um-
§ 58
ständen Rechnung zu tragen.
(1) Entschädigung für eine Lebensversicherung,
§ 54 die eine Rentenleistung zum Gegenstand hat, wird
als Rente in der Vv eise gewährt, daß der Verfolgte
Hat der Verfolgte die Ausbildung bei Inkraft- die ihm nach dem Versicherungsverhältnis zuste-
treten dieses Gesetzes bereits ganz oder teilweise henden, gemäß den aus Anlaß der Neuordnung des
nachgeholt, so ist ihm unter Anrechnung bereits aus Geldwesens erlassenen Gesetzen und Verordnungen
öffentlichen Mitteln gew5hrter Ausbildungsbei- umgestellten und unter Berücksichtigung des Ge-
hilfen der Betrag nachzuzahlen, den er als Zuschuß setzes über Leistungen aus vor der Währungsreform
nach § 52 erhalten hätte. eingegangenen Renten- und Pensionsversicherungen
(Rentenaufbesserungsgesetz) in der Fassung vom
§ 55 15. Februar 1952 (Bunde15gesetzbl. I S.· 118) festge-
Hat der Verfolgte die Ausbildung bei Inkraft- stellten Rentenleistungen erhält. Rückständige Ren-
treten dieses Gesetz nicht nachgeht>lt, so kann er tenleistungen sind in einer Summe unverzinst nach-
als Ersatz für die fehlende Ausbildung an Stelle der zuzahien.
Ansprüche nach §§ 52, 53 eine einmalige Entschädi- (2) Die Rentenleistungen sind nach einem Dek-
gung in Höhe von 5000 Deutsche Mark verlangen. kungskapital zu berechnen, das sich im Zeitpunkt
des Beginns der schädigenden Einwirkung der Ver-
folgungsmaßnahmen auf das Versicherungsverhält-
nis ergeben hätte.
6.
(3) Die Bestimmung des § 57 Abs. 2 ist mit der
Versicherungs- und Versorgungsschäden Maßgabe anzuwenden, daß nicht entrichtete Prä-
A. V e r s i c h e r u n g s v e r h ä 1 t n i s s e au ß e r h a 1b mien nicht angerechnet werden.
der Sozialversicherung (4) Der Kapitalwert der Rente ist nach den Vor-
schriften des Bewertungsgesetzes vom 16. Oktober
§ 56
1934 (Reichsgesetzbl. I S. 1035) zu errechnen. Die
(1) Der Verfolgte, der in einem Versicherungs- Bundesregierung wird ermächtigt, Verwaltungsvor-
verhältnis mit privaten oder in einem privatrecht- schriften über das Berechnungsverfahren zu er-
lichen Versicherungsverhältnis mit öffentlich-recht- lassen.
lichen Versicherungsunternehmungen außerhalb der
(5) Renten bis zu einem Monatsbetrag von 10
Sozialversicherung geschädigt wurde, das eine
Deutsche Mark sind nach Maßgabe des Absatzes 4
Lebens- oder Rentenversicherung zum Gegenstand
hatte, hat Anspruch auf Entschädigung nach Maß- zu kapitalisieren und abzugelten.
gabe der folgenden Bestimmungen.
§ 59
(2) Die Entschädigung darf insgesamt 10 000
Deutsche Mark nicht überschreiten. Ansprüche des Verfolgten, der den Schutz eines
privaten Krankenversicherungsverhältnisses einge-
büßt hat, bleiben besonderer Regelung vorbehalten.
§ 57
(1) Entschädigung für Schäden aus einer Lebens- § 60
versicherung, die eine Kapitalleistung zum Gegen- Hat der Versicherer fällige Ansprüche im Zuge
stand hat, wird als Kapitalentschädigung in der der Verfolgung unbefriedigt gelassen, so bestimmen
Weise gewährt, daß der Verfolgte die ihm nach dem sich die Ansprüche des Verfolgten ausschließlich nach
Versicherungsverhältnis zustehenden, gemäß den den allgemeinen Rechtsvorschriften. Der Verfolgte
aus Anlaß der Neuordnung des Geldwesens er- kann jedoch Entschädigung nach §§ 56 bis 58 ver-
lassenen Gesetzen und Verordnungen umgestellten langen, soweit die Verfolgung dazu geführt hat,
Leistungen erhält. daß er die Befriedigung eines auf eine Kapital- oder
(2) Nicht entrichtete Prämien sowie Rückkaufs- Rentenleistung gerichteten Anspruchs durch den
werte und andere Beträge, die der Versicherer an Versicherer nicht mehr erlangen kann.
den Berechtigten oder den Versicherungsnehmer
gezahlt hat, werden angerechnet. Dabei werden § 61
Reichsmarkbeträge im Verhältnis 10: 1 in Deutsche
Für Schäden aus anderen als den in §§ 56 bis
Mark umgerechnet; Zinsen werden nicht berechnet.
59 behandelten Versicherungsverhältnissen wird
(3) An Stelle der Entschädigung nach Absatz 1 eine Entschädigung nach diesem Gesetz. nicht ge-
kann der Verfolgte als Entschädigung den Rück- währt.
kaufswert wählen, der sich im Zeitpunkt des Beginns
der schädigenden Einwirkung der Verfolgungsmaß- § 62
nahmen auf das Versicherungsverhältnis nach den Im Falle des Widerrufs einer ~ezugsberechtigung
Versicherungsbedingungen ergeben hätte. Absatz 2 oder des Verzichts eines verfolgten Bezugsberech-
ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, daß tigten finden die Vorschriften des bürgerlichen
nicht entrichtete Prämien nicht angerechnet werden. Rechtes über die Anfechtbarkeit von letztwilligen
1400 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
Verfügungen und Erbverträgen und von Erbschaft5- (2) Ist der Verfolgte vor Inkrafttreten dieses Ge-
ausschlagungen sinngemäß Anwendung. Die An- setzes verstorben, so steht der Anspruch auf Kapi-
fechtungserklärung ist gegenüber der zuständigen talentschädigung nach den Vorschriften dieses Titels
Entschädigungsbehörde innerhalb der Frist nach den Erben des Verfolgten zu. Der Anspruch gilt als
§ 91 abzugeben. Lebt der Versicherungsnehmer zum Nachlaß des Verfolgten gehörig. Der Anspruch
noch, so stehen dem Bezugsberechtigten bei einem besteht nicht, wenn der Erbe weder Ehegatte des
Widerruf der Bezugsberechtigung keine Ansprüche Verfolgten ist noch im Falle der gesetzlichen Erb-
zu. folge zu den gesetzlichen Erben der ersten oder
§ 63 zweiten Ordnung gehören würde. Den nach Satz 1
(1) Die beteiligten Versicherungsunternehmungen bis 3 Erbberechtigten steht der Anspruch nur inso-
sind verpfl~chtet, bei der Regelung der Entschädi- weit zu, als hierdurch ein Ausfall ausgeglichen wird,
gungsansprüche mitzuwirken, insbesondere durch den diese Erben infolge der im beruflichen und wirt-
Vornahme der erforderlichen Berechnungen und schaftlichen Fortkommen erlittenen Schäden des
durch schriftliche Auskünfte aus Büchern oder Akten. Verfolgten in bezug auf Unterhalt, Ausstattung oder
Versorgung erlitten haben. § 10 Abs, 2 und 3 findet
(2) Die Entschädigungsorgane sollen vor der Ent-
entsprechende. AnweI:idung.
scheidung über den Entschädigungsanspruch di~
zuständige V~rsicher-;.:;:11gsaufsichtsbehörd~ zu den (3) Der Anspruch auf eine Rente nach diesem Titel
von den beteiligten Versicherungsunternehmungen ist weder übertragbar noch vererblich.
gegebenen Berechnungen und Auskünften hören. (4) Der Anspruch auf Entschädigung für Schäden
(3) Den Versicherungsunternehmungen sind die in der Ausbildung ist nicht vererblich.
erforderlichen Kosten, die ihnen durch ihre Mit-
wirkung nach Absatz 1 entstehen, nach Pausch-
VIERTER TITEL
sätzen zu erstatten, die vom Bundesaufsichtsamt für
das Versicherungs- und Bausparwesen festzusetzen Besondere Verfolgtengruppen
sind.
1.
B. Sozialversicherung Grundsatz
§ 64 § 67
(1) Schäden, die der Verfolgte oder seine Hinter- (1) Die Entschädigung für Angehörige besonderer
bliebenen in der Sozialversicherung erlitten haben, Verfolgtengruppen oder ihre Hinterbliebenen richtet
regeln sich nach den hierfür geltenden besonderen sich nach den Vorschriften dieses Titels, soweit
Vorschriften, insbesondere nach dem Gesetz des ihnen nach anderen Bestimmungen dieses Gesetzes,
Wirtschaftsrates über die Behandlung der Ver- insbesondere wegen des Fehlens der Anspruchsvor-
folgten des Nationalsozialismus in der Sozialver- aussetzungen des § 8 Abs. 1, keine Ansprüche zu-
sicherung vom 22. August 1949 (WiGBI. S. 263). stehen.
(2) Eine Ergänzung und Angleichung der in Ab- (2) Die Bestimmungen dieses Gesetzes bleiben
satz 1 genannten Vorschriften an die Bestimmungen unberührt, soweit sich aus den Vorschriften dieses
dieses Gesetzes bleibt einer besonderen gesetzlichen Titels nicht Abweichendes ergibt.
Regelung vorbehalten.
2.
C. Kr i e g s opfer v e r s o r g u n g
Verfolgte aus den Vertreibungsgebieten
§ 65
§ 68
(1) Schäden, die der Verfolgte oder seine Hinter-
bliebenen in der Kriegsopferversorgung erlitten (1) Verfolgte deutscher Staatsangehörigkeit oder
haben, regeln sich nach dem Bundesversorgungsge- deutscher Volkszugehörigkeit, die Vertriebene im
setz und nach dem Gesetz zur Wiedergutmachung Sinne der §§ 1 und 2 des Bundesvertriebenenge-
nationalsozialistischen Unrechts in der Kriegsopfer- setzes vom 19. Mai 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 201)
versorgung für Berechtigte im Ausland vom 3. August sind, erhalten Entschädigung für Schaden an Körper
1953 (Bundesgesetzbl. I S. 843). und Gesundheit und für Freiheitsentziehung unter
den Voraussetzungen und nach Maßgabe der §§ 15
(2) Eine Ergänzung und Angleichung der Vor- bis 17. Dies gilt nicht für Vertriebene gemäß § 1
schriften der in Absatz 1 genannten Gesetze an die Abs. 2 Nr. 1 des Bundesvertriebenengesetzes, es sei
Bestimmungen dieses Gesetzes bleibt einer beson- denn, daß sie von den Vertreibungsmaßnahmen. be-
deren gesetzlichen Regelung vorbehalten. troffen worden wären, die sich im Zusammenhang
mit den Ereignissen des zweiten Weltkrieges gegen
7. deutsche Staatsangehörige oder deutsche Volkszuge-
Gemeinsame Bestimmungen über Erbrecht hörige gerichtet haben. Deutscher Volkszugehörig-
keit im Sinne von Satz 1 und 2. ist derjenige
§ 66 Verfolgte, auf den die Voraussetzungen des § 6 des
(1) Stirbt der Verfolgte nach Inkrafttreten dieses Bundesvertrie benengesetzes zutreffen.
Gesetzes, so findet auf die Kapitalentschädigung (2) Hinterbliebene solcher Verfolgten haben unter
nach den Vorschriften dieses Titels § 1O Abs. 1 bis 3 den Voraussetzungen und nach Maßgabe des § 14
Anwendunq. und des § 15 Abs. 6 Anspruch auf Rente für Schaden
Nr. 62 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 21. September 1953 1401
an Leben, sofern die Voraussetzungen des Absatzes 1 liehen Organisation wegen des erlittenen Schadens
entweder in der Person des verstorbenen Verfolg- durch Zuwendungen laufend betreut werden oder
ten oder in der Person des Hinterbliebenen erfüllt durch Kapitalabfindung betreut worden sind, er-
sind. halten unter der Voraussetzung, daß ihnen durch
Verfolgungsmaßnahmen die Freiheit entzogen
§ 69
worden war, für die Freiheitsentziehung und für
(1) Im Falle des § 68 Abs. 1 hat der Verfolgte Schaden an Körper und Gesundheit Entschädigung
unter den Voraussetzungen des§ 21 Abs. 1, 2, 4 und 5 nach den folgenden Bestimmungen.
Satz 1 Anspruch auf Entschädigung für Sonderab-
(2) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auf
gaben und Reichsfluchtsteuer, sofern er vor der all-
Staatenlose, die nach Artikel 1 F der Genfer. Kon-
gemeinen Vertreibung in das Ausland ausgewandert
vention vom 28. Juli 1951 von der Anerkennung
oder in den Geltungsbereich dieses Gesetzes über-
als Flüchtlinge ausgeschlossen sind, keine Anwen-
gesiedelt ist. dung.
(2) Die für Sonderabgaben und Reichsfluchtsteuer
(3) Der Anspruch nach Absatz 1 steht auch dem
entrichteten Beträge werden bis zu einem Höchst-
Verfolgten zu, der als Staatenloser oder politischer
betrage von insgesamt 150 000 Reichsmark berück-
Flüchtling nach Beendigung der Verfolgung eine
sichtigt. Der ermittelte Reichsmarkbetrag wird im neue Staatsangehörigkeit erworben hat.
Verhältnis 100: 6,5 in Deutsche Mark umgerechnet.
(4) Soweit die Verfolgten unter die Regelung der
(3) Der Anspruch nach Absatz 1 ist weder über- §§ 68 bis 70 fallen, verbleibt es, unbeschadet der
tragbar noch vererblich. Bestimmungen des § 67 bei dieser Regelung.
(5) Verfolgte im Sinne von Absatz 3 oder deren
§ 70 Hinterbliebene, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes
(1) Im Falle des § 68 Abs. 1 hat der Verfolgte, Staatsangehörige eines Staates sind, der von der
sofern er die Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 erfüllt, Bundesrepublik Deutschland Ersatz für Eingliede-
Anspruch auf Entschädigung für Schaden im beruf- rungskosten erhält, haben nur Anspruch auf Ent-
lichen und wirtschaftlichen Fortkommen (§§ 25 bis schädigung für Freiheitsentziehung und auf Gewäh-
36), soweit diese zur Folge hatten, daß die sonst aus rung von Hinterbliebenenrenten.
eigenen Mitteln gewährleistete Altersversorgung
nicht oder nicht ausreichend möglich ist. Die Berech-
§ 72
nung des Schadens erfolgt in diesem Falle in der
Weise, daß der Betrag der Einkünfte des Verfolgten (1) Die Entschädigung für Freiheitsentziehung wird
in Ansatz gebracht wird, der für seine Altersversor- unter den Voraussetzungen des§ 16 nach§ 17 Abs. 1
gung hätte zurückgelegt werden können. Auf der und 3 gewährt. Verfolgte, die bei Inkrafttreten
Grundlage dieses Betrages ist die Einstufung gemäß dieses Gesetzes das 60. Lebensjahr noch nicht voll-
§ 31 vorzunehmen. Der so errechnete Schaden wird endet haben, erhalten 75 vom Hundert und die-
bis zu einem Höchstbetrage von 150000 Reichsmark jenigen, die das 60. Lebensjahr überschritten haben,
berücksichtigt und im Verhältnis 100: 6,5 in Deut- 100 vom Hundert des nach § 17 Abs. 1 berechneten
sche Mark umgerechnet. Betrages.
(2) Hat der Verfolgte das 65. Lebensjahr über- (2) Der Anspruch auf Entschädigung ist weder
schritten oder ist er infolge von Krankheit oder Ge- übertragbar n.och vererblich.
brechen dauernd erwerbsunfähig und reicht die ihm
nach §§ 68 und 69 für Schaden an Leben, Körper, § 13
Gesundheit oder Freiheit, Sonderabgaben und
Reichsfluchtsteuer gewährte Entschädigung in Ver- (1) Die Entschädigung für Schaden an Körper und
bindung mit seinen sonstigen Einkünften zur Be- Gesundheit wird unter den Voraussetzungen und
streitung seines Lebensunterhalts nicht aus, so kann nach Maßgabe des § 15 gewährt, die Entschädigung
er an Stelle einer Kapitalentschädigung nach Absatz 1 nach § 15 Abs. 2 Nr. 3 jedoch nur für die Zeit vom
eine Rente wählen. Die Rente wird nach den dieser 1. Januar 1949 bis zum Beginn der Geldrente.
Kapitalentschädigung zugrunde gelegten Versor- (2) Die Hundertsätze des § 72 Abs. 1 gelten für
gungsbezügen vergleichbarer Beamten berechnet. die Höhe der Rente entsprechend.
Bei Frauen tritt an die Stelle der Uberschreitung des
65. Lebensjahres die Uberschreitung des 60. Lebens-
§ 14 1
jahres. § 33 Abs. 4 findet Anwendung.
(3) Für den Ubergang im Erbwege gelten die Be- (1) Hinterbliebene des Verfolgten haben unter
stimmungen des § 66. den Voraussetzungen und nach Maßgabe des § 14
und des§ 15 Abs. 6 Anspruch auf Entschädigung für
Schaden an Leben durch Gewährung einer Hinter-
3. bliebenenrente, sofern dem Verfolgten durch Ver-
staatenlose und politische Flüchtlinge folgungsmaßnahmen die Freiheit entzogen war und
entweder der Verfolgte oder der Hinterbliebene zu
§ 71
dem in § 71 genannten Personenkreis gehört.' Die
(1) Verfolgte, die bei Inkrafttreten dieses Ge- Entschädigung nach § 14 Abs. 7 wird jedoch nur für
setzes Staatenlose oder politische Flüchtlinge sind die Zeit vom 1. Januar 1949 bis zum Beginn der
und von keinem Staat oder keiner zwischenstaat- Geldrente gewährt.
1402 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
(2) Die Hundertsätze des § 72 Abs. 1 gelten für die § 78
Höhe der Hinterbliebenenrente entsprechend. Maß- (1) Die durch Geldleistungen zu befriedigenden
gebend ist das Alter des Hinterbliebenen. Entschädigungsansprüche werden in nachfolgender
Rangfolge befriedigt. Soweit es sich nicht um wieder-
§ 75 kehrende Leistungen für zukünftige Zeitabschnitte
handelt, werden alle Ansprüche spätestens bis zum
Reichen die dem Verfolgten oder seinen Hinter- Ablauf des Rechnungsjahres 1962 befriedigt.
bliebenen nach §§ 72 bis 74 zuerkannten Entschädi-
gungsleistungen in Verbindung mit ihrem Vermögen (2) Sofort befriedigt werden:
und ihren sonstigen Einkünften zur Bestreitung des 1. Ansprüche, die bei Inkrafttreten dieses Ge-
Lebensunterl) aJ ls nicht aus, so wird ihnen aus dem setzes rechtskräftig festgestellt und nach
Härtefonds (§ 79) in Anbetracht der Verfolgung eine bisherigem Recht zur Befriedigung aufge-
angemessene Ausgleichsleistung gewährt. rufen sind;
2. Ansprüche auf Durchführung eines Heil-
4. verfahrens für Schaden an Körper und Ge-
sundheit;
Nationalverfolgte
3. Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen;
§ 76
4. Ansprüche von Berechtigten, die das 60.
(1) Personen, die unter der nationalsozialistischen Lebensjahr vollendet haben oder bedürftig
Gewaltherrschaft aus Gründen ihrer Nationalität oder durch Krankheit oder Gebrechen in
unter Mißachtung der Menschenrechte verfolgt ihrer Erwerbsfähigkeit um mindestens 50
wurden und bei Inkrafttreten dieses Gesetzes vom Hundert gemindert sind,
Flüchtlinge im Sinne der Genfer Konvention vom a) auf Entschädigung für Entziehung der
28. Juli 1951 sind, haben Anspruch auf Entschädigung Freiheit bis zum Höchstbetrage von
für Schaden an Körper und Gesundheit, soweit ihnen 3000 Deutsche Mark, sofern die Berech-
ein dauernder Gesundheitsschaden zugefügt worden tigten nicht bereits Entschädigungslei-
ist. § 1 Abs. 3 Satz 1 findet sinngemäß Anwendung. stungen nach Nummer 1 oder 3 erhalten,
(2) Ein dauernder Gesundheitsschaden liegt vor, b) auf Entschädigung für Schaden an Eigen-
wenn die Erwerbsfähigkeit des Verfolgten zur Zeit tum und Vermögen bis zum Höchst-
der Entscheidung über den Anspruch um min- betrage von 5000 Deutsche Mark, sofern
destens 50 vom Hundert gemindert ist. die Berechtigten nicht bereits Entschääi-
(3) Die Entschädigung besteht in einer Geldrente.
gungsleistungen nach Nummer 1, 3 oder
4 a erhalten;
Diese beträgt monatlich bei einer Erwerbsminderung
von mindestens 50 v. H. 100 DM 5. Ansprüche auf Entschädigung für Schaden
in der Ausbildung, mit Ausnahme der An-
von mindestens 60 v. H. 120 DM
sprüche aus §§ 54 und 55.
von mindestens 70 v. H. 140 DM
(3) Im übrigen werden Ansprüche auf Geldleistun-
von mindestens 80 v. H. 160 DM
gen in nachfolgender Rangfolge aufgerufen und be-
von mindestens 90 v. H. 180 DM friedigt:
von 100 v. H. 200DM. 1. Ansprüche von Berechtigten, die das 60.
Lebensjahr vollendet haben oder bedürftig
oder durch Krankheit• oder durch Ge-
DRITTER ABSCHNITT brechen in ihrer Erwerbsfähigkeit um min-
Befriedigung destens 50 vom Hundert gemindert sind,
der Entschädigungsansprüche a) auf Entschädigung für Schaden im beruf-
lichen und wirtschaftlichen Fortkommen
ERSTER TITEL bis zum Höchstbetrage von 10000 Deut-
sche Mark,
Entschädigungslast und Rangfolge der
Ansprüche b) auf den Restbetrag der Entschädigung für
Freihei tsen tzi eh ung,
§ 77 c) auf Entschädigung für Schaden an
(1) Die durch dieses Gesetz begründeten Ent- Eigentum und Vermögen bis zum Betrag
schädigungslasten werden vorläufig von den Län- von 5000 Deutsche Mark, sofern die Be-
dern getragen. Bis zum 31. Dezember 1954 ist durch rechtigten nicht bereits Entschädigungs-
ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundes- leistungen nach Absatz 2 Nummer 4
rates bedarf, die endgültige Verteilung der Ent- Buchstabe b erhalten haben,
schädigungslasten auf Bund und Länder zu regeln. d) auf Entschädigung für Schaden an Leben,
Körper und Gesundheit;
(2) Der nnch § 8 Abs. 1 Nr. 6, §§ 21, 23 Abs. 2 und
§§ 67 bis 76 in der Zeit vom Inkrafttreten dieses Ge- 2. Ansprüche auf Entschädigung für Schaden
setzes bis zum 31. Dezember 1954 den Ländern er- an Leben, Körper und Gesundheit;
wachsende Aufwand wird abzüglich 10 vom Hundert 3. Ansprüche auf Entschädigung für Freiheits-
den Ländern vom Bund erstattet. entziehung;
Nr. 62 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 21. September 1953 1403
4. Ansprüche auf Entschädigung für Verlust Schaden an Körper oder Gesundheit erlitten
des Hausrats (§ 20); haben, ohne daß die Voraussetzungen des
5. Ansprüche auf Entschädigung für Schaden § 15 gegeben sind;
an Eigentum und Vermögen bis zum Höchst- 4. Verfolgte, die Schaden an Körper oder Ge-
betrage von 20000 Deutsche Mark; sundheit erlitten haben, aber hierfür keine
6. Ansprüche auf Entschädigung für Schaden Entsdiädigung erlangen konnten, weil die
im beruflichen und wirtschaftlichen Fort- Schäden nicht nur auf der Verfolgung, son-
kommen; dern auch auf außergewöhnlichen in ihrer
Person liegenden Umständen oder auf ihren
7. Ansprüche auf Entschädigung für Schaden durch die Verfolgung herbeigeführten äuße-
an Eigentum und Vermögen. ren Lebensverhältnissen beruhen;
(4) Der Aufruf der nach Maßgabe des Absatzes 3 5. Verfolgte, die der in § 71 bezeichneten
zu befriedigenden Entschädigungsansprüche erfolgt Personengruppe angehören, unter den Vor-
alljährlich nach Maßgabe der Zahlungsfähigkeit der aussetzungen und nach Maßgabe des § 75;
Bundesrepublik durch Rechtsverordnung der Bun- Verfolgte, die zu diesem Personenkreis
desregierung. Bei dem Aufruf sind der Grundsatz gehören, können insoweit auf Fonds mit
beschleunigter Entschädigung und die in Absatz 1 besonderer Zweckbestimmung nicht ver-
Satz 2 vorgesehene Endfrist zu wahren. wiesen werden;
6. Geschädigte, die nicht Verfolgte im Sinne
ZWEITER TITEL dieses Gesetzes sind, aber dadurch Schaden
erlitten haben, daß ihre Versorgungsein-
Härteausgleich richtung durch Verfolgungsmaßnahmen auf-
§ 79 gelöst worden ist;
( 1) Zur Milderung besonderer Härten, die sich 7. Geschädigte, die nicht Verfolgte im Sinne
aus den Vorschriften dieses Gesetzes ergeben, kann dieses Gesetzes sind, und die ohne vorauf-
Geschädigten, für die Fonds mit besonderer Zweck- gegangenes Verfahren nach dem Gesetz zur
bestimmung nicht anderweitig vorgesehen sind, aus Verhütung erbkranken Nachwuchses vom
einem zu bildenden Sonderfonds (Härtefonds) ei~ 14. Juli 1933 (Reichsgesetzbl. I S. 529) steri-
Ausgleich gewährt werden. Soweit in Absatz 3 nicht lisiert worden sind;
Abweichendes bestimmt ist, kann der Härteaus- 8. unterhaltsberechtigte Hinterbliebene von
gleich nur gewährt werden, wenn der Geschädigte Personen, die der nationalsozialistischen
aus den Gründen des § 1 Abs. 1 und 2 verfolgt Euthanasie zum Opfer gefallen sind, sofern
worden ist, der Schaden, soweit er ein Eigentums- anzunehmen ist, daß sie ohne die Tötung
oder Vermögensschaden ist, im Reichsgebiet nadi gegenwärtig Unterhalt erhalten würden.
dem Stande vom 31. Dezember 1937 entstanden ist,
die Wphnsitzvoraussetzungen des § 8 erfüllt sind (4) Mittel aus dem Härtefonds können in besonde-
und die Verfolgten durch Schäden, die den in diesem ren Fällen auch anerkannten karitativen Organisa-
Gesetz berücksichtigten Schäden entsprechen oder tionen oder karitativ tätigen Stellen gewährt werden,
ähnlich sind, in eine Notlage geraten sind. wenn dies zur Errichtung oder Unterhaltung wohl-
tätiger Einrichtungen zu Gunsten von Verfolgten
(2) Als Leistungen aus dem Härtefonds kommen erforderlich erscheint. Dies gilt nicht für Organi-
in Betracht Beihilfen zum Lebensunterhalt, zur Be- sationen, für die Fonds mit besonderer Zweckbe-
schaffung von Hausrat, zum Existenzaufbau oder stimmurtg anderweitig vorgesehen sind.
zur Berufsausbildung sowie zu Heilverfahren. Die
Leistungen an den einzelnen Geschädigten aus dem
Härtefonds dürfen die in diesem Gesetz vorgese-
VIERTER ABSCHNITT
henen entsprechenden Entschädigungsleistungen
nicht überstetgen. Behörden und Verfahren
(3) Bei der Vergebung von Mitteln aus dem Härte- ERSTER TITEL
fonds können insbesondere folgende Geschädigte Entschädigungsorgane
berücksichtigt werden:
§ 80
1. Geschädigte, die von Verfolgungsmaßnah-
men betroffen wurden, weil sie irrtümlich Entschädigungsorgane sind
einer Personengruppe zugerechnet wurden, a) die Entschädigungsbehörden der Länder;
die aus den in § 1 Abs. 1 und 2 genannten b) die Entschädigungsgerichte.
Gründen verfolgt worden ist;
2. Verfolgte, die die Voraussetzungen des § 8
§ 81
Abs. 1 nicht erfüllen, wenn sie nach dem
1. Januar 1947 ihren Wohnsitz oder dau- Das Entschädigungsverfahren gliedert sich in
ernden Aufenthalt im Geltungsbereich die- a) das Verfahren vor den Entschädigungsbehörden,
ses Gesetzes genommen haben; b) das gerichtliche Verfahren, falls das Verfahren
3. Verfolgte im Sinne des § 1 Abs. 1 und 2, nicht vor den Entschädigungsbehörden seine
die unter allgemeinem Verfolgungsdruck Erledigung gefunden hat.
1404 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
ZWEITER TITEL § 86
Gemeinsame V erfahrensvorscbriften (1) Hat ein Verfolgter seinen letzten bekannten
Aufenthalt im Reichsgebiet nach dem Stande vom
§ 82
31. Dezember 1937 oder in einem von Deutschland
(1) Die Entschädigungsorgane sind für die Ent- oder seinen Verbündeten beherrschten oder besetz-
scheidung über die Ansprüche nach diesem Gesetz ten Gebiet gehabt und ist sein Aufenthalt seit dem
zuständig. 9.Mai 1945 unbekannt,ohne daß Nachrichten darüber
vorliegen, daß er zu diesem oder einem späteren Zeit-
(2) Soweit in den Fällen der§§ 27, 34 Nr. 1 und§ 51
punkt noch gelebt hat, so wird vermutet, daß er am
Satz 3 nach geltendem Recht nicht die Entschädigungs-
9. Mai 1945 verstorben ist. Falls nach den Umständen
organe, sondern andere Behörden oder Zulassungs-
des Einzelfalles ein anderer Zeitpunkt des Todes
ausschüsse oder Körperschaften des öffentlichen
wahrscheinlich ist, kann im Entschädigungsverfahren
Rechtes oder andere Gerichte für die Entscheidung
dieser andere Zeitpunkt als vermutlicher Zeitpunkt
über die Erteilung von Genehmigungen, Zulassungen
des Todes festgestellt werden.
Bezugsberechtigungen, Befreiungen und den Wieder-
einstellungsanspruch sachlich zuständig sind, be- (2) Das Nachlaßgericht hat auf Antrag des Erben
schränkt sich die Entscheidung der Entschädigungs- einen Erbschein für den Entschädigungsanspruch zu
organe auf die Feststellung der Voraussetzungen des erteilen, wenn die Entschädigungsorgane dies ver-
Anspruchs nach diesem Gesetz. Diese Entscheidung langen. Für die Erteilung eines solchen Erbscheins
ist für die Sachentscheidung anderer Behörden oder ist die Todesvermutung des Absatzes 1 Satz 1 oder,
Zulassungsausschüsse oder Gerichte bindend. Ist in falls im Entschädigungsverfahren nach Absatz 1 Satz 2
einem Verfahren vor anderen Behörden, Zulassungs- ein anderer Zeitpunkt als vermuteter Zeitpunkt des
ausschüssen, Körperschaften oder Gerichten streitig, Todes festgestellt worden ist, diese Feststellung maß-
ob für den geltend gemachten Anspruch die Voraus- gebend. Die Entschädigungsorgane haben bei ihrem
setzungen nach diesem Gesetz gegeben sind, und Verlangen auf Erteilung eines Erbscheins für den
hängt hiervon die zu treffende Entscheidung ab, so Entschädigungsanspruch anzugeben, ob eine Fest-
ist das Verfahren bis zur Entscheidung der Ent- stellung nach Absatz 1 Satz 2 erfolgt ist.
schädigungsorgane auszusetzen.
(3) In dem Verfahren vor den Entschädigungs-
behörden soll von der Vorlage eines Erbscheins nur
§ 83 dann abgesehen werden, wenn die Erbberechtigung
auch ohne Vorlage eines Erbscheins einwandfrei
(1) Die Entschädigungsorgane haben von Amts nachweisbar ist.
wegen alle für die Entscheidung erheblichen Tat-
sachen zu ermitteln und alle erforderlichen Beweise (4) Die Erteilung des Erbscheins einschließlich des
zu erheben. vorangegangenen Verfahrens ist gebührenfrei. § 99
Abs. 1 Satz 2 der Kostenordnung vom 25. November
(2) Kann der Beweis für eine Tatsache lediglich 1935 (Reichsgesetzbl. I S. 1371) bleibt unberuhrt.
infolge der Lage, in die der Berechtigte durch natio-
nalsozialistische Verfolgungsmaßnahmen geraten ist, § 87
nicht vollständig erbracht werden, so können die Ent-
schädigungsorgane diese Tatsache unter Würdigung (1) Verfahren.vor den Entschädigungsbehörden und
aller Umstände zu Gunsten des Berechtigten für fest- Entschädigungsgerichten sind gebühren- und aus-
gestellt erachten. Dies gilt insbesondere, wenn Ur- lagenfrei. Für offensichtlich unbegründete Anträge,
kunden verloren gegangen, Zeugen gestorben oder Klagen oder Rechtsmittel sollen dem Antragsteller
unauffindbar sind oder wenn die Vernehmung des oder Kläger die Kosten auf erlegt werden. Ist die
Berechtigten oder eines Zeugen mit Schwierigkeiten Rechtsverfolgung offenbar mutwillig, so kann ein
verbunden ist, die in keinem Verhältnis zur Bedeu- Kostenvorschuß erhoben werden.
tung der Aussage stehen. (2) Uber die Verpflichtung zur Tragung der Kosten
ist zugleich mit der Entscheidung in der Hauptsache
zu erkennen.
§ 84
Für die Anspruchsberechtigung nach diesem Gesetz (3) In Verfahren vor den Entschädigungsbehörden
ist eine auf Landesrecht beruhende Anerkennung als findet eine Erstattung von Kosten und Auslagen nicht
Verfolgter nicht erforderlich. Die Entschädigungs- statt.
organe sind an eine solche Anerkennung nicht ge- (4) In Verfahren vor den Entschädigungsgerichten
bunden. sind Rechtsanwaltsgebühren nur dann zu erstatten,
wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nach
§ 85 den besonderen Umständen des Falles erforderlich
(1) Das Entschädigungsverfahren ist mit besonderer war.
Beschleunigung durchzuführen. (5) Eine Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren
(2) Ansprüche von Berechtigten, die über 60 Jahre findet nicht statt, wenn nach Landesrecht die Ver-
alt oder bedürftig oder durch Krankheit oder durch tretung durch einen öffentlichen Anwalt möglich
Gebrechen in ihrer Erwerbsfähigkeit um mindestens war.
50 vom Hundert gemindert sind, sollen mit Vorrang (6) Für die Rechtsanwaltsgebühren gilt die Ge-
YQT ~Jlen anderen Ansprüchen behandelt werden. bührenordnung für Rechtsanwälte.
Nr. 62 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 21. September 1953 1405
(7) Bei wiederkehrenden Leistungen ist der Streit- behörden der Länder zuständig. § 99 findet keine
wert_ nach § 10 des Gerichtskostengesetzes festzu- Anwendung.
setzen. (2) Ortlich zuständig ist die oberste Entschädi-
DRITTER TITEL gungsbehörde des Landes, das nach den Vorschriften
Entschädigungsbehörden des § 89 für einen Entschädigungsanspruch des An-
tragstellers zuständig ist oder wäre.
§ 88
(1) Die Landesregierungen regeln durch Rechts- § 91
verordnung die Errichtung der Entschädigungs- (1) Entschädigung wird nur auf Antrag gewährt;
behörden und das Verwaltungsverfahren vor diesen er ist gegen das nach§ 89 zuständige Land zu richten.
Behörden. Nach bisherigem Landesredlt geltende
Bestimmungen über Einrichtung der Entschädigungs- (2) Der Anspruch auf Entschädigung ist von Berech-
behörden und über das Verwaltungsverfahren vor tigten, die ihren Wohnsitz oder dauernden Aufent-
diesen Behörden sind den Bestimmungen dieses Ge- halt im Inland haben, bis zum 1. Oktober 1954, von
setzes anzugleichen. den übrigen Berechtigten bis zum 1. Oktober 1955
bei der zuständigen Entschädigungsbehörde anzu-
(2) Die Entschädigungsbehörden müssen den Wei- melden.
sungen einer obersten Landesbehörde unterstehen.
(3) Die Anmeldefrist gilt als gewahrt, wenn' der
§ 89 Antrag fristgemäß bei einer unzuständigen Entschä-
digungsbehörde angemeldet ist.
(1) Die Entschädigungsbehörden sind für die An-
meldung und, unbeschadet der Vorschrift des § 82 (4) Eines Antrages bedarf es nicht, wenn der Be-
Abs. 2, für die Feststellung der Ansprüche nadl rechtigte den Anspruch auf Entschädigung bereits
diesem Gesetz zuständig. auf Grund bisher geltender Rechtsvorschriften oder
Verwaltungsanordnungen angemeldet hat. Eines An-
(2) Ortlich zuständig sind die Entschädigungs-
trages bedarf es jedoch in den Fällen, in denen ein
behörden des Landes, Anspruch nach bisher geltendem Recht durch unan-
a) in dem der Verfolgte am 1. Januar 1947 fechtbaren Bescheid oder rechtskräftiges Urteil ab-
seinen Wohnsitz oder dauernden Aufent- gewiesen worden ist.
halt oder, wenn er diesen Tag nicht erlebt
(5) War der Berechtigte ohne sein Verschulden
hat, im Zeitpunkt seines Todes gehabt
verhindert, die Anmeldefrist einzuhalten, so ist ihm
hat (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 und 2) oder in welchem
auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
sich der Verfolgte am 1. Januar 1947 auf-
gehalten hat (§ 8 Abs. 1 Nr. 6). Der Auf- zu gewähren.
enthalt in einem Durchgangslager für Aus- § 92
wanderer bleibt außer Betracht; Der Antrag soll enthalten
b) hilfsweise: 1. Angaben zur Person und zu den wirtschaft-
in dem er nach dem 1. Januar 1947 erstmals lichen Verhältnissen des Berechtigten,
einen Wohnsitz begründet oder dauernden 2. eine Darstellung des den Anspruch auf Ent-
Aufenthalt genommen hat (§ 8 Abs. 1 Nr. 3, schädigung begründenden Sachverhalts,
4 und 5) 1 3. Angabe von Beweismitteln,
c) hilfsweise: 4. Angaben über Art und Umfang des geltend
aus dem er vor dem 1. Januar 1947 ausge- gemachten Anspruchs,
wandert ist (§ 8 Abs. 1 Nr. 2). 5. eine Erklärung, ob und - geg_ebenenfalls -
(3) Für die Ansprüche eines Hinterbliebenen ist, wo der Antragsteller schon früher einen Ent-
wenn sich aus dem Wohnsitz oder dauernden Auf- schädigungsantrag gestellt hat,
enthalt des Verfolgten keine Zuständigkeit nadl 6. eine Erklärung über Leistungen, die der Be-
Absatz 2 ergibt, der eigene Wohnsitz oder der rechtigte im Hinblick. auf seine Verfolgung
dauernde Aufenthalt des' Hinterbliebenen maß- durch den Nationalsozialismus aus öffentlichen
gebend. Mitteln oder von einem nach bürgerlichem
(4) Ist im Falle des § 8 Abs. 3 keine Zuständigkeit Recht Schadensersatzpflichtigen erhalten hat,
nach den vorstehenden Bestimmungen begründet, 7. eine Erklärung darüber, ob und mit welchem
so sind die Entschädigungsbehörden des Landes zu- Erfolg wegen eines vor der Entziehung ihm
ständig, in dem das Grundstück gelegen ist. oder seinem Rechtsvorgänger gehörenden Ver~
mögensgegenstandes ein Rückerstattungsver-
(5) In allen übrigen Fällen sind die Entschädigungs- f ahren anhängig gemacht worden ist.
behörden
a) desLandesNordrhein-Westfalen für Berech- § 93
tigte mit Wohnsitz in europäischen Ländern, (1) Soweit in diesem Gesetz oder in den landes-
b) des Landes Rheinland-Pfalz für Berechtigte recntiichefi Vorschriften nach § 88 Abs. 1 nidlt
mit Wohnsitz in außereuropäischen Ländern anderes bestimmt ist, finden für die Beweiserhebung
zuständig. durch die Entschädigungsbehörden §§ 355. ff der
§ 90 Zivilprozeßordnung sinngemäß Anwendung. Eine
(1) Für die Bewilligung von Mitteln aus dem Beeidigung durch die Entschädigungsbehörde findet
Härtefonds (§ 79) sind die obersten Entschädigungs- nicht statt.
1406 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
(2) Den Entschädigungsbehörden ist Rechts- und (Bundesgesetzbl. I S. 379). Wohnt der Antragsteller
Amtshilfe zu leisten. nicht im Geltungsbereich dieses Gesetzes, so finden
(3) Die Entschädigungsbehörden können insbe- auch §§ 174, 175 der Zivilprozeßordnung sinngemäß
sondere Anwendung.·
a) die Staatsanwaltschaft oder unmittelbar die § 95
Polizeibehörde um die Erforschung eines (1) Ein zu Gunsten des Antragstellers ergangener
Verfolgungstatbestandes ersuchen; Bescheid kann widerrufen werden,
b) das Amtsgericht,in dessen Bezirk ein Berech- 1. wenn er von einer sachlich unzuständigen
tigter, ein Zeuge oder Sachverständiger Stelle erlassen ist;
seinen Wohnsitz oder dauernden Aufent- 2. wenn der Bescheid auf unrichtigen oder
halt hat, um Vernehmung des Berechtigten, irreführenden Angaben des Antragstellers
Zeugen oder Sachverständigen ersuchen. über die tatsächlichen Verhältnisse beruht;
Hierbei sind die Tatsachen und Vorgänge
3. wenn die Entschädigungsbehörde durch un-
anzugeben, über welche die Vernehmung
lautere Mittel zu ihrer Entscheidung be-
erfolgen soll. Die Vorschriften der Zivilpro-
stimmt worden ist;
zeßordnung über den Beweis durch Partei-
vernelunung, über den Zeugenbeweis, über 4. wenn nach Erlaß des Bescheides einer der
den Beweis durch Sachverständige und über Ausschließungsgründe des § 1 Abs. 4' ein-
das Verfahren bei der Abnahme von Eiden getreten ist.
finden sinngemäß Anwendung. Die Beeidi- (2) Der Widerruf erfolgt durch Bescheid. Bereits
gung eines Berechtigten, eines Zeugen oder bewirkte Leistungen können auf Grund des Be-
Sachverständigen liegt im Ermessen des scheides zurückgefordert werden, wenn die Voraus-
Amtsgerichts. Dieses entscheidet von Amts setzungen des Absatzes 1 Nummern 2 und 3 vor-
wegen durch Beschluß auch über die Recht- liegen.
mäßigkeit einer Verweigerung der Aus- (3) Ein in dem Bescheid enthaltener Leistungs-
sage, des Zeugnisses oder der Eidesleistung; vorbehalt kann unabhängig von den in Absatz 1
gegen einen Beschluß, durch den die Ver- angeführten Voraussetzungen geltend gemacht
weigerung der Aussage, des Zeugnisses oder werden.
der Eidesleistung für rechtmäßig erklärt
wird, steht die sofortige Beschwerde dem § 96
Berechtigten und der Entschädigungsbe- (1) Ist ein Anspruch auf wiederkehrende Leistun-
hörde zu; gen zuerkannt oder abgelehnt worden und haben
c) eine Auslandsvertretung der Bundesrepu- sich die Verhältnisse, die für die Zuerkennung oder
blik, in deren Bezirk ein Berechtigter, ein Ablehnung maßgebend waren, wesentlich geändert,
Zeuge oder Sachverständiger seinen Wohn- so kann die Entschädigungsbehörde einen neuen Be-
sitz oder dauernden Auf enthalt hat, um scheid über den Anspruch erlassen; die Rechtskraft
Vernehmung des Berechtigten, Zeugen oder einer gerichtlichen Entscheidung steht dabei nicht
Sachverständigen ersuchen. Hierbei sind die entgegen. Satz 1 gilt nur, wenn die Änderung der
Tatsachen und Vorgänge anzugeben, die Verhältnisse eine neue Entscheidung über Gewäh-
Gegenstand der Vernehmung sein sollen; rung, Erhöhung, Minderung oder Entziehung einer
Rente notwendig macht.
d) die Strafregisterbehörden um unbeschränkte
Auskunft ersuchen. (2) Absatz 1 gilt auch für Vergleiche, die vor den
Entschädigungsbehörden abgeschlossen werden.
§ 94
§ 97
(1) Die Entschädigungsbehörden entscheiden durch
(1) Die Entschädigungsbehörden sind berechtigt,
Bescheid. Teilbescheide sind zulässig. Der Bescheid
soll enthalten in sinngemäßer Anwendung des § 287 der Zivil-
prozeßordnung die Höhe eines Schadens zu schätzen.
a) die Bezeichnung der bescheidenden Behörde,
(2) Vergleiche über die Höhe eines Anspruchs sind
b) die Personalangaben des Antragstellers,
zulässig unter der Voraussetzung, daß der Anspruch
c) die Entscheidungsformel einschließlich et- dem Grunde nach durch unanfechtbaren Bescheid
waiger Leistungsvorbehalte und der Be- oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung
zeichnung der Rangfolge, falls der Anspruch festgestellt ist. § 95 findet entsprechende Anwendung.
nicht sofort zu befriedigen oder noch nicht
zur Befriedigung aufgerufen ist,
d) die Feststellung des Sachverhalts in gedräng- VIERTER TITEL
ter Form,
e) die Entscheidungsgründe, Entschädigungsgerichte
1; ehe Rechtsmittelbelehrung, § 98
o) das Datum und die Unterschrift. (1) Entschij.c;ligungs_gerichte sir1d;
(2) Der Bescheid ist dem Antragsteller zuzustellen. das Landgericht (Entschädigungskammerh
Zustellungen erfolgen nach den Vorschriften des das Oberlandesgericht (Entschädigungssenat),
Verwaltungszustelhmgsgesetzes vom 3. Juli 1952 der Bundesgerichtshof.
Nr. 62 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 21. September 1953 1407
Die Landesregierungen können ein Landgericht als § 103
für mehrere Landgerichtsbezirke zuständig beatim- (1) Im Verfahren vor den Landgerichten besteht
men. Entsprechendes gilt, wenn in einem Lande kein Anwaltszwang.
mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind.
(2) Im Verfahren vor dem Oberlandesgericht be-
(2) Der Vorsitzende oder einer der Beisitzer der steht für das in Anspruch genommene Land kein An-
Entschädigungskammer soll dem Kreis der Verfolgten waltszwang.
angehören.
(3) Im Verfahren vor dem Bundesgerichtshof be-
(3) Auf das Verfahren vor den Entschädigungs-
steht uneingeschränkt Anwaltszwang mit der Maß-
gerichten und auf die Zwangsvollstreckung finden,
gabe, daß sich die Parteien auch durch einen bei
unbeschadet der Vorschriften der §§ 82 bis 87, die
einem Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalt
Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes, der
vertreten lassen können.
Zivilprozeßordnung und des Gerichtskostengesetzes
sinngemäß Anwendung, soweit in den folgenden
Vorschriften nicht Abweichendes bestimmt ist. ARTIKEL II
(4) Vergleiche sind zulässig.
Ubergangs- und Schlußbestimmungen
(5) Zustellungen erfolgen von Amts wegen.
§ 104
§ 99 (1) Mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses
Innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Zu- Gesetzes werden alle im Geltungsbereich dieses Ge-
stellung des Bescheides der Entschädigungsbehörde setzes geltenden entschädigungsrechtlichen Vor-
kann der Anspruch durch Klage gegen das Land vor schriften, die diesem Gesetz widersprechen,
dem für den Sitz der Entschädigungsbehörde zustän- aufgehoben. Soweit das bisherige Landesrecht
digen Landgericht geltend gemacht werden. Wenn weitergehende entschädigungsrechtliche Ansprüche
der Kläger im Ausland wohnt, tritt an, die Stelle der gewährt, behält er hierbei zu Gunsten der nach bis-
Frist von drei Monaten eine Frist von sechs Monaten. herigem Landesrecht Anspruchsberechtigten sein
Bewenden mit der Maßgabe, daß sich die verfahrens-
§ 100 mäßige Behandlung und die Befriedigung dieser An-
Klage vor dem Landgericht kann auch erhoben sprüche nach diesem Gesetz richten.
werden, wenn die Entschädigungsbehörde binnen (2) Soweit in Gesetzen, Verordnungen, allgemei-
einer Frist von einem Jahr seit Eingang des Antrags nen Verwaltungsanordnungen und Erlassen auf die
ohne zureichenden Grund keine Entscheidung über aufgehobenen Vorschriften verwiesen ist, treten an
einen Anspruch, der nach § 85 Abs. 2 mit Vorrang deren Stelle die entsprechenden Vorschriften dieses
zu behandeln ist, getroffen hat; im Falle des § 91 Gesetzes.
Abs. 4 Satz 1 beginnt diese Frist mit dem Inkraft- § 105
treten dieses Gesetzes.
(1) Die auf Grund bisheriger Vorschriften zu ge-
§ 101 währenden wiederkehrenden Leistungen werden
(1) Gegen das Urteil des Landgerichts findet, ohne solange weitergewährt, bis die Leistungen nach
Rücksicht auf den Streitwert, die Berufung an das diesem Gesetz bewirkt werden. Dies gilt auch für
Oberlandesgericht statt. gewährte wiederkehrende Vorschußleistungen. Die
Weiterzahlung erfolgt durch die bisher zuständige
(2) Für die Berufungsfrist gilt die Vorschrift des
Stelle. Soweit die wiederkehrenden Leistungen ohne
§ 99 entsprechend.
Anerkennung einer Rechtspflicht erfolgt sind, wud
(3) Das Oberlandesgericht kann von einer münd- ein Rechtsanspruch auf diese Leistungen durch Satz 1
lichen Verhandlung auch ohne Einverständnis der und 2 nicht begründet.
Parteien dann absehen, wenn die mündliche Verhand- (2) Für Ansprüche auf Durchführung eines Heil-
lung nach Lage des Falles entbehrlich erscheint.
verfahrens gilt Absatz 1 sinngemäß.
§ 102 § 106
(1) Gegen das Urteil des Oberlandesgerichts findet Ist bei Inkrafttreten dieses Gesetzes ein Antrag
die Revision an den Bundesgerichtshof statt, wenn auf Entschädigung in einem Lande anhängig, dessen
das Oberlandesgericht sie im Urteil zuläßt. Behörden nach § 89 nicht zuständig sind, so bleibt
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn das Ober- dieses Land sowohl für Ansprüche des Antragstellers
landesgericht von einem Urteil des Bundesgerichts- nach bisherigem Recht (§ 104 Abs. 1 Satz 2) als auch
hofs abweicht. für Ansprüche nach diesem Gesetz zuständig.
(3) Die Revision soll zugelassen werden, wenn
§ 107
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu
entscheiden ist. (1) Stand dem Berechtigten nach bisherigem Recht
eine Entschädigung in geringerer Höhe als nach den
(4) Die Revision kann nicht darauf gestützt werden, Vorschriften dieses Gesetzes zu und ist diese Ent-
daß die Entscheidung auf der Verletzung landesrecht- schädigung vor Inkrafttreten dieses Gesetzes durch
licher Vorschriften beruht. unanfechtbaren Bescheid oder durch rechtskräftige
(5) Für die Revisionsfrist gilt die Vorschrift des gerichtliche Entscheidung zuerkannt worden, so kann
§ 99 entsprechend. der Berechtigte eine ihm auf Grund dieses Gesetzes
1408 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
zustehende höhere Entschädigung wegen desselben § 110
Schadens nur beanspruchen, wenn der Mehrbetrag (1) Sind Entschädigungsansprüche vor Inkraft-
5 vorn Hundert der für diesen Schaden zuerkannten treten dieses Gesetzes nicht durch Bescheid oder
Entschädigung übersteigt. gerichtliche Entscheidung, sondern auf andere Weise,
(2) Wiederkehrende Leistungen, die auf Zeit- insbesondere durch Vergleich, Verzicht oder Ab-
abschnitte nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes findung, geregelt worden, so kann der Berechtigte
entfallen, werden ohne Rücksicht auf eine Mindest- bis zum Ablauf der Anmeldefrist (§ 91 Abs. 2) die
erhöhung neu festgesetzt. Eine Neufestsetzung von Regelung durch Erklärung gegenüber der zuständigen
wiederkehrenden Leistungen für die Zeit vor Inkraft- Entschädigungsbehörde anfechten. Die Anfechtung
treten dieses Gesetzes findet nicht statt. kann nur darauf gestützt werden, daß dem Berech-
tigten nach den Vorschriften dieses Gesetzes An-
(3) Die Neufestsetzung nach Absatz 1 und 2 erfolgt sprüche aus Schadenstatbeständen zustehen, auf
nur auf Antrag. Grund deren er nach bisherigem Recht Ansprüche
(4) Ist in einem bei Inkrafttreten dieses Gesetzes nicht geltend machen konnte. Dieses Anfechtungs-
anhängigen Feststellungsverfahren eine Entschei- recht steht ihm nicht zu, wenn er auf etwaige künf-
dung noch nicht ergangen, so sind die Entschädi- tige Rechtsansprüche verzichtet hat oder für solche
gungsleistungen nach den Vorschriften dieses Ge- Ansprüche abgefunden worden ist.
setzes festzusetzen. (2) Für das Verfahren gilt § 109.
, (5) In den Fällen der Absätze 1 bis 4 entscheidet,
unbeschadet der Vorschrift des § 106, die nach § 89 § 111
zuständige Entschädigungsbehörde. Der in den Eine weitergehende Regelung der Entschädigung
Fällen der Absätze 1 und 2 ergehende Bescheid un- für Verfolgte, die eine örtliche Beziehung zu deut-
terliegt nur der Nachprüfung durch den Vorsitzen- schen Gebieten außerhalb des Geltungsbereichs
den der Entschädigungskammer beim Landgericht. dieses Gesetzes haben, bleibt bis zur Wiedervereini-
Die Entscheidung ergeht durch Beschluß. Der Be- gung Deutschlands vorbehalten.
schluß ist unanfechtbar.
§ 112
§ 108 Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1
(1) Ist bei Inkrafttreten dieses Gesetzes ein Ver- des Dritten Uberleitungsgesetzes vorn 4. Januar 1952
fahren bei einem Gericht anhängig, so richtet sich die (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin. Rechts-
Fortführung des Verfahrens nach folgenden Be- verordnungen, die auf Grund der in diesem Gesetz
stimmungen: enthaltenen Ermächtigungen erlassen werden, gelten
a) Soweit das Verfahren bei einem Gericht an- im Land Berlin nach § 14 des Dritten Uberleitungs-
hängig ist, das auch nach diesem Gesetz zu- gesetzes.
ständig ist, entscheidet dieses Gericht auf § 113
Grund der Vorschriften dieses Gesetzes; Dieses Gesetz tritt am 1. Oktober 1953 in Kraft.
b) soweit das Verfahren bei einem Gericht an-
hängig ist, das nach den Vorschriften dieses
Gesetzes nicht zuständig ist, ist das Ver-
fahren an das nach diesem Gesetz zuständige Die Bundesregierung hat dem yorstehenden Gesetz
Gericht erster Instanz abzugeben. die nach Artikel 113 des Grundgesetzes erforderliche
(2) Die Zulässigkeit eines Rechtsmittels gegen die Zustimmung erteilt.
vor Inkrafttreten dieses Gesetzes ergangenen Ent- Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet.
scheidungen richtet sich nach den bisher geltenden
Vorschriften. Kann danach bei Inkrafttreten dieses Bonn, den 18. September 1953.
Gesetzes ein Rechtsmittel noch eingelegt werden, so
tritt an die Stelle des nach bisherigem Recht zu- Der Bundespräsident
lässigen Rechtsmittels dasjenige Rechtsmittel, das Theodor Heuss
gegen eine entsprechende Entscheidung nach den
Vorschriften dieses Gesetzes gegeben ist. Der Bundeskanzler
Adenauer
§ 109
Bestätigt das Landgericht den Bescheid der Ent- Der Bundesminister der Finanzen
schädigungsbehörde über einen Antrag nach § 91 Schäffer
Abs. 4 Satz 2, so ist diese Entscheidung endgültig.
Anderenfalls richtet sich das Verfahren unein- Der Bundesminister der Justiz
geschränkt nach den Vorschriften dieses Gesetzes. Dehler
Nr. 62 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 21. September 1953 1409
Erste Verordnung zur Änderung
derVerordnung zur Durchführung des Mineralölsteuergesetzes.
Vom 16. September 1953.
Auf Grund von§ 2 Abs. 3 und 5 in Verbindung mit DIN-Entwurf 51 752 höchstens 65 Volu-
§ 15 Abs. 1 Nr. 2 des Mineralölsteuergesetzes in der menprozent bis 250°C und mindestens 80
Fassung vom 21. Mai 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 234) Volumenprozent bis 370° C übergehen,
verordnet die Bundesregierung: 2. Benzin, he~gestellt im Fischer-Tropsch-
Verfahren au_s Kohle, die im Erhebungs-
§ 1
gebiet gefördert worden ist.
Die Verordnung zur Durchführung des Mineralöl-
steuergesetzes vom 26. Mai 1953 (Bundesgesetzbl. I (4) Die Steuer beträgt für 100 kg Eigengewicht
S. 237) wird mit Wirkung ab 1. Juni 1953 wie folgt der Erzeugnisse in
geändert und ergänzt: 1. Absatz 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2,30 DM,
§ 3 erhält folgende Fassung: 2. Absatz 2
,,§ 3 a) Nummer 1 .............. 11,30DM,
(1) Mineralöle besonderer Eigenart sind Reini- b) Nummer2 .............. 7,50DM,
gungsextrakte, die bei der Raffination von Schmier- c) Nummer3 .............. 1,-DM,
ölen mit auswählenden Lösungsmitteln anfallen, d) Nummer4 .............. 1,-DM,
wenn ihre Viskositäts-Dichte-Konstante minde-
stens 0,940 beträgt. Für das Untersuchungsverfah- e) Nummer 5 .............. 1,-DM,
ren gilt die Anlage 1. 3. Absatz 3
(2) Mineralöle besonderer Herkunft sind fol- a) Nummer 1 .............. 1,-DM,
gende Mineralöle, hergestellt im Fischer-Tropsch- b) Nummer2 .............. 1,-DM."
Verfahren aus Kohle, die im Erhebungsgebiet ge-
fördert worden ist:
§ 2
1. andere Leichtöle als Benzin,
Nach § 14 des Dritten Uberleitungsgesetzes vom
2. mittelschweres 01, 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) in Verbindung
3. Paraffin, mit Artikel 8 des Gesetzes zur Neuregelung der Ab-
4. Paraffingatsch, gaben auf Mineralöl vom 23. April 1953 (Bundes-
5. Flüssiggas. gesetzbl. I S. 149) gilt diese Rechtsverordnung auch
im Land Berlin.
(3) Mineralöle besonderer Eigenart und Her-
kunft sind § 3
1. Schweröle aus der Schwelung deutschen Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Ver-
Olschiefers, bei deren Destillation nach kündung in Kraft.
Bonn, den 16. September 1953.
Der Bundeskanzler
Adenauer
Der Bundesminister der Finanzen
Schäffer
1410 Bundesge·setzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
Verkündunge~ im Bundesanzeiger.
Gemäߧ 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Verkündung von Rechtsverordnungen vom 30. Januar 1950 (Bun-
desgesetzbl. S. 23) wird auf folgende im Bundesanzeiger verkündete Rechtsverordnungen nachrichtlich
hingewiesen:
Verkündet im Tag des
Bezeichnung der Verordnung Bundesanzeiger Inkraft-
Nr. vom tretens
Verordnung PR Nr. 24/53 zur Änderung der Verordnung PR
Nr. 77/52 vom 19. Dezember 1952 über den Einheitstarif für
Kraftfahrtversicherungen 1953 und zur Berechnung der Beiträge
in der Kraftfohrlhaftpflicht- und Fahrzeugvollversicherung bei
schadensfrcicm Verlauf der Verträge. Vom 2. September 1953. 172 8.9.53 10. 9. 53
Verordnung PR Nr. 25/53 über den Preisausgleich bei Lieferung
von Walzwerksfcrtigcrzeugnisscn in revierferne Gebiete. Vom
15. September 1953. 179 17.9.53 15.9.53
Verordnung PR Nr. 26/53 über Preise für Gold. Vom 11. Sep-
tember 1953. 179 17.9.53 18.9.53
Verordnung PR Nr. 27/53 zur Änderung der Verordnung PR
Nr. 71/50 über die Preise für Silber. Vom 11. September 1953. 179 17.9.53 18.9.53
Verordnung TS Nr. 10/53 über einen Zwanzigsten Nachtrag zur
Änderung und Ergänzung der Fünften Verordnung über den
Reichskraftwagentarif (Liste der Ausnahmetarife). Vom 15. Sep-
tember 1953. 181 19.9.53 21. 9. 53
Soeben in Neufassung erschienen:
Bundesversorgungsgesetz
mif Verwallungsvorschrillen
DIN A 4, 64 Seiten, broschiert. Preis DM 1.- einschließlich Porto und
Verpackungskosten.
Verlag des Bundesanzeigers, Köln/Rh. 1, Postfach
Der Einfachheit halber empfiehlt es sich, den Betrag auf Postscheckkonto
Köln 83400 unter Angabe der Bestellung auf dem Postscheckabschnitt einzu-
zahlen. Eine gesonderte Bestellung erübrigt sich in diesem Falle.
Heraus geb c r: Der Bundesminister der Justiz. - Ver 1 a g: Bundesanzeiger-Verlags-GmbH., Bonn/Köln. - Druck: Bundesdruckerei, Bonn
Das Bundesgesetzblatt erscheint in zwei gesonderten Teilen, Teil I und Teil II,
Laufend c r B c zu g nur durch d ic Post. Bezugspreis : vierteljährlich für Teil I = DM 4,-, für Teil II = DM 3,- (zuzüglich Zustellgebühr),
Ein z e 1 stücke je angefangene 24 Seilen DM 0,40 (zuzüglich Versandgebühren DM 0,10) - Zusendung einzelner Stücke per Streifband gegen
Voreinscndunry des erforderlichen Betrages auf Postscheckkonto .Bundesanzeiger-Verlags-GmbH.-Bundesgeselzblatt• Köln 3 99