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Bundesgesetzblatt
Teil I
1953 Ausgegeben zu Bonn am 4. September 1953 Nr. 57
Tag Inhalt: Seite
3. 9. 53 Sozialgerichtsgesetz (SGG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1239
3. 9. 53 Arbeitsgerichtsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1267
Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Vom 3. September 1953.
Inhaltsübersicht
ERSTER TEIL
Gerichtsverfassung §§
Erster Abschnitt Gerichtsbarkeit und Richteramt . . . . . . 1- 6
Zweiter Abschnitt Sozialgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7- 27
Dritter Abschnitt Landessozialgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . 28- 37
Vierter Abschnitt Bundessozialgericht . . . . . . . . . . . . . . . . . 38- 50
Fünfter Abschnitt Rechtsweg und Zuständigkeit . . . . . . . . 51- 59
ZWEITER TEIL
Verfahren
Erster Abschnitt Gemeinsame Verfahrensvorschriften
Erster Unterabschnitt Allgemeine Vorschriften . . . . . . . . . . . . 60- 75
Zweiter Unterabschnitt Beweissicherungsverfahren . . . . . . . . . 76
Dritter Unterabschnitt Vorverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77- 86
Vierter Unterabschnitt Verfahren im ersten Rechtszug . . . . . . 87-122
Fünfter Unterabschnitt Urteile und Beschlüsse 123-142
Zweiter Abschnitt Rechtsmittel
Erster Unterabschnitt Berufung ......................... . 143-159
Zweiter Unterabschnitt Revision .......................... . 160-171
Dritter Unterabschnitt Beschwerde ....................... . 172-178
Dritter Abschnitt Wiederaufnahme des Verfahrens und
besondere Verfahrensvorschriften .... 179-182
Vierter Abschnitt Kosten und Vollstreckung
Erster Unterabschnitt Kosten ........................... . 183-197
Zweiter Unterabschnitt Vollstreckung ..................... . 198-201
DRITTER TEIL
Ubergangs- und Schlußvorschriiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . 202-224
1240 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundes- Zweiter Abschnitt
rates das folgende Gesetz beschlossen: Sozialgerichte
§ 7
Erster Teil
(1) Die Sozialgerichte werden als Landesgerichte
Gerichtsverfassung errichtet. Die Errichtung und Aufhebung eines Ge-
Erster Abschnitt richts und die Verlegung eines Gerichtssitzes werden
durch Gesetz angeordnet. Änderungen in der Ab-
Gerichtsbarkeit und Richteramt grenzung der Gerichtsbezirke können auch durch
§ 1 Rechtsverordnung bestimmt werden. Die Landes-
regierung oder die von ihr beauftragte Stelle kann
Die Sozialgerichtsbarkeit wird durch unabhängige,
anordnen, daß außerhalb des Sitzes eines Sozial-
von den Verwaltungsbehörden getrennte, besondere
gerichts Zweigstellen errichtet werden.
Verwaltungsgerichte ausgeübt.
(2) Mehrere Länder können g.emeinsame Sozial-
§ 2 gerichte errichten oder die Ausdehnung von Ge-
Als Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit werden in richtsbezirken über die Landesgrenzen hinaus ver-
den Ländern Sozialgerichte und Landessozialgerichte, einbaren.
im Bund das Bundessozialgericht errichtet. § 8
Die Sozialgerichte entscheiden, soweit durch Ge-
§ 3 setz nichts anderes bestimmt ist, im ersten Rechtszug
(1) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit werden über alle Streitigkeiten, für die der Rechtsweg vor
mit Berufsrichtern und ehrenamtlichen Beisitzern den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit offensteht.
besetzt.
§ 9
(2) Die ehrenamtlichen Beisitzer führen bei den
Sozialgerichten die Amtsbezeichnung „Sozialrichter", (1) Das Sozialgericht besteht aus der erforder-
bei den Landessozialgerichten die Amtsbezeichnung lichen Zahl von Berufsrichtern als Vorsitzenden und
,,Landessozialrichter" und bei dem Bundessozial- aus den Sozialrichtern.
gericht die Amtsbezeichnung „Bundessozialrichter". (2) Als Vorsitzender kann auch ernannt werden,
wer durch längere, mindestens fünfjährige Tätigkeit
§ 4 in der Beratung und Vertretung von Angelegenhei-
Bei jedem Gericht wird eine Geschäftsstelle ein- ten auf den der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesenen
gerichtet, die mit der erforderlichen Zahl von Ur- Gebieten umfassende Kenntnisse und Erfahrungen
kundsbeamten besetzt wird. Das Nähere bestimmen im Sozialrecht besitzt.
für das Bundessozialgericht der Bundesminister für (3) Die Landesregierung oder die von ihr beauf-
Arbeit, für die Sozialgerichte und Landessozial- tragte Stelle führt die allgemeine Dienstaufsicht. Sie
gerichte die nach Landesrecht zuständigen Stellen. kann Geschäfte der Verwaltung und der Dienstauf-
§ 5 sicht dem Präsidenten des Landessozialgerir::hts oder
dem Vorsitzenden des Sozialgerichts, bei mehreren
(1) Alle Gerichte, Verwaltungsbehörden und Or-
einem von ihnen, übertragen.
gane der Versicherungsträger leisten den Gerichten
der Sozialgerichtsbarkeit Rechts- und Amtshilfe.
§ 10
(2) Das Ersuchen an ein Sozialgericht um Rechts- (1) Bei den Sozialgerichten werden Kammern für
hilfe ist an das Sozialgericht zu richten, in dessen Angelegenheiten der Sozialversicherung, der Ar-
Bezirk die Amtshandlung vorgenommen werden beitslosenversicherung einschließlich der übrigen
soll. Das Ersuchen ist durch den Vorsitzenden einer Aufgaben der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung
Kammer durchzuführen. Ist die Amtshandlung und Arbeitslosenversicherung sowie der Kriegs-
außerhalb des Sitzes des ersuchten Sozialgerichts opferversorgung gebildet. Bei Bedarf sind für An-
vorzunehmen, so kann dieses Gericht das Amts- gelegenheiten der Knappschaftsversicherung ein-
gericht um die Vornahme der Rechtshilfe ersuchen. schließlich der Unfallversicherung für den Bergbau
(3) §§ 158 bis 160, 164 bis 166, 168 des Gerichts- eigene Kammern zu bilden.
verfassungsgesetzes gelten entsprechend. (2) Für Angelegenheiten des Kassenarztrechts
(§ 51 Abs. 2) sind eigene Kammern zu bilden.
§ 6
(3) Der Bezirk einer Kammer kann auf Bezirke
(1) Die Berufsrichter müssen entweder die Fähig- . anderer Sozialgerichte erstreckt werden. Die be-
keit zum Richteramt nach dem Gerichtsverfassungs- teiligten Länder können die Ausdehnung des Bezirks
gesetz oder auf Grund der vorgeschriebenen Prüfun-
einer Kammer auf das Gebiet oder Gebietsteile meh-
gen an einem allgemeinen Verwaltungsgericht haben.
rerer Länder vereinbaren.
Sie sollen besondere Kenntnisse auf den Gebieten
des Sozialrechts und des sozialen Lebens besitzen. § 11
(2) Die Berufsrichter sind Richter mit den Rechten (1) Die Berufsrichter werden nach Maßgabe des
und Pflichten der Richter der ordentlichen Gerichte. Landesrechts nach Beratung mit einem für den Be-
Für ihre Rechtsstellung gelten die Vorschriften des zirk des Landessozialgerichts zu bildenden Ausschuß
Gerichtsverfassungsgesetzes. auf Lebenszeit ernannt.
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{2) Der Ausschuß ist von der zuständigen obersten (5) Die Sozialrichter für die Kammern für An-
Landesbehörde zu errichten. Ihm sollen in angemes- gelegenheiten der Kriegsopferversorgung sind in
senem Verhältnis Vertreter der Versicherten, der angemessenem Verhältnis zu der Zahl der von den
Arbeitgeber, der Versorgungsberechtigten und der Vorschlagsberechtigten vertretenen Kriegsopfer zu
mit der Kriegsopferversorgung vertrauten Personen berufen.
sowie der Sozialgerichtsbarkeit angehören. § 14
(3) Für die Bestellung von Hilfsrichtern gilt § 10 (1) Die Vorschlagslisten sollen die eineinhalbfache
Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes entspre- Zahl der festgesetzten Höchstzahl der Sozialrichter
chend. enthalten.
§ 12
(2) Die Vorschlagslisten für die Sozialrichter, die
(1) Jede Kammer des Sozialgerichts wird in der in den Kammern für Angelegenheiten der Sozial-
Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei Sozial- versicherung und für Angelegenheiten der Arbeits-
richtern als Beisitzern tätig. losenversicherung mitwirken, werden von den Ge-
{2) In den Kammern für Angelegenheiten der werkschaften und von selbständigen Vereinigungen
Sozialversicherung und für Angelegenheiten der Ar- von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer
beitslosenversicherung gehört je ein Sozialrichter Zwecksetzung sowie von Vereinigungen von Arbeit-
dem Kreis der Versicherten und der Arbeitgeber an. gebern aufgestellt.
Sind für Angelegenheiten einzelner Zweige der (3) Die Vorschlagslisten für die Sozialrichter, die
Sozialversicherung eigene Kammern gebildet, so in den Kammern für Angelegenheiten d.es ~a$sen-
sollen die Sozialrichter dieser Kammern an dem je- arztrechts mitwirken, werden bezirkUdl von .tw:t
weiligen Versicherungszweig beteiligt sein. Kassenärztlichen (KassenzahnärztlichenJ 11 · ·.,
(3) In den Kammern für Angelegenheiten des gungen und von den Zusammenschlüuen ~ ·. .~
Kassenarztrechts wirken je ein Sozialrichter aus den kenkassen aufgestellt.
Kreisen der Krankenkassen und der Kassenärzte (4) Für die Kammern für Angefeg,e,J11;).Wtml 6tt
(Kassenzahnärzte) mit. In Angelegenheiten der Kas- Kriegsopferversorgung werden die Vorsdl[~f~telt
senärzte (Kassenzahnärzte) wirken als Sozialrichter für die mit der Kriegsopferversor9UAg fft:tiau~
nur Kassenärzte (Kassenzahnärzte) mit. Personen von den Landesversorgungsäl'l,.~,tnld ~
(4) In der Kammer für Angelegenheiten der Vorschlagslisten für die VersorgU11f$b. .$i·~
Kriegsopferversorgung wirken je ein Sozialrichter von den im Gerichtsbezirk vertretenen. ·v~~
aus dem Kreis der mit der Kriegsopferversorgung gen der Kriegsopfer aufgestellt.
vertrauten Personen und der Versorgungsberechtig-
ten mit; dabei sind Fiinterbliebene in angemessener § 15
Zahl zu beteiligen. (1) Die Sozialrichter sind vor ihrer·~ten PleJ.l:~•
§ 13 leistung durch den Vorsitzenden in ~tU.dun , .
(1) Die Sozialrichter werden von der Landesregie- zung· zu beeidigen. ·
rung oder der von ihr beauftragten Stelle auf Grund
(2) Der Vorsitzende richtet an die-~ Be~gq~
von Vorschlagslisten (§ 14) für vier Jahre berufen;
den die Worte: ,,Sie schwören bei Gott14ttm A.Ilmlt!\"'
sie sind in angemessenem Verhältnis unter billiger
tigen und Allwissenden, die Pflichten eines Joiud:,,-
Berücksichtigung der Minderheiten aus den Vor-
richters getreulich zu erfüllen und Ihra 'Stblsmr, U~
schlagslisten zu entnehmen.
bestem Wissen und Gewissen abzugeben/' .Dit!J S~
(2) Die Sozialrichter bleiben nach Ablauf ihrer zialrichter leisten den Eid, indem jede:r e1nzehlC\ dtl,
Amtszeit im Amt, bis ihre Nachfolger berufen sind. Worte spricht: ,,Ich schwöre es, so walle mQ.- (Llt~
Erneute Berufung ist zulässig. Bei vorübergehendem helfe." Der Schwörende soll bei der l!id,,te
Bedarf kann die Landesregierung oder die von ihr die rechte Hand erheben.
beauftragte Stelle weitere Sozialrichter nur für ein
Jahr berufen. (3) Ist ein Sozialrichter Mitglied einer ltall~;-
gemeinschaft, der das Gesetz den Gebraudt ~i~
(3) Die Zahl der Sozialrichter, die für die Kam- Beteuerungsformeln an Stelle des Eides· {IUta
mern für Angelegenheiten der Sozialversicherung,
wird die Abgabe einer Erklärung unter der
der Arbeitslosenversicherung und der Kriegsopfer- rungsformel dieser Religionsgemeinschaft· (ßJl' .
versorgung zu berufen sind, bestimmt sich nach
leistung gleichgeachtet.
Landesrecht; dabei ist die Zahl der Sozialrichter für
die Kammern für Angelegenheiten der Knappschafts- (4) Der Eid kann auch ohne religiöse ~
versicherung und für Angelegenheiten des Kassen- geleistet werden.
arztrechts je besonders festzusetzen. (5) Uber die Beeidigung wird eine Niederschrift
(4) Bei der Berufung der Sozialrichter für die aufgenommen.
Kammern für Angelegenheiten der Sozialversiche- § 16
rung und der Arbeitslosenversicherung ist auf ein
(1) Das Amt des Sozialrichters kann nur ausüben,
angemessenes Verhältnis zu der Zahl der im Ge-
wer Deutscher ist und das fünfundzwanzigste Lebens-
richtsbezirk ansässigen Versicherten der einzelnen
jahr vollendet hat.
Versicherungszweige, auf die hauptsächlichen Er-
werbszweige, insbesondere auch auf die Gruppe der (2) Die Sozialrichter in den Kammern für Angele-
Selbständigen ohne fremde Arbeitskräfte Rücksicht genheiten der Sozialversicherung und für Angele-
zu nehmen. genheiten der Arbeitslosenversicherung können nur
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Versicherte, ihre Arbeitgeber oder, wenn der Arbeit- 3. wer durch ehrenamtliche Tätigkeit für die
geber eine juristische Person ist, deren gesetzliche Allgemeinheit so in Anspruch genommen
Vertreter sein. Versicherte werden den Arbeitgebern ist, daß ihm die Ubernahme des Amtes nicht
zugerechnet, wenn sie mindestens einen versiche- zugemutet werden kann,
rungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen; die Be- 4. wer durch Krankheit oder Gebrechen ver-
schäftigung einer Hausgehilfin oder Hausangestell- hindert ist, das Amt ordnungsmäßig aus-
ten begründet nicht die Arbeitgebereigenschaft. So- zuüben,
zialrichter aus Kreisen der Versicherten kann auch
5. wer glaubhaft macht, daß wichtige Gründe
sein, wer arbeitslos ist oder Renten aus eigener Ver-
ihm die Ausübung des Amtes in besonderem
sicherung bezieht.
Maße erschweren.
(3) Bei Sozialgerichten, in deren Bezirk wesent-
(2) Ablehnungsgründe sind nur zu berücksichti-
liche Teile der Bevölkerung in der Seeschiffahrt be-
gen, wenn sie innerhalb von zwei Wochen, nachdem
schäftigt sind, können Sozialrichter aus dem Kreis
der Sozialrichter von seiner Berufung in Kenntnis
der Versicherten auch befahrene Schiffahrtskundige
gesetzt worden ist, von ihm geltend gemacht werden.
sein, die nicht Reeder, Reedereileiter (Korrespon-
dentreeder, §§ 492 bis 499 des Handelsgesetzbuchs) (3) Der Sozialrichter kann auf Antrag aus dem
oder Bevollmächtigte sind. Amt entlassen werden, wenn einer der in Absatz 1
(4) Die Sozialrichter sollen im Bezirk des Sozial~ Nummern 3 bis 5 bezeichneten Gründe nachträglich
gerichts wohnen oder ihren Betriebssitz haben oder eintritt. Eines Antrages bedarf es nicht, wenn der
besct. .. ftigt sein. Sozialrichter seinen Wohnsitz aus dem Bezirk des
§ 17 Sozialgerichts verlegt und seine Heranziehung zu
den Sitzungen dadurch wesentlich erschwert wird.
(1) Vom Amt des Sozialrichters ist ausgeschlossen,
1. wer die Fähigkeit zur Bekleidung öffent- (4) Uber die' Berechtigung zur Ablehnung des
licher Ämter infolge strafgerichtlicher Ver- Amtes oder über die Entlassung aus dem Amt ent-
urteilung verloren hat oder wegen eines scheidet die vom Präsidium (§ 24) für jedes Ge-
Verbrechens oder eines vorsätzlichen Ver- schäftsjahr im voraus bestimmte Kammer endgültig.
gehens zu einer Freiheitsstrafe von mehr
als sechs Monaten verurteilt worden ist, § 19
2. wer wegen eines Verbrechens oder Ver- (1) Der Sozialrichter übt sein Amt als Ehrenamt
gehens angeklagt ist, das die Aberkennung mit gleichen Rechten wie der Berufsrichter aus.
der bürgerlichen Ehrenrechte oder der Fä- (2) Die Sozialrichter erhalten eine angemessene
higkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter Entschädigung für den ihnen aus der Wahrnehmung
zur Folge haben kann, ihres Amtes erwachsenen Verdienstausfall und Auf-
3. wer infolge gerichtlicher Anordnung in der wand sowie Ersatz der Fahrtkosten. Die nähere Rege-
Verfügung ü,ber sein Vermögen beschränkt lung trifft der Bundesminister für Arbeit durch
ist, Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrat~s.
4. wer das Wahlrecht zum Deutschen Bundes- (3) Die Entschädigung und die erstattungsfähigen
tag nicht besitzt. Fahrtkosten setzt der Vorsitzende der Kammer des
(2) Mitglieder der Vorstände von Trägern und Sozialgerichts fest. Gegen die Festsetzung ist die
Verbänden der Sozialversicherung, der Kassenärzt- Beschwerde zulässig; über diese entscheidet die
lichen (Kassenzahnärztlichen) Vereinigungen und durch das Präsidium {§ 24) für jedes Geschäftsjahr
der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Ar- im voraus bestimmte Kammer endgültig.
beitslosenversicherung können nicht Sozialrichter
sein. § 20
(1) Der Sozialrichter darf in der Ubernahme oder
(3) Die Bediensteten der Träger und Verbände
Ausübung des Amtes nicht beschränkt oder wegen
der Sozialversicherung, der Kassenärztlichen (Kas-
senzahnärztlichen) Vereinigungen und der Dienst- der Ubernahme oder Ausübung des Amtes nicht be-
stellen der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und nachteiligt werden.
Arbeitslosenversicherung können nicht Sozialrichter (2) Wer den Vorschriften des Absatzes 1 zuwider-
in der Kammer sein, die über Streitigkeiten aus handelt, wird mit Geldstrafe, in schweren Fällen mit
ihrem Arbeitsgebiet entscheidet. Gefängnis bis zu einem Jahr, bestraft, sofern nicht
nach anderen gesetzlichen Vorschriften eine schwe-
(4) Ein Sozialrichter kann nicht gleichzeitig Lan-
dessozialrichter oder Bundessozialrichter sein. rere Strafe verwirkt ist.
§ 21
§ 18
Der Vorsitzende kann gegen einen Sozialrichter,
(1) Die Ubernahme des Amtes als Sozialrichter der sich der Erfüllung seiner Pflichten entzieht, ins-
kann nur ablehnen,
besondere ohne genügende Entschuldigung nicht
1. wer das fünfundsechzigste Lebensjahr voll- oder nicht rechtzeitig zu den Sitzungen ·erscheint,
endet hat, durch Beschluß eine Ordnungsstrafe in Geld ver-
2. wer in den acht der Berufung vorhergehen-· hängen und ihm die durch sein Verhalten verursach-
den Jahren als Beisitzer bei einem Gericht tEm Kosten auferlegen. Bei nachträglicher genügen-
der Sozialgerichtsbarkeit tätig gewesen ist, der Entschuldigung ist der Beschluß aufzuheben oder
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zu ändern. Gegen den Beschluß ist Beschwerde zu- wenn dies wegen Geschäftshäufung bei einer
lässig. Uber die Beschwerde entscheidet die durch Kammer oder infolge Wechsels oder dauernder ·Ver-
das Präsidium (§ 24) für jedes Geschäftsjahr im vor- hinderung einzelner Vorsitzender erforderlich wird.
aus bestimmte Kammer des Sozialgerichts endgültig.
Vor der Entscheidung ist der Sozialrichter zu hören. § 26
Das Präsidium teilt die Sozialrichter im voraus für
§ 22
jedes Geschäftsjahr, mindestens für ein Vierteljahr,
(1) Der Sozialrichter ist seines Amtes zu entheben, einer Kammer zu, stellt die Reihenfolge fest, in der
wenn das Fehlen oder der Wegfall einer Voraus- sie zu den Verhandlungen zuzuziehen sind, und re-
setzung für seine Berufung bekannt wird oder wenn gelt ihre Vertretung für den Fall der Verhinderung.
er seine Amtspflicht grob verletzt. Von der Reihenfolge darf nur aus besonderen Grün-
(2) Uber die Enthebung entscheidet die vom den abgewichen werden; die Gründe sind akten-
Präsidium (§ 24) für jedes Geschäftsjahr im voraus kundig zu machen.
bestimmte Kammer endgültig. Vor der Entscheidung § 27
ist der Sozialrichter zu hören.
(1) Der aufsichtführende Vorsitzende wird, wenn
nach Maßgabe des Landesrechts ein ständiger Ver-
§ 23
treter ernannt ist, durch diesen, sonst durch der.. dem
(1) Bei jedem Sozialgericht wird ein Ausschuß der Dienstalter nach, 'bei gleichem Dienstalter durch den
Sozialrichter gebildet. Er besteht aus sechs Mitglie- cer Geburt nach ältesten Vorsitzenden vertreten.
dern, die von den Sozialrichtern aus ihrer Mitte ge-
wählt werden. Der Ausschuss tagt unter der Leitung (2) Bei Verhinderung des regelmäßigen Vertre-
des aufsichtführenden, oder wenn ein solcher nicht ters eines Vorsitzenden wird ein zeitweiliger Ver-
vorhanden oder verhindert ist, des dienstältesten treter durch den aufsichtführenden Vorsitzenden
Vorsitzenden des Sozialgerichts. bestimmt.
(3) Wenn die Vertretung eines Vorsitzenden nicht
(2) Der Ausschuß ist vor der Bildung von Kam-
durch einen Berufsrichter desselben Gerichts mög-
mern, vor der Geschäftsverteilung, vor der Vertei-
lich ist, wird sie auf Antrag des Präsidiums durch
lung der Sozialrichter auf die Kammern und vor
die Landesregierung oder die von ihr beauftragte
Aufstellung der Listen über die Heranziehung der
Stelle geregelt.
Sozialrichter zu den Sitzungen mündlich oder schrift-
lich zu hören. Er kann dem Vorsitzenden des Sozial-
gerichts und den die Verwaltung und Dienstaufsicht Dritter Abschnitt
führenden Stellen Wünsche der Sozialrichter über- Landessozialgerichte
mitteln. § 28
§ 24 (1) Die Landessozialgerichte werden als Landes-
(1) Bei den Sozialgerichten wird ein Präsidium gerichte errichtet. Die Errichtung und Aufhebung
gebildet, das aus dem aufsichtführenden Richter eines Gerichts und die Verlegung eines Gerichts-
als Vorsitzendem und den beiden dienstältesten, bei sitzes werden durch Gesetz angeordnet. Änderun-
gleichem Dienstalter den der Geburt nach ältesten gen in der Abgrenzung der Gerichtsbezirke können
Berufsrichtern besteht. Das Dienstalter bestimmt sich auch durch Rechtsverordnung bestimmt werden.
nach dem Tag der Ernennung zum Berufsrichter des
(2) Mehrere Länder können . ein gemeinsames
Sozialgerichts.
Landessozialgericht errichten.
(2) Ist ein dem Präsidium angehörender Berufs-
richter verhindert, so wird er von dem im Dienstalter § 29
folgenden Berufsrichter vertreten.
Die Landessozialgerichte entscheiden im zweiten
(3) Das Präsidium entscheidet mit Stimmenmehr- Rechtszug über die Berufung gegen die Urteile und
heit; bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des auf- die Beschwerden gegen andere Entscheidungen der
sichtführenden Richters den Ausschlag. Sozialgerichte.
(4) Bei den mit weniger als drei Berufsrichtern § 30
besetzten Sozialgerichten tritt der aufsichtführende (1) Das Landessozialgericht besteht aus dem
Richter an die Stelle des Präsidiums. Präsidenten, den Senatspräsidenten, weiteren Be-
rufsrichtern und den Landessozialrichtern.
§ 25
(2) Die Landesregierung oder die von ihr beauf-
(1) Das Präsidium verteilt vor Beginn des Ge- tragte Stelle führt die allgemeine Dienstaufsicht.
schäftsjahres auf dessen Dauer die Geschäfte auf die Sie kann Geschäfte der Verwaltung und der Dienst-
Kammern und die Kammern auf die Vorsitzenden. aufsicht dem Präsidenten des Landessozialgerichts
Es teilt die Vorsitzenden den einzelnen Kammern übertragen.
für die Dauer des Geschäftsjahres zu und regelt § 31
ihre Vertretung für den Fall der Verhinderung. Die
(1) Bei den Landessozialgerichten werden Senate
Vorsitzenden und di~ Sozialrichter können mehreren
für Angelegenheiten der Sozialversicherung, der
Kammern angehören.
Arbeitslosenversicherung einschließlich der übrigen
(2) Die Anordnungen des Präsidiums können im Aufgaben der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung
laufe des Geschäftsjahres nur geändert werden, und Arbeitslosenversicherung sowie der Kriegs-
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opferversorgung gebildet. Bei Bedarf ist für Ange- (2) Das Bundessozialgericht besteht aus dem Prä-
legenheiten der Knappschaftsversicherung ein- sidenten, den Senatspräsidenten, weiteren Bundes-
schließlich der Unfallversicherung für den Bergbau richtern und den Bundessozialrichtern. Die Berufs-
ein eigener Senat zu bilden. richter müssen das· fünfunddreißigste Lebensjahr
·vollendet haben. Für die Berufung der Berufsrichter
(2) Für die Angelegenheiten des Kassenarztrechts
gelten die Vorschriften des Richterwahlgesetzes.
ist ein eigener Senat zu bilden.
Zuständiger Minister im Sinne des § 1 Abs. 1 des
(3) Die beteiligten Länder können die Ausdeh- Richterwahlgesetzes ist der Bundesminister für
nung des Bezirks eines Senats auf das Gebiet oder Arbeit.
auf Gebietsteile mehrerer Länder vereinbaren.
(3) Der Bundesminister für Arbeit führt die all-
gemeine Dienstaufsicht über das Bundessozial-
§ 32 gericht. Er kann Geschäfte der Verwaltung und der
(1) Die Berufsrichter werden von der nach Landes- Dienstaufsicht dem Präsidenten des Bundessozial-
recht zuständige 1. Stelle auf Lebenszeit ernannt. gerichts übertragen.
(2) Für die Bestellung der Hilfsrichter gilt § 11 § 39
Abs. 3 mit der Maßgabe, daß als Hilfsrichter nur auf (1) Das Bundessozialgericht entscheidet über das
Lebenszeit ernannte Richter anderer Gerichte Rechtsmittel der Revision.
bestellt werden dürfen.
(2) Das Bundessozialgericht entscheidet im ersten
und letzten Rechtszug über Streitigkeiten nicht ver-
§ 33
fassungsrechtlicher Art zwischen dem Bund und den
Jeder Senat wird in der Besetzung mit einem · Ländern sowie zwischen verschiedenen Ländern in
Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und Angelegenheiten des § 51. Hält das Bundessozial-
zwei Landessozialrichtern tätig. § 12 Abs. 2 bis 4 gericht in diesen Fällen eine Streitigkeit für verfas-
gilt entsprechend_. sungsrechtlich, so legt es die Sache dem Bundesver-
§ 34 fassungsgericht zur Entscheidung vor. Das Bundes-
(1) Den Vorsitz im Senat führt der Präsident verfassungsgericht entscheidet mit bindender Wir-
oder ein Senatspräsident. Bei Verhinderung des kung.
ordentlichen Vorsitzenden führt den Vorsitz der § 40
vorn Präsidium (§ 36) vor Beginn des Geschäfts-
Für die Bildung unj Besetzung der Senate gelten
jahres zum Vertreter bestellte Berufsrichter; ist auch
§ 31 Abs. l und §§ 33 und 34 entsprechend. Für An-
dieser verhindert oder ein Vertreter nicht bestellt,
gelegenheiten des Kassenarztrechts und der Knapp-
so regelt das Präsidium den Vorsitz.
schaftsversicherung einschließlich der Unfallver-
(2) Innerhalb des Senats verteilt der Vorsitzende sicherung für den Bergbau ist je ein Senat zu bilden.
die Geschäfte auf die Mitglieder.
§ 41
§ 35
(1) Bei dem Bundessozialgericht wird ein Großer
(1) Die Landessozialrichter müssen das dreißigste Senat gebildet, der aus dem Präsidenten, sechs
Lebensjahr vollendet haben; sie sollen 1nindestens weiteren Bundesrichtern und vier Bundessozial-
vier Jahre Sozialrichter gewesen sein. Im übrigen richtern als Beisitzern besteht.
gelten §§ 13 bis 23.
(2) Je zwei Bundesrichter müssen Senaten für
(2) In den Fällen des § 18 Abs. 4, des § 19 Abs. 3, Angelegenheiten der Sozialversicherung, der
der §§ 21 und 22 Abs. 2 entscheidet der vorn Präsi- Arbeitslosenversicherung sowie der Kriegsopfer-
dium (§ 36) für jedes Geschäftsjahr im voraus be- versorgung angehören.
stimmte Senat.
(3) Als ehrenamtliche Beisitzer sind aus der Zahl
§ 36 der als Bundessozialrichter berufenen Personen vom
Bei den Landessozialgerichten wird ein Präsidium Präsidium durch das Los auszuwählen
gebildet, das aus dem Präsidenten als Vorsitzen- 1. für Streitigkeiten in Angelegenheiten ·der
dem, den Senatspräsidenten und den beiden dienst- Sozialversicherung sowie in Angelegen-
ältesten, bei gleichem Dienstalter den der Geburt heiten der Bundesanstalt für Arbeitsver-
nach ältesten Berufsrichtern besteht. §§ 24 bis 26 mittlung und Arbeitslosenversicherung je
gelten entsprechend. vier Vertreter der Versicherten und der
§ 37 Arbeitgeber,
Für die Vertretung des Präsidenten und der wei- 2. für Streitigkeiten in Angelegenheiten der
teren Berufsrichter gilt § 27 entsprechend. Kriegsopferversorgung je vier Vertreter
der mit der Kriegsopferversorgung ver-
trauten Personen und der Versorgungs-
V erter Abschnitt berechtigten.
Bundessozialgericht (4) Die Bundesrichter und die Bundessozialrichttcr
sowie die im Falle ihrer Verhinderung an ihre StelJe
§ 38 tretenden Bundesrichter und Bundessozialrichter
(1) Das Bundessozialgericht hat seinen Sitz in werden als Mitglieder des Großen Senats durch das
Kassel. Präsidium für zwei Geschäftsjahre bestellt.
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(5) Den Vorsitz im Großen Senat führt der Prä- (3) Die Bundessozialrichter für die Senate der
sident, im Falle der Verhinderung der dienstälteste Kriegsopferversorgung werden auf Vorschlag der
Senatspräsident. In den Fällen des § 42 nehmen die obersten Verwaltungsbehörden der Länder und der-
Präsidenten der beteiligten Senate, in den Fällen des jenigen Vereinigungen von Kriegsopfern, die sich
§ 43 der Präsident des erkennenden Senats oder über das Bundesgebiet erstrecken und eine entspre-
ein von ihnen bestimmtes Mitglied ihres Senats an chende Mitgliederzahl aufweisen, berufen.
den Sitzungen des Großen Senats mit den Befugnis-
sen eines Mitglieds teil. Bei Stimmengleichheit gibt
die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. § 47
Die Bundessozialrichter müssen das fünfunddrei-
ßigste Lebensjahr vollendet haben; sie sollen min-
§ 42
destens vier Jahre Sozialrichter oder Landessozial-
Will in einer Rechtsfrage ein Senat von der Ent- richter gewesen sein. Im übrigen gelten §§ 15 bis
scheidung eines anderen Senats oder des Großen 23 entsprechend mit der Maßgabe, daß in deI.1 Fällen
Senats abweichen, so entscheidet der Große Senat. des § 18 Abs. 4, des § 19 Abs. 3, der §§ 21 und 22
Abs. 2 der vom Präsidium (§ 48) für jedes Geschäfts-
§ 43 jahr im voraus bestimmte Senat des Bundessozial-
Der erkennende Senat kann in einer Frage von gerichts entscheidet.
grundsätzlicher Bedeulung die Entscheidung des
§ 48
Großen Senats herbeiführen, wenn nach seiner Auf-
fassung die Fortbildung des Rechts oder die Siche- Beim Bundessozialgericht wird ein Präsidium ge-
rung einer einheitlichen Rechtsprechung es erfordert. bildet, das aus dem Präsidenten als Vorsitzendem,
den Senatspräsidenten und den beiden dem Dienst-
alter nach, bei gleichem Dienstalter den der Geburt
§ 44 nach ältesten Bundesrichtern besteht. §§ 24 bis 26
(1) Der Große Senat entscheidet in mündlicher gelten entsprechend.
Verhandlung über die Rechtsfrage.
§ 49
(2) Die Entscheidung ist in der vorliegenden Sache
für den erkennenden Senat bindend. Für die Vertretung des Präsidenten und der weite-
ren Bundesrichter gilt § 27 entsprechend mit der
(3) Erfordert die Entscheidung der Sache eine er- Maßgabe, daß an die Stelle der Landesregierung der
neute mündliche Verhandlung vor dem erkennenden Bundesminister für Arbeit tritt.
Senat, so sind die Beteiligten unter Mitteilung der
ergangenen Entscheidung der Rechtsfrage zu der
Verhandlung zu laden. § 50
Der Geschäftsgang wird durch eine Geschäftsord-
§ 45 nung geregelt, die das Präsidium unt~r Zuziehung
(1) Der Bundesminister für Arbeit bestimmt nach der beiden der Geburt nach ältesten Bundessozial-
Anhörung des Präsidenten des Bundessozialgerichts richter beschließt. Sie bedarf der Bestätigung durch
die Zahl der für die einzelnen Zweige der Sozial- den Bundesrat.
gerichtsbarkeit zu berufenden Bundessozialrichter.
(2) Die Bundessozialrichter werden vom Bundes-
Fünfter Abschnitt
minister für Arbeit auf Grund von Vorschlagslisten
(§ 46) für die Dauer von vier Jahren berufen; sie Rechtsweg und Zuständigkeit
sind in angemessenem Verhältnis unter billiger Be- § 51
rücksichtigung der Minderheiten aus den Vorschlags-
(1) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit ent-
liste·1 zu entnehmen.
scheiden über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in
(3) Die Bundessozialrichter bleiben nach Ablauf Angelegenheiten der Sozialversicherung, der Ar-
ihrer Amtszeit im Amt, bis ihre Nachfolger berufen beitslosenversicherung und der übrigen Aufgaben
sind. Erneute Berufung ist zulässig. der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Ar-
beitslosenversicherung sowie der Kriegsopferver-
§ 46 sorgung.
(1) Die Vorschlagslisten für die Bundessozialrich- (2) Angelegenheiten der Sozialversicherung sind
ter in den Senaten für Angelegenheiten der Sozial- auch die Angelegenheiten, die auf Grund der Bezie-
versicherung und der Arbeitslosenversicherung wer- hungen zwischen Ärzten, Zahnärzten und Kranken-
den von den im § 14 Abs. 2 aufgeführten Organi- kassen (Kassenarztrecht) im Rechtsweg zu entschei-
sationen aufgestellt. den sind. Zu den Angelegenheiten der Kriegsopfer-
versorgung gehören nicht Maßnahmen auf dem Ge-
(2) Die Vorschlagslisten für die Bundessozialrich-
ter in den Senaten für Angelegenheiten des Kassen- biet der sozialen Fürsorge nach §§ 25 bis 27 des
arztrechts werden von den Kassenärztlichen (Kas- Bundesversorgungsgesetzes.
senzahnärztlichen) Vereinigungen und gemeinsam (3) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit ent-
von den Zusammenschlüssen der Krankenkassen, scheiden ferner über sonstige öffentlich-rechtliche
die sich über das Bundesgebiet erstrecken, aufge- Streitigkeiten, für die durch Gesetz der Rechtsweg
stellt. vor diesen Gerichten eröffnet wird.
1246 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
§ 52 kann mit der Klage neben der Aufhebung des Ver-
(1) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit ent- waltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt
scheiden über die Zulässigkeit des zu ihnen beschrit- werden.
tenen Rechtsweges. Hat ein Gericht der Sozialge- (5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer
richtsbarkeit den Rechtsweg zuvor rechtskräftig für Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch
unzulässig erklärt, so kann ein anderes Gericht in dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt
derselben Sache seine Gerichtsbarkeit nicht deshalb nicht zu ergehen hatte.
verneinen, weil es den Rechtsweg zu den Gerichten
der Sozialgerichtsbarkeit für gegeben hält. § 55
(2) Hat ein Gericht der Zivil-, Arbeits-, Straf-, (1) Mit der Klage kann begehrt werden
Finanz- oder der allgemeinen Verwaltungsgerichts- 1. die Feststellung des Bestehens oder Nicht-
barkeit den zu ihm beschrittenen Rechtsweg zuvor bestehens eines Rechtsverhältnisses,
rechtskräftig für zulässig oder unzulässig erklärt, 2. die Feststellung, welcher Versicherungs-
so sind die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit an träger der Sozialversicherung zuständ,ig ist,
diese Entscheidung gebunden.
3. die Feststellung, ob eine Gesundheits-
(3) Hält ein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit den störung oder der Tod die Folge eines Ar-
zu ihm beschrittenen Rechtsweg nicht für gegeben, beitsunfalls, einer Berufskrankheit oder
so verweist es ill. dem Urteil, in dem es den Rechts- einer Schädigung im Sinne des Bundesver-
weg für unzulässig erklärt, zugleich auf Antrag des sorgungsgesetzes ist,
Klägers die Sache an das Gericht des ersten Rechts- 4, die F~ststellung der Nichtigkeit eines Ver-
zugs, zu dem es den Rechtsweg für gegeben hält. waltungsakts,
Der Kläger ki;inn den Antrc.g auf Verweisung nur
bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung stellen, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der
baldigen Feststellung hat.
auf die das Urteil ergeht. Mit der Rechtskraft des
Urteils gilt die Rechtshängigkeit der Sache bei dem (2) Unter Absatz 1 Nummer 1 fällt auch die Fest-
im Urteil bezeichneten Gericht als begründet. Soll stellung, in welchem Umfange Beiträge zu berechnen
durch die Erhebung der Klage eine Frist gewahrt oder anzurechnen sind.
werden, so tritt diese Wirkung bereits in dem Zeit-
punkt ein, in dem die Klage erhoben worden ist. § 56
Das gleiche gilt in Ansehung der Wirkungen, die Mehrere Klagebegehren können vom Kläger jn
durch andere als verfahrensrechtliche Vorschriften einer Klage zusammen verfolgt werden, wenn sie
an die Rechtshängigkeit geknüpft werden. sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusam-
menhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist.
§ 53
Der Rechtsschutz wird auf Klage gewährt. § 57
( 1) Ortlich zuständig ist das Sozialgericht, in des-
§ 54 sen Bezirk der Kläger zur Zeit der Klageerhebung
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Ver- seinen Sitz oder Wohnsitz oder in Ermangelung
waltungsakts oder seine Abänderung sowie die dessen seinen Aufenthaltsort hat; steht er in einem
Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder Beschäftigungsverhältnis, so kann er auch vor dem
unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. für den Beschäftigungsort zuständigen Sozialgericht
Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die klagen. Klagt eine Körperschaft oder Anstalt des
Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch öffentlichen Rechtes oder in Angelegenheiten der
den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung Kriegsopferversorgung ein Land, so ist der Sitz oder
oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert Wohnsitz oder Aufenthaltsort des Beklagten maß-
zu sein. gebend, wenn dieser eine natürliche Person oder
eine juristische Person des Privatrechts ist.
(2) Df;r Kläger ist beschwert, wenn der Verwal-
tungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung (2) Ist die erstmalige Bewilligung einer Hinter-
eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die bliebenenrente streitig, so ist der Wohnsitz oder in
Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Ermangelung dessen der Aufenthaltsort der Witwe
Rechtes ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu han- oder des Witwers maßgebend. Ist eine Witwe oder
deln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die ein Witwer nicht vorhanden, so ist das Sozialgericht
gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschrit- örtlich zuständig, in dessen Bezirk die jüngste Waise
ten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck im Geltungsbereich dieses Gesetzes ihren Wohnsitz
der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Ge- oder in Ermangelung dessen. ihren Aufenthaltsort
brauch gemacht ist. hat; sind nur Eltern oder Großeltern vorhanden, so
ist das Sozialgericht örtlich zuständig, in dessen
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des
Bezirk die Eltern oder Großeltern ihren Wohnsitz
öffentlichen Rechtes kann mit der Klage die Auf-
oder in Ermangelung dessen ihren Aufenthaltsort
hebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde
haben. Bei verschiedenem Wohnsitz oder Aufent-
begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung
haltsort der Eltern- oder Großelternteile gilt der im
das Aufsichtsrecht überschreite.
Geltungsbereich dieses Gesetzes gelegene Wohn-
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine sitz oder Aufenthaltsort des anspruchsberechtigten
Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so Ehemannes oder geschiedenen Mannes.
Nr. 57 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 4. September 1953 1247
(3) Hat der Kläger seinen Sitz oder ·wohnsitz oder § 61
Aufenthaltsort außerhalb des Geltungsbereichs die- (1) Für die Offentlichkeit, Sitzungspolizei und
ses Gesetzes, so ist örtlich zuständig das Sozial- Gerichtssprache gelten §§ 169, 172 bis 191 des Ge-
gericht, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz richtsverfassungsgesetzes entsprechend. Die Offent-
oder Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen lichkeit kann auch ausgeschlossen werden, wenn die
Aufenthaltsort hat. Offenlegung der gesundheitlichen oder Familien-
§ 58 verhältnisse für einen Beteiligten von erheblichem
(1) Das zuständige Gericht innerhalb der Sozial- Nachteil sein könnte.
gerichtsbarkeit wird durch das gemeinsam nächst- (2) Für die Beratung und Abstimmung gelten
höhere Gericht bestimmt, §§ 192 bis 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes ent-
sprechend. ·
1. wenn das an sich zuständige Gericht in
einem einzelnen Falle an der Ausübung der § 62
Gerichtsbarkeit rechtlich oder tatsächlich
Vor jeder Entscheidung ist den Beteiligten recht-
verhindert ist,
liches Gehör zu gewähren; die Anhörung kar1:n
2. wenn mit Rücksicht auf die Grenzen ver- schriftlich geschehen.
schiedener Gerichtsbezirke ungewiß ist,
welches Gericht für den Rechtsstreit zustän- § 63
dig ist, (1) Anordnungen und Entscheidungen, durch die
3. wenn in einem Rechtsstreit verschiedene eine Frist in Lauf gesetzt wird, sowie Terminbe-
Gerichte sich rechtskräftig für zuständig stimmungen und Ladungen sind zuzustellen, bei
erklärt haben, Verkündung jedoch nur, wenn es ausdrücklich vor-
geschrieben ist.
4. wenn verschiedene Gerichte, von denen
eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich (2} Zugestellt wird von Amts wegen nach §§ 2 bis
rechtskräftig für unzuständig erklärt haben, 15 des Verwaltungszustellungsgesetzes vom 3. Juli
1952 (Bundesgesetzbl. I S. 379).
5. wenn eine örtliche Zuständigkeit nach § 57
nicht gegeben ist. (3) Wer nicht im Inland wohnt, hat auf Verlangen
(2) Zur Feststellung der Zuständigkeit kann jedes einen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen.
mit dem Rechtsstreit befaßte Gericht und jeder am
Rechtsstreit Beteiligte das im Rechtszug höhere Ge- § 64
richt anrufen, das ohne mündliche Verhandlung (1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts
entscheiden kann.
anderes bestimmt ist, mit dem Tage nach der Zu-
§ 59 stellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist,
Vereinbarungen der Beteiligten über die Zustän- mit dem Tage nach der Eröffnung oder Verkündung.
digkeit haben keine rechtliche Wirkung. (2) Eine nach Tagen bestimmte Frist endet mit dem
Ablauf ihres letzten Tages, eine nach Wochen oder
Monaten bestimmte Frist mit dem Ablauf desjeni-
Zweiter Teil gen Tages der letzten Woche oder des letzten
Verfahren Monats, welcher nach Benennung oder Zahl dem
Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeit-
Erster Abschnitt punkt fällt. Fehlt dem letzten Monat der entspre-
Gemeinsame Verfahrensvorschriften chende Tag, so endet die Frist mit dem Monat.
(3) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag
ERSTER UNTERABSCHNITT oder gesetzlichen Feiertag, so endet die Frist mit
Allgemeine Vorschriften Ablauf des nächstfolgenden vVerktags.
§ 60
(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der § 65
Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 44, § 45 Abs. 2 Auf Antrag kann der Vorsitzende richterliche
Satz 2, §§ 47 bis 49 der Zivilprozeßordnung ent- Fristen abkürzen oder verlängern. Im Falle der Ver-
sprechend. Uber die Ablehnung entscheidet außer im längerung wird die Frist von dem Ablauf der vorigen
Falle des § 171 das Landessozialgericht durch Be- Frist an berechnet.
schluß. § 66
(2) Von der Ausübung des Amles als Richter ist (1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen ande-
auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen ren Rechtsbehelf beginnt nur dann zu laufen, wenn
Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat. der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwal-
(3) Die Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der tungsstelle oder das Gericht, bei denen der Rechts-
Zivilprozeßordnung gilt stets als begründet, wenn behelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhal-
der Richter dem Vorstand einer Körperschaft oder tende Frist schriftlich belehrt worden ist.
Anstalt des öffentlichen Rechtes angehört, deren (2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig
Interessen durch das Verfahren unmittelbar berührt erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur
werden. innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung
1248 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
oder Verkündung zulässig, außer wenn die Ein- § 72
legung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer (1) Für einen nicht prozeßfähigen Beteiligten ohne
Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche Beleh- gesetzlichen Vertreter kann der Vorsitzende bis zum
rung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht Eintritt eines Vormunds oder Pflegers für das Ver-
gegeben sei. § 67 Abs. 2 gilt für den Fall höherer fahren einen besonderen Vertreter bestellen, dern
Gewalt entsprechend. alle Rechte, außer dem Empfang von Zahlungen,
§ 67 zustehen.
(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert (2) Der nicht prozeßfähige Beteiligte kann auf
war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so sein Verlangen selbst gehört werden.
ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen
(3) Die Bestellung eines besonderen Vertreters
Stand zu gewähren.
ist auch zulässig, wenn der Aufenthaltsort eines Be•
(2) Der Antrag ist binnen eines Monats nach Weg- · teiligten oder seines gesetzlichen Vertreters vom
fall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Sitz des Gerichts weit entfernt ist und der Beteiligte
Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht oder gesetzliche Vertreter zustimmt.
werden. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte
(4) Die Kosten des besonderen Vertreters gelten
Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so
als Kosten des Beteiligten.
kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag ge-
währt werden.
§ 73
(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäum-
ten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der (1) Die Beteiligten können sich in jeder Lage des
Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Verfahrens durch prozeßfähige Bevollmächtigte ver•
Gewalt unmöglich war. treten lassen. Personen, die als ärztliche Gutachter
für Beteiligte tätig gewesen sind, können in diesem
(4) Dber den Wiedereinsetzungsantrag entschei- Verfahren nicht als Bevollmächtigte auftreten.
det das Gericht, das über die versäumte Rechtshand-
lung zu befinden hat. Der Beschluß, der die Wieder- (2) Die Vollmacht ist schriftlich zu erteilen und
einsetzung bewilligt, ist unanfechtbar. zu den Akten bis zur Verkündung der Entscheidung
einzureichen; sie kann auch zur Niederschrift des
§ 68
Gerichts erteilt werden. Bei Ehegatten und Ver-
wandten in gerader Linie kann die Bevollmächti-
Für die Unterbrechung und Aussetzung des Ver- gung unterstellt werden.
fahrens gelten § 239 Abs. 1, 2 und 5 und §§ 240 bis
245, 247 bis 249 der Zivilprozeßordnung ent- (3) Ist ein Bevollmächtigter bestellt, so sind die
sprechend. Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten. Der
Beteiligte muß die Prozeßführung gegen sich gelten
§ 69
lassen, auch wenn er nur mündlich Vollmacht er-
Beteiligte am Verfahren sind teilt oder die Prozeßführung ausdrücklich oder still-
1. der Kläger, schweigend genehmigt hat.
2. der Beklagte, (4) Für den Umfang und die Wirkungen der Voll-
3. der Beigeladene. macht gelten im übrigen §§ 81, 84 bis 86 der Zivil-
prozeßordnung entsprechend. Eine Vollmacht kann
§ 70 auch für einzelne Prozeßhandlungen erteilt werden.
Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind (5) In der mündlichen Verhandlung können die
1. natürliche und juristische Personen, Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Für Bei-
2. nichtrechtsfähige Personenvereinigungen, stände gilt Absatz 1 Satz 2 entsprechend. Das von
dem Beistand Vorgetragene gilt als von der Partei
3. Behörden, sofern das Landesrecht dies be-
vorgebracht, soweit es nicht von dieser sofort
stimmt.
widerrufen oder berichtigt wird.
§ 71
(6) Für die Zurückweisung von Bevollmächtigten
(1) Ein Beteiligter ist prozeßfähig, soweit er sich und Beiständen gilt § 157 der Zivilprozeßordnung
durch Verträge verpflichten kann. entsprechend. Ist die Zurückweisung dem Beteilig-
(2) Minderjährige, die das 16. Lebensjahr vollen- ten nicht rechtzeitig vorher angekündigt worden, so
det haben, sind in eigenen Sachen prozeßfähig. Zur ist, falls der Beteiligte nicht erschienen ist oder falls
Zurücknahme eines Rechtsbehelfs bedürfen sie der er es beim Erscheinen auf Befragen beantragt, die
Zustimmung des gesetzlichen Vertreters. Verhandlung zu vertagen.
(3) Für rechtsfähige und nichtrechtsfähige Per-
sonenvereinigungen sowie für Behörden handeln § 74
ihre gesetzlichen Vertreter, Vorstände oder beson- §§ 59 bis 65 der Zivilprozeßordnung über die
ders Beauftragte. Streitgenossenschaft und die Hauptintervention gel-
(4) In Angelegenheiten der Kriegsopferversor- ten entsprechend.
gung wird das Land durch das Landesversorgungs- § 75
amt vertreten. (1) Das Gericht kann von Amts wegen oder auf
(5) §§ 53 bis 56 der Zivilprozeßordnung gelten Antrag Andere, deren berechtigte Interessen durch
entsprechend. die Entscheidung berührt werden, beiladen. In An-
Nr. 57 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 4. September 1953 1249
gelegenheiten der Kriegsopferversorgung ist die § 79
Bundesrepublik Deutschland auf Antrag beizu- Ein Vorverfahren findet statt, wenn mit der Klage
laden.
1. die Aufhebung eines Verwaltungsakts be-
(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte gehrt wird, der nicht eine Leistung betrifft, auf
derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen die ein Rechtsanspruch besteht,
gegenüber nur einheitlich ergehen kann oder ergibt 2. die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten
sich im Verfahren, daß bei der Ablehnung des An- Verwaltungsakts begehrt wird.
spruchs ein anderer Versicherungsträger oder in
Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung ein
Land als leistungspflichtig in Betracht kommt, so § 80
sind sie beizuladen. Ein Vorverfahren findet ferner statt
(3) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten 1. in allen übrigenAngelegenheiten der Kranken-
zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und und Knappschaftsversicherung, der Bundes-
der Grund der Beiladung angegeben werden. Der anstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeits-
Beschluß, den Dritten beizuladen, ist unanfechtbar. losenversicherung sowie der Kriegsopferver-
sorgung,
(4) Der Beigeladene kann innerhalb der Anträge
der anderen Beteiligten selbständig Angriffs- und 2. bei Beitragsstreitigkeiten in der Unfallver-
Verteidigungsmittel geltend machen und alle Ver- sicherung und in den Rentenversicherungen der
fahrenshandlungen wirksam vornehmen. Ab- Arbeiter und der Angestellten.
weichende Sachanträge kann er nur dann stellen,
wenn eine Beiladung nach Absatz 2 vorliegt.
§ 81
(5) Ein Versicherungsträger oder in Angelegen- Ein Vorverfahren findet in den Fällen der§§ 79 und
heiten der Kriegsopferversorgung ein Land kann 80 nicht statt,
nach Beiladung verurteilt werden.
1. wenn ein Verwaltungsakt von einer obersten
Bundesbehörde oder einer obersten Landes-
ZWEITER UNTERABSCHNITT behörde erlassen worden ist,
2. wenn ein Land oder ein Versicherungsträger
Beweissicherungsverfahren klagen will.
§ 76
§ 82
(1) Auf Gesuch eines Beteiligten kann die Ein-
In den Fällen der §§ 1107 bis 1109 der Reichsver-
nahme des Augenscheins und die Vernehmung von
sicherungsordnung gilt das Verfa1'ren vor dem See-
Zeugen und Sachverständigen zur Sicherung des Be-
mannsamt als Vorverfahren.
weises angeordnet werden, wenn zu besorgen ist,
daß das Beweismittel verloren gehe oder seine Be-
nutzung erschwert werde, oder wenn der gegen- § 83
wärtige Zustand einer Sache festgestellt werden soll Das Vorverfahren beginnt mit der Erhebung des
und der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an Widerspruchs.
dieser Feststellung hat.
(2) Das Gesuch ist bei dem für die Hauptsache § 84
zuständigen Sozialgericht anzubringen. In Fällen (1) Der Widerspruch ist binnen eines Monats,
dringender Gefahr kann das Gesuch bei einem ande- nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten be-
ren Sozialgericht oder einem Amtsgericht angebracht kanntgegeben worden ist, schriftlich oder zur Nie-
werden, in dessen Bezirk sich die zu vernehmenden derschrift bei der Stelle einzureichen, die den Ver-
Personen aufhalten oder sich der in Augenschein zu waltungsakt erlassen hat.
nehmende Gegenstand befindet. (2) Die Frist zur Erhebung des Widerspruchs gilt
(3) Für das Verfahren gelten §§ 487, 490 bis 494 auch dann als gewahrt, wenn die Widerspruchs-
der Zivilprozeßordnung entsprechend. schrift bei einer anderen inländischen Behörde oder
bei einem Versicherungsträger oder bei einer deut-
schen Konsularbehörde oder, soweit es sich um die
DRITTER UNTERABSCHNITT Versicherung von Seeleuten handelt, auch bei einem
Vorverfahren deutschen Seemannsamt eingegangen ist. Die Wider-
spruchsschrift ist unverzüglich der zuständigen Be-
§ 77 hörde oder dem zuständigen Versicherungsträger
Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene zuzuleiten, der sie der für die Entscheidung zustän-
Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt, so ist der digen Stelle vorzulegen hat. Im übrigen gelten §§ 66
Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache und 67 entsprechend.
bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes be-
stimmt ist. § 85
§ 78 (1) Wird der Widerspruch für begründet erachtet,
so ist ihm abzuhelfen.
Vor Erhebung der Klage sind Verwaltungsakte
in den gesetzlich vorgesehenen Fällen in einem Vor- (2) Wird dem Widerspruch nicht abgeholfen, so
verfahren nachzuprüfen. erläßt den Widerspruchsbescheid
1250 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
1. die nächsthöhere Behörde oder, wenn diese drei Monaten gilt. Die Klage kann nur bis zum Ab-
eine oberste Bundes- oder eine oberste lauf eines Jahres seit der Einlegung des Wider-
Landesbehörde ist, die Behörde, die den spruchs erhoben werden, es sei denn, daß die Ein-
Verwaltungsakt erlassen hat, legung des Rechtsbehelfs vor Ablauf der Jahres-
2. in Angelegenheiten der Sozialversicherung frist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder
die von der Vertreterversammlung be- unter den besonderen Verhältnissen des einzelnen
stimmte Stelle, Falles unterblieben ist.
3. in Angelegenheiten der Bundesanstalt für § 89
Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenver-
sicherung die von dem Verwaltungsrat be- Die Klage ist an keine Frist gebunden, wenn die
stimmte Stelle. Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungs-
-akts oder die Feststellung des zuständigen Versiche-
(3) Der Widerspruchsbescheid ist schriftlich zu rungsträgers oder die Vornahme eines unterlassenen
erlassen, zu begründen und den Beteiligten zuzu- Verwaltungsakts begehrt wird.
stellen. Die Beteiligten sind hierbei über die Zu-
lässigkeit der Klage, die einzuhaltende Frist und den
§ 90
Sitz des zuständigen Gerichts zu belehren.
Die Klage ist bei dem zuständigen Gericht der
Sozialgerichtsbarkeit schriftlich oder zur Nieder-
§ 86
schrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu
(1) Wird während des Vorverfahrens der Ver- erheben.
waltungsakt abgeändert, so wird auch der neue
Verwaltungsakt Gegenstand des Vorverfahrens; er § 91
ist der Stelle, die über den Widerspruch entscheidet, (1) Die Frist für die Erhebung der Klage gilt auch
unverzüglich mitzuteilen. dann als gewahrt, wenn die Klageschrift innerhalb
der Frist statt bei dem zuständigen Gericht der So,,.
(2) Der Widerspruch gegen Verwaltungsakte,
zialgerichtsbarkeit bei einer anderen inländischen
welche die Kapitalabfindung von Versicherungsan-
Behörde oder bei einem Versicherungsträger oder
sprüchen oder die Rückforderung von Beiträgen
bei einer deutschen Konsularbehörde oder, soweit
oder sonstigen Leistungen betreffen oder eine lau-
es sich um die Versicherung von Seeleuten handelt,
fende Leistung entziehen, hat aufschiebende Wir-
auch bei einem deutschen Seemannsamt des Aus-
kung.
landes eingegangen ist.
VIERTER UNTERABSCHNITT (2) Die Klageschrift ist unverzüglich an das zu-
ständige Gericht der Sozialgerichtsbarkeit abzu-
Verfahren im ersten Rechtszug . geben.
§ 87 § 92
(1) Die Klage ist binnen eines Monats nach Zu- Die Klage soll die Beteiligten und den Streitgegen-
stellung oder, wenn nicht zugestellt wird, nach Be- stand bezeichnen und einen bestimmten Antrag ent-
kanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Die halten. Sie soll den angefochtenen Verwaltungsakt
Frist beträgt bei Zustellung oder Bekanntgabe außer- oder den Widerspruchsbescheid bezeichnen und die
halb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes drei Mo- zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweis-
nate. mittel angeben und von dem Kläger oder einer zu
(2) Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so be- seiner Vertretung befugten Person mit Orts- und
gin,nt die Frist mit der Zustellung des Widerspruchs- Tagesangabe unterzeichnet sein.
bescheids.
§ 93
§ 88
Der Klageschrift, den sonstigen Schriftsätzen und
(1) Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwal-
nach Möglichkeit den Unterlagen sind Abschriften
tungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener
für die Beteiligten beizufügen. Sind die erforder-
Frist sachlich nicht beschieden worden, ~o ist die
lichen Abschriften nicht ·eingereicht, so fordert das
Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem
Gericht sie nachträglich an oder fertigt sie selbst an.
Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig.
Die Kosten für die Anfertigung können von dem
Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß der be-
Kläger eingezogen werden.
antragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so
setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer
§ 94
von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden
kann. Wird innerhalb dieser Frist dem Antrag statt- (1) Durch die Erhebung der Klage wird die Streit-
gegeben, so ist die Hauptsache für erledigt zu er- sache rechtshängig.
klären. (2) Wenn die Streitsache schon bei einem Gericht
(2) Das gleiche gilt, wenn über einen Widerspruch der Sozialgerichtsbarkeit rechtshängig ist, so ist
nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, daß eine neue Klage während der Rechtshängigkeit un-
als angemessene Frist in Angelegenheiten der Kran- zulässig.
kenversicherung und der Bundesanstalt für Arbeits- (3) Die Zuständigkeit des Gerichts wird durch eine
vermittlung und Arbeitslosenversicherung eine Veränderung der sie begründenden Umstände nach
Frist von einem Monat, im üb.rigen eine solche von Eintritt der Rechtshängigkeit nicht berührt.
Nr. 57 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 4. September 1953 1251
§ 95 2. der Klageantrag in der Hauptsache oder in
Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so ist Gegen- bezug auf Nebenforderungen erweitert
stand der Klage der ursprünglidle Verwaltungsakt oder beschränkt wird,
in der Gestalt, die er durdl den Widersprudlsbesdleid 3. statt der ursprünglich geforderten Leistung
gefunden hat. wegen einer später eingetretenen Ver-
änderung eine andere Leistung verlangt
§ 96 wird.
(1) Wird nadl Klageerhebung der Verwaltungsakt
durdl einen neuen abgeändert oder ersetzt, so wird (4)• Die Entscheidung, daß eine Änderung der
audl der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Ver- Klage nicht vorliege oder zuzulassen sei, ist unan-
fahrens. fechtbar.
(2) Eine Absdlrift des neuen Verwaltungsakts § 100
ist dem Geridlt mitzuteilen, bei dem das Verfahren Bei dem Gericht der Klage kann eine Widerklage
anhängig ist. erhoben werden, wenn der Gegenanspruch mit dem
in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit
§ 97 den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln
(1) Die Klage hat aufsdliebende Wirkung zusammenhängt.
1. bei Kapitalabfindungen von Versicherungs-'
§ 101
ansprüdlen,
(1) Um den geltend gemachten Anspruch voll-
2. bei der Rückforderung von Leistungen,
ständig oder zum Teil zu erledigen, können die Be-
3. wenn die Feststellung der Nidltigkeit eines teiligten zur Niederschrift des Gerichts oder des
Verwaltungsakts begehrt wird. Vorsitzenden oder des beauftragten oder ersuchten
(2) Wird ein Verwaltungsakt angefochten, der Richters einen Vergleich schließen, soweit sie über
eine laufende Leistung herabsetzt oder entzieht, so den Gegenstand der Klage verfügen können.
kann das Gericht auf Antrag des Klägers nach An- (2) Das angenommene Anerkenntnis des geltend
hörung des Beklagten anordnen, daß der Vollzug gemachten Anspruchs erledigt insoweit den Rechts-
des Verwaltungsakts einstweilen ganz oder teil- streit in der Hauptsache.
weise ausgesetzt wird. Die Anordnung kann von
einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht und § 102
jederzeit aufgehoben werden. Sie kann nur mit der
Der Kläger kann die Klage bis zum Schluß der
Entscheidung in der Hauptsache angefochten werden.
mündlichen Verhandlung zurücknehmen. Die Klage-
rücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Haupt-
§ 98 sache. Auf Antrag ist diese Wirkung durch Beschluß
(1) Hält sidl das angerufene Geridlt für örtlich auszusprechen und, soweit Kosten entstanden sind,
oder sachlich unzuständig, so hat es sich auf Antrag über diese zu entscheiden.
des Klägers, sofern das zuständige Gericht der So-
zialgerichtsbarkeit bestimmt werden kann, durch § 103
Beschluß für unzuständig zu erklären und den Rechts- Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts
streit an das zuständige Gericht der Sozialgerichts- wegen. Es ist an das Vorbringen und die Beweis-
barkeit zu verweisen. anträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Der Beschluß ist unanfechtbar. Er ist für das
im Beschluß bezeichnete Gericht bindend. Die Wir- § 104
kungen der Rechtshängigkeit bleiben bestehen. Der Vorsitzende übersendet eine Abschrift der
(3) Soweit im Verfahren vor dem angegangenen Klage an die ührigen Beteiligten. Zugleich mit der
Gericht Kosten entstanden sind, werden sie als Teil Zustellung oder Mitteilung ergeht die Aufforderung,
der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluß be- sich schriftlich zu äußern. Für die Äußerung kann
zeichneten Gericht entstehen. eine Frist gesetzt werden, die nicht kürzer als ein
Monat sein soll. Die Aufforderung muß den Hin-
weis enthalten, daß auch verhandelt und entschie-
§ 99 den werden kann, wenn die Äußerung nicht inner-
· (1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, halb der Frist eingeht.
wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das
§ 105
Gericht die Änderung für sachdienlich hält.
(1) Erweist sich die Klage als unzulässig oder als
(2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Ände- offenbar unbegründet, so kann sie der Vorsitzende
rung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne bis zur Anberaumung der mündlichen Verhandlung
der Änderung zu widersprechen, in einem Schrift- durch einen Vorbescheid mit Gründen abweisen.
satz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die
abgeänderte Klage eingelassen haben. (2) Die Beteiligten können binnen eines Monats
nach Zustellung des Vorbescheids mündliche Ver-
(3) Als eine Änderung der Klage ist es nicht an- handlung beantragen. Wird der Antrag rechtzeitig
zusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes gestellt, so gilt der Vorbescheid als nicht ergangen;
1. die tatsächlichen oder rechtlichen Ausfüh- andernfalls steht er einem rechtskräftigen Urteil
rungLn ergänzt oder berichtigt werden, gleich.
1252 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
§ 106 § 111
( 1) Der Vorsitzende hat darauf hinzu wirken, daß (1) Der Vorsitzende kann das persönliche Erschei-
Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, nen eines Beteiligten zur mündlichen Verhandlung
sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende An- anordnen sowie Zeugen und Sachverständige laden.
gaben tatsächlicher Art ergänzt sowie alle für die Auf die Folgen des Ausbleibens ist dabei hinzu-
Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts weisen.
wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(2) Die Ladung von Zeugen und Sachverständigen
(2) Der Vorsitzende hat bereits vor der münd- ist den Beteiligten bei der Mitteilung des Termins
lichen Verhandlung alle Maßnahmen zu treffen, die zur mündlichen Verhandlung bekanntzugeben.
notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in
(3) Das Gericht kann einem Beteiligten, der keine
einer mündlichen Verhandlung zu erledigen.
natürliche Person ist, aufgeben, zur mündlichen Ver-
(3) Zu diesem Zweck kann er insbesondere handlung einen nach § 81 der Zivilprozeßordnung
1. um Mitteilung von Urkunden ersuchen, schriftlich bevollmächtigten und über die Sach- und
Rechtslage ausreichend unterrichteten Beamten oder
2. Krankenpapiere, Aufzeichnungen, Kranken- Angestellten zu entsenden.
geschichten, Sektions- und Untersuchungs-
befunde sowie Röntgenbilder beiziehen,
§ 112
3. Auskünfte jeder Art einholen,
(1) Der Vorsitzende eröffnet und leitet die münd-
4. Zeugen und Sachverständige, auch eidlich, liche Verhandlung. Sie beginnt nach Aufruf der
durch den ersuchten Richter vernehmen Sache mit der Darstellung des Sachverhalts.
lassen,
(2) Sodann erhalten die Beteiligten das Wort. Der
5. die Einnahme des Augenscheins sowie die Vorsitzende hat das Sach- und Streitverhältnis mit
Begutachtung durch Sachverständige an- den Beteiligten zu erörtern und dahin zu wirken, daß
ordnen und ausführen, sie sich über erhebliche Tatsachen vollständig er-
6. andere beiladen. klaren sowie angemessene und sachdienliche An-
träge stellen.
(4) Für die Beweisaufnahme gelten§§ 116, 118 und
119 entsprechend. (3) Die Anträge können ergänzt, berichtigt oder
im Rahmen des § 99 geändert werden.
§ 107
(4) Der Vorsitzende hat jedem Beisitzer auf Ver-
Den Beteiligten ist nach Anordnung des Vorsitzen- langen zu gestatten, sachdienliche Fragen zu stellen.
den entweder eine Abschrift der Niederschrift der Wird eine Frage von einem Beteiligten beanstandet,
Beweisaufnahme oder deren Inhalt mitzuteilen. so entscheidet das Gericht endgültig.
§ 108
§ 113
Die Beteiligten können zur Vorbereitung der
(1) Das Gericht kann durch Beschluß mehrere bei
mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Die
ihm anhängige Rechtsstreitigkeiten derselben Betei-
Schriftsätze sind den übrigen Beteiligten von Amts
ligten oder verschiedener Beteiligter zur gemein-
wegen mitzuteilen.
samen Verhandlung und Entscheidung verbinden,
wenn die Ansprüche, die den Gegenstand dieser
§ 109
Rechtsstreitigkeiten bilden, in Zusammenhang ste-
(1) Auf Antrag des Versicherten, des Versorgungs- hen oder von vornherein in einer Klage hätten gel-
berechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimm- tend gemacht werden können.
ter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung
kann davon abhängig gemacht werden, daß der (2) Die Verbindung kann, wenn es zweckmäßig
Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehalt- ist, auf Antrag oder von Amts wegen wieder auf-
lich einer anderen Entscheidung des Gerichts end- gehoben werden.
gültig trägt.
§ 114
(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn (1) Hängt die Entscheidung eines Rechtsstreits
durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits von einem familien- oder erbrechtlichen Verhältnis
verzögert werden würde und der Antrag nach der ab, so kann das Gericht das Verfahren solange aus·
freien Uberzeugung des Gerichts in der Absicht, das setzen, bis dieses Verhältnis im Zivilprozeß fest-
Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nach- gestellt worden ist.
lässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.
(2) Hängt die Entscheidung des Rechtsstreits ganz
oder zum Teil vom Bestehen oder Nichtbestehen
§ 110 eines Rechtsverhältnisses ab, das den Gegenstand
Der Vorsitzende bestimmt Ort und Zeit der münd- eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder
lichen Verhandlung und teilt sie den Beteiligten in von einer Verwaltungsstelle festzustellen ist, so
der Regel zwei Wochen vorher mit. Die Beteiligten kann das Gericht anordnen, daß die Verhandlung bis
sind darauf hinzuweisen, daß auch im Falle ihres zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis
Ausbleibens verhandelt und entschieden werden zur Entscheidung der Verwaltungsstelle auszusetzen
kann. sei.
Nr. 57 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 4. September 1953 1253
(3) Das Gericht kann, wenn sich im Laufe eines Erklärung nach Absatz 1 von der Bundesregierung
Rechtsstreits der Verdacht einer strdfbaren Hand- abgegeben wird. Die Landesregierung hat die Er-
lung ergibt, deren Ermittlung auf die Entscheidung klärung abzugeben, wenn diese Voraussetzungen bei
von Einfluß ist, die Aussetzung der Verhandlung bis einer obersten Landesbehörde vorliegen.
zur Erledigung des Strafverfahrens anordnen.
§ 120
§ 115 (1) Die Beteiligten haben das Recht der Einsicht in
Ist ein bei der Verh,andlung Beteiligter zur Auf- die Akten, soweit die übersendende Behörde dieses
rechterhaltung der Ordnung von dem Ort der Ver- nicht ausschließt.
handlung entfernt worden, so kann gegen ihn in (2) Die Beteiligten können sich durch die Ge-
gleicher Weise verfahren werden, als wenn er sich schäftsstelle auf ihre Kosten Abschriften erteilen
freiwillig entfernt hätte. Das gleiche gilt im Falle lassen.
des § 73 Abs. 6, sofern die Zurückweisung bereits in (3) Der Vorsitzende kann aus besonderen Grün-
einer früheren Verhandlung geschehen war. den die Einsicht in die Akten oder in Aktenteile
sowie die Fertigung oder Erteilung von Auszügen
§ 116 und Abschriften versagen oder beschränken. Gegen
Die Beteiligten werden von allen Beweisaufnahme- die Versagung oder die Beschränkung der Akten-
terminen benachrichtigt und können der Beweisauf- einsicht kann das Gericht angerufen werden; es ent-
nahme beiwohnen. Sie können an Zeugen und Sach- scheidet endgültig.
verständige sachdienliche Fragen richten lassen. (4) Die Entwürfe zu Urteilen, Beschlüssen und
Wird eine Frage beanstandet, so entscheidet das Verfügungen, die zu ihrer Vorbereitung angefertig-
Gericht. ten Arbeiten sowie die Schriftstücke, welche Ab-
§ 117 stimmungen oder in dem anhängigen Verfahren
Strafverfügungen betreffen, werden weder vorgelegt
Das Gericht erhebt Beweis in der mündlichen Ver-
noch abschriftlich mitgeteilt.
handlung, soweit die Beweiserhebung nicht einen
bes~nderen Termin erfordert.
§ 121
Nach genügender Erörterung der Streitsache er-
§ 118
klärt der Vorsitzende die mündliche Verhandlung
(1) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, für geschlossen. Das Gericht kann die Wiedereröff-
sind auf die Beweisaufnahme § 160 Abs. 2 Nr. 3, nung beschließen.
§§ 358 bis 363, 365 bis 377, 380 bis 386, § 387
§ 122
Abs. 1 und 2, §§ 388 bis 390, 392 bis 444, 478 bis
484 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzu- (1) Zur mündlichen Verhandlung und zu jeder
wenden. Die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit Beweisaufnahme wird ein vereidigter Schriftführer
der Weigerung nach § 387 der Zivilprozeßordnung zugezogen. Die wesentlichen Vorgänge der Ver-
ergeht durch Beschluß. handlung, vor allem die endgültige Fassung der von
den Beteiligten gestellten Anträge sind in eine Nie-
(2) Zeugen und Sachverständige werden nur be- derschrift aufzunehmen, die von dem Vorsitzenden
eidigt, wenn das Gericht dies im Hinblick auf die oder dem vernehmenden Richter und von dem
Bedeutung des Zeugnisses oder Gutachtens für die Schriftführer zu unterzeichnen ist.
Entscheidung des Rechtsstreits für notwendig er-
(2) Die Niederschrift über die Aussage eines Zeu-
achtet.
gen, Sachverständigen oder Beteiligten ist diesem
(3) Der Vorsitzende kann das Auftreten eines vorzulesen oder zur Durchsicht vorzulegen. In der
Prozeßbevollmächtigten untersagen, solange die Par- Niederschrift, ist zu vermerken, daß dies geschehen
tei trotz Anordnung ihres persönlichen Erscheinens und sie genehmigt ist oder welche Einwendungen
unbegründet ausgeblieben ist und hierdurch der erhoben sind. Bei Vernehmung außerhalb der münd-
Zweck der Anordnung vereitelt wird. lichen Verhandlung soll der Vernommene seine
Aussage auch unterschreiben.
§ 119 (3) Im übrigen gelten §§ 159 bis 165 der Zivil-
(1) Eine Behörde ist zur Vorlage von Urkunden prozeßordnung entsprechend.
oder Akten und zu Auskünften nicht verpflichtet,
wenn die zuständige oberste Aufsichtsbehörde er- FUNFTER UNTERABSCHNITT
klärt, daß das Bekanntwerden des Inhalts dieser Ur-
Urteile und Beschlüsse
kunden, Akten oder Auskünfte dem Wohl des Bun-
des oder eines deutschen Landes nachteilig sein § 123
würde oder daß die Vorgänge nach einem Gesetz Das Gericht entscheidet über die vom Kläger er-
oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden hobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der An-
müssen. träge gebunden zu sein.
(2) Handelt es sich um Urkunden oder Akten und
um Auskünfte einer obersten Bundesbehörde, so darf § 124
die Vorlage der Urkunden oder Akten und die Er- (1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes
teilung der Auskunft nur unterbleiben, wenn die bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung.
1254 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das (2) Hält das. Gericht die Verurteilung zum Erlaß
Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil eines abgelehnten Verwaltungsakts für begründet
entscheiden. und diese Frage in jeder Beziehung für spruchreif, so
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile ist im Urteil die Verpflichtung auszusprechen, den
sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, beantragten Verwaltungsakt zu erlassen.
soweit nichts anderes bestimmt ist. (3) Hält das Gericht die Unterlassung eines Ver-
waltungsakts für rechtswidrig, so ist im Urteil die
§ 125
Verpflichtung auszusprechen, den Kläger unter
Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu
Uber die Klage wird, soweit nichts anderes be- bescheiden.
stimmt ist, durch Urteil entschieden.
§ 132
(1) Das Urteil ergeht im Namen des Volkes. Es
§ 126
wird grundsätzlich in dem Termin verkündet, in dem
Das Gericht kann nach Lage der Akten auch ent- die mündliche Verhandlung geschlossen wird. Aus-
scheiden, wenn einer der Beteiligten in einem Termin nahmsweise kann das Urteil in einem sofort anzu-
nicht erscheint, sofern in der Ladung auf die Mög- beraumenden Termin, der nicht über zwei Wochen
lichkeit einer Entscheidung nach Lage der Akten hin- hinaus angesetzt werden soll, verkündet werden.
gewiesen worden ist und die übrigen Beteiligten es Eine Ladung der Beteiligten ist nicht erforderlich.
beantragen.
(2) Das Urteil wird durch Verlesen der Urteils-
§ 127 formel verkündet. Sofern nicht alle Beteiligten ab-
Ist ein Beteiligter nicht benachrichtigt worden, wesend sind, ist der wesentliche Inhalt der Ent-
daß in der mündlichen Verhandlung eine Beweis- scheidungsgründe mitzuteilen.
erhebung stattfindet, und ist er in der mündlichen
Verhandlung nicht zugegen oder vertreten, so kann § 133
in diesem Termin ein ihm ungünstiges Urteil nicht Bei Urteilen, die nicht auf Grund mündlicher Ver-
erlassen werden. handlung ergehen, wird die Verkündung durch Zu-
§ 128 stellung ersetzt. Dies gilt für die Verkündung .von
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, Beschlüssen entsprechend.
aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewon-
§ 134
nenen Uberzeugung. In dem Urteil sind die Gründe
anzugeben, die für die richterliche Uberzeugung Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungs-
leitend gewesen sind. gründ~n ist vom Vorsitzenden zu unterschreiben.
War es bei der Verkündung noch nicht vollständig
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweis-
schriftlich niedergelegt, so soll es binnen drei Tagen
ergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Be- nach der Verkündung in vollständiger Abfassung
teiligten äußern konnten.
der Geschäftsstelle übergeben werden.
§ 129 § 135
Das Urteil kann nur von den Richtern gefällt Das Urteil ist den Beteiligten zuzustellen; dies soll
werden, die an der dem Urteil zugrunde liegenden binnen zwei Wochen nach seiner Verkündung ge-
Verhandlung teilgenommen haben. schehen.
§ 136
§ 130 (1) Das Urteil enthält
Wird gemäß § 54 Abs. 4 oder 5 eine Leistung in 1. die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer ge-
Geld begehrt, auf die ein Rechtsanspruch besteht, setzlichen Vertreter und der Bevollmächtig-
so kann auch zur Leistung nur dem Grunde nach ten nach Namen, Stand oder Gewerbe,
verurteilt werden. Hierbei kann im Urteil eine ein- Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
malige oder laufende vorläufige Leistung angeord- 2. die Bezeichnung des Gerichts und die Namen
net werden. Die Anordnung der vorläufigen Leistung der Mitglieder, die bei der Entscheidung
ist nicht anfechtbar. mitgewirkt haben,
§ 131 3. den Ort und Tag der mündlichen Verhand-
(1) Wird ein Verwaltungsakt oder ein Wider- lung,
spruchsbescheid, der bereits vollzogen ist, aufge- 4. die Urteilsformel,
hoben, so kann das Gericht aussprechen, daß und in 5. die gedrängte Darstellung des Tatbestandes,
welcher Weise die Vollziehung des Verwaltungsakts
6. die Entscheidungsgründe,
rückgängig zu machen ist. Dies ist nur zulässig, wenn
die Verwaltungsstelle rechtlich dazu in der Lage und 7. die Rechtsmittelbelehrung.
diese Frage ohne weiteres in jeder Beziehung spruch- (2) Die Darstellung des Tatbestandes kann durch
reif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch eine Bezugnahme auf den Inhalt der vorbereitenden
Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Schriftsätze und auf die zur Sitzungsniederschrift er-
Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Ver- folgten Feststellungen ersetzt werden, soweit sich
waltungsakt rechtswidrig ist, wenn der Kläger ein aus ihnen der Sach- und Streitstand richtig und voll-
berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. ständig ergibt. In jedem Falle sind jedoch die er-
Nr. 57 - Tag der Ausgabe:_ Bonn, den 4. September 1953 1255
hobenen Ansprüche genügend zu kennzeichnen und § 142
die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungs-
(1) Für Beschlüsse gelten § 128 Abs. 1 Satz 1,
mittel ihrem Wesen nach hervorzuheben.
§§ 134 und 138, nach mündlicher Verhandlung auch
§§ 129, 132, 135 und 136 entsprechend.
§ 137 (2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch
Die Ausfertigungen des Urteils sind von dem Rechtsmittel angefochten werden können oder über
Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschrei- ein Rechtsmittel entscheiden.
ben und mit dem Gerichtssiegel in der Form des
(3) Ausfertigungen der Beschlüsse sind von dem
Prägesiegels zu versehen.
Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschrei-
ben.
§ 138
Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Zweiter Abschnitt
Unrichtigkeiten im Urteil sind jederzeit von Amts Rechtsmittel
wegen zu berichtigen. Der Vorsitzende entscheidet
hierüber durch Beschluß. Der Berichtigu~1gsbeschluß ERSTER UNTERABSCHNITT
wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen ver- Berufung
merkt.
§ 143
§ 139 Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die
(1) Enthält die Darstellung des Sachverhalts im Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit
Urteil andere Unrichtigkeiten oder Unklarheiten, so sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts
kann die Berichtigung binnen zwei Wochen nach Zu- nichts anderes ergibt.
stellung des Urteils beantragt werden.
(2) Das Gericht entscheidet ohne Beweisaufnahme § 144
durch Beschluß. Der Beschluß ist unanfechtbar. Bei (1) Die Berufung ist nicht zulässig bei Ansprüchen
der Entscheidung wirken nur die Richter mit, die 1. auf einmalige Leistungen,
beim Urteil mitgewirkt haben. Ist ein Richter ver-
hindert, so entscheidet bei Stimmengleichheit die 2. auf wiederkehrende Leistungen für einen
Stimme des Vorsitzenden. Der Berichtigungsbeschluß Zeitraum bis zu dreizehn Wochen (drei
wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen ver- Monaten).
merkt. (2) Die Berufung ist ferner nicht zulässig, wenn
es sich um Kosten des Verfahrens handelt.
§ 140
(1) Hat das Urteil einen von einem Beteiligten
erhobenen Anspruch oder den Kostenpunkt ganz § 145
oder teilweise übergangen, so wird es auf Antrag In Angelegenheiten der Unfallversicherung kön-
nachträglich ergänzt. Die Entscheidung muß binnen nen Urteile mit der Berufung nicht angefochten wer-
eines Monats nach Zustellung des Urteils beantragt den, wenn sie betreffen
werden. 1. Anträge, die wegen Versäumnis der Ausschluß-
(2) Uber den Antrag wird in einem besonderen frist (§ 1546 der Reichsversicherungsordnung)
Verfahren entschieden. Die Entscheidung ergeht, abgelehnt wurden, es sei denn, daß die Aus-
wenn es sich nur um den Kostenpunkt handelt, durch nahmefälle des § 1547 der Reichsversicherungs-
Beschluß, der lediglich mit der Entscheidung in der ordnung geltend gemacht werden,
Hauptsache angefochten werden kann, im übrigen
2. Beginn oder Ende der Rente oder nur Rente
durch Urteil, das mit dem bei dem übergangenen
für bereits abgelaufene Zeiträume,
Anspruch zulässigen Rechtsmittel angefochten wer-
den kann. 3. vorläufige Renten (§ 1585 Abs. 1 der Reichs-
versicherungsordnung),
(3) Die mündliche Verhandlung hat nur den nicht
erledigten Teil des Rechtsstreits zum Gegenstand. 4. den Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit
oder die Neufeststellung von Dauerrenten
(4) Die ergänzende Entscheidung wird auf der
wegen Änderung der Verhältnisse, soweit nicht
Urschrift des Urteils und den Ausfertigungen ver-
merkt. die Schwerbeschädigteneigenschaft oder die
Gewährung der Rente davon abhängt oder die
§ 141 Änderung durch ein neu hinzugetretenes Lei-
(1) Rechtskräftige Urteile binden die Beteiligten den verursacht worden ist.
und ihre Rechtsnachfolger, soweit über den Streit-
gegenstand entschieden worden ist. § 146
(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Ge- In Angelegenheiten der Rentenversicherungen
genforderung geltend gemacht, so ist die Ent- können Urteile mit der Berufung nicht angefochten
scheidung, daß die Gegenforderung nicht besteht, werden, die Beginn oder Ende der Rente oder nur
bis zur Höhe des Betrags der Rechtskraft fähig, für die Rente für bereits abgelaufene Zeiträume be-
den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist. treffen.
1256 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
§ 147 (3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Ur-
In Angelegenheiten der Arbeitslosenversicherung teil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten
können Urteile mit der Berufung nicht angefochten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und
werden, die Beginn oder Höhe der Unterstützung Beweismittel angeben.
betreffen.
§ 148 § 152
In Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung (1) Die Geschäftsstelle des Landessozialgerichts
können Urteile mit der Berufung nicht angefochten hat unverzüglich, nachdem die Berufungsschrift ein-
werden, wenn sie betreffen gereicht ist, von der Geschäftsstelle des Sozialge-
1. Anträge, die"wegen Fristversäumnis abgelehnt richts die Prozeßakten anzufordern.
worden sind, es sei denn, daß die Ausnahme- (2) Nach Erledigung der Berufung sind die Akten
fälle des § 57 des Bundesversorgungsgesetzes der Geschäftsstelle des Sozialgerichts nebst einer
geltend gemacht werden, beglaubigten Abschrift des in der Berufungsinstanz
2. Beginn oder Ende der Versorgung oder nur erlassenen Urteils zurückzusenden.
Versorgung für bereits abgelaufene Zeiträume,
3. den Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit § 153
oder die Neufeststellung der Versorgungsbe- (1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerich-
züge wegen Änderung der Verhältnisse, soweit ten gelten die Vorschriften über das Verfahren im
nicht die Sc:hwerbeschädigteneigenschaft oder ersten Rechtszug mit Ausnahme des § 91 ent-
die Gewährung der Grundrente davon abhängt, sprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt
4. Höhe der Ausgleichsrente. nichts anderes ergibt.
(2) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats
§ 149 zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so
Die Berufung ist ausgeschlossen bei Ersatz- oder vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung
Erstattungsstreitigkeiten zwischen Behörden oder der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter
Körperschaften des öffentlichen Rechtes oder Anstal- dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrundes.
ten des öffentlichen Rechtes, wenn der Beschwerde-
wert dreihundert Deutsche Mark nicht übersteigt. § 154
Dies gilt auch für Ansprüche der Versicherten auf (1) Die Berufung hat in den Fällen des § 97 Abs. 1
Rückerstattung von Beiträgen, sofern der anerkannte und bei der Rückforderung von Beiträgen aufschie-
Rückerstattungsbetrag nicht mehr als fünfzig Deut- bende Wirkung.
sche Mark beträgt.
(2) Die Berufung eines Versicherungsträgers oder
§ 150
in der Kriegsopferversorgung eines Landes bewirkt
Die Berufung ist ungeachtet der §§ 144 bis 149 Aufschub, soweit es sich um Beträge handelt, die für
zulässig, die Zeit vor Erlaß des angefochtenen Urteils nach-
1. wenn das Sozialgericht sie im Urteil zugelassen gezahlt werden sollen.
hat; sie ist zuzulassen, wenn die Rechtssache
grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn das § 155
Sozialgericht in der Auslegung einer Rechts-
Der Vorsitzende kann seine Aufgaben nach§§ 104,
vorschrift von einem Urteil des im Rechtszug
106 bis 108 einem Berufsrichter des Senats über-
übergeordneten Landessozialgerichts abweicht;
tragen. Er kann einen Berufsrichter zum Bericht-
2. wenn ein wesentlicher Mangel des Verfahrens erstatter ernennen.
gerügt wird;
3. wenn der ursächliche Zusammenhang einer Ge- § 156
sundheitsstörung oder des Todes mit einem (1) Die Berufung kann bis zum Schluß der münd-
Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit oder lichen Verhandlung zurückgenommen werden.
einer Schädigung im Sinne des Bundesversor- (2) Die Zurücknahme bewirkt den Verlust des
gungsgesetzes streitig ist oder das Sozialgericht Rechtsmittels. Uber die Kosten entscheidet das Ge-
eine Gesundheitsstörung nicht als feststellbar richt auf Antrag durch Beschluß.
erachtet hat.
§ 151
§ 157
(l,) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht
Das Landessozialgericht prüft den Streitfall im
innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils
gleichen Umfang wie das Sozialgericht. Es hat auch
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeam-
neu vorgebrachte Tatsachen und Beweismittel zu
ten der Geschäftsstelle einzulegen.
berück.sichtigen.
(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die
Einlegung der Berufung innerhalb der Frist zur § 158
Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäfts- (1) Ist die Berufung nicht statthaft oder nicht in
stelle des Sozialgerichts erklärt wird. In diesem der gesetzlichen Frist oder nicht schriftlich oder nicht
Falle legt das Sozialgericht die Niederschrift mit sei- zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäfts-
nen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht stelle eingelegt, so ist sie als unzulässig zu verwer-
vor. fen.
Nr. 57 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 4. September 1953 1257
(2) Der Vorsitzende des Senats kann die Beru- 3. wenn bei der Beurteilung des ursächlichen
fung ohne mündliche Verhandlung durch Vorbe- Zusammenhangs, einer Gesundheitsstörung
sc:heid als unzulässig verwerfen, wenn er mit dem oder des Todes mit einem Arbf::;.~::: 1 n.1fall
Berichterstatter darüber einig ist, daß die Berufung oder einer Berufskrankheit oder einer Schä-
unzulässig oder verspätet eingelegt ist. Soll die Be- digung im Sinne des BundesversNgungs-
rufung als verspätet verworfen werden, so ist dem gesetzes das Gesetz verletzt ist.
Berufungskläger vorher unter Mitteilung des Sach-
(2) Die Revision kann jedoch nur darauf gestützt
verhalts Gelegenheit zur Außerung zu geben.
werden, daß die Entscheidung auf der Nichtanwen-
(3) Für den Vorbescheid gilt § 105 Abs. 2. dung oder unrichtigen Anwendung einer Vorschrift
des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk
§ 159 des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift bernht,
deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Be-
(1) Das Landessozialgericht kann durch Urteil die
rufungsgerichts hinaus erstreckt.
angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache
an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn
§ 163
1. dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in
der Sache selbst zu entscheiden, Das Bundessozialgericht ist an die in dem ange-
fochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststel-
2. das Verfahren an einem wesentlichen Man-
lungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese
gel leidet,
Feststellungen zulässige und begründete Revisions-
3. nach dem Erlaß des angefochtenen Urteils gründe vorgebracht sind.
neue Tatsachen oder Beweismittel bekannt
werden, die für die Entscheidung wesent-
§ 164
lich sind.
(1) Die Revision ist binnen eines Monats nach Zu-
(2) Das Sozialgericht hat die rechtliche Beurtei- stellung des Urteils schriftlich beim Bundessozial-
lung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, seiner gericht einzulegen und binnen eines weiteren Monats
Entscheidung zugrunde zu legen. zu begründen. Die Frist für die Revisionsbegründung
kann auf einen vor ihrem Ablauf beim Bundessozial-
gericht eingegangenen Antrag durch den Vorsitzen-
ZWEITER UNTERABSCHNITT
den einmal bis zu einem weiteren Monat verlängert
Revision werden.
§ 160 (2) Die Revision muß das angefochtene Urteil be-
Gegen die Urteile der Landessozialgerichte findet zeichnen und einen bestimmten Antrag enthalten.
die Revision an das Bundessozialgericht statt, soweit Die Revisionsbegründung muß außerdem die ver-
sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts letzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel
nichts anderes ergibt. gerügt werden, die Tatsachen und Beweismittel be-
zeichnen, die den Mangel ergeben.
§ 161
(1) Sind Urteile der Sozialgerichte nach § 150 mit
der Berufung anfechtbar, so kann unter Ubergehung § 165
des Berufungsverfahrens die Revision unmittelbar Für die Revision gelten die Vorschriften über die
beim Bundessozialgericht (Sprungrevision) eingelegt Berufung entsprechend, soweit sich aus diesem Un-
werden, wenn der Rechtsmittelgegner einwilligt. Die terabschnitt nichts anderes ergibt.
schriftliche Erklärung der Einwilligung ist der Re-
visionsschrift beizufügen. § 166
(2) Die Einlegung der Revision und die Erklärung (1) Vor dem Bundessozialgericht müssen sich die
der Einwilligung gelten als Verzicht auf das Rechts- Beteiligten, soweit es sich nicht um Behörden oder
mittel der Berufung. Körperschaften des öffentlichen Rechtes oder Anstal-
ten des öffentlichen Rechtes handelt, durch Prozeß-
§ 162 bevollmächtigte vertreten lassen.
(1) Die Revision findet nur statf'., (2) Als Prozeßbevollmächtigte sind die Mitglieder
1. wenn das Landessozialgericht sie zuläßt; sie und Angestellten von Gewerkschaften, von selb-
ist zuzulassen, wenn über Rechtsfragen von ständigen Vereinigungen von Arbeitnehm~rn mit
grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung, von
ist oder wenn das Landessozialgericht von Vereinigungen von Arbeitgebern und von Vereini-
einer Entscheidung des Bundessozialgerichts gungen der Kriegsopfer zugelassen, sofern sie kraft
oder einer grundsätzlichen Entscheidung des Satzung oder Vollmacht zur Proz~ßvertretung be-
Reichsversicherungsamts, des Reichsversor- fugt-sind. Jeder bei einem deutschen Gericht zuge-
gungsgerichts, des Bayerischen Landesver- lassene Rechtsanwalt ist ebenfalls als Prozeßbevoll-
sicherungsamts nach dem 8. Mai 1945 oder mächtigter vor dem Bundessozialgericht zugelassen.
des Landesversicherungsamts Württemberg-
Baden abweicht; § 167
2. wenn ein wesentlicher Mangel des Verfah- ( 1) Einern Beteiligten, der nicht nach § 166 Abs. 2
rens gerügt wird; Satz 1 vertreten ist, kann für das Verfahren vor dem
1258 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
Bundessozialgericht das Armenrecht bewilligt und DRITTER UNTERABSCHNITT
ein Rechtsanwalt als Prozeßbevollmächtigter bei-
Beschwerde
geordnet werden.
(2) Für das Verfahren gellen §§ 114, 115 Abs. 2, § 172
§§ 117 bis 118 a, 121, 122 und 124 bis 127 der Zivil- (1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte
prozeßordnung entsprechend. mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen
der Vorsitzenden dieser Gerichte mit Ausnahme 9-er
§ 168 Vorbescheide findet die Beschwerde an das Landes-
Klageänderungen und Beiladungen sind im Re- sozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz
visionsv<:~rfahren unzulä.ssig. anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsan-
§ 169 ordnungen, Vertagungsbeschlüsse, Fristbestimmun-
Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Re- gen, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung
vision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung
und Frist eingelegt und begründet worden ist. Man- von Verfahren und Ansprüchen können nicht mit
gelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Re- der Beschwerde angefochten werden.
vision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfung
ohne mündliche Verhandlung erfolgt durch Beschluß
§ 173
ohne Zuziehung der Bundessozialrichter.
Die Beschwerde ist binnen eines Monats nach Be-
kanntgabe der Entscheidung beim Sozialgericht
§ 170
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeam-
(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das ten der Geschäftsstelle einzulegen; § 181 des Ge-
Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben richtsverfassungsgesetzes bleibt unberührt. Die Be-
die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesver- lehrung über das Beschwerderecht ist auch münd-
letzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus lich möglich; sie ist dann aktenkundig zu machen.
anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision
ebenfalls zurückzuweisen.
§ 174
(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundes-
sozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Hält das Sozialgericht oder der Vorsitzende, dessen
Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Entscheidung angefochten wird, die Beschwerde für
Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellun- begründet, so ist ihr abzuhelfen; sonst ist sie unver-
gen aufheben und die Sache zur erneuten Verhand- züglich unter Benachrichtigung der Beteiligten dem
lung und Entscheidung an das Gericht zurückver- Landessozialgericht vorzulegen.
weisen, welches das angefochtene Urteil erlassen
hat.
§ 175
(3) Verweist das Bundessozialgericht die Sache
Die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung, wenn
bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen
sie die Festsetzung einer Strafe zum Gegenstand hat.
Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es
Soweit dieses Gesetz auf Vorschriften der Zivilpro-
nach seinem Ermessen auch an das Landessozialge-
zeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes
richt zurückverweisen, das für die Berufung zustän-
verweist, regelt sich die aufschiebende Wirkung
dig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Lan-
nach diesen Gesetzen. Das Gericht oder der Vor-
dessozialgericht gelten dann die gleichen Grund-
sitzende, dessen Entscheidung angefochten wird,
sätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungs- kann bestimmen, daß der Vollzug der angefochtenen
gemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht
Entscheidung einstweilen auszusetzen ist.
anhängig geworden wäre.
(4) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten
Verhandlung und Entscheidung zurück.verwiesen ist, § 176
hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung Dber die Beschwerde entscheidet das Landes-
des Revisionsgerichts zugrunde zu legen. sozialgericht durch Beschluß.
§ 171
§ 177
(1) Dber die Ablehnung einer Gerichtsperson(§ 60)
Entscheidungen des Landessozialgerichts oder
entscheidet der Senat.
seines Vorsitzenden können mit der Beschwerde
(2) Wird während des Revisionsverfahrens der nicht angefochten werden.
angefochtene Verwaltungsakt durch einen neuen ab-
geändert oder ersetzt, so gilt der neue Verwaltungs-
akt als mit der Klage beim Sozialgericht angefoch- § 178
ten, es sei denn, daß der Kläger durch den neuen Gegen die Entscheidungen des ersuchten oder be-
Verwaltungsakt klaglos gestellt oder dem Klagebe- auftragten Richters oder des Urkundsbeamten kann
gehren durch die Entscheidung des Revisionsgerichts binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht
zum ersten Verwaltungsakt in vollem Umfange ge- angerufen werden, das endgültig entscheidet. §§ 173
nügt wird. bis 175 gelten entsprechend.
Nr. 57 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 4. September 1953 1259
Dritter Abschnitt § 181
Will das Gericht die Klage gegen einen Versiche-
Wiederaufnahme des Verfahrens rungsträger ablehnen, weil es einen anderen Versi-
und besondere Verfahrensvorschriften cherungsträger für leistungspflichtig hält, obwohl
§ 179 dieser bereits den Anspruch endgültig abgelehnt hat·
oder in einem früheren Verfahren rechtskräftig be-
(1) Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann
freit worden ist, so verständigt es den anderen Ver-
entsprechend den Vorschriften des Vierten Buches
sicherungsträger und das Gericht, das über den An-
der Zivilprozeßordnung wieder aufgenommen wer-
den. spruch rechtskräftig entschieden hat, und gibt die
Sache zur Entscheidung an das gemeinsam nächst-
(2) Die Wiederaufnahme des Verfahrens ist fer- höhere Gericht ab. Im übrigen gilt § 180 Abs. 2 und
ner zulässig, wenn ein Beteiligter strafgerichtlich Abs. 4 bis 6.
verurteilt worden ist, weil er Tatsachen, die für die § 182
Entscheidung der Streitsache von wesentlicher Be-
(1) Hat das Bundessozialgericht oder ein Landes-
deutung waren, wissentlich falsch behauptet oder
vorsätzlich verschwiegen hat. sozialgericht die Leistungspflicht eines Versiche-
rungsträgers rechtskräftig verneint, weil ein anderer
(3) Auf Antrag kann das Gericht anordnen, daß Versicherungsträger verpflichtet sei, so kann der
die gewährten Leistungen zurückzuerstatten sind. Anspruch gegen den anderen Versicherungsträger
nicht abgelehnt werden, weil der im früheren Ver-
fahren befreite Versicherungsträger leistungspflich-
§ 180 tig sei.
(1) Eine Wiederaufnahme des Verfahrens ist auch (2) Das gleiche gilt im Verhältnis zwisdlen einem
zulässig, wenn Versicherungsträger und einem Land, wenn die Lei-
1. mehrere Versicherungsträger denselben An- stungspflicht der Kriegsopferversorgung streitig ist.
spruch endgültig anerkannt haben oder
wegen desselben Anspruchs rechtskräftig
zur Leistung verurteilt worden sind, Vierter Abschnitt
2. ein oder mehrere Versicherungsträger den-
selben Anspruch endgültig abgelehnt haben Kosten und Vollstreckung
oder wegen desselben Anspruchs rechts-
ERSTER UNTERABSCHNITT
kräftig von der Leistungspflicht befreit
worden sind, weil ein anderer Versiche- Kosten
rungsträger leistungspflichtig sei, der seine
Leistung bereits endgültig abgelehnt hat § 183
oder von ihr rechtskräftig befreit worden Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialge-
ist. richtsbarkeit ist kostenfrei, soweit nichts anderes
bestimmt ist.
(2) Das gleiche gilt im Verhältnis zwischen Ver-
sicherungsträgern und einem Land, wenn streitig § 184
ist, ob eine Leistung aus der Sozialversicherung oder (1) Die Körperschaften oder Anstalten des öffent-
Kriegsopferversorgung zu gewähren ist. lichen Rechtes haben für jede Streitsache, an der
sie beteiligt sind, eine Gebühr zu entrichten. Die Ge-
(3) Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfah-
bühr entsteht, sobald die Streitsache rechtshängig
rens ist bei einem der gemäß § 179 Abs. 1 für die
geworden isti sie ist für jeden Rechtszug zu zahlen.
Wiederaufnahme zuständigen Gerichte der Sozial-
gerichtsbarkeit zu stellen. Dieses verständigt die an (2) Die Bundesregierung setzt die Höhe der Ge-
den Wiederaufnahmeverfahren Beteiligten und die bühr durch Rechtsverordnung fest, die der Zustim-
Gerichte, die über den Anspruch entschieden haben. mung des Bundesrates bedarf.
Es gibt die Sache zur Entscheidung an das gemein-
sam nächsthöhere Gericht ab.
§ 185
(4) Das zur Entscheidung berufene Gericht be- Die Gebühr wird fällig, sobald die Streitsache
stimmt unter Aufhebung der entgegenstehenden Be- durch Zurücknahme des Rechtsbehelfs, durch Ver-
scheide oder richterlichen Entscheidungen den Lei- gleich, Anerkenntnis, Vorbescheid oder durch Urteil
stungspflich tigen. erledigt ist.
(5) Für die Durchführung des Verfahrens nach § 186
Absatz 4 gelten im übrigen die Vorschriften über die Wird eine Sache nicht durch Urteil erledigt, so
Wiederaufnahme des Verfahrens entsprechend. ermäßigt sich die Gebühr auf die Hälfte.
(6) Der Vorsitzende des nach Absatz 3 zuerst an-
gegangenen- oder des für die Entscheidung zustän- § 187
digen Gerichts kann durch einstweilige Anordnung Sind an einer Streitsache mehrere Körperschaften
einen Versid1erungsträger oder in der Kriegsopfer- oder Anstalten des öffentlichen Rechtes beteiligt, so
versorgung ein Land zur vorläufigen Leistung ver- haben sie die Gebühr zu gleichen Teilen zu ent-
pflichten. § 97 Abs. 2 gilt entsprechend. richten.
1260 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
§ 188 § 194
Wird ein durch rechtskräftiges Urteil abgeschlosse- Sind mehrere Beteiligte kostenpflichtig, so gilt
nes Verfahren wieder aufgenommen, so ist das neue § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Die
Verfahren eine besondere Streitsache. Kosten können ihnen als Gesamtschuldnern aufer-
legt werden, wenn das Streitverhältnis ihnen gegen-
§ 189
über nur einheitlich entschieden werden kann.
(1) Die Gebühren für die Streitsachen werden in
einem Verzeichnis zusammengestellt. Die Mittei- § 195
lung eines Auszuges aus diesem Verzeichnis an die Wird der Rechtsstreit durch gerichtlichen Ver-
Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen gleich erledigt und haben die Beteiligten keine
Rechtes gilt als Feststellung der Gebührenschuld und Bestimmung über die Kosten getroffen, so trägt
als Aufforderung, den Gebührenbetrag binnen eines jeder Beteiligte seine Kosten.
Monats an die in der Mitteilung angegebene Stelle
zu zahlen.
§ 196
(2) Die Feststellung erfolgt durch den Urkunds-
beamten der Geschäftsstelle. Gegen diese Fest- (1) Die Gebühren für die Berufstätigkeit der
s lellung kann binnen eines Monats nach Mitteilung Rechtsanwälte betragen im Verfahren
das Gericht angerufen werden, das endgültig ent- 1. vor dem Sozialgericht 20 bis 100 Deutsche
scheidet. Mark,
§ 190
2. vor dem Landessozialgericht 40 bis 150
Deutsche Mark,
Die Präsidenten und die aufsichtführenden Richter
der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sind befugt, 3. vor dem Btmdessozialgericht 80 bis 250
eine Gebühr, die durch unrichtige Behandlung der Deutsche Mark.
Sache ohne Schuld der gebührenpflichtigen Beteilig- (2) Werden mehrere Streitfälle zu gemeinsamer
ten entstanden ist, niederzuschlagen. Sie können Verhandlung und Entscheidung verbunden, so wird
von der Einziehung absehen, wenn sie mit Kosten die Gebühr für die Instanz nur einmal gewährt.
oder Verwaltungsaufwand verknüpft ist, die in (3) Die Gebühren für die Berufstätigkeit der
keinem Verhältnis zu der Einnahme stehen. Rechtsbeistände betragen die Hälfte.
(4) Die Höhe der Gebühren der Rechtsanwälte und
§ 191 Rechtsbeistände setzt das Gericht fest. Erfolgt die
Ist das persönliche Erscheinen eines Beteiligten Festsetzung nicht in der das Verfahren abschließen-
angeordnet worden, so werden ihm auf Antrag bare den Entscheidung, so trifft sie der Vorsitzende.
Auslagen und Zeitverlust wie einem Zeugen ver- (5) Höhere Beträge, als festgesetzt werden, dürfen
gütet; sie können vergütet werden, wenn er ohne weder vereinbart noch gezahlt werden.
Anordnung erscheint und das Gericht das Erscheinen
für geboten hält. (6) Soweit dem Rechtsanwalt nach Landesgebüh-
renrecht für eine. einzelne Tätigkeit vor Ubernahme
§ 192 der Vertretung im Verfahren vor den Gerichten der
Hat ein Beteiligter, dessen Vertreter oder Bevoll- Sozialgerichtsbarkeit eine besondere Gebühr er-
mächtigter durch Mutwillen, Verschleppung oder wachsen ist, wird diese auf die Gebühr des Ab-
Irreführung dem Gericht oder einem Beteiligten satzes 1 angerechnet.
Kosten verursacht, so kann sie das Gericht dem Be-
§ 197
teiligten im Urteil ganz oder teilweise auferlegen.
§ 193 Abs. 1 gilt entsprechend. (1) Auf Antrag der Beteiligten oder ihrer Bevoll-
mächtigten setzt der Urkundsbeamte des Gerichts
des ersten Rechtszugs den Betrag der zu erstatten-
§ 193 den Kosten fest. § 104 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob findet entsprechende Anwendung. Der Rechtsanwalt
und in welchem Umfange die Beteiligten einander kann für den Antrag auf Festsetzung eine Gebühr
Kosten zu erstatten haben; es entscheidet auf An- nicht beanspruchen.
trag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders
(2) Gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten
beendet wird.
der Geschäftsstelle kann binnen eines Monats nach
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das
Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwen- endgültig entscheidet.
digen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die Gebühren und die notwendigen Auslagen ZWEITER UNTERABSCHNITT
eines Rechtsanwalts (§§ 76 bis 83 der Gebühren-
ordnung für Rechtsanwälte) oder eines Rechtsbei- Vollstreckung
standes sind stets erstattungsfähig. § 198
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen (1) Für die Vollstreckung gilt das Achte Buch der
der Behörden, der Körperschaften und Anstalten des Zivilprozeßordnung entsprechend, soweit sich aus
öffentlichen Rechtes. diesem Gesetz nichts anderes ergibt.
Nr. 57 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 4. September 1953 1261
(2) Die Vorschriften über die vorläufige Vollstreck- gesetz und die Zivilprozeßordnung entsprechend
barkeit, den Arrest und die einstweilige Verfügung anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede
sind nicht anzuwenden. der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen.
(3) An die Stelle der sofortigen Beschwerde tritt
die Beschwerde (§§ 172 bis 177). § 203
Soweit in anderen Gesetzen auf Vorschriften oder
§ 199 Bezeichnungen verwiesen wird, die durch dieses
(1) Vollstreckt wird Gesetz aufgehoben werden, treten an deren Stelle
1. aus gerichtlichen Entscheidungen, soweit die entsprechenden Vorschriften oder die Bezeich-
nach den Vorschriften dieses Gesetzes kein .nungen dieses Gesetzes.
Aufschub eintritt,
2. aus Anerkenntnissen und gerichtlichen § 204
Vergleichen, Vor die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit ge-
3. aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen. hören auch Streitigkeiten, für welche durch Rechts-
verordnung die Zuständigkeit der früheren Ver-
(2) Hat ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wir- sicherungsbehörden oder Versorgungsgerichte be-
kung, so kann der Vorsitzende des Gerichts, das . gründet worden war.
über das Rechtsmittel zu entscheiden hat, die Voll-
streckung durch einstweilige Anordnung aussetzen. § 205
Er kann die Aussetzung und Vollstreckung von Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden
einer Sicherheitsleistung abhängig machen; §§ 108, über Streitigkeiten aus dem Gesetz betreffend die
109, 113 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Unfallfürsorge für Gefangene vom 30. Juni 1900
Die Anordnung ist unanfechtbar; sie kann jederzeit (Reichsgesetzbl. S. 536), wobei die Beschwerde als
aufgehoben werden. Klage beim Sozialgericht gilt.
(3) Für die Vollstreckung können den Bet_eiligten
auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne § 206
Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt Bei Streit über die Teuerungszulagen nach dem
werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Teuerungszulagengesetz in der Fassung vom 25. Juni
Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht. 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 354) ist die Berufung aus-
geschlossen. ·
§ 200 § 207
(1) Soll zugunsten einer Bundesbehörde oder (1) Durch Landesgesetz muß geregelt werden,
einer bundesunmittelbaren Körperschaft des öffent- unter welchen Voraussetzungen die bisher haupt-
lichen Rechtes oder einer bundesunmittelbaren An- amtlich bei den Versicherungsbehörden richterlich
stalt des öffentlichen Rechtes vollstreckt werden, so Tätigen zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit
richtet sich die Vollstreckung nach dem Verwaltungs- übernommen werden. Einer Mitwirkung des in § 11
vollstreckungsgesetz. vorgesehenen Ausschusses bedarf es nicht. Der
Ubernahme steht nicht entgegen, daß die Voraus-
(2) Bei der Vollstreckung zugunsten einer Be-
setzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 'nicht erfüllt sind.
hörde, die nicht Bundesbehörde ist, sowie zugunsten
einer nicht bundesunmittelbaren Körperschaft oder (2) Bei der ersten Ernennung von Berufsrichtern,
Anstalt des öffentlichen Rechtes gelten die Vor- die nicht dem in Absatz 1 bezeichneten Personen-
schriften des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes kreis angehören, treten in dem Ausschuß (§ 11) an
entsprechend. In diesem Falle bestimmt das Land die Stelle der Vertreter der Sozialgerichtsbarkeit
die Vollstreckungsbehörde. Vertreter aus dem Kreis der im Hauptamt ernannten
Mitglieder der Oberversicherungsämter des Landes.
§ 201
(1) Kommt die Behörde in den Fällen des § 131 § 208
der im· Urteil auferlegten Verpflichtung nicht nach, Bis zum 31. Dezember 1958 gelten als Beratungs-
so kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf. An- und Vertretungstätigkeit im Sinne des § 9 Abs. 2
trag unter Fristsetzung eine Erzwingungsstrafe bis auch Zeiten einer entsprechenden Tätigkeit vor den
zu zweitausend Deutsche Mark durch Beschluß an- Versicherungsbehörden oder Versorgungsgerichten.
drohen und nach vergeblichem Fristablauf festsetzen.
Die Erzwingungsstrafe kann wiederholt verhängt § 209
werden. In den Ländern Bayern und Hessen tritt § 32 erst
(2) Für die Vollstreckung gilt § 200. drei Jahre nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes
in Kraft.
§ 210
Dritter Teil (1) Bei Bedarf können bei den Sozialgerichten
Ubergangs- und Schlußvorschriften und den Landessozialgerichten Kammern und Senate
auf Zeit gebildet werden; ihre Zahl darf die Hälfte
§ 202 der ordentlichen Kammern und Senate nicht über-
Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über schreiten. Kammern und Senate auf Zeit dürfen
das Verfahren ehthält, sind das Gerichtsverfassungs- nicht über den 31. Dezember 1958 hinaus tätig sein.
1262 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
(2) Den Vorsitz in den Kammern auf Zeit kann (3) Die Rechtsmittel sind binnen einer Ausschluß-
ein Hilfsrichter, in den Senaten auf Zeit an Stelle frist von sechs Monaten seit dem Inkrafttreten dieses
eines Senatspräsidenten ein anderer Berufsrichter Gesetzes einzulegen.
des Landessozialgerichts führen. (4) Bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes frist-
gerecht eingelegte Rekurse gelten als Berufungen
§ 211
im Sinne der §§ 143 bis 159. Bis zum Inkrafttreten
Die Vorschriften des § 41 des Bundesbeamten- dieses Gesetzes eingelegte Revisionen gelten als
gesetzes vom 14. Juli 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 551) Revisionen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2.
gelten bis zum 31. Dezember 1956 nicht für die in Diese Rechtsmittel können nur dann verfolgt werden,
§ 38 Abs. 2 bezeichneten Bundesrichter. Die danach wenn die Rechtsmittelkläger dies innerhalb von
über das fünfundsechzigste Lebensjahr hinaus im zwei Monaten, nachdem sie hierüber belehrt worden
Dienst verbliebenen oder nach Vollendung des fünf- sind, beantragen.
undsechzigsten Lebensjahres bestellten Bundes-
richter treten mit Ablauf des 31. Dezember 1956 in (5) Vorbehaltlich des Absatzes 2 entscheidet das
den Ruhestand. Landessozialgericht in den Fällen der Absätze 1 und
§ 212
4 endgültig.
Bei der ersten Berufung der Landessozi:alrichter (6) Soweit das Landessozialgericht auf Grund der
und der Bundessozialrichter nach dem Inkrafttreten nach den Absätzen 1 und 4 eingelegten Rechtsmittel
dieses Gesetzes entfällt das Erfordernis einer vier- Entscheidungen der Oberversicherungsämter und
jährigen Tätigkeit als Sozialrichter oder Landes- der Ve'rsorgungsgerichte, durch die Leistungen ge-
sozialrichter. währt werden, aufhebt, sind diese Leistungen mit
§ 213 Ablauf des auf die Verkündung der Entscheidung
folgenden Monats einzustellen. Die Rückforderung·
(1) Das Spruch- und das Beschlußverfahren nach
der gewährten Leistungen ist ausgeschlossen.
den sozialversicherungs- und den versorgungsrecht-
lichen Vorschriften und nach dem Gesetz über
§ 215
Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung
fallen weg. An die Stelle dieser Verfahren treten (1} Die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes bei den
die in diesem Gesetz geregelten Verfahren. Geschäftsausschüssen nach dem Reichsknappschafts-
gesetz, den Spruchausschüssen nach dem Gesetz
(2) Soweit durch dieses Gesetz der Rechtsweg vor
über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversiche-
den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet
rung und den Beschwerdeausschüssen der Kriegs-
wird, fällt die bisherige rechtsprechende Tätigkeit
opferversorgung anhängigen Sachen gehen auf die
der Versicherungsämter, der Oberversicherungs-
für das Vorverfahren zuständigen Stellen über. So-
ämter, der Spruchbehörden der Arbeitslosenver-
weit ein Vorverfahren nicht stattfindet, werden sie
sicherung und der Versorgungsgerichte weg.
bei dem zuständigen Sozialgericht rechtshängig.
(3) Soweit in sozialversicherungsrechtlichen Vor-
(2) Die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes bei
schriften und in dem Gesetz über Arbeitsvermitt-
·den Versicherungsämtern, den Oberversicherungs-
lung und Arbeitslosenversicherung in den Fällen
ämtern und den Versorgungsgerichten rechtshängi-
der §§ 27 bis 29 die Verwaltungsbeschwerde oder
gen Sachen gehen auf das zuständige Sozialgericht
der Einspruch vorgesehen ist, tritt an deren Stelle
der Widerspruch (§§ 83 bis 86). über.
(3) Die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes bei den
§ 214 Landesversicherungsämtern Bayern und Württem-
berg-Baden rechtshängigen Sachen gehen auf das
(1) Die in der Zeit vorn 8. Mai 1945 bis zum
zuständige Landessozialgericht über.
Inkrafttreten dieses Gesetzes ergangenen Entschei-
dungen der Oberversicherungsämter und der Ver- (4) Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes gelten
sorgungsgerichte mit Ausnahme dErjenigen im Land die bisherigen Berufungen und Beschwerden als
Bayern und dem früheren Land Württemberg- Klage. Ein Vorverfahren findet nicht statt.
Baden können beim Landessozialgericht angefochten (5) Soweit in Angelegenheiten des § 51 rechts-
werden kräftige Urteile der allgemeinen Verwaltungs-
1. in der Unfallversicherung und der Kriegs- gerichte ergangen sind, hat es dabei sein Bewenden.
opferversorgung mit der Berufung, wenn (6) Soweit beim Inkrafttreten dieses Gesetzes in
der ursächliche Zusammenhang einer Ge- Angelegenheiten des § 51 Sachen bei den allgemei-
sundheitsstörung oder des Todes mit einem nen Verwaltungsgerichten des ersten Rechtszugs
Unfall, einer Berufskrankheit oder mit rechtshängig sind und eine Entscheidung des Ober-
einer Schädigung im Sinne des Bundesver- versicherungsamts oder des Versorgungsgerichts
sorgungsgesetzes streitig ist, nicht vorliegt, gehen sie auf die Sozialgerichte über.
2. in den Rentenversicherungen mit der Re- (7) Soweit beim Inkrafttreten dieses Gesetzes in
vision entsprechend den früheren §§ 1696, Angelegenheiten des § 51 Sachen bei den all-
1697 Nr. 1 der Reichsversicherungsordnung. gemeinen Verwaltungsgerichten des ersten Rechts-
(2) Im Falle des Absatzes 1 Nummer 1 entscheidet zugs rechtshängig sinp. und eine Entscheidung des
das Landessozialgericht nur über den ursächlichen Oberversicherungsamts oder des Versorgungs-
Zusammenhang. Soweit im übrigen über den An- gerichts vorliegt, gehen sie als Berufung auf die
spruch Streit besteht, ist die Sache an das Sozial- Landessozialgerichte über; die Zulässigkeit der Be-
gericht zurückzuverweisen, das endgültig entscheidet. rufung richtet sich nach diesem Gesetz.
Nr. 57 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 4; September 1953 1263
(8) Soweit beim Inkrafttreten dieses Gesetzes in § 219
Angelegenheiten des § 51 Sachen bei den allgemei- Die Länder Berlin, Bremen, Hamburg und
nen Verwaltungsgerichten des zweiten Rechtszugs Schleswig-Holstein können Abweichungen von den
rechtshängig sind, gehen sie auf die Landessozial- Vorschriften des § 85 Abs. 2 Nr. 1 zulassen.
gerichte über; die Zulässigkeit der Berufung richtet
sich nach diesem Gesetz.
(9) Soweit beim Inkrafttreten dieses Gesetzes in § 220
Angelegenheiten des § 51 Sachen beim Bundes- Die Reichsversicherungsordnung wird wie folgt
verwdltungsgericht rechtshängig sind, gehen sie auf geändert:
das Bundessozialgericht über; die Zulässigkeit der 1. § 759 erhält folgende Fassung:
Revision richtet sich nach diesem Gesetz.
,, Soweit der Einspruch auf die Vorausset-
zungen des § 757 Abs. 2 gegründet wird und
§ 216 die Genossenschaft ihn nicht als berechtigt an-
erkennt, entscheidet auf Klage das Sozial-
Bis zum 31. Dezember 1958 können Vorbescheide
ergehen gericht darüber, welcher Genossenschaft der
Entgelt nachzuweisen ist; es hebt eine ab-
1. durch die Sozialgerichte in allen Fällen, auch weichende Feststellung der Beiträge auf."
wenn eine Beweiserhebung stattgefunden hat,
2. In § 1571 erhalten Absatz 2 und 4 folgende
2. durch die Landessozialgerichte, wenn die Be-
rufung offenbar unbegründet ist. Fassung:
,, (2) Sollen'· Zeugen und Sachverständige im
Wege der Rechtshilfe eidlich vernommen
§ 217 werden, so kann nur ein Sozialgericht ersucht
(1) Bis zu einer einheitlichen Regelung durch die werden. Uber die Notwendigkeit der Beeidi-
Bundesrechtsahwaltsordnung sind Verwaltungs- gung entscheidet der ersuchte Richter end-
rechtsräte als Prozeßbevollmächtigte vor dem gültig.
Bundessozialgericht zugelassen. (4) Wird das Ersuchen um Rechtshilfe von
(2) Als Verwaltungsrechtsrat gilt auch der, der
einem Sozialgericht abgelehnt, so entscheidet
auf Grund der vorgeschriebenen Prüfungen die das Landessozialgericht."
Fähigkeit zum höheren Verwaltungsdienst hat und 3. In § 1572 wird Absatz 2 durch folgende Ab-
dem das Auftreten vor den· Gerichten der Ver- sätze 2 bis 5 ersetzt:
waltungsgerichtsbarkeit allgemein gestattet ist.
,, (2) Zuständig ist das Versicherungsamt, in
dessen Bezirk der Versicherte zur Zeit des
§ 218 Antrags seinen Wohnsitz oder in Ermange-
lung dessen seinen Aufenthaltsort hat oder
(1) Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13
beschäftigt ist.
Abs. 1 des Dritten Uberleitungsgesetzes vom 4. Ja-
nuar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land (3) Bei erstmaliger Bewilligung einer Hinter-
Berlin. Rechtsverordnungen, die auf Grund der in bliebenenrente ist der Wohnsitz oder in Er-
diesem Gesetz enthaltenen Ermächtigungen erlassen mangelung dessen der Aufenthaltsort de:r
werden, gelten im Land Berlin nach § 14 des Dritten Witwe oder des Witwers maßgebend. Ist eine
Uberleitungsgesetzes. Witwe oder ein Witwer nicht vorhanden, so
ist das Versicherungsamt örtlich zuständig, in
(2) Soweit in Bezeichnungen dieses Gesetzes die dessen Bezirk die jüngste Waise im Geltungs-
Oberversicherungsämter genannt werden, tritt im bereich dieses Gesetzes ihren Wohnsitz oder
Land Berlin an deren Stelle das Sozialversicherungs- in Ermangelung dessen ihren Aufenthaltsort
amt Berlin.
hat; sind nur Eltern oder Großeltern vorhan-
(3) § 214 findet im Land Berlin keine Anwen- den, so ist das Versicherungsamt örtlich zu-
dung. ständig, in dessen Bezirk die Eltern oder Groß-
(4) § 215 Abs. 1 Satz 1 ist auf die bei Inkrafttreten eltern ihren Wohnsitz oder in Ermangelung
dessen ihren Aufenthaltsort haben. Bei ver-
dieses Gesetzes beim Landesversorgungsamt Berlin
im Einspruchsverfahren der Kriegsopferversorgung
schiedenem Wohnsitz oder Aufenthaltsort der
Eltern- oder GroßeHernteile gilt der im Gel-
anhängigen Fälle entsprechend anzuwenden.
tungsbereich dieses Gesetzes gelegene Wohn-
(5) Die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes beim sitz oder Aufenthaltsort des anspruchsberech-
Bezirks-Berufungsausschuß und der Spruchkammer tigten Ehemannes oder geschiedenen Mannes,
für Arbeitslosenversicherung des Sozialversiche-
(4) Hat der Versicherte seinen Wohnsitz oder
tungsamts Berlin und beim Versorgungsgericht
Aufenthaltsort außerhalb des Geltungsbereichs
Berlin anhängigen Fälle gehen auf das Sozialgericht
über. dieses Gesetzes, so ist das Versicherungsamt
des letzten Wohnsitzes oder in Ermangelung
(6) Die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bei dem dessen des letzten Aufenthalts- oder des letz-
Spruchausschuß des Sozialversicherungsamts Berlin ten Beschäftigungsorts innerhalb des Geltungs-
und dem Oberversorgungsgericht Berlin anhängigen bereichs dieses Gesetzes zuständig. Ist danach
Fälle gehen auf das Landessozialgericht über. keine Zuständigkeit gegeben, so ist der Sitz
1264 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
des Betriebs maßgebend, in dem der Ver- 14. § 1626 Abs. 2 erhält folgende Fassung:
sicherte beschäftigt ist oder zuletzt beschäftigt ,, (2) Für die Zuständigkeit des Versicherungs-
war.
amts gilt § 1572 Abs. 2 bis 5 entsprechend."
(5) Sind nach der Regelung in den Absätzen 2
bis 4 mehrere Versicherungsämter zuständig, 15. In § 1626 Abs. 3 ist das Wort „ Verhandlung"
so gebührt dem der Vorzug, das zuerst an·• durch das Wort „Erörterung" zu ersetzen.
gegangen wird." 16. § 1628 erhält folgende Fassung:
4. In § 157 4 Abs. 1 und 2 werden die Worte ,, (1) Ist die Vorbereitung und Begutachtung
„der Zivilprozeßordnung" durch die Worte der Sache Organen von Sonderanstalten über-
,,des Sozialgerichtsgesetzes" ersetzt. tragen, so gelten die §§ 1617, 1618, 1624 bis
1627 entsprechend.
5. § 1576 erhält folgende Fassung:
(2) Sollen Zeugen oder Sachverständige eid-
,,Ist das Versicherungsamt um die Verneh-
lich vernommen werden, so gelten der § 1571
mung von Zeugen oder Sachverständigen er-
Abs. 2 bis 4 und die §§ 1573, 1574, 1576 bis 1579
sucht worden und verweigert ein Zeuge oder
entsprechend."
Sachverständiger unter Angabe von Gründen
die Abgabe des Zeugnisses oder Gutachtens, 17. In § 1738 fallen die Worte „von dem Reichs-
so ist das Ersuchen um Rechtshilfe an das zu- versicherungsamt (Landesversicherungsamt)"
ständige Sozialgericht weiterzuleiten." weg.
6. § 1577 erhält folgende Fassung: 18. § 1744 erhält folgende Fassung:
,, (1) Gegen Zeugen oder Sachverstcmdige, die ,,(1) Gegenüber einem bindenden Verwal-
sich nicht einfinden oder ihre Aussage ohne tungsakt eines Versicherungsträgers kann eine
Angabe eines Grundes verweigern, kann eine neue Prüfung beantragt oder vorgenommen
Ordnungsstrafe in Geld verhängt werden. werden, wenn
(2) Die Strafe verhängt das Versicherungs- 1. eine Urkunde, auf die sich der Ver-
ll.mt." waltungsakt stützt, fälschlich· angef er-
7. § 1613 Abs. 3 erhält folgende Fassung: tigt oder 1erfälscht war,
,, (3) Die Versicherungsanstalt stellt den Sach- 2. durch Beeidigung eines Zeugnisses
verhalt klar. Sie kann ein Versicherungsamt oder eines Gutachtens, auf die sich
oder ein Sozialgericht um eine Beweisauf- der Verwaltungsakt stützt, der Zeuge
nahme ersuchen, um eidliche Vernehmung nur oder Sachverständige vorsätzlich oder
ein Sozialgericht. § 1571 Abs. 2 Satz 2 und fahrlässig die Eidespflicht verletzt hat,
Abs. 4, § 1617 Abs. 3 gelten entsprechend." 3. ein Beteiligter oder sein Vertreter den
Verwaltungsakt durch eine mit ge-
8. § 1613 Abs. 4 Satz 2 erhält folgende Fassung:
richtlicher Strafe bedrohte Handlung
,,In diesen Fällen gelten die §§ 1617, 1618, erwirkt hat,
1624 und 1625."
4. ein Beteiligter Tatsachen, die für den
9. § 1614 erhält folgende Fassung: Erlaß des Verwaltungsakts von we-
sentlicher Bedeutung waren, wissent-
,,Für die Zuständigkeit des Versicherungs-
lich falsch behauptet oder vorsätzlich
amts gilt § 1572 Abs. 2 bis 5 entsprechend."
verschwiegen hat,
10. § 1618 Abs. 2 erhält folgende Fassung: 5. ein strafgerichtliches Urteil, auf das
,, (2) Auf Antrag einer der Parteien ist das sich der Verwaltungsakt stützt, durch
Gutachten nach mündlicher Erörterung unter ein anderes rechtskräftig gewordenes
Zuziehung des Antragstellers und des Ver- Urteil aufgehoben worden ist,
sicherungsträgers abzugeben. Uber das Er- 6. ein Beteiligter nachträglich eine Ur-
gebnis der mündlichen Erörterung ist eine kunde, die einen ihm günstigeren
Niederschrift aufzunehmen. In diesem Falle Verwaltungsakt herbeigeführt haben
gelten die §§ 1617, 1618, 1624 und 1625." würde, auffindet oder zu benutzen
11. In § 1624 Abs. 1 und 2 ist das Wort „ Verhand- .instandgesetzt wird.
lung" durch das Wort „Erörterung" zu ersetzen. (2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummern 1
12. § 1625 erhält folgende Fassung: bis 4 kann eine neue Prüfung vorgenommen
werden, wenn
„Das Versicherungsamt übersendet die
Niederschrift über das Ergebnis der münd- t. wegen der strafbaren Handlung eine
lichen Erörterung und das Gutachten dem Ver- rechtskräftige strafgerichtliche Ver-
sicherungsträger (§ 1630). 11 urteilung ergangen ist,
2. ein gerichtliches Strafverfahren aus
13. § 1626 Abs. 1 Satz 3 erhält folgende Fassung:
anderen Gründen als wegen Mangels
,,Die §§ 1617, 1618, 1624 und 1625 gelten als- an Beweis nicht eingeleitet oder nicht
dann entsprechend. 11
durchgeführt werden konnte. 11
Nr. 57 -Tag der Ausgabe: Bonn, den 4. September 1953 1265
§ 221 4. § 2 Abs. 4 Satz 2, §§ 192, 193 Abs. 2 und 3,
Die Verordnung über Geschäftsgang und Ver- § 194 Satz 2, §§ 195, 199 bis 202 des Reichs-
fahren der Versicherungsämter vom 24. Dezember knappschaftsgesetzes,
1911 in der Fassung vom 21. Dezember 1922 und
5. § 165 a Abs. 2, § 168 Abs. 4 Satz 3 und 4,
14. Dezember 1923 (Reichsgeset:ibl. 1911 S. 1107;
§§ 178 bis 180 a, 184 Abs. 1 Satz 3 und
1922 I S. 956; 1923 I S. 1199) wird wie folgt geändert:
Abs. 2, §§ 187 bis 194, 195 Abs. 2, §§ 196, 259
In §§ 88, 90, 92 Abs. 1 und § 93 wird das Wort Abs. 2, § 266 des Gesetzes über Arbeits-
,,Verhandlung" durch das Wort „Erörterung" ersetzt. vermittlung und Arbeitslosenversicherung,
§ 222
6. § 26 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes über die
Beschäftigung Schwerbeschädigter vom
Das Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeits-
16. Juni 1953 (Bundesgesetzbl. r S. 389),
losenversicherung wird wie folgt geändert:
§ 260 erhält folgende Fassung: 7. das Gesetz Nr. 56 über die Errichtung eines
„Gegen Privatpersonen, die eine Auskunft, zu der Bayerischen Landesversicherungsamts vom
sie nach § 171 verpflichtet sind, verweigern, kann 2. September 1946 (Bayerisches Gesetz- und
der Direktor des Arbeitsamts eine Ordnungsstrafe Verordnungsblatt 1947 S. 11),
bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark verhängen." 8. das Gesetz Nr. 714 über Zuständigkeiten
und Verfahren in der Sozialversicherung
§ 223 vom 26. Januar 1948 (Regierungsblatt der
§ 26 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über die Beschäfti- Regierung Württemberg-Baden S. 40),
gung Schwerbeschädigter vom 16. Juni 1953 (Bundes-
gesetzbl. I S. 389) erhält folgende Fassung: 9. §§ 48 bis 50 des Gesetzes über die Errich-
tung einer Bundesanstalt für Arbeitsver-
„Die Anfechtungsklage bei den Gerichten der
mittlung und Arbeitslosenversicherung vom
Sozialgerichtsbarkeit kann auch von einer Dienst-
10. März 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 123),
stelle im Sinne des § 3 Abs. 1 Buchstabe a oder von
einem Betrieb erhoben werden, der zum Geschäfts- 10. die nach § 84 Abs. 3 des Bundesversorgungs-
bereich des Bundesministers für Verkehr oder des gesetzes aufrechterhaltenen Vorschriften,
Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen soweit sie das Spruchverfahren betreffen,
gehört." insbesondere
§ 224
a) die in § 84 Abs. 2 des Bundesversor-
(1) Dieses Gesetz tritt, soweit es sich um Maß- gungsgesetzes genannten Gesetze und
nahmen zu seiner Durchführung handelt, mit dem Verordnungen, soweit sie das Spruch-
Tage seiner Verkündung, im übrigen am 1. Januar verfahren betreffen,
1954 in Kraft.
b) das Gesetz über das Verfahren in Ver.:.
(2) Mit dem Tage der Verkündung tritt § 9 des sorgungssachen in der Fassung vom
Gesetzes über die Selbstverwaltung und über
2. November 1934 (Reichsgesetzbl. I
Änderungen von Vorschriften auf dem Gebiet der s. 1113),
Sozialversicherung (Selbstverwaltungsgesetz) in der
Fassung vom 13. August 1952 (Bundesgesetzbl. I c) das badische Landesgesetz über das Ver-
S. 427) außer Kraft. fahren in Versorgungssachen vom 15.
März 1950 (Badisches Gesetz- und Ver-
(3) Mit dem 1. Januar 1954 werden alle Vor-
ordnungsblatt S. 156),
schriften früherer Gesetze und Verordnungen, die
denselben Gegenstand regeln, aufgehoben, soweit 11. die zur Änderung, Ergänzung und Durchfüh-
sie nicht bereits außer Kraft getreten sind, ins- rung der unter Nummer 10 genannten Vor-
besondere schriften ergangenen Bestimmungen,
1. §§ 40 bis 58, 59 Abs. 2 und 3, §§ 61 bis 81,
83 bis 109, 254, 358, 705, 705 a, 754 a Abs. 2, 12. §§ 1 bis 72, 96 bis 99 der Verordnung über
§ 758 Abs. 3 und 4, § 1179 Abs. 2, §§ 1575, Geschäftsgang und Verfahren der Versiche-
1615, 1617 Abs. 1 Halbsatz 2, §§ 1619, 1621, rungsämter vom 24. Dezember 1911 in der
1622, 1636 bis 1734, 1736 bis 1737 a, 1738 a, Fassung vom 21. Dezember 1922 und 14. De-
1740, 1741, 1771 bis 1805 der Reichsver- zember 1923 (Reichsgesetzbl. 1911 S. 1107;
sicherungsordnung, 1922 I S. 956; 1923 I S. 1199),
2. Artikel 42 des Dritten Gesetzes über Än- 13. die Verordnung über Geschäftsgang und
derungen in der Unfallversicherung vom Verfahren der Oberversicherungsämter vom
20. Dezember 1928 (Reichsgesetzbl. I S. 405) 24. Dezember 1911 in der Fassung vom
und die zu seiner Durchführung ergangenen 14. Dezember 1923 (Reichsgesetzbl. 1911
Bestimmungen, S. 1095; 1923 I S. 1199),
3. § 48 Abs. 3, §§ 131 bis 141, 143 bis 145, 147 14. die Verordnung über Geschäftsgang und
bis 167 der; Angestelltenversicherungs- Verfahren des Reichsversicherungsamts
gesetzes in der Fassung vom 28. Mai 1924 vom 24. Dezember 1911 (Reichsgesetzbl.
(Reichsgesetzbl. I S. 563), s. 1083),
1266 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
15. die Verordnung betreffend die Gebühren 18. die Verfahrensordnung für die Kammern
der Rechtsanwälte im Verfahren vor den der Angestelltenversicherung vom 21. De-
Versicherungsbehörden vom 24. Dezember zember 1922 in der Fassung des Artikels
1911 in der Fassung der Verordnungen IV der Verordnung vom 14. Dezember 1923
über Rechtsanwaltsgebühren im Verfahren (Reichsgesetzbl. 1922 I S. 959, 1923 I S. 1199),
vor den Versicherungsbehörden vorn 14. De- 19. die Verfahrensordnung der Senate für An-
zember 1923 und 12. Dezember 1924 (Reichs- gestelltenversicherung vom 12. Januar 1923
gcsclzbl. 1911 S. 1094; 1923 I S. 1198; 1924 I in der Fassung des Artikels III der Verord-
S. 775), nung vom 14. Dezember 1923 und des Ar-
16. die Verordnung über Errichtung von Aus- tikels VI Nr. 4 der Verordnung vom
schüssen und Kammern für Angestellten- 15. März 1924 (Reichsgesetzbl. 1923 I S. 56;
versicherung vom 21. Dezember 1922 in der 1924 I S. 280),
Fassung der Verordnung vom 28. März 1924 20. die Grundsätze für die Erstattung der Kosten
(Reichsgesetzbl. 1922 I S. 963; 1924 I S. 410), der Spruchbehörden der Angestelltenver-
sicherung vom 24. März 1924 in der Fassung
17. §§ 1 bis 13, 24 bis 26 der Verfahrensord-
vom 10. November 1926 (Reichsgesetzbl.
nung für die Ausschüsse der Angestellten-
1924 I S. 372; 1926 I S. 488),
versicherung vom 21. Dezember 1922 in der
Fassung des Artikels II der Verordnung vom 21. die Gebührenordnung für das Reichsversi-
14. Dezember 1923 (Reichsgesetzbl. 1922 I cherungsamt vom 22. April 1924 (Reichs-
S. 956; 1923 I S. 1199), gesetzbl. I S. 419).
Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet.
Bonn, den 3. September 1953.
Der Bundespräsident
Theodor Heuss
Der Bundeskanzler
Adenauer
Der Bundesminister für Arbeit
Anton Storch
Der Bundesminister der Justiz
Dehler
Nr. 57 -Tag der Ausgabe: Bonn, den 4. September 1953 1267
Arbeitsgerichtsgesetz.
Vom 3. September 1953.
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundes- c) für die Bestellung oder Abberufung des Wahl-
rc1tes das folgende Gesetz beschlossen: vorstands;
d) für die Auflösung des Betriebsrats, der Ver-
ERSTER TEIL tretung der nicht ständig beschäftigten Arbeit-
nehmer, der Jugendvertretung und der tarif-
Allgemeine Vorschriften lichen Sondervertretung; ·
§ 1
e) für die Entscheidung über die Amtszeit der
Gerichte für Arbeitssachen Mitglieder des Betriebsrats, der Vertretung
Die Gerichtsbarkeit in Arbeitssachen - §§ 2 der nicht ständig beschäftigten Arbeitnehmer,
und 3 - wird ausgeübt durch die Arbeitsgerichte der Jugendvertretung, der tariflichen Sonder-
- §§ 14 bis 31 - , die Landesarbeitsgerichte - §§ 33 vertretung und des Wirtschaftsausschusses;
bis 39 - und das Bundesarbeitsgericht - §§ 40 bis f) für die Entscheidung über das Erlöschen der
45 - (Gerichte für Arbeitssachen). Mitgliedschaft im Betriebsrat, im Gesamtbe-
triebsrat, in der Vertretung der nicht ständig
§ 2 beschäftigten Arbeitnehmer, in der Jug,end-
Zuständigkeit vertretung und in der tariflichen Sonderver-
(1) Die Arbeitsgerichte sind ausschließlich zu- tretung;
ständig g) für die Entscheidung über die Wahlberech-
1. für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen tigung, die Wählbarkeit, die Arbeitnehmer-
Tarifvertragsparteien oder zwischen diesen und eigenschaft und die Gruppenzugehörigkeit
Dritten aus Tarifverträgen oder über das Be- eines Arbeitnehmers;
stehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen h) für die Entscheidung darüber, ob ein Neben-
und für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen betrieb oder ein Betriebsteil selbständig ist
tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und oder zum Hauptbetrieb gehört;
Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es i) für die Entscheidung über die Zuständigkeit,
sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeits- die Geschäftsführung und die Tätigkeit des
kampfes oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit Betriebsrats, des Gesamtbetriebsrats, der Ver-
handelt; tretung der nicht ständig beschäftigten Arbeit-
2. für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Ar- nehmer, der Jugendvertretung, der tariflichen
beitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeits- Sondervertretung, der Einigungsstelle, des
verhältnis, über das Bestehen oder Nichtbestehen Wirtschaftsausschusses und der Vermittlungs-
eines Arbeitsverhältnisses, aus Verhandlungen stelle;
über die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses k) für die Entscheidung über Bestehen oder
und aus dessen Nachwirkun~en sowie für bürger- Nichtbestehen oder Durchführung von Be-
liche Rechtsstreitigkeiten aus unerlaubten Hand- triebsvereinbarungen;
lungen, S'.)Weit diese mit dem Arbeitsverhältnis 1) für die Entscheidung über die Verweigerung
im Zusammenhange stehen; ausgenommen sind der Zustimmung des Betriebsrats, des Gesamt-
Streitigkeiten, deren Gegenstand die Erfindung betriebsrats oder der tariflichen Sonderver-
eines Arbeitnehmers bildet, soweit es sich nicht tretung in personellen Angelegenheiten;
nur um Ansprüche auf eine Vergütung oder Ent-
schädigung für die Erfindung tandelt; m) für die Entscheidung über das Verlangen des
Betriebsrats oder der tariflichen Sonderver-
3. für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Ar- tretung auf Entlassung oder Versetzung eines
beitnehmern aus gemeinsamer Arbeit und aus Arbeitnehmers;
unerlaubten Handlungen, soweit diese mit dem
Arbeitsverhältnis im Zusammenhange stehen; n) für die Androhung von Ordnungsstrafen in
personellen Angelegenheiten;
4. in folgenden Fällen des Betriebsverfassungs-
o) für die Entscheidung über die Notwendigkeit,
gesetzes:
Vertreter der Arbeitnehmer in den Aufsichts-
a) für die Entscheidung über die Notwendigkeit rat zu wählen;
der Errichtung, die Zusammensetzung und die
p) für die Entscheidung über die Durchführung
Durchführung der Wahl des Betriebsrats, des
der Wahl von Vertretern der Arbeitnehmer
Gesamtbetriebsrats, der Vertretung der nicht
ständig beschäftigten Arbeitnehmer, der im Aufsichtsrat;
Jugendvertretung, der tariflichen Sonderver- q) für die Entscheidung über die Durchführung
tretung; der Abstimmung über den Widerruf der Be-
b) für die Entscheidung über die Notwendigkeit stellung eines Vertreters der Arbeitnehmer
der Errichtung und die Zusammensetzung des im Aufsichtsrat;
Wirtschaftsausschusses und die Bestellung r) für die Entscheidung über die Anfechtung der
seiner Mitglieder; Wahl des Betriebsrats, der Vertretung der
1268 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
nicht ständig Beschäftigten, der Jugendvertre- deren Gerichts gegeben ist; die im § 2 Abs. 1 Nr. 2
tung, der tariflichen Sondervertretung; Halbsatz 2 ausgenommenen Streitigkeiten können
s) nach Maßgabe einer Rechtsverordnung nach auch im Zusammenhang mit anderen Streitigkeiten
§ 87 Buchstabe g des Betriebsverfassungsge- nicht vor die Arbeitsgerichte gebracht werden.
setzes für die Entscheidung über die Anfech- (2) Auf Grund einer Vereinbarung können auch
tung der Wahl von Vertretern der Arbeit- bürgerliche Rechtsstreitigkeiten . zwischen juristi-
nehmer im Aufsichtsrat und über die Anfech- schen Personen des Privatrechts und Personen, die
tung der Abstimmung über den Widerruf der kraft Gesetzes allein oder als Mitglieder des Ver-
Bestellung eines Vertreters der Arbeitnehmer tretungsorgans der juristischen Person zu deren
im Aufsichtsrat; Vertretung berufen sind, vor die Arbeitsgerichte
5. für die Entscheidung über die Tariffähigkeit gebracht werden.
einer Vereinigung. § 4
(2) Der Vorsitzende des Arbeitsgerichts entschei- Ausschluß der Arbeitsgerichtsbarkeit
det in folgenden Fällen des Betriebsverfassungs- In den Fällen des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 kann die
gesetzes: Arbeitsgerichtsbarkeit nach Maßgabe der §§ 101 bis
a) über die Zahl der Beisitzer und über die 110 ausgeschlossen werden.
Bestellung des unparteiischen Vorsitzenden
einer Einigungsstelle, die zur Beilegung von § 5
Meinungsverschiedenheiten zwischen dem BegriH des Arbeitnehmers
Arbeitgeber und dem Betriebsrat gebildet
wird; (1) Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind
Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufs-
b) über die Verhängung und Vollstreckung
ausbildung Beschäftigten. Als Arbeitnehmer gelten
von Ordnungsstrafen in personellen An-
auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen
gelegenheiten.
Gleichgestellten (§ 1 des Heimarbeitsgesetzes vom
(3) Der Präsident des Landesarbeitsgerichts ent- 14. März 1951 - Bundesgesetzbl. I S. 191 -) sowie
scheidet in folgenden Fällen des Betriebsverfassungs- sonstige Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen
gesetzes: Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Perso-
über die Zahl der Beisitzer und die Bestellung des nen anzusehen sind. Als Arbeitnehmer gelten nicht
unparteiischen Vorsitzenden einer Einigungsstelle, in Betrieben einer juristischen Person oder einer
die zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten Personengesamtheit Personen, die kraft Gesetzes,
zwischen dem Arbeitgeber und dem Gesamtbe- Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als
triebsrat gebildet wird. Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung
der juristischen Person oder der Personengesamtheit
(4) Die in Absatz l Nummer 1 bis 3 begründete
Zuständigkeit besteht auch in den Fällen, in denen berufen sind.
der Rechtsstreit durch einen Rechtsnachfolger .oder (2) Beamte sind als solche keine Arbeitnehmer.
durch eine Person geführt wird, die kraft Gesetzes
an Stelle des sachlich Berechtigten oder Verpflich- § 6
teten hierzu befugt ist. Das gleiche gilt, wenn ein Besetzung der Gerichte für Arbeitssachen
Arbeitnehmer oder ehemaliger Arbeitnehmer An-
(1) Die Gerichte für Arbeitssachen sind mit Berufs-
sprüche aus dem Arbeitsverhältnis oder solche,
richtern und mit Beisitzern aus den Kreisen der
die mit dem Arbeitsverhältnis in unmittelbarem
Arbeitnehmer und Arbeitgeber besetzt.
rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang
stehen, gegen Wohlfahrtseinrichtungen ohne Rück- (2) Die Beisitzer führen bei den Arbeitsgerichten
sicht auf deren Rechtsform geltend macht, deren die Amtsbezeichnung Arbeitsrichter, bei den Lan-
Wirkungsbereich auf den Betrieb oder das Unter- desarbeitsgerichten die Amtsbezeichnung Landes-
nehmen beschränkt ist, soweit nicht für die Geltend- arbeitsrichter, bei dem Bundesarbeitsgericht die
machung eines Anspruchs eine ausschließliche Zu- Amtsbezeichnung Bundesarbeitsrichter.
ständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist.
§ 7
§ 3 Geschäftsstelle, Aufbringung der Mittel
Erweiterte Zuständigkeit (1) Bei jedem Gericht für Arbeitssachen wird eine
(1) Bei den Arbeitsgerichten können auch nicht Geschäftsstelle eingerichtet, die mit der erforder-
unter § 2 fallende Klagen gegen Arbeitnehmer oder lichen Zahl von Urkundsbeamten besetzt wird. Die
Arbeitgeber oder Tarifvertragsparteien oder tarif- Einrichtung der Geschäftsstelle bestimmt bei den
fähige Parteien sowie von solchen gegen Dritte er- Arbeitsgerichten und Landesarbeitsgerichten die
hoben werden, wenn der Anspruch mit einer bei oberste Arbeitsbehörde des Landes im Benehmen
einem Arbeitsgericht anhängigen oder gleichzeitig mit der Landesjustizverwaltung, bei dem Bundes-
anhängig werdenden bürgerlichen Rechtsstreitigkeit arbeitsgericht der Bundesminister für Arbeit im
der im § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Art in Benehmen mit dem Bundesminister der Justiz.
rechtlichem oder unmittelbarem wirtschaftlichen (2) Die Kosten der Arbeitsgerichte und der Landes-
Zusammenhang steht und für seine Geltendmachung arbeitsgerichte trägt das Land, das sie errichtet. Die
nicht eine ausschließliche Zuständigkeit eines an- Kosten des Bundesarbeitsgerichts trägt der Bund.
Nr. 57 -Tag der Ausgabe: Bonn, den 4. September 1953 1269
§ 8 ten Personen und Stellen Beteiligte, in den Fällen
Gang des Verfahrens des § 2 Abs. 1 Nr. 5 auch die beteiligten Vereinigun-
gen von Arbeitnehmern oder von Arbeitgebern so-
(1) In den Rechtsstreitigkeiten nach § 2 Abs. 1 wie die oberste Arbeitsbehörde des Bundes oder
Nr. 1 bis 3 und nach § 3 findet das Urteilsverfahren, derjenigen Länder, auf deren Bereich sich die Tätig-
in den Fällen des § 2 Abs. 1 Nr. 4 und 5, Abs. 2 und 3 keit der Vereinigung erstreckt.
das Beschlußverfahren statt.
(2) Im ersten Rechtszug sind die Arbeitsgerichte § 11
zuständig.
Prozeßvertretung
(3) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet
die Berufung an die Landesarbeitsgerichte nach Maß- (1) Die Parteien können vor den Arbeitsgerichten
gabe des § 64 Abs. 1 statt. den Rechtsstreit selbst führen oder sich vertreten
lassen durch Vertreter von Gewerkschaften oder
(4) Gegen die Urteile der Landesarbeitsgerichte von Vereinigungen von Arbeitgebern oder von Zu-
findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht nach sammenschlüssen solcher Verbände, wenn diese
Maßgabe des § 72 Abs. 1 statt. Personen kraft Satzung oder Vollmacht zur Ver-
(5) Gegen die Beschlüsse der Arbeitsgerichte und tretung befugt sind und für den Zusammenschluß,
ihrer Vorsitzenden im Beschlußverfahren findet die den Verband oder deren Mitglieder auftreten und
Beschwerde an das Landesarbeitsgericht nach Maß- nicht neben dieser Vertretung die Tätigkeit als
gabe des § 87 statt. Rechtsanwalt ausüben oder, ohne Rechtsanwalt zu
sein, das Verhandeln vor Gericht geschäftsmäßig
(6) Gegen die Beschlüsse der Landesarbeitsgerichte
gegen Entgelt betreiben; das gleiche gilt für die
im Beschlußverfahren findet die Rechtsbeschwerde an
Prozeßvertretung durch Vertreter von selbständigen
das Bundesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 92
Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder
statt.
berufspolitischer Zwecksetzung. Vor den Arbeits-
§ 9 gerichten sind als Prozeßbevollmächtigte oder Bei-
stände Rechtsanwälte nur zugelassen, wenn die
Allgemeine Verfahrensvorschriften
Wahrung der Rechte der Parteien dies notwendig
(1) Das Verfahren ist in allen Rechtszügen zu erscheinen läßt. Uber die Zulassung entscheidet der
beschleunigen. Die Vorschriften des Gerichtsver- Vorsitzende des Arbeitsgerichts. Wird die Zulassung
fassungsgesetzes über Gerichtsferien sind nicht an- abgelehnt, so kann die Partei die Entscheidung der
zuwenden. Kammer des Arbeitsgerichts beantragen; diese ent-
(2) Die Vorschriften des Ger~chtsverfassungs- scheidet endgültig. Beträgt der Streitwert mindestens
gesetzes über Zustellungs- und Vollstreckungs- dreihundert Deutsche Mark, so sind Rechtsanwälte
beamte, über die Aufrechterhaltung der Ordnung in zur Prozeßvertretung zugelassen.
der Sitzung, über die Gerichtssprache und über Be- (2) Vor den Landesarbeitsgerichten und vor dem
ratung und Abstimmung gelten in allen-Rechtszügen
Bundesarbeitsgericht müssen die Parteien sich durch
entsprechend. Rechtsanwälte als Prozeßbevollmächtigte vertreten
(3) Die Gebührenordnungen für Zeugen und Sach- lassen; zur Vertretung berechtigt ist jeder bei einem
verständige und für Gerichtsvollzieher finden An- deutschen Gericht zugelassene Rechtsanwalt. An ihre
wendung. Die Gerichtsvollzieher dürfen Gebühren- Stelle können vor den Landesarbeitsgerichten Ver-
vorschüsse nicht erheben. treter von Gewerkschaften oder von Vereinigungen
(4) Auf den zur Zustellung an die Parteien be- von Arbeitgebern oder von Zusammenschlüssen
stimmten Ausfertigungen der Urteile und der das solcher Verbände treten, wenn sie kraft Satzung
Verfahren beendenden Beschlüsse im Beschlußver- oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind und der
fahren ist zu vermerken, ob gegen die Entscheidung Zusammenschluß, der Verband oder deren Mitglieder
ein Rechtsmittel zulässig und bei welchem Gericht, Partei sind.
in welcher Form und binnen welcher Frist es ein- (3) § 157 Abs. 1 und 2 der Zivilprozeßordnung gilt
zulegen ist. entsprechend. Dies gilt nicht für die in Absatz 1
(5) Die Frist für ein Rechtsmittel beginnt nur zu Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 genannten Personen.
laufen, wenn die Partei nach Absatz 4 belehrt worden
ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Tage der Zu- § 11 a
stellung der Entscheidung an gerechnet, kann das
Rechtsmittel nicht mehr eingelegt werden. Beiordnung eines Rechtsanwalts
(1) Einer Partei, die außerstande ist, ohne Be-
§ 10 einträchtigung des für sie und ihre Familie not-
wendigen Unterhalts die Kosten des Prozesses zu
Parteifähigkeit
bestreiten, und die nicht durch ein Mitglied oder
Parteifähig im arbeitsgerichtlichen Verfahren sind einen Angestellten einer Gewerkschaft oder einer
auch Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeit- Vereinigung von Arbeitgebern vertreten werden
gebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände; kann, hat der Vorsitzende des Arbeitsgerichts auf
in den Fällen des § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 und 3 sind ihren Antrag einen Rechtsanwalt beizuordnen, wenn
auch die nach dem Betriebsverfassungsgesetz und die Gegenpartei durch einen Rechtsanwalt vertreten
den dazu ergangenen Rechtsverordnungen beteilig- ist. Die Partei ist auf ihr Antragsrecht hinzuweisen.
1270 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
(2) Die Beiordnung kann unterbleiben, wenn sie § 13
aus besonderen Gründen nicht erforderlich ist, oder Rechtshilfe
wenn die Rechtsverfolgung offensichtlich mutwillig
ist. (1) Die Arbeitsgerichte leisten den Gerichten für
Arbeitssachen Rechtshilfe. Ist die Amtshandlung
§ 12 außerhalb des Sitzes eines Arbeitsgerichts vorzu-
Gebühren und Auslagen nehmen, so leistet das Amtsgericht Rechtshilfe.
(1) Im Verfahren des ersten Rechtszugs wird eine (2) Die Vorschriften des Gerichtsverfassungs-
einmalige Gebühr nach dem Wert des Streitgegen- gesetzes über Rechtshilfe finden entsprechende An-
standes erhoben. Sie beträgt bei einem Streitwert wendung.
bis zu zwanzig Deutsche Mark
einschließlich eine Deutsche Mark, ZWEITER TEIL
von mehr als zwanzig Deutsche Aufbau der Gerichte für Arbeitssachen
Mark bis zu sechzig Deutsche
Mark einschließlich zwei Deutsche Mark, ERSTER ABSCHNITT
von mehr als sechzig Deutsche Arbeitsgerichte
Mark bis zu einhundert Deut-
sche Mark einschließlich drei Deutsche Mark § 14
und von da ab für jede angefangenen hundert Deut- Errichtung
sche Mark je drei Deutsche Mark bis zu höchstens (1) Die Arbeitsgerichte werden durch die oberste
fünfhundert Deutsche Mark. Arbeitsbehörde des Landes im Einvernehmen mit
(2) Wird der Rechtsstreit im ersten oder in einem der Landesjustizverwaltung nach Anhörung der Ge-
höheren Rechtszug durch einen vor dem Gericht ab- werkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern,
geschlossenen oder dem Gericht mitgeteilten Ver- die für das Arbeitsleben im Landesgebiet wesent-
gleich beendet, so werden in diesem Rechtszug keine liche Bedeutung haben, errichtet.
Gebühren erhoben, auch wenn eine streitige Ver- (2) Die oberste Arbeitsbehörde des Landes kann
handlung vorausgegangen war. Wird der Rechtsstreit im Einvernehmen mit der Landesjustizverwaltung
durch Versäumnisurteil oder auf Grund eines An- anordnen, daß außerhalb des Sitzes eines Arbeits-
erkenntnisses oder einer Zurücknahme der Klage gerichts Zweigstellen errichtet oder Gerichtstage
beendet und hat keine streitige Verhandlung statt- abgehalten werden.
gefunden, so wird in diesem Rechtszug nur die § 15
Hälfte der sonst fälligen Gebühren erhoben; bei
Verwaltung und Dienstaufsicht
Beendigung des Rechtsstreits im ersten Rechtszug
auf Grund eines Anerkenntnisses oder einer Zurück- (1) Die Geschäfte der Verwaltung und Dienst-
nahme der Klage ohne streitige Verhandlung werden aufsicht führt die oberste Arbeitsbehörde des Landes
keine Gebühren erhoben. im Einvernehmen mit der Landesjustizverwaltung.
Vor Erlaß allgemeiner Anordnungen, die die Ver-
(3) Gebühren und Auslagen werden erst fällig,
waltung und Dienstaufsicht betreffen, soweit sie
wenn das Verfahren in dem Rechtszug beendet oder
nicht rein technischer Art sind, sind die in § 14 Abs. 1
das Ruhen des Verfahrens angeordnet ist. Kosten-
genannten Verbände zu hören.
vorschüsse werden nicht erhoben; dies gilt auch für
die Zwangsvollstreckung. Schreibgebühren kommen (2) Die oberste Arbeitsbehörde des Landes kann
für Abschriften und Ausfertigungen, deren eine im Einvernehmen mit der Landesjustizverwaltung
Partei zur sachgemäßen Rechtsverfolgung bedarf, Geschäfte der Verwaltung und Dienstaufsicht dem
nicht in Ansatz. Präsidenten des Landesarbeitsgerichts oder dem
Vorsitzenden des Arbeitsgerichts oder, wenn meh-
(4) In den Fällen des § 2 Abs. 1 Nr. 4 u~d 5, Abs. 2
rere Vorsitzende vorhanden sind, einem von ihnen
und 3 sowie des § 103 Abs. 3, des § 108 Abs. 3 und
übertragen. ,
des § 109 werden Gebühren und Auslagen nicht
§ 16
erhoben.
Zusammensetzung
(5) Im übrigen gelten die Vorschriften des Gerichts-
kostengesetzes und der Verordnung über Kosten (1) Das Arbeitsgericht besteht aus der erforder-
im Bereich der Justizverwaltung vom 14. Februar lichen Zahl von Vorsitzenden und Arbeitsrichtern.
1940 (Reichsgesetzbl. I S. 357) entsprechend. Bei der Die Arbeitsrichter werden je zur Hälfte aus den
Einziehung der Gerichts- und Verwaltungskosten Kreisen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber
leisten die Vollstreckungsbehörden der Justizver- entnommen.
waltung den Gerichten für Arbeitssachen Amtshilfe, (2) Jede Kammer des Arbeitsgerichts wird in der
soweit nicht die oberste Landesbehörde eine andere Besetzung mit einem Vorsitzenden und je einem
Regelung trifft. Arbeitsrichter aus Kreisen der Arbeitnehmer und
(6) Für die Wertberechnung bei Klagen, die das der Arbeitgeber tätig. In bürgerlichen Rechtsstreitig-
. Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhält- keiten zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarif-
nisses zum Gegenstand haben, ist höchstens der verträgen oder über das Bestehen oder Nicht-
Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu bestehen von Tarifverträgen und in den Fällen des
leistenden Arbeitsentgelts maßgebend. § 2 Abs. 1 ,Nr. 5 wird die Kammer in der Besetzung
Nr. 57 -Tag der Ausgabe: Bonn, den 4. September ~953 1271
mit einem Vorsitzenden und je zwei Arbeitsrichtern (7) Die Vorschriften des Gerichtsverfassungs-
aus den Kreisen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber gesetzes über die Bestellung von Hilfsrichtern sind
tätig. entsprechend anwendbar. Die Bestellung soll jedoch
§ 17 den Zeitraum von drei Monaten nicht überschreiten.
Bildung von Kammern
§ 19
(1) Die oberste Arbeitsbehörde des Landes be-
Rechtliche Stellung der Vorsitzenden
stimmt im Einvernehmen mit der Landesjustizver-
waltung die Zahl der Kammern nach Anhörung der (1) Die Vorsitzenden sind Richter mit den Rechten
in § 14 Abs. 1 genannten Verbände. und Pflichten der Richter der ordentlichen Gerichte.
Soweit sie auf Zeit ernannt sind, haben sie diese
(2) Soweit ein Bedürfnis besteht:, können Fach-
Rechte und Pflichten für die Dauer ihres Amtes.
kammern für die Streitigkeiten bestimmter Berufe
Im übrigen gelten die Vorschriften des Gerichtsver-
und Gewerbe und bestimmter Gruppen von Arbeit-
fassungsgesetzes über das Richteramt entsprechend,
nehmern gebildet werden. Uber die Bildung ent-
soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
scheidet die oberste Arbeitsbehörde des Landes im
Einvernehmen mit der Landesjustizverwaltung nach (2) Werden auf Lebenszeit ernannte Beamte des
Anhörung der in § 14 Abs. l genannten Verbände. Bundes oder eines Landes zu Vorsitzenden auf Zeit
(§ 18 Abs. 4) ernannt, so ruhen während der Dauer
(3) Die Zuständigkeit einer Fachkammer kann
dieses Amtes ihre Rechte und Pflichten aus dem
durch die oberste Arbeitsbehörde des Landes im
Beamtenverhältnis auf Lebenszeit. Nach Ablauf der
Einvernehmen mit der Landesjustizverwaltung nach
Amtszeit als Vorsitzende sind sie in eine ihrer
Anhörung der in § 14 Abs. 1 genannten Verbände
früheren dienstlichen Stellung gleichwertig~ Stellung
auf die Bezirke anderer Arbeitsgerichte oder Teile
zu übernehmen. Die Amtszeit als Vorsitzender wird
von ihnen erstreckt werden.
als Dienstzeit im Bund oder Land angerechnet.
§ 18
§ 20
Ernennung der Vorsitzenden
Berufung der Arbeitsrichter
(1) Die Vorsitzenden werden auf Vorschlag der
obersten Arbeitsbehörde des Landes im Benehmen (1) Die Arbeitsrichter werden von der obersten
mit der Landesjustizverwaltung nach Beratung mit Arbeitsbehörde des Landes auf die Dauer von vier
Jahren berufen. Sie sind in angemessenem Ver-
einem Ausschuß entsprechend den landesrechtlichen
Vorschriften bestellt. hältnis unter billiger Berücksichtigung der Minder-
heiten aus den Vorschlagslisten zu entnehmen, die
(2) Der Ausschuß ist von der obersten Arbeits-· der obersten Arbeitsbehörde des Landes von den im
behörde des Landes zu errichten. Ihm müssen in Gerichtsbezirk bestehenden Gewerkschaften und
gleichem Verhältnis Vertreter der in § 14 Abs. 1 ge- Vereinigungen von Arbeitgebern sowie von den in
nannten Gewerkschaften und Vereinigungen von § 22 Abs. 2 Nr. 2 bezeichneten Körperschaften ein-
Arbeitgebern sowie der Arbeitsgerichtsbarkeit iln- gereicht werden.
gehören.
(2) Die Arbeitsrichter sind vor ihrerDienstleistung
(3) Die Vorsitzenden müssen besondere Kennt- durch den Vorsitzenden auf die Erfüllung der Ob-
nisse und Erfahrungen auf den Gebieten des Arbeits- liegenheiten ihres Amtes eidlich zu verpflichten.
rechts und des Arbeitslebens besitzen. Zum Vor- Uber die Verpflichtung ist eine Niederschrift auf-
sitzenden kann nur ernannt werden, wer die Fähig- zunehmen.
keit zum Richteramt im Sinne des Gerichtsver- § 21
fassungsgesetzes besitzt oder wer sich durch längere,
mindestens fünfjährige Tätigkeit in der Beratung Voraussetzungen für die Berufung als Arbeitsrichter
arbeitsrechtlicher Angelegenheiten und in der Ver- (1) Als Arbeitsrichter sind Personen zu berufen,
tretung vor Arbeitsgerichten umfassende Kenntnisse die das fünfundzwanzigste Lebensjahr vollendet
und Erfahrungen im Arbeitsrecht erworben hat. haben. Es sollen nur Personen berufen werden, die
(4) Die Vorsitzenden werden ~indestens für ein im Bezirk des Arbeitsgerichts seit mindestens einem
Jahr ernannt. Nach dreijähriger Amtsdauer können Jahr als Arbeitnehmer oder Arbeitgeber tätig sind.
sie nur als auf Lebenszeit ernannte Richter weiter- (2) Das Amt eines Arbeitsrichters können nur Per-
verwendet werden. Für die Ernennung auf Lebens- sonen bekleiden, die im Besitz der bürgerlichen
zeit gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend. Vor- Ehrenrechte und des Wahlrechts zum Deutschen Bun-
sitzende, die sich bewährt haben, sollen auf Lebens- destag sind, denen die Fähigkeit zur Bekleidung
zeit weiterverwendet werden. öffentlicher Ämter nicht aberkannt ist, gegen die
(5) Die Vorsitzenden sind vor ihrem Dienstantritt kein Hauptverfahren wegen eines Verbrechens oder
durch die oberste Arbeitsbehörde des Landes auf Vergehens eröffnet ist, das die Aberkennung der
die Erfüllung der Obliegenheiten ihres Amtes eidlich bürgerlichen Ehrenrechte oder der Fähigkeit, öffent-
zu verpflichten, falls sie nicht bereits als Richter ver- liche Amter zu bekleiden, zur Folge haben kann,
eidigt sind. und die nicht infolge gerichtlicher Anordnung in der
Verfügung über ihr Vermögen beschränkt sind.
(6) Die von der Gesetzgebung festgesetzten
Altersgrenzen, bei deren Erreichung Richter in den (3) Beamte und Angestellte eines Gerichts für Ar-
Ruhestand treten, gelten auch für die Vorsitzenden beitssachen dürfen nicht als Arbeitsrichter berufen
der Arbeitsgerichte. werden.
1272 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
(4) Niemand darf zugleich Arbeitsrichter der 3. wer durch ehrenamtliche Tätigkeit für die
Arbeitnehmerseite und der Arbeitgeberseite sein. Allgemeinheit so in Anspruch genommen
(5) Wird das Fehlen einer Voraussetzung für die ist, daß ihm die Ubernahme d2s Amtes
Berufung nc1chträglich bekannt oder fällt eine Vor- nicht zugemutet werden kann;
aussetzung nachträglich fort, so ist der Arbeitsrichter 4. wer in den acht der Berufung vorhergehen-
seines Amtes zu entheben. Uber die Enthebung ent- den Jahren als Beisitzer bei einem Gericht
scheidet die Erste Kammer des Landesarbeitsgerichts für Arbeitssachen tätig geweser ist;
auf Antrag der obersten Arbeitsbehörde des Landes. 5. wer glaubhaft macht, daß ihm wichtige
Vor der Entscheidung ist der Arbeitsrichter zu hören. Gründe, insbesondere die Fürsorge für seine
Die Entscheidung ist endgültig. Familie, die Ausübung des Amtes in be-
sonderem Maße erschweren.
§ 22 (2) Uber die Berechtigung zur Ablehnung oder
Arbeitsrichter aus Kreisen der Arbeitgeber Niederlegung entscheidet die oberste Arbeitsbe-
hörde des Land~s im Benehmen mit dem Präsidenten
(1) Arbeitsrichter aus Kreisen der Arbeitgeber
des Landesarbeitsgerichts. Die Entscheidung ist end-
kann auch sein, wer vorübergehend oder regelmäßig
gültig.
zu gewissen Zeiten des Jahres keine Arbeitnehmer
beschäftigt. § 25
(2) Für die Berufung zum Arbeitsrichter gelten Stellung der Arbeitsrichter
als Arbeitgeber auch (1) Das Amt des Arbeitsrichters ist ein Ehrenamt.
1. bei Betrieben einer juristischen Person oder
(2) Die Arbeitsrichter erhalten eine angemessene
einer Personengesamtheit Personen, die
Entschädigung für den ihnen aus der Wahrnehmung
kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschafts-
ihres Amtes erwachsenden Verdienstausfall und Auf-
vertrags allein oder als Mitglieder des Ver-
wand sowie Ersatz der Fahrtkosten. Die nähere Rege-
tretungsorgans zur Vertretung der juristi-
lung trifft der Bundesminister für Arbeit durch
schen Person oder der Personengesamtheit
Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bun-
berufen sind;
desminister der Justiz nach Anhörung der Gewerk-
2. bei dem Bunde, den Ländern, den Gemein- schaften und Vereinigungen von Arbeitgebern, die
den, den Gemeindeverbänden und anderen für das Arbeitsleben des Bundesgebiets wesentliche
Körperschaften des öffentlichen Rechtes Bedeutung haben. Die Rechtsverordnung bedarf der
nichtrichterliche Beamte und Angestellte Zustimmung des Bundesrates.
nach näherer Anordnung der zuständigen
obersten Bundes- oder Landesbehörde. (3) Die Entschädigung und die erstattungsfähigen
Fahrtkosten setzt der Vorsitzende des Arbeits-
(3) Den Arbeitgebern stehen für die Berufung zum gerichts im Einzelfalle endgültig fest.
Arbeitsrichter Mitglieder und Angestellte von Ver-
einigungen von Arbeitgebern sowie Vorstandsmit-
§ 26
glieder und Angestellte von Zusammenschlüssen
solcher Vereinigungen gleich, wenn diese Personen Schutz der Arbeitsrichter
kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung be- (1) Niemand darf in der Ubernahme oder Aus-
fugt sind. übung des Amtes als Arbeitsrichter beschränkt oder
§ 23 wegen der Ubernahme od~r Ausübung des Amtes
Arbeitsrichter aus Kreisen der Arbeitnehmer benachteiligt werden.
(1) Arbeitsrichter aus Kreisen der Arbeitnehmer (2) Wer den Vorschriften des Absatzes 1 zuwider-
kann auch sein, wer arbeitslos ist. handelt, wird mit Geldstrafe, in schweren Fällen mit
Gefängnis bis zu einem Jahr bestraft, wenn nicht
(2) Den Arbeitnehmern stehen für die Berufung nach anderen Gesetzen eine schwerere Strafe ver-
als Arbeitsrichter Mitglieder und Angestellte von wirkt ist.
Gewerkschaften sowie Vorstandsmitglieder und An-
gestellte von Zusammenschlüssen von Gewerkschaf- § 27
ten gleich, wenn diese Personen kraft Satzung oder Amtsenthebung der Arbeitsrichter
Vollmacht zur Vertretung befugt sind.
Ein Arbeitsrichter ist seines Amtes zu entheben,
wenn er seine Amtspflicht grob verletzt. § 21 Abs. 5
§ 24 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
Ablehnung und Niederlegung des
Arbeitsrichteramtes § 28
(1) Das Amt des Arbeitsrichters kann ablehnen Ordnungsstrafen gegen Arbeitsrichter
oder niederlegen,
Die Erste Kammer des Landesarbeitsgerichts kann
1. wer das fünfundsechzigste Lebensjahr voll- auf Antrag des Vorsitzenden des Arbeitsgerichts
endet hat; gegen einen Arbeitsrichter, der sich der Erfüllung
2. wer durch Krankheit oder Gebrechen be- seiner Pflichten entzieht, insbesondere ohne genü-
hindert ist, das Amt ordnungsgemäß auszu- gende Entschuldigung nicht oder nicht rechtzeitig zu
üben; den Sitzungen erscheint, eine Ordnungsstrafe in
Nr. 57 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 4. September 1953 1273
Geld verhängen. Vor dem Antrag hat der Vor- § 31
sitzende des Arbeitsgerichts den Arbeitsrichter zu Heranziehung der Arbeitsrichter
hören. Die Entscheidung ist endgültig.
Die Arbeitsrichter sollen zu den Sitzungen nach
der Reihenfolge einer Liste herangezogen werden,
§ 29
die der Vorsitzende vor Beginn des Geschäftsjahres
Ausschuß der Arbeitsrichter oder vor Beginn der Amtszeit neu berufener Arbeits-
(1) Bei jedem Arbeitsgericht mit mehr als einer richter gemäß § 29 Abs. 2 aufstellt.
Kammer wird ein Ausschuß der Arbeitsrichter ge-
bildet. Er besteht aus mindestens je drei Arbeitsrich- § 32
tern aus den Kreisen der Arbeitnehmer und der Ar- (entfällt)
beitgeber in gleicher Zahl, die von den Arbeitsrich-
tern aus den Kreisen der Arbeitnehmer und der ZWEITER ABSCHNITT
Arbeitgeber in getrennter Wahl gewählt werden.
Der Ausschuß tagt unter der Leitung des aufsieht- Landesarbeitsgerichte
führenden oder, wenn ein solcher nicht vorhanden
oder verhindert ist, des dienstältesten Vorsitzenden § 33
des Arbeitsgerichts. Errichtung
(2) Der Ausschuß ist vor der Bildung von Kam- Die Landesarbeitsgerichte werden durch die ober-
mern, vor der Geschäftsverteilung, vor der Vertei- ste Arbeitsbehörde des Landes im Einvernehmen
lung der Arbeitsrichter auf die Kammern und vor mit der Landesjustizverwaltung nach Anhörung der
der Aufstellung der Listen über die Heranziehung in § 14 Abs. 1 genannten Verbände errichtet.
der Arbeitsrichter zu den Sitzungen mündlich oder
schriftlich zu hören. Er kann den Vorsitzenden des § 34
Arbeitsgerichts und den die Verwaltung und Dienst-
Verwaltung und Dienstaufsicht
aufsicht führenden Stellen (§ 15) Wünsche der
Arbeitsrichter übermitteln. (1) Die Geschäfte der Verwaltung und Dienstauf-
sicht führt die oberste Arbeitsbehörde des Landes
§ 30
im Einvernehmen mit der Landesjustizverwaltung.
§ 15 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.
Geschäftsverteilung, Besetzung der Kammern
und Fachkammern (2) Die oberste Arbeitsbehörde des Landes kann
im Einvernehmen mit der Landesjustizverwaltung
(1) Vor Beginn des Geschäftsjahres werden die Geschäfte der Verwaltung und Dienstaufsicht dem
Geschäfte auf die einzelnen Kammern verteilt sowie Präsidenten des Landesarbeitsgerichts übertragen.
die Vorsitzenden und die Arbeitsrichter den einzel-
nen Kammern zugeteilt. Die Vorsitzenden und die § 35
Arbeitsrichter können mehreren Kammern ange-
Zusammensetzung, Bildung von Kammern
hören.
(1) Das Landesarbeitsgericht besteht aus dem Prä-
(2) Die in Absatz 1 bezeichneten Anordnungen
sidenten, der erforderlichen Zahl von weiteren Vor-
trifft das Präsidium. Das Präsidium besteht aus dem
sitzenden und von Landesarbeitsrichtern. Die Landes-
aufsichtführenden Vorsitzenden sowie den beiden
arbeitsrichter werden je zur Hälfte aus den Kreisen
dienstältesten, bei gleichem Dienstalter der Geburt
der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber entnommen.
nach ältesten Vorsitzenden; es entscheidet mit
Stimmenmehrheit. (2) Jede Kammer des Landesarbeitsgerichts wird
(3) Bei den mit weniger als drei Vorsitzenden in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und je
einem Landesarbeitsrichter aus den Kreisen der
besetzten Arbeitsgerichten werden die in Absatz 1
Arbeitnehmer und der Arbeitgeber tatig. § 16 Abs. 2
bezeichneten Anordnungen durch den Vorsitzenden
oder, wenn zwei Vorsitzende bestellt sind, im Ein- Satz 2 gilt entsprechend.
vernehmen der Vorsitzenden getroffen. Einigen sich (3) Die oberste Arbeitsbehörde des Landes be-
die Vorsitzenden nicht, so entscheidet das Präsidium stimmt die Zahl der Kammern im Einvernehmen
des Landesarbeitsgerichts oder, soweit ein solches mit der Landesjustizverwaltung. § 17 gilt entspre-
nicht besteht, der Präsident des Landesarbeitsge- chend.
richts. § 36
(4) Im übrigen gelten die §§ 63 bis 67 des Gerichts- Vorsitzende
verfassungsgesetzes entsprechend. (1) Der Präsident und die weiteren Vorsitzenden
(5) Die Arbeitsrichter einer Fachkammer sollen werden auf Vorschlag der obersten Arbeitsbehörde
aus den Kreisen der Berufe, Gewerbe oder Gruppen des Landes im Benehmen mit der Landesjustizver-
entnommen werden, für die die Fachkammer gebil- waltung nach Anhörung der in§ 14 Abs. 1 genannten
det ist. Wird die Zuständigkeit einer Fachkammer Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeit-
gemäß § 17 Abs. 3 erstreckt, so sollen die Arbeits- gebern als Richter auf Lebenszeit entsprechend den
richter dieser Kammer aus den Arbeitsrichtern der- landesrechtlichen Vorschriften bestellt. Sie müssen
jenigen Arbeitsgerichte entnommen werden, für die Befähigung zum Richteramt im Sinne des Ge-
deren Bezirk die Kammer zuständig ist. richtsverfassungsgesetzes besitzen. Die Richter müs-
1274 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
sen besondere Kenntnisse und Erfahrungen auf den · Bundesminister für Arbeit kann im Einvernehmen
Gebieten des Arbeitsrechts und des Arbeitslebens mit dem Bundesminister der Justiz Geschäfte der
besitzen. § 18 Abs. 5 und 6 und § 19 Abs. 1 Satz 1 Verwaltung und Dienstaufsicht auf den Präsidenten
und 3 gelten entsprechend. des Bundesarbeitsgerichts übertragen.
(2) Zu Hilfsrichtern dürfen nur auf Lebenszeit er-
§ 41
nannte Richter berufen werden. § 18 Abs. 7 gilt ent-
sprechend. Zusammensetzung, Senate
§ 37 (1) Das Bundesarbeitsgericht besteht aus dem Prä-
Landesarbeitsrichter sidenten, der erforderlichen Zahl von Senatspräsi-
denten, von berufsrichterlichen Beisitzern sowie
0) Die Landesarbeitsrichter müssen das dreißigste Bundesarbeitsrichtern als nichtberufsrichterlichen
Lebensjahr vollendet haben und sollen mindestens Beisitzern. Die Bundesarbeitsrichter werden je zur
vier Jahre Beisitzer eines Gerichts für Arbeitssachen Hälfte aus den Kreisen der Arbeitnehmer und der
gewesen sein.
Arbeitgeber entnommen.
(2) Im übrigen gelten für die Berufung und Stel- (2) Jeder Senat wird in der Besetzung mit einem
lung der Landesarbeitsrichter sowie für die Amts- Vorsitzenden, zwei Bundesrichtern und je einem
enthebung die §§ 20 bis 28 entsprechend. Bundesarbeitsrichter aus den Kreisen der Arbeit-
nehmer und der Arbeitgeber tätig.
§ 38
(3) Die Zahl der Senate bestimmt der Bundes-
Ausschuß der Landesarbeitsrichter minister für Arbeit im Einvernehmen mit dem
Bei jedem Landesarbeitsgericht wird ein Ausschuß Bundesminister der Justiz.
der Landesarbeitsrichter gebildet. Die Vorschriften
des § 29 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 2 gelten ent- § 42
sprechend. Bundesrichter
§ 39 (1) Für die Berufung der Bundesrichter (Präsident,
Geschäftsverteilung, Besetzung der Kammern Senatspräsidenten und berufsrichterliche Beisitzer
(1) Vor Beginn des Geschäftsjahres werden die nach § 41 Abs. 1 Satz 1) gelten die Vorschriften des
Geschäfte auf die einzelnen Kammern verteilt sowie Richterwahlgesetzes. Zuständiger Minister im Sinne
die Vorsitzenden und die Landesarbeitsrichter den des § 1 Abs. 1 des Richterwahlgesetzes isf der Bun-
einzelnen Kammern zugeteilt. Die Vorsitzenden und desminister für Arbeit; er entscheidet im Benehmen
die Landesarbeitsrichter können mehreren Kammern mit dem Bundesminister der Justiz.
angehören. (2) Die zu berufenden Personen müssen zum
(2) Die in Absatz 1 bezeichneten Anordnungen Richteramt im Sinne des Gerichtsverfassungsgesetzes
trifft das Präsidium. Das Präsidium besteht au~ dem befähigt sein, das fünfunddreißigste Lebensjahr voll-
Präsidenten und den beiden dienstältesten, bei endet haben und besondere Kenntnisse und Erfah-
gleichem Dienstalter der Geburt nach ältesten Vor- rungen auf den Gebieten des Arbeitsrechts und des
sitzenden; es entscheidet mit Stimmenmehrheit. Arbeitslebens besitzen.
(3) Bei den mit weniger als drei Vorsitzenden § 43
besetzten Landesarbeitsgerichten werden die in
Bundesarbeitsrichter
Absatz 1 bezeichneten Anordnungen durch den
Präsidenten, soweit ein zweiter Vorsitzender vor- (1) Die Bundesarbeitsrichter werden vom Bun-
handen ist, im Benehmen mit diesem getroffen, desminister für Arbeit für die Dauer von vier Jahren
berufen. Sie sind im angemessenen Verhältnis unter
(4) Im übrigen gelten die §§ 63 bis 67 des Ger!.chts- billiger Berücksichtigung der Minderheiten aus den
verfassungsgesetzes entsprechend.
Vorschlagslisten zu entnehmen, die von den in § 25
(5) Die Landesarbeitsrichter sollen zu den Sitzun- Abs. 2 genannten Verbänden sowie von den in § 22
gen nach der Reihenfolge einer Liste herangezogen Abs. 2 Nr. 2 bezeichneten Körperschaften eingereicht
werden, die der Vorsitzende vor Beginn des Ge- worden sind.
schäftsjahres oder vor Beginn der Amtszeit neu
(2) Die Bundesarbeitsrichter müssen das fünfund-
berufener Landesarbeitsrichter gemäß § 38 Satz 2 dreißigste Lebensjahr vollendet haben, besondere
aufstellt.
Kenntnisse und Erfahrungen auf den Gebieten des
Arbeitsrechts und des Arbeitslebens besitzen und
DRITTER ABSCHNITT mindestens vier Jahre Beisitzer eines Gerichts für
Bundesarbeitsgericht Arbeitssachen gewesen sein. Sie sollen längere Zeit
in Deutschland als Arbeitnehmer oder als Arbeit-
§ 40 geber tätig gewesen sein.
Errichtung (3) Für die Berufung, Stellung und Heranziehung
der Bundesarbeitsric'.:hter gelten im übrigen die Vor-
(l) Das Bundesarbeitsgericht hat seinen Sitz in
Kassel. schriften des§ 20 Abs. 2, der§§ 21 bis 28 und des § 31
entsprechend mit der Maßgabe, daß die in § 21
(2) Die Geschäfte der Verwaltung und Dienstauf- Abs. 5, § 27 Satz 2 und § 28 Satz 3 und 4 bezeich-
sicht führt der Bundesminister für Arbeit im Einver- neten Entscheidungen durch den Ersten Senat des
nehmen mit dem Bundesminister der Justiz. Der Bundesarbeitsgerichts getroffen werden.
Nr. 57 -Tag der Ausgabe: Bonn, den 4. September 1953 1275
fi .14 (2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechts-
Geschäftsverteilung, B:esetzung der Senate zugs gelten die Vorschriften d~r Zivilprozeßord-
(1) Vor Beginn des G :e-schäftsjahres werden die
nung über das Verfahren vor den Amtsgerichten
Geschäfte auf die einzelrren Senate verteilt sowie entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes
die Bundesrichter (§ 42) und die Bundesarbeitsrichter bestimmt. Die Vorschriften über den Urkunden- und
(§ 43) den einzelnen Senaten und dem Großen Senat
Wechselprozeß, über die Entscheidung ohne münd-
zugeteilt. Die Bundesrichter und die Bundesarbeits- liche Verhandlung und über das Schiedsurteil finden
richter können mehreren Senaten angehören. keine Anwendung.
(2) Die in Absatz 1 bezeichneten Anordnungen (3) Die Vorschriften über die Wahrnehmung rich-
trifft 'das Präsidium. Vor den Anordnungen sind je terlicher Geschäfte bei den ordentlichen Gerichten
die beiden der Geburt nach ältesten Bundesarbeits- durch Rechtspfleger gelten entsprechend. Die danach
richter aus den Kreisen der Arbeitnehmer und der zulässige Entlastung der Richter des einzelnen Ge-
Arbeitgeber zu hören. Das Präsidium besteht aus richts bedarf eiher Anordnung des Präsidiums des
dem Präsidenten, den Senatspräsidenten und dem Landesarbeitsgerichts; § 39 Abs. 3 gilt entsprechend.
dienstältesten, bei gleichem Dienstalter dem der Als Rechtspfleger können nur Beamte bestellt 'Yer-
Geburt nach ältesten Bundesrichter. Die §§ 63 den, die die Prüfung für den gehobenen Justizdienst
bis 67 des Gerichtsverfassungsgesetzes gelten ent- oder für den gehobenen Dienst bei der Arbeits-
sprechend. gerichtsbarkeit bestanden haben.
(3) Der Geschäftsgang wird durch eine Geschäfts-
§ 47
ordnung geregelt, die das Präsidium beschließt;
sie bedarf der Bestätigung durch den Bundesrat. Sondervorschriften über Ladung und Einlassung
Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. (1) Wohnt die beklagte Partei am Sitz des Arbeits-
gerichts, so muß die Klage mindestens am zweiten
§ 45 Tage vor dem Termin zugestellt sein. Das gleiche
Großer Senat gilt für die Ladungen.
_ (1) Beim Bundesarbeitsgericht wird ein Großer (2) Eine Aufforderung an den Beklagten, sich auf
Senat gebildet, der aus dem Präsidenten, dem dienst- die Klage schriftlich zu äußern, erfolgt in der Regel
ältesten Senatspräsidenten, vier Bundesrichtern und nicht.
je zwei Bundesarbeitsrichtern aus den Kreisen der
§ 48
Arbeitnehmer und der Arbeitgeber besteht.
(2) Will in einer Rechtsfrage ein Senat von der Sachliche und örtliche Zuständigkeit
Entscheidung eines anderen Senats oder des Großen (1) Die Vorschriften des § 11 der Zivilprozeßord-
Senats abweichen, so ist über die streitige Rechts- nung über die bindende Wirkung der rechtskräftigen
frage eine Entscheidung des Großen Senats herbei- Entscheidung, durch die ein Gericht sich für· sachlich
zuführen. Der erkennende Senat kann in einer Frage unzuständig erklärt hat, und des § 276 der Zivil-
von grundsätzlicher Bedeutung die Entscheidung prozeßordnung über die Verweisung des Rechts-
des Großen Senats herbeiführen, wenn nach seiner streits an das örtlich oder sachlich zuständige Gericht
Auffassung die Fortbildung des Rechts oder die finden auf das Verhältnis der Arbeitsgerichte und
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung es der ordentlichen Gerichte zueinander entsprechende
erfordern. Anwendung.
(3) Den Vorsitz im Großen Senat führt der Prä- (2) Für Streitigkeiten aus einem Arbeitsverhältnis
sident, im Verhinderungsfalle sein Stellvertreter. und aus Verhandlungen über die Eingehung eines
Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vor- Arbeitsverhältnisses, das sich nach einem Tarifver-
sitzenq_en den Ausschlag. § 132 Abs. 5 Satz 2 und trag bestimmt, können unbeschadet der Vorschriften
§ 138 Abs. 1, 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes der §§ 38 bis 40 der Zivilprozeßordnung die Parteien
gelten sinngemäß. des Tarifvertrages im Tarifvertrag die Zuständigkeit
eines an sich örtlich unzuständigen Arbeitsgerichts
DRITTER TEIL festlegen.
§ 49
Verfahren vor den Gerichten
für Arbeitssachen Ablehnung von Gerichtspersonen
(1) Uber die Ablehnung von Gerichtspersonen ent-
ERSTER ABSCHNITT
scheidet die Kammer des Arbeitsgerichts.
Urteils verfahren (2) Wird sie durch das Ausscheiden des abgelehn-
ERSTER UNTERABSCHNITT ten Mitgliedes beschlußunfähig, so entscheidet das
Erster Rechtszug Landesarbeitsgericht.
(3) Gegen den Beschluß findet kein Rechtsmittel
§ 46
statt.
Grundsatz
§ 50
(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1
Nr. 1 bis 3 und in § 3 bezeichneten bürgerlichen Zustellung
Rechtsstreitigkeiten Anwendung. (1) Die Urteile werden von Amts wegen zugestellt.
1276 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
(2) Die Vorschriften des § 183 Abs. 2 und des des Sachverhalts kann er alle Handlungen vor-
§ 212 a der Zivilprozeßordnung finden entsprechende nehmen, die sofort erfolgen können. Eidliche Ver-
Anwendung auf die nach § 11 zur Prozeßvertretung nehmungen sind jedoch ausgeschlossen.
zugelassenen Vertreter von Gewerkschaften und von (2) Das Ergebnis der Güteverhandlung, insbeson-
Vereinigungen von Arbeitgebern sowie von Zusam- dere der Abschluß eines Vergleichs, ist in die Nieder-
menschlüssen solcher Verbände. schrift aufzunehmen.
§ 55
§ 51
Verhandlung vor dem Vorsitzenden
Persönliches Erscheinen der Parteien
(1) Erscheint eine Partei in der Güteverhandlung
(1) Der Vorsitzende kann das persö".lliche Erschei- nicht oder ist die Güteverhandlung erfolglos, so
nen der Parteien in jeder Lage des Rechtsstreits an- schließt sich die weitere Verhandlung unmittelbar
ordnen. Im übrigen finden die Vorschriften des § 141 an; falls dem Hinderungsgründe entgegenstehen,
Abs. 2 und 3 der Zivilprozeßordnung entsprechende soll sie binnen drei Tagen stattfinden.
Anwendung.
(2) Der Vorsitzende entscheidet allein, wenn das
(2) Der Vorsitzende kann die Zulassung eines Urteil ohne streitige Verhandlung auf Grund Ver-
Prozeßbevollmächtigten ablehnen, wenn die Partei säumnisses, eines Anerkenntnisses, einer Zurück-
trotz Anordnung ihres persönlichen Erscheinens un- nahme der Klage oder eines Verzichts einer Partei
begründet ausgeblieben ist und hierdurch der Zweck ergeht oder wenn- die Entscheidung in der an die
der Anordnung vereitelt wird. § 141 Abs. 3 Satz 2 Güteverhandlung sich unmittelbar anschließenden
und 3 der Zivilprozeßordnung findet entsprechende Verhandlung erfolgen kann und die Parteien sie
Anwendung. übereinstimmend beantragen. Dieser Antrag ist in
§ 52 die Niederschrift aufzunehmen.
(3) Erscheinen beide Parteien zur Güteverhand-
Offentlichkeit
1ung nicht, so ist ein Termin zur streitigen Verhand-
Die Verhandlungen vor derri erkennenden Gericht lung zu bestimmen. Die Vorschriften des Absatzes 2
einschließlich der Beweisaufnahme und der. Ver- finden in diesen Fällen auf die erste Verhandlung
kündung der Entscheidung ist öffentlich. Das Arbeits- Anwendung.
gericht kann die Offentlichkeit für die Verhandlung
§ 56
oder für einen Teil der Verhandlung ausschließen,
wenn durch die Offentlichkeit eine Gefährdung der Vorbereitung der streitigen Verhandlung
öffentlichen Ordnung, insbesondere der Staatssicher- Der Vorsitzende hat die streitige Verhandlung
heit, oder eine Gefährdung der Sittlichkeit zu besor- so vorzubereiten, daß sie möglichst in einem Termin
gen ist oder wenn eine Partei den Ausschluß der zu Ende geführt werden kann. Zu diesem Zwecke soll
Offentlichkeit beantragt, weil Betriebs-, Geschäfts- er, soweit es sachdienlich erscheint, insbesondere die
oder Erfindungsgeheimnisse zum Gegenstand der Ladung von Zeugen und Sachverständigen veran-
Verhandlung oder der Beweisaufnahme gemacht lassen, amtliche Äußerungen herbeiführen, schrift-
werden. Im Güteverfahren kann es die Offentlichkeit liche Unterlagen beiziehen und das persönliche· Er-
auch aus Zweckmäßigkeitsgründen ausschließen. Die scheinen der Parteien anordnen. Von diesen Maß-
Vorschriften der §§ 173 bis 175 des Gerichtsverfas- nahmen soll er die Parteien benachrichtigen.
sungsgesetzes finden entsprechende Anwendung.
§ J7
§ 53
Verhandlung vor der Kammer
Befugnisse des Vorsitzenden und der Arbeitsrichter
(1) Die Verhandlung ist möglichst in einem _Termin
(1) Die nicht auf Grund einer mündlichen Verhand- zu Ende zu führen. Ist das nicht durchführbar, ins-
lung ergehenden Beschlüsse und Verfügungen er- besondere weil eine Beweisaufnahme nicht sofort
läßt, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Vor- stattfinden kann, so ist der Termin zur weiteren Ver-
sitzende allein. Entsprechendes gilt für Amtshand- handlung, die sich alsbald anschließen soll, sofort
lungen auf Grund eines Rechtshilfeersuchens. zu verkünden.
(2) Im übrigen gelten für die Befugnisse des Vor- (2) Die gütliche Erledigung des Rechtsstreits soll
sitzenden und der Arbeitsrichter die Vorschriften während des g.anzen Verfahrens angestrebt werden.
der Zivilprozeßordnung über das landgerichtliche
Verfahren entsprechend. § 58
Beweisaufnahme
§ 54
(1) Soweit die Beweisaufnahme am Sitz des Ar-
Güteverfahren beitsgerichts möglich ist, erfolgt sie vor der Kammer.
(1) Die mündliche Verhandlung beginnt mit einer Erfolgt sie nicht am Sitz, aber im Bezirk des Arbeits-
Verhandlung vor dem Vorsitzenden zum Zwecke der gerichts, so kann sie unbeschadet der Vorschriften
gütlichen Einigung der Parteien (Güteverhandlung). des § 13 dem Vorsitzenden übertragen werden.
Der Vorsitzende hat zu diesem Zwecke das gesamte (2) Zeugen und Sachverständige werden nur be-
Streitverhältnis mit den Parteien unter freier Würdi- eidigt, wenn die Kammer dies im Hinblick auf die
gung aller Umstände zu erörtern. Zur Aufklärung Bedeutung des Zeugnisses für die Entscheidung des
Nr. 57 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 4. September 1953 1277
Rechtsstreits für notwendig erachtet. In den Fällen soll die Berufung wegen der grundsätzlichen Be-
des § 377 Abs. 3 und 4 der Zivilprozeßordnung ist die deutung der Rechtssache zulassen, wenn es in der
eidesstattliche Versicherung nur erforderlich, wenn Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im
die Kammer sie aus dem gleichen Grunde für not- Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen
wendig hält. eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von
§ 59 einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten
Landesarbeitsgerichts abweicht. Das gleiche gilt,
Versäumnisverfahren wenn über die Auslegung eines Tarifvertrages ent-
Gegen ein Versäumnisurteil kann eine Partei, ge- schieden wird, den eine Partei des Rechtsstreits ab-
gen die das Urteil ergangen ist, binnen einer Notfrist geschlossen hat und dessen Geltungsbereich sich
von drei Tagen nach seiner Zustellung Einspruch ein- über den Bezirk des Arbeitsgerichts hinaus erstreckt.
legen. Der Einspruch wird beim Arbeitsgericht (4) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vor-
schriftlich oder durch Abgabe einer Erklärung zur nahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf
Niederschrift der Geschäftsstelle eingelegt. Hierauf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, da~ die
ist die Partei zugleich mit der Zustellung des Urteils Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vor-
schriftlich hinzuweisen.§ 345 der Zivilprozeßordnung genommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeits-
bleibt unberührt. gericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Ent-
§ 60 schädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung
Verkündung des Urteils nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in
diesem Falle ausgeschlossen.
(1) Zur Verkündung des Urteils kann ein beson-
derer Termin nur bestimmt werden, wenn die so- (5) Ein über den Grund des Anspruchs vorab ent-
fortige Verkündung in dem Termin, auf Grund des- scheidendes Zwisd1enurteil ist wegen der Rechts-
sen es erlassen wird, aus besonderen Gründen nicht mittel nicht als Endurteil anzusehen.
möglich ist, insbesondere weil die Beratung nicht
mehr am Tage der Verhandlung stattfinden kann. § 62
Der Verkündungstermin darf nicht über drei Tage Zwangsvollstreckung .
hinaus angesetzt werden. Dies gilt auch dann, wenn (1) Urteile der Arbeitsgerichte, gegen die Ein-
ein Urteil nach Lage der Akten erlassen wird. spruch oder Berufung zulässig ist, sind vorläufig
(2) Bei der Verkündung des Urteils ist, sofern vollstreckbar. Macht der Beklagte glaubhaft, daß die
nicht beide Parteien abwesend sind, der wesentliche Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nach-
Inhalt der Entscheidungsgründe mitzuteilen. teil bringen würde, so hat das Arbeitsgericht auf
seinen Antrag die vorläufige Vollstreckbarkeit im
(3) Die Wirksamkeit der Verkündung ist von der Urteil auszuschließen. In den Fällen des § 707 Abs. 1
Anwesenheit der Arbeitsrichter nicht abhängig. und des § 719 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung kann
Wird ein von der Kammer gefälltes Urteil ohne die Zwangsvollstreckung nur unter derselben Vor-
Zuziehung der Arbeitsrichter verkündet, so ist die aussetzung eingestellt werden.
Urteilsformel vorher von dem Vorsitzenden und
den Arbeitsrichtern zu unterschreiben. (2) Im übrigen finden auf die Zwangsvollstreckung
einschließlich des Arrestes und der einstweiligen
(4) Das Urteil nebst Tatbestand und Entschei- Verfügung die Vorschriften des Achten Buchs der
dungsgründen ist vom Vorsitzenden zu unterschrei- Zivilprozeßordnung Anwendung.
ben. War es bei der Verkündung noch nicht voll-
ständig schriftlich niedergelegt, so soll es binnen § 63
drei Tagen nach der Verkündung in vollständiger
Abfassung der Geschäftsstelle übergeben werden. Ubersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen
Rechtskräftige Urteile, die in bürgerlichen Rechts-
§ 61 streitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien oder
zwischen diesen und Dritten aus Tarifverträgen
Inhalt des Urteils
oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von
(1) Der Betrag der Kosten ist, soweit er sofort Tarifverträgen ergangen sind, sind alsbald der ober-
ermittelt werden kann, im Urteil festzulegen; die sten Arbeitsbehörde des Landes und dem Bundes-
Entscheidung ist endgültig, soweit nicht die ihr zu- minister für Arbeit in vollständiger Form abschrift-
grunde liegende Entscheidung über die Kosten des lich zu übersenden, um die Durchführung des § 8 des
Rechtsstreits abgeändert wird. Ein Anspruch der Tarifvertragsgesetzes sicherzustellen.
obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeit-
versäumnis und auf Erstattung der Kosten für die
Zuziehung eines Prozeßbevollmächtigten oder Bei- ZWEITER UNTERABSCHNITT
standes besteht nicht. B erufungsverf ah ren
(2) De·n Wert des Streitgegenstandes setzt das
Arbeitsgericht im Urteil fest. § 64
Grundsatz
(3) Findet nach dem Wert des Streitgegenstandes
die Berufung nicht statt, so kann sie das Arbeits- (1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet,
gericht im Urteil zulassen, wenn die Rechtssache soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen
grundsätzliche Bedeutung hat. Das Arbeitsgericht Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landes-
1278 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
arbeitsgcrichte statt, wenn der vom Arbeitsgericht § 69
festgesetzte Wert des Streitgegenstandes den Be- Urteil
trag von dreihundert Deutsche Mark erreicht oder
wenn das Arbeitsgericht die Berufung- wegen der (1) Das Urteil ist von den Mitgliedern der Kammer
grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zu- zu unterschreiben.
gelassen hat. (2) Hat sich der Wert des Streitgegenstandes nach
(2) Für das Verfahren vor den Landesarbeits- der Verkündung des Urteils des Arbeitsgerichts
gerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes geändert, so setzt ihn das Landesarbeitsgericht im
bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung Urteil neu fest.
über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften (3) Das Landesarbeitsgericht kann im Urteil die
über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der
keine Anwendung. Rechtssache zulassen. Es muß die Revision zulassen,
(3) Die Vorschriften des § 49 Abs. 1 und 3, des§ 50, wenn es von einer ihm bekannten Entscheidung des
des § 51 ·Abs. 1, der §§ 52, 53, 56 bis 58, 59, 60 Abs. 1 Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entschei-
bis 3 und Abs. 4 Satz 2, des § 61 Abs. 4 und 5 und der dung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage
§§ 62 und 63 über Ablehnung von Gerichtspersonen, nicht ergangen ist, von einer ihm bekannten Ent-
Zustellungen, persönJiches Erscheinen der Parteien, scheidung eines Landesarbeitsgerichts abweichen
Offentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der will.
Arbeitsrichter, Vorbereitung der streitigen Ver- § 70
hcmdlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweis- Ausschluß der Beschwerde
aufnahme, Versäumnisverfahren, Verkündung des
Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Landes-
Urteils, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und
arbeitsgerichts oder seines Vorsitzenden findet außer•
Dberscndung von Urteilen in Tarifvertragssachen
gelten entsprechend. im Falle der Verwerfung der Berufung nach § 519b
Abs. 2 der Zivilprozeßordnung kein Rechtsmittel
§ 65 statt. Das gleiche gilt für die Entscheidung des
Landesarbeitsgerichts über den Kostenpunkt, wenn
Beschränkung der Berufung die Hauptsache durch Anerkenntnisurteil erledigt ist.
Auf Mtingel des Verfahrens bei der Berufung der
Arbeitsrichter oder auf Umstände, die die Berufung § 71
eines Arbeitsrichters zu seinem Amte ausschließen,
kann die Berufung nicht gestützt werden. (entfällt)
§ 66 DRITTER UNTERABSCHNITT
Einlegung der Berufung, Terminbestimmung Revisions verfahren
( 1) Die Berufungsfrist und die Frist für die Be-
§ 72
ruf un~Jsbe~Jründung betragen je zwei Wochen.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Grundsatz
Verhandlung muß unverzüglich erfolgen. § 519 b (1) Gegen die Endurteile der Landesarbeitsge-
Abs. 2 der Zivilprozeßordnung bleibt unberührt; die richte findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht
Verwerfun~J der Berufung ohne mündliche Verhand- statt, wenn das Landesarbeitsgericht die Revision
lung ergebt durch Beschluß der Kammer. im Urteil zugelassen hat. Ohne Zulassung findet sie
nur statt, wenn das Urteil des Landesarbeitsgerichts
§ 67 von einer in der Revisionsbegründung bezeichneten
Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts abweicht
Neue Tatsachen und Beweismittel und auf dieser Abweichung beruht. Das gleiche gilt,
Soweit das Vorbringen neuer Tatsachen und Be- solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts
weismittd nach § 529 Abs. 1 und 2 der Zivilprozeß- in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, wenn die Ent-
orclnung zulässig ist, sind sie vom Berufungskläger scheidung des Landesarbeitsgerichts von der Ent-
in der Berufungsbegründung, vom Berufungsbeklag- scheidung eines anderen Landesarbeitsgerichts oder
ten spätestens jn der ersten mündlichen Verhand- eines obersten Arbeitsgerichts eines Landes ab-
lung anzubringen. Werden sie später vorgebracht, weicht und auf dieser Abweichung beruht. Die Revi-
so sind sie nur zuzulassen, wenn sie nach der Be- sion findet ferner statt, wenn der vom Arbeitsgericht
rufungsbegründung oder nach der ersten mündlichen oder Landesarbeitsgericht festgesetzte Wert des
Verhandlung entstanden sind oder das verspätete Streitgegenstandes die in der ordentlichen bürger-
Vorbringen nach der freien Uberzeugung des Lan- lichen Gerichtsbarkeit geltende Revisionsgrenze er-
desarbeitsgerichts nicht auf Verschulden der Partei reicht. Dies gilt nicht, wenn in Rechtsstreitigkeiten
beruht. über Zahlungsansprüche der Beschwerdegegenstand
die Revisionsgrenze nicht erreicht.
§ 68
(2) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung,
Zurückverweisung Abänderung oder Aufhebung eines Arrestes oder
Wegen eines Mangels im Verfahren des Arbeits- einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist
gerichts i<;'t die Zurückverweisung unzulässig. die Revision nicht zulässig.
Nr. 57 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 4. September 1953 1279
(3) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsge- rufungsfrist unter Ubergehung der Berufungsinstanz
richt gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes be- unmittelbar die Revision eingelegt werden (Sprung-
stimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung revision), wenn der Bundesminister für Arbeit die
über die Revision mit Ausnahme des § 566 a ent- sofortige Entscheidung des Rechtsstreits durch das
sprechend. Bundesarbeitsgericht im Interesse der Allgemeinheit
(4) Die Vorschriften des § 49 Abs. 1, des § 50, der für notwendig erklärt hat oder wenn gegen ein Urteil
§§ 52 und 53, des § 61 Abs. 4 und des § 63 über Ab-
des Landesarbeitsgerichts· gleichen Inhalts die Re-
lehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Offent- vision wegen des Streitwerts zulässig wäre (§ 72
lichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der Ar- Abs. 1 Satz 4 und 5) und der Gegner einwilligt
beitsrichter sowie Inhalt des Urteils und Obersen- (2) Die Erklärung des Bundesministers für Arbeit
dung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten oder des Gegners sind der Revisionsschrift beizu-
entsprechend. fügen.
§ 73 (3) Die Sprungrevision ist unzulässig, wenn vor
dem Tage der Einlegung die Berufung bei dem
Revisionsgründe
Landesarbeitsgericht eingelegt war. Ist die Sprung-
(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, revision zulässig, so schließt sie eine Einlegung der
daß das Urteil des Landesarbeitsgerichts auf der Ver- Berufung für beide Parteien aus.
letzung einer Rechtsnorm beruht.
(4) Die Vorschriften des § 566 a Abs. 3, 5 bis 7 der
(2) Auf die unrichtige Annahme der örtlichen Zu- Zivilprozeßordnung gelten entsprechend mit der
ständigkeit und auf Mängel des Verfahrens bei der Maßgabe, daß an die Stelle des Landgerichts das
Berufung der Beisitzer (§ 6 Abs. 2) kann die Revision Arbeitsgericht, an die Stelle des .Oberlandesgerichts
nicht gestützt werden. das Landesarbeitsgericht tritt.
§ 74
§ 77
Einlegung der Revision, Terminbestimmung
Revisionsbeschwerde
(1) Die Revisionsfrist und die Revisionsbegrün-
dungsfrist betragen je einen Monat. Die Revisions- Die sofortige Beschwerde nach § 519 b Abs. 2 der
begründungsfrist kann einmal bis zu einem weiteren Zivilprozeßordnung ist nur zulässig, wenn sie das
Monat verlängert werden. Landesarbeitsgericht in dem Beschluß über die Ver-
werfung der Berufung wegen der Bedeutung der
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen
Rechtssache zugelassen hat. Uber die sofortige Be-
Verhandlung muß unverzüglich erfolgen. § 554 a
schwerde entscheidet das Bundesarbeitsgericht ohne
Abs. 2 der Zivilprozeßordnung bleibt unberührt. Die
Zuziehung der Bundesarbeitsrichter. Die Vorschrif-
Verwerfung der Revision ohne mündliche Verhand-
ten der Zivilprozeßordnung über die sofortige
lung ergeht durch Beschluß des Senats und ohne
Beschwerde gelten entsprechend.
Zuziehung der Bundesarbeitsrichter.
(3) Wird die Revision ohne Zulassung eingelegt,
so kann das Bundesarbeitsgericht die Revision als
VIERTER UNTERABSCHNITT
unzulässig verwerfen, wenn die Voraussetzung des
§ 72 Abs. 1 Satz 2 und 3 nicht vorliegt. Absatz 2 Satz 3 Bes eh werdeverf ahren
gilt entsprechend. Der Beschluß ist zu begründen.
§ 78
Die Revision kann aus den in Satz 1 bezeichneten
Gründen nur innerhalb einer Frist von zwei Monaten (1) Hinsichtlich der Beschwerde gegen Entschei-
nach ihrer Einlegung als unzulässig verworfen dungen der Arbeitsgerichte oder ihrer Vorsitzenden
werden. gelten die für die Beschwerde gegen Entscheidungen
der Amtsgerichte maßgebenden Vorschriften der
§ 75 Zivilprozeßordnung entsprechend. Uber die Be-
Urteil schwerde entscheidet das Landesarbeitsgericht.
(1) Die Wirksamkeit der Verkündung des Urteils (2) Eine weitere Beschwerde findet nicht statt.
ist von der Anwesenheit der Bundesarbeitsrichter
nicht abhängig. Wird ein Urteil in Abwesenheit der
Bundesarbeitsrichter verkündet, so ist die Urteils- FDNFTER UNTERABSCHNITT
formel vorher von sämtlichen Mitgliedern des er- Wiederaufnahme des Verfahrens
kennenden Senats zu unterschreiben.
§ 79
(2) Das Urteil nebst Tatbestand und Entschei-
dungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern des Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die
erkennenden Senats zu unterschreiben. \Viederaufnahme des Verfahrens gelten für Rechts-
streitigkeiten nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 und nach
§ 76 § 3 entsprechend. Die Nichtigkeitsklage kann jedoch
nicht auf Mängel des Verfahrens bei der Berufung
Sprungrevision der Beisitzer (§ 6 Abs. 2) oder auf Umstände, die
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte kann in die Berufung eines Beisitzers zu seinem Amt aus-
den Fällen des § 2 Abs. 1 Nr. 1 innerhalb der Be- schließen, gestützt werden.
1280 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
ZWEITER ABSCHNITT eingesehen, Auskünfte eingeholt, Zeugen und Sach-
verständige vernommen und der Augenschein ein-
Beschlußverfahren genommen werden.
ERSTER UNTERABSCHNITT
(4) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Ar-
Erster Rechtszug beitsgerichts oder seines Vorsitzenden findet die
Beschwerde nach Maßgabe des § 78 statt.
§ 80
Grundsatz § 84
(1) Das Beschlußverfahren finden in den in § 2 Beschluß
Abs. 1 Nr. 4 bezeichneten Fällen Anwendung.
Auf Grund der Ergebnisse des Verfahrens be-
(2) Für das Beschlußverfahren des ersten Rechts- schließt die Kammer nach freier Uberzeugung. Der
zugs gelten die für das Urteilsverfahren des ersten entscheidende Teil des Beschlusses ist schriftlich ab-
Rechtszugs maßgebenden Vorschriften über Prozeß- zufassen und vom Vorsitzenden zu verkünden; falls
fähigkeit, Prozeßvertretung, Ladungen, Termine und hierbei Beteiligte anwesend sind, ist dabei der
Fristen, Ablehnung und Ausschließung von Gerichts- wesentliche Inhalt der Gründe mitzuteilen. § 60
personen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Abs. 3 und 4 gilt entsprechend.
Parteien, Offentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden
und der Arbeitsrichter, Vorbereitung der streitigen § 85
Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweis- Zwangsvollstreckung
aufnahme, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
und Wiederaufnahme des Verfahrens entsprechend, Aus rechtskräftigen Beschlüssen der Arbeitsge-
soweit sich aus den §§ 81 bis 84 nichts anderes richte, durch die einem Beteiligten eine Verpflichtung
ergibt. auferlegt wird, findet die Zwangsvollstreckung statt.
Für die Zwangsvollstreckung gelten die Vorschriften
§ 81 des Achten Buchs der Zivilprozeßordnung entspre-
Antrag chend mit der Maßgabe, daß der nach dem Beschluß
Verpflichtete als Schuldner, derjenige, der die Er-
(1) Das Verfahren wird nur auf Antrag eingeleitet; füllung der Verpflichtung auf Grund des Beschlusses
der Antrag ist bei dem Arbeitsgericht schriftlich ein- verlangen kann, als Gläubiger gilt.
zureichen oder bei seiner Geschäftsstelle mündlich
zur Niederschrift anzubringen. § 86
(2) Der Antrag kann jederzeit in derselben Form (1) Hängt die Entscheidung eines Rechtsstreits
zurückgezogen werden. In diesem Fall ist das Ver- davon ab, ob eine Vertretung der Arbeitnehmer im
fahren vom Vorsitzenden des Arbeitsgerichts einzu- Aufsichtsrat nach den §§ 76 und 77 des Betriebsver-
stellen. Von der Einstellung ist den Beteiligten fassungsgesetzes notwendig ist, so hat das Gericht
Kenntnis zu geben, soweit ihnen der Antrag vom das Verfahren bis zur Erledigung des Beschlußver-
Arbeitsgericht mitgeteilt worden ist. fahrens nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe o auszusetzen.
(2) Im Falle des Absatzes 1 sind die Parteien des
§ 82 Rechtsstreits auch im Beschlußverfahren nach § 2
Urtliche Zuständigkeit Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe o antragsberechtigt.
Zuständig ist das Arbeitsgericht, in dessen Bezirk
der Betrieb liegt. In Angelegenheiten des Gesamt- ZWEITER UNTERABSCHNITT
betriebsrats, des Wirtschaftsausschusses und der
Vertretung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat ist Zweiter Rechtszug
das Arbeitsgericht zuständig, in dessen Bezirk das § 87
Unternehmen seinen Sitz hat.
Grundsatz
(1) Gegen die das Verfahren beendenden Be-
§ 83
schlüsse der Arbeitsgerichte findet die Beschwerde an
Verfahren das Landesarbeitsgericht statt.
(1) In dem Verfahren sind der Arbeitgeber, die (2) Für das Beschwerdeverfahren gelten die für
Arbeitnehmer und die Stellen zu hören, die nach dem das Berufungsverfahren maßgebenden Vorschriften
Betriebsverfassungsgesetz und den dazu erlassenen über Prozeßfähigkeit, Ladungen, Termine und Fri-
Rechtsverordnungen im einzelnen Falle beteiligt sten, Ablehnung und Ausschließung von Gerichts-
sind. Die Anhörung erfolgt vor der Kammer; die personen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der
Kammer kann einem Beteiligten die schriftliche Parteien, Offentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzen-
Außerung gestatten. den und der Landesarbeitsrichter, Vorbereitung der
streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kam-
(2) Bleibt ein Beteiligter auf Ladung unentschul-
mer, Beweisaufnahme, Wiedereinsetzung in den
digt aus, so ist der Pflicht zur Anhörung genügt.
Hierauf ist in der Ladung hinzuweisen. vorigen Stand und Wiederaufnahme des Verfahrens
sowie die Vorschriften des § 85 über die Zwangs-
(3) Für die Beweisaufnahme gilt § 58 entsprechend. vollstreckung entsprechend. Für die Vertretung der
Zur Aufklärung des Sachverhalts können Urkunden Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 entsprechend.
Nr. 57 -Tag der Ausgabe: Bonn, den 4. September 1953 1281
(3) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschie- DRITTER UNTERABSCHNITT
bende Wirkung.
§ 88 Dritter Rechtszug
§ 92
Beschwerdegründe
Auf die unrichtige Annahme der örtlichen Zu- Rechtsbeschwerdeverfahren, Grundsatz
ständigkeit, auf Mängel des Verfahrens bei der (1) Gegen die das Verfahren beendenden Be-
Berufung der Beisitzer oder auf Umstände, die die schlüsse der Landesarbeitsgerichte findet die Rechts-
Berufung eines Beisitzers zu seinem Amte aus- beschwerde an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn
schließen, kann die Beschwerde nicht gestützt werden. das Landesarbeitsgericht die Rechtsbeschwerde
wegen der Bedeutung der Rechtssache zugelassen
§ 89 hat. Ohne Zulassung kann die Rechtsbeschwerde ein-
Einlegung gelegt werden, wenn die Entscheidung des Landes-
arbeitsgerichts von einer Entscheidung des Bundes-
(1) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer arbeitsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung
Beschwerdeschrift bei dem Arbeitsgericht, das den beruht.
angefochtenen Beschluß erlassen hat, oder bei dem
Landesarbeitsgericht eingelegt. Die Beschwerde- (2) Für das Rechtsbeschwerdeverfahren gelten die
schrift muß von einem Rechtsanwalt oder einer nach für das Revisionsverfahren maßgebenden Vorschrif-
§ 11 Abs. 2 Satz 2 zur Vertretung befugten Person ten über Prozeßfähigkeit, Ladung, Termine und
unterzeichnet sein. - Fristen, Ablehnung und Ausschließung von Gerichts-
personen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der
(2) Die Beschwerdeschrift muß angeben, inwieweit Parteien, Offentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden
die Abänderung des angefochtenen Beschlusses be- und der Beisitzer, Wiedereinsetzung in den vorigen
antragt wird und auf welche im einzelnen anzu- Stand und Wiederaufnahme des Verfahrens sowie
führenden Beschwerdegründe sowie auf welche die Vorschriften des § 85 über die Zwangsvoll-
neuen Tatsachen die Beschwerde gestützt wird. streckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 93
(3) Ist die Beschwerde nicht in der gesetzlichen bis 96 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der
Form oder Frist eingelegt, so verwirft sie die Kam- Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 entsprechend.
mer als unzulässig. Der Beschluß kann ohne vor- (3) Die Einlegung der Rechtsbeschwerde hat auf-
herige mündliche Verhandlung ergehen; er ist end- schiebende Wirkung.
gültig. Er ist dem Beschwerdeführer zuzustellen. § 93
(4) Die Beschwerde kann jederzeit in der für ihre Rechtsbeschwerdegründe
Einlegung vorgeschriebenen Form zurückgenommen
werden. Im Falle der Zurücknahme stellt der Vor- (1) Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt
sitzende das Verfahren ein. Er gibt hiervon den werden, daß der Beschluß des' Landesarbeitsgerichts
Beteiligten Kenntnis, soweit ihnen die Beschwerde auf der Nichtanwendung oder der unrichtigen An-
zugestellt worden ist. wendung einer Rechtsnorm beruht.
§ 90 (2) Auf die unrichtige Annahme der örtlichen Zu-
ständigkeit, auf Mängel des Verfahrens bei der
Verfahren Berufung der Beisitzer oder auf Umstände, die die
(1) Die Beschwerdeschrift wird den Beteiligten zur Berufung eines Beisitzers zu seinem Amte aus-
Äußerung zugestellt. Die Äußerung erfolgt durch schließen, kann die Rechtsbeschwerde nicht gestützt
Einreichung eines Schriftsatzes beim Beschwerde- werden.
gericht oder durch Erklärung zur Niederschrift der § 94
Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts, das den an-
Einlegung
gefochtenen Beschluß erlassen hat.
(1) Die Rechtsbeschwerde wird durch Einreichung
(2) Für das Verfahren gilt § 83 entsprechend.
einer Rechtsbeschwerdeschrift bei dem Landes-
(3) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Lan- arbeitsgericht, das den angefochtenen Beschluß er-
desarbeitsgerichts oder seines Vorsitzenden findet lassen hat, oder beim Bundesarbeitsgericht eingelegt.
kein Rechtsmittel statt. Sie ist binnen einer Notfrist von zwei Wochen
§ 91 nach der Zustellung des angefochtenen Beschlusses
einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muß von
Entscheidung
einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
(1) Uber die Beschwerde entscheidet das Landes-
arbeitsgericht durch Beschluß. Eine Zurückverwei- (2) Die Rechtsbeschwerdeschrift muß angeben, in-
sung ist nicht zulässig. § 84 Satz 2 gilt entsprechend. wieweit die Abänderung des angefochtenen Be-
schlusses beantragt wird, welche Bestimmungen ver-
(2) Der Beschluß nebst Gründen ist von den Mit- letzt sein sollen und worin die Verletzung bestehen
gliedern der Kammer zu unterschreiben und den soll. § 74 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.
Beteiligten zuzustellen. § 60 Abs. 4 Satz 2 gilt ent-
(3) Die Rechtsbeschwerde kann jederzeit in der
sprechend.
für ihre Einlegung vorgeschriebenen Form zurück-
(3) Das Landesarbeitsgericht kann im Beschluß die genommei, werden. Im Falle der Zurücknahme stellt
Rechtsbeschwerde wegen der grundsätzlichen Be- der Vorsitzende das Verfahren ein. Er gibt hiervon
deutung der Rechtssache zulassen. § 69 Abs. 3 Satz 2 den Beteiligten Kenntnis, soweit ihnen die Rechts-
gilt entsprechend. beschwerde zugestellt worden ist.
1282 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
§ 95 desarbeitsgerichts statt. Die §§ 87 bis 90 und § 91
Verfahren Abs. 1 und 2 gelten entsprechend mit der Maßgabe,
daß an die Stelle der Kammer des Landesarbeits-
Die Rechtsbeschwerdeschrift wird den Beteiligten gerichts der Vorsitzende tritt. Gegen den Beschluß
zur Äußerung zugestellt. Die Äußerung erfolgt durch des Vorsitzenden des Landesarbeitsgerichts findet
Einreichung eines Schriftsatzes beim Bundesarbeits- kein Rechtsmittel statt.
gericht oder durch Erklärung zur Niederschrift der
Geschäftsstelle des Landesarbeitsgerichts, das den § 99
angefochtenen Beschluß erlassen hat. Geht von einem
Verfahren nach § 2 Abs. 2 Buchstabe b
Beteiligten die Äußerung nicht rechtzeitig ein, so
steht dies dem Fortgang des Verfahrens nicht ent- Für die Entscheidungen des Vorsitzenden des Ar-
gegen. beitsgerichts in den Fällen des § 2 Abs. 2 Buchstabe b
§ 96 gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über
die Erzwingung von Duldungen oder Unterlassungen
Entscheidung
des Schuldners entsprechend mit der Maßgabe, daß
(1) Dber die Rechtsbeschwerde entscheidet das eine Verurteilung zur Strafe der Haft nicht erfolgt.
Bundesarbeitsgericht durch Beschluß. Eine Zurück- Dber die Beschwerden gegen Beschlüsse des Vor-
verweisung ist nicht zulässig. sitzenden des Arbeitsgerichts entscheidet das Landes-
(2) Der Beschluß nebst Gründen ist von sämtlichen arbeitsgericht endgültig.
Mitgliedern des Senats zu unterschreiben und den
Beteiligten zuzustellen. § 100
Verfahren nach § 2 Abs. 3
VIERTER UNTERABSCHNITT Für die Entscheidung des Präsidenten des Landes-
Bes chi ußverf ahren arbeitsgerichts in den Fällen des § 2 Abs. 3 gelten
in besonderen Fällen die §§ 80 bis 84 entsprechend mit der Maßgabe, daß
an die Stelle der Kammer des Arbeitsgerichts der
§ 97 Präsident des Landesarbeitsgerichts tritt. Gegen die
Verfahren nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 Entscheidung des Präsidenten des Landesarbeits-
gerichts findet kein Rechtsmittel statt.
(1) In den FäJlen des § 2 Abs. 1 Nr. 5 wird das Ver-
fahren auf Antrag einer räumlich und sachlich zu-
ständigen Vereinigung von Arbeitnehmern oder von VIERTER TEIL
Arbeitgebern oder der obersten Arbeitsbehörde des
Bundes oder der obersten Arbeitsbehörde eines Schiedsvertrag in Arbeitsstreitigkeiten
Landes, auf dessen Gebiet sich die Tätigkeit der
Vereinigung erstreckt, eingeleitet. § 101
(2) Für das Verfahren gelten die §§ 80 bis 84, 87 Grundsatz
bis 96 entsprechend mit der Maßgabe, daß die Rechts- (1) Für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen
beschwerde unbeschränkt zulässig ist. Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über
(3) Die Vorschrift des § 63 über die Dbersendung das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen
von Urteilen gilt entsprechend für die rechtskräftigen können die Parteien des Tarifvertrags die Arbeits-
Beschlüsse von Gerichten für Arbeitssachen im Ver- gerichtsbarkeit allgemein oder für den Einzelfall
fahren nach § 2 Abs. 1 Nr. 5. durch die ausdrückliche Vereinbarung ausschließen,
(4) In den Fällen des § 2 Abs. 1 Nr. 5 findet eine daß die Entscheidung durch ein Schiedsgericht er-
Wiederaufnahme des Verfahrens auch dann statt, folgen soll.
wenn die Entscheidung über die Tariffähigkeit darauf (2) Für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten aus einem
beruht, daß ein Beteiligter absichtlich unrichtige Arbeitsverhältnis, das sich nach einem Tarifvertrag
Angaben oder Aussagen gemacht hat. § 581 der bestimmt, können die Parteien des Tarifvertrags die
Zivilprozeßordnung findet keine Anwendung. Arbeitsgerichtsbarkeit im Tarifvertrag durch die aus-
(5) Hängt die Entscheidung eines Rechtsstreits da- drückliche Vereinbarung ausschließen, daß die Ent-
von ab, ob eine Vereinigung tariffähig ist, so hat das scheidung durch ein Schiedsgericht erfolgen soll,
Gericht das Verfahren bis zur Erledigung des Be- wenn der persönliche Geltungsbereich des Tarifver-
schlußverfahrens nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 auszusetzen. trags überwiegend Bühnenkünstler, Filmschaffende,
§ 86 Abs. 2 gilt entsprechend. Artisten oder nach§ 481 des Handelsgesetzbuchs zur
Schiffsbesatzung gehörende Personen umfaßt. Die
§ 98 Vereinbarung gilt nur für tarifgebundene Personen.
Sie erstreckt sich auf Parteien, deren Verhältnisse
Verfahren nach § 2 Abs. 2 Buchstabe a sich aus anderen Gründen nach dem Tarifvertrag
(1) Für die Entscheidungen des Vorsitzenden des regeln, wenn die Parteien dies ausdrücklich und
Arbeitsgerichts in den Fällen des § 2 Abs. 2 Buch- schriftlich vereinbart haben; der Mangel der Form
stabe a gelten die §§ 80 bis 84 entsprechend mit der wird durch Einlassung auf die schiedsgerichtliche
Maßgabe, daß an die Stelle der Kammer des Arbeits- Verhandlung zur Hauptsache geheilt.
gerichts der Vorsitzende tritt.
(3) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über
(2) Gegen die Entscheidungen des Vorsitzenden das schiedsrichterliche Verfahren finden in Arbeits-
findet die Beschwerde an den Vorsitzenden des Lan- sachen keine Anwendung.
Nr. 57 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 4. September 1953 1283
§ 102 § 104
Prozeßhindernde Einrede Verfahren vor dem Schiedsgericht
(1) Der Schiedsvertrag in Arbeitsstreitigkeiten be- Das Verfahren vor dem Schiedsgericht regelt sich
gründet im arbeitsgerichtlichen Verfahren eine nach den §§ 105 bis 110 und dem Schiedsvertrag, im
prozeßhindernde Einrede. übrigen nach dem freien Ermessen des Schieds-
(2) Die Einrede entfällt, gerichts.
1. wenn in einem Falle, in dem die Streitpar- § 105
teien selbst die Mitglieder des Schiedsge- Anhörung der Parteien
richts zu ernennen haben, der Kläger dieser
(1) Vor der Fällung des Schiedsspruchs sind die
Pflicht nachgekommen ist, der Beklagte die
Streitparteien zu hören.
Ernennung aber nicht binnen einer Woche
nach der Aufforderung des Klägers vor- (2) Die Anhörung erfolgt mündlich. Die Parteien
genommen hat; haben persönlich zu erscheinen oder sich durch einen
2. wenn in einem Falle, in dem nicht die Streit- mit schriftlicher Vollmacht versehenen Bevollmäch-
parteien, sondern die Parteien des Schieds- tigten vertreten zu lassen. Die Beglaubigung der
vertrags die Mitglieder des Schiedsgerichts Vollmachtsurkunde kann nicht verlangt werden. Die
zu errn~nnen haben, das Schiedsgericht nicht Vorschrift des § 11 Abs. 1 gilt entsprechend, soweit
gebildet ist und die den Parteien des der Schiedsvertrag nichts anderes bestimmt.
Schiedsvertrags von dem Vorsitzenden des (3) Bleibt eine Partei in der Verhandlung unent-
Arbeitsgerichts gesetzte Frist zur Bildung schuldigt aus oder äußert sie sich trotz Aufforderung
des Schiedsgerichts fruchtlos verstrichen ist; nicht, so ist der Pflicht zur Anhörung genügt.
3. wenn das nach dem Schiedsvertrag gebildete
Schiedsgericht die Durchführung des Ver- § 106
fahrens verzögert und die ihm von dem Vor-
Beweisaufnahme
sitzenden des Arbeitsgerichts gesetzte Frist
zur Durchführung des Verfahrens fruchtlos (1) Das Schiedsgericht kann Beweise erheben, so-
verstrichen ist; weit die Beweismittel ihm zur Verfügung gestellt
4. wenn das Schiedsgericht den Parteien des werden. Zeugen und Sachverständige kann das
Schied,sgericht nicht beeidigen, eidesstattliche Ver-
streitigen Rechtsverhältnisses anzeigt, daß
sicheningen nicht verlangen oder entgegennehmen.
die Abgabe eines Schiedsspruchs unmöglich
ist. (2) Hält das Schiedsgericht eine Beweiserhebung
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nummern 2 und 3 für erforderlich, die es nicht vornehmen kann, so
erfolgt die Bestimmung der Frist auf Antrag des ersucht es um die Vornahme den Vorsitzenden des-
jenigen Arbeitsgerichts oder, falls dies aus Gründen
Klägers durch den Vorsitzenden des Arbeitsgerichts,
der örtlichen Lage zweckmäßiger ist, dasjenige Amts-
das für die Geltendmachung des Anspruchs zuständig
wäre. gericht, in dessen Bezirk die Beweisaufnahme erfol-
gen soll. Entsprechend ist zu verfahren, wenn das
(4) Liegt eine der Voraussetzungen des Absatzes 2 Schiedsgericht die Beeidigung eines Zeugen oder
· für den Fortfall der Einrede vor, so ist eine schieds- Sachverständigen gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 für not-
gerichtliche Entscheidung des Rechtsstreits auf Grund wendig oder eine eidliche Parteivernehmung für
des Schiedsvertrags ausgeschlossen. sachdienlich erachtet. Die durch die Rechtshilfe ent-
stehenden baren Auslagen sind dem Gericht zu er-
§ 103 setzen; die §§ 77 und 79 des Gerichtskostengesetzes
finden entsprechende Anwendung.
Zusammensetzung des Schiedsgerichts
(1) Das Schiedsgericht muß aus einer gleichen Zahl
§ 107
von Arbeitnehmern ~nd von Arbeitgebern bestehen;
außerdem können ihm Unparteiische angehören. Per- Vergleich
sonen, denen die bürgerlichen Ehrenrechte oder die Ein vor dem Schiedsgericht geschlossener Ver-
Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter ab- gleich ist unter Angabe des Tages seines Zustande-
erkannt sind, dürfen ihm nicht angehören. kommens von den Streitparteien und den Mitglie-
(2) Mitglieder des Schiedsgerichts können unter dern des Schiedsgerichts zu unterschreiben.
denselben Voraussetzungen abgelehnt werden, die
zur Ablehnung eines Richters berechtigen. § 108
(3) Uber die Ablehnung beschließt die Kammer Schiedsspruch
des Arbeitsgerichts, das für die Geltendmachung des
Anspruchs zuständig wäre. Vor dem Beschluß sind (1) Der Schiedsspruch ergeht mit einfacher Mehr-
die Streitparteien und das abgelehnte Mitglied des heit der Stimmen der Mitglieder des Schiedsgerichts,
Schiedsgerichts zu hören. Der Vorsitzende des Ar- falls der Schiedsvertrag nichts anderes bestimmt.
beitsgerichts entscheidet, ob sie mündlich oder (2) Der Schiedsspruch ist unter Angabe des Tages
schriftlich zu hören sind. Die mündliche Anhörung seiner Fällung von den Mitgliedern des Schieds-
erfolgt vor der Kammer. Gegen den Beschluß findet gerichts zu unterschreiben und muß schriftlich be-
kein Rechtsmittel statt. gründet werden, soweit die Parteien nicht auf
1284 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
schriftliche Begründung ausdrücklich verzichten. Eine FUNFTER TEIL
vom Verhandlungsleiter unterschriebene Ausfer-
tigung des Schiedsspruchs ist jeder Streitpartei zuzu-
Ubergangs- und Schlußvorschriiten
stellen. Die Zustellung kann <durch eingeschriebenen § 111
Brief gegen Rückschein erfolgen. Änderung von Vorschriften
(3) Eine vom Verhandlungsleiter unterschriebene (1) Soweit nach anderen Rechtsvorschriften andere
Ausfertigung des Schiedsspruchs soll bei dem Ar- Gerichte, Behörden oder Stellen zur Entscheidung
beitsgericht, das für die Geltendmachung des An- oder Beilegung von Arbeitssachen zuständig sind,
spruchs zuständig wäre, niedergelegt werden. Die treten an ihre Stelle die Arbeitsgerichte. Dies gilt
Akten des Schiedsgerichts oder Teile der Akten nicht für Seemannsämter, soweit sie zur vorläufigen
können ebenfalls dort niedergelegt werden. Entscheidung von Arbeitssachen zuständig sind.
(4) Der Schiedsspruch hat unter den Parteien die- (2) Zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen
selben Wirkungen wie ein rechtskräftiges Urteil des Innungsmitgliedern und ihren Lehrlingen können die
Arbeitsgerichts. Handwerksinnungen Ausschüsse bilden, denen Ar-
§ 109 beitgeber und Arbeitnehmer in gleicher Zahl ange-
hören müssen. Wird der von diesem Ausschuß ge-
Zwangsvollstreckung
fällte Spruch nicht innerhalb einer Woche von beiden
(1) Die Zwangsvollstreckung findet aus dem Parteien anerkannt, so kann binnen zwei Wochen
Schiedsspruch oder aus einem vor dem Schiedsgericht nach ergangenem Spruch Klage beim zuständigen
geschlossenen Vergleich nur statt, wenn der Schieds- Arbeitsgericht erhoben werden. Der Klage muß in
spruch oder der Vergleich von dem Vorsitzenden des allen Fällen die Verhandlung vor dem Ausschuß
Arbeitsgerichts, das für die Geltendmachung des An- vorangegangen sein. Aus Vergleichen, die vor dem.
spruchs zuständig wäre, für vollstreckbar erklärt Ausschuß geschlossen sind, und aus Sprüchen des
worden ist. Der Vorsitzende hat vor der Erklärung Ausschusses, die von beiden Seiten anerkannt sind,
den Gegner zu hören. Wird nachgewiesen, daß auf findet die Zwangsvollstreckung statt. Die §§ 107 und
Aufhebung des Schiedsspruchs geklagt ist, so ist die 109 gelten entsprechend. Soweit ein Ausschuß nach
Entscheidung bis zur Erledigung dieses Rechtsstreits Satz 1 gebildet ist, findet ein Güteverfahren vor dem
auszusetzen. Arbeitsgericht nicht statt.
(2) Die Entscheidung des Vorsitzenden ist end-
§ 112
gültig. Sie ist den Parteien zuzustellen.
Aufrechterhaltung weitergehender Zuständigkeit
§ 110 Die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für Streitig-
keiten aus Vereinbarungen zwischen Betriebsräten
Aufhebungsklage
und Arbeitgebern bleibt außerhalb des sachlichen
(1) Auf Aufhebung des Schiedsspruchs kann ge- Geltungsbereichs des Betriebsverfassungsgesetzes
klagt werden, bestehen. Für diese Rechtsstreitigkeiten ist der Be-
1. wenn das schiedsgerichtliche Verfahren un- triebsrat parteifähig. Ist der Betriebsrat Partei, so
zulässig war; werden in dem Rechtsstreit Gebühren und Auslagen
2. wenn der Schiedsspruch auf der Verletzung nicht erhoben.
einer Rechtsnorm beruht; § 113
3. wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter Erweiterung der Zuständigkeiten
denen gegen ein gerichtliches Urteil nach durch Landesrecht
§ 580 Nr. 2 bis 5 der Zivilprozeßordnung die
Soweit nach den bei Inkrafttreten dieses Gesetzes
Restitutionsklage zulässig wäre. für ein Land geltenden Vorschriften die Zuständig-
(2) Für die Klage ist das Arbeitsgericht zuständig, keit der Arbeitsgerichte im Urteilsverfahren gegen-
das für die Geltendmachung des Anspruchs~uständig über der in diesem Gesetz fe!ltgelegten Zuständig-
wäre. keit erweitert ist, hat- es dabei sein Bewenden, so-
(3) Die Klage ist binnen einer Notfrist von zwei weit und solange die für das Land geltenden Vor-
Wochen zu erheben. Die Frist beginnt in den Fällen schriften nicht abgeändert werden. Das Verfahren
des Absatzes 1 Nummern 1 und 2 mit der Zustellung bestimmt sich auch in diesen Fällen nach diesem
des Schiedsspruchs. Im Falle des Absatzes 1 Nummer 3 Gesetz.
beginnt sie mit der Rechtskraft des Urteils, das die § 114
Verurteilung wegen der strafbaren Handlung aus- Beschlußverfahren
spricht, oder mit dem Tage, an dem der Partei be- Landesrechtliche Vorschriften über ein Beschluß-
kannt geworden ist, daß die Einleitung oder die verfahren für Fragen der Betriebsverfassung gelten
Durchführung des Verfahrens nicp.t erfolgen kann; außerhalb des sachlichen Geltungsbereichs des Be-
nach Ablauf von zehn Jahren, von der Zustellung des triebsverfassungsgesetzes weiter.
Schiedsspruchs an geredinet, ist die Klage· unstatthaft.
§ 115
(4) Ist der Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt,
so ist in dem der Klage stattgebenden Urteil auch Obernahme
die Aufhebung der Vollstreckbarkeitserklärung aus~ (1) Die hauptamtlichen Vorsitzenden der Arbeits-
zusprechen. gerichte, die sich am Tage der Verkündung dieses
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Nr. 57 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 4. September 1953 1285
Gesetzes mindestens drei Jahre im Amt befinden, § 119
sollen auf ihren Antrag unter billiger Berücksichti- Altersgrenze der Bundesrichter
gung ihrer bisherigen Bezüge als auf Lebenszeit be-
stellte Richter übernommen werden, auch wenn sie Die Vorschriften des § 68 des Deutschen Beamten-
die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 im Einzelfalle gesetzes*) vom 26. Januar 1937 gelten bis zum 31. De-
nicht erfüllen. § 18 Abs. 4 Satz 3 gilt entsprechend. zember 1956 nicht für die in § 42 bezeichneten Bun-
desrichter. Die danach über das fünfundsechzigste
(2) Die hauptamtlichen Präsidenten und Vorsitzen-
Lebensjahr hinaus im Dienst verbliebenen oder nach
den der Landesarbeitsgerichte, die sich am Tage der
Vollendung des fünfundsechzigsten Lebensjahres
Verkündung dieses Gesetzes seit mindestens drei
bestellten Bundesrichter treten mit Ablauf des 31. De-
Jahren im Amt befinden, sind auf ihren Antrag unter
zember 1956 in den Ruhestand.
billiger Berücksichtigung ihrer bisherigen Bezüge
als Richter auf Lebenszeit zu übernehmen, auch wenn
sie die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 im Einzel- § 120
falle nicht erfüllen. § 18 Abs. 4 gilt entsprechend. Verweisungen in anderen Gesetzen
(3) Die Amtsdauer der bei Inkrafttreten dieses Soweit in anderen Gesetzen auf Vorschriften oder
Gesetzes bestellten Vorsitzenden von Arbeitsgerich- Bezeichnungen früher geltender Arbeitsgerichts-
ten und Landesarbeitsgerichten sowie der Arbeits- gesetze verwiesen wird, treten an deren Stelle die
richter und Landesarbeitsrichter wird durch dieses entsprechenden Vorschriften oder die Bezeichnungen
Gesetz nicht berührt. dieses Gesetzes.
§ 116 § 121
Erste Berufung der Landesarbeitsrichter Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes
und Bundesarbeitsrichter
Das Betriebsverfassungsgesetz wird wie folgt ge-
Bei der ersten Berufung der Landesarbeitsrichter ändert:
und der Bundesarbeitsrichter nach dem Inkrafttreten
dieses Gesetzes entfällt das Erfordernis einer vier- 1. § 82 erhält folgende Fassung:
jährigen Tätigkeit als Beisitzer eines Gerichts für ,,§ 82
Arbeitssachen.
(1) Die Arbeitsgerichte sind zuständig
§ 117 a) für die Entscheidung über die Notwen-
Verfahren bei Meinungsverschiedenheiten digkeit der Errichtung, die Zusammen-
der beteiligten Verwaltungen setzung und die Durchführung der Wahl
Soweit nach diesem Gesetz das Einvernehmen des Betriebsrats, des Gesamtbetriebs-
von Arbeitsbehörde und Justizverwaltung erforder- rats, der Vertretung der nicht ständig
lich ist, entscheidet, wenn das Einvernehmen nicht beschäftigten Arbeitnehmer, der Jugend-
erzielt wird, die Landesregierung, in den Fällen der vertretung, der tariflichen Sonderver-
§ § 40 und 41 die Bundesregierung. tretung;
b) für die Entscheidung über die Notwen-
digkeit der Errichtung und die Zusam-
§ 118 mensetzung des Wirtschaftsausschusses
Erledigung anhängiger Verfahren und die Bestellung seiner Mitglieder;
(1) Für das Verfahren in Arbeitssachen, die bei c) für die Bestellung oder Abberufung des
Inkrafttreten dieses Gesetzes bei den ordentlichen Wahlvorstands;
Gerichten anhängig sind, bleibt das ordentliche Ge- d) für die Auflösung des Betriebsrats, der
richt desjenigen Rechtszugs zuständig, bei dem die Vertretung der nicht ständig beschäftig-
Sache bei Inkrafttreten dieses Gesetzes anhängig ist. ten Arbeitnehmer, der Jugendvertretung
Das Verfahren bestimmt sich nach den Vorschriften und der tariflichen Sondervertretung;
über das Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitig- e) für die Entscheidung über die Amtszeit
keiten. der Mitglieder des Betriebsrats, der Ver-
(2) Für die Verhandlung und Entscheidung über tretung der nicht ständig beschäftigten
Rechtsmittel gegen Urteile, die im Falle des Ab- Arbeitnehmer, der Jugendvertretung,
satzes 1 ergehen, sind die Rechtsmittelgerichte für der tariflichen Sondervertretung und des
Arbeitssachen zuständig. Wirtschaftsausschusses;
(3) Verfahren in Arbeitssachen, die beim Inkraft- f) für die Entscheidung über das Erlöschen
treten dieses Gesetzes bei anderen Behörden oder der Mitgliedschaft im Betriebsrat, im
Stellen anhängig sind, gehen auf das Arbeitsgericht Gesamtbetriebsrat, in der Vertretung der
über, in dessen Bezirk die Stelle ihren Sitz hat, bei nicht ständig beschäftigten Arbeitneh-
der das Verfahren bisher anhängig war. mer, in der Juge1;1dvertretung und in der
tariflichen Sondervertretung;·
(4) Für Verfahren in Arbeitssachen, die beim
Inkrafttreten dieses Gesetzes bei einem obersten •) Das Deutsche Beamtengesetz in der Bundesfassung ist am 31. August
Landesgericht in Arbeitssachen (Revisionsgericht) 1953 außer Kraft getreten. Ab 1. September 1953 gilt die inhaltlich
gleiche Vorschrift des § 41 des Bundesbeamtengesetzes vom 14. Juli
anhängig sind, bleibt dieses Gericht zuständig. 1953 (Bundesgcsetzbl. l S. 551).
1286 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
g) für die Entscheidung über die Wahl- und _üb~r .die Anfechtung der Abstim-
berechtigung, die Wählbarkeit, die Ar- mung über deri Widerruf der Bestellung
beitnehmereigenschaft und die Gruppen- eines Vertreters der Arbeitnehmer im
zugehörigkeit eines Arbeitnehmers; Aufsichtsrat.
h) für die Entscheidung darüber, ob ein (2) Der Vorsitzende des Arbeitsgerichts ent-
Nebenbetrieb oder ein Betriebsteil selb- scheidet
ständig ist oder zum Hauptbetrieb a) über die Zahl der Beisitzer und über die
gehört; Bestellung des unparteiischen Vorsitzen-
i) für die Entscheidung über die Zuständig- den .einer Einigungsstelle, die zur Bei-
keit, die Geschäftsführung und die Tätig- legung von Meinungsverschiedenheiten
keit des Betriebsrats, des Gesamtbe- zwischen dem Arbeitgeber und dem
triebsrats, der Vertretung der nicht Betriebsrat gebildet wird;
ständig beschäftigten Arbeitnehmer, der b) über die Verhängung und Vollstreckung
Jugendvertretung, der tariflichen Sonder- von Ordnungsstrafen in personellen An-
vertretung, der Einigungsstelle, des Wirt- gelegenheiten.
schaftsausschusses und der Vermittlungs- (3) Der Präsident des Landesarbeitsgerichts
stelle; entscheidet über die Zahl der Beisitzer und die
k) für die Entscheidung über Bestehen oder Bestellung des unparteiischen Vorsitzenden einer
Nichtbestehen oder Durchführung von Einigungsstelle, die zur Beilegung von Meinungs-
Betriebsvereinbarungen; verschiedenheiten zwischen dem Arbeitgeber und
dem Gesamtbetriebsrat gebildet wird."
1) für die Entscheidung über die Verweige-
rung der Zustimmung des Betriebsrats, 2. § 83 wird gestrichen.
des Gesamtbetriebsrats oder der tarif-
lichen Sondervertretung in personellen § 122
Angelegenheiten; Geltung im Land Berlin
m) für die Entscheidung über das Verlangen Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1
des Betriebsrats oder der tariflichen des Dritten Oberleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952
Sondervertretung auf Entlassung oder (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin. Rechts-
Versetzung eines Arbeitnehmers; verordnungen, die auf Grund der in diesem Gesetz
n) für die Androhung von Ordnungsstrafen enthaltenen Ermächtigungen erlassen werden, gelten
in personellen Angelegenheiten; im Land Berlin nach § 14 des Dritten Oberleitungs-
gesetzes.
o) für die Entscheidung über die Notwen-
§ 123
digkeit, Vertreter der Arbeitnehmer in
den Aufsichtsrat zu wählen; Inkrafttreten
p) für die Entscheidung über die Durch- Dieses Gesetz tritt, soweit es sich um Maßnahmen
führung der Wahl von Vertretern der zu seiner Durchführung handelt, mit dem Tage seiner
Arbeitnehmer im Aufsichtsrat; Verkündung, im übrigen mit dem 1. Oktober 1953 in
Kraft.
q) für die Entscheidung über die Durch-
führung der Abstimmung über den
Widerruf der Bestellung eines Vertre- Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet.
ters der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat; Bonn, den 3. September 1953.
r) für die Entscheidung über die Anfechtung
Der Bundespräsident
der Wahl des Betriebsrats, der Vertre-
Theodor Heuss
tung der nicht ständig Beschäftigten, der
Jugendvertretung, der tariflichen Son- Der Bundeskanzler
dervertretung; Adenauer
1>) nach Maßgabe einer Rechtsverordnung Der Bundesminister für Arbeit
nach§ 87 Buchstabe g des Betriebsverfas- Anton Storch
sungsgesetzes für die Entscheidung über
die Anfechtung der Wahl von Vertre- Der Bundesminister der Justiz
tern der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat Dehler
II er aus U eher : Der Bundcsm inisler der Justiz. - Ver I a g: Bundesanzeiger-Verlags-GmbH., Bonn/Köln. - Druck: Bundesdruckerei, Bonn
Das Bundesgesetzblatt erscheint in zwei gesonderten Teilen, Teil I und Teil II.
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