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Bundesgesetzblatt
Teil I
1953 Ausgegeben zu Bonn am 6. August 1953 Nr. 44
Tag Inhalt: Seite
4. 8, 53 Drittes Strafrechtsänderungsgesetz ,.... .... .... .... .. .... .... ...... .. .. ...... ......... 735
4. 8. 53 Jugendgerichtsgesetz .. : . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 751
Hinweis auf Verkündungen im Bundesanzeiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 770
Drittes Strafrechtsänderungsgesetz.
Vom 4. August 1953.
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundes- 6. § 12 erhält folgende Fassung:
rates das folgende Gesetz beschlossen: ,,§ 12
Wahrheitsgetreue Berichte über die öffent-
Artikel 1
lichen Sitzungen der in§ 11 bezeichneten Gesetz-
Änderungen des Strafgesetzbuchs gebungsorgane oder ihrer Ausschüsse bleiben
von jeder Verantwortlichkeit frei."
Das Strafgesetzbuch wird wie folgt geändert und
ergänzt: 7. § 27 b Abs. 2 wird gestrichen.
1. a) In § 1 Abs. 1, § 32 Abs. 1, § 44 Abs. 2, § 67 8. In § 28 Abs. 3 und § 29 Abs. 6 wird die Zahl
Abs. 1 und 70 Abs. 1 wird der Hinweis auf ,,494" durch die Zahl „462" ersetzt.
die Todesstrafe gestrichen.
9. In § 28 b Abs. 2 werden die Worte „Reichs-
b) § 13 und § 218 Abs. 3 Satz 2 werden ge-
regierung mit Zustimmung des Reichsrats" er-
strichen.
setzt durch die Worte „Bundesregierung mit
c) § 211 Abs. 1 erhält folgende Fassung: Zustimmung des Bundesrates".
,,Der Mörder wird mit lebenslangem Zucht-
haus bestraft." 10. In § 31 Abs. 1 werden die Worte „die dauernde
Unfähigkeit zum Dienste in dem Deutschen
§ 211 Abs. 3 wird gestrichen. Heere und der Kaiserlichen Marine sowie" ge-
2. In § 3 Abs. 2 werden die Worte „nach dem ge- strichen.
sunden Empfinden des deutschen Volkes" ge- 11. a) In§ 31 Abs. 2 werden die Worte „die Advo-
strichen. katur" und in §§ 352 und 356 das Wort
3. § 4 Abs. 3 Nr. 1 erhält folgende Fassung: ,,Advokat" gestrichen.
b) In § 359 werden die Worte „ingleichen No-
„ 1. Straftaten, die er als Träger eines deutschen
tare, nicht aber Advokaten und Anwälte"
staatlichen Amtes oder gegen Träger eines
ersetzt durch die Worte „ferner Notare, nicht
solchen Amtes während der Ausübung ihres
aber Anwälte".
Dienstes oder in Beziehung auf ihren Dienst
begeht;" 12. § 34 wird wie folgt geändert:
4. In § 7 werden die Worte „im Gebiete des Deut- a) Nummern 1 und 2 werden gestrichen.
schen Reichs" durch die Worte „im Inland" er- b) In Nummer 6 werden die Worte „Beistand
setzt. der Mutter, Mitglied eines Familienrats oder
Kurator" durch die Worte „Beistand der
5. § 11 erhält folgende Fassung: Mutter oder Mitglied eines Familienrates"
,,§ 11 und die Worte „die obervormundschaftliche
Behörde" durch die Worte „das Vormund-
. Mitglieder eines Gesetzgebungsorgans eines schaftsgericht" ersetzt.
zur Bundesrepublik Deutschland gehörigen
Landes dürfen zu keiner Zeit wegen ihrer Ab- c) Die bisherigen Nummern 3 bis 6 werden
stimmung oder wegen einer Außerung, die sie Nummern 1 bis 4.
in der Körperschaft oder einem ihrer Ausschüsse 13. In § 52 Abs. 2 werden die Worte „Ehegatten,
getan haben, außerhalb der Körperschaft zur Geschwister und deren Ehegatten" ersetzt durch
Verantwortung gezogen werden. Dies gilt nicht die Worte „Ehegatten und deren Geschwister,
für verleumderische Beleidigungen." Geschwister und deren Ehegatten".
736 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
14. In § 70 Abc;. 2 werden die Worte „oder die Ent- wird, sofern die Tat nicht nach anderen Vor-
mannung" gestrichen. schriften mit. schwererer Strafe bedroht. ist, mit
Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft.
15. In § 105 werden die Worte „den Senat oder die
Bürgerschaft einer der freien Hansestädte, eine Der Versuch ist strafbar.
gesetzgebende Versammlung des Reichs oder Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. Die
eines Bundesstaats" ersetzt durch die Worte Zurücknahme des Antrages ist zulässig.
„ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines
Wer die Tat gegen einen Verwandten ab-
Landes".
steigender Linie oder gegen seinen Ehegatten
16. a) In§ 117 wird das Wort „Schießgewehr" durch begeht, bleibt straflos.
das Wort „Schußwaffen" ersetzt. Kraftfahrzeuge im Sinne dieser Vorschrift
b) In § 368 Nr. 7 wird das Wort „Feuergewehr" sind dje Fahrzeuge, die durch Maschinenkraft
durch das Wort „Feuerwaffen" ersetzt. bewegt werden, Landkraftfahrzeuge nur inso-
weit, als sie nicht an Bahngleise gebunden sind.
17. § 138 wird aufqehoben.
18. In § 147 wird das Wort „auch" gestrichen. § 248c
19. In § 149 werden die Worte „dem Reich, dem Wer einer elektrischen Anlage oder Einrich-
Norddeutschen Bunde, einem Bundesstaate oder tung fremde elektrische Energie mittels eines
fremden Staate oder von einer zur Ausgabe Leiters entzieht, der zur ordnungsmäßigen Ent-
solcher Papiere berechtigten Gemeinde, Korpo- nahme von Energie aus der Anlage oder Ein-
ration, Gesellschaft oder Privatperson" ersetzt richtung nicht bestimmt ist, wird, wenn er die
durch die Worte „einem Staate oder von einer Handlung in der Absicht begeht, die elektrische
zur Ausgabe solcher Papiere berechtigten Energie sich rechtswidrig zuzueignen, mit Ge-
Stelle". fängnis und mit Geldstrafe oder mit einer dieser
Strafen bestraft. Neben der Gefängnisstrafe
20. § 162 wird aufgehoben. kc!nn auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte
erkannt werden.
21. In § 166 werden die Worte „eine andere mit
Korporationsrechten innerhalb des Bundesge- Der Versuch ist strafbar.
bietes bestehende Religionsgesellschaft" ersetzt Wird die im Absatz 1 bezeichnete Handlung
durch die Worte „eine andere im Staate be- in der Absicht begangen, einem anderen rechts-
stehende Religionsgesellschaft des öffentlichen widrig Schaden zuzufügen, so ist auf Geldstrafe
Rechtes". oder auf Gefängnis bis zu zwei Jahren zu er-
kennen. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag
22. § 173 wird wie folgt geändert:
ein."
a) Absatz 2 erhält folgende Fassung:
„Der Beischlaf zwischen Geschwistern wird 26. Die §§ 265 a und 266 erhalten folgenden Absatz 3:
mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. „Wer die Tat gegen Angehörige, Vormünder
Ebenso wird der Beischlaf zwischen Ver- oder Erzieher begeht, ist nur auf Antrag zu ver-
schwägerten auf- und absteigender Linie be- folgen. Die Zurücknahme des Antrages ist zu-
straft, wenn die Ehe, auf der die Schwäger- lässig."
schaft beruht, zur Zeit der Tat besteht."
27. a) In § 275 Nr. 1 bis 3 werden die Worte „Post-
b) Folaender Absatz 5 wird eingefügt: oder Telegraphenfreimarken oder gestem-
,, Im Falle des Beischlafes zwischen Ver- pelte Briefkuverts" durch das Wort „Post-
schwägerten kann das Gericht von Strafe ab- wertzeichen" ersetzt. In Nummern 1 und 3
sehen, wenn die häusliche Gemeinschaft der wird das Komma hinter dem Worte „Stem-
Ehegatten zur Zeit der Tat aufgehoben war. pelabdrücke" durch das Wort „oder" ersetzt.
Die Tat wird nicht mehr verfolgt, wenn Be- b) In § 276 Abs. 2, § 360 Abs. 1 Nr. 4 und § 364
freiung vom Eheverbot der Schwägerschaft Abs. 2 werden die Worte „Post- oder Tele-
erteilt worden ist." graphenwertzeichen" durch das Wort „Post-
23. In den §§ 176, 177, 179, 181 a, 236 und 237 wird YNertzeichen" ersetzt.
das Wort „Frauensperson" durch das Wort c) In § 276 Abs. 2 werden das Wort „Frankie-
,,Frau" ersetzt. rung" durch das Wort „Freimachung" und
die Worte „Entziehung der Post- oder Tele-
24. In § 197 werden die Worte „eine gesetzgebende
graphengebühren" durch das Wort „Ge-
Versammlung des Reichs oder eines Bundes-
bührenhinterziehung" ersetzt.
staats" ersetzt durch die Worte „ein Gesetz-
gebungsorgan des Bundes oder eines Landes". d) In § 355 Abs. 1 werden die Worte „Tele-
graphenbeamte oder andere" durch die Worte
25. Nach § 248 a werden folgende Vorschriften ein- „Postbeamte oder", im Absatz 1 wird das
gefügt: Wort „Depeschen" durch das Wort „Tele-
,,§ 248b gramme" und im Absatz 2 das Wort „De-
Wer ein Kraftfahrzeug oder ein Fahrrad gegen peschen durch das Vv ort „Telegrammen
II 11
den Willen des Berechtigten in Gebrauch nimmt, ersetzt.
Nr. 44 -Tag der Ausgabe: Bonn, den 6. August 1953 737
28. In§ 301 wird das Wort „Bürgschaftsinstrumente" 2. § 6 erhält folgenden Absatz 3:
durch das Wort „Bürgschaftserklärungen" er-
„Eine Beschäftigung außerhalb der Anstalt
setzt.
(§ 15) ist nur mit ihrer Zustimmung 1zulässig."
29. In den §§ 325 und 326 heißt es statt „321 bis
3. a) In § 1 Abs. 1 und 2, § 21, § 70 Abs. 1 Nr. 2
324": ,,321 und 324".
bis 5, § 74 Abs. 3, § 75 Abs. 1 und 2, § 105
30. § 338 wird aufgehoben. Abs. 1 und 2, § 106 Abs. 1 und 2, § 201, § 202,
§ 203, § 205, § 206 und § 345 Abs. 2 wird das
31. In § 358 heißt es statt „331, 339 bis 341 ": ,,331, Wort „Festungshaft" durch das Wort „Ein-
340, 341 ". schließ:mg" ersetzt.
32. In § 359 werden die Worte „im Dienste des b) § 17 erhält folgende Fassung:
Reichs oder in unmittelbarem oder mittelbarem ,,§ 17
Dienste eines Bundesstaats" ersetzt durch die
Worte „im unmittelbaren oder mittelbaren in- Der Höchstbetrag der Einschließung ist
ländischen Staatsdienst". fünfzehn Jahre, ihr Mindestbetrag ein Tag.
Die Strafe der Einschließung besteht in
33. In § r350 Abs. 1 Nr. 7 werden die Worte „des Freiheitsentziehung mit Beaufsichtigung der
Reichs" durch die Worte „des Bundes" und das Beschäftigung und Lebensweise der Gefan-
Wort „Reichsadler" durch das Wort „Bundes- genen. Sie wird in besonderen Anstalten
adler" ersetzt. oder in besonderen Abteilungen von Anstal-
ten vollzogen."
34. § 367 wird :wie. folgt geändert:
c) § 20 erhält folgende Fassung:
a) Absatz 1 Nummer 8 erhält folgende Fassung:
,,8. wer ohne polizeiliche Erlaubnis an be- ,,§ 20
wohnten oder von Menschen besuchten Wo das Gesetz die Wahl zwischen Zucht-
Orten Selbstgeschosse, Schlageisen oder haus und Einschließung gestattet, darf auf
Fußangeln legt oder an solchen Orten Zuchthaus nur dann erkannt werden, wenn
mit einer Schußwaffe schießt oder Feuer- festgestellt wird, daß die strafbare Handlung
werkskörper abbrennt, es sei denn, daß einer ehrlosen Gesinnung entsprungen ist."
er mit zulässigem Jagdgerät rechtmäßig
d) In § 70 Abs. 1 Nr. 1 werden die Worte „oder
die Jagd ausübt;" auf lebenslängliche Festungshaft" gestrichen.
b) Absatz 1 Nummer 16 wird gestrichen.
4. An die Stelle der §§ 23 bis 26 treten folgende
c) In Absatz 2 heißt es statt „der Nr. 7 bis 9": Vorschriften:
,,der Nummern 8 und 9". Die Worte „der ver- ,,§ 23
fälschten oder verdorbenen Getränke oder Das Gericht kann die Vollstreckung einer
Eßwaren, ingleichen" werden gestrichen.
Gefängnis- oder Einschließungsstrafe von nicht
mehr als neun Monaten oder einer Haftstrafe
Artikel 2 aussetzen, damit der Verurteilte durch gute
Führung während einer Bewährungszeit Straf-
Weitere Änderungen des Strafgesetzbuchs
erlaß erlangen kann (Strafaussetzung zur Be-
Das Strafgesetzbuch wird weiter wie folgt ge- währung).
ändert oder ergänzt:
Strafaussetzung zur Bewährung wird nur an-
1. a) Nach § 1 wird folgende Vorschrift eingefügt: geordnet, wenn die Persönlichkeit des Verur-
teilten und /sein Vorleben in Verbindung mit
,,§ 2
seim,m Verhalten nach der Tat oder einer
Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn günstigen Veränderung seiner Lebensumstände
die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, enrnrten lassen, daß er unter der Einwirkung
bevor die Tat begangen wurde. der Aussetzur~g in Zukunft ein gesetzmäßiges
Die Strafe bestimmt sich nach dem Gesetz, und geordnetes Leben führen wird.
das zur Zeit der Tat gilt. Bei Verschiedenheit Strafaussetzung zur Bewährung darf nicht an-
der Gesetze von der Zeit der begangenen geordnet werden, wenn
Handlung bis zu deren Aburteilung ist das 1. das öffentliche Interesse die Vollstreckung
mildeste Gesetz anzuwenden.
der Strafe erfordert oder
Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte
2. während der letzten fünf Jahre vor Be-
Zeit erlassen ist, ist auf die während seiner
gehung der Straftat die Vollstreckung einer
Geltung begangenen Straftaten auch dann
gegen den Verurteilten im Inland erkann-
anzuwendRn, wenn es außer Kraft getreten
ten Freiheitsstrafe zur Bewährung oder im
ist.
Gnadenwege ausgesetzt oder
über Maßregeln der Sicherung und Besse-
3. der Verurteilte innerhalb dieses Zeit-
rung ist nach dem Gesetz zu entscheiden, das
raumes im Inland zu Freiheitsstrafen von
zur Zeit der Entscheidung gilt. 11
insgesamt mehr als sechs Monaten ver-
b) § 2 a wird aufgehoben. urteilt worden ist.
. 738 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
In den Fällen des Absatzes 3 Nummern 2 und 2. der Verurteilte wegen eines innerhalb der
3 wird in die Frist die Zeit nicht eingerechnet, in Bewährungszeit begangenen Verbrechens
der der Täter eine Freiheitsstrafe verbüßt oder oder vorsätzlichen Vergehens im Inland zu
auf behördliche Anordnung in einer Anstalt ver- einer Freiheitsstrafe verurteilt wird,
Währt wird. 3. er den Bewährungsauflagen gröblich zu-
widerhandelt oder
§ 24
4. sich auf andere Weise zeigt, daß das in
Das Gericht macht dem Verurteilten für die ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt
Dauer der Bewährungszeit Auflagen. Insbe- war
sondere kann es ihm auferlegen,
Leistungen, die der Verurteilte auf Grund von
1. den durch die Tat verursachten Schaden
Auflagen erbracht hat, werden nicht zurück-
wiedergutzumachen, erstattet.
2. Weisung~n zu befolgen, die sich auf § 26
Aufenthaltsort, Ausbildung, Arbeit oder
Das Gericht kann den zu zeitiger Freiheits-
Freizeit beziehen,
strafe Verurteilten mit seiner Zustimmung be-
3. sich einer ärztlichen Behandlung oder dingt entlassen, wenn dieser zwei Drittel der
einer Entziehungskur zu unterziehen, Strafe, mindestens jedoch drei Monate, verbüßt
4. Unterhaltspflichten nachzukommen, hat und erwartet werden kann, daß er in Zukunft
5. einen Geldbetrag zugunsten einer gemein- ein gesetzmäßiges und geordnetes Leben führen
nützigen Einrichtung zu zahlen oder wirc'l.
6. sich der Aufsicht und Leitung eines Be- Die Bewährungszeit darf die Dauer des Straf-
währnngshelfers zu unterstellen. restes auch im Falle einer nachträglichen Ver-
Von der Anordnung von Auflagen kann ab- kürzung nicht unterschreiten.
gesehen werden, wenn zu erwarttn ist, daß der Im übrigen gelten die Vorschriften der §§ 24,
Verurteilte auch ohne sie ein gesetzmäßiges 24 a und des § 25 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 sinn-
und geordnetes Leben führen, vor allem den gemäß."
durch die Tat verursachten Schaden nach Kräften
wiedergutmachen wird. Der Verurteilte darf 5. In§ 27 Abs. 2 Nr. '1 treten an die Stelle der Worte
durch eine Auflage nicht daran gehindert werden, „drei Deutsche Mark" die Worte „fünf Deutsche
für ihn günstigere Möglichkeiten der Ausbildung Mark", in Nummer 2 an die Stelle der Worte
oder Arb _it wahrzunehmen. „eine Deutsche Mark" die Worte „drei Deutsche
Mark".
Entscheidungen nach den Absätzen 1 und 2
kann das Gericht auch nachträglich treffen, 6. § 42 f erhält folgende Fassung:
ändern oder aufheben. .. § 42f
Die Bewährungszeit beträgt mindestens zwei Die Unterbringung dauert so lange, wie ihr
und höchstens fünf Jahre. Sie beginnt mit der Zweck es erfordert.
Rechtskraft der Entscheidung über die Straf- Die Unterbringung in einer Trinkerheilanstalt
aussetzung. Sie kann nachträglich bis auf das · oder einer Entziehungsanstalt darf nicht länger
Mindestmaß verkürzt oder vor ihrem Ablauf bis als zwei Jahre dauern.
auf das Höchstmaß verlängert werden. Während
Die Dauer der Unterbringung in einer Heil-
der Bewährungszeit ruht die Verjährung der
oder Pflegeanstalt und der Sicherungsverwah-
Strafvollstreckung._ rung ist an keine Frist gebunden. Die erste
§ 24a
Unterbringung in einem Arbeitshaus oder einem
Asyl darf nicht länger als zweiJahre,diewieder-
Der Bewährungshelfer (§ 24 Abs. 1 Nr. 6) wird holte nicht länger als vier Jahre dauern. Bei
von dem Gericht bestellt. Er überwacht nach diesen Maßregeln hat das Gericht jeweils vor
dessen Anweisungen während der Bewährungs- dem Ablauf bestimmter Fristen zu entscheiden,
zeit die Lebensführung des Verurteilten und die ob der Zweck der Unterbringung erreicht ist. Die
Erfüllung der Auflagen. · Frist beträgt bei der Unterbringung in einer
Heil- oder Pflegeanstalt und der Sicherungs-
§ 25 verwahrung drei Jahre und bei der Unter-
bringung in einem Arbeitshaus oder einem Asyl
Hat der Verurteilte sich bewährt, so wird die sechs Monate. Ergibt sich bei der Prüfung, daß
Strafe nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen. der Zweck der Unterbringung erreicht ist, so
Das Gericht kann anordnen, daß über die Ver- hat das Gericht die Entlassung des Untergebrach-
urteilung nur noch beschränkt Auskunft erteilt ten anzuordnen.
wird.
Das Gericht kann auch während des Laufes der
Das Gericht widerruft die Strafausset?:1Jng, in den Absätzen 2 und 3 genannten Fristen
wenn jederzeit prüfen, ob der Zweck der Unter-
1. Uw-~ttnde bekannt werden, die bei Würdi- bringung erreicht ist. Wenn das Gericht dies
gung des Wesens der Aussetzung zu ihrer bejaht, so hat es die Entlassung des Unter-
Versagung geführt hätten, gebrachten anzuordnen.
Nr. 44 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 6. August 1953 '139
Die Fristen laufen vom Beginn des Vollzugs sollen, die darauf gerichtet sind, den Bestand
an. Lehnt das Gericht die Entlassung des Unter- der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträch-
gebrachten ab, so beginnt mit dieser Entschei- tigen oder zur Unterdrückung der demokrati-
dung der Lauf der im Absatz 3 genannten Fristen schen Freiheit einen der in § 88 bezeichneten
von neuem." Verfassungsgrundsätze zu beseitigen, außer
Geltung zu setzen oder zu untergraben,
7. In § 42 h Abs. 1 werden die Worte „die höhere 1. herstellt, vervielfältigt oder verbreitet
Vollzugsbehörde" ersetzt durch die Worte „das oder
Gericht".
2. zur Verbreitung oder Vervielfältigung vor-
rätig hält, bezieht oder in den räumlichen
8. § 49 a erhält folgende Fassung: Geltungsbereich dieses Gesetzes einführt,
,,§ 49a
wird mit Gefängnis bestraft.
,, Wer einen anderen zu bestimmen versucht, Der Versuch ist strafbar."
eine als Verbrechen mit Strafe bedrohte Hand-
lung zu begehen, wird nach den für den Versuch 12. Der Vierte Abschnitt des Zweiten Teils erhält
des Verbrechens geltenden Vorschriften (§§ 44, folgende Fassung:
45) bestraft. „Vierter Abschnitt
Ebenso wird bestraft, wer eine als Verbrechen Handlungen
mit Strafe bedrohte Handlung verabredet, das gegen ausländische Staaten
Anerbieten eines anderen annimmt, eine solche
Handlung zu begehen, oder sich zu einem Ver- § 102
brechen bereit erklärt. Wer einen Angriff auf Leib oder Leben eines
Nach diesen Vorschriften wird nicht bestraft, ausländischen Staatsoberhauptes, eines Mit-
wer aus freien Stücken gliedes einer ausländischen Regierung oder eines
1. eine als Verbrechen mit Strafe bedrohte im Bundesgebiet beglaubigten Leiters einer aus-
Handlung verhindert, nachdem er einen ländischen diplomatischen Vertretung begeht,
anderen zu dieser Handlung zu bestimmen während .sich der Angegriffene in amtlicher
versucht oder das Anerbieten eines ande- Eigenschaft im Inland aufhält, wird mit Gefäng-
ren hierzu angenommen hat, nis, in besonders schweren Fällen mit Zuchthaus
2. nach der Verabredung einer als Verbrechen bestraft, soweit nicht in anderen Vorschriften
mit Strafe bedrohten Handlung seine Tätig- eine schwerere Strafe angedroht ist.
keit aufgibt und die Handlung verhindert,
§ 103
3. seine Erklärung widerruft, durch die er
sich zu einem Verbrechen bereit erklärt Wer ein ausländisches Staatsoberhaupt oder
hat. wer mit Beziehung auf ihre Stellung ein Mit-
glied einer ausländischen Regierung, das sich
Unterbleibt die Tat ohne sein Zutun oder wird
in amtlicher Eigenschaft im Inland aufhält, oder
sie unabhängig von seinem vorausgegangenen
einen im Bundesgebiet beglaubigten Leiter
Verhalten begangen, so genügt sein freiwilliges
einer ausländischen diplomatischen Vertretung
und ernsthaftes Bemühen, die Begehung zu ver-
hindern." beleidigt, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren,
im Falle der verleumderischen Beleidigung mit
Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft.
9. a) Der bisherige § 58 wird § 55. In § 42 b Abs. 1
heißt es in den Klammern statt ,,§ 58": ,,§ 55".
§ 104
b) Ne.eh§ 55 wird folgende Vorschrift eingefügt:
Wer eine auf Grund von Rechtsvorschriften
,,§ 56 oder nach anerkanntem Brauch öffentlich ge-
Knüpft das Gesetz an eine besondere Folge zeigte Flagge eines ausländischen Staates oder
der Tat eine höhere Strafe, so trifft diese den wer ein Hoheitszeichen eines solchen Staates,
Täter nur, wenn er die Folge wenigstens das von einer anerkannten Vertretung dieses
fahrlässig herbeigeführt hat." Staates öffentlich angebracht worden ist, ent-
fernt, zerstört, beschädigt oder unkenntlich
c) In § 314 und § 326 werd2n die Worte „von macht oder wer beschimpfenden Unfug daran
einem Monat bis zu drei Jahren" durch die verübt, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren
Worte „nicht unter einem Monat" ersetzt. oder mit Geldstrafe bestraft.
10. § 66 Abs. 2 wird aufgehoben. Der Versuch ist strafbar.
11. § 93 erhält folgende Fassung: § 104a
,,§ 93 Die Vergehen dieses Abschnittes werden
nur verfolgt, wenn die Bundesrepublik zu dem
Wer Schriften, Schallaufnahmen, Abbildungen anderen Staat diplomatische Beziehungen unter-
oder Darstellungen, durch deren Inhalt Be- hält, die Gegenseitigkeit verbürgt ist und auch
strebungen herbeigeführt oder gefördert werden zur Zeit der Tat verbürgt war, ein Strafver-
740 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
langen der ausländischen Regierung vorliegt § 107 C
und die Bundesregierung die Ermächtigung zur Wer einer dem Schutze des Wahlgeheimnisses
Strafverfolgung erteilt. Die Ermächtigung kann dienenden Vorschrift in der Absicht zuwider-
zurückgenommen werden.
handelt, sich cder einem anderen Kenntnis da-
§ 104 b von zu verschaffen, wie jemand gewählt hat,
wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft.
Im Falle des § 102 gelten die Vorschriften der
§§ 85 und 86 entsprechend mit der Maßgabe,
§ 108
daß neben den Strafen auf Geldstrafe erkannt
werden kann. Wer mit Gewalt, durch rechtswidrige Drohung
mit einem empfindlichen Ubel, durch Mißbrauch
In den Fällen der §§ 103 und 104 ist die Vor-
eines beruflichen oder wirtschaftlichen Ab-
schrift des § 200 über die öffentliche Bekannt-
hängigkei tsvPrhältnisses oder durch sonstigen
machung der Verurteilung entsprechend anzu-
wirtschaftlichen Druck einen anderen nötigt oder
wenden, wenn die Tat öffentlich oder in einer
hindert, zu wählen oder sein Wahlrecht in einem
Versammlung begangen worden ist. An die
bestimmten Sinne auszuüben, wird mit Gefäng-
Stelle des Beleidigten tritt der Staatsanwalt. 11
nis, in besonders schweren Fällen mit Zuchthaus
13. § 106 a Abs. 1 erhält folgende Fassung: bestraft. Daneben kann auf Geldstrafe erkannt
„ Wer innerhalb des befriedeten Bannkreises werden.
um das Gebäude eines Gesetzgebungsorgans des Der Versuch ist strafbar.
Bundes oder eines Landes sowie des Bundesver-
fassungsgerichts an öffentlichen Versammlungen § 108 a
unter freiem Himmel oder Aufzügen teilnimmt
und dadurch vorsätzlich Vorschriften verletzt, Wer durch Täuschung bewirkt, daß jemand bei
die über den Bannkreis erlassen worden sind, der Stimmabgabe über den Inhalt seiner Erklä-
wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder rung irrt oder gegen seinen Willen nicht oder
mit Geldstrafe bestraft. 11 ungültig wählt, wird mit Gefängnis bis zu zwei
Jahren best-:--l.ft.
14. An die Stelle der §§ 107 bis 109 treten folgende
Vorschriften: Der Versuch ist strafbar.
,,§ 107
Wer mit Gewalt oder durch Drohung mit Ge- § 108b
walt eine Wahl oder die Feststellung ihres Er- Wer einem anderen dafür, daß er nicht oder
gebnisses verhindert oder stört, wird mit in einem bestimmten Sirine wähle, Geschenke
Gefängnis, in besonders schweren Fällen mit oder ande-P. Vorteile anbietet, verspricht oder
Zuchthaus bestraft. gewährt, wird mit Gefängnis und mit Geldstrafe
Der Versuch ist strafbar. bestraft.
Ebenrn wird bestraft, wer dafür, daß er nicht
§ 107 a oder in einem bestimmten Sinne wähle, Ge-
Wer unbefugt wählt oder sonst ein unrich- schenke oder andere Vorteile fordert, sich ver-
tiges Ergebnis einer Wahl herbeiführt oder das sprechen läßt oder annimmt.
Ergebnis verfälscht, wird mit Gefängnis be- Das Entgelt oder dessen Wert kann im Urteil
straft. eingezogen werden.
Ebenso wird bestraft, wer das Ergebnis einer § 109
Wahl unrichtig verkündet oder verkünden läßt.
In den Fällen der §§ 107, 107 a, 108 und 108 b
Der Versuch ist strafbar. kann neben einer Gefängnisstrafe auf den
Verl 11st der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt
§ 107b
Wer werden.
1. seine Eintragung in die Wählerliste (Wahl- § 109a
kartei) durch falsche Angaben erwirkt, Die Vorschriften der §§ 107 bis 109 gelten
2. einen anderen als Wähler einträgt, von für Wahlen zu den Volksvertretungen und für
dem er weiß, daß er keinen Anspruch auf sonstige Wahlen und Abstimmungen des Volkes
Eintragung hat, im Bund, in den Ländern, Gemeinden und Ge-
3. die Eintragung eines Wahlberechtigten als meindeverbänden. Einer Wahl oder Abstimmung
Wähler verhindert, obwohl er dessen steht das Unters.:hreiben eines Wahlvorschlages
Wahlberechtigung kennt, oder das Unterschreiben für ein Volksbegehren
gleich."
4. ~L.:h als Bewerber für eine Wahl aufstellen
läßt, obwohl er nicht wählbar ist, 15. § 111 Abs. 2 erhält folgende Fassung:
wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder „Dasselbe gilt, wenn die Aufforderung ohne
mit Geldstrafe bestraft, soweit nicht in anderen Erfolg geblieben ist. Die Strafe kann nach den
Vorschriften eine schwerere Strafe angedroht Vorschriften über die Bestrafung des Versuches
ist. gemildert werden. 11
Nr. 44 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 6. August 1953 741
16. § 113 Abs. 4 und § 117 Abs. 4 werden aufge- 22. § 139 erhält folgende Fassung:
hoben.
,,§ 139
17. § 114 erhält folgenden Absatz 3: Ist .in den Fällen des § 138 die Tat nicht ver-
„In besonders schweren Fällen ist die Strafe sucht worden, so kann von Strafe abgesehen
Zuchthaus bis zu zehn Jahren." werden.
18. § 130 a wird aufgehoben. Ein Geistlicher ist nicht verpflichtet anzu-
zeigen, was ihm in seiner Eigenschaft als Seel-
19. In § 132 werden die Worte „bis zu einem Jahre" sorger anvertraut worden ist.
ersetzt durch die Worte „bis zu zwei Jahren".
Wer eine Anzeige unterläßt, die er gegen
20. § 132 a erhält folgende Fassung: einen Angehörigen (§ 52) erstatten müßte, ist
straffrei, wenn er sich ernstlich bemüht hat, ihn
,,§ 132 a von der Tat abzuhalten oder den Erfolg abzu-
We unbefugt wenden, es sei denn, daß es sich um einen Mord
1. inländische oder ausländische Amts- oder oder Totschlag handelt. Unter denselben Vor-
Dienstbezeichnungen, Titel oder Würden aussetzungen ist ein Rechtsanwalt, Verteidiger
führt, oder Arzt nicht verpflichtet anzuzeigen, was ihm
2. inländische oder ausländische Uniformen, in dieser Eigenschaft anvertraut worden ist.
Amtskleidungen oder Amtsabzeichen trägt Straffrei ist, wer die Ausführung oder den
oder Erfolg der Tat anders als durch Anzeige ab-
3. eine Berufstracht oder ein Berufsabzeichen wendet. Unterbleibt die Ausführung oder der
für Betätigung in der Kranken- oder Wohl- Erfolg der Tat ohne Zutun des zur Anzeige Ver-
fahrtspflege trägt, die im Inland staatlich pflichteten, so genügt zu seiner Straflosigkeit
a11.erkannt oder genehmigt sind, sein ernstliches Bemühen, den Erfolg abzu-
wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit wenden."
Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen be-
straft. 23. Als § 140 wird folgende Vorschrift eingefügt:
,,§ 140
Den im Absatz 1 Nummern 1 bis 3 genannten
Bezeichnungen, Titeln, Würden, Uniformen, Wer eine der in § 138 Abs. 1 genannten oder
Kleic... ungen, Trachten oder Abzeichen stehen eine der in §§ 5 und 6 des Gesetzes gegen den
solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähn- verbrecherischen und gemeingefährlichen Ge-
lich sin~.. brauch von Sprengstoffen mit Strafe bedrohten
DiP. Vorschriften der Absätze 1 und 2 gelten Handlungen belohnt oder öffentlich billigt, nach-
auch fü · Amtsbezeichnungen, Titel, Würden, dem sie begangen oder ihre Begehung versucht
Amtskleidungen und Amtsabzeichen der Reli- worden ist, wird, soweit nicht in anderen Vor-
gionsgesellschaften des öffentlichen Rechtes so- schriften eine schwerere Strafe angedroht ist,
mit Gefängnis bestraft. Daneben kann auf Geld-
wie für Berufstrachten und Berufsabzeichen der
von ~hnen anerkannten religiösen Vereinigungen strafe erkannt werden.
oder religiösen Genossenschaften." In besonder,:; schweren Fällen ist die Freiheits-
strafe Zuchthaus bis zu fünf Jahren."
21. Als § 138 wird folgende Vorschrift eingefügt:
,,§ 138 24. § 139 a wird § 142.
Wer von dem Vorhaben oder der Ausführung 25. a) § 139 b wird § 143 und erhält folgende
eines Hochverrates (§§ 80, 81 Abs. 1, § 83), eines Fassung:
Verfassungsverrates(§ 89), eines Landesverrates ,,§ 143
(§§ 100, 100a, 100d Abs. 1, § 100f), eines Mordes,
eines Totschlags, eines Münzverbrechens, eines Wer einen noch nicht Achtzehnjährigen,
Raubes, einer räuberischen Erpressung, eines dessen Beaufsichtigung ihm obliegt, nicht
Menschenraube~, einer Verschleppung, einer er- gehörig beaufsichtigt, wird mit Gefängnis
presserischen Kindesentführung, eines Mädchen- bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe be-
handels oder eines gemeingefährlichen Ver- straft, wenn der zu Beaufsichtigende eine als
brechens zu dner Zeit, zu der die Ausführung Verbrechen oder Vergehen mit Strafe be-
oder der Erfo 1g noch abgewendet werden kann, drohte Handlung begeht, die der Aufsichts-
glaubhaft erfährt und es unterläßt, der Behörde pflichtige durch gehörige Aufsicht hätte ver-
oder dem Bedrohten rechtzeitig Anzeige zu hinder können. Dies gilt nicht, soweit in
machen, wird mit Gefängnis bestraft. sonstigen Vorschriften eine andere Strafe
angedroht ist.
In besondtrs schweren Fällen ist die Strafe Aufsichtspflichtig im Sinne dieser Vor-
Zuchthaus bis zu fünf Jahren. schrift ist derjenige, dem die Sorge für die
· Wer die Anzeige leichtfertig unterläßt, obwohl Person des Kindes oder des Jugendlichen
er von dePl. verbrecherischen Vorhaben glaub- obliegt oder dem das Kind oder der Jugend-
haft erfahnn hat, wird mit Gefängnis bis zu liche zur Erziehung oder Pflege ganz oder
einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft." überwiegend anvertraut ist.
142 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
Gesetzliche Vorschriften über die Haftbar- 32. In § 212 werden die Worte: ,,mit lebenslangem
keit von Personen für die einen anderen Zuchthaus oder " gestrichen. Als Absatz 2 wird
treffenden Geldstrafen oder sonstigen Geld- folgende Vorschrift hinzugefügt:
leistungen bleiben unberührt." ,,In besonders schweren Fällen ist auf lebens-
b) § 361 Abs. 1 Nr. 4 erhält folgende Fassung: langes Zuchthaus zu erkennen."
„4. wer bettelt oder Kinder zum Betteln 33. In § 216 wird nach Absatz 1 folgender Absatz
anleitet oder ausschickt;" eingefügt:
c) § 361 Abs. 1 Nr. 9 erhält folgende Fassung: „Sind mildernde Umstände vorhanden, so ist
,,9. wer einen noch nicht A ~tzehnjährigen, die Strafe Gefängnis nicht unter sechs Mo-
dessen Beaufsichtigung ihm obliegt, nicht naten."
gehörig beaufsichtigt, wenn der zu Be- Der bisherige Absatz 2 wird Absatz 3.
aufsi ~htigende eine als Ubertretung mit
Strafe bedrohte Handlung begeht, die 34. § 217 Abs. 2 erhält folgende Fassung:
der Aufsichtspflichtige durch gehörige
Aufsicht hätte verhindern können. Statt „Sind mildernde Umstände vorhanden, so ist
der Haft kann auf Geldstrafe bis zu ein- die Strafe Gefängnis nicht unter sechs Monaten."
hundertfünfzig Deutsche Mark erkannt 35. § 219 erhält wieder folgende Fassung:
werden. § 143 Abs. 2 und 3 ist anzu-
wenden." ,,§ 219
d) § 361 Abs. 2 wird gestrichen. Wer zu Zwecken der Abtreibung Mittel,
Gegenstände oder Verfahren öffentlich ankün-
26. § 153 Abs. 2 und § 156 Abs. 2 werden aufge- digt oder anpreist oder solche Mittel oder
hoben. Gegenstände an einem allgemein zugänglichen
Ort ausstellt, wird mit Gefängnis bis zu zwei
27. § 159 erhält folgende Fassung:
Jahren oder mit G2ldstrafe bestraft.
,,§ 159 Die Vorschrift des Absatzes 1 findet keine
Die Vorschriften über die Bestrafung der er- Anwendung, wenn Mittel, Gegenstände oder
folglosen Anstiftung bei Verbrechen (§ 49 a Verfahren, die zu ärztlich gebotenen Unter-
Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 und Abs. 4) gelten entspre- brechungen der Schwangerschaft dienen, Ärzten
chend für die Fälle der falschen uneidlichen oder Personen, die mit solchen Mitteln oder
Aussage und der wissentlichen Abgabe einer Gegenständen erlaubter Weise Handel treiben,
falschen Versicherung an Eides Statt." oder in ärztlichen oder pharmazeutischen Fach-
zeitschrifte:1 angekündigt oder angepriesen
28. § 163 Abs. 2 erhält folgende Fassung: werden."
„Straflosigkeit tritt ein, wenn der Täter die 36. In § 228 werden die Worte „in den Fällen des
falsche Angabe rechtzeitig berichtigt. Die Vor- § 223 Abs. 2 und des § 223 a" ersetzt durch die
schriften des § 158 Abs. 2 und 3 gelten ent- Worte „in den Fällen des § 223 Abs. 2 und der
sprechend."
§§ 223a und 223b Abs. 1 ".
29. a) § 168 erhält folgende Fassung: 37. § 239 a erhält folgende Fassung:
,,§ 168 ,,§ 239 a
Wer unbefugt aus dem Gewahrsam des Wer ein fremdes Kind entführt oder der
Berechtigten eine Leiche, Leichenteile oder Freiheit beraubt, um für dessen Herausgabe
die Asche eines Verstorbenen wegnimmt, ein Lösegeld zu verlangen, wird mit Zuchthaus
wer daran oder an einer Beisetzungsstätte nicht unter drei Jahren bestraft.
beschimpfenden Unfug verübt oder wer eine Kind im Sinne dieser Vorschrift ist der Min-
Beisetzungsstätte zerstört oder beschädigt, derjährige unter 18 Jahren."
wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren be-
straft; auch kann auf Verlust der bürgerlichen 38. a) In § 240 Abs. 1 werden hinter den Worten
Ehrenrechte erkannt werden. ,,mit Zuchthaus" die Worte „bis zu zehn Jah-
Der Versuch ist strafbar." ren" eingefügt.
b) § 240 Abs. 2 erhält folgende Fassung:
b) § 367 Abs. 1 Nr. 1 erhält folgende Fassung:
,,Rechtswidrig ist die Tat, wenn die An-
„ 1. wer ohne Vorwissen der Behörde einen
wendung der Gewalt oder die Androhung
Leichnam beerdigt oder beiseite schafft;".
des Ubels zu dem angestrebten Zweck als
30. § 170a Abs. 2 wird durch folgende Vorschrift verwerflich anzusehen ist."
ersetzt: 39. § 253 erhält folgende Fassung:
„Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. Die
,,§ 253
Zurücknahme des Antrages ist zulässig."
Wer einen anderen rechtswidrig mit Gewalt
31. § 195 wird aufgehoben, In § 232 Abs. 3 entfällt oder durch Drohung mit einem empfindlichen
der Hinweis auf § 195. Dbel zu einer Handlung, Duldung oder Unter-
Nr. 44 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 6. August 1953 143
lassung nötigt und dadurch dem Vermögen des erforderlich und ihm den Umständen nach zuzu-
Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, muten, insbesondere ohne erhebliche eigene
um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu be- Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger
reichern, wird wegen Erpressung mit Gefängnis Pflichten möglich ist, wird mit Gefängnis bis
nicht unter zwei Monaten, in besonders schwe- zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft."
ren Fällen mit Zuchthaus bestraft.
Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwen- Artikel 3
dung der Gewalt oder die Androhung des Ubels Änderungen des Gerichtsverfassungsgesetzes
zu dem angestrebten Zweck als verwerflich an-
Das Gerichtsverfassungsgesetz wird wie folgt ge-
zusehen ist.
ändert und ergänzt:
Der Versuch ist strafbar."
1. § 29 erhält folgenden neuen Absatz 2:
40. § 260 erhält folgenden Absatz 2: ,, (2) Bei Eröffnung des Hauptverfahrens kann
„Sind mildernde Umstände vorhanden, so auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Zuzie-
tritt Gefängnisstrafe nicht unter sechs Monaten hung eines zweiten Amtsrichters beschlossen
ein." werden, wenn dessen Mitwirkung nach dem
41. § 263 Abs. 4 Satz 2 und § 266 Abs. 2 Satz 2 Umfang der Sache notwendig erscheint. Eines
werden aufgehoben. Antrages der Staatsanwaltschaft bedarf es nicht,
wenn ein Gericht höherer Ordnung das Haupt-
42. § 294 erhält folgenden Satz 2: verfahren vor dem Schöffengericht eröffnet."
,,Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig." 2. § 51 Abs. 1 Satz 2 erhält folgende Fassung:
43. § 300 erhäJt folgende Fassung: ,,Die Beeidigung gilt für die Dauer der Wahl-
,,§ 300 periode (§ 42)."
Wer unbefugt ein fremdes Geheimnis offen- 3. § 134 Abs. 1 wird wie folgt geändert:
bart, das ihm in seiner Eigenschaft
a) Vor den Worten „bei Parlamentsnötigung"
1. als Arzt, Zahnarzt, Apotheker oder An-
gehöriger eines anderen Heilberufs, der werden die Worte „bei einem Anschlag
gegen ausländische Staatsmänner nach § 102
eine staatlich geregelte Ausbildung er- 11
fordert, des Strafgesetzbuchs, eingefügt.
2. als Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, b) die Zahl „ 139" wird durch die Zahl „ 138"
Verteidiger in Strafsachen, Wirtschafts- ersetzt.
prüf er, vereidigter Buchprüfer (vereidigter
4. Dem § 196 wird folgender Absatz 4 angefügt:
Bücherrevisor) oder Steuerberater
anvertraut worden oder bekannt geworden ist, ,, (4) Ergibt sich in dem mit z~ei Richtern und
wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten und zwei Schöffen besetzten Schöffengericht in einer
mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen Frage, über die mit einfacher Mehrheit zu ent-
bestraft. scheiden ist, Stimmengleichheit, so gibt die
Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag."
Den im Absatz 1 Genannten stehen ihre be-
rufsmäßig tätigen Gehilfen und die Personen Artikel 4
gleich, die zur Vorbereitung auf den Beruf an
der berufsmäßigen Tätigkeit teilnehmen. Das- Änderungen der Strafprozeßordnung
selbe gilt für denjenigen, der nach dem Tode Die Strafprozeßordnung wird wie folgt geändert
des zur Wahrung des Geheimnisses nach Ab- und ergänzt:
satz 1 Verpflichteten das von dem Verstorbenen
1. In § 7 Abs. 2 Satz 1 werden die Worte „im In-
oder aus dessen Nachlaß erlangte Geheimnis
unbefugt veröffentlicht. land" durch die Worte „im Geltungsbereich
dieses Bundesgesetzes" ersetzt.
Handelt der Täter gegen Entgelt oder in der
Absicht, sich oder einem Dritten einen rechts- 2. § 9 erhält folgende Fassung:
widrigen Vermögensvorteil zu verschaffen oder ,,§ 9
jemandem einen Nachteil zuzufügen, so ist die Der Gerichtsstand 'ist auch bei dem Gericht
Strafe Gefängnis. Daneben kann auf Geldstrafe begründet, in dessen Bezirk der Beschuldigte
erkannt werden. ergriffen worden ist."
Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein."
3. Dem § 10 wird folgender Absatz 2 angefügt:
44. § 302 d erhält folgenden Absatz 2: ,, (2) Absatz 1 gilt entsprechend für deutsche
,,In besonders schweren Fällen ist auf Zucht- Luftfahrzeuge."
haus bis zu zehn Jahren und Geldstrafe in un-
beschränkter Höhe zu erkennen." 4. Nach § 13 wird folgende Vorschrift eingefügt:
,,§ 13 a
45. § 330 c erhält folgende Fassung: Fehlt es im Geltungsbereich dieses Bundes-
,,§ 330 C gesetzes an einem zuständigen Gericht oder ist
Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Ge- dieses nicht ermittelt, so bestimmt der Bundes-
11
fahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies gerichtshof das zuständige Gericht.
144 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
5. Nach § 35 wird folgende Vorschrift eingefügt: gewirkt haben, über die Person des
Verfassers, Einsenders oder Gewährs-
,,§ 35a
manns einer Rundfunksendung straf-
Bei der Bekanntmachung einer Entscheidung, baren Inhalts, wenn ein für die Sen-
die durch ein befristetes Rechtsmittel angefoch- dung Verantwortlicher wegen dieser
ten werden kann, ist der Betroffene über die Sendung bestraft ist oder seiner Be-
Möglichkeiten der Anfechtung und die dafür strafung keine Hindernisse entgegen-
vorgeschriebenen Fristen und Formen zu be- stehen; über die Person des Verfassers,
lehren." . Einsenders oder Gewährsmanns, die
selbst im Rundfunk spricht, darf das
6. Dem § 37 wird folgender Satz 2 angefügt: Zeugnis nicht verweigert werden.
„Als Notfristen im Sinne des § 187 Satz 2 der
(2) Die in Absatz 1 Nummern 2 und 3 Ge-
Zivilprozeßordnung gelten die gesetzlichen
nannten dürfen das Zeugnis nicht verweigern,
Fristen."
wenn sie von der Verpflichtung zur Verschwie-
7. § 39 wird aufgehoben. genheit entbunden sind.
8. Dem § 44 Satz 2 werden folgende Worte ange- § 53a
fügt: (1) Den in Jj 53 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 Genannten
„oder wenn die Belehrung nach §§ 35 a, 319 stehen ihre Gehilfen und die Personen gleich,
Abs. 2 Satz 3 oder § 346 Abs. 2 Satz 3 unter- die zur Vorbereitung auf den Beruf an der be-
blieben ist." rufsmäßigen Tätigkeit teilnehmen. Uber die
Ausübung des Rechtes dieser Hilfspersonen, das
9. § 53 wird durch folgende Vorschriften ersetzt: Zeugnis zu verw2igern, entscheiden die in § 53
,,§ 53 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 Genannten, es sei denn, daß
(1) Zur Verweigerung ctes Zeugnisses sind diese Entscheidung in absehbarer Zeit nicht
herbeigeführt werden kann.
ferner berech~igt:
1. Geistliche über das, was ihnen in ihrer (2) Die Entbindung von der Verpflichtung zur
Eigenschaft als Seelsorger anvertraut Verschwiegenheit (§ 53 Abs. 2) gilt auch für die
worden oder bekannt geworden ist; Hilfspersonen."
2. VerteiJiger des Beschuldigten über das, 10. § 81 a Abs. 1 Satz 2 erhält folgende Fassung:
was ihnen in dieser Eigenschaft anver-
,,Zu diesem Zweck sind Entnahmen von Blut-
traut worden oder bekannt geworden
proben und andere körperliche Eingriffe, die
ist;
von einem Arzt nach den Regeln der ärztlichen
3. Rechtsanwälte, Patentanwälte, Notare, Ku'1st zu Untersuchungszwecken vorgenommen
Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprü- werden, ohne Einwilligung des Beschuldigten
fer (vereidigte Bücherrevisoren) und zulässig, wenn kein Nachteil für seine Gesund-
Steuerberater, heit zu befürchten ist. 11
Ärzte, Zahnärzte, Apotheker und
Hebammen 11. § 81 c Abs. 2 erhält folgende Fassung:
über das, was ihnen in dieser Eigen- ,, (2) Bei anderen Personen als Beschuldigten
schaft anvertraut worden oder bekannt sind Untersuchungen zur Feststellung der Ab-
geworden ist; stammung und die Entnahme von Blutproben
4. Mitglieder des Bundestages, eines Land- ohne Einwilligung des zu Untersuchenden zu-
tages oder einer zweiten Kammer über lässig, wenn kein Nachteil für seine Gesundheit
Personen, die ihnen in ihrer Eigenschaft zu befürchten und die Maßnahme zur Erforschung
als Mitglieder dieser Organe oder denen der Wahrheit unerläßlich ist. Die Untersuchun-
sie in dieser Eigenschaft Tatsachen an- gen und die Entnahme von Blutproben dürfen
vertraut haben sowie über diese Tat- stets nur von einem Arzt vorgenommen werden.
11
sachen selbst; Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt auch hier.
5. Redakteure, Verleger, Herausgeber, 12. § 97 erhält folgende Fassung:
Drucker und andere, die bei der Her-
,,§ 97
stellung oder Veröffentlichung einer
periodischen Druckschrift mitgewirkt (1) Der Beschlagnahme unterliegen nicht
haben, über die Person des Verfassers, 1. schriftliche Mitteilungen zwischen dem
Einsenders oder Gewährsmanns einer Beschuldigten und den Personen, die
Veröffentlichung strafbaren Inhalts, nach § 52 oder § 53 Abs. 1 Nr. 1 bis 3
wenn ein Redakteur der Druckschrift das Zeugnis verweigern dürfen;
wegen dieser Veröffenfüchung bestraft 2. Aufzeichnungen, .velche die in § 53
ist oder seiner Bestrafung keine Hin- Abs. 1 Nr. 1 bis 3 Genannten über die
dernisse entgegenstehen; ihnen vorn Beschuldigten anvertrauten
6. Intendanten, Sendeleiter und andere, Mitteilungen oder über andere Um-
die bei der Vorbereitung oder Durch- stände gemacht haben, auf die sich das
führung von Rundfunksendungen mit- Zeugnisverweigerungsrecht erstreckt;
Nr. 44 -Tag der Ausgabe: Bonn, den 6. August 1953 745
3. andere Gegenstände einschließlich der Anordnung sowie Zeit und Ort der Veräußerung
ärztlichen Untersuchungsbefunde, auf sind ihnen, soweit tunlich, mitzuteilen.
die sich das Zeugnisverweigerungsrecht (4) Die Notveräußerung wird nach den Vor-
der in § 53 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 Genannten schriften der Zivilprozeßordnung über die Ver-
erstreckt.
wertung einer gepfändeten Sache durchgeführt.
(2) Diese Beschränkungen gelten nur, wenn An die Stelle des Vollstreckungsgerichts tritt der
die Gegenstände im Gewahrsam der zur Ver- Strafrichter. Er kann die nach § 825 der Zivil-
wei1erung des Zeugnisses Berechtigten sind; pro..,eßordnunJ zulässige Verwertung auf Antrag
Gegenstände, auf die sich das Zeugnisverweige- der ~taatsanwaltschaft oder einer der in Absatz 3
rungsrecht der Ärzte, Zahnärzte, Apotheker und genannten Personen oder von Amts wegen
Hebammen erstreckt, unterliegen der Beschlag- gleichzeitig mit der Notveräußerung oder nach-
nahme auch dann nicht; wenn sie im Gewahrsam träglich anordnen."
einer Krankenanstalt sind. Die Beschränkungen
der Beschlagnahme gelten nicht, wenn die zur 14. In § 115 a Abs. 5 werden nach den Worten
Verweigerung des Zeugnisses Berechtigten einer ,, gemäß § 207 Abs. 2" die Worte „oder § 268 b"
T~iln ~hme, Begünstigung oder Hehlerei ver- eingefügt.
dächtig sind, oder wenn es sich um Gegenstände
15. Dem § 115 b wird folgender Satz 2 angefügt:
handelt, die durch ein Verbrechen oder Vergehen
hervorgebracht oder zur Begehung eines Ver- ,, Vor der Entscheidung im Haftprüfungsver-
brechens oder Vergehens gebraucht oder be- fahren ist der Angeklagte zu hören; hat er einen
stimmt sind oder die aus einer solchen Straftat Verteidiger, so ist auch dieser zu hören."
herrühren.
16. § 117 erhält folgende Fassung:
(3) Soweit das Zeugnisverweigerungsrecht der
,,§ 117
Mitglieder des Bundestages, eines Landtages
oder einer zweiten Kammer reicht (§ 53 Abs. 1 Ein Angeschuldigter, dessen Verhaftung
Nr. 4), ist die Beschlagnahme von Schriftstücken lediglich wegen Verdachts der Flucht gerecht-
unzulässig. fertigt ist, kann auf Grund von Maßnahmen,
welche die Fluchtgefahr erheblich zu vermin-
(4) Die Absätze 1 bis 3 sind entsprechend an- dern geeignet sind, insbesondere gegen Sicher-
zuwc nden, soweit di<.; in § 53 a Genannten das
heitsleistung, mit dem Vollzug der Unter-
Zeugnis verw !igern dürfen.
suchungshaft verschont werden."
(5) Zu dem Zweck, die Person des Verfassers,
Einsenders oder Gewährsmanns einer Veröffent- 17. Dem § 148 wird folgender Absatz 5 angefügt:
:i.ichung oder Sendung strafbaren Inhalts zu er- ,, (5) Absatz 1 gilt auch, wenn der Beschuldigte
mitteln, ist die Beschlagnahme von Schriftstücken aus anderen Gründen nicht auf freiem Fuße ist."
unzulässig, die sich im Gewahrsam der nach§ 53
Abs. 1 Nr. 5 rnd 6 zur Verweigerung des Zeug- 18. § 150 Abs. 1 erhält folgende Fassung:
nisses Berechtigten befinden. ,, ( 1) Der zum Verteidiger bestellte Rechts-
anwalt erhält nach der Gebührenordnung für
13. Nach § 101 wird folgende Vorschrift eingefügt: die Verteidigung Gebühren und Ersatz seiner
Auslagen aus der Staatskasse. Dies gilt auch
,,§ 101a für den Ersatz der Fahrtkosten, Tage-, Uber-
(1) Sichergestellte oder beschlagnahmte Ge- nachtungs- und Abwesenheitsgelder, wenn der
genstände, die eingezogen werden können, Rechtsanwalt nicht am Ort des Gerichts wohnt."
dürfen vor der Entscheidung über die Einziehung
veräußert werden, wenn ihr Verderb oder eine 19. Nach § 152 wird folgende Vorschrift eingefügt:
wesentliche Minderung ihres Wertes droht oder ,,§ 152 a
ihre Aufbewahrung, Pflege oder Erhaltung mit
unverhältnismäßig großen Kosten oder Schwie- Landesgesetzliche Vorschriften über die Vor-
rigkeiten verbunden ist. Der Erlös tritt an die aussetzungen, unter denen gegen Mitglieder
Stelle der Gegenstände. eines Organs der Gesetzgebung eine Strafver-
folgung eingeleitet oder fortgesetzt werden
(2) Die Notveräußer'ng wird durc:1 den Rich- kann, sind auch für die anderen Länder der
ter, nac':1. Eröffnung des Hauptverfahrens in Bundesrepublik Deutschland und den Bund
dringenden Fällen durch den Vorsitzenden des wirksam."
erkennenden Gerichts angeordnet. Die Anord-
nung kann auch durch die Staatsanwaltschaft 20. § 152 Abs. 3 wird § 154 a, die §§ 154 a und b
oder ihre Hilfsbeamten (§ 152 des Gerichtsver- werden §§ 154 b und c.
fassl·ngsgesetzes) getroffen werden, wenn der
G2genstanc zu verderben droht, bevor die Ent- 21. In § 153 Abs. 3 und in § 154 Abs. 2 sind nach
scheidung des Richters herbeigeführt werden dem Wort „Verfahren" die Worte „in jeder
kann. Lage" einzufügen.
(3) Der Beschuldigte, der Eigentümer und 22. In § 160 Abs. 3 werden die Worte „für die Straf-
andere, denen Rechte an der Sache zustehen, bemessung und für die Anordnung von Maß-
sollen vor der Anordnung gehört werden. Die regeln der Sicherung und Besserung" ersetzt
746 Bundesgesetzblatt, J_ahrgang 1953, Teil I
durch die Worte „für die Strafbemessung, die 26. § 188 erhält folgenden Absatz 4:
Strafaussetzung zur Bewährung und die An- ,, (4) Niederschriften über die Erklärung des
ordnung von Maßregeln der Sicherung und Angeschuldigten, über die Angaben von Zeugen
Besserung." und Sachverständigen und über das Ergebnis
eines Augenscheins können in einer gebräuch-
23. § 170 Abs. 2 erhält folgende Fassung: lichen Kurzschrift als Anlage des Protokolls
,, (2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft aufgenommen werden. Die Anlage ist den Be-
das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Be- teiligten vorzulesen und allein von dem Proto-
schuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher kollführer zu unterschreiben. In dem Protokoll
vernommen worden ist oder ein Haftbefehl ist zu vermerken, daß die Verlesung geschehen
gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er und die Genehmigung erfolgt ist, oder welche
um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein Einwendungen erhoben worden sind. Nach Be-
besonderes Interesse an der Bekanntgabe er- endigung der Verhandlung ist unverzüglich
sichtlich ist. 11
eine Ubertragung der Anlage des Protokolls in
die gewöhnliche Schrift anzufertigen und von
24. Dem § 171 wird folgender Satz 2 angefügt: dem Protokollführer zu beglaubigen. Die Uber-
tragung tritt für das weitere Verfahren an die
„In dem Bescheid ist der Antragsteller, der Stelle der Anlage. Der Nachweis der Unrichtig-
zugleich der Verletzte ist, über die Möglichkeit keit der Ubertragung ist zulässig."
der Anfechtung und die dafür vorgesehene Frist
(§ 172 Abs. 1) zu belehren." 27. In § 247 Abs. 1 wird nach Satz 1 folgende Vor-
schrift eingefügt:
25. § 172 erhält folgende Fassung:
„Dasselbe gilt für die Dauer von Erörterungen
,,§ 172 über den körperlichen oder geistigen Zustand
des Angeklagten, wenn ein erheblicher Nach-
(1) Ist der Antragsteller zugleich der Ver-
teil für seine Gesundheit zu befürchten ist."
letzte, so steht ihm gegen den Bescheid na -:::h
§ 171 bin"nen zwei Wochen nach der Bekannt-
28. In § 260 Abs. 4 wird nach Satz 1 eingefügt:
machung die Beschwerde an den vorgesetzten
Beamten der Staatsanwaltschaft zu. Durch die „ Wird die Strafe zur Bewährung ausgesetzt
Einlegung der Beschwerde bei der Staatsan- oder wird unter Schuldigsprechung von Strafe
waltschaft wird die Frist gewahrt. Sie läuft abgesehen, so ist dies im Urteilsspruch zum
nicht, wenn die Belehrung nach § 171 Satz 2 Ausdruck zu bringen. 11
unterblieben ist.
29. Dem § 263 wird folgender Absatz 4 angefügt:
(2) Gegen den ablehnenden Bescheid des vor-
gesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft kann ,, (4) Uber die Strafaussetzung zur Bewährung
der Antragsteller binnen einem Monat nach der wird mit einfacher Mehrheit entschieden."
Bekanntmachung gerichtliche Entscheidung be-
antragen. Hierüber und über die dafür vorge- 30. Dem § 267 Abs. 3 wird folgender Satz angefügt:
sehene Form ist er zu belehren; die Frist läuft ,,Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben,
nicht, wenn die Belehrung unterblieben ist. Der weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt
Antrag ist nicht zulässig, wenn das Verfahren oder einem in der Verhandlung gestellten An-
ausschließlich eine Ubertretung oder ein Ver- trag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies
gehen, das vom Verletzten im Wege der Privat- gilt entsprechend für das Absehen von Strafe."
klage verfolgt werden kann, zum Gegenstand
hat oder wenn die Staatsanwaltschaft nach§ 153 31. § 268 Abs. 4 wird aufgehoben.
Abs. 2 oder§ 153 a Abs. 1 von der Erhebung der
öffentlichen Klage abgesehen hat; dasselbe gilt 32. Nach § 268 werden folgende Vorschriften ein-
in den Fällen der §§ 153 b, 154 Abs. 1, 154 b gefügt:
und 154c. ,,§ 268a
(3) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung (1) Wird in dem Urteil die Strafe zur Be-
muß die Tatsachen, welche die Erhebung der währung ausgesetzt, so trifft das Gericht die
öffentlichen Klage begründen sollen, und die Anordnungen, die sich auf die Strafaussetzung
Beweismittel angeben. Er muß von einem zur Bewährung beziehen (§ 24 des Strafgesetz-
Rechtsanwalt unterzeichnet sein; für das Ar- buchs), durch Beschluß; dieser ist mit dem Urteil
menrecht gelten dieselben Vorschriften wie in zu verkünden.
bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten. Der Antrag (2) Der Vorsitzende belehrt den Angeklagten
ist bei dem für die Entscheidung zuständigen über die Bedeutung der Strafaussetzung zur Be-
Gericht einzureichen.
währung, die Bewährungszeit und die Bewäh-
(4) Zur Entscheidung über den Antrag ist das rungsauflagen sowie darüber, daß er den
Oberlandesgericht zuständig; der Bundesge- Widerruf der Aussetzung zu erwarten habe,
richtshof entscheidet in den Sachen, die zu seiner wenn er das in ihn gesetzte Vertrauen nicht
Zuständigkeit im ersten Rechtszug gehören." rechtfertige, insbesondere den Bewährungsauf-
lagen zuwiderhandle. Zugleich ist ihm aufzu-
Nr. 44 -Tag der Ausgabe: Bonn, den 6. August 1953 747
geben, jeden Wechsel seines Aufenthalts wäh- 39. In § 362 Nr. 2 wird das Wort „Verurteilten" er-
rend der Bewährungszeit anzuzeigen. Die Be- setzt durch das Wort ,,Angeklagten".
lehrung ist in der Regel im Anschluß an die
Verkündung des Beschlusses nach Absatz 1 zu 40. Dem § 364 wird folgender Satz angefügt:
erteilen. ,,Dies gilt nicht im Falle des § 359 Nr. 5."
§ 268b
41. § 391 Abs. 1 erhält folgende Fassung:
Bei der Urteilsfällung ist zugleich von Amts
wegen über die Fortdauer der Untersuchungs- ,, (1) Die Privatklage kann in jeder Lage des
haft oder einstweiligen Unterbringung zu ent- Verfahrens zurückgenommen werden. Nach Be-
scheiden. Der Beschluß ist mit dem Urteil zu ginn der Vernehmung des Angeklagten zur
verkünden." Sache in der Hauptverhandlung des ersten
Rechtszuges bedarf die Zurücknahme der Zu-
33. Nach § 305 wird folgende Vorschrift eingefügt: stimmung des Angeklagten."
,,§ 305 a 42. § 395 Abs. 2 erhält folgende Fassung:
( 1) Gegen den Beschluß nach § 268 a Abs. 1 ,, (2) Die gleiche Befugnis steht zu
ist Beschwerde zulässig. Sie kann nur darauf
1. den Eltern, Kindern, Geschwistern
gestützt werden, daß eine getroffene Anord-
und dem Ehegatten eines durch eine
nung gesetzwidrig ist oder einen einschneiden-
mit Strafe bedrohte Handlung Getöte-
den, unzumutbaren Eingriff in die Lebensfüh-
ten;
rung des Beschwerdeführers darstellt.
2. dem Verletzten, der durch einen An-
(2) Wird gegen den Beschluß Beschwerde und trag auf gerichtliche Entscheidung
gegen das Urteil eine zulässige Revision ein- (§ 172) die Erhebung der öffentlichen
gelegt, so ist das Revisionsgericht auch zur Ent- Klage herbeigeführt hat."
scheidung über die Beschwerde zuständig."
43. § 408 Abs. 2 Satz 2 erhält folgende Fassung:
34. § 308 erhält folgende Fassung: „Dasselbe gilt, wenn der Amtsrichter eine andere
,,§ 308 als die beantragte Strafe festsetzen oder über
die Strafaussetzung zur Bewährung abweichend
(1) Das Beschwerdegericht darf die angefoch-
vom A'iitrag der Staatsanwaltschaft entscheiden
tene Entscheidung nicht zum Nachteil des Geg-
will und die Staatsanwaltschaft bei ihrem Antrag
ners des Beschwerdeführers ändern, ohne daß
diesem die Beschwerde zur Gegenerklärung beharrt."
mitgeteilt worden ist. 44. An die Stelle des § 409 Abs. 2 treten folgende
(2) Das Beschwerdegericht kann Ermittlun- Absätze:
gen anordnen oder selbst vornehmen." ,, (2) Der Strafbefehl wird auch dem gesetz-
lichen Vertreter des Angeklagten mitgeteilt.
35. Dem § 319 Abs. 2 wird folgender Satz angefügt:
(3) Die Vorschriften der§§ 297 bis 300 und des
,,Die Vorschrift des § 35 a gilt entsprechend." § 302 gelten entsprechend."
36. § 324 Abs. 1 Satz 2 erhält folgende Fassung: 45. § 429 e wird aufgehoben.
,,Das Urteil des ersten Rechtszuges ist zu ver- 46. § 431 wird wie folgt geändert:
lesen; von der Verlesung der Urteilsgründe
kann abgesehen werden, soweit sie für die Be- a) Absatz 1 erhält folgende Fassung:
rufung nicht von Bedeutung sind." ,, (1) Uber den Antrag nach § 430 Abs. 1
wird, wenn die Staatsanwaltschaft oder ein
37. Dem § 346 Abs. 2 wird folgender Satz angefügt: Beteiligter (Absatz 2) es beantragt oder das
Gericht es anordnet, auf Grund mündlicher
,,Die Vorschrift des § 35 a gilt entsprechend."
Verhandlung durch Urteil entschieden. Die
Vorschriften über die Hauptverhandlung
38. § 350 erhält folgende Fassung: gelten entsprechend."
,,§ 350 b) Als Absatz 4 wird folgende Vorschrift ange-
(1) Dem Angeklagten und dem Verteidiger fügt:
sind Ort und Zeit der Hauptverhandlung mit- ,,(4) Wird kein Antrag auf mündliche Ver-
zuteilen. Ist die Mitteilung an den Angeklagten handlung gestellt, so kann das Gericht nach
nicht ausführbar, so genügt die Benachrichti- Anhörung der Staatsanwaltschaft und der
gung des Verteidigers. Beteiligten (Absatz 2) durch Beschluß ent-
(2) Der Angeklagte kann in der Hauptver- scheiden."
handlung erscheinen oder sich durch einen mit
47. Dem § 432 wird folgender Absatz 2 angefügt:
schriftlicher Vollmacht versehenen Verteidiger
vertreten lassen. Der Angeklagte, der nicht auf ,, (2) Gegen den Beschluß (§ 431 Abs. 4) ist
freiem Fuße ist, hat keinen Anspruch auf An- sofortige Beschwerde zulässig. Absatz 1 gilt ent-
wesenheit." sprechend."
748 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
48. Dem § 450 wird folgender Absatz 2 angefügt: Verhandlung durch Beschluß. Die Staatsanwalt-
,, (2) Führt nach rechtzeitiger Einlegung eines schaft und die Strafvollzugsbehörde sind zu
Rechtsmittels ein Beschluß unmittelbar die hören. Der Beschluß ist zu begründen.
Rechtskraft des Urteils herbei, so gilt für die (2) Gegen die Entscheidung nach Absatz 1
Berechnung der Strafzeit die Rechtskraft als zu ist sofortige B~schwerde zulässig. Die Be-
Beginn des Tages der Beschlußfassung einge- schwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Be-
treten." schluß, der die bedingte Entlassung anordnet,
hat aufschiebende Wirkung.
49. Nach § 452 werden folgende Vorschriften einge-
fügt: (3) Im übrigen gelten die Vorschriften der
§§ 453, 453 a Abs. 1 und 3, 268 a Abs. 2 ent-
,,§ 453 sprechend. Die Belehrung über die bedingte
(1) Die nachträglichen Entscheidungen, die Entlassung wird mündlich erteilt; sie kann auch
sich auf eine Strafaussetzung zur Bewährung dem Leiter der Vollzugsbehörde übertragen
beziehen (§§ 24 und 25 des Strafgesetzbuchs), werden."
trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung
durch Beschluß. Die Staatsanwaltschaft und der 50. Dem § 467 Abs. 2 wird folgender Satz angefügt:
Arigeklagte sind zu hören. Der Beschluß ist zu „Sie sind ihr aufzuerlegen, wenn das Verfahren
begründen. die Unschuld des Angeschuldigten ergeben oder
(2) Zuständig ist das Gericht, das in der Straf- dargetan hat, daß gegen ihn ein begründeter
sache im ersten Rechtszug erkannt oder nach Verdacht nicht vorliegt; § 2 des Gesetzes be-
§ 460 die Gesamtstrafe gebildet hat. Das Gericht
treffend die Entschädigung für unschuldig er-
kann die nachträglichen Entscheidungen über die littene Untersuchungshaft vom 14. Juli 1904 in
Strafacssetzung zur Bewährung ganz oder teil- der Fassung des Gesetzes vom 24. Novem-
ber 1933 (Reichsgesetzbl. I S. 1000) gilt ent-
weise dem Amtsgericht übertragen, in dessen
Bezirk der Angeklagte seinen Wohnsitz oder in sprechend."
Ermangelung eines Wohnsitzes seinen gewöhn-
lichen Aufenthaltsort hat. Hat das Gericht, dem 51. Dem § 470 wird folgender Satz angefügt:
die nachträglichen Entscheidungen übertragen ,,Sie können dem Angeklagten auferlegt wer-
worden sind, gegen die Ubernahme Bedenken, den, soweit er sich zur Ubernahme bereit er-
so entscheidet das gemeinschaftliche obere Ge- klärt, der Staatskasse, soweit es unbillig wäre,
richt. die Beteiligten damit zu belasten."
(3) Gegen die Entscheidungen nach Absatz 1
ist Beschwerde zulässig. Sie kann nur darauf
Artikel 5
gestützt werden, daß eine getroffene Anordnung
gesetzwidrig ist oder einen einschneidenden, Ausführungsbestimmungen
unzumutbaren Eingriff in die Lebensführung des zu § 24 a des Strafgesetzbuchs
Beschwerdeführers darstellt oder daß die Be- (Bewährungshelfer)
währungzei t nachträglich verlängert worden ist. Die Tätigkeit des Bewährungshelfers wird haupt-
Der Widerruf der Aussetzung (§ 25 Abs. 2 des oder ehrenamtlich ausgeübt. Das Nähere ist durch
Strafgesetzbuchs) kann mit sofortiger Be- Landesgesetz zu regeln.
schwerde angefochten werden. Der Erlaß der
Strafe (§ 25 Abs. 1 des Strafgesetzbuchs) ist
nicht anfechtbar.
Artikel 6
§ 453a Die Wiedereinführung des Arbeitshauses
(1) Ist der Angeklagte nicht nach § 268 a in den Ländern der amerikanischen Zone
Abs. 2 belehrt worden, so wird die Belehrung In den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Bre-
durch das nach § 453 Abs. 2 zuständige Gericht men und Hessen treten die Vorschriften der §§ 42 a
erteilt. Der Vorsitzende kann mit der Belehrung Nr. 3 und 42 d des Strafgesetzbuchs nebst den Hin-
ein Mitglied des Gerichts beauftragen oder weisen auf die Unterbringung in einem Arbeitshaus·
einen Amtsrichter darum ersuchen. oder einem Asyl in den §§ 42 f, 42 h und 42 i wieder
(2) Die Belehrung soll außer in Fällen von in Kraft.
geringer Bedeutung mündlich erteilt werden.
(3) Der Angeklagte soll auch über die nach- Artikel 7
träglichen Entscheidungen belehrt werden. Ab- Änderung von Nebengesetzen
satz 1 gilt entsprechend.
1. Soweit in anderen Gesetzen als dem Strafgesetz-
buch Festungshaft als Strafe angedroht ist, tritt
§ 454 an ihre Stelle die Einschließung.
(1) Die Entscheidung, ob ein Verurteilter be- 2. In Artikl'l III Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung über
dingt entlassen werden soll ( § 26 des Strafge- Vermögensstrafen und Bußen vom 6. Fe-
setzbuchs), trifft das Gericht ohne mündliche bruar 1924 (Reichsgesetzbl. I S. 44) treten an
Nr. 44 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 6. August 1953 749
die Stelle der Worte „drei Deutsche Mark" die technischer Gehi~finnen und medizinisch-tech-
Worte „fünf Deutsche Mark" und an die Stelle nischer Assistentinnen vom 17. Februar 1940
der Worte „eine Deutsche Mark" die Worte (Reichsgesetzbl. I S. 371),
,, drei Deutsche Mark".
10. die Verordnung über Feld- und Forstdieb-
3. Dem § 67 des Gerichtskostengesetzes wird fol- stähle vom 20. September 1942 (Reichs-
gender Satz angefügt: gesetzbl. I S. 558),
„Sie beträgt 20 Deutsche Mark, wenn durch
11. § f der Verordnung über Wochenpflegerinnen
Beschluß entschieden wird (§ 431 Abs. 4 der
vom 7. Februar 1943 (Reichsgesetzbl.I S. 87),
Strafprozeßordnung)."
12. diE:.. Verordnung des Zentraljustizamtes für die
4. In § 69 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes wird
britische Zone zur Änderung des § 219 des
das Wort „oder" durch ein Komma ersetzt; nach
Strafgesetzbuchs vom 3. Februar 1947 (Ver-
den Worten „im § 63 Abs. 1" werden die Worte
ord1•.ungsblatt für die britische Zone S. 22),
,,oder im § 67 Satz 2" eingefügt.
5. In § 23 Nr. 3 des Reichsgesetzes über die Presse 13. Artikel I und II der Verordnurig des Zentral-
vom 7. Mai 1874 (Re.chsgesetzbl. S. 65) werden justizamtes für die britische Zone zur Ände-
die Worte „in den§§ 85, 95, 111, 130 oder 184 rung der §§ 42 f, 42 h, 132 des Strafgesetzbuchs
des Jeutscher: Strafgesetzbuchs" ersetzt durch und § 463 der Strafprozeßordnung vom
die Worte ,in den§§ 84, 95, 111, 130 oder 184 des 13. Mai 1948 (Verordnungsblatt für die bri-
Strafgesetzbuchs". tische Zone S. 117),
14. Artikel 34 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 2 des baye-
Artikel 8 rischen Ärztegesetzes vom 25. Mai 1946 (Baye-
risches Ge~etz- und Verordnungsblatt S. 193),
Aufhebung von Vorschriften
Folgende Vorschriften werden aufgehoben: 15. die bayerische Verordnung Nr. 81 über Feld-
und Forstdiebstähle vom 3. Juli 1946 (Baye-
1. Das Gesetz, betreffend die Bestrafung der Ent-
risches Gesetz- und Verordnungsblatt S. 223),
ziehung elektrischer Arbeit vom 9. April 1900
(Reichsgesetzbl. S. 228), 16. das bayerische Gesetz Nr. 55 zur Bestrafung
der Entweichung von Gefangenen vom 28. Ok-
2. die Verordnung des Reichspräsidenten gegen
tober 1946 (Bayerisches Gesetz- und Verord-
unbefugten Gebrauch von Kraftfahrzeugen
nungsblatt 1947 S. 11),
und Fahrrädern vom 20. Oktober 1932 (Reichs-
gesetzbl. I S. 496),
17. § 10 des bayerischen Gesetzes über Kranken-
gymnasten vom 30. April 1952 (Bayerisches
3. § 4 der Verordnung zur Durchführung des Ge-
Gesetz- und Verordnungsblatt S. 165),
setzes über die Änderung und Ergänzung
f amilienrechtlicher Vorschriften und über die
18. das württembergisch-badische Gesetz Nr. 21
Rechtsstellung der Staatenlosen vom 23. April
zur Ergänzung der bestehenden StrafgesE.tze
1938 (Reichsgesetzbl. I S. 417),
vom 20. November 1945 (Regierungsblatt der
Regierung Württemberg-Baden 1946 S. 2),
4. J 13 der Reichsärzteordnung vom 13. Dezember
1935 (Reichsgesetzbl. I S. 1433),
19. das württembergisch-badische Gesetz Nr. 221
5. § 24 der Reichsapothekerordnung vom 18. April über die Bestrafung von Forst- und Felddieb-
1937 (Reichsgesetzbl. I S. 457), stählen vom 31. Juli 1947 (Regierungsblatt der
Regierung Württemberg-Baden S. 69),
6. § 6 Abs. 1 Buchstabe a des Gesetzes über Titel,
Orden und Ehrenzeichen vom 1. Juli 1937 20. das württembergisch-hohenzollernsche Gesetz
(Reichsgesetzbl. I S. 725), über die Bnstrafung von Forst- und Felddieb-
stählen vom 14. Mai 1948 (Regierungsblatt für
7. § 19 der Ersten Verordnung über die berufs- das Land Württemberg-Hohenzollern S. 86),
mäßige Ausübung der Krankenpflege und die
Errichtung von Krankenpflegeschulen vom 21. die von den Oberlandesgerichtspräsidenten
28. September 1938 (Reichsgesetzbl. I S. 1310), der britischen Zone erlassenen Verordnungen
über die Bestrafung von Feld- und Forstdieb-
8. § 20 der Er:.ten Verordnung über die berufs- stählen (Justizblatt für den Oberlandesge-
mäßige Ausübung der Säuglings- und Kinder- richtsbezirk Braunschweig 1946 Sp. 111, Ge-
pflege und die Errichtung von Säuglings- und setzblatt der Freien Hansestadt Bremen 1946
Kinderpflegeschulen vom 15. November 1939 S. 85, Justizblatt für den Oberlandesgerichts-
(Reichsgese~zbl. I S. 2239), bezirk Düsseldorf 1946 S. 50, Hamburgisches
Gesetz- und Verordnungsblatt 1946 S. 88,
9. § 30 der Ersten Verordnung über die Berufs- Justizblatt für den Oberlandesgerichtsbezirk
tätigkeit und die Ausbildung medizinisch- Hamm 1946 S. 113, Hannoversche Rechtspflege
750 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
1946 S. 82, Justizblatt für den Oberlandesge- Artikel 10
richtsbezirk Köln 1946 S. 90, Justizblatt für
Aurich, Oldenburg und Osnabrück 1946 S. 93, Ermächtigung
zur Bekanntmachung des Strafgesetzbuchs
Amtsblatt für Schleswig-Holstein 1946 S. 70).
Der Bundesminister der Justiz wird ermächtigt, den
Wortlaut des Strafgesetzbuchs unter der Uberschrift
Artikel 9
,,Strafgesetzbuch" in der geltenden Fassung bekannt-
Land Berlin zumachen und dabei die Absätze der Paragraphen zu
(1) Die Vorschriften dieses Gesetzes, die den bezeichnen.
Bund, die Länder der Bundesrepublik, ihre Einrich- Artikel 11
tungen und Staatsorgane und deren Mitglieder be- Inkrafttreten
treffen, gelten auch für das Land Berlin, seine Ein- (1) Dieses Gesetz tritt, soweit in Absatz 2 nichts
richtungen, Staatsorgane und deren Mitglieder.
anderes bestimmt ist, am 1. Oktober 1953 in Kraft.
(2) Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe der §§ 13 (2) § 24 Abs. 1 Nr. 6 und § 24 a des Strafgesetz-
und 14 des Dritten Uberleitungsgesetzes vom 4. Ja- buchs in der Fassung des Artikels 2 Nr. 4 sowie
nuar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Lande Artikel 5 treten am 1. Januar 1954, Artikel 10 tritt
Berlin. am 1. August 1953 in Kraft.
Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet.
Bonn, den 4. August 1953.
Der Bundespräsident
Theodor Heuss
Der Bundeskanzler
Adenauer
Der Bundesminister der Justiz
Dehler
Nr. 44 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 6. August _1953 751
Jugendgerichtsgesetz.
Vom 4. August 1953.
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundes- §5
rates das folgende Gesetz beschlossen: Die Folgen der Jugendstraftat
(1) Aus Anlaß der Straftat eines Jugendlichen
ERSTER TEIL können Erziehungsmaßregeln angeordnet werden.
Anwendungsbereich (2) Die Straftat eines Jugendlichen wird mit Zucht-
mitteln oder mit Jugendstrafe geahndet, wenn Er-
§ l ziehungsmaßregeln nicht ausreichen.
Persönlicher und sachlicher (3) Von Zuchtmitteln und Jugendstrafe wird ab-
Anwendungsbereich gesehen, wenn die Unterbringung in einer Heil- oder
Pflegeanstalt die Ahndung durch den Richter ent-
(1) Dieses Gesetz gilt, wenn ein Jugendlicher oder
behrlich macht.
ein Heranwachsender eine Verfehlung begeht, die
§6
nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe be-
droht ist. Nebenstrafen und Nebenfolgen
(2) Jugendlicher ist, wer zur Zeit der Tat vierzehn, Auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, Unfä-
aber noch nicht achtzehn, Heranwachsender, wer zur higkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter oder Zu-
Zeit der Tat achtzehn, aber noch nicht einundzwan- lässigkeit von Polizeiaufsicht darf nicht erkannt
zig Jahre alt ist. werden.
§7
(3) Strafrechtlich ist nicht verantwortlich, wer zur
Zeit der Tat noch nicht vierzehn Jahre alt ist. Maßregeln der Sicherung und Besserung
Als Maßregeln der Sicherung und Besserung im
§ 2 Sinne des allgemeinen Strafrechts können nur. die
Anwendung des allgemeinen Rechts Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt oder
die Entziehung der Erlaubnis zum Führen von Kraft-
Die allgemeinen Vorschriften gelten nur, soweit fahrzeugen angeordnet werden(§ 42 a Nr. 1 und 7 des
in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Strafgesetzbuchs).
§8
Verbindung von Maßnahmen und Jugendstrafe
ZWEITER TEIL
(1) Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel, ebenso
Jugendliebe mehrere Erziehungsmaßregeln oder mehrere Zucht-
mittel können nebeneinander angeordnet werden.
ERSTES HAUPTSTUCK Mit der Anordnung der Fürsorgeerziehung darf Ju-
Verfehlungen Jugendlicher und ihre Folgen gendarrest nicht verbunden werden.
ERSTER ABSCHNITT (2) Der Richter kann neben Jugendstrafe Weisun-
gen erteilen, die Schutzaufsicht anordnen und beson-
Allgemeine Vorschriften cl.ere Pflichten auferlegen. Auf Fürsorgeerziehung und
§3 auf andere Zuchtmittel kann er neben Jugendstrafe
nicht erk~nnen. . Steht der Jugendliebe unter \Bewäh-
Verantwortlichkeit rungsaufsicht, so ruht eine gleichzeitig bestehende
Ein Jugendlicher ist strafrechtlich verantwortlich, Schutzaufsicht bis zum Ablauf der Bewährungszeit.
wenn er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und (3) Der Richter kann neben Erziehungsmaßregeln,
geistigen Entwicklung reif genug ist, das Unrecht der Zuchtmitteln und Jugendstrafe auf die nach diesem
Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Gesetz zulässigen Nebenstrafen und Nebenfolgen er-
Zur Erziehung eines Jugendlichen, der mangels Reife kennen.
strafrechtlich nicht verantwortlich ist, kann der Rich-
ZWEITER ABSCHNITT
ter dieselben Maßnahmen anordnen wie der Vor-
mundschaftsrichter. Erzieh un gsmaßre geln
§4 §9
Rechtliche Einordnung
Arten
der Straftaten Jugendlicher
Erziehungsmaßregeln sind
Ob die Straftat eines Jugendlichen als Verbrechen,
Vergehen oder Ubertretung anzusehen ist und wann 1. die Erteilung von Weisungen,
sie verjährt, richtet sich nach den Vorschriften des 2. die Schutzaufsicht,
allgemeinen Strafrechts. 3. die Fürsorgeerziehung.
752 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
§ 10 (2) Zuchtmittel sind
Weisungen 1. die Verwarnung,
(1) Weisungen sind Gebote und Verbote, die die 2. die Auferlegung besonderer Pflichten,
Lebensführung des Jugendlichen regeln und dadurch 3. der Jugendarrest.
seine Erziehung fördern und sichern sollen. Der Rich-
ter kann dem Jugendlichen insbesondere auferlegen,· (3) Zuchtmittel haben nicht die Rechtswirkungen
einer Strafe. Sie werden nicht in das Strafregister
1. Weisungen zu befolgen, die sich auf den eingetragen und begründen nicht die Anwendung
Aufenthaltsort beziehen, von strafrechtlichen Rückfallvorschriften.
2. bei einer Familie oder in einem Heim zu
wohnen,
§ 14
3. eine Lehr- oder Arbeitsstelle anzunehmen,
4. einer Arbeitsauflage nachzukommen, Verwarnung
5. den Verkehr mit bestimmten Personen oder Durch die Verwarnung _soll dem Jugendlichen das
den Besuch von Gast- oder Vergnügungs- Unrecht der Tat eindringlich vorgehalten werden.
stätten zu unterlassen,
6. keine geistigen Getränke zu genießen oder § 15
nicht zu rauchen oder
Auferlegung besonderer Pflichten
7. bei einer Verletzung von Verkehrsvorschrif-
(1) Als besondere Pflichten kann der Richter dem
ten an einem polizeilichen Verkehrsunter-
Jugendlichen auferlegen,
richt teilzunehmen.
1. den Schaden wiedergutzumachen,
(2) Der Richter kann dem Jugendlichen auch mit
Zustimmung des Erziehungsberechtigten und des 2. sich persönlich bei dem Verletzten zu ent-
gesetzlichen Vertreters auferlegen, sich einer heil- schuldigen oder
erzieherischen Behandlung durch einen Sachverstän- 3. einen Geldbetrag zugunsten einer gemein-
digen zu unterziehen. Hat der Jugendliche das sech- nützigen Einrichtung zu zahlen.
zehnte Lebensjahr vollendet, so soll dies nur mit
seinem Einverständnis geschehen. (2) Der Richter soll die Zahlung eines Geldbetrages
, ,r anordnen, wenn
1. der Jugendliche eine leichte Verfehlung
§ 11
begangen hat und anzunehmen ist, daß er
Nachträgliche Änderung von Weisungen; den Geldbetrag aus Mitteln zahlt, über die
Folgen der Zuwiderhandlung er selbständig verfügen darf, oder
(1) Der Richter kann Weisungen nachträglich än- 2. dem Jugendlichen der Gewinn, den er aus
dern oder von ihnen befreien, wenn dies aus Grün- der Tat erlangt, oder das Entgelt, das er für
den der Erziehung geboten ist. sie erhalten hat, entzogen werden soll.
(2) Kommt der Jugendliche Weisungen schuldhaft (3) Bei schuldhafter Nichterfüllung von besonde-
nicht nach, so kann Jugendarrest verhängt werden, ren Pflichten gilt § 11 Abs. 2 entsprechend.
wenn eine Belehrung über die Folgen schuldhafter
Zuwiderhandlung erfolgt war.
§ 16
Jugendarrest
§ 12
(1) Der Jugendarrest ist Freizeitarrest, Kurzarrest
Schutzaufsicht und Fürsorgeerziehung
oder Dauerarrest.
Die Voraussetzungen, die Ausübung und Ausfüh-
(2) Der Freizeitarrest wird für die wöchentliche
rung sowie die Beendigung der Schutzaufsicht und
Freizeit des Jugendlichen verhängt und auf minde-
der Fürsorgeerziehung richten sich nach den Vor-
stens eine Freizeit und höchstens vier Freizeiten be-
schriften über Jugendwohlfahrt.
messen.
(3) ·Der Kurzarrest wird statt des Freizeitarrestes
DRITTER ABSCHNITT verhängt, wenn der zusammenhängende Vollzug aus
Zuchtmittel Gründen der Erziehung zweckmäßig erscheint und
weder die Ausbildung noch die Arbeit des Jugend-
§ 13 lichen beeinträchtigt werden. Dabei stehen zwei Tage
Arten und Anwendung Kurzarrest einer Freizeit gleich. Die Gesamtdauer
des Kurzarrestes darf aber sechs Tage nicht über-
(1) Der Richter ahndet die Straftat mit Zuchtmit- schreiten.
teln, wenn Jugendstrafe nicht geboten ist, dem
Jugendlichen aber eindringlich zum Bewußtsein ge- (4) Der Dauerarrest beträgt mindestens eine
bracht werden muß, daß er für das von ihm began- Woche und höchstens vier Wochen. Er wird nach
gene Unrecht einzustehen hat. vollen Tagen oder Wochen bemessen.
Nr-. 44 -Tag der Ausgabe: Bonn, den 6. August 1953 753
VIERTER ABSCHNITT § 21
Die Jugendstrafe Voraussetzungen
§ 17 Der Richter darf die Vollstreckung der Jugend-
~trafe nur aussetzen, wenn die Persönlichkeit des
Form und Voraussetzungen Jugendlichen und sein Vorleben in Verbindung mit
(1) Die Jugendstrafe ist Freiheitsentzug in einer seinem Verhalten nach der Tat oder einer günstigen
Jugendstrafanstalt. Veränderung seiner Lebensumstände erwarten
lassen, daß er infolge der Aussetzung und unter der
(2) Der Richter verhängt Jugendstrafe, wenn
erzieherischen Einwirkung in der Bewährungszeit
wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen,
künftig einen rechtschaffenen Lebenswandel führen
die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaß-
wird. Der Richter soll auch berücksichtigen, ob der
regeln oder Zuchtmittel zur Erziehung nicht aus-
Vollzug der Jugendstrafe eine Erziehungsmaßregel
reichen oder wenn wegen der Schwere der Schuld
gefährden würde.
Strafe erforderlich ist.
§ 22
§ 18
Bewährungszeit
Dauer der Jugendstrafe
(1) Der Richter setzt die Bewährungszeit auf min-
(1) Das Mindestmaß der Jugendstrafe beträgt destens zwei und höchstens drei Jahre fest. Er kann
sechs Monate, das Höchstmaß fünf Jahre. Handelt es sie nachträglich bis auf ein Jahr verkürzen oder
sich bei der Tat um ein Verbrechen, für das nach vor ihrem Ablauf, wenn der Jugendliche Bewäh-
dem allgemeinen Strafrecht eine Höchststrafe von rungsauflagen schuldhaft nicht nachkommt, bis auf
mehr als zehn Jahren Zuchthaus angedroht ist, so ist vier Jahre v,erlängern. Die Bewährungszeit beginnt
das Höchstmaß zehn Jahre. Die Strafrahmen des mit der Rechtskraft der Entscheidung über die Aus-
allgemeinen Strafrechts gelten nicht. setzung der Jugendstrafe.
(2) Die Jugendstrafe ist so zu bemessen, daß die (2) Während der Bewährungszeit ruht die Ver-
erforderliche erzieherische Einwirkung möglich ist. jährung der Vollstreckung der Jugendstrafe.
§ 19
§ 23
Jugendstrafe von unbestimmter Dauer
Bewährungsauflagen
(1) Der Richter verhängt Jugendstrafe von un-
bestimmter Dauer, wenn wegen der schädlichen Der Richter soll für die Dauer der Bewährungszeit
Neigungen des Jugendlichen, die in der Tat hervo.r- die Lebensführung des Jugendlichen durch Auflagen
getreten sind, eine Jugendstrafe von höchstens vier beeinflussen, die eine umfassende erzieherische Ein-
Jahren geboten ist und sich nicht voraussehen läßt, wirkung gewährleisten. Zu diesem Zweck soll er
welche Zeit erforderlich ist, um den Jugendlichen dem Jugendlichen Weisungen erteilen (§ 10) oder
durch den Strafvollzug zu einem rechtschaffenen besondere Pfljchten auferlegen (§ 15). Diese Anord-
Lebenswandel zu erziehen. nungen kann er auch nachträglich treffen, ändern
oder aufheben.
(2) Das Höchstmaß der Jugendstrafe von un-
bestimmter Dauer beträgt vier Jahre. Der Richter § 24
kann ein geringeres Höchstmaß bestimmen oder das
Bewährungsaufsicht und Bewährungshilfe
Mindestmaß (§ 18 Abs. 1) erhöhen. Der Unterschied
zwischen dem Mindest- und dem Höchstmaß soll (1) Die Lebensführung des Jugendlichen während
nicht weniger als zwei Jahre betragen. der Bewährungszeit und die Erfüllung der richter-
lichen Auflagen überwi;icht ein hauptamtlicher Be-
(3) Die Jugendstrafe von unbestimmter Dauer währungshelfer, der unter der Aufsicht des Richters
wird nach den für das Vollstreckungsverfahren gel- steht und diesem verantwortlich ist.
tenden Vorschriften (§ 89 Abs. 3 und 4) in eine
bestimmte Jugendstrafe umgewandelt, sobald der (2) Der Richter kann auch einen ehrenamtlichen
Jugendliche aus dem Strafvollzug entlassen wird. Bewährungshelfer bestellen, wenn dies aus Gründen
der Erziehung zweckmäßig erscheint oder wenn in
dem Bezirk des Jugendgerichts ein hauptamtlicher
FUNFTER ABSCHNITT Helfer nicht angestellt worden ist.
(3) Der Bewährungshelfer soll dem Jugendlichen
Aussetzung der Jugendstrafe
während der Bewährungszeit helfend und betreuend
zur Bewährung
zur Se~i:e stehen, seine Erziehung fördern und mög-
§ 20 lichst mit dem Erziehungsberechtigten und dem
gesetzlichen Vertreter vertrauensvoll zusammen-
Zweck der Aussetzung
wirken. Er hat bei der Ausübung seines Amte.s
Der Richter kann die Vollstreckung einer bestimm- das Recht auf Zutritt zu dem Jugendlichen. Er kann
ten Jugendstrafe von nicht mehr als einem Jahr von dem Erziehungsberechtigten, dem gesetzlichen
aussetzen, damit der Jugendliche durch gute Füh- Vertreter, der Schule, dem Lehrherrn oder dem
rung während einer Bewährungszeit Straferlaß er- sonstigen Leiter der Berufsausbildung Auskunft
lang-en kann. über die Lebensführung des Jugendlichen verlangen.
754 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
§ 25 § 29
Pßi<:hten des Bewährungshelfers Bewährungsaufsicht
Der Bewährungshelfer führt die Bewährungs- Der Jugendliche wird für die Dauer der Bewäh-
aufsicht nach den Anweisungen des Richters durch. rungszeit unter Bewährungsaufsicht gestellt. Die
Er berichtet über die Lebensführung des Jugend- §§ 23 bis 25 sind anzuwenden.
lichen in Zeitabständen, die der Richter bestimmt.
Erhebliche Zuwiderhandlungen des Jugendlichen § 30
gegen Bewährungsauflagen teilt er dem Richter mit.
Verhängung der Jugendstrafe;
Tilgung des Schuldspruchs
§ 26 (1) Stellt sich vor allem durch schlechte Führung
Erlaß der Jugendstrafe; des Jugendlichen während der Bewährungszeit her-
Wideri:uf der Aussetzung aus, daß die in dem Schuldspruch mißbilligte Tat
auf schädliche Neigungen von einem Umfang zurück-.
(1) Hat der Jugendliche sich bewährt, so wird die zuführen ist, daß eine Jugendstrafe erforderlich ist,
Jugendstrafe nach Ablauf der Bewährungszeit er- so erkennt der Richter auf die Strafe, die er im
lassen. Zeitpunkt des Schuldspruchs bei sicherer Beurteilung
(2) Der Richter widerruft, falls andere Maß- der schädlichen Neigungen des Jugendlichen aus-
nahmen nicht ausreichen, die Aussetzung der gesprochen hätte. Eine Aussetzung dieser Strafe
Jugendstrafe, wenn nach § 20 ist unzulässig.
1. Umstände bekannt werden, die bei Würdi- (2) Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 1
gung des Wesens der Aussetzung zu ihrer nach Ablauf der Bewährungszeit nicht vor, so wird
Versagung geführt hätten, der Schuldspruch getilgt.
2. der Jugendliche, der das sechzehnte Lebens-
jahr vollendet hat, sich weigert, die Erfül- SIEBE~TER ABSCHNITT
lung der Bewährungsauflagen zu ver-
sprechen (§ 60 Abs. 3), Mehrere Straftaten
3. der Jugendliche Bewährungsauflagen § 31
schuldhaft nicht nachkommt oder Mehrere Straftaten eines Jugendlieben
4. sich auf andere Weise zeigt, daß das in (1) Auch wenn ein Jugendlicher mehrere Straf-
ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt taten begangen hat, setzt der Richter nur einheitlich
war. Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel oder eine Jugend-
(3) Leistungen, die der Jugendliche auf Grund von strafe fest. Soweit es dieses Gesetz zuläßt (§ 8),
Auflagen erbracht hat, werden nicht zurückerstattet. können ungleichartige Erziehungsmaßregeln und
Zuchtmittel nebeneinander angeordnet oder Maß-
nahmen mit der Strafe verbunden werden. Die
gesetzlichen Höchstgrenzen des Jugendarrestes und
SECHSTER ABSCHNITT
der Jugendstrafe dürfen nicht überschritten werden.
Aussetzung der Verhängung (2) Ist gegen den Jugendlichen wegen eines Teils
der Jugendstrafe der Straftaten bereits rechtskräftig die Schuld fest-
§ 27 gestellt oder eine Erziehungsmaßregel, ein Zucht-
mittel oder eine Jugendstrafe festgesetzt worden,
Voraussetzungen aber noch nicht vollständig ausgeführt, verbüßt oder
Kann nach Erschöpfung der Ermittlungsmöglich- sonst erledigt, so wird unter Einbeziehung des
keiten nicht mit 5icherheit beurteilt werden, ob in Urteils in gleicher Weise nur einheitlich auf Maß-
der Straftat eines Jugendlichen schädliche Nei- nahmen oder Jugendstrafe erkannt. Die Anrechnung
gungen von einem Umfang hervorgetreten sind, daß hereits verbüßten Jugendarrestes steht im Ermessen
eine Jugendstrafe erforderlich ist, so kann der Rich- des Richters, wenn er auf Jugendstrafe erkennt.
ter die Schuld des Jugendlichen feststellen, die Ent- (3) Ist es aus erzieherischen Gründen zweckmäßig,
scheidung über die Verhängung der Jugendstrafe so kann der Richter davon absehen, schon abgeur-
aber für eine von ihm zu bestimmende Bewährungs- teilte Straftaten in die neue Entscheidung ein-
zeit aussetzen. zubeziehen. Dabei kann er Erziehungsmaßregeln
und Zuchtmittel für erledigt erklären, wenn er auf
§ 28 Jugendstrafe erkennt.·
Bewährungszeit
§ 32
Die Bewährungszeit beträgt mindestens ein Jahr
und höchstens zwei Jahre. Sie kann nachträglich bis Mehrere Straftaten
auf das Mindestmaß verkürzt oder vor ihrem Ablauf in versc:hiedenen Alters- u.nd Reifestufen
bis auf das Höchstmaß verlängert werden. Sie be- Für mehrere Straftaten, die gleichzeitig abgeurteilt
ginnt mit der Rechtskraft des Urteils, in dem die werden und auf die teils Jugendstrafrecht und teils
Schuld des Jugendlichen festgestellt wird. allgemeines Strafrecht anzuwenden wäre, gilt ein-
Nr. 44 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 6. August 1953 755
heitlich das Jugendstrafrecht, wenn das Schwer- § 35
gewicht bei den Straftaten liegt, die nach Jugend- Jugendschöffen
strafrecht zu beurteilen wären. Ist dies nicht der
Fall, so ist einheitlich das allgemeine Strafrecht an- (1) Die Schöffen der Jugendgerichte (Jugend-
zuwenden. schöffen) werden auf Vorschlag des Jugendwohl_-
fahrtsausschusses für die Dauer von zwei Geschäfts-
jahren von dem in § 40 des Gerichtsverfassungs-
gesetzes vorgesehenen Ausschuß gewählt. Dieser
ZWEITES HAUPTSTUCK
soll eine gleiche Anzahl von Männern und Frauen
Jugendgerichtsverfassung v.rählen.
und Jugendstrafverfahren (2) Der Jugendwohlfahrtsausschuß soll ebenso
ER STER ABSCI INITT viele Männer wie Frauen und mindestens die dop-
pelte Anzahl von Personen vorschlagen, die als
Jugendgerichts verf a ssun g Jugendschöffen und -hilfsschöffen benötigt werden.
§ 33 Die Vorgeschlagenen sollen erzieherisch befähigt
und in der Jugenderziehung erfahren sein.
Jugendgerichte
(3) Die Vorschlagsliste des Jugendwohlfahrtsaus-
(1) Ober Verfehlungen Jugendlicher entscheiden
schusses gilt als Vorschlagsliste im Sinne des § 36
die Jugendgerichte.
des Gerichtsverfassungsgesetzes. Für die Aufnahme
(2) Jugendgerichte sind der Amtsrichter als Jugend- in die Liste ist die Zustimmung von zwei Dritteln
richter, das Schöffengericht (Jugendschöffengericht) der stimmberechtigten Mitglieder erforderlich. Die
und die Strafkammer (Jugendkammer). Vorschlagsliste ist im Jugendamt eine Woche lang
zu jedermanns Einsicht aufzulegen. Der Zeitpunkt
(3) In der Hauptverhandlung ist das Jugend- der Auflegung ist vorher öffentlich bekannt-
schöffengericht mit dem Jugendrichter als Vorsitzen- zumachen.
dem und zwei Jugendschöffen, die Jugendkammer
(4) Bei der Entscheidung über Einsprüche gegen
mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden
die Vorschlagsliste des Jugendwohlfahrtsausschusses
und zwei Jugendschöffen besetzt. Als Jugendschöffen
und bei der Wahl der Jugendschöffen und -hilfs-
sollen zu jeder Hauptverhandlung ein Mann und
schöffen führt der Jugendrichter den Vorsitz in dem
eine Frau herangezogen werden.
Schöffenwahlausschuß.
(4) Die Landesjustizverwaltung kann einen Amts- (5) Die Jugendschöffen werden in besondere
richter zum Jugendrichter für den Bezirk mehrerer für Männer und Frauen getrennt zu führende
Amtsgerichte bestellen (Bezirksjugendrichter). Sie Schöffenlisten aufgenommen.
kann auch bei einem Amtsgericht ein gemeinsames
Jugendschöffengericht für den Bezirk mehrerer § 36
Amtsgerichte einrichten.
Jugendstaatsanwalt
Für Verfahren, die zur Zuständigkeit der Jugend-
§ 34
gerichte gehören, werden Jugendstaatsanwälte
Aufgaben des Jugendrichters bestellt.
(1) Dem Jugendrichter liegen alle Aufgaben ob, § 37
die ein Amtsrichter im Strafverfahren hat. Auswahl der Jugendrichter
und Jugendstaatsanwälte
(2) Der Jugendrichter soll nach Möglichkeit zu-
gleich auch Vormundschaftsrichter sein. Ist dies nicht Die Richter bei den Jugendgerichten und die
durchführbar, so sollen ihm für die Minderjährigen Jugendstaatsanwälte sollen erzieherisch befähigt
über vierzehn Jahren die vormundschaftsrichterlichen und in der Jugenderziehung erfahren sein.
Erziehungsaufgaben übertragen werden. Aus beson-
deren Gründen, namentlich wenn der Jugendrichter § 38
für den Bezirk mehrerer Amtsgerichte bestellt ist, Jugendgerichtshilfe
kann hiervon abgewichen werden.
(1) Die Jugendgerichtshilfe wird von den Jugend-
(3) Vormundschaftsrichterliche Erziehungsaufga- ämtern im Zusammenwirken mit den Vereinigungen
ben sind für Jugendhilfe ausgeübt.
1. die Unterstützung der Eltern, des Vor- (2) Die Vertreter der Jugendgerichtshilfe bringen
mundes und des Pflegers durch Anwendung die erzieherischen, sozialen und fürsorgerischen Ge-
geeigneter Zuchtmittel (§ 1631 Abs. 2 Satz 2, sichtspunkte im Verfahren vor den Jugendgerichten
§§ 1686, 1800, 1915 des Bürgerlichen Gesetz- zur Geltung. Sie unterstützen zu diesem Zweck die
buchs), beteiligten Behörden durch Erforschung der Persön-
lichkeit, der Entwicklung und der Umwelt des Be-
2. die Maßnahmen zur Abwendung einer Ge-
schuldigten und äußern sich zu den Maßnahmen,
fährdung des Minderjährigen (§§ 1666, 1838,
die zu ergreifen sind. Soweit nicht ein Bewährungs-
1915 des Bürgerlichen Gesetzbuchs),
helfer dazu berufen ist, wachen sie darüber, daß der
3. die Entscheidungen, die die Schutzaufsicht Jugendliche Weisungen und besonderen Pflichten
und die Fursorgeerziehung betreffen. nachkommt. Erhebliche Zuwiderhandlungen teilen
756 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
sie dem Richter mit. Während der Bewährungszeit 2. die sie nach Vorlage durch das Jugend-
arbeiten sie eng mit dem Bewährungshelfer zusam- schöffengericht wegen ihres besonderen
men. Sie übernehmen und überwachen die Schutz- Umfangs übernimmt (§ 40 Abs. 2).
aufsicht. Während des Vollzugs bleiben sie mit dem (2) Die Jugendkammer ist außerdem zuständig für
Jugendlichen in Verbindung und nehmen sich seiner die Verhandlung und Entscheidung über das Rechts-
Wiedereingliederung in die Gemeinschaft an. mittel der Berufung gegen die Urteile des Jugend-
(3) Im gesamten Verfahren gegen einen Jugend- richters und des Jugendschöffengerichts. Sie trifft
lichen ist die Jugendgerichtshilfe heranzuziehen. auch die in § 73 Abs. 1 des Gerichtsverfassungs-
Dies soll so früh wie möglich geschehen. Bei Uber- gesetzes bezeichneten Entscheidungen.
tretungen kann von der Heranziehung der Jugend-
gerichtshilfe abgesehen werden, wenn ihre Mitwir- § 42
kung für die sachgemäße Durchführung des Verfah-
rens entbehrlich ist. Vor der Erteilung von Wei- örtliche Zuständigkeit
sungen (§ 10) sind die Vertreter der Jugendgerichts- (1) Neben dem Richter, der nach dem allgemeinen
hilfe stets zu hören. Verfahrensrecht zuständig ist, sind zuständig
1. der Richter, d<:!m die vormundschaftsrichter-
lichen Erziehungsaufgaben für den Beschul-
ZWEITER ABSCHNITT
digten obliegen,
Zuständigkeit 2. der Richter, in dessen Bezirk sich der auf
§ 39
freiem Fuß befindliche Beschuldigte zur Zeit
der Erhebung der Anklage aufhält,
Sachliche Zuständigkeit des Jugendrichters 3. solange der Beschuldigte eine Jugendstrafe
(1) Der Jugendrichter ist zuständig für Verfeh- noch nicht vollständig verbüßt hat, der
lungen Jugendlicher, wenn nur Erziehungsmaß- Richter, dem die Aufgaben des Vollstrek-
regeln, Zuchtmittel oder nach diesem Gesetz zu- kungsleiters obliegen.
lässige Nebenstrafen und Nebenfolgen zu erwarten (2) Der Staatsanwalt soll die Anklage nach Mög-
sind und der Staatsanwalt Anklage beim Einzel- lichkeit vor dem Ricbter erheben, dem die vor-
richter erhebt. mundschaftsrichterlichen Erziehungsaufgaben ob-
(2) Der Jugendrichter darf auf Jugendstrafe von liegen, solange aber der Beschuldigte eine Jugend-
mehr als einem Jahr oder von unbestimmter Dauer strafe noch nicht vollständig verbüßt hat, vor dem
nicht erkennen. Richter, dem die Aufgaben des Vollstreckungsleiters
§ 40 obliegen.
Sachliche Zuständigkeit (3) Wechselt der Angeklagte seinen Aufenthalt, so
des Jugendschöffengerichts kann der Richter das Verfahren mit Zustimmung des
Staatsanwalts an den Richter abgeben, in dessen
(1) Das Jugendschöffengericht ist zuständig für Bezirk sich der Angeklagte aufhält. Hat der Richter,
alle Verfehlungen, die nicht zur Zuständigkeit eines an den das Verfahren abgegeben worden ist, gegen
anderen Jugendgerichts gehören. die Dbernahme Bedenken, so entscheidet das ge-
(2) Das Jugendschöffengericht kann bis zur Eröff- meinschaftliche obere Gericht.
nung des Hauptverfahrens von Amts wegen die
Entscheidung der Jugendkammer darüber herbei-
führen, ob sie eine Sache wegen ihres besonderen DRITTER ABSCHNITT
Umfangs übernehmen will. Jugendstrafverfahren
(3) Vor Erlaß des Ubernahmebeschlusses fordert
Erster Unterabschnitt
der Vorsitzende der Jugendkammer den Angeschul-
digten auf, sich innerhalb einer zu bestimmenden Das Von·erf ahren
Frist zu erklären, ob er die Vornahme einzelner
§ 43
Beweiserhebungen vor der Hauptverhandlung oder
eine Voruntersuchung (§ 178 der Strafprozeßord- Umfang der Ermittlungen
nung) beantragen will. (1) Nach Einleitung des Verfahrens sollen so bald
(4) Der Beschluß, durch den die Jugendkammer wie möglich die Lebens- und Familienverhältnisse,
die Sache übernimmt oder die Dbernahme ablehnt, der Werdegang, das bisherige Verhalten des Be-
ist nicht anfechtbar. Der Ubernahmebeschluß ist mit schuldigten und alle übrigen Umstände ermittelt
dem Eröffnungsbeschluß zu verbinden. werden, die zur Beurteilung seiner seelischen,
geistigen und charakterlichen Eigenart dienen kön-
§ 41 nen. Der Erziehungsberechtigte und der gesetzliche
Vertreter, die Schule und der Lehrherr oder der
Sachliche Zuständigkeit der Jugendkammer
sonstige Leiter der Berufsausbildung sollen, soweit
(1) Die Jugendkammer ist als erkennendes Gericht möglich, gehört werden. Die Anhörung des Lehr-
des ersten Rechtszuges zuständig in Sachen, herrn oder Ausbildungsleiters unterbleibt, wenn der
1. die nach den allgemeinen Vorschriften zur Jugendliche davon unerwünschte Nachteile, nament-
Zuständigkeit des Schwurgerichts gehören lich den Verlust seines Arbeitsplatzes, zu besorgen
und hätte. § 38 Abs. 3 ist zu beachten.
Nr. 44 -Tag der Ausgabe: Bonn, den 6. August 1953 757
(2) Bei Fürsorgezöglingen erhält die Fürsorge- in der Hauptverhandlung ergehen. Er wird mit
erziehungsbehörde Gelegenheit zur Äußerung. Gründen versehen und ist nicht anfechtbar. Die
(3) Soweit erforderlich, ist eine Untersuchung des Gründe werden dem Angeklagten nicht mitgeteilt,
Beschuldigten, namentlich zur Feststellung seines soweit davon Nachteile für die Erziehung zu be-
Entwicklungsstandes oder anderer für das Verfahren fürchten sind.
wesentlicher Eigenschaften herbeizuführen. Nach (3) ·wegen derselben Tat kann nur auf Grund
Möglichkeit soll ein zur kriminalbiologischen Unter- neuer Tatsachen oder Beweismittel von neuem An-
suchung von Jugendlichen befähigter Sachverstän- klage erhoben werden.
diger mit der Durchführung der Anordnung beauf-
tragt werden. § 48
§ 44 Nichtöffentlichkeit
Vernehmung des Beschuldigten (1) Die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht
Ist Jugendstrafe zu erwarten, so soll der Staats- einschließlich der Verkündung der Entscheidungen
anwalt oder der Vorsitzende des Jugendgerichts den ist nicht öffentlich.
Beschuldigten vernehmen, ehe die Anklage erhoben (2) Neben den am Verfahren Beteiligten ist dem
wird. Verletzten, den Beamten der Kriminalpolizei und,
§ 45 falls der Angeklagte unter Schutz- oder Bewährungs-
Absehen von der Verfolgung aufsicht steht, dem Helfer die Anwesenheit gestattet.
Andere Personen kann der Vorsitzende aus beson-
(1) Hält der Staatsanwalt eine Ahndung durch deren Gründer1, namentlich zu Ausbildungszwecken,
Urteil für entbehrlich, so kann er bei dem Jugend- zulassen.
richter anregen, dem geständigen Beschuldigten eine
Arbeitsauflage zu machen, ihm besondere Pflichten (3) Sind in dem Verfahren auch Heranwachsende
aufzuerlegen, die Teilnahme an einem polizeilichen oder Erwachsene angeklagt, so ist die Verhandlung
Verkehrsunterricht anzuordnen oder eine Ermah- öffentlich. Die Dffentlichkeit kann ausgeschlossen
nung auszusprechen. § 11 Abs. 2 und § 15 Abs. 3 werden, wenn dies im Interesse der Erziehung
sind nicht anzuwenden. Entspricht der Jugendrichter jugendlicher Angeklagter geboten ist.
der Anregung, so hat der Staatsanwalt von der Ver-
folgung abzusehen. § 49
Vereidigung von Zeugen und Sachverständigen
(2) Der Staatsanwalt kann ohne Zustimmung des
Richters von der Verfolgung absehen, wenn (1) Im Verfahren vor dem Jugendrichter werden
1. eine erzieherische Maßnahme, die eine Zeugen nur vereidigt, wenn es der Richter wegen
Ahndung durch den Richter entbehrlich der ausschlaggebenden Bedeutung der Aussage oder
macht, bereits angeordnet ist oder zur Herbeiführung einer wahren Aussage für not-
wendig hält. Von der Vereidigung von Sachverstän-
2. die Voraussetzungen des § 153 der Straf-
digen kann der Jugendrichter in jedem Falle ab-
prozeßordnung vorliegen.
sehen.
§ 46 (2) Sind in dem Verfahren auch Heranwachsende
Wesentliches Ergebnis der Ermittlungen oder Erwachsene angeklagt, so ist Absatz 1 nicht
anzuwenden.
Der Staatsanwalt soll das wesentliche Ergebnis § 50
der Ermittlungen in der Anklageschrift (§ 200 Abs. 2
der Strafprozeßordnung) so darstellen, daß die Anwesenheit in der Hauptverhandlung
Kenntnisnahme durch den Beschuldigten möglichst (1) Die Hauptverhandlung kann nur dann ohne
keine Nachteile für seine Erziehung verursacht. den Angeklagten stattfinden, wenn dies im all-
gemeinen Verfahren zulässig wäre, besondere
Zweii:er Unterabschnitt Gründe dafür vorliegen und der Staatsanwalt zu-
Das Hauptverfahren stimmt.
(2) Der Vorsitzende soll auch die Ladung des Er-
§ 47
ziehungsberechtigten und des gesetzlichen Vertre-
Einstellung des Verfahrens durch den Richter ters anordnen. Die Vorschriften über die Ladung,
(1) Ist die Anklage eingereicht, so kann der Richter die Folgen des Ausbleibens und die Gebühren von
das Verfahren einstellen, wenn Zeugen gelten entsprechend.
1. er eine Ahndung für entbehrlich hält und (3) Dem Vertreter der Jugendgerichtshilfe sind
gegen den geständigen Angeklagten eine Ort und Zeit der Hauptverhandlung mitzuteilen. Er
in § 45 Abs. 1 bezeichnete Maßnahme an- erhält auf Verlangen das Wort.
ordnet,
§ 51
2, di(; V craussetzungen des § 45 Abs. 2 vor-
liegen oder Zeitweilige Ausschließung von Beteiligten
3. der Angeklagte mangels Reife strafrechtlich (1) Der Vorsitzende soll den Angeklagten für die
nicht verantwortlich ist. Dauer solcher Erörterungen von der Verhandlung
(2) Die Einstellung bedarf der Zustimmung des ausschließen, aus denen Nachteile für die Erziehung
Staatsanwalts. Der Einstellungsbeschluß kann auch entstehen können. Er hat ihn von dem, was in seiner
758 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
Abwesenheit verhandelt worden ist, zu unterrichten, Auswahl und Anordnung von Erziehungsmaßregeln
soweit es für seine Verteidigung erforderlich ist. dem Vormundschaftsrichter überlassen sind, kann
(2) Der Vorsitzende soll auch Angehörige, den nicht wegen des Umfangs der Maßnahmen und nicht
Erziehungsberechtigten und den gesetzlichen Ver- deshalb angefochten werden, weil andere oder
treter des Angeklagten von der Verhandlung aus- weitere Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel
schließen, soweit gegen ihre Anwesenheit Bedenken hätten angeordnet we~den sollen oder weil die Aus-
bestehen. wahl und Anordnung der Erziehungsmaßregeln dem
Vormundschaftsrichter überlassen worden sind.
§ 52
Diese Vorschrift gilt nicht, wenn die Entscheidung
Berücksichtigung von Untersuchungshaft Fürsorgeerziehung angeordnet hat.
bei Jugendarrest und Jugendstrafe (2) Wer eine zulässige Berufung eingelegt hat,
(1) Wird auf Jugendarrest erkannt und ist dessen kann gegen das Berufungsurteil nicht mehr Revision
Zweck durch Untersuchungshaft oder eine andere einlegen. Hat der Angeklagte, der Erziehungs-
wegen der Tat erlittene Freiheitsentziehung ganz berechtigte oder der gesetzliche Vertreter eine zu-
oder teilweise erreicht, so kann der Richter im Urteil lässige Berufung eingelegt, so steht gegen das Be-
aussprechen, daß oder wieweit der Jugendarrest rufungsurteil keinem von ihnen das Rechtsmittel der
nicht vollstreckt wird. Revision zu.
(2) Der Richter soll erlittene Untersuchungshaft § 56
auf Jugendstrafe nur anrechnen, soweit sich ihr Teilvollstreckung einer Einheitsstrafe
Vollzug erzieherisch günstig ausgewirkt hat oder die
(1) Ist ein Angeklagter wegen mehrerer Straftaten
Versagung der Anrechnung auch bei Berücksichti-
zu einer Einheitsstrafe verurteilt worden, so kann
gung der Erziehungsaufgabe des Strafvollzugs eine
unbillige Härte wäre. das Rechtsmittelgericht vor der Hauptverhandlung
das Urteil für einen Teil der Strafe als vollstreckbar
(3) Wird auf Jugendstrafe von unbestimmter erklären, wenn die Schuldfeststellungen bei einer
Dauer Untersuchungshaft angerechnet, so hat der oder bei mehreren Straftaten nicht beanstandet
Richter zugleich zu bestimmen, wieweit sich die worden sind. Die Anordnung ist nur zulässig, wenn
Anrechnung auf das Mindest- und das Höchstmaß sie dem wohlverstandenen Interesse des Angeklag-
der Strafe auswirkt. Dabei ist mindestens ein Viertel ten entspricht. Der Teil der Strafe darf nicht über
der Untersuchungshaft auf das Mindestmaß anzu- die Strafe hinausgehen, die einer Verurteilung
rechnen. wegen der Straftaten entspricht, bei denen die
§ 53 Schuldfeststellungen nicht beanstandet worden sind.
Uberweisung an den Vormundschaftsrichter (2) Gegen den Beschluß ist sofortige Beschwerde
Der Richter kann dem Vormundschaftsrichter im zulässig.
Urteil die Auswahl und Anordnung von Erziehungs-
maßregeln überlassen, wenn er nicht auf Jugend- Vierter Unterabschnitt
strafe erkennt. Der Vormundschaftsrichter muß dann Verfahren
eine Erziehungsmaßregel anordnen, soweit sich nicht bei Aussetzung der Jugendstrafe
die Umstände, die für das Urteil maßgebend waren, zur Bewährung
verändert haben.
§ 57
§ 54
Entscheidung über die Aussetz1;1ng
Urteilsgründe
(1) Die Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewäh-
(1) Wird der Angeklagte schuldig gesprochen, so
rung wird im Urteil oder, solange der Strafvollzug
wird in den Urteilsgründen auch ausgeführt, welche
noch nicht begonnen hat, nachträglich durch Beschluß
Umstände für seine Bestrafung, für die angeordneten
angeordnet. Für den nachträglichen Beschluß ist der
Maßnahmen, für die Uberlassung ihrer Auswahl und
Richter zuständig, der in der Sache im ersten Rechts-
Anordnung an den Vormundschaftsrichter oder für
zuge erkannt hat; der Staatsanwalt und der Jugend-
das Absehen von Zuchtmitteln und Strafe bestim-
liche sind zu hören.
mend waren. Dabei soll namentlich die seelische,
geistige und körperliche Eigenart des Angeklagten (2) Hat der Richter die Aussetzung im Urteil ab-
berücksichtigt werden. gelehnt, so ist ihre nachträgliche Anordnung nur
zulässig, wenn seit Erlaß des Urteils Umstände her-
(2) Die Urteilsgründe werden dem Angeklagten
nicht mitgeteilt, soweit davon Nachteile für die Er- vorgetreten sind, die allein oder in Verbindung mit
ziehung zu befürchten sind. den bereits bekannten Umständen eine Aussetzung
der Jugendstrafe zur Bewährung rechtfertigen.
Dritter Unterabschnitt (3) § 260 Abs. 4 Satz 2, § 263 Abs. 4 und § 267
Abs. 3 Satz 3 der Strafprozeßordnung gelten ent-
Rechtsmittel verfahren sprechend.
§ 55 § 58
Anfechtung von Entscheidungen Weitere Entscb,eidungen
(l) Eine Entscheidung, in der lediglich Erziehungs- (1) Entscheidungen, die infolge der Aussetzung
maßregeln oder Zuchtmittel angeordnet oder die erforderlich werden (§§ 22, 23, 26), trifft der Richter
Nr. 44 -- Tag der Ausgabe: Bonn, den 6. August 1953 759
durch Beschluß. Der Staatsanwalt, der Jugendliche § 61
und der Bewährungshelfer sind zu hören. Der Haftbefehl
Beschluß ist zu begründen.
(1) Kommt ein Widerruf der Aussetzung in Be-
(2) Zuständig ist der Richter, der die Aussetzung tracht, so kann der Richter, um sich der Person des
angeordnet hat. Er kann die Entscheidungen ganz Jugendlichen zu versichern, vorläufige Maßnahmen
oder teilweise dem Jugendrichter übertragen, in treffen, notfalls einen Haftbefehl erlassen.
dessen Bezirk sich der Jugendliche aufhält. § 42 (2) Die auf Grund eines Haftbefehls nach Absatz 1
Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend. erlittene Haft wird auf die zu vollstreckende Jugend-
strafe angerechnet. §§ 114 bis 114 c und § 115 Satz 1
§ 59 der Strafprozeßordnung gelten sinngemäß.
Anfechtung Fünfter Unterabschnitt
(1) Gegen eine Entscheidung, durch die die Aus- Verfahren
setzung der Jugendstrafe angeordnet oder abgelehnt bei Aussetzung der Verhängung
wird, ist, wenn sie für sich allein angefochten wird, der Jugendstrafe
sofortige Beschwerde zulässig. Das gleiche gilt,
wenn ein Urteil nur deshalb angefochten wird, weil § 62
die Strafe nicht ausgesetzt worden ist. Entscheidungen
(2) Gegen eine Entscheidung über die Dauer der (1) Entscheidungen nach den §§ 27 und 30 ergehen
Bewährungszeit (§ 22) oder über Bewährungsauf- auf Grund einer Hauptverhandlung durch Urteil. Für
lagen (§ 23) ist Beschwerde zulässig. Sie kann nur die Entscheidung über die Aussetzung der Verhän-
darauf gestützt werden, daß die Bewährungszeit gung der Jugendstrafe gelten § 263 Abs. 4 und § 267
nachträglich verlängert worden oder eine getroffene Abs. 3 Satz 3 der Strafprozeßordnung sinngemäß.
Anordnung gesetzwidrig ist. (2) Mit Zustimmung des Staatsanwalts kann die
Tilgung des Schuldspruchs nach Ablauf der Bewäh-
(3) Gegen den Widerruf der Aussetzung der rungszeit auch ohne Hauptverhandlung durch Be-
Jugendstrafe (§ 26 Abs. 2) ist sofortige Beschwerde schluß angeordnet werden.
zulässig.
(3) Ergibt eine während der Bewährungszeit durch-
(4) Der Beschluß über den Straferlaß (§ 26 Abs. 1) geführte Hauptverhandlung nicht, daß eine Jugend-
ist nicht anfechtbar. strafe erforderlich ist (§ 30 Abs. 1), so ergeht der
Beschluß, daß die Entscheidung über die Verhängung
(5) Wird gegen ein Urteil eine zulässige Revision der Strafe ausgesetzt bleibt.
und gegen eine Entscheidung, die sich auf eine in
dem Urteil angeordnete Aussetzung der Jugend- (4) Für die übrigen Entscheidungen, die infolge
strafe zur Bewährung bezieht, Beschwerde eingelegt, einer Aussetzung der Verhängung der Jugendstrafe
so ist das Revisionsgericht auch zur Entscheidung erforderlich werden, gilt § 58 Abs. 1 und Abs. 2
über die Beschwerde zuständig. Satz 1 sinngemäß.
§ 63
Anfechtung
§ 60
(1) Ein Beschluß, durch den der Schuldspruch nach
Bewährungsplan Ablauf der Bewährungszeit getilgt wird (§ 62 Abs. 2)
· (1) Rechtskräftig angeordnete Bewährungsauf- oder die Entscheidung über die Verhängung der
lagen stellt der Vorsitzende in einem Bewährungs- Jugendstrafe ausgesetzt bleibt (§ 62 Abs. 3), ist nicht
plan zusammen. Er händigt ihn dem Jugendlichen anfechtbar.
aus und belehrt ihn zugleich über die Bedeutung (2) Im übrigen gilt § 59 Abs. 2 und Abs. 5 sinn-
tler Aussetzung, die Bewährungszeit und die Bewäh- gemäß.
rungsauflagen sowie darüber, daß er den Widerruf § 64
der Aussetzung zu erwarten habe, wenn er das in Bewährungsplan
ihn gesetzte Vertrauen nicht rechtfertige, insbeson- § 60 gilt sinngemäß. Der Jugendliche ist über die
dere den Bewährungsauflagen zuwiderhandle. Zu- Bedeutung der Aussetzung, die Bewährungszeit und
gleich ist ihm aufzugeben, jeden Wechsel seines die Bewährungsauflagen sowie darüber zu belehren,
Aufenthaltes oder Arbeitsplatzes während der Be- daß er die Festsetzung einer Jugends.trafe zu er-
währungszeit anzuzeigen. Auch bei nachträglichen warten habe, wenn er sich während der Bewährungs-
Änderungen des Bewährungsplans ist der Jugend- zeit schlecht führe.
liche über den wesentlichen Inhalt zu belehren.
Sechster Unterabschnitt
(2) Der Name des Bewährungshelfers wird in den
Bewährungsplan eingetragen. Ergänzende Entscheidungen
§ 65
(3) Der Jugendliche soll durch seine Unterschrift
bestätigen, daß er den Bewährungsplan gelesen hat, Nachträgliche Entscheidungen
und versprechen, daß er den Bewährungsauflagen über Weisungen und Pflichten
nachkommen will. Auch der Erziehungsberechtigte (1) Nachträgliche Entscbeidui::~cn, die sich auf
und der gesetzliche Vertreter sollen den Bewäh- Weisungen (§ 11) oder besondere Pflichten (§ 15
rungsplan unterzeichnen. Abs. 3) beziehen, trifft der Richter des ersten Rechts-
760 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
zuges nach Anhören des Staatsanwalts und des wegen einer Beteiligung verurteilt sind. Liegen die
Jugendlichen durch Beschluß. Er kann das Verfahren Voraussetzungen des Satzes 1 bei dem Erziehungs-
an den Jugendrichter abgeben, in dessen Bezirk sich berechtigten oder dem gesetzlichen Vertreter vor,
der Jugendliche aufhält, wenn dieser seinen Aufent- so kann der Richter die Entziehung gegen beide aus-
halt gewechselt hat. § 42 Abs. 3 Satz 2 gilt ent- sprechen, wenn ein Mißbrauch der Rechte zu be-
sprechend. fürchten ist. Stehen dem Erziehungsberechtigten
und dem gesetzlichen Vertreter ihre Rechte nicht
(2) Hat der Richter die Änderung von Weisungen
mehr zu, so bestellt der Vormundschaftsrichter einen
abgelehnt, so ist der Beschluß nicht anfechtbar. Hat
Pfleger zur Wahrnehmung der Interessen des Be-
er Jugendarrest verhängt, so ist gegen den Beschluß
schuldigten im anhängigen Strafverfahren. Die
sofortige Beschwerde zulässig. Diese hat aufschie-
Hauptverhandlung wird bis zur Bestellung des
bende Wirkung.
Pflegers ausgesetzt.
§ 66 (5) Sind mehrere erziehungsberechtigt, so kann
Ergänzung rechtskräftiger Entscheidungen jeder von ihnen die in diesem Gesetz bestimmten
bei mehrfach er Verurteilung Rechte des Erziehungsberechtigten ausüben. In der
Hauptverhandlung oder in einer sonstigen Verhand-
(1) Ist die einheitliche Festsetzung von Maß- lung vor dem Richter wird der abwesende Er-
nahmer. oder Jugendstrafe (§ 31) unterblieben und ziehungsberechtigte als durch den anwesenden ver-
sind die durch die rechtskräftigen Entscheidungen treten angesehen. Sind Mitteilungen oder Ladungen
erkannten Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel und vorgeschrieben, so genügt es, wenn sie an einen
Strafen noch nicht vollständig ausgeführt, verbüßt Erziehungsberechtigten gerichtet werd.en.
oder sonst erledigt, so trifft der Richter eine solche
Entscheidung nachträglich. Dies gilt nicht, soweit
der Richter nach § 31 Abs. 3 von der Einbeziehung § 68
rechtskräftig abgeurteilter Straftaten abgesehen
hatte. Notwendige Verteidigung
(2) Die Entscheidung ergeht auf Grund einer Der Vorsitzende bestellt dem Beschuldigten einen
Hauptverhandlung durch Urteil, wenn der Staats- Verteidiger, wenn
anwalt es beantragt oder der Vorsitzende es für 1. die Hauptverhandlune, im ersten Rechtszuge vor
angemessen hält. Wird keine Hauptverhandlung der Jugendkammer stattfindet,
durchgeführt, so entscheidet der Richter durch Be- 2. einem Erwachsenen ein Verteidiger zu bestellen
schlu.e. Für die Zuständigkeit und das Beschluß-
wäre,
verfahren gilt dasselbe wie für die nachträgliche
Bildung einer Gesamtstrafe nach den allgemeinen 3. dem Erziehungsberechtigten und dem gesetz-
Vorschriften. Ist eine Jugendstrafe teilweise ver- lichen Vertreter ihre Rechte nach diesem Gesetz
büßt, so is·t der Richter zuständig, dem die Aufgaben entzogen sind oder
des Vollstreckungsleiters obliegen. 4. zur Vorbereitung eines Gutachtens über den
Entwicklungsstand des Beschuldigten (§ 73)
seine Unterbringung in einer Anstalt in Frage
Siebenter Unterabschnitt kommt.
Gemeinsame Verfahrensvorschriften § 69
§ 67 Beistand
Stellung des Erziehungsberechtigten (1) Der Vorsitzende kann dem Beschuldigten in
und des gesetzlichen Vertreters jeder Lage des Verfahrens einen Beistand bestellen,
(1) Soweit der Beschuldigte ein Recht darauf hat, wenn kein Fall der notwendigen Verteidigung vor-
gehört zu werden, Fragen und Anträge zu stellen liegt.
oder bei Untersuchungshandlungen anwesend zu (2) Der Erziehungsberechtigte und der gesetzliche
sein, steht dieses Recht auch dem Erziehungsberech- Vertreter dürfen nicht zum Beistand bestellt werden,
tigten und dem gesetzlichen Vertreter zu. wenn hierdurch ein Nachteil für die Erziehung zu
(2) Ist eine Mitteilung an den Beschuldigten vor- erwarten wäre.
geschrieben, so soll die entsprechende Mitteilung
(3) Dem Beistand kann Akteneinsicht gewährt
an den Erziehungsberechtigten und den gesetzlichen
werden. Im übrigen hat er in der Hauptverhandlung
Vertreter gerichtet werden.
die Rechte eines Verteidigers.
(3) Die Rechte des gesetzlichen Vertreters zur
Wahl eines Verteidigers und zur Einlegung von
§ 70
Rechtsbehelfen stehen auch dem Erziehungsberech-
tigten zu. Mitteilungen
(4) Der Richter kann diese Rechte dem Erziehungs- Vormundschaftsrichter und Jugendgerichtshilfe,
berechtigten und dem gesetzlichen Vertreter ent- in geeigneten Fällen auch die Schule, werden von
ziehen, soweit sie verdächtig sind, an der Verfehlung der Einleitung und dem Ausgang des Verfahrens
des Beschuldigten beteiligt zu sein, oder soweit sie unterrichtet. Sie benachrichtigen den Staatsanwalt,
Nr. 44 -Tag der Ausgabe: Bonn, den 6. August 1953 761
wenn ihnen bekannt wird, daß gegen den Beschul- (3) Die Verwahrung in der Anstalt darf die Dauer
digten noch ein anderes Strafverfahren anhängig ist. von sechs Wochen nicht überschreiten.
§ 71 § 74
Vorläufige Anordnungen über die Erziehung Kosten und Auslagen
(1) Bis zur Rechtskraft des Urteils kann der Richter Im Verfahren gegen einen Jugendlichen kann da-
vorläufige Anordnungen über die Erziehung des von abgesehen werden, dem Angeklagten Kosten
Jugendlichen treffen. Die Anordnung der vor- und Auslagen aufzuerlegen.
läufigen Fürsorgeerziehung ist nicht zulässig.
(2) Ist Jugendstrafe zu erwarten, so kann der Rich- Achter Unterabschnitt
ter auch die einstweilige Unterbringung in einem
geeigneten Erziehungsheim anordnen, wenn dies Jugendr chterliche Verfügung
geboten ist, um einem Mißbrauch der Freiheit zu und vereinfachtes Jugend verfahren
_ neuen Straftaten entgegenzuwirken oder um den § 75
Jugendlieben vor einer weiteren Gefährdung seiner
Entwicklung zu bewahren. Für die einstweilige Jugendridlterlkhe Verfügung
Unterbringung gelten die §§ 114 bis 115 d und 123 (1) Bei Ubertretungen kann der Jugendrichter
bis 126 der Strafprozeßordnung sinngemäß. durch richterliche Verfügung eine Arbeits- oder eine
Geldauflage anordnen oder die Einziehung oder eine
§ 72 Verwarnung aussprechen. Bei einer Verletzung von
Verkehrsvorschriften kann er dem Jugendlichen
Untersuchungshaft auch die Pflicht auferlegen, an einem polizeilichen
(1) Untersuchungshaft darf nur verhängt und voll- Verkehrsunterricht teilzunehmen. Die Heranziehung
streckt werden, wenn ihr Zweck nicht durch eine der Jugendgerichtshilfe ist nicht erforderlich. Jm
vorläufige Anordnung über die Erziehung oder übrigen gilt § 413 Abs. 1 bis 4 der Strafprozeßord-
durch andere Maßnahmen erreicht werden kann. nung sinngemäß.
(2) Uber die Vollstreckung eines Haftbefehls und (2) Der Jugendrichter kann das Verfahren unter
über die Maßnahmen zur Abwendung seiner Voll- den Voraussetzungen des § 45 einstellen. Der Be-
streckung entscheidet der Richter, der den Haftbefehl schluß ist nicht anfechtbar.
erlassen hat, in dringenden Fällen der Jugendrichter, (3) Kommt der Jugendliche einer Auflage schuld-
in dessen Bezirk die Untersuchungshaft vollzogen haft nicht nach, so kann Jugendarrest bis zu vierzehn
werden müßte. Tagen verhängt werden, wenn der Jugendliche über
(3) Unter denselben Voraussetzungen, unter denen C::.ie Folgen schuldhafter Nichterfüllung in der Ver-
ein Haftbefehl erlassen werden kann, kann auch die fügung belehrt worden war. Die Anordnung steht
einstweilige Unterbringung in einem Erziehungs- einer jugendrichterlichen Verfügung gleich.
heim (§ 71 Abs. 2) angeordnet werden. In diesem
Falle kann der Richter den Unterbringungsbefehl § 76
nachträglich durch einen Haftbefehl ersetzen, wenn Voraussetzungen des vereinfadlten
sich dies als notwendig erweist. Jugendverfahrens
(4) Befindet sich ein Jugendlicher in Unter- (1) Der Staatsanwalt kann bei dem Jugendrichter
suchungshaft, so ist das Verfahren mit besonderer schriftlich oder mündlich beantragen, im vereinfach-
Beschleunigung durchzuführen. ten Jugendverfahren zu entscheiden, wenn zu er-
(5) Die richterlichen Entscheidungen, die die warten ist, daß der Jugendrichter ausschließlich
lJntersuchungshaft betreffen, kann der zuständige Weisungen erteilen, die Schutzaufsicht anordnen
Richter aus wichtigen Gründen sämtlich oder zum oder Zuchtmittel verhängen wird. Der Antrag des
Teil einem anderen Jugendrichter übertragen. Staatsanwalts steht der Anklage gleich.
(2) Das vereinfachte Jugendverfahren ist mit Zu-
stimrtrnng des Staatsanwalts auch nach vorangegan-
§ 73
gener jugendrichterlicher Verfügung zulässig, wenn
Unterbringung zur Beobachtung Einspruch eingelegt ist.
(1) Zur Vorbereitung eines Gutachtens über den
Entwicklungsstand des Beschuldigten kann der Rich- § 77
ter nach Anhören eines Sachverständigen und des Ablehnung des Antrages
Verteidigers anordnen, daß der Beschuldigte in eine
(1) Der Jugendrichter lehnt die Entscheidung im
zur kriminalbiologischen Untersuchung Jugend-
vereinfachten Verfahren ab, wenn sich die Sache
licher geeignete Anstalt gebracht und dort beob-
hierzu nicht eignet, namentlich wenn die Anordnung
achtet wird. Im vorbereitenden Verfahren ent-
der Fürsorgeerziehung oder die Verhängung von
scheidet der Richter, der für die Eröffnung des
Jugendstrafe wahrscheinlich oder eine umfangreiche
Hauptverfahrens zuständig wäre.
Beweisaufnahme erforderlich ist. Der Beschluß kann
(2) Gegen den Beschluß ist sofortige Beschwerde bis zur Verkündung des Urteils ergehen. Er ist nicht
zulässig. Sie hat aufschiebende Wirkung. anfechtbar.
762 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
(2) Lehnt der Jugendrichter die Entscheidung im DRITTES HAUPTSTUCK
vereinfachten Verfahren ab, so reicht der Staats-
anwalt eine Anklageschrift ein.
Vollstreckung und Vollzug
ERSTER ABSCHNITT
§ 78 Vollstreckung
Verfahren und Entscheidung
Erster Unterabschnitt
(1) Der Jugendrichter entscheidet im vereinfach- Verfassung
ten Jugendverfahren auf Grund einer mündlichen der Vollstreckung und Zuständigkeit
Verhandlung durch Urteil. Er darf auf Fürsorge-
erziehung oder Jugendstrafe nicht erkennen. § 82
(2} Der Staatsanwalt ist nicht verpflichtet, an der Vollstreckungsleiter
Verhandlung teilzunehmen. Nimmt er nicht teil, so (1) Vollstreckungsleiter ist der Jugendrichter.
bedarf es seiner Zustimmung zu einer Einstellung
des Verfahrens in der Verhandlung oder zur Durch- (2) Soweit Schutzaufsicht oder Fürsorgeerziehung
führung der Verhandlung in Abwesenheit des An- angeordnet ist, richtet sich die weitere Zuständigkeit
geklagten nicht. · nach den Vorschriften über Jugendwohlfahrt.
(3} Zur Vereinfachung, Beschleunigung und jugend-
gemäßen Gestaltung des Verfahrens darf von Ver- § 83
fahrensvorschriften abgewichen werden, soweit da-
Entscheidungen im Vollstreckungsverfahren
durch die Erforschung der Wahrheit nicht beein-
trächtigt wird. Die Vorschriften über die Anwesen- Die Entscheidungen des Vollstreckungsleiters nach
heit des Angeklagten (§ 50), die Stellung des Erzie- den §§ 86 bis 89 sind jugendrichterliche Entscheidun-
hungsberechtigten und des gesetzlichen Vertreters gen. Sie können, soweit nichts anderes bestimmt ist,
(§ 67) und die Mitteilung von Entscheidungen (§ 70) mit sofortiger Beschwerde angefochten werden. Die
müssen beachtet werden. §§ 67 bis 69 gelten sinngemäß.
§ 84
Neunter Unterabschnitt
Ortliche Zuständigkeit
Ausschluß von Vorschriften
des all gern einen Ve rf 1ahrensrech ts (1) Der Jugendrichter leitet die Vollstreckung in
allen Verfahren ein, in denen er selbst oder unter
§ 79 seinem Vorsitz das Jugendschöffengericht im ersten
Strafbefehl und beschleunigtes Verfahren Rechtszuge erkannt hat.
(1) Gegen einen Jugendlichen darf kein Straf- (2) Soweit, abgesehen von den Fällen des Ab-
befehl erlassen werden. satzes 1, die Entscheidung eines anderen Richters zu
vollstrecken ist, steht die Einleitung der Vollstrek-
(2) Das beschleunigte Verfahren des allgemeinen kung dem Jugendrichter des Amtsgerichts zu, dem
Verfahrensrechts ist unzulässig. die vormundschaftsrichterlichen Erziehungsaufgaben
obliegen.
§ 80
(3) In den Fällen der Absätze 1 und 2 führt der
Privatklage und Nebenklage Jugendrichter die Vollstreckung durch, soweit § 85
(1) Gegen einen Jugendlichen kann Privatklage nichts anderes bestimmt.
nicht erhoben werden. Eine Verfehlung, die nach den
allgemeinen Vorschriften durch Privatklage verfolgt § 85
werden kann, verfolgt der Staatsanwalt auch dann,
wenn Gründe der Erziehung oder ein berechtigtes Abgabe und Obergang der Vollstreckung
Interesse des Verletzten, das dem Erziehungszweck (1) Ist Jugendarrest zu vollstrecken, so gibt der
nicht entgegensteht, es erfordern. zunächst zuständige Jugendrichter die Vollstreckung
(2) Gegen einen jugendlichen Privatkläger ist an den Jugendrichter ab, der nach § 90 Abs. 2 Satz 2
Widerklage zulässig. Auf Jugendstrafe darf nicht als Vollzugsleiter zuständig ist.
erkannt werden. (2) Ist Jugendstrafe zu vollstrecken, so geht nach
(3) Nebenklage ist unzulässig. Dies gilt auch, der Aufnahme des Verurteilten in die Jugendstraf-
wenn eine staatliche Behörde die Rechte eines anstalt die Vollstreckung auf den Jugendrichter
Nebenklägers hat. eines in deren Nähe gelegenen Amtsgerichts über,
den die Landesjustizverwaltung hierfür allgemein
§ 81 bestimmt hat.
Entschädigung des Verletzten
(3) Aus wichtigen Gründen kann der Vollstrek-
Die Vorschriften der Strafprozeßordnung über die kungsleiter die Vollstreckung widerruflich an einen
Entschädigung des Verletzten werden im Verfahren sonst nicht oder nicht mehr zuständigen Jugend-
gegen einen Jugendlichen nicht angewendet. richter abgeben.
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Zweiter Unterabschnitt die Anfechtung von Entscheidungen sind § 58, § 59
Abs. 2 bis 4 und §§ 60 und 61 entsprechend anzu-
Jugendarrest
wenden.
§ 86
Umwandlung des Freizeitarrestes § 89
Der Vollstreckungsleiter kann Freizeitarrest in Entlassung während der Vollstreckung
Kurzarrest umwandeln, wenn die Voraussetzungen einer Jugendstrafe von unbestimmter Dauer
des § 16 Abs. 3 nachträglich eingetreten sind. (1) Der Vollstreckungsleiter entläßt den zu einer
Jugendstrafe von unbestimmter Dauer Verurteilten
§ 87 zur Bewährung, wenn dieser das Mindestmaß seiner
Strafe verbüßt hat und die Umstände erwarten
Vollstreckung des .Jugendarrestes
lassen, daß er künftig einen rechtschaffenen Lebens-
(1) Die Vollstreckung des Jugendarrestes wird wandel führen wird.
nicht zur Bewährung ausgesetzt.
(2) Die Vorschriften des § 88 Abs. 3 bis 5 gelten
(2) Für die Anrechnung von Untersuchungshaft sinngemäß.
auf Jugendarrest gilt § 450 der Strafprozeßordnung
(3) Zugleich mit der Anordnung der Entlassung
sinngemäß.
wandelt der Vollstreckungsleiter die Jugendstrafe
(3) Ist Jugendarrest teilweise verbüßt, so sieht der von unbestimmter Dauer in der Weise in eine be-
Vollstreckungsleiter von der Vollstreckung des stimmte um, daß für den Fall des Widerrufs der Ent-
Restes ab, wenn dies aus Gründen der Erziehung ge- lassung eine Reststrafe zu vollstrecken ist. Diese be-
boten ist. Vor der Entscheidung hört er nach Mög- trägt mindestens drei Monate und höchstens ein
lichkeit den erkennenden Richter und den Staats- Jahr. Sie darf zusammen mit dem bereits verbüßten
anwalt. Teil der Strafe das Höchstmaß der Jugendstrafe von
(4) Die Vollstreckung des Jugendarrestes ist un- unbestimmter Dauer nicht überschreiten.
zulässig, wenn seit Eintritt der Rechtskraft ein Jahr (4) Wenn es aus besonderen Gründen geboten
verstrichen ist. erscheint, kann der Vollstreckungsleiter die Ent-
lassung auch endgültig anordnen. Dabei wandelt er
die Jugendstrafe von unbestimmter Dauer in der
Dritter Unterabschnitt Weise in eine bestimmte um, daß die Strafe im Zeit-
Jugendstrafe punkt der Entlassung verbüßt ist.
§ 88
ZWEITER ABSCHNITT
Entlassung zur Bewährung
während der Vollstreckung Vollzug
einer bestimmten Jugendstrafe
§ 90
(1) Der Vollstreckungsleiter kann den zu einer
bestimmten Jugendstrafe Verurteilten zur Bewäh- Jugendarrest
rung entlassen, wenn dieser einen Teil der Strafe (1) Der Vollzug des Jugendarrestes soll das Ehr-
verbüßt hat und die Umstände erwarten lassen, daß gefühl des Jugendlichen wecken und ihm eindringlich
er künftig einen rechtschaffenen Lebenswandel füh- zum Bewußtsein bringen, daß er für das von ihm
ren wird. begangene Unrecht einzustehen hat.
(2) Vor Verbüßung von sechs Monaten darf die (2) Der Jugendarrest wird in Jugendarrestanstal-
Entlassung zur Bewährung nur ausnahmsweise aus ten oder Freizeitarresträumen der Landesjustizver-
besonders wichtigen Gründen angeordnet werden. waltung vollzogen. Vollzugsleiter ist der Jugend-
Sie ist bei einer Jugendstrafe von mehr als einem richter am Ort des Vollzugs. An Fürsorgezöglingen,
Jahr nur zulässig, wenn der Verurteilte mindestens die sich in Heimerziehung befinden, kann der Voll-
ein Drittel der Strafe verbüßt hat. streckungsleiter im Einvernehmen mit der Fürsorge-
(3) Der Vollstreckungsleiter entscheidet über die erziehungsbehörde Jugendarrest in der Fürsorge-
Entlassung auf Antrag oder von Amts wegen nach erziehungsanstalt vollziehen lassen.
Anhören des Staatsanwalts und des Vollzugsleiters. (3) Im Freizeitarrest und im Kurzarrest bis zu
Dem Verurteilten ist Gelegenheit zur mündlichen zwei Tagen kann der Jugendliche vereinfachte Kost
Äußerung zu geben. und hartes Lager erhalten.
(4) Wird der Antrag auf Entlassung abgelehnt, so (4) Der Kurzarest von mehr als zwei Tagen und
bestimmt der Vollstreckungsleiter eine Frist von der Dauerarrest können durch strenge Tage ver-
höchstens sechs Monaten, vor deren Ablauf ein neuer schärft werden, an denen der Jugendliche verein-
Antrag nicht gestellt werden darf. fachte Kost und hartes Lager erhält.
(5) Ordnet der Vollstreckungsleiter die Entlassung
zur Bewährung an, so stellt er den Verurteilten unter § 91
Bewährungsaufsicht. Die §§ 22 bis 26 gelten sinn- Aufgabe des Jugendstrafvollzugs
gemäß; an die Stelle des erkennenden Richters tritt (1) Durch den Vollzug der Jugendstrafe soll der
der Vollstreckungsleiter. Auf das Verfahren und Verurteilte dazu erzogen werden, künftig einen
764 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
rechtschaffenen und verantwortungsbewußten Le- die für die Gefängnisstrafe geltenden Vorschriften
benswandel zu führen. der Strafregisterverordnung und des Gesetzes über
(2) Ordnung, Arbeit, Unterricht, Leibesübungen beschränkte Auskunft aus dem Strafr 2gister und die
und sinnvolle Beschäftigung in der freien Zeit sind Tilgung von Strafvermerken angewendet.
die Grundlagen dieser Erziehung. Die beruflichen (2) Die Anordnung von Erziehungsmaßregeln und
Leistungen des Verurteilten sind zu fördern. Lehr- Zuchtmitteln wird dem Strafregister nur mitgeteilt,
werkstätten sind einzurichten. Die seelsorgerische wenn sie mit einer Verurteilung zu Jugendstrafe
Betreuung wird gewährleistet. verbunden ist. Entscheidungen, durch die das Ver-
fahren gegen einen Jugendlichen wegen mangelnder
(3) Um das angestrebte Erziehungsziel zu errei-
Reife eingestellt wird, werde11 dem Strafregister
chen, kann der Vollzug aufgelockert und in geeigne-
nicht mitgeteilt.
ten Fällen weitgehend in freien Formen durchgeführt
werden. (3) Der Tag, an dem Jugendstrafe verbüßt ist,
wird dem Strafregister stets mitgeteilt.
(4) Die Beamten müssen für die Erziehungsaufgabe
des Vollzugs geeignet und ausgebildet sein.
§ 95
§ 92
Beschränkte Auskunft und Tilgung
Jugendstrafanstalten
(1) Für Vermerke über Jugendstrafe beträgt die
(1) Die Jugendstrafe wird in Jugendstrafanstalten Frist, nach deren Ablauf nur noch beschränkt Aus-
vollzogen. kunft aus dem Strafregister erteilt wird,
(2) An einem 'verurteilten, der das achtzehnte 1. drei Jahre, wenn auf höchstens ein Jahr
Lebensjahr vollendet hat und sich nicht für den Jugendstrafe allein oder mit Nebenstrafen
Jugendstrafvollzug eignet, braucht die Strafe nicht erkannt worden ist, mit Ausnahme der
in der Jugendstrafanstalt vollzogen zu werden. Fälle, in denen die Unterbringung in einer
Jugendstrafe, die nicht in der Jugendstrafanstalt Heil- oder Pflegeanstalt angeordnet worden
vollzogen wird, wird wie Gefängnisstrafe vollzogen. ist,
Hat der Verurteilte das vierundzwanzigste Lebens- 2. fünf Jahre in allen übrigen Fällen.
jahr vollendet, so soll Jugendstrafe wie Gefängnis-
Die Frist der Nummer 1 beginnt mit dem im Straf-
strafe vollzogen werden.
register vermerkten Tag der Verurteilung. Die Frist
(3) Uber die Ausnahme vom Jugendstrafvollzug der Nummer 2 beginnt mit dem Tag, an dem die
entscheidet der Vollstreckungsleiter. Strafe verbüßt, verjährt oder erlassen oder eine
Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt
§ 93 erledigt ist. Hat sich nach Ablauf einer Bewährungs-
Untersuchungshaft zeit die Strafe oder die Unterbringung in einer Heil-
oder Pflegeanstalt erledigt, ohne daß die Entlassung
(1) An Jugendlichen wird die Untersuchungshaft zur Bewährung widerrufen worden ist, so wird die
nach Möglichkeit in einer besonderen Anstalt oder Bewährungszeit in die Frist dei· Nummer 2 ein-
wenigstens in einer besonderen Abteilung der Haft- gerechnet.
·anstalt oder, wenn Freiheitsstrafe nicht zu erwarten
ist, in einer Jugendarrestanstalt vollzogen. (2) Die Frist, nach deren Ablauf Vermerke über
Jugendstrafe getilgt werden, beträgt
(2) Der Vollzug der Untersuchungshaft soll erzie-
1. zwei Jahre, wenn auf höchstens ein Jahr
herisch gestaltet werden.
Jugendstrafe allein oder in Verbindung mit
(3) Den Vertretern der Jugendgerichtshilfe und, Nebenstrafen erkannt worden ist, mit Aus-
wenn der Beschuldigte unter Schutz- oder Bewäh- nahme der Fälle, in denen die Unterbringung
rungsaufsicht steht, dem Helfer ist der Verkehr mit in einer Heil- oder Pflegeanstalt angeordnet
dem Beschuldigten in demselben Umfang wie einem worden ist,
Verteidiger gestattet. 2. vier Jahre in allen übrigen Fällen.
Die Frist beginnt mit dem Tag, von dem ab nur noch
VIERTES HAUPTSTUCK beschränkt Auskunft erteilt wird.
Strafregister und Beseitigung
des Strafmakels durch Richterspruch § 96
ERSTER ABSCHNITT Beschränkte Auskunft und Beseitigung
des Strafmakels in besonderen Fällen
Strafregister
(1) Uber Vermerke, die einen Schuldspruch be-
§ 94
treffen, wird nur beschränkt Auskunft erteilt. Wird
Anwendung der Strafregisterverordnung der Schuldspruch getilgt oder Jugendstrafe verhängt
und des Straftilgungsgesetzes (§ 30), so wird der Vermerk über den Schuldspruch
(1) Verurteilungen, durch die Jugendstrafe ver- im Strafregister getilgt.
hängt oder die Schuld des Jugendlichen festgestellt (2) Bei Verurteilungen von nicht mehr als einem
ist, werden im Strafregister vermerkt. Auf die Ver- Jahr Jugendstrafe ordnet der Richter an, daß nur be-
merke werden, soweit nichts anderes bestimmt ist, schränkt Auskunft erteilt wird, wenn Aussetzung
Nr. 44 - Tag der Ausgab 2: Bonn, den 6. August 1953 765
oder Entlassung zur Bewährung bewilligt ist. Wird (3) Gegen den Beschluß ist sofortige Beschwerde
die Vollstreckung der Strafe angeordnet, so beginnt zulässig.
die Frist des § 95 Abs. 1 Nr. 1 mit dem Tage dieser § 100
Anordnung erneut.
Wirkung
(3) Wird die Jugendstrafe oder der Strafrest in
(1) Hat der Jugendrichter den Strafmakel als be-
den Fällen des Absatzes 2 erlassen, so erklärt der
seitigt erklärt, so gilt § 4 Abs. 4 des Gesetzes über
Richter den Strafmakel als beseitigt. Der Beschluß
beschränkte Auskunft aus dem Strafregister und die
wird im Strafregister vermerkt. Die §§ 100 und 101
gelten entsprechend. Tilgung von Strafvermerken sinngemäß.
(2) Der Beschluß, durch den der Strafmakel als
beseitigt erklärt wird, wird in das Strafregister ein-
ZWElTER ABSCHNITT getragen. Uber die Verurteilung wird nur noch dem
Strafrichter und dem Staatsanwalt für eine Strafver-
Beseitigung des Strafmakels folgung auf ausdrückliches Ersuchen Auskunft er-
durch Richterspruch teilt.
§ 97 (3) In den amtlichen Listen wird die Strafe ge-
Voraussetzungen löscht.
§ 101
(1) Hat der Jugendrichter die Uberzeugung A!'-
langt, daß sich ein zu Jugendstrafe verurteilt~r Widerruf
Jugendlicher durcL einwandfreie Führung als recht- Wird der Verurteilte, dessen Strafmakel als be-
schaffener Mensch erwiesen hat, so erklärt er von seitigt erklärt worden ist, vor der Tilgung des Ver-
Amts wegen oder auf Antrag des Verurteilten, des merks wegen eines Verbrechens oder vorsätzlichen
Erziehungsberechtigten oder des gesetzlichen Ver- Vergehens erneut verurteilt, so wid-:rruft der R:ch-
treters c:en Strafmakel als beseitigt. Dies kann auch ter in dern Urteil oder nachträglich durch Beschluß
auf Antrag des Staatsanwalts oder, wenn der Ver- die Beseitigung des Strafmakels. In besonderen
urteilte im Zeitpunkt der Antragstellung noch min- Fällen kann er von dem Widerruf absehen.
derjährig ist, auf Antrag des Vertreters der Jugend-
gerichtshilfe geschehen. FUNFTES HAUPTSTUCK
(2) Die Anordnung kann erst zwei Jahre nach Jugendliebe vor Gerichten,
Verbüßung oder Erlaß der Strafe ergehen, es sei die für allgemeine Strafsachen zuständig sind
denn, daß der Verurteilte sich der Beseitigung des
Strafmakels besonders würdig gezeigt hat. Während § 102
des Vollzugs oder während einer Bewährungszeit Zuständigkeit
ist die Anordnung unzulässig.
Die Zuständigkeit des Bundesgerichtshofes und
des Oberlandesgerichts sowie die Zustäi1digkeit der
§ 98 Strafkammer nach § 74a des Gerichtsverfassungs-
Verfahren gesetzes werden durch die Vorschriften dieses Ge-
setzes nicht berührt. In Fällen von geringer Bedeu-
(1) Zuständig ist der Jugendrichter des Amts-
tung kann die Strafkammer mit Zustimmung des
gerichts, dem die vormundschaftsrichterlichen Er-
Staatsanwalts die Strafsache gegen einen Jugend-
ziehungsaufgaben für den Verurteilten obliegen. Ist
lichen an das Jugendschöffengericht abgeben.
der Verurteilte volljährig, so ist der Jugendrichter
zuständig, in d-.:ssen Bezirk der Verurteilte seinen § 103
Wohnsitz hat.
Verbindung mehrerer Strafsachen
(2) Der Jugendrichter beauftragt mit den Ermitt-
lungen über die Führung des Verurteilten und (1) Strafsachen gegen Jugendliche und Erwach-
dessen Bewährung vorzugsweise die Stelle, die den sene können nach den Vorschriften des allgemeinen
Verurteilten nach der Verbüßung der Strafe betreut Verfahrensrechts verbunden werden, wenn es zur
hat. Er kann eigene Ermittlungen anstellen. Er hört Erforschung der Wahrheit oder aus anderen wichti-
den Verurteilten und, wenn dieser minderjährig ist, gen Gründen geboten ist.
den Erziehungsberechtigten und den gesetzlichen (2) Der Staatsanwalt erhebt die Anklage vor dem
Vertreter, ferner die Schule und die zuständige Ver- Jugendgericht, wenn das Schwergewicht bei dem
waltungsbehörde. Verfahren gegen Jugendliche liegt.
(3) Nach Abschluß der Ermittlungen ist der Staats- (3) Beschließt der Richter die Trennung der ver-
anwalt zu hören. bundenen Sachen, so erfolgt zugleich Abgabe der
abgetrennten Sache an den Richter, der ohne die
§ 99
Verbindung zuständig gewesen wäre.
Entscheidung
(1) Der Jugendrichter entscheidet durch Beschluß. § 104
(2) Hält er die Voraussetzungen für eine Beseiti- Verfahren gegen Jugendliebe
gung des Strafmakels noch nicht für gegeben, so (1) In Verfahren gegen Jugendliche vor den für
kann er die Entscheidung um höchstens zwei Jahre allgemeine Strafsachen zuständigen Gerichten gelten
aufschieben. die Vorschriften dieses Gesetzes über
766 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
1. Verfehlungen Jugendlicher und ihre Fol- Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit
gen (§§ 3 bis 32), der Tat nach seiner sittlichen und geistigen
2. die Heranziehung und die Rechtsstellung Entwicklung noch einem Jugendlichen gleich- ·
der Jugendgerichtshilfe (§ 38, § 50 Abs. 3), stand, oder
3. den Umfang der Ermittlungen im Vorver- 2. es sich nach der Art, den Umständen oder
fahren (§ 43), den Beweggründen der Tat um eine Jugend-
4. das Absehen von der Verfolgung und die verfehlung handelt.
Einstellung des Verfahrens durch den Rich- (2) Das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heran-
ter (§§ 45, 47), wachsende beträgt zehn Jahre.
5. die Untersuchungshaft (§§ 52, 72),
§ 106
6. die Urteilsgründe (§ 54),
7. das Re~htsmittelverfahren (§§ 55, 56), Milderung des allgemeinen Strafrechts
für Heranwachsende
8. das Verfahren bei Aussetzung der Jugend-
strafe zur Bewährung und der Verhängung (1) Ist wegen der Straftat eines Heranwachsenden
der Jugendstrafe (§§ 57 bis 64), das allgemeine Strafrecht anzuwenden, so kann der
9. die Beteiligung und die Rechtsstellung des Richter an Stelle von lebenslangem Zuchthaus auf
Erziehungsberechtigten und des gesetz- eine Zuchthausstrafe voli zehn bis fünfzehn Jahren
lichen Vertreters (§ 67, § 50 Abs. 2), und an Stelle einer zeitigen Zuchthausstrafe auf
Gefängnisstrafe von gleicher Dauer erkennen.
10. die notwendige Verteidigung (§ 68),
11. Mitteilungen (§ 70), (2) Von der Anordnung der Sicherungsverwahrung
und der Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte
12. die Unterbringung zur Beobachtung (§ 73),
oder der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter
13. Kosten und Auslagen (§ 74) und kann der Richter absehen.
14. den Ausschluß von Vorschriften des all-
gemeinen Verfahrensrechts (§§ 79 bis 81).
ZWEITER ABSCHNITT
(2) Die Anwendung weiterer Verfahrensvorschrif-
ten dieses Gesetzes steht im Ermessen des Richters. Gerichtsverfassung und Verfahren
(3) Soweit es aus Gründen der Staatssicherheit § 107
geboten ist, kann der Richter anordnen, daß die Gerichtsverfassung
Heranziehung der Jugendgerichtshilfe und die Be-
teiligung des Erziehungsberechtigten und des gesetz- Die Vorschriften über die Jugendgerichtsver-
lichen Vertreters unterbleiben. fassung (§§ 33 bis 38) gelten für Heranwachsende
entsprechend.
(4) Hält der Richter Erziehungsmaßregeln für § 108
erforderlich, so hat er deren Auswahl und Anord-
nung dem Vormundschaftsrichter zu überlassen. § 53 Zuständigkeit
Satz 2 gilt entsprechend. (1) Die Vorschriften über die Zuständigkeit der
(5) Entscheidungen, die nach einer Aussetzung Jugendgerichte (§§ 39 bis 42) gelten auch bei Ver-
der Jugendstrafe zur Bewährung erforderlich wer- fehlungen Heranwachsender.
den, sind dem Jugendrichter zu übertragen, in dessen (2) Der Jugendrichter ist für Verfehlungen Heran-
Bezirk sich der Jugendliche aufhält. Das gleiche gilt wachsender auch zuständig, wenn die Anwendung
für Entscheidungen nach einer Aussetzung der Ver- des allgemeinen Strafrechts zu erwarten ist und
hängung der Jugendstrafe mit Ausnahme der Ent- nach § 25 des Gerichtsverfassungsgesetzes der Amts-
scheidungen über die Festsetzung der Strafe und die richter allein zu entscheiden hätte.
Tilgung des Schuldspruchs (§ 30).
(3) Das Jugendschöffengericht darf wegen der Ver-
fehlung eines Heranwachsenden nicht auf Zuchthaus
DRITTER TEIL von mehr als zwei Jahren und nicht auf Sicherungs-
Heranwachsende verwahrung erkennen. Ist höhere Zuchthausstrafe
oder Sicherungsverwahrung zu erwarten, so ist die
ERSTER ABSCHNITT Jugendkammer zuständig.
Anwendung
des sachlichen Strafrechts § 109
§ 105 Verfahren
Anwendung des Jugendstrafrechts (1) Von den Vorschriften über das Jugendstrafver-
auf Heranwachsende fahren (§§ 43 bis 81) sind im Verfahren gegen einen
(1) Begeht ein Heranwachsender eine Verfehlung, Heranwachsenden § 43, § 50 Abs. 2 und 3, §§ 67
die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe be- bis 70 und 73 entsprechend anzuwenden. Die Dffent-
droht ist, so wendet der Richter die für einen Jugend- lichkeit kann ausgeschlossen werden, wenn dies im
lichen geltenden Vorschriften der §§ 4 bis 32 an, Interesse der Erziehung des Angeklagten geboten ist.
wenn (2) Wendet der Richter Jugendstrafrecht an (§ 105),
1. die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit so gelten auch die §§ 52 bis 66, § 74, § 79 Abs. 1 und
des Täters bei Berücksichtigung auch der § 81 entsprechend.
Nr. 44 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 6. August 1953 767
DRITTER ABSCHNITT § 115
Vollstreckung, Rechtsvorschriften der Bundesregierung
Vollzug und Strafregister über den Vollzug
(1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch
§ 110
Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates
Vollstreckung und Vollzug für den Vollzug der Jugendstrafe, des Jugend-
(1) Die Vorschriften über die Vollstreckung und
arrestes und der Untersuchungshaft Vorschriften zu
den Vollzug bei Jugendlichen {§§ 82 bis 93) gelten erlassen über die Art der Unterbringung, die Behand-
für Heranwachsende entsprechend, soweit der Rich- lung, die Lebenshaltung, die erzieherische, seel-
ter Jugendstrafrecht angewendet{§ 105) und nach die- sorgerische und berufliche Betreuung, die Arbeit, den
Unterricht, die Gesundheitspflege und körperliche
sem Gesetz zulässige Maßnahmen oder Jugendstrafe
verhängt hat. Ertüchtigung, die Freizeit, den Verkehr mit der
Außenwelt, die Ordnung und Sicherheit in der Voll-
(2) § 93 ist entsprechend anzuwenden, solange der zugsanstalt und die Ahndung von Verstößen hier-
Heranwachsende das einundzwanzigste Lebensjahr gegen, die Aufnahme und die Entlassung sowie da.s
noch nicht vollendet hat. Zusammenwirken mit den der Jugendpflege und
Jugendfürsorge dienenden Behörden und Stellen.
§ 111
(2) Die Rechtsverordnungen der Bundesregierung
Strafregister und Beseitigung dürfen für die Ahndung von Verstößen gegen die
des Strafmakels durch Richterspruch Ordnung oder Sicherheit der Anstalt nur Hausstrafen
Die Vorschriften über das Strafregister und die vorsehen, die der Vollzugsleiter oder bei Unter-
Beseitigung des Strafmakels durch Richterspruch suchungshaft der Richter verhängt. Die schwersten
(§§ 94 bis 101) gelten für Heranwachsende ent- Hausstrafen sind die Beschränkung des Verkehrs mit
sprechend, soweit der Richter Jugendstrafe verhängt der Außenwelt auf dringende Fälle bis zu drei Mona-
oder die Schuld des Heranwachsenden festgestellt ten und Arrest bis zu zwei Wochen. Mildere Haus-
hat (§ 27). strafen sind zulässig. Dunkelhaft ist verboten.
VIERTER ABSCHNITT § 116
Heranwachsende vor Gerichten, Zeitlicher Geltungst ereich
die für allgemeine Strafsachen (1) Das Gesetz wird auch auf Verfehlungen ange-
zuständig sind wendet, die vor seinem Inkrafttreten begangen wor-
§ 112 den sind. Für diese Verfehlungen ist das Mindestmaß
der Jugendstrafe drei Monate.
Entsprechende Anwendung
(2) Auf Jugendstrafe darf gegen einen Heran-
Die §§ 102 bis 104 gelten für Verfahren gegen
wachsenden nicht erkannt werden, wenn die Straftat
Heranwachsende entsprechend. Die in § 104 Abs. 1
vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes begangen ist
genannten Vorschriften sind nur insoweit anzu-
und nach dem allgemeinen Strafrecht die Verhängung
wenden, als sie nach dem für die Heranwachsenden einer Freiheitsstrafe von weniger als drei Monaten
geltenden Recht nicht ausgeschlossen sind.
zu erwarten gewesen wäre.
VIERTER TEIL (3) Auf Jugendstrafe von unbestimmter Dauer darf
gegen einen Heranwachsenden nur erkannt werden,
Schluß- und Dbergangsvorschriften wenn die Tat nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes
begangen ist oder wenn bei mehreren Straftaten das
§ 113 Schwergewicht in der Zeit nach dem Inkrafttreten des
Bewährungshelfer Gesetzes liegt.
Für den Bezirk eines jeden Jugendrichters ist § 117
mindestens ein hauptamtlicher Bewährungshelfer an-
Gerichtsverfassung
zustellen. Die Anstellung kann für mehrere Bezirke
erfolgen oder ganz unterbleiben, wenn wegen des (1) Die Wahl der Jugendschöffen nach § 35 erfolgt
geringen Anfalls von Strafsachen unverhältnismäßig erstmalig innerhalb von sechs Monaten nach Inkraft-
hohe .A11fwendungen entstehen würden. Das Nähere treten dieses Gesetzes, später gleichzeitig mit der
über die Tätigkeit des Bewährungshelfers ist durch Wahl der Schöffen für die Schöffengerichte und die
Landesgesetz zu regeln. Strafkammern. Solange noch keine Jugendschöffen
gewählt sind, werden dem Jugendschöffengericht
§ 114 und der Jugendkammer die auf Grund anderer
Rechtsvorschriften gewählten Jugendschöffen oder,
Vollzug von Gefängnisstrafe in der soweit solche nicht vorhanden sind, die nach den
Jugendstrafanstalt allgemeinen Vorschriften gewählten Schöffen bei-
In der Jugendstrafanstalt darf an Verurteilten, die gegeben. Solange keine nach diesem Gesetz gewähl-
das vierundzwanzigste Lebensjahr noch nicht voll- ten Jugendschöffen zur Verfügung stehen, kann von
endet haben. und sich für den Jugendstrafvollzug der Durchführung des § 33 Abs. 3 Satz 2 abgesehen
eignen, auch Gefängnisstrafe vollzogen werden. werden.
768 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
(2) Wo ein Jugendwohlfahrtsausschuß noch nicht (2) In Jugendschutzsachen soll der Staatsan-
besteht, wird die Vorschlagsli_ste nach § 35 Abs. 3 walt Anklage bei den Jugendgerichten nur
vom Jugendamt aufgestellt. erheben, wenn in dem Verfahren Kinder oder
Jugendliche als Zeugen benötigt werden oder
§ 118 wenn aus sonstigen Gründen eine Verhandlung
Zuständigkeit und Verfahren vor dem Jugendgericht zweckmäßig erscheint."
(1) Die am Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes 2. Nach § 74 a wird folgender § 74 b eingefügt:
anhängigen Strafsachen gegen Jugendliche oder ,,§ 74b
Heranwachsende gehen in der Lage, in der sie sich In Jugendschutzsachen (§ 26 Abs. 1 Satz 1) ist
befinden, auf das zuständige Jugendgericht über. neben der für allgemeine Strafsachen zustän-
(2) Sind Strafsachen gegen Heranwachsende und digen Strafkammer auch die Jugendkammer als
Erwachsene verbunden, so sollen die Sachen gegen erkennendes Gericht des ersten Rechtszuges zu-
Heranwachsende abgetrennt und an das zuständige ständig. § 26 Abs. 2 und §§ 73 und 74 gelten
Jugendgericht verwiesen werden, wenn nicht wich- entsprechend."
tige Gründe entgegenstehen.
§ 122
(3) Hat die Hauptverhandlung begonnen, so ist
sie nach den bisherigen Verfahrensvorschriften zu Aufhebung von Rechtsvorschriften
Ende zu führen. Die Bekanntmachung einer Ent- Vorschriften, die diesem Gesetz entgegenstehen
scheidung und ihre Anfechtung durch Rechtsmittel oder gegenstandslos werden, treten außer Kraft.
bestimmen sich, wenn die Entscheidung vor dem In- Aufgehoben werden namentlich folgende Vorschrif-
krafttreten dieses Gesetzes oder auf Grund einer ten, soweit sie nicht bereits außer Kraft getreten
nach Satz 1 zu Ende geführten Hauptverhandlung er- sind:
lassen worden ist, nach den bisher geltenden Vor-
1. Das Reichsjugendgerichtsgesetz in der Fassung
schriften. Die Besetzung des Rechtsmittelgerichts
der Anlage zu § 1 Abs. 1 der Verordnung
bestimmt sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes.
über die Vereinfachung und Vereinheitlichung
des Jugendstrafrechts (Jugendstrafrechtsverord-
§ 119 nung) vom 6. November 1943 (Reichsgesetzbl. I
Freiheitsstrafen s. 637),
(1) Jugendgefängnisstrafen, auf die gegen einen 2. die Verordnung über die Vereinfachung und
Jugendlichen vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes Vereinheitlichung des Jugendstrafrechts (Ju-
erkannt worden ist, werden für die Anwendung gendstrafrechtsverordnung) vom 6. November
dieses Gesetzes der Jugendstrafe gleichgestellt. 1943 (Reichsgesetzbl. I S. 635),
(2) Die Vorschriften über die beschränkte Aus- 3. die Verordnung zur Durchführung der Jugend-
kunft und Tilgung von Jugendstrafen (§ 95) werden strafrechtsverordnung in den Alpen- und Donau-
auch auf Gefängnis- oder Festungshaftstrafen ange- Reichsgauen, im Reichsgau Sudetenland und im
wendet, die von Wehrmachtgerichten oder Gerichten Protektorat Böhmen und Mähren (Erste Durch-
wehrmachtähnlicher Formationen gegen einen Ju- führungsverordnung zum Reichsjugendgerichts-
gendlichen verhängt worden sind. gesetz) vom 6. Dezember 1943 (Reichsgesetzbl. I
s. 669),
§ 120 4. die Verordnung zur Anwendung des Reichs-
jugendgerichtsgesetzes in der Wehrmachtge-
Verweisungen richtsbarkeit und der SS- und Polizeigerichts-
Verweisungen auf Vorschriften des Reichsjugend- barkeit (Zweite Durchführungsverordnung zum
gerichtsgesetzes vom 6. November 1943 (Reichsge- Reichsjugendgerichtsgesetz) vom 28. Dezember
setzbl. I S. 637) gelten als Verweisungen auf die an 1943 (Reichsgesetzbl. I S. 687),
ihre Stelle getretenen Vorschriften dieses Gesetzes. 5. § 1 des württembergisch-badischen Gesetzes
Nr. 205 zur Abänderung des Reichsjugendge-
§ 121 richtsgesetzes und der Jugendarrestvollzugsord-
Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes nung vom 14. August 1946 (Regierungsbl. der
Regierung Württemberg-Baden S. 246),
Das Gerichtsverfassungsgesetz wird wie folgt ge-
ändert: 6. § 6 a der Landesverordnung des Landes Rhein-
land-Pfalz über Gerichtsverfassung und Verfah-
1. § 26 wird durch folgende Vorschrift ersetzt: ren vom 11. April 1947 (Verordnungsbl. der
,,§ 26 Landesregierung Rheinland-Pfalz S. 155) in der
(1) Für Straftaten Erwachsener, durch die ein Fassung des Landesgesetzes zur Wiedereinfüh-
Kind oder ein Jugendlicher verletzt oder un- rung der Schöffen und Geschworenen in der
mittelbar gefährdet wird, sowie für Verstöße Strafrechtspflege und zur Änderung der Straf-
Erwachsener gegen Vorschriften, die dem Ju- prozeßordnung vom 2. September 1949 (Gesetz-
gendschutz oder der Jugenderziehung dienen, und Verordnungsbl. der Landesregierung Rhein-
sind neben den für allgemeine Strafsachen zu- land-Pfalz Teil I S. 374),
ständigen Gerichten auch die Jugendgerichte zu- 7. § 6 des badischen Landesgesetzes zur Wieder-
ständig. Die §§ 24 und 25 gelten entsprechend. einführung der Schöffen und Geschworenen in
Nr. 44-Tag der Ausgabe: Bonn, den 6. August 1953 169"
der Strafrechtspflege vom 30. Dezember 1947 26. April 1949 (Amtsblatt des Bayerischen Krei-
(Badisches Gesetz- und Verordnungsbl. 1948 ses Lindau Nr. 18).
s. 39),
8. § 6 des Gesetzes des Landes Württemberg- § 123
Hohenzollern zur Wiedereinführung der Schöf- Land Berlin
fen und Geschworenen in der Strafrechtspflege
Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1
vom 14. Mai 1948 (Regierungsbl. für das Land
des Dritten Uberleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952
Württemberg-Hohenzollern S. 85), (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin. Rechts-
9. das Landesgesetz des Landes Rheinland-Pfalz verordnungen, die auf Grund der in diesem Gesetz
zur Änderung des Reichsjugendgerichtsgesetzes enthaltenen Ermächtigung erlassen werden, gelten
vom 30. Dezember 1948 (Gesetz- und Verord- im Land Berlin nach § 14 des Dritten Uberleitungs-
nungsbl. der Landesregierung Rheinland-Pfalz gesetzes.
1949 Teil I S. 1),
§ 124
10. § 6 der Rechtsanordnung des Kreispräsidenten
von Lindau zur Wiedereinführung der Schaffen Inkrafttreten
und Geschworenen in der Strafrechtspflege vom Dieses Gesetz tritt am 1. Oktober 1953 in Kraft.
Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet.
Bonn, den 4. August 1953.
Der Bundespräsid~nt
Theodor Heuss
Der Bundeskanzler
Adenauer
Der Bundesminister der Justiz
Dehler
770 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I
Verkündungen im Bundesanzeiger.
Gemäߧ 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Verkündung von Rechtsverordnungen vom 30. Januar 1950 (Bun-
desgesetzbl. S. 23) wird auf folgende im Bundesanzeiger verkündete Rechtsverordnungen nachrichtlich
hingewiesen:
Tag des
Verkündet im
Inkraft-
Bezeichnung der Verordnung Bundesanzeiger
tretens
Nr. vom
Verordnung zur Änderung der Fernsprechordnung. Vom
24. Juli 1953. 142 28. 7.53 11. 8. 53
Verordnung PR Nr. 21/53 zur Änderung der Fernsprechordnung.
Vom 24. Juli 1953. 142 28. 7.53 11. 8. 53
Verordnung über Handelsklassen für frisches Obst und Gemüse.
Vom 21. Juli 1953. 143 29. 7.53 1. 8. 53
Polizeiverordnung der Wasser- und Schiffahrtsdirektion Mainz
zur Änderung der Polizeiverordnung über das Baden in den
Bundeswasserstraßen Rhein, Neckar, Main, Lahn, Mosel und
der Saar im Bereich der Wasser- und Schiffahrtsdirektion Mainz.
Vom 10. Juli 1953. 144 30. 7.53 30. 7.53
Verordnung TS Nr. 8/53 über einen Neunzehnten Nachtrag zur
Änderung und Ergänzung der Fünften Verordnung über den
Reichskraftwagentarif (Liste der Ausnahmetarife). Vom 29. Juli
145 31. 7. 53 Ausnahmetarif
1953. 18 B 1:
1. 8. 53
Ausnahmetarife
12 B 24
und 21 G 1:
3.8.53
Ausnahmetarif
12 S 1:
22.8.53
Verordnung TS Nr. 9/53 zur Änderung der Verordnung PR
Nr. 1/52, 49/52 und 61/52 über die Anwendung von Tarifbestim-
mungen für den gewerblichen Güterfernverkehr mit Kraftfahr-
zeugen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Berlin
sowie der Verordnung TS Nr. 7/53 über eine Fünfzehnte An-
ordnung über den Reichskraftwagentarif. Vom 29. Juli 1953. 145 31. 7. 53 1. 8. 53
Verordnung über das Nachweis- und Meldeverfahren bei der
Versicherung von Güterkraftverkehrsunternehmen und über
Ausnahmen von § 39 des Güterkraftverkehrsgesetzes. Vom
30. Juli 1953. 147 4.8.53 5.8.53
Herausgeber: Der Bundesminister der Justiz. - Ver I a g: Bundesanzeiger-Verlags-GmbH., Bonn/Köln. - Druck: Bundesdruckerei, Bonn
, Das Bundesgesetzblatt erscheint in zwei gesonderten Teilen, Teil I und Teil II.
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