Bundesgesetzblatt
243
Teil I
t951 Ausgegeben zu Bonn aµi 16. April 1951 1 Nr. 17
Tag Inhalt: Seite
12. 3. 51 Gesetz über das Bundesverfassungsgericht . . . . . . . . . . 243
14. 4. 51 Gesetz über das Amtsgehalt der Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts 254
Gesetz iihe1· das Bundesverfassungsgericht.
Vom 12. März 1951.
Der Bundestag hat das folgende Gesetz be- (3) Die Richter führen ihre Amtsgeschäfte bis zur
schlossen: Ernennung des Nachfolgers fort.
I. TEIL § 5
(1) Die auf Zeit und die für die Dauer ihres Amtes
Verfassung und Zuständigkeit des an einem oberen Bundesgericht zu berufenden
Bundesverfassungsgerichts Richter werden je zur Hälfte vom Bundestag und
§ 1 vom Bundesrat gewählt.
(1) Das Bundesverfassungsgericht ist ein allen (2) Die auf Zeit zu berufenden Richter werden
übrigen Verfassungsorganen gegenüber selbständi- frühestens drei Monate vor Ablauf der Amtszeit
ger und unabhängiger Gerichtshof des Bundes. ihrer Vorgänger oder, wenn der Bundestag in dieser
(2) Der Sitz des Bundesverfassungsgerichts wird Zeit aufgelöst ist, innerhalb eines· Monats nach dem
durch Gesetz bestimmt. ersten Zusammentritt des Bundestags gewählt.
§ 2 (3) Scheidet ein Richter vorzeitig aus, so wird für
den Rest seiner Amtszeit der Nachfolger. innerhalb
(1) Das Bundesverfassungsgericht besteht aus zwei
eines Monats von demselben Bundesorgan gewählt,
Senaten.
das den ausgeschiedenen Richter gewählt hat. .
(2) In jeden Senat werden zwölf Richter gewählt.
§ 6
§ 3
( 1) Die vom Bundestag zu berufenden Richter
(1) Die Richter müssen das 40. Lebensjahr voll- werden in indirekter Wahl gewählt.
endet haben, zum Bundestag wählbar sein und sich
(2) Der Bundestag wählt zwölf seiner Mitglieder
schriftlich bereit erklärt haben, Mitglied des Bundes-
als Wahlmänner nach den Regeln der Verhältnis-
verfassungsgerichts zu werden.
wahl. Jede Fraktion kann einen Vorschlag ein-
(2) Sie müssen außerdem die Befähigung zum bringen. Aus den Summen der für jeden Vorschlag
Richteramt besitzen oder auf Grund der vorge- abgegebenen Stimmen wird nach dem Höchstzahl-
schriebenen Staatsprüfungen die Befähigung zum verfahren (d'Hondt) die Zahl der auf jeden Vor-
höheren Verwaltungsdienst erworben haben, sich schlag gewählten Mitglieder errechnet. Gewählt sind
durch besondere Kenntnisse im öffentlichen Recht die Mitglieder in der Reihenfolge, in der ihr Name
auszeichnen und im öffentlichen Leben erfahren auf dem Vorschlag erscheint. Scheidet ein Mitglied
sein. aus, so wird es durch den nächsten aus der Reihe
(3) Sie können weder dem Bundestag, dem der nicht mehr Gewählten ersetzt.
Bundesrat, der Bundesregierung noch den ent- (3) Der Älteste der Wahlmänner beruft die Wahl-
sprechenden Organen eines Landes angehören. Mit männer unverzüglich unter Einhaltung einer Ladungs-
ihrer Ernennung scheiden sie aus solchen Organen frist von einer Woche zur Durchführung der Wahl
aus. und leitet die Sitzung, die fortgesetzt wird, bis alle
(4) Mit der richterlichen Tätigkeit i.st eine andere Richter gewählt sind.
berufliche Tätigkeit als die eines Lehrers des Rechts (4) Zum Richter ist gewählt, wer mindestens neun
an einer deutschen Hochschule unvereinbar. Stimmen auf sich verein.igt.
§ 4
§ 7
(1) Vier Richter jedes SenalPs werden aus der Die vom Bundesrat zu berufenden Richter werden
Zahl der Richter an den oberen Bundesgerichten für mit zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrats ge-
die Dauer ihres Amtes an ·diesen Gerichten gewählt. wählt.
(2) Die übrigen Richter werden auf die Dauer von § 8
acht Jahren gewählt; bei der ersten Wahl wird (1) Der Bundesminister der Justiz stellt ein.e Liste
jedoch die Hülfte von ihnen auf die Dauer von vier aller Bundesrichter auf, die die Voraussetzungen
Jahren gewählt. Wiederwahl ist zulässig. des § 3 Abs. 1 und 2 erfüllen.
. 244 Bimdesgesetzblatt, Jahrgang 1951, Teil I
1
(2) Der Bundesminister der Justiz führt eine obersten Bundesorgans oder. anderer Be-
: weitere Liste, in die alle Personen aufzuneh!men teiligter, die durch das G:irundgesetz oder
-sind, die von einer Fraktion des füin:destags, der in der Geschäftsordnung , eines obersten
Bundesregierung oder einer Landesregierung · für Bundesorgans mit eigenen Rechten aus-
das Amt eines Richters am Bundesverfassupgsgericht gestattet sind
vorgeschlagen werden und die die Voraµssetzungen (Artikel 93i Abs. l Nr. 1 des Grund-
des § 3 Abs. 1 und 2 erfüllen. gesetzes),
(3) Die Listen sind laufend zu ergänzen und 6. bei Meinungsverschiedenheiten oder
spätestens eine vVoche vor einer Wahl den Präsi- Zweifeln über die förmliche oder sach-
denten des Bundestags und des Bundesrats zu- liehe Vereinbarkeit von Bundesrecht oder
zuleiten. Landesrecht mit' dem Grundgesetz oder
§ 9 die Vereinbarkeit von Landesrecht mit
(1) Bundestag und Bundesrat wählen im Wechsel sonstigem Bundesrecht auf Antrag der
den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts und Bundesregierung, einer Landesregierung
seinen Stellvertreter. Der Stellvertreter ist aus dem oder eines Drittels der Mitglieder des
, Senat zu wählen, dem der Präsident nidit angehört. Bundestags
· (2) Bei der ersten Wahl wählt der Bundestag den (Artikel 93 Abs. 1 Nr. 2 des Grund-
Piäsidenten, der Bundesrat seinen Stellvertreter. gesetzes),
(3) Die Vorschriften der §§ 6 und 7 gelten ent- 7. bei Meinungsverschiedenheiten über
sprechend. Rechte und Pflichten des Bundes und der
§ 10 · Länder, insbesondere bei der Ausführung
von Bundesrecht durch die Länder und
Der Bundespräsident ernennt die Gewählten.
bei der Ausübung der Bundesaufsicht
§ 11 (Artikel 93 Abs. 1 Nr. 3 und Artikel 84
(1) Die Richter des Bundesverfassungsgerichts Abs. 4 Satz 2 des Grundgesetzes),
fäisten bei Antritt ihres Amtes vor dem Bundes- 8. in anderen. öffentlich-rechtlichen Streitig-
·präsidenten folgenden Eid: . keiten zwischen dem Bund und den Län-
„Ich schwöre, daß ich als gerechter Richter dern, zwischen verschiedenen Ländern
alle Zeit das. Grundgesetz der Bundesrepublik oder innerhalb eines Landes, soweit nicht
Deutschland getreulich wahren und meine ein anderer Rechtsweg gegeben ist
richterlichen Pflichten gegenüber jedermann (Artikel 93 Abs. 1 Nr. 4 des Grund-
gewissenhaft erfüllen werde. So wahr mir gesetzes),
Gott helf c." 9. über Richteranklagen gegen Bundesrichter
(2) Bekennt sich ein Richter zu einer Religions- und Landesrichter
gemeinschaft, deren Angehörigen das Gesetz die (Artikel 98 Abs. 2 und 5 des Grund-
Verwendung einer anderen Beteuerungsformel ge- gesetzes),
. stattet, so kann er diese gebrauchen. 1O. über Verfassungsstreitigkeiten innerhalb
(3) Der Eid kann auch ohne religiöse Beteue- eines Landes, wenn diese Entscheidung
rungsformel geleistet werden. durch Landesgesetz dem Bundesverfas-
sungsgericht zugewiesen ist
§ 12 (Artikel 99 des Grundgesetzes),
Die Richter des Bundesverfassungsgerichts kön- 11. über die Vereinbarkeit eines Bundes-
nen jederzeit ihre Entlassung aus dem Amt bean- gesetzes oder eines Landesgesetzes mit
tragen. Der Bundespräsident hat die Entlassung dem Grundgesetz oder die Vereinbarkeit
auszusprechen. eines Landesgesetzes oder sonstigen
§ 13 Landesrechts mit einem Bundesgesetz auf
Das Bundesverfassungsgericht entscheidet in den Antrag eines Gerichts
vorn Grundgesetz bestimmten Fällen, und zwar (Artikel 100 Abs. 1 des Grundgesetzes),
1. über die Verwirkung von Grundrechten 12. hei Zweifeln darüber, ob eine Regel des
(Artikel 18 des Grundgesetzes), Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts
2. über die Verfassungswidrigkeit von Par- ist und ob sie unmittelbar Rechte und
teien Pflichten für den einzelnen erzeugt, auf
(Artikel 21 Abs. 2 des Grundgesetzes), Antrag des Gerichts
3. über Beschwerden gegen Entscheidungen (Artikel 100 Abs. 2 des Grundgesetzes),
des Bundestags, die die Gültigkeit einer 13., wenn das Verfassungsgericht eines Lan-
Wahl oder den Erwerb oder Verlust der de$ bei de.r Auslegung des Grundgesetzes
Mitgliedschaft eines Abgeordneten beim von einer Entscheidung des Bundesver-
Bundestag betreffen fassuµg;9gerichts od.er des Verfassungs-
(Artikel 41 Abs. 2 de_s Grundgesetzes), gerichts eiries anderen Lancies abweichen
4. über Anklagen des Bundestags oder des will, auf . Antrag di.eses Verfassungs-
Bundesrats gegen den Bundespräsidenten . gerichts' , •·. I . . .
(Artikel 61 des Grundgesetzes), · (Artik_~l 1op. Ab;,~ } des qrundgesetzes),
5. über die Auslegung .des Grundgesetzes 14. bei ,Meinl)::µgsverscbiedenheiten über das
aus Anlaß. von Streitigkeiten ü_ber .den Fortgelten yon_. Recht. als Bundesrecht
Umfang de;r Rechte und Pfücht~n ei.n_es (Ärt~f5--eJ J~Q ;cte:si qipndg~s,~tzes),
Nr. 17 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 16 . April 1951 245
15. in den ihm sonst durch Bundesgesetz zu- (2) Beteiligt ist nicht, wer auf Grund seines Fa-
gewiesenen Fällen milienstandes, seines Berufs, seiner Abstammung,
(Artikel 93 Abs. 2 des Grundgesetzes). seiner Zugehörigkeit zu einer politischen Partei
oder aus einem ähnlich allgemeinen Gesichtspunkt
§ 14
am Ausgang des Verfahrens interessiert ist.
(1) Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts (3) Als Tätigkeit im Sinne des Absatz 1 Nr. 2 gilt
ist zuständig in den Fällen des § 13 Nr. 1 bis 3, 6, nicht die Mitwirkung im Gesetzgebungsverfahren.
11, 14 sowie für Verfassungsbeschwerden (§§ 90
bis 96), der Zweite Senat in den Fällen des § 13 § 19
Nr. 4, 5, 7 bis 9, 12. (1) Wird ein Richter des Bundesverfassungs-
(2) In den Fällen des § 13 Nr. 10 und 13 bestimmt gerichts wegen Besorgnis der Befangenheit abge-
sich die Zuständigkeit der Senate nach der Regel lehnt, so entscheidet das Gericht unter Ausschluß
des Absatz 1. des Abgelehnten; bei Stimmengleichheit gibt die
§ 15 Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.
(1) Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts (2) Die Ablehnung ist zu begründen. Der Ab-
und sein Stellvertreter führen den Vorsitz in ihrem gelehnte hat sich dazu zu, äußern. Die Ablehnung
Senat. Sie werden von dem lebensältesten anwe- ist unbeachtlich, wenn sie nicht spätestens zu Be-
senden Richter des Senats vertreten. ginn der mündlichen Verhandlung erklärt wird.
(2) Jeder Senat ist beschlußfähig, wenn minde- (3) Erklärt sich ein Richter, der nicht abgelehnt ist,
stens neun Richter anwesend sind. In Verfahren selbst für befangen, so gilt Absatz 1 entsprechend.
gemäß § 13 Nr. 1, 2, 4 und 9 bedarf es zu einer
dem Antragsgegner nachteiligen Entscheidung in § 2Ö
jedem Fall einer Mehrheit von acht Stimmen. Im Die Beteiligten haben das Recht der Akten-
übrigen entscheidet die einfache Mehrheit, soweit einsicht.
nicht das Gesetz etwas anderes bestimmt. Bei § 21
Stimmengleichheit kann ein Verstoß gegen das Wenn das Verfahren von einer Personengruppe
Grundgesetz oder sonstiges Bundesrecht nicht fest- oder gegen eine Personengruppe beantragt wird,
gestellt werden. kann das Bundesverfassungsgericht anor'1-nen, daß
§ 16 sie ihre Rechte, insbesondere das Recht auf An-
wesenheit im Termin, durch einen oder mehrere
(1) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der
Beauftragte wahrnehmen läßt.
in einer Entscheidung des anderen Senats enthalte-
nen Rechtsauffassung abweichen, so entscheidet § 22
darüber das Plenum des Bundesverfassungsgerichts. (1) Die Beteiligten können sich ·in jeder Lage des
(2) Es ist beschlußfähig, wenn von jedem Senat Verfahnms durch einen bei einem deutschen Ge-
neun Richter anwesend sind. richt zugelassenen Rechtsanwalt oder durch einen
(3) Das Plenum entscheidet auch, welcher Senat Lehrer des Rechts an einer deutschen Universität
für ein anhängig werdendes Verfahren zuständig vertreten lassen; in der mündlichen Verhandlung
ist, wenn nach den gestellten Anträgen sowohl der vor dem Bundesverfassungsge:qcht müssen sie sich'
Erste als auch der Zweite Senat zuständig ist oder in dieser Weise vertreten lassen. Gesetzgebende
wenn die Zuständigkeit sonst zweifelhaft ist. Körperschaften und Teile von ihnen, die in der
(4) Die Vorschrift des § 15 Abs. 2 Satz 4 gilt ent- Verfassung oder in der Geschäftsordnung mit
sprechend. eigenen Rechten ausgestattet sind, können sich
auch durch ihre Mitglieder vertreten lassen. Der
II. TEit Bund, die Länder und ihre Verfassungsorgane
können sich außerdem durch ihre Beamten ver-
Allgemeine Verfahrensvorschriften treten lassen, ' soweit sie die Befähigung zum
Richteramt besitzen. Das Bundesverfassungsgericht
§ 17 kann auch eine andere Person als Beistand eines
Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt Beteiligten zulassen.
ist, sind hinsichtlich der Offentlichkeit, der Sitzungs- (2) Die Vollmacht ist schriftlich zu erteilen. Sie
polizei, der Gerichtssprache, der Beratung und Ab- muß sich ausdrücklich auf das Verfahren beziehen. .
stimmung die Vorschriften der Titel 14 bis 16 des (3) Ist ein Bevollmächtigter bestellt, so sind alle
Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend anzu- Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.
wenden.
§ .18 § 23
(1) Ein Richter des Bundesverfassungsgerichts ist (1) Anträge, die das Verfahren einleiten, sind
von der Ausübung seines Richteramtes ausge- schriftlich beim Bundesverfassungsgericht einzu-
schlossen, wenn er reichen. Sie sind zu begründen; die erforderlichen
1. an der Sache beteiligt oder mit einem Be- Beweismittel sind anzugeben. ·
teiligten verheiratet ist oder war, in ge- (2) Der Vorsitzende stellt den Antrag dem An-
rader Linie verwandt oder verschwägert tragsgegner und den übrigen Beteiligten unverzüg-
oder in der Seitenlinie bis zum dritten lich mit der Aufforderung zu, sich binnen einer zu
Grade verwandt oder bis zum zweiten bestimmenden Frist dazu zu äußern.
Grade verschwägert ist oder (3) Der Vorsitzende kann jedem Beteiligten auf-
2. in derselben Sache bereits von Amts oder geben, binnen einer zu bestimmenden Frist die er-
Berufs wegen tätig gewesen ist. forderliche Zahl von Abschriften seiner Schriftsätze
246 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1951, Teil I
für das Gericht und für die übrigen Beteiligten Inhalt der Verhandlung und dem Ergebnis der Be-
nachzureichen. weisaufnahme geschöpften Uberzeugung. Die Ent-
§ 24 scheidung ist schriftlich abzufassen, zu begründen
Formwiclrige, unzulässige, verspätete oder offen- und von den Richtern, die bei ihr mitgewirkt haben,
sichtlich unbegründete Anträge und Anträge von zu unterzeichnen. Sie ist sodann, wenn eine münd-
offensichtlich Nichtberechtigten können durch ein- liche Verhandlung stattgefunden hat, in einem dort
stimmigen Beschluß des Gerichts, der keiner weite- bekanntgegebenen Termin unter M~tteilung der
ren Begründung bedarf, verworfen werden. wesentlichen Entscheidungsgründe öffentlich zu
verkünden.
§ 25 (2) Alle Entscheidungen sind den Beteiligten zu-
(1) Das Bundesverfassungsgericht entscheidet, so- zustellen.
weit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund münd- § 31
. licher Verhandlung, es sei denn, daß alle Beteilig-
ten ausdrücklich auf sie verzichten. (1) Die Entscheidungen des Bundesverfassungs-
(2) Die Entscheidung auf Grund mündlicher Ver- gerichts binden die Verfassungsorgane des Bundes
handlung ergeht als Urteil, die Entscheidung ohne und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden.
mündliche Verhandlung als Beschluß. (2) In den Fällen des § 13 Nr. 6, 11, 12 und 14
(3) Teil- und Zwischenentscheidungen sind zu- hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
lässig. Gesetzeskraft. Die Entscheidungsformel ist durch
(4) Die Entscheidungen des Bundesverfassungs- den Bundesminister der Justiz im Bundesgesetz-
gerichts ergehen „im Namen des Volkes". blatt zu veröffentlichen.
§ 32
§ 26
(1) Das Bundesverfassungsgericht erhebt den zur (1) Das Bundesverfassungsgericht kann im Streit-
Erforschung der Wahrheit erforderlichen Beweis. fall einen Zustand durch einstweilige Anordnung
Es kann damit außerhalb der mündlichen Verhand- vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer
lung ein Mitglied des Gerichts beauftragen oder Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder
mit BegrenzlJng auf bestimmte Tatsachen und Per- aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen
sonen ein anderes Gericht darum ersuchen. Wohl dringend geboten ist.
(2) Auf Grund eines Beschlusses mit einer Mehr- (2) Die einstweilige Anordnung kann ohne münd-
heit von zwei Dritteln der Stimmen des Gerichts liche Verhandlung ergehen.
kann die Beiziehung einzelner Urkunden unter- (3) Wird die einstweilige Anordnung durch Be-
bleiben, wenn ihre Verwendung mit der Staats- schluß erlassen oder abgelehnt, so kann Wider-
sicherheit unvereinbar ist. spruch erhoben werden. Uber den Widerspruch ent-
scheidet das Bundesverfassungsgericht nach münd-
§ 27 licher Verhandlung. Diese muß binnen zwei Wochen
Alle Gerichte und Verwaltungsbehörden leisten nach dem Eingang der Begründung des Wider-
dem Bundesverfassungsgericht Rechts- und Amts- spruchs stattfinden.
hilfe. Sie legen ihm Akten und Urkunden über ihre (4) Der Widerspruch gegen die einstweilige An-
oberste Dienstbehörde vor. ordnung hat keine aufschiebende Wirkung. Das
§ 28 Bundesverfassungsgericht kann die Vollziehung der
einstweiligen Anordnung aussetzen.
(1) Für die Vernehmung von Zeugen und Sach-
verständigen gelten in den Fällen des § 13 Nr. 1, 2, (5) Die einstweilige Anordnung tritt nach drei
4 und 9 die Vorschriften der Strafprozeßordnung, Monaten außer Kraft. Sie kann mit einer Mehrheit
in den übrigen Fällen die Vorschriften der Zivil- von zwei Dritteln der Stimmen wiederholt werden.
prozeßordnung entsprechend.
§ 33
(2) Soweit ein Zeuge oder Sachverständiger nur
(1) Das Bundesverfassungsgericht kann sein Ver-
mit Genehmigung einer vorgesetzten Stelle ver-
fahren bis zur Erledigung eines bei einem anderen
nommen werden darf, kann diese Genehmigung nur
Gericht anhängigen Verfahrens aussetzen, wenn für
verweigert werden, wenn es das Wohl des Bundes
seine Entscheidung die Feststellungen oder die Ent-
• oder eines Landes erfordert. Der Zeuge oder Sach- scheidung dieses anderen Gerichts von Bedeutung
verständige kann sich nicht auf seine Schweige-
sein können.
pflicht berufen, wenn das Bundesverfassungsgericht
mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen (2) Das Bundesverfassungsgericht kann seiner
die Verweigerung der Aussagegenehmigung für Entscheidung die tatsächlichen Feststellungen eines
unbegründet erklärt. rechtskräftigen Urteils zugrunde legen, das in
§ 29
einem Verfahren ergangen ist, in dem die Wahr-
heit von Amts wegen zu erforschen ist.
Die Beteiligten werden von alJen Beweisterminen
benachrichtigt und können der Beweisaufnahme § 34
beiwohnen. Sie können an Zeugen und Sachver- (1) Das Verfahren des Bundesverfassungsgerichts
ständige Fragen richten. Wird eine Frage bean-
ist kostenfrei.
standet, so entscl-.eidet das Gericht.
(2) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der
§ 30 Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den
(1) Das Bundesverfassungsgericht entscheidet in Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter
geheimer Berc:ltung nach seiner freien, aus dem (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antrags-
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gegner oder dem Angeklagten die notwendigen sprochen, so kann das Bundesverfassungsgericht,
Auslagen einschließlich der Kosten der Verteidigung wenn seit dem Ausspruch der Verwirkung zwei
zu ersetzen. Jahre verflossen sind, auf Antrag des früheren An-
(3) In den übrigen Fällen kann das Bundesver- tragstellers oder Antragsgegners die Verwirkung
fassungsgericht volle oder teilweise Erstattung der ganz oder teilweise aufheben oder die Dauer der
Auslagen anordnen. Verwirkung abkürzen. Der Antrag kann wieder-
(4) Wird eine Verfassungsbeschwerde oder eine holt werden, wenn seit der letzten Entscheidung
Bf~schwerde gernüß Arlikel 41 Abs. 2 des Grund- des Bundesverfassungsgerichts ein Jahr ver-
strichen ist.
gesetzes (§ 13 Nr. 3} als unzulässig oder unbegrün-
§ 41
det zurückgewiesen, so kann das Bundesverfas-
sungsgericht dem Beschwerdeführer eine Gebühr Hat das Bundesverfassungsgericht über einen
von zwanzig Deutsche Mark bis zu eintausend Antrag sachlich entschieden, so kann er gegen den-
Deutsche Mark auferlegen, wenn die Einlegung der selben Antragsgegner nur wiederholt werden, wenn
Beschwerde einen Mißbrauch darstellt. er auf neue Tatsachen gestützt wird.
§ 35 § 42
Das Bundesverfassungsgericht kann in seiner Vorsätzliche Zuwiderhandlungen gegen eine Ent-
Entscheidung bestimmen, wer sie vollstreckt; es scheidung des Bundesverfassungsgerichts oder
kann auch im Einzelfall die Art und Weise der gegen die im Vollzug der Entscheidung getroffenen
Vollstreckung regeln. Maßnahmen werden mit Gefängnis nicht unter
sechs Monaten bestraft.
III. TEIL:
Zweiter Abschnitt
Besondere V erf ahrensvorschriiten
Verfahren in den Fällen des § 13 Nr. 2
Erster Abschnitt
§ 43
Verfahren in den Fällen des § 13 Nr. 1
(1) Der Antrag auf Entscheidung, ob eine Partei
§ 36 verfassungswidrig ist (Artikel 21 Abs. 2 des Grund-
Der Antrag auf Entscheidung gemäß Artikel 18 gesetzes), kann von dem Bundestag, dem Bm;ides-
Satz 2 des Grundgesetzes kann vom Bundestag, rat oder von der Bundesregierung gestellt werden.
von der Bundesregierung oder von einer Landes- (2) Eine Landesregierung kann den Antrag nur
regierung gestellt werden. gegen eine Partei stellen, deren Organisation sich
§ 37 auf das Gebiet ihres Landes beschränkt.
Das Bundesverfassungsgericht gibt dem Antrags- § 44
gegner Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu
Die Vertretung der Partei bestimmt sich nach den
bestimmcmden Prisl und beschließt dann, ob der
gesetzlichen Vorschriften, hilfsweise nach ihrer
Antrag als unzulössig oder als nicht hinreichend
Satzung. Sind die Vertretungsberechtigten nicht
begründet zurückzuweisen oder ob die Verhand-
feststellbar oder nicht vorhanden oder haben sie
lung durchzuführen i:~t.
nach Eingang des Antrags beim Bundesverfassungs-
§ 38 gericht gewechselt, so gelten als vertretungsberech-
Nach Eingang des Antrags kann das Bundesver- tigt diejenigen Personen, die die Geschäfte der
fassungsgericht eine Beschlagnahme oder Durch- Partei während der Tätigkeit, die den Antrag ver-
suchung nach den Vorschriften der Strafprozeßord- anlaßt hat, zuletzt tatsächlich geführt haben.
nung anordnen.
§ 39 § 45
(1) Erweist sich der Antrag als begründet, so Das Bundesverfassungsgericht gibt dem Ver-
stellt das Bundesverfassungsgericht fest, welche tretungsberechtigten (§ 44} Gelegenheit zur Äuße-
Grundrechte der Antragsgegner verwirkt hat. Es rung binnen einer zu bestimmenden Frist und be-
kann die Verwirkung auf einen bestimmten Zeit- schließt dann, ob der Antrag als unzulässig oder
raum, mindestens auf ein Jahr, befristen. Es kann als nicht hinreichend begründet zurückzuweisen
dem Antragsgegner auch nach Art und Dauer genau oder ob die Verhandlung durchzuführen ist.
bezeichnete Beschränkungen auferlegen, soweit sie
nicht andere a]s die verwirkten Grundrechte beein- § 46
trächtigen. Insoweit bedürfen die Verwaltungs- (1) Erweist sich der Antrag als begründet, so
behörden zum :Einschreiten gegen den Antrags- stellt das Bundesverfassungsgericht fest, daß die
gegner keiner weiteren gesetzlichen Grundlage. politische Partei verfassungswidrig ist.
(2) Das Bundesverfassungsgericht kann dem An- (2) Die Feststellung kann auf einen rechtlich oder
tragsgegner auf die Dauer der Verwirkung der organisatorisch selbständigen Teil einer Partei be-
Grundrechte das Wahlrecht, die Wählbarkeit und schränkt werden.
die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter (3) Mit der Feststellung ist die Auflösung der
aberkennen und bei jnristischen Personen ihre Auf- Partei oder des selbständigen Teiles der Partei und
lösung anordnen. das Verbot, eine Ersatzorganisation zu schaffen, zu
§ 40 verbinden. Das Bundesverfassungsgericht kann in
Ist die Verwirkunq zeitlich nicht befristet oder diesem Fall außerdem die Einziehung des Ver-
für einen lünucrcn Z.cilraum als ein Jahr ausge- mögens det Partei oder des selbständigen Teiles
248 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1951, Teil I
der Partei zugunsten des Bundes oder des Landes heit der gesetzlichen Mitgliederzahl des Bundes-
zu gemeinnützigen Zwecken aussprechen. tags oder ·der Mehrheit der Stimmen des Bundes-
rats.
§ 47
(2) Die Anklage wird vom Präsidenten der an-
Die Vorschriften der §§ 38, 41 und 42 gelten ent- tragsteUenden Körperschaft durch Ubersendung
sprechend. einer Ausfertigung .des Beschlusses an das Bundes-
Dritter Abschnitt verfassungsgericht zurückgenommen.
(3) Die Zurücknahme der Anklage wird unwirk-
Verfahren in den Fällen des § 13 Nr. 3 sam, wenn ihr der Bundespräsident binnen eines
§ 48 Monats widerspricht.
Die Beschwerde gegen den Beschluß des Bundes- § 53
tags über die Gültigkeit einer Wahl oder den Ver- Das Bundesverfassungsgericht kann nach Erhe-
lust der Mitgliedschaft im Bundestag kann der bung der Anklage durch einstweilige Anordnung
Abgeordnete, dessen Mitgliedschaft bestritten ist, bestimmen, daß der Bundespräsident an der Aus-
ein Wahlberechtigter, dessen Einspruch vom Bun- übung seines Amtes verhindert ist.
destag verworfen worden ist, wenn ihm mindestens
einhundert Wahlberechtigte beitreten, eine Fraktion § 54
oder eine Minderheit des Bundestags, die wenig- (1) Das Bundesverfassungsgericht kann zur Vor-
stens ein Zehntel der gesetzlichen Mitgliederzahl bereitung der mündlichen Verhandlung eine Vor-
umfaßt, binnen eines Monats seit der Beschluß- untersuchung anordnen; es muß sie anordnen,
fassung des Bundestags beim Bundesverfassungs- wenn der Vertreter der Anklage oder der Bundes-
gericht erheben. präsident sie beantragt.
(2) Die Durchführung der Voruntersuchung ist
Vierter Abschnitt einem Richter des Ersten ·Senats zu übertragen.
Verfahren in den Fällen des § 13 Nr. 4 § 55
§ 49 (1) Das Bundesverfassungsgericht entscheidet auf
(l) Die Anklage gegen den Bundespräsidenten Grund mündlicher Verhandlung.
wegen vorsätzlicher Verletzung des Grundgesetzes (2) Zur Verhandlung ist de; Bundespräsident zu
oder eines anderen Bundesgesetzes wird durch Ein- laden. Dabei ist er darauf hinzuweisen, daß ohne
reichung einer Anklageschrift beim Bundesverfas- ihn verhandelt wird, wenn er unentschuldigt aus-
sungsgericht erhoben. bleibt oder ohne ausreichenden Grund sich vor-
(2) Auf Grund des Beschlusses einer der beiden zeitig entfernt.
gesetzgebenden Körperschaften (Artikel 61 Abs. 1 (3) In der Verhandlung trägt' der Beauftragte der
des Grundges~tzes) fertigt deren Präsident die An- antragstellenden Körperschaft zunächst die An-
klageschrift und übersendet sie binnen eines klage vor. ·
Monats dem Bundesverfassungsgericht. (4) Sodann erhält der Bundespräsident Gelegen-
(3) Die Anklageschrift muß die Handlung oder heit, sich zur Anklage zu erklären.
Unterlassung, wegen der die Anklage erhoben (5) Hierauf findet die Beweiserhebung statt.
wird, die Beweismittel und die Bestimmung der (6) Zum Schluß wird der Vertreter der Anklage
Verfassung oder des Gesetzes, die verletzt sein mit seinem Antrag und der Bundespräsident mit
soll, bezeichnen. Sie muß die Feststellung enthalten, seiner Verteidigung gehört. Er hat das letzte Wort.
daß der Beschluß auf Erhebung der Anklage mit
der Mehrheit von zwei Dritteln der gesetzlichen § 56
Mitgliederzahl des Bundestags oder von zwei (1) Das Bundesverfassungsgericht stellt im Urteil
Dritteln der StiI;nrnen des Bundesrats gefaßt fest, ob der Bundespräsident einer vorsätzlichen
worden ist. Verletzung des Grundgesetzes oder eines genau zu
§ 50 bezeichnenden Bundesgesetzes schuldig ist.
Die Anklage kann nur binnen drei Monaten, (2) Im Falle der Verurteilung kann das Bundes-
nachdem der ihr zugrunde liegende Sachverhalt verfassungsgericht den Bundespräsidenten seines
der antragsberechtigten Körperschaft bekannt ge- Amtes für verlustig erklären. Mit der Verkündung
worden ist, erhoben werden. des Urteils tritt der Amtsverlust ein.
§ 51 § 57
Die Einleitung und Durchführung des Verfah- Eine Ausfertigung des Urteils samt Gründen ist
rens wird durch den Rücktritt des Bundespräsiden- dem Bundestag, dem Bundesrat und der Bundes-
ten, durch sein Ausscheiden aus dem Amt oder regierung zu übersenden.
durch Auflösung des Bundestags oder den Ablauf
seiner Wahlperiode nicht berührt. Fünfter Abschnitt
§ 52
Verfahren in den Fällen des § 13 Nr. 9
§ 58
(1) Die Anklage kann bis zur Verkündung des
Urteils auf Grund eines Beschlusses der antrag- (1) Stellt der Bundestag gegen einen Bundes-
stellenden Körperschaft zurückgenommen werden. richter den Antrag nach Artikel 98 Abs. 2 . des
Der Beschluß bedarf der Zustimmung der Mehr- Grundgesetzes, so sind d,ie Vorschriften der §§ 49
Nr. 17 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 16. April 1951 249
bis 55 mit Ausnahme der §§ 49 Abs. 3 Satz 2, 50 § 62
und 52 Abs. 1 Satz 2 entsprechend anzuwenden. Soweit gemäß Artikel 98 Abs. 5 Satz 2 des
(2) Wird dem Bundesrichter ein Verstoß im Amt Grundgesetzes fortgeltendes Landesver~assungs-
vorgeworfen, so beschließt der Bundestag nicht vor recht nichts Abweichendes bestimmt, gelten die
rechtskräftiger Beendigung des gerichtlichen Ver- Vorschriften dieses Abschnittes auch, wenn das
fahrens oder, wenn vorher wegen desselben Ver- Gesetz eines Landes für Landesrichter eine dem
stoßes ein förmliches Dienststrafverfahren einge- Artikel 98 Abs. 2 des Grundgesetzes entsprechende
leitet worden ist, nicht vor der Eröffnung dieses Regelung trifft.
Verfahrens. Nach Ablauf von sechs Monaten seit
der rechtskräfligen Beendigung des gerichtlichen Sechster Abschnitt
Verfahrens, in dem der Bundesrichter sich des Ver-
stoßes schuldig gemacht haben soll, ist der Antrag Verfahren in den Fällen des § 13 Nr. 5
nicht mehr zulässig. § 63
(3) Abgesehen von den Pällen des Absatz 2 ist Antragsteller und Antragsgegner können nur
ein Antrag gemäß Absatz 1 nicht mehr zulässig, sein: · der Bundespräsident, der Bundestag, der
wenn seit dem Verstoß zwei Jahre verflossen sind. Bundesrat, der Ausschuß nach Artikel 45 des
(4) Der Antrag wird vor dem Bundesverfassungs- Grundgesetzes, die Bundesregierung und die im
gericht von einem Beauftragten des Bundestags Grundgesetz oder in den Geschäftsordnungen des
vertreten. Bundestags und des Bundesrats mit eigenen Rech-
§ 59 ten ausgestatteten Teile dieser Organe.
(1) Das Bundesverfassungsgericht erkennt auf § 64
eine der im Artikel 98 Abs. 2 des Grundgesetzes
(1) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der An-
vorgesehenen Maßnahmen oder auf Freispruch.
tragsteller geltend macht, daß er oder das Organ,
(2) Erkennt das Bundesverfassungsgericht auf dem er angehört, durch eine Maßnahme oder Un-
Entlassung, so tritt der Amtsverlust mit der Ver- terlassung des Antragsgegners in seinen ihm durch
kündung des Urteils ein. das Grundgesetz übertragenen Rechten und Pflich-
(3) Wird auf Versetzung in ein anderes Amt oder ten verletzt oder unmittelbar gefährdet ist.
in den Ruhestand erkannt, so obliegt der Vollzug
der für die Entlassung des Bundesrichters zustän- (2) Im Antrag ist d·ie Bestimmung des Grund-
digen Stelle. ' gesetzes zu bezeichnen, gegen die durch die bean-
standete Maßnahme oder Unterlassung des An-
(4) Eine Ausfertigung des Urteils mit Gründen tragsgegners verstoßen wird.
ist dem Bundespräsidenten, dem Bundestag und der
Bundesregierung zu übersenden. (3) Der Antrag muß binnen sechs Monaten,
nachdem die beanstandete Maßnahme oder Unter-
§ 60 lassung dem Antragsteller bekannt geworden ist,•
Solange ein Verfahren vor dem Bundesverfas- gestellt werden.
sungsgericht anhängig ist, wird das wegen dessel- (4) Soweit die Frist bei Inkrafttreten dieses Ge-
ben Sachverhülls bei einern Dienststrafgericht an- setzes verstrichen ist, kann der Antrag noch binnen
hängige Verfahren ausgesetzt. Erkennt das Bundes- drei Monaten nach Inkrafttreten gestellt werden.
verfassungsgericht auf Entlassung aus dem Amt
oder auf Anordnun~J der Versetzung in ein an- § 65
deres Amt oder in den Ruhestand, so wird das (1) Dem Antragsteller und dem Antragsgegner
Dienstslrafverfa hren eingestellt; im anderen Falle können in jeder Lage des Verfahrens andere in
wird es fortgesetzt. § 63 genannte Antragsberechtigte beitreten, wenn
die Entscheidung auch für die Abgrenzung ihrer
§ 61
Zuständigkeiten von Bedeutung ist.
(1) Die \!Viederaufnahme des Verfahrens findet
(2) Das Bundesverfassungsgericht gibt von der
nur zugunslen des Verurteilten und nur auf seinen
Einleitung des Verfahrens dem Bundespräsidenten,
Antrag oder nach seinem Tode auf Antrag seines
dem Bundestag, dem Bundesrat und der Bundes-
Ehegatten oder eines seiner Abkömmlinge unter
regierung Kenntnis.
den Voraussetzungen der §§ 359 und 364 der Straf-
prozeßordnung statt. In dem Antrag müssen der § 66
gesetzliche Grund der Wiederaufnahme sowie die
Das Bundesverfassungsgericht kann anhängige
Beweismittel angegeben werden. Durch den Antrag
Verfahren verbinden und verbundene trennen.
auf Wiederaufnahme wird die Wirksamkeit des
Urteils nicht gehemrn t. · § 67
(2) Uber die Zulassung des Antrages entscheidet Das Bundesverfassungsgericht stellt in seiner
das Bundesverfassungsgericht ohne mündliche Ver- Entscheidung fest, ob die beanstandete Maßnahme
handlung. Die Vorschriften der §§ 368, 369 Abs. 1, oder Unterlassung des Antragsgegners gegen eine
2 _und 4, 370 und 371 Abs. 1 bis 3 der Strafprozeß- Bestimmung des Grundgesetzes verstößt. Die Be-
ordnung gelten entsprechend. stimmung ist zu bezeichnen. Das Bundesverfas-
(3) In der erneutc~n Hauptverhandlung ist ent- sungsgericht kann in der Entscheidungsformel zu-
weder das frühere Urteil aufrechtzuerhalten oder gleich eine für die Auslegung der Bestimmung des
auf eine mildere Maßnahme oder auf Freispruch Grundgesetzes erhebliche Rechtsfrage entscheiden,
zu erkennen. von der die Feststellung gemäß Satz 1 abhängt.
250 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1951. Teil I
Siebenter Abschnitt beanstandete Maßnahme oder Unterlassung des
Antragsgegners gegen eine Bestimmung der Lan-
Verfahren in den Fällen des § 13 Nr. 7
desverfassung verstößt. Die Vorschriften des § 67
§ 68 Satz 2 und 3 gelten entsprechend.
Antragsteller und Antragsgegner können nur
sein: Neunter Abschnitt
für den Bund die Bundesregierung, Verfahren in den Fällen des § 13 Nt. 10
für ein Land die Landesregierung.
§ 73
§ 69
An einer Verfassungsstreitigkeit innerhalb eines•
Die Vorschriften der §§ 64 bis 67 gelten ent- Landes können nur die obersten Organe dieses
sprechend. Landes und die in der Landesverfassung oder in
§ 70 der Geschäftsordnung eines obersten Organs des
Der Beschluß des Bundesrats nach Artikel 84 Landes mit eigenen Rechten ausgestatteten Teile
Abs. 4 Satz 1 des Grundgesetzes kann nur binnen dieser Organe beteiligt sein.
eines Monats nach der Beschlußfassung angefochten
§ 74
werden.
Bestimmt das Landesrecht nicht, welchen Inhalt
Achter Abschnitt und welche Wirkung die Entscheidung des Bundes-
verfassungsgerichts haben kann, so gilt § 72 Abs. 2
Verfahren in den Fällen des § 13 Nr. 8
entsprechend.
§ 71
§ 75
(1) Antragsteller und Antragsgegner können nur Für das Verfahren gelten die allgemeinen Vor-
sein: schriften des II. Teiles dieses Gesetzes ent-
1. bei öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten ge- sprechend.
mäß Artikel 93 Abs. 1 Nr. 4 des Grund-
gesetzes zwischen dem Bund und den Zehnter Abschnitt
Ländern:
!Verfahren in den Fällen des § 13 Nr. 6
die Bundesregierung und die Landes-
regierungen; § 76
2. bei öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten ge- Der Antrag der Bundesregierung, einer Landes-
mäß Artikel 93 Abs. 1 Nr. 4 des Grund- regierung oder eines Drittels der Mitglieder des
gesetzes zwischen den Ländern: Bundestags gemäß Artikel 93 Abs. 1 Nr. 2 des
die Landesregierungen; Grundgesetzes ist nur zulässig, wenn einer der
Antragsberechtigten Bundes- oder Landesrecht
3. bei öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten ge-
mäß Artikel 93 Abs. 1 Nr. 4 des Grund- 1. wegen seiner förmlichen oder sachlichen
gesetzes innerhalb eines Landes: Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz
oder dem sonstigen Bundesrecht für nichtig
die obersten Organe des Landes und die hält oder
in der Landesverfassung oder in der Ge-
schäftsordnung eines obersten Organs 2. für gültig hält, nachdem ein Gericht, eine
des Landes mit eigenen Rechten ausge- Verwaltungsbehörde oder ein Organ des
statteten Teile dieser Organe, wenn sie Bundes oder eines Landes das Recht als
durch den Streitgegenstand in ihren unvereinbar mit dem Grundgesetz oder
Rechten oder Zuständigkeiten unmittel- sonstigem Bundesrecht nicht angewendet
bar berührt sind. hat.
(2) Die Vorschrift des § 64 Abs. 3 gilt ent- § 77
sprechend. Das Bundesverfassungsgericht hat dem Bundes-
§ 72 tag, dem Bundesrat, der Bundesregierung, bei Mei-
nungsverschiedenheiten über die Gültigkeit von
(1) Das Bundesverfassungsgericht kann in seiner Bundesrecht auch den Landesregierungen und bei
Entscheidung erkennen auf Meinungsverschiedenheiten über die Gültigkeit
1. die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit einer einer landesrechtlichen Norm dem Landtag und der
Maßnahme, Regierung des Landes, in dem die Norm verkündet
wurde, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu
2. die Verpflichtung des . Antragsgegners,
bestimmenden Frist zu geben.
eine Maßnahme zu unterlassen, rück-
gängig zu machen, durchzuführen oder zu § 78
dulden,
Kommt das Bundesverfassungsgericht zu der
3. die Verpflichtung, eine Leistung zu er-
Dberzeugung, daß Bundesrecht mit dem Grund-
bringen.
gesetz oder Landesrecht mit dem Grundgesetz oder
(2) In dem Verfahren nach § 71 Abs. 1 Nr. 3 dem sonstigen Bundesrecht unvereinbar ist, so
stellt das Bundesverfassungsgericht fest, ob die stellt es in seiner Entscheidung die Nichtigkeit fest.
Nr. 17 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 16. April 1951 251
Sind weitere Bestimmungen des gleichen Gesetzes in seiner Entscheidung fest, ob die Regel des
aus denselben Gründen mit dem Grundgesetz oder Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts ist und
sonstigem Bundesrecht unvereinbar, so kann sie ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den
das Bundesverfassungsgericht gleichfalls für nichtig einzelnen erzeugt.
erklären.
(2) Das Bundesverfassungsgericht hat vorher dem
§ 79 Bundestag, dem Bundesrat und der Bundesregierung
(1) Gegen ein rechtskräftiges Strafurteil, das auf
Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu be-
einer gemäß § 78 für nichtig erklärten Norm be- stimmenden Frist zu geben. Sie können in jeder
ruht, ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nach Lage d~s Verfahrens beitreten.
den Vorschriften der Strafprozeßordnung zulässig. § 84
(2) Im übrigen bleiben vorbehaltlich der Vor- Die Vorschriften der §§ 80 und 82 Abs. 3 gelten
schrift des § 95 Abs. 2 oder einer besonderen ge- entsprechend.
setzlichen Regelung die nicht mehr anfechtbaren
Entscheidungen, die auf einer .gemäß § 78 für Dreizehnter Abschnitt
nichtig erklärten Norm beruhen, unberührt. Die
Vollstreckung aus einer solchen Entscheidung ist Verfahren in den Fällen des § 13 Nr. 13
unzulässig. Soweit die Zwangsvollstreckung nach § 85
den Vorschriften der Zivilprozeßordnung durch-
zuführen ist, gilt die Vorschrift des § 767 der Zivil- · (1) Ist die Entscheidung des Bundesverfassungs-
prozeßordnung entsprechend. Ansprüche aus un- gerichts gemäß Artikel 100 Abs. 3 Satz 1 des
gerechtfertigter Bereicherung sind ausgeschlossen. Grundgesetzes einzuholen, so legt das Verfassungs-
gericht des Landes unter Darlegung seiner Rechts-
Elfter Abschnitt auffassung die Akten vor.
Verfahren in den Fällen des § 13 Nr. 11 (2) Das Bundesverfassungsgericht gibt dem Bun-
desrat, der Bundesregierung und, wenn von de1
§ 80 Entscheidung des Verfassungsgerichts eines Landes
(1) Sind die Voraussetzungen des Artikels 100 abgewichen werden will, diesem Gericht Gelegen-
Abs. 1 des Grundgesetzes gegeben, so holen die heit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden
oberen Bundesgerichte unmittelbar, die übrigen Frist.
Gerichte über das zuständige obere Bundesgericht, (3) Das Bundesverfassungsgericht entsc:1eidet nur
soweit es sich um Landesrecht handelt, über das über die Rechtsfrage.
zuständige oberste Gericht des Landes, die Ent-
scheidung des Bundesverfassungsgerichts ein. Vierzehnter Abschnitt
(2) Die Begründung muß angeben, inwiefern von Verfahren in den Fällen des § 13 Nr. 14
der Gültigkeit der Rechtsvorschrift die Entschei-
§ 86
dung des Gerichts abhängig ist und mit welcher
übergeordneten Rechtsnorm sie unvereinbar ist. (1) Antragsberechtigt sind der Bundestag, der
Die Akten sind beizufügen. Bundesrat, die Bundesregforung und die Landes-
(3) Der Antrag des Gerichts ist unabhängig von regierungen.
der Rüge der Nichtigkeit der Rechtsvorschrift durch (2) Wenn in einem gerichtlichen Verfahren streitig
einen Prozeßbeteiligten. und erheblich ist, ob ein Gesetz als Bundesrecht
fortgilt, so hat das Gericht in sinngemäßer Anwen-
§ 81 dung des § 80 die Entscheidung des Bundesver-
Das Bundesverfassungsgericht entscheidet nur fassungsgerichts einzuholen.
über die Rechtsfrage. § 87
§ 82 (1) Der Antrag des Bundesrats, der Bundes-
(1) Die Vorschriften der §§ 77 und 78 Satz 2 regierung oder einer Landesregierung ist nur zu-
gelten entsprechend. lässig, wenn von der Entscheidung die Zulässigkeit
einer bereits vollzogenen oder unmittelbar bevor-
(2) Die in § 77 genannten Verfassungsorgane stehenden Maßnahme eines Bundesorgans, einer
können in jeder Lage des Verfahrens beitreten. Bundesbehörde oder des Organs oder der Behörde
(3) Das Bundesverfassungsgericht gibt' auch den eines Landes abhängig ist.
Beteiligten des Verfahrens vor dem Gericht, das (2) Aus der Begründung des Antrags muß sich
den Antrag gestellt hat, Gelegenheit zur Äuße- das Vorliegen der in Absatz 1 bezeichneten Vor-'
rung; es lädt sie zur mündlichen Verhandlung und
aussetzung ergeben.
erteilt den anwesenden Prozeßbevollmächtigten das § 88
Wort.
Zwölfter Abschnitt Die Vorschrift des § 82 gilt entsprechend.
Verfahren in den Fällen des § 13 Nr. 12 § 89
Das Bundesverfassungsgericht spricht aus, ob das
§ 83 Gesetz ganz oder teilweise in dem gesamten Bun-
(1) Das Bundesverfassungsgericht stellt in den desgebiet oder einem bestimmten Teil des Bundes-
Fällen des Artikels 100 Abs. 2 des Grundgesetzes gebiets als Bundesrecht fortgilt.
252 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1951, Teil I
Fünfzehnter Abschnitt oder des Landes aus, so ist dem zuständigen Mi-
nister Gelegenheit zur Äußerung zu · geben.
Die Verfassungsbeschwerde
(3) Das Bundesverfassungsgericht kann am Ver-
§ 90 fahren nicht Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung
(1) Jedermann kann mit der Behauptung, durch geben.
die öffentliche Gewalt in einem seiner Grund- § 95
rechte oder in einem seiner in Artikel 33, 38, 101, , (1) Wird der Verfassungsbeschwerde stattgege-
103 und 104 des Grundgesetzes enthaltenen Rechte ben, so ist in der Entscheidung festzustellen, welche
I verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwerde zum Vorschrift des Grundgesetzes und durch welche
Bundesverfassungsgericht erheben. Handlung oder Unterlassung sie verletzt wurde.
(2) Ist gegen die Verletzung der Rechtsweg zu- Das Bundesverfassungsgericht kann zugleich aus-
lässig, so kann die Verfassungsbeschwerde erst sprechen, daß auch jede Wiederholung der bean-
nach Erschöpfung des Rechtswegs erhoben werden. standeten Maßnahme das Grundgesetz verletzt.
Das Bundesverfassungsgericht kann jedoch über (2) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen eine
eine vor Erschöpfung des Rechtswegs eingelegte Entscheidung stattgegeben, so hebt das Bundes-
Verfassungsbeschwerde sofort entscheiden, wenn verfassungsgericht die Entscheidung auf, in den
sie von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Fällen des § 90° Abs. 2 Satz 1 verweist es die Sache
Beschwerdeführer ein schwerer und unabwend- an ein zuständiges Gericht zurück.
barer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den
Rechtsweg verwiesen würde. (3) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen ein
Gesetz stattgegeben, so ist das Gesetz für nichtig
(3) Das Recht, eine Verfassungsbeschwerde an zu erklären. Das gleiche gilt, wenn der Ver-
das Landesverfassungsgericht nach dem Recht der fassungsbeschwerde gemäß Absatz 2 stattgegeben
Landesverfassung zu erheben, bleibt unberührt. wird, weil die aufgehobene Entscheidung auf einem
§ 91 verfassungswidrigen Gesetz beruht. Die Vorschrift
des § 79 gilt entsprechend.
Gemeinden und Gemeindeverbände können die
Verfassungsbeschwerde mit der Behauptung erhe- § 96
ben, daß ein Gesetz des Bundes oder des Landes Die Vorschrift des § 41 gilt entsprechend.
die Vorschrift des Artikels 28 des Grundgesetzes
verletzt. l;.)ie Verfassungsbeschwerde zum Bundes-
verfassungsgericht ist ausgeschlossen, soweit eine Sechzehnter Abschnitt
Beschwerde wegen Verletzung des Rechtes auf Gutadltlidle Außerung des Bundesverfassungs-
Selbstverwaltung nach dem Rechte des Landes beim
geridlts
Landesverfassungsgericht erhoben werden kann.
§ 97
§ 92
(1) Der Bundestag, der Bundesrat und die Bun-
In der Begründung der Beschwerde sind das
desregierung können in einem gemeinsamen An-
Recht, das verletzt sein soll, und die Handlung
trag das Bundesverfassungsgericht um Erstattung
oder Unterlassung des Organs oder der Behörde,
eines Rechtsgutachtens über eine bestimmte ver-
durch die der Beschwerdeführer sich verletzt fühlt,
fassungsrechtliche Frage ersuchen.
zu bezeichnen.
§ 93 (2) Dasselbe Recht steht dem Bundespräsidenten
zu.
(1) Die Verfassungsbeschwerde ist binnen eines
Monats nach Zustellung der mit Gründen ver- (3) Das Rechtsgutachten wird vom Plenum des
sehenen rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts Bundesverfassungsgerichts erstattet.
zu erheben.
(2) Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen IV. TEIL
ein· Gesetz oder gegen einen sonstigen Hoheitsakt,
gegen den ein Rechtsweg nicht offensteht, so kann Schlußvorschritten
die Verfassungsbeschwerde nur binnen eines Jahres § 98
seit dem Inkrafttreten des Gesetzes oder dem Erlaß
des Hoheitsaktes erhoben werden. Tritt ein für die Dauer seines Amts an einem
oberen Bundesgericht ernannter Richter des Bun-
(3) Ist ein Gesetz vor dem 1. April 1951 in Kraft desverfassungsgerichts wegen Erreichung der Al-
getreten, so kann die Verfassungsbeschwerde bis tersgrenze oder Zurruhesetzung infolge Dienst-
zum 1. April 1952 erhoben werden. unfähigkeit in den Ruhestand, so erhält er Ruhe-_
gehalt auf der Grundlage der Dienstbezüge, die
§ 94
ihm nach Maßgabe des Gesetzes über das Amts-
(1) Das Bundesverfassungsgericht gibt dem Ver- gehalt der Mitglieder des ijundesverfassungs-
fassungsorgan des Bundes oder des Landes, dessen gerichts zuletzt zugestanden haben. Entsprechendes
Handlung oder Unterlassung in der Verfassungs- gilt für die Hinterbliebenenversorgung.
beschwerde be,mstandet wird, Gelegenheit, sich
binnen· einer zu bestimmenden Frist zu äußern. § 99
(2) Ging die 'Handlung oder Unterlassung von (1) Ein auf Zeit ernannter Richter des Bundes-
einem Minister oder einer Behörde des Bundes verfassungsgerichts tritt in den Ruhestand
Nr. 17 - Tag der Ausgabe: Bonn, lden rn: April 1951
J1. bei J\hluuf seiner Amtsperiode, wenn er Bundesbeamte oder„ Bundesrichter sind, erstattet
1 :iin , diesem I Zeitpunkt das 58. Lebensjahr der Bund dem _Dienstherrn das Ruhegehalt sowie
yqllendc~ .hat und nicht wiedergewählt die Hinterb1iebenenbezüge.
wi;rd,
(3) Absatz 1 und 2 gelten nicht für beamtete
2. bei Zmruhesetzung infolge Dienstunfähig- Lehrer: des Rechts an einer deutschen Hochschule.
keit, wenn diese auf einer bei Ausübung
oder aus Veranlassung des Dienstes er- § 102
littenen Beschädigung beruht.
(1) Steht einem früheren Richter des Bundes-
(2) Ruhe~Jchalt und Hinterbliebenenversorgung verfassungsgerichts ein Anspruch auf Ruhegehalt
bemessen sich nach § 98.
nach § 101 zu, so ruht dieser Anspruch für den
(3) Absatz 1 und 2 gelten nicht für Richter des · Zeitraum, für den ihm Ruhegehalt oder Ubergangs-
Bundesverfassungsgerichts, die beamtete Lehrer geld nach § 99 oder § 100 zu zahlen ist, bis zur
des Rechts auf Lebenszeit an einer deutschen Hoch- Höhe des Betrages dieser Bezüge.
schule sind.
(2) Wird ein früherer Richter des Bundesver-
§ 100
fassungsge:.ichts, der Ubergangsgeld nach § 100 be-
zieht, im öffentlichen Dienst wiederverwendet, so
(l) Endet das Dienstverhältnis eines auf Zeit er- wird das Einkommen aus dieser Verwendung auf
nannten Richters des Bundesverfassungsgerichts, das Ubergangsgeld angerechnet:
so erhält er, wenn er sein Amt wenigstens zwei (3) Absatz 1 und 2 gelten entsprechend für die
Jahre bekleidet hat, für die Dauer eines Jahres ein
Hinterbliebenen.
Ubergangsgeld in Höhe seiner Dienstbezüge nach
Maßgabe des Gesetzes über das Amtsgehalt der § 103
Mitgli~der des Bundesverfassungsgerichts. Dies gilt
. ni1:ht Jür den Fall des Eintritts in den Ruhestand Soweit in den § § 98 bis 102 nichts anderes be-
nach § 99. stimmt ist, finden auf die Richter des Bundesver-
fassungsgerichts die für Bundesrichter geltenden
(2) Die Hinterbliebenen eines Richters des Bun- versorgungsrechtlichen Vorschriften Anwendung.
desverfassungsgerichts, der zur Zeit seines Todes
Anspruch auf Ubergangsgeld gehabt hätte, erhalten
Sterbegeld für die auf den Sterbemonat folgenden § 104
drei Monate und sodann Witwen- und Waisengeld (1) Wird ein Rechtsanwalt zum Richter am Bun-
für die gleiche Zeitdauer, für die der Verstorbene desverfassungsgericht ernannt, so ruhen seine
Ubergangsgeld bezogen haben würde, wenn er am Rechte aus der Zulassung für die Dauer seines
Tage seines Todes aus dem Amt ausgeschieden Amtes.
wäre. Das Witwern- und Waisengeld wird aus dem
Ubergangsgcld berechnet. (2) \rVird ein Notar zum Richter am Bundes-
verfassungsgericht ernannt, so gilt § 101 Abs. 1
(3) I)ie Hinterbliebenen eines früheren Richters Satz 2 entsprechend.
des Bundesverfassungsgerichts, der zur Zeit seines
Todes Ubergangsgeld bezog, erhalten als Sterbegeld § 105
das Ubergangsgeld, das dem Verstorbenen für die
(1) Das Bundesverfassungsgericht kann den
auf den Sterbemonat folgenden drei Monate zu-
gestanden hätte, und sodann Witwen- und Waisen- Bundespräsidenten ermächtigen,
geld für den Rest der Bezugsdauer des Ubergangs- 1. wegen dauernder Dienstunfähigkeit einen
geldes; Absatz 2 Satz 2 findet Anwendung. Richter des Bundesverfassungsgerichts in
den Ruhestand zu versetzen oder, sofern er
§ 101
keinen Anspruch auf Ruhegehalt nach
diesem Gesetz besitzt, sein Dienstverhält-
(1) Ein auf Ze.it zum Richter des Bundesverfas- nis vorzeitig für beendet zu erklären;
sungsoerichts newählter Beamter oder Richter 2. einen Richter des Bundesverfassungsgerichts
scheidet mit der Ernennung aus seinem bisherigen zu entlassen, wenn er wegen einer ent-
Amt aus. f7ür tfü~ Dauer des Dienstverhältnisses als ehrenden Handlung oder zu einer Freiheits-
Richter des Bundesverfassungsge~ichts ruhen die in strafe von mehr als sechs Monaten Gefäng-
dem Dü!nstverh,ültnis als Beamter oder Richter be- nis rechtskräftig verurteilt worden ist oder
gründ(~ten Rechte und Pflichten. Bei unfa.llverletz- wenn er sich einer so groben Pflichtver-
ten Beumten oclor Richt0.rn bleibt der Anspruch auf
letzung schuldig gemacht hat, daß sein
das Heilverfahren unberührt.
Verbleiben im Amt ausgeschlossen ist.
(2) ·. Endet das Dienstverhältnis als Richter des (2) Uber die Einleitung des Verfahrens nach
Bundesverfassungsgerichts, so , tritt der Beamte Absatz 1 entscheidet das Plenum des Bu.ndesver-
oder .Richter,. wenn ihm ke<in anderes Amt über- f assungsgerich ts.
tragen wird, aus seinem Dienstverhältnis als Be-
(3) Die allgemeinen Verfahrensvorschriften sowie
amter oder Richter in den Ruhestand und erhält
die Vorschriften der §§ 54 Abs. 1 und 55 Abs. 1; 2,
das Ruhegehalt, das er in seinem früheren Amt
unter Hinzureclrnung d:dr Dienstzeit als Richter des 4 bis 6 gelten entsprechend.
BundE)sv<:.rfos:i,uf]gsuerich~s erhalten hätte. Soweit (4) Die Ermächtigung nach Absatz 1 'bedarf der
es -sich µrn J3oanite1,oder.RiG:hte.r handelt, die;nicht Zustimmung von 15 Mitgliedern.
254 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1951, Teil I
(5) Nach Einleitung des Verfahrens gemäß Absatz § 107
2 kann das Plenum des Bundesverfassungsgerichts Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Ver-
den Richter vorläufig seines Amtes entheben. Das
kündung in Kraft.
gleiche gilt, wEmn gegen den Richter wegen eines
Verbrechens oder Vergehens das Hauptverfahren Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates
eröffnet worden ist. Die vorläufige Enthebung vom sind gewahrt.
Amt bedarf der Zustimmung von 15 Mitgliedern.
Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet.
(6) Mit der Entlassung nach Absatz 1 Nr. 2 ver-
liert der Richter alle Ansprüche aus seinem Amt. Bonn, den 12. März 1951.
Der Bundespräsident
§ lOG Theodor Heuss
Soweit das Crundgesetz für das Land Berlin gilt
Der Bundeskanzler
oder die Zusttindigkeit des Bundesverfassungs-
Adenauer
gerichts durch ein Ges(~tz Berlins in Obereinstim-
mung rnit diesem Gesetz begründet wird, findet Der Bundesminister der Justiz
dieses Gcselz auch auf Berlin Anwendung. Dehler
Gesetz über das Amtsgehalt der Mitglieder des
Bundesverfassungsgerichts.
Vom 14. April 1951.
Der Bundestag hat das folgende Gesetz be- § 2
schlossen: Dieses Gesetz tritt gleichzeitig mit dem Gesetz
§ 1 über das Bundesverfassungsgericht in Kraft.
(1) Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts
erhält Dienstbezüge nach der Besoldungsgruppe B 2 Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates
mit einer jährlichen Dienstaufwandsentschädigung sind gewahrt.
von viertausendachLhunderl Deutsche Mark. Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet.
(2) Der S lell vertreter des Präsidenten erhält Bonn, den 14. April 1951.
Dienstbezüge nach der Besoldungsgruppe B 3 a.
Der Bundespräsident
(3) Die Richter des Bundesverfassungsgerichts
Theodor Heuss
erhalten Dienstbezüge nach der Besoldungsgruppe
B 4. ,
DerStellvertreter des Bundeskanzlers
(4) Im übrigen gelten die allgemeinen besoldungs- Blücher
rechtlichen Vorschriften, soweit nicht das Gesetz
über das Bundesverfassungsgericht besondere Vor- Der Bundesminister der Finanzen
schriften enthäll. Insbesondere erhalten die Mit- Schäffer
glieder des Bundesverfassungsgerichts auch Woh-
nungsgeldzuschuß I und Kinderzuschläge nach Maß- Der Bundesminister der Justiz
gabe des Besoldungsgesetzes. Dehler
911s Bunrlcs1·1cse!.zb]a11. 0rschPint in zw0i f esondcrtcn Teilen - T,ji] I und Teil II - . Laufender Bezug nur durch die Post. Bezugspreis viertel-
jiihrlid1 für Teil I DM 3,00, lür Teil II -• DM 2.00 (zuzüqlich Zu.,;lellgebühr), -- Einzelstücke je angefangene 24 Seiten DM 0,30 beim Veriag
des „Bundcsünzr,iqr,r" in Bonn odnr in Köln-Rh Zuscndun(J einzelner Stücke per Streifband gegen Voreinsendunr:i des erforderlichen Betrages
uuf l'oslscheckkonto „BundcsanzeitJer" Köln 83 400. - Herausr:ieber: Der Bundesminister der Justiz Verlag: Bundesanzeiger-Verlugs-GmbH,,
Bonn/Köln. Druck: KölnPr Pressedruck GmbH., Köln, Breite Straße 70.