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Bundesgesetzblatt
1950 Ausgegeben zu Bonn am 20. Septemher 1950 1 Nr. 40
Tag Inhalt: Seite
12. 9. 50 Gesetz zur Wiederherstellung der Rechtseinheit au! dem Gebiete der Geridttsverlassung, der
bürgerlichen Rechtspflege, des Strafverfahrens und des Kostenrechts . . . . . . • . . • 455
Gesetz
zur Wiederherstellung der Rechtseinheit auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung, der bürgerlichen
Rechtspflege, des Strafverfahrens und des Kostenrechts.
Vom 12. September 1950.
Der Bundestag hat das folgende Gesetz be- 3. § 5 tritt wieder in folgender Fassung in Kraft:
schlossen: „Wer in einem deutschen Land die Fähigkeit
ARTIKEL 1 zum Richteramt erlangt hat, ist, soweit dieses
Gesetz keine Ausnahme bestimmt, zu jedem
Änderung von Vorschriften
Richteramt innerhalb Deutschlands befähigt."
über die Gerichtsverfassung
4. § 6 tritt wieder in folgender Fassung in Kraft:
I. Änderung .,Die Richter werden auf Lebenszeit ernannt."
des Gerichtsverfassungsgesetzes
5. § 8 erhält wieder folgende. Fassung:
Das Gerichtsverfassungsgesetz wird wie folgt ge-
„Richter können wider ihren Willen nur kraft
ändert:
richterlicher Entscheidung und nur aus den
1. § 2 Abs. 2 und 3 erhält folgende Fassung: Gründen und unter den Formen, die die Gesetze
,,Der ersten Prüfung muß ein mindestens drei- bestimmen, dauernd oder zeitweise ihres Amts
jähriges Studium der Rechtswissenschaft auf enthoben oder an eine andere Stelle oder in den
einer Universität vorangehen. Von dem drei- Ruhestand versetzt werden. Die Gesetzgebung
jährigen Zeitraum sind mindestens drei Halb- kann Altersgrenzen festsetzen, bei deren Er"
jahre dem Studium auf einer deutschen Univer- reichurrg Richter in den Ruhestanp treten.
sitä.i zu widmen. Die vorläufige Amtsenthebung, die kraft Ge-
Zwi,schen der ersten und der zweiten Prüfung setzes eintritt, wird hierdurch nicht berührt.
muß eine Ausbildungszeit von mindestens drei Bei einer Veränderung in der Einrichtung der
und einem halben Jahr und höchstens vier Gerichte oder ihrer Bezirke kann die unfrei·
Jahren liegen. Mindestens dreißig Monate sind wi!lige Versetzung an ein anderes Gericht oder
zum Dienst beI den Gerichten, Staatsanwalt- die Entfernung aus dem Amt unter Belassung
schaften, Notaren und Rechtsanwälten zu ver- des vollen Gehalts durch die Landesjustizver•
wenden; der Rest der Ausbildungszeit ist min- waltung .verfügt werden."
destens zur Hälfte be,i Verwaltungsbehörden,
6. § 8 a wird aufgehoben.
Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen
Rechts, im übrigen in einer dem Ausbildungs- 7. § 9 tritt wieder in folgender Fassung in Kraft:
zweck dienenden Weise zu verwenden." „Wegen vermögensrechtlicher Ansprüche der
Abs. 4 entfällt. Richter aus ihrem Dienstverhältni,s, insbesondere
auf Gehalt, Wartegeld oder Ruhegehalt, darf der
2. § 3 tritt wieder in folgender Fassung in Kraft: Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden."
.,Wer In 'einem deutschen Land die erste Prü-
fung bestanden hat, kann in jedem anderen Land 8. § 10 erhält folgende Fassung:
zur Vorbereitung für den Justizdienst und zur Nach näherer landesgesetzlicher Bestim·
zweiten Prüfung zugelassen werden. m;ng können Gerichtsreferendare mit der Wahr·
Die in einem deutschen Land auf die Vor- nehmung einzelner richterlicher Geschäfte be•
bereitung verwendete Zeit kann in jedem an- traut werden. Der Auftrag ist in jedem Fall
deren Land angerechnet werden." durch den Richter aktenkundig zu machen.
.(56 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
Bei Amtsgerichten und Landgerichten kann, 4. Sofern die Zulässigkeit des Rechtswegs durch
wer zum Richteramt befähigt ist, als Hilfsrichter rechtskräftiges Urteil des Gerichts feststeht,
verwendet werden, ohne gemäß § 6 zum Richter ohne daß znvor auf die Entscheidung der be--
auf Lebenszeit ernannt zu sein. sonderen Behörde angetragen war, bleibt die
Unberührt bleiben die Vorschriften über die Entscheidung des Gerichts maßgebend.''
Ubertragung richterlicher Geschäfte auf den
Rechtspfleger.'" 15. § 18 erhält folgende Fassung:
„Die deutsche Gerichtsbarkeit erstreckt sich
9. § 11 tritt wieder in folgender Fassung in Kraft: nicht auf die Leiter 1rnd Mitglieder der bei der
,,Auf Handelsrichter, Schöffen und Geschwo- Bundesrepublik Deutschland beglaubigten diplo-
rene sind die Vorschriften der §§ 2 bis 9 nicht matischen Vertretungen. Sie erstreckt sich
anzuwenden.'" auch nicht auf andere Personen, die nach den
allgemein anerkannten Regeln des. Völkerrechts
:10. § 12 erhält folgende Fassung:
oder nach einem Staatsvertrag von der deut-
„Die ordentliche streitige Gerichtsbarkeit schen Gerichtsbarke-it befreit sind."
wird durch Amtsgerichte, Landgerichte, Ober-
landesgerichte und durch den Bundesgerichtshof 16. § 19 erhält folgende Fassung:
(das Obere Bundesgericht für das Gebiet der ,,Für die Familienmitglieder, das Geschäfts•
ordentlichen Gerichtsbarkeit) ausgeübt.'" personal der im § 18 genannten Personen und
für ihre Bediensteten, die nicht Deutsche sind,
11. § 13 a wird aufgehoben.
gilt die Vorschrift des § 18 entsprechend,"
12. § 14 erhält folgende Fassung:
17. § 20 erhält wieder folgende Fassung:
,,Als besondere Gerichte werden zugelassen: „Durch die Vorschriften der §§ 18, 19 werden
1. Gerichte der Schiffahrt für die in den Staa\s- die Vorschriften über den ausschließlichen ding·
verträgen bezeichneten Angelegenheiten; lichen Gerichtsstand in bürgerlichen Rechts-
2. Gemeindegerichte für die Verhandlung und streitigkeiten nicht berührt.''
Entscheidung von bürgerlichen Rechts,streitig-
keiten, deren Streitwert einhundert Deutsche 18. § 21 erhält folgende Fassung:
Mark nicht übersteigt. Gegen die Ents<c:hei- ,,Die in der Bundesrepublik Deutschland an•
dung der Gemeindegerichte muß innerhalb ge·stellten Konsuln sind der inländischen Ge-
einer g_esetzlich zu bestimmenden Frist sowohl richtsbarkeit unterworfen, sofern nicht in Ver•
dem Kläger wie dem Beklagten die Be:mfung trägen der Bundesrepublik mit anderen Mächten
auf den ordentlichen Rechtsweg zustehen. Vereinbarungen über die Befreiung der Konsuln
Der Gerichtsbarkeit des Gemeindegerichts von der inländischen Gerichtsbarkeit getroffen
dürfen als Kläger oder Beklagte nur Personen sind."
unterworfen werden, die in der Gemeinde den 19. § 22 Abs. 2 bis 4 erhält wieder folgende Fassung:
Wohnsitz, eine Niederlassung oder im Sinne
der §§ 16, 20 der Zivilprozeßordnung den Auf- „Ein Amtsrichter kann zugleich Mitglied oder
enthalt haben." Direktor bei dem übergeordneten Landgericht
s·ein.
13. § 15 wird anfgehoben. Die allgemeine Dienstanfsicht kann von der
Landesjustizverwaltung dem Präsidenten des
14. § 17 Abs. 2 tritt wieder in folgender Fassung in
übergeordneten Landgerichts übertragen wer•
Kraft:
den. Geschieht dies nicht, so ist, wenn das
„Die Landesgesetzgebung kann jedoch die Amtsgericht mit mehreren Richtern besetzt ist,
Entscheidung von Streitigkeiten zwischen den einem von ihnen von der Landesjnstizverwal-
Gerichten und den Verwaltungsbehörden oder tung die allgemeine Dienstaufsicht zn über-
Verwaltungsgerichten über die Zulässigkeit des tragen; ist die Zahl der Richter höher als fünf•
Rechtswegs besonderen Behörden nach Maß- zehn, so kann die Dienstaufsicht zwischen
gabe der folgenden Vorschriften übertragen: mehreren von ihnen geteilt werden.
1. Die Mitglieder werden für die Dauer des zur Jeder Amtsrichter erledigt die ihm obliegen-
Zeit· ihrer Ernennung von ihnen bekleideten den Geschäfte, soweit dieses Gesetz nichts an-
Amts oder, falls sie zu dieser Zeit ein Amt deres bestimmt, als Einzelrichter.''
nicht bekleiden, auf Lebenszeit ernannt. Sie
können nur nnter denselben Voraussetzungen 20. Folgende Vorschriften werden als §§ 22 a bis
wie die Mitglieder des Bundesgerichtshofes 22 d eingefügt:
ihres Amtes enthoben werden. ,.§ 22 a
2. Mindestens die Hälfte der Mitglieder muß Bei den mit einem Präsidenten besetzten
dem Bundesgerichtshof oder dem Obersten Amtsgerichten wird ein Präsidium gebildet.
Landesgericht oder einem Oberlandesgericht Das Präsidium besteht aus dem Amtsgerichts-
angehören. Bei Entscheidungen dürfen Mit- präsidenten als Vorsitzenden, den Amtsgerichts•
glieder nur in der gesetzlich bestimmten An- direktoren, den Oberamtsrichtern und den bei-
zahl mitwirken. Diese Anzahl muß eine un- den dem Dienstalter nach, bei gleichem Dienst•·
gerade sein und mindestens fünf betragen. alter der Geburt nach ältesten Amtsrichtern.
3. Das Verfahren ist gesetzlich zn regeln. Die Das · Präsidium entscheidet nach Stimmen•
Entscheidung ergeht in öffentlicher Sitzung mehrheit; bei Stimmengleichheit gibt die Stimme
nach Ladung der Parteien. des Amtsgerichtspräsidenten den Ausschlag.
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 457
§ 22 b 23. § 25 erhält folgende Fassung:
Bei den mit mehreren Amtsrichtern besetzten „Der Amtsrichter allein entscheidet bei
Amtsgerichten werden die Geschäfte vor Be• 1. Ubertretungen,
ginn des Geschäftsjahres auf seine Dauer ver• 2. Vergehen,
teilt. In gleicher Weise wird die Vertretung de1 a) wenn sie im Wege der Privatklage ver•
Amtsrichter in Behinderungsfällen geregelt. folgt werden,
Die getroffene Anordnung kann im Laufe des b) wenn die Tat mit keiner höheren Strafe
Geschäftsjahres nur geändert werden, wenn als Gefängnis von sechs Monaten allein
dies wegen Uherlastung, Wechsels oder dauern· oder in Verbindung mit anderen Strafen
der Behinderung eines Richters erforderlich ist. oder mit Nebenfolgen bedroht ist,
c) wenn die Staatsanwaltschaft Anklage zum
§ 22 C Einzelrichter erhebt und keine höhere
Die in § 22 b bezeichneten Anordnung.en wer· Strafe als Gefängnis von einem Jahr zu
den bei den mit einem Präsidenten besetzten erwarten ist,
Amtsgerichten von dem Prä5idium des Amts• 3. Verbrechen, die nur wegen Rückfalls Ver•
gerichts getrolfen. Das gleiche gilt für andere brechen sind, unter den Voraussetzungen der
zum Bezirk des übergeordneten Landgerichts Nr. 2 c."
gehörige Amtsgerichte, über die der Amts·
24. § 26 erhält folgende Fassung:
gerichtspräsident an Stelle des Landgerichts·
präsidenten die Dienstaufsicht ausübt. De.r Amts• „Die Zuständigkeit in Jugendsachen bestimmt
gerichtspräsident bestimmt die Abteilung, die sich nach dem Jugendgerichtsgesetz,"
er übernimmt. 25. § 26 a wird aufgehoben.
Bei den übrigen Amtsgerichten werden die 26. Der Vierte Titel „Schöffengerichte" erhält fol-
im § 22 b bezeichneten Anordnungen von dem gende Fassung:
Präsidium des Landgerichts getroffen. .,§ 28
Sofern eine Entscheidung des Präsidiums nicht Für die Verhandlung uud Entscheidung der
rechtzeitig ergehen kann, werden die im § 22 b zur Zuständigkeit "der Amtsgerichte gehörenden
bezeichneten Anordnungen bei dem mit einem Strafsachen werden, soweit nicht der Amts•
Präsidenten besetzten und bei anderen seiner richter allein entscheidet, bei den Amtsgerichten
Dienstaufsicht unterstehenden Amtsgerichten Schöffengerichte gebildet.
von dem Amtsgerichtspräsidenten, bei den .übri•
gen Amtsgerichten von dem Landgerichtspräsi• § 29
denten getroffen. Die Anordnung ist dem Präsi• Das Sd1öffengericht besteht aus dem Amts-
dium unverzüglich vorzulegen. Sie bleibt in richter als Vorsitzenden und zwei Schöffen.
Kraft, solange das Präsidium nkht anderweit
beschließt. § 30
§ 22 d Insoweit das Gesetz nicht Ausnahmen be•
Die Gültigkeit der Handlung eines Amtsrich- stimmt, üben die Schöffen während der Haupt·
tero wird nicht dadurch berührt, daß die Hand- verhandlung das Richteramt in vollem Umfang
lung nach der Geschäftsverteilung von einem und mit gleichem Stimmrecht wie die Amts•
anderen Richter wahrzunehmen gewesen wäre." richter aus und nehmen auch an den im Laufe
einer Hauptverhandlung zu erlassenden Ent•
21. In § 23 Nr. 1 wird die Streitwertgrenze auf ein• scheidungen teil, die in keiner Beziehung zu der
tausend Deutsche Mark festgesetzt. Nr. 2 Abs. 2 Urteilsfällung stehen und die auch ohne münd·
wird gestrichen. liehe Verhandlung erlassen werden können.
22. § 24 erhält folgende Passung: Die außerhalb der Hauptverhandlung erfor•
derlichen Entscheidungen werden von dem
.,In Strafsachen sind die Amtsgerichte zu- Amtsrichter erlassen.
ständig für
§ 31
1. Ubertretungen,
Das Amt eines Schöffen ist ein Ehrenamt. Es
2. Vergehen, wenn nicht die Staatsanwaltschaft kann nur von Deutschen versehen werden.
wegen der besonderen Bedeutung des Falles
Anklage beim Landgericht erhebt, § 32
3. Verbrechen, wenn nicht die Zuständigkeit des Unfähig zu dem Amt eines Schöffen sind:
Schwurgerichts oder des Bundesgerichtshofes 1. Personen, welche die Befähigung infolge
begründet, im Einzelfall eine höhere Strafe strafgerichtlicher Verurteilung verloren ha·
als zwei Jahre Zuchthaus oder der Ausspruch ben oder wegen eines Verbrechens oder
der Sicherungsverwahrung zu erwarten ist eines vorsätzlichen Vergehens zu einer Frei•
oder die Staatsanwaltschaft wegen der be· heitsstrafe von mehr als sechs Monaten ver•
sonderen Bedeutung des Falles Anklage beim urteilt sind;
Landgericht erhebt. 2. Personen, gegen die ein Ermittlungsverfahren
Das Amtsgericht darf nicht auf eine höhere wegen eines Verbrechens oder Vergehens
Freiheitsstrafe als zwei Jahre Zuchthaus und schwebt. das die Aberkennung der bürger•
nicht auf Sicherungsverwahrung erkennen." liehen Ehrenrechte oder der Fähigkeit zur
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Bekleidung öffentlicher Ämter zur Folge Vorschlagsliste soll außer dem Namen auch den
haben kann; Gebtlrtsort, den Geburtstag und den Beruf des
3. Personen, die infolge gerichtlicher Anord- Vorgeschlagenen enthalten.
nung in der Verfügung über ihr Vermögen Die Vorschlagsliste ist in der Gemeinde eine
beschränkt sind. Woche lang zu jedermanns Einsicht aufzulegen.
§ 33 Der Zeitpunkt der Auflegung ist vorher öffent-
lich bekanntzumachen.
Zu dem Amt eines Schöffen sollen nicht beru-
fen werden: In die Vorschlagsliste sind aufzunehmen in
Gemeinden
1. Personen, die zur Zeit der Aufstellung der
Vorschlagsliste für Schöffen das dreißigsl,; a) mit 500 oder weniger Einwohnern fünf Per-
Lebensjahr noch nicht vollendet haben; sonen,
2. Personen, c;lie zur Zeit der Aufstellung der b) mit mehr als 500 Einwohnern mindestens
Vorschlagsliste noch nicht ein Jahr in der sechs Personen, im übrigen für je 200 Ein-
Gemeinde wohnen; wohner· eine Person.
3. Personen, die wegen geistiger od.er körper-
§ 37
licher Gebrechen zu dem Amt nicht geeig-
net sind. Gegen die Vorschlagsliste kann binnen einer
§ 34 Woche, gerechnet vom Ende der Auf!egungs-
Zu dem Amt eines Schöffen sollen ferner nicht frist, schriftlich oder zu Protokoll mit der Be-
berufen werden: gründung Einspruch erhoben werden, daß in die
Vorschlagsliste Personen aufgenommen sind, die
1. der Bundespräsident;
nach §· 32 nicht aufgenommen werden durften
2. die Mitglieder der Bundesregierung oder
oder nach den §§ 33, 34 nicht aufgenommen
einer Landesregierung;
werden sollten.
3. Beamte, die jederzeit einstweilig in oen
§ 38
Warte- oder Ruhestand versetzt werden
können; Der Gemeindevorsteher sendet die Vor-
4. Richter und Beamte der Staatsanwalt- schlagsliste nebst den Einsprüchen an den Amts-
schaft, Notare und Rechtsanwälte; richter des Bezirks.
5. gerichtliche und polizeiliche Vollstrek- Wird nach Absendung der Vorschlagsliste
kungsbeamte; ihre Berichtigung erforderlich, so hat der Ge-
6. Religionsdiener und Mitglieder solcher re- meindevorsteher hiervon dem Amtsrichter An-
ligiösen Vereinigungen, die satzungsgemäß zeige zu machen.
zum gemeinsamen Leben verpflichtet sind. § 39
Die Landesgesetze können außer den vorbe- Der Amtsrichter stellt die Vorschlagslisten
zeichneten Beamten höhere Verwaltungsbeamte des Bezirks zusammen und bereitet den Beschluß
bezeichI)en, die zu dem Amt eines Schöffen über die Einsprüche vor. Er hat die Beachtung
nicht berufen werden sollen. der Vorschriften des § 36 Abs. 2 zu prüfen und
die Abstellung· etwaiger Mängel zu veranlassen.
§ 35
§ 40
Die Berufung zum Amt eines Schöffen dürfen
ablehnen: Bei dem Amtsgericht tritt jedes zweite Jahr
ein Ausschuß zusammen.
1. Mitglieder deg Bundestages, des Bundes-
rates, eines Landtages oder einer zweiten Der Ausschuß besteht aus dem Amtsrichter
Kammer; als Vorsitzenden und einem von der .Landes-
2. Personen, die im letzten Geschäftsjahr die regierung zu bestimmenden Verwaltungsbeam-
Verpflichtung eines Geschworenen oder an ten sowie zehn Vertrauenspersonen als Bei-
wenigstens zehn Sitzungstagen die Ver- sitzern.
pflichtung eines Schöffen erfüllt haben; Die Vertrauenspersonen werden aus den Ein•
3. Ärzte, Krankenpfleger und Hebammen; wohnern des Amtsgerichtsbezirks von der Ver•
4. Apotheker, die keinen Gehilfen haben; tretung des ihm entsprechenden unteren Ver-
5. Frauen, die glaubhaft machen, daß ihnen waltungsbezirks mit einer Mehrheit von zwei
die Fürsorge für ihre Familie die Ausübung Dritteln der gesetzlichen Mitgliederzahl ge-
des Amtes in besonderem Maße erschwert; wählt. Umfaßt der Amtsgerichtsbezirk mehrere
6. Personen, die zur Zeit der Aufstellung der Verwaltungsbezirke oder Teile mehrerer Ver·
Vorschlagsliste das fünfundsechzigste Le- waltungsbezirke, so bestimmt die zuständige
bensjahr vollendet haben oder es bis zum Oberste Landesbehörde die Zahl der Vertrauens•
Ablauf des Geschäftsjahres vollenden wür- personen, die von den Vertretungen dieser Ver-
den. waltungsbezirke zu wählen sind.
Der Ausschuß ist beschlußfähig, wenn wenig-
§ 36
stens der Vorsitzende, der Verwaltungsbeamte
Die Gemeinde stellt in jedem zweiten Jahr und fünf Vertrauenspersonen anwesend sind.
eine Vorschlagsliste für Schöffen auf. Für die
Aufnahme in die Liste ist die Zustimmung von § 41
zwei Dritteln der gesetzlichen Zahl der Mitglie- Der Ausschuß entscheidet mit einfacher Mehr•
der der Gemeindevertretung erforderlich. Die heit über die gegen die Vorschlagsliste erho•
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, uen 20. September 1950 459
benen Einsprüche Bei Stimmengleichheit ent- Sitzungstag nach § 45 ausgelost.
scheidet die Stimme des Vorsitzenden. Die Ent- Erscheint dies wegen Dringlichkeit untunlich,
scheidungen sind zu Protokoll zu vermerken. so erfolgt die Auslosung durch den Amtsrichter
Sie sind nicht anfechtbar. lediglich aus der Zahl der am Sitz des Gerichts
§ 42 wohnenden Hilfsschöffen. Die Umstände, die
den Amtsrichter hierzu veranlaßt haben, sind
Aus der berichtigten Vorschlagsliste wählt
aktenkundig zu machen.
der Ausschuß mit einer Mehrheit von zwei Drit-
teln der Stimmen für die nächsten zwei Ge-
§ 49
schäftsjahre:
Wird zu den einzelnen Sitzungen die Zuzie-
1. die erforderliche Zahl von Schöffen;
hung anderer als der zunächst berufenen Schöf-
2. die erforderliche Zahl der Personen, die in fen erforderlich, so erfolgt sie aus der Zahl der
der von dem Ausschuß festgesetzten Rei- Hilfsschöffen nach der Reihenfolge der Schöf-
henfolge an die Stelle wegfallender Schöf- fenliste.
fen treten (Hilfsschöffen). Zu wählen sind
Personen, die am Sitz des Amtsgerichts Würde durch die Berufung der Hilfsschöffen
oder in dessen nächster Umgebung woh- nach der Reihenfolge der Schöffenliste eine
nen. Vertagung der Verhandlung oder eine· erheb-
§ 43 liche Verzögerung ihres Beginns notwendig, so
sind die nicht am Sitz des Gerichts wohnenden
Die für jedes Amtsgericht erforderliche Zahl
Hilfsschöffen zu übergehen.
von Haupt- und Hilfsschöffen wird durch den
Landgerichtspräsidenten (Amtsgerichtspräsiden- § 50
ten) bestimmt. Erstreckt sich die Dauer einer Sitzung über
Die Zahl der Hauptschöffen ist so zu bemessen, die Zeit hinaus, für die der Schöffe zunächst
daß voraussichtlich jeder mindestens zu zwölf einberufen ist, so hat er bis zur Beendigung der
ordentlichen Sitzungstagen im Jahr herange- Sitzung seine Amtstätigkeit fortzusetzen.
zogen wird.
§ 44 § 51
Die Namen der gewählten Hauptschöffen und Die Schöffen sind bei ihrer ersten Dienst-
Hilfsschöffen werden bei jedem Amtsgericht in leistung in öffentlicher Sitzung zu beeidigen.
gesonderte Verzeichnisse aufgenommen (Schöf- Die Beeidigung gilt für di2 Dauer des Geschäfts-
fenlisten). jahres.
§ 45 Der Vorsitzende richtet an die zu Beeidigen-
Die Tage der ordentlichen Sitzungen d-~s den die Worte: ,,Sie schwören bei Gott dem
Schöffengerichts werden für das ganze Jahr im Allmächtigen und Allwissenden, die Pflichten
voraus festgestellt. eines Schöffen getreulich zu erfüllen und Ihre
Die Reihenfolge, :n der die Hauptschöffen an Stimme nach bestem Wissen und Gewissen ab- ·
den einzelnen ordentlichen Sitzungen des Jahres zugeben."
teHnehmen, wird durch· Auslosung in öffent- Die Schöffen leisten den Eid, indem jeder ein-
licher Sitzung des Amtsgerichts bestimmt. zeln die Worte spricht: ,,Ich schwöre es, so
Das Los zieht der Amtsrichter. wahr mir Gott helfe."
Uber die Auslosung wird von dem Urkunds-
Der Schwörende soll bei der Eidesleistung die
beamten der Gesthäftsstelle ein Protokoll auf-
rechte Hand erheben.
genommen.
§ 46 Ist ein Schöffe Mitglied einer Religionsgesell-
Der Amtsrichter setzt d!c Schöffen von ihrer schaft, der das Gesetz den Gebrauch gewisser
Auslosung und den Sitzungstagen, an denen sie Beteuerungsformeln an Stelle des Eides ge-
in Tätigkeit zu treten haben, unter Hinweis auf stattet, so wird die Abgabe einer Erklärung
die gesetzlichen Folgen des Ausbleibens in unter der Beteuerungsformel dieser Religions-
Kenntnis. gesellschaft der Eidesleistung gleichgeachtet.
In gleicher Weise werden die im Laufe des Der Eid kann auch ohne religiöse Beteuerung
Geschäftsjahres einzuberufenden Schöffen be- geleistet werden.
nachrichtigt. Uber die Beeidigung wird von dem Urkunds-
§ 47 beamten der Geschäftsstelle ein Protokoll auf-
Eine Änderung in der bestimmten Reihenfolge genommen.
kann auf übereinstimmenden Antrag der be• § 52
teiligten Schöffen von dem Amtsrichter be- Wenn die Unfähigkeit einer als Schöffe in die
willigt werden, sofern die in den betreffenden Schöffenliste aufgenommenen Person eintritt
Sitzungen zu verhandelnden Sachen· noch nicht oder bekannt wird, so ist ihr Name von der
bestimmt sind. Der Antrag lind die Bewilligung Liste zu streichen.
sind aktenkundig zu machen.
Ein Schöffe, bei dem nach seiner Aufnahme
§ 48 in die Schöffenliste Umstände eintreten oder
Wenn die Geschäfte die Anberaumung außer- bekannt werden, bei deren Vorhandensein eine
ordentlicher Sitzungen erforderlich machen, so Berufung zum· Schöffenamt nicht erfolgen soll,
werden die einzuberufenden Schöffen vor dem ist zur Dienstleistung ferner nicht heranzuziehen.
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Der Amtsrichter entscheidet nach Anhörung schuldigung kann die Verurteilung ganz oder
der Staatsanwaltschaft und des beteiligten teilweise zurückgenommen werden. Gegen die
Schöffen. Entscheidung ist Beschwerde des Verurteilten
Die Entscheidung isl nichl anfechtbar. nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung
zulässig.
§ 5:1 § 57
Ablehnungsgründe sind nur zu berücksichti- Bis zu welchem Tag die Vorschlagslisten auf-
gen, wenn sie imwrlrnJ:, einer Woche, nachdem zustellen und dem Amtsrichter einzureichen
der beteiligte Schöffe' von seiner Einberufung sind, der Ausschuß zu "berufen und die Aus-
in Kennlnis gesetzt wnrdrn ist, von ihm geltend losung der Schöffen zu bewirken ist, wird durch
gemacht wt'rden. Sind sie spiitcr entstanden dir Landesjustizverwaltung bestimmt.
oder bekannl geworckn, so ist die Frist erst
von diesem Zeitpunkt zu berechnen. § 58
Der AmtsrichtPr entscheidet über das Gesuch Durch Anordnung der Landesjustizverwaltung
nach Anhörung der Staat~anwallschaft. Die Ent- kann für den Bezirk mehrerer Amtsgerichte
scheidung ist nicht anfi,chtbar. <einem von ihnen die Entscheidung der Straf-
sachen ganz oder zum Teil zugewiesen werden.
§ .'i4
Der Landgerichtspräsident bestimmt die für
Der Amtsricbt0r kann einen Schöffen au! dieses Gericht erforderliche Zahl von Haupt•
dessen Antrag wc,gcn 0ingetrdcner Hinderungs- und Hilfsschöffen und die Verteilung der Zahl
gründe von ÖPr Dirnslleistung an bestimmten der Hauptschöffen auf die einzelnen Amts-
Sitzungslagr'n entbinden. gerichtsbezirke.
Die Entbindung dPs Schöffen von der Dienst- Die übrigen Vorschriften dieses Titels sind
leistung kann davon abhängig gemacht werden, entsprechend anzuwenden."
daß ein anden'r für das Dienstjahr bestimmter
27. § 59 erhält wieder folgenden Absatz 2:
Schöffe für ihn eintritt.
„Die Direktoren und die Mitglieder können
Der Antrag und die Bcwllligung sind akten-
gleichzeitig Amtsrichter im Bezirk des Land•
kundig zu machen.
gerichts sein:·
§ 55
28. § 60 erhält wieder folgende Fassung:
Die Schöffen und Vertrauenspersonen des „Bei den Landgerichten werden Zivil- und
Ausschusses erhalten eine angemessene Ent- Strafkammern gebildet:·
schädigung für den ihnen durch ihre Dienst-
leistung entstehenden Verdienstausfall und den 29. § 61 Abs. 2 erhält wieder folgende Fassung:
mit der Dienstleistung verbundenen Aufwand „Sie werden durch die Landesjustizverwaltung
sowie Ersatz ihrer Fahrtkosten. Ist durch die auf die Dauer eines Geschäftsjahres bestellt."
Dienstleistung eine Vertretung d,:,s zum Schöffe:1 30. § 62 erhält folgende Fassung:
oder zur Vertrauensperson Bernfonen notwen-
„Den Vorsitz in den Kammern führen dc·r
dig geworden, so können die Kosten de~ Ver-
Präsident und die Direktoren. Den Vorsitz in
tretung nach billigem Ermessen erstattet werden.
der kleinen Strafkammer (§ 76 Abs. 2) kann
Di,~ Höhe der Aufwandsentschädigung und der auch ein ständiges Mitglied des Landgerichts
Fahrtkosten sowie die Höchst- und Mindest- führen, das vom Präsidium für die Dauer eines
grenzen der Entschädigung für den Verdienst- Geschäftsjahres bestimmt wird.
ausfall bestimmt der Bundesminister der Justiz
Vor Beginn des Geschäftsjahres bestimmt der
mit Zustimmung des Bundesrates durch allge-
Präsident die Kammer, der !'f sich anschli<'ßt.
meine Anordnung.
Dber die Verteilung des Vorsitzes in den übri·
Entschädigung und Fahrtkosten werden nu, gen Kammern entscheiden der Präsident und
auf Verlangen gewährt.. Der Anspruch erlischt, die Direktoren nach Stimmenmehrheit; !wi
wenn das Verlangen nicht binnen drei Monaten Stimmeng!Pichheit gibt die Stimme des Prä,i·
nach Beendigung der Dienstleistung bei dem denten den Ausschlag ...
Gericht, bei dem die Dienstleistung stattgefun-
den hat, gestellt worden ist. Beschwerden über :Jl. Die §§ 63 bis 70 nhaltPn folgend<' Fassung:
die Höhe der Entschädigung und der Fahrt-
,.§ 63
kosten werden im Aufsichtsweg entschieden.
Vor Beginn des Geschäftsjahres werden auf
§ 56 seine Dauer die Geschüfte nnter die Kammt;rll
Schöffen und VcrlrauenspPrsonen ,frs Aa,- derselben Art verteilt und die ständigen Mit-
schusses, die sich ohne genügende Enlschuldi· glieder der einzelnen Kammern snwie für den
gung zu den Sitzungen nicht rechtzeitig einfin- Fall ihrer Verhinderung die regelmäßigen Ver-
den oder sich ihren Obliegenheiten in anderer lrctC'r bestimmt. Jeder Richter kann zum Mit-
Weise entziehen, sind zu einer Ordnungsstr<1fe glied mehrerer Kammern bestimmt werden.
in Geld sowie in die verursachten Kosten zu Die Anordnung kann im Laufe des Gesrhüfls-
verurteilen. jahres nur geändNt werden, wenn dies wegen
Die Verurteilung wird durch den Amtsrichter Dberlaslung einer Kammer oder infolge
nach Anhörung der Slaatsanwallschaft ausge- Wechsels oder dau,!rnder VPrhinderung einzel•
sprochen. Bei nachträglicher genügender Ent- ner Mitglieder des Gerichts erforderlich wird.
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 461
§ 64 § 69
Die im § 63 bezeichneten Anordnungen trifft Innerhalb der Kammer verteilt der Vo,-
das Präsidium. sitzende die Geschäfte auf die Mitglieder.
Das Präsidium wird durch den Präsidenten
als Vorsitzenden, die Direktoren und das dem § 70
Dienstalter nach, bei gleichem Dienstalter das Soweit die Vertretung eines Mitglieds nicht
der Geburt nach älteste Mitglied gebildet; ist durch ein Mitglied desselben Gerichts möglich
kein Direktor ernannt, so besteht das Präsidium ist, wird sie auf den Antra,g des Präsidiums
aus dem Präsidenten und den beiden ältesten durch die Landesjustizverwaltung geordnet.
Mitgliedern. Die Beiordnung eines nicht auf Lebenszeit er-
Sind bei einem Landgericht zu Beginn des nannten Richters darf, wenn sie auf eine be-
Geschäftsjahres mehr als zehn Direktoren ange- stimmte Zeit erfolgte, vor Ablauf dieser Zeit,
stellt, so gelten folgende besondere Vorschrif wenn sie auf unbestimmte Zeit erfolgte, solan~e
ten: Das Präsidium wird durch den Präsidenten das Bedürfnis, durch das sie veranlaßt wur:ie,
als Vorsitzenden, seinen ständigen Vertreter fortdauert, nicht widerrufen werden. Ist mit d~r
(§ 66 Abs. 2), die acht dem Dienstalter nacn, Vertretung eine Entschädigung verbunden, so
bei gleichem Dienstalter der Geburt nach älte- ist diese für die ganze Dauer im voraus fest•
sten Direktoren und drei Mitglieder gebildet, zustellen.
die von der Gesamtheit der Mitglieder des Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vor-
Landgerichts tür die Dauer des Geschäftsjahres schriften, nach denen richterliche Geschäfte nur
gewählt werden. von auf Lebenszeit ernannten Richtern wahr-
Das Präsidium entscheidet nach Stimmen- genommen werden können, sowie die, welche
mehrheit; bei Stimmengleichheit gibt die Stimme die Vertretung durch auf Lebenszeit ernannte
des Präsidenten den Ausschlag. Richter regeln."
§ 65 32. § 71 erhält folgende Fassung:
Der Präsident kann bestimmen, daß einzelne „Vor die Zivilkammern, einschließlich der
Untersuchungen von dem Untersuchungsrichter, Kammern für Handelssachen, gehören alle
dessen Bestellung mit dem Ablauf des Geschäfts- bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die nicht den
jahres erlischt, zu Ende geführt werden, sowie Amtsgerichten zugewiesen sind.
daß in einzelnen Sachen, in denen während des Die Landgerichte sind ohne Rücksicht auf den
Geschäftsjahres eine Verhandlung bereits statt- Wert des Streitgegenstandes ausschließlich zu-
gefunden hat, die Kammer in ihrer früheren Zu- ständig:
sammensetzung auch nach Ablauf des Geschäfts- 1. für die Ansprüche, die auf Grund d€r Be-
jahres verhandle und entscheide. amtengesetze gEU;en den Fiskus erhoben
§ 66 werden:
Bei Verhinderung des ordentlichen Vor• 2. für die Ansprüche gegen Richter und Be-
sitzenden führt den Vorsitz in der Kammer das amte wegen Uberschreitung ihrer amtlichen
von dem Präsidium vor Beginn des Geschäfts- Befugnisse oder wegen pflichtwidriger
jahres zum regelmäßigen Vertreter bestell.te Unterlassung von Amtshandlungen.
Mitglied der Kammer; ist ein solcher Vertreter Der Landesgesetzgebung bleibt überlassen,
nicht bestellt oder ist auch er verhindert, so Ansprüche gegen den Staat oder eine Körper-
führt das Mitglied der Kammer, das dem schaft des öffentlichen Rechts wegen Verfügu n-
Dienstalter nach, bei gleichem Dienstalter der gen der Verwaltungsbehörden sowie Ansprüche
Geburt nach das älteste ist, den Vorsitz. wegen öffentlicher Abgaben ohne Rücksicht auf
Der Präsident wird in seinen übrigen durch den Wert des Streitgegenstandes den Land-
dieses Gesetz bestimmten Geschäften, wenn ein gerichten ausschließlich zuzuweisen."
Direktor zu seinem ständigen Vertreter ernannt 33. § 72 tritt wieder in folgender Fassung in Kraft:
ist, durch diesen, sonst durch den Direktor ver-
.,Die Zivilkammern, einschließlich der Kam-
treten, der dem Dienstalter nach, bei gleichem
mern für Handelssachen, sind die Berufungs-
Dienstalter der Geburt nach der älteste ist. Ist
und Beschwerdegerichte in den vor den Amts-
kein Direktor ernannt, so wird der Präsident,
gerichten verhandelten bürgerlichen Rechts-
wenn nicht ein Mitglied des Landgerichts zu
streitigkeiten."
seinem ständigen Vertreter ernannt ist, durch
das Mitglied vertreten, das dem Dienstalter 34. § 73 erhält wieder folgende Fassung:
nach, bei gleichem Dienstalter der Geburt nach „Die Strafkammern sind zuständig für die die
das älteste ist. Voruntersuchung und deren Ergebnisse betref-
§ 67 fenden Entscheidungen, die nach den Vorschrif•
Bei Verhinderung des regelmäßigen Ver- ten der Strafprozeßordnung von dem Gericht zu
treters eines Mitglieds wird ein zeitweiliger Brlassen sind: sie entscheiden über Beschwerden
Vertreter durch den Präsidenten bestimmt. gegen Verfügungen des Untersuchungsrichters
und des Amtsrichters sowie gegen Entschei-
§ 68 dungen des Amtsrichters und dBr Schöffen-
Die Vorschriften der §§ 62 bis 67 sind auf die gerichte.
Kammern für Handelssachen nicht anzuwenden. Die Strafkammern erledigen außerdem die in
4,62 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
der Strafprozeßordnung den Landgerichten zu- gen der Strafkammer teilnehmen, und für die
gewiesenen Geschäfte." Streichung eines Schöffen von der Schöffen-
liste des Landgerichts der Landgerichtspräsi-
35. § 73 a wird aufgehoben. dent, im übrigen tritt an .die Stelle des Amts-
richters der Vorsitzende der Strafkammer.
36. § 74 erhält folgende Fassung:
Niemand soll für dasselbe Geschäftsjahr zu-
„Die Strafkammern sind als erkennehde gleich als Schöffe für das Schöffengericht und
Gerichte des ersten Rechtszuges zuständig für für die Strafkammer bestimmt werden. Ist dies
alle Verbrechen, die nicht zur Zuständigkeit des dennoch geschehen oder ist jemand für da_s-
Amtsgerichts, des Schwurg_erichts oder des selbe Geschäftsjahr in mehreren Bezirken zu
Bundesgerichtshofes gehören. Sie sind auch zu- diesen Ämtern bestimmt worden, so hat der Ei:I-
ständig für alle Vergehen und Verbrechen, die berufene das Amt zu übernehmen, zu dem er
von der Staatsanwaltschaft bei ihnen angeklagt zuerst einberufen wird."
werden (§ 24 Nr. 2, 3) oder vom Amtsgericht-an
sie verwiesen sind, weil seine Strafgewalt zu 40. § 78 erhält folgende Fassung:
ihrer Aburteilung nicht ausreicht.
,,Durch Anordnung der Landesjustizverwal-
Die Strafkammern sind außerdem zuständig tung kann wegen großer Entfernung des Land-
für die Verhandlung und Entscheidung über das gerichtssitzes bei einem Amtsgericht für den
Rechtsmittel der Berufung gegen die Urteile des Bezirk eines ·oder mehrerer Amtsgerichte eine
Amtsrichters und des Schöffengerichts." Strafkammer gebildet und ihr für diesen Bezirk
die gesamte Tätigkeit der Strafkammer des
37. § 75 erhält wieder folgende Fassung: Landgerichts oder ein Teil dieser Tätigkeit zu-
„Die Zivilkammern . sind, soweit nicht nach gewiesen werden.
den Vorschriften d_er ~Prozeßgesetze an Stelle Die Kammer wird aus Mitgliedern des Land-
der Kammer der Einzelrichter zu entscheiden gerichts oder Amtsrichtern des Bezirks besetzt,
hat, mit drei Mitgliedern einschließlich des Vor- für den sie gebildet wird. Der Vorsitzende und
sitzenden besetzt." die übrigen Mitglieder werden nach § 63 durch
das Präsidium des Landgerichts bezeichnet.
38. § 76 erhält wieder folgende Fassung:
Die Landesjustizverwaltung verteilt die Zahl
„Die Strafkammern entscheiden außerhalb der der erforderlichen Hauptschöffen auf die zum
Hauptverhandlung in der Besetzung von drei Bezirk der Strafkammer gehörenden Amts-
Mitgliedern mit Einschluß des Vorsitzenden. gerichtsbezirke. Die Hilfsschöffen wählt der
In der Hauptverhandlung ist die Strafkammer Ausschuß bei dem Amtsgericht, bei dem die
besetzt: auswärtige Strafkammer gebildet worden ist.
mit dem Vorsitzenden und zwei Schöffen Die im § 77 dem Landgerichtspräsidenten zu-
(kleine Strafkammer), wenn sich die Berufung gewiesenen . Geschäfte nimmt der Vorsitzende
gegen ein Urt~il' des Amt~richters richtet; der Strafkammer wahr."
mit drei _Richtern mit Einschluß des Vor- 41. Der sechste Titel „Schwurgerichte" erhält fol-
sitzenden unci zwei Schöffen (große Straf- gende Fassung:
kammer) in allen übrigen Fällen."
,,§ 79
39. § 77 erhält folgende Fassung: Für die Verhandlung und Entscheidung von
„Für die Schöffen der Strafkammer gelten Strafsachen treten bei den Landgerichten nach
entsprechend die Vorschriften über die Schöf- Bedarf Schwurgerichte. zusammen.
fen des Schöffengerichts mit folgender Maßgabe:
§ 80
Die Landesjustizverwaltung verteilt die Zahl
Die Schwurgerichte sind zuständig für die
der erforderlichen Hauptschöffen auf die zum
Verbrechen
Bezirk. des Landgerichts gehörenden Amts-
gerichtsbezirke. Die Hilfsschöffen wählt der der Unzucht und Notzucht mit Todesfolge (§ 178
Ausschuß bei dem Amtsgericht, in dessen Be- StGB),
zirk das Landgericht seinen Sitz hat. Hat das des Mordes (§ 211 StGB),
Landgericht seinen. Sitz außerhalb seines Be- des Tolschlags (§ 212 StGB),
zirks, so bestimmt. die .Landesjustizverwaltung,
welcher Ausschuß· der zum Bezirk des Land- der Kindestötung (§ 217 StGB),
gerichts gehörigen Amtsgerichte die Hilfsschöf- der Aussetzung mit Todesfolge (§ 221 Abs. 3
fen wählt. Die Namen . der gewählten Haupt- letzter Halbsatz StGB),
schöffen und der Hilfsschöffen werden von dem der Körperverletzung mit Todesfolge (§ 226
Amtsrichter dem Landgerichtspräsidenten mit- StGB),
geteilt. Der Landgerichtspräsident stellt die Na- der Vergiftung mit Todesfolge (§ 229 Abs. 2
men der Hauptschöffen· zur Schöffenliste des
letzter Halbsatz StGB),
Landgerichts zusammen.
der Freiheitsberaubung m.it Todesfolge (§ 239
An die Stelle des Amtsrichters tritt für die
Auslosung der Reihenfolge, in der die Haupt- Abs. 3 StGB),
schöffen an den einzelnen ordentlichen Sitzun- des schweren Raubes (§ 251 StGB),
Nr. 40 ---- Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 463
des räuberischen Diebstahls und der räuberi- ten der §§ 31 bis 57, 77 entsprechend, so-
schen Erpressung (§§ 252, 255 StGB). wenn weit nicht die §§ 85 bis 90 Abweichendes be-
die Strafe aus § 251 StGB zu entnehmen ist, stünmen.
der besonders schweren Brandstiftung (§ 307 § 85
StGB).
Die Zahl der Hauptgeschworenen ist so zu be-
der Zr,rslörung durch rcxplodierende Stoffe (§ 311 stimmen, daß voraussichtlich jeder Hauptge-
StGB), wenn die Strafe aus § 307 StGB zu ent- schworene nur zu einer Tagung des Schwur-
nehmen ist, gerichts im Geschäftsjahr hr,rangezogen wird.
der Uberschwernmung mit. Todesfolge (§ 312
Abs. 1 letzter Halbsatz StGB), § SG
du Beschädigung wichtiger Bauten mit Todes- Die Reihenfolge, in der die Hauptgeschwor2-
folge (§ 321 Abs. 2 letzter Halbsatz StGB). nen an den Tagungen des Schwurgerichts teil-
nehmen, wird für das ganze Geschäftsjahr im
der gemeingefährlichen Vergiftung mit Todes-
voraus durch Auslosung bestimmt; der Land-
folge (§ 324 letzter Halbsatz StGB),
gerichtspräsident setzt die Geschworenen von
der Freiheitsberaubung im Amt mit Todesfolge der Auslosung mit dem Hinzufügen in Kennt-
(§§ 341, 239 Abs. 3 StGB), nis, daß ihnen darüber, ob und zu welchem
der Tötung durch Sprengstoffe (§ 5 Abs. 2 Halb- Tage sie einberufen werden, eine weitere Nach-
salz 2, Abs. 3 Sprengstoffgesetz). richt zugehen werde.
§ 81 § 87
Das Schwurgericht besteht aus drei Richtern Der Landgerichtspräsident bestimmt, wann
mit Einschluß des Vorsitzenden und sechs Ge- das Schwurgericht zusammentritt, und ordnet
schworenen. die Einberufung der Hauptgeschworenen für die
§ 82 einzelne Tagung nach der Reihenfolge ihrer
Die Richter und die Geschworenen entschei- Auslosung an. Zwischen der Zustellung der La-
den über die Schuld- und Straffrage gemein- dung und dem Beginn der Tagung soll eine
schaftlich; während der Hauptverhandlung üben Frist von zwei \\lochen liegen.
die Geschworenen das Richteramt im gleichen § 88
Umfang wie die Schöffen aus.
Der Landgerichtspräsident entscheidet über
Außerhalb der Hauptverhandlung entscheiden die von den Geschworenen vorgebrachten Ab-
während der Tagung die richterlichen Mitglie- lehnungsgründe sowie darüber, ob ein Geschwo-
der des Schwurgerichts; außerhalb der Tagung rener ferner zur Dienstleistung heranzuzie-
entscheidet die Strafkammer des Landgerichts. hen ist.
§ 83 § 89
Vor Beginn des Geschäftsjahres ernennt der Erstreckt sich eine Tagung des Schwur-
Oberlandesgerichtspräsident für jede Tagung gerichts über den Endtermin des Geschäftsjah-
des Schwurgerichts aus der Zahl der Mitglieder res hinaus, so bleiben die Geschworenen, die
des Oberlandesgerichts oder der in seinem dazu einberufen sind, bis zum Schluß der Ta-
Bezirk angestellten Richter einen Vorsitzenden gung zur Mitwirkung verpflichtet.
des Schwurgerichts. § 90
In gleicher Weise ernennt der Landgerichts- Niemand soll für dasselbe Geschäftsjahr als
präsident für jede Tagung des Schwurgerichts Geschworener und als Schöffe beslimmt wer-
aus der Zahl der Mitglieder des Landgerichts den.
und der in seinem Bezirk angestellten Amtsrich- Ist dies dennoch geschehen oder ist jemand
ter einen StC'llvertreler des Vorsitzenden, die für dasselbe Geschäftsjahr in mehreren Bezfr-
übrigen richterlichen Mitglieder und ihre Stell- ken zu diesen Ämtern bestimmt worden, so hat
vertreter. der Einberufene das Amt zu übernehmen, :m
Wird im Laufe des Geschäftsjahres eine dem er zuerst einberufen wird.
Schwurgerichlstagung erforderlich, für die rich-
terliche Mitglieder nicht ernannt worden sind, § 91
so können sie nachträglich ernannt werden. Die Strafkammer des Landgerichts kann be-
Ebenso könne,n nachträglich Stellvertreter er- stimmen, daß einzelne Sitzungen des Schwur-
nannt werden, wenn eine Vertrettug erforder- gerichts nicht am Sitz des Landgerichts, son-
lich wird und die regelmäßigen Vertreter ver- dern an einem anderen Ort innerhalb des
hindert sind. Schwurgerichtsbezirks abzuhalten seien.
Solange noch nicht bestimmt ist, wann das Wird in einem solchen Fall die Zuziehung
Schwurgericht zusammentritt, erledigt der Vor- anderer als der zunächst berufenen Geschwore-
sitzende der Strafkammer des Landgerichts die nen erforderlich, so werden die Hilfsschöffen
in diesem Gesetz und in der Strafprozeßordnung des für den Sitzungsort zuständigen Schöffen-
dem Vorsitzenden zugewiesenen Geschäfte. Das gerichts nach § 49 he;·angezogen.
gleiche gilt, nachdem die Tagung geschlossen i,t.
§ P2
§ 84 Die Landesjus!Jzverwaltung kann bestimmen,
Für die Geschworenen gelten die Vorschrif- daß die BE'zirke m luerer Landgerichte zu
0
464 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
einem Schwurgcrichtsbczirk zusammengelegt Oberbundesanwalt an die Landesstaatsanwalt•
und die Sitzungen des Schwurgerichts bei einem schalt abgegebenen Sachen trifft das Oberlan•
der Landgerichte abgchallen werden. desgcricht ,weh die im § 73 Abs. 1 bezeichne•
In diesc,m Palle hab,\n das Landgericht, bei ten Entscheidungen.
dem die Sitzungcn des Schwurgerichts abge- Für den Gerichtsstand gellen in diesen Fällen
halten werden, und dessen Präsident die ihnen die allgemeinen Vcrschriftcn. Sind jedoch in
in den §§ 82 bis 91 zug<'wiesenen Geschälte einem Land mehrere Oberlandesgerichte er-
für den Umfang des Schwurgerichtsbezirks richtet, so können die im Abs. 1 den Oberlan•
wahrzunehmen. desgerichlen zugewiesenen Aufgaben durch die
Die Milgliedc,r Jr,s Schwurgerichts mit Ein- Landesjustizverwaltung einem oder einigen der
schluß des Stcllvcrlre[ers des Vorsitzenden Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landes-
können aus der Zahl der in dem Bezirk des gericht übertragen werden. Durch Vereinba•
Schwurgerichts angestellten Richter bestimmt rung der beteiligten Länder können diese •Auf•
werden. gaben dem hiernach zuständigen Gericht eines
Die Zahl c]c,r erforderlichen Hauptgeschwo- Landes auch für das Gebiet eines anderen Lan•
renen wird auf sämtliche Amtsgerichte des des übertragen werden."
Schwurgerichtsbezirks verteilt."" 50. § 121 erhält folgende Fassung:
42. Der Siebente Titel „Kammern für Handelssachen" „Die Oberlandesgerichte sind in Strafsachen
ferner zuständig für die Verhandlung und Ent·
(§§ 93-114) gilt wieder in der Fassung vom
scheidung über die Rechtsmittel:
1. Januar 1933.
1. der Revision gegen
43. § 115 erhält folgende Fassung:
a) die mit der Berufung nicht anfechtbaren
„Die Oberlandesgerichte werden mit einem Urteile des Amtsrichters;
Präsidenten und der erforderlichen Anzahl von
b) die Berufungsurteile der kleinen und
Senatspräsidenten und Räten besetzt."
großen Strafkammer;
44. § ll(ia wird aufgehoben.
c) die Urteile der großen Strafkammer und
45. § 116 erhält folgende Fassung: des Schwurgerichts, wenn die Revision
,,Bei den Oberlandesgerichten werden Zivil· ausschließlich auf die Verletzung einer
und Strafsenate gebildet. in den Landesgesetzen enthaltenen
Durch Anordnung der Landesjustizverwaltung Rechtsnorm gestützt wird;
können außerhalb des Sitzes des Oberlandes- 2. der Beschwerde gegen strafrichterliche
gericbts für den Bezirk eines oder mehrerer Entscheidungen, soweit nicht die Zustän•
Landgerichte Zivil- odN Strafsenate gebild ,t digkeit der Strafkammer oder des Bundes-
und ihnen für diesen Bezirk die gesamte Tätig- gerichtshofes begründet ist.
keit des Zivil- oder Strafsenats des Oberlandes- Will ein Oberlandesgericht bei seiner Ent•
gerichts oder ein Teil dieser Tätigkeit zugewie- scheidung nach Abs. 1 Nr. 1 a oder b von einer
sen werden." nach dem 1. April 1950 ergangenen Entschei-
46. § 117 erhält folgende Fassung: dung eines anderen Oberlandesgerichts oder
von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes
„Die Vorschriften der §§ 62 bis 69 und d0s
s 70 Abs. 1 sind mit der Maßgabe anzuwenden,
abweichen, so hat es die Sache diesem vorzu•
legen."
daß zu dem Präsidium stets die beiden ältesten
Mitglieder des Gerichts zuzuziehen sind." 51. § 122 erhält folgende Fassung:
47. § 118 erhält folgende Passung: ,,Die Senate der Oberlandesgerichte entschei•
den, soweit nicht nach den Vorschriften der
„Zu Hilfsrichtern dürfen nur auf Lebenszeit
Prozeßgesetze an Stelle des Senats der Einzel·
ernannte Richter berufen werden."
richter zu entscheiden hat, in der Besetzung von
48. § 119 erhält wieder folgende Fassung: drei Mitgliedern mit Einschluß des Vorsitzenden.
„Die Oberlandesgerichte sind in bürgerlich2n Die Strafsenate sind in der Hauptverhandlung
Rechtsstreitigkeiten zuständig für die Verhand- des ersten Rechtszuges mit fünf Mitgliedern ein•
lung und Entscheidung über die Rechtsmittel: schließlich des Vorsitzenden zu besetzen."
!. der Berufung gegen die Endurteile der 52. Der Neunte Titel erhält die l'Jberschrift „Bundes-
Landgerichte, gerichtshoi"; die Vorschriften dieses Titels er•
2. der Beschwerde gegen Entscheidungen der halten folgende Fassung:
Landgerichte."
,,§ 123
49. § 120 erhält folgende Fassung:
Sitz des Bundesgerichtshofes ist Karlsruhe.
,,Die Oberlandesgerichte sind zur Verhand-
lung und Entscheidung in erster und letzter In• § 124
stanz in den Strafsachen zuständig, die gemäß Der Bundesgerichtshof wird mit einem Präsi-
§ 134 Abs. 2 von rlem Oberbundesanwalt an denten und der erforderlichen Zahl von Senats·
die Landesstaatsanwaltschaft abgegeben wer- präsidenten und Bundesrichtern besetzt.
den oder in denen der Bundesgerichtshof ge-
mäß § 13-1 Abs. 3 bei Eröffnung des Hauptver- § 125
fahrens die Verhandlung und Entscheidung dem Die Mitglieder des Bundesgerichtshofes
Oberlandesgericht überweist. In den von dem werden durch den Bundesminister der Justiz
Nr. 40 ~- Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 465
gemeinsam mit dem Richlerwahlausschuß ge- verrats und der Parlamentssprengung. In diesen
mäß dem Richlerwahlgcsclz berufen und vom Sachen trifft der Bundesgerichtshof auch die
Bundespräsidenten ernannt. in § 73 Abs. 1 bezeichneten Entscheidungen.
Zum Mitglied des Bundesgerichtshofes kann Verfahren wegen Hochverrats, der sich gegen
nur berufen werden, wer die Fähigkeit zum die verfassungsmäßige Or.dnung eines Landes
Richteramt in einem deutschen Land erlangt richtet, soll der Oberbundesanwalt an die Landes-
und das fünfunddreißigste Lebensjahr vollendet staatsanwaltschaft abgeben, sofern nicht be•
hat. sondere Umstände entgegenstehen.
§ 130 Der Bundesgerichtshof kann in den in Abs. 2
Bei dem Bundesgerichtshof werden Zivil- und bezeichneten Sachen bei der Eröffnung des
Strafsenate gebildet. Ihre Zahl bestimmt der Hauptverfahrens die Verhandlung und Entschei-
Bundesminister der Justiz. dung dem Oberlandesgericht überweisen.
Der Bundesminister der Justiz wird ermächtigt, Auf Verlangen eines Landes hat der Ober-
Zivil- und Strafsenate auch außerhalb des Sitzes bundesanwalt wegen Hochverrats, der sich
des Bundesgerichtshofes zu bilden. gegen die verfassungsmäßige Ordnung dieses
Landes richtet, Anklage beim Bundesgerichts-
§ 131 hof zu erheben.
Die Vorschriften der §§ 62 bis 69 sind mit der § 135
Maßgabe anzuwenden, daß das Präsidium aus In Strafsachen iöt der Bundesgerichtshof ferner
dem Präsidenten, den Senatspräsidenten und zus·tändig zur Verhandlung und Entscheidung
den vier dem Dienstalter nach, bei gleichem über das Rechtsmittel der Revision gegen die
Dienstalter der Geburt nach ältesten Mitgliedern Urteile der Schwurgerichte und die Urteile der
des Gerichts besteht. großen Strafkammern im ersten Rechtszuge, so-
weit nicht die Zuständigkeit der Oberlandes-
§ 132 gerichte begründet ist,
Beim Bundesgerichtshof wird ein Großer
§ 136
Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für
Strafsachen gebildet. Will in einer Rechtsfrage ein Zivilsenat von
Jeder Große Senat besteht aus dem Präsi- der Entscheidung eines anderen Zivilsenats
denten und acht Mitgliedern. oder des Großen Senats für Zivilsachen oder
ein Strafsenat von der Entscheidung eines an-
Die Mitglieder und ihre Vertreter werden deren Strafsenats oder des Großen Senats für
durch das Präsidium -des Bundesgerichtshofes Strafsachen abweichen, so entscheidet im ersten
für die Dauer von zwei Geschäftsjahren bestellt. Fall der Große Senat für Zivilsachen, im zweiten
Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus
Fall der Große Senat für Straf.sachen.
dem Präsidenten und sämtlichen Mitgliedern
der Großen Senate. Die Vereinigten Großen Senate entscheiden,
wenn ein Zivilsenat von der Entscheidung eines
Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Strafsenats oder des Großen Senats für Straf-
Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident sachen, oder ein Strafsenat von der Entschei-
des Bundesgerichtshofes, im Falle seiner Ver- dung eines Zivilsenats oder des Großen Senats
hinderung sein Vertreter. In den Fällen des § 136 für Zivilsachen, oder ein Senat von der früher
können die Präsidenten der beteiligten Senate, eingeholten Entscheidung der Vereinigten
in den Fällen des § 137 der Präsident des er-
Groß2n Senate abweichen will.
kennenden Senats oder ein von ihnen bestimmtes
Mitglied ihres Senats an den Sitzungen des § 137
Großen Senats oder der Vereinigten Großen Der erkennende Senat kann in einer Frage
Senate mit den Befugnissen eines Mitgliedes von grundsätzlicher Bedeutung die Entschei-
teilnehmen. Bei Stimmengleichheit gibt die dung des Großen Senats herbeiführen, wenn
Stimme des Vorsilzenden. den Ausschlag. nach seiner Auffassung die Fortbildung des
Rechts oder di-e Sicherung einer einheitlichen
§ 133
Rechtsprechung e,s erfordert.
In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten ist der
Bundesgerichtshof zuständig für die Verhand- § 138
lung und Entscheidung über die Rechtsmittel: Die Großen Senate und die Vereinigten
1. der Revision gegen die Endurteile der Ober- Großen Senate entscheiden ohne mündliche
landesgerichte sowie gegen die Endurteile Verhandlung i,ur über die Rechtsfrage.
der Landgerichte im Falle des § 566 a det V.or der Entscheidung des Großen Senats für
Zi vilprozcßordn un g; Strafsachen oder der Vereinigten Großen
2. der Beschwerde gegen Entscheidungen der Senate sowie in Ehe- und Entmündigungssachen
Oberlandc.sgerichte in den Fällen des und in Rechtsstreitigkeiten, welche die Fest-
§ 519 b Abs. 2 der Zivilprozeßordr:ung. stelluncr des Rechtsverhältniss2s zwischen Eltern
,rnd Ki~dern odor die' Anfechtung einer Todes-
§ 134 erklärung zum Gegenstand haben, ist der Ober-
In Strafsachen ist der Bundesgerichtshof zu- bundesanwalt zu hören. Der Oberbundesanwalt
sli.inclig für die Untersuchung und Entscheic!ung kann Ruch in der Sitzung seine Auflassung dar-
in erster und letzter Ins,anz in Fällen des Hoch- Jpgen.
466 Bundesgesclzhlalt, Jahrgang 1950
Die Entscheidung ist in der vorliegenden Staatsanwalts können nur zum Richteramt be-
Sache für den erkennenlkn Senat bindend. fähigte Personen ernannt werden,"
Erfordert die Entscheidung der Sache eine 60. § 149 erhält folgende Fassung:
erneute mündliche Verhandlung vor dem er- ,,Der Oberbundesanwalt und die Bundes-
kennenden Senat, so sind die Beteiligten unter anwälte werden auf Vorschlag des Bundes-
Mitteilung der ergangenen Entscheidung der ministers der Justiz, der der Zustimmung des
Rcchtsirnge zu tkr Verhandlung zu laden. Bundesrates bedarf, vom Bundespräsidenten er-
§ 139 nannt."
Die Senate des Bundesgerichtshofes entschei- 61. § 150 erhält wieder folgende Fassung:
·drn in der Ersetzung von fünf Mitgliedern mit „Die Staatsanwaltschaft ist in ihren amtlichen
Einschluß dr·s Vorsi t zenclcn. Verrichtungen von den Gerichten unabhängig."
§ 140 62. § 152 erhält folgende Fassung:
Dc,r Gcschii ltsgang wird durch eine Geschäfls- „Die Hilfsbeamten der Staatsanwaltschc1ft
ordnung gercgcll, die das Plenum beschließt; sind in dieser Eigenschaft verpflichtet, den An-
sie bedarf der BesUitigung durch den Bundes- ordnungen der Staatsanwaltschaft ihres Bezirks
rat," und der dieser vorgesetzten Beamten Folge zu
53. § 142 Abs. 1 crhült folgende Passung: leisten.
,,Das Amt dt·r S!oal3anwaltschaft wird aus~ Die Landesregierung bezeichnet im Einver-
geübt: nehmen mit der Landesjustizverwaltung die Be-
1. bei dem Bundcsgericbtshof durch einen
amtenklassen, auf die diese Vorschrift anzu-
Oberbundesanwalt und durch einen oder wenden ist."
mehrere Bundesanwälte; 63. § 153 erhält folgende Fassung:
2. bei den Oberlandesgerichten und den „Bei jedem Gericht wird eine Geschäftsstelle
Landgerichten durch einen oder mehrere eingerichtet, die mit der erforderlichen Zahl
Staatsanwälte; von Urkundsbeamten besetzt wird. Die Ge-
3. bei den Amtsgerichten durch einen oder schäftseinrichtung bei dem Bundesgerichtshof
mehrere Staatsanwälte oder Amtsan- wird durch den Bundesminister der Justiz, bei
wälte." den Landesgerichten durch die Landesjustiz-
verwaltung bestimmt."
54. § 143 erhiilt folgenden Absatz 3:
64. § 154 erhült folgende Fassung:
„Können die Beamten der Staatsanwaltschaft
verschiedener Länder sich nicht darüber eini- „Die Dienst- und Geschüftsverhältnisse der
gen, wer von ihnen die Verfolgung zu überneh- mit den Zustellungen, Ladungen und Voll-
men hat, so entscheidet der ihnen gemeinsam streckungen zu betrauenden Beamten (Gerichts-
vorgesetzte Beamte der Staatsanwaltschaft, vollzieher) werden bei dem Bundesgerichtshof
sonst der Oberbundesanwalt." durch den Bundesminister der Justiz, bei den
Landesgerichten durch die Landesjustizverwal-
55, § 145 Abs. 2 erhält folgende Passung: tung bestimmt."
,,Amtsanwälte können das Amt der Staats-
65. § 155 erhält wieder folgende Fassung:
anwaltschaft nur bei den Amtsgerichten ver-
sehen." ,,Der Gerichtsvollzieher ist von der Aus-
übung seines Amtes kraft Gesetzes ausge-
56, § 145 a wird aufg<chohcn. schlossen:
57, § 146 erhält folgc:nde Fassung: I. in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten:
„Die Beamten d2r Staatsanwaltschaft baben 1. wenn er selbst Partei oder gesetzlicher
den dienstlichen Anweisungen ihres Vorgcspl1.- Vertreter einer Partei ist oder zu einer
ten nachzukommen." Partei in eiern Verhältnis eines Mitbc:rech-
tigten, Mitverpnichteten oder Schadens
58. § 147 erhält folgende Passung:
ersatzpflichtigen steht;
,,Das Recht der Aufsicht und Leitung steht zu:
2. ·wenn sein Ehegatte Partei isl 1 auch VV('Hll
l. dem Bundcsminist0r der Justiz hinsichtlich die Ehe nicbt mehr besteht;
des Oberbundesanwalts und der Bundes-
3. wenn eine Person Partei ist, mit der er in
anwälte;
gerader Linie verwandt, verschwägert oder
2. clc,r Landesjustizverwaltung hinsichtlich durch Amrnhme an Kindes Slatt verbun-
aller staatsanwaltschaftlichen Beamten des den, in der Seitenlinie bis zum dritten
betreffenden Landes; Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad
3. dem ersten Beamten der Staatsanwalt- verschwägert ist, auch wenn die Ehe,
schaft hei clen Obf:rlandesgerichlen und durch WC')che die Schwägerschaft begrün-
den Lanclgericht0n hinsichtlich aller Beam- det ist, nicht mehr besteht;
ten dc,r Staalsanwallscbaft ihres Bezirks." II. in Strafsachen:
59. § 148 erhält folg'.·nd,, f'assung: 1. wenn er selbst durch die strafbare I land-
,,Der Obcrhundesanwall und die Bund,ac;- Jung verletzt ist;
anwälte sind nichtrichterlichc Beamte. 2. wenn er der Ehegatte des Beschuldigten
Zu diesen Ämtern sowie zu dc:m Amt eines oder Verletzten ist oder gewesen ist;
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September l';s>O 467
3. wena er mit dem -Beschuldigten oder Ver- 73. § 170 erhält folgende Fassung:
letzten in dem unter Nr. I 3 bezeichneten „Die Verhandlung in Ehesachen ist nicht
Verwandtschafts- oder Schwägerschafts- öffentlich."
verhältnis steht."
74. § 181 Abs. 1 erhält folgende Fassung:
66. § 156 erhält wieder folgende Fassung: ,.Ist in den Fällen der §§ 178, 180 eine Ord-
„Die Gerichte haben sich in bürgerlichen nungsstrafe festgesetzt, so kann gegen die Ent-
Rechtsstreitigkei1en und in Strafsachen Rechts- scheidung binnen der Frist von einer Woche
hilfe zu leisten." nach ihrer Bekanntmachung Beschwerde ein-
gelegt werden, sofern.sie nicht von dem Bundes-
67. § 158 Abs. 2 erhält folgende Fassung: ·gerichtshol oder einem Oberlandesgericht ge-
,,Das Ersuchc,1 eines nicht im Rechtszuge vor- troffen ist."
gesetzten Gerichts ist jedoch abzulehnen, wenn
die vorzunehmende 1-landlung nach dem Recht 75. § 192 erhält wieder folgenden Absatz 3:
des ersuchten Gerichts verboten ist. Ist das c;r- „Diese Vorschriften sind auch auf Schöffen
suchte Gericht örtlich nicht zuständig, so gibt und Geschworene anzuwenden."
es das Ersuchen an das zuständige Gericht ab." 76. § 195 erhält wieder folgende Fassung:
68. § 159 erhält folgende Fass_ung : „Kein Richter, Schöffe oder Geschworener
„Wird das Ersuchen abgelehnt oder wird der darf die Abstimmung über eine Frage ver-
Vorschrift des § 158 Abs. 2 zuwider dem Ei-- weigern, weil er bei der Abstimmung über eine
suchen stattgegeben, so entscheidet das Ober- vorhergegangene Frage in der Minderheit ge-
landesgericht, zu dessen Bezirk das ersuchte b!ieb·en ist."
Gericht gehört. Die Entscheidung ist nur a:1- 77. § 197 erhält wieder folgende Fassung:
fechtbar, wenn sie die Rechtshilfe für unzuläs- Die Richter stimmen nach dem Dienstalter,
sig erklärt und das ersuchende und das :,r- 0
bei gleichem Dienstalter nach dem Lebensalter,
suchte Gericht den Bezirken verschiedener Handelsrichter, Schöffen und Geschworene
Oberlandesgerichte angehören. Uber die Be- nach dem Lebensalter; der jüngere stimmt vor
schwerde entscheidet der Bundesgerichtshof. dem älteren. Die Schöffen und Geschworenen
Die Entscheidungen eq,ehen auf Antrag dd stimmen vor den Richtern. Wenn ein Bericht-
Beteiligten oder des ersuchenden Gerichts ohne erstatter ernannt ist, so stimmt er zuerst. Zu-
mündliche Verhandlung." letzt stimmt der Vorsitzende.".
69. § 160 erhält folgende Fassung: 78. § 198 erhält folgende Fassung:
,,Vollstreckungen, Ladungen und Zustelht>1-- ,.Schöffen un_d Geschwore·ne sind verpflichtet,
gen werden nach Vorschrift der Prozeßordnun- über den Hergang bei der Beratung und Ab-
gen bewirkt ohne Rücksicht darauf, ob sie in stimmung Stillschweigen zu bewahren."
dem Land, dem das Prozeßgericht angehö~t,
79. Der Siebzehnte Titel erhält die Uberschrift
oder in einem anderen deutschen Land vorzu-
„Gerichtsferien"; die Vorschriften dieses Titels
nehmen sind."
erhalten folgende Fassung:
70. § 164 erhält folgende Fassung:
,,§ 199
,,Kosten und Auslagen der Rechtshilfe wer-
den von der ersuchenden Behörde nicht er- Die Gerichtsferien beginnen am 15. Juli und
stattet. enden am 15.- September.
Gebühren oder andere öffentliche Abgaben, § 200
de11.en die von der ersuchenden Behörde über- Während der Ferien werden nur in Ferien-
sendeten Schrift.stücke (Urkunden, Protokolle) sachen Termine abgehalten und Entscheidungen
nach dem Recht der ersuchten Behörde unter-
erlassen.
liegen, bleiben außer Ansatz."
Feriensachen sind:
71. § 167 erhält folgende Fassung: 1. Strafsachen;
„Die Polizeibeamten eines deutschen Landes 2. Arrestsacher1 und die eine einstweilige
sind ermächtigt, die Verfolgung eines Flüchti- Verfügung betreffenden Sachen;
gen auf das Gebiet eines anderen deutschen
3. Meß- ul'd Marktsachen;
Landes fortzusetzen und den Flüchtigen dort w
ergreifen. 4. Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und
dem Mieter oder Untermieter von Wohn-
Der Ergriffene ist unverzüglich an das nächste rä'umen oder anderen Räumen oder
Gericht oder die nächste Polizeibehörde des
zwischen dem Mieter und dem Untermieter
Landes, in dem er ergriffen wurde, abzuführen." solcher Räume wegen Uberlassung, Be-
72. § 168 erhält wieder folgende Fassung: nutzung oder Räumung sowie wegen Zu-
rückhaltung der von dem Mieter oder dem
„Die in einem deutschen Land bestehenden Untermieter in die Mieträume eingebrach-
Vorschriften über die Mitteilung von Akten
ten Sachen;
einer öffentlichen Behörde an ein Gericht dieses
Landes sind auch dann anzuwenden, wenn das 5. Ansprüche aus dem außerehelichen Bei-
ersuchende Gericht einem anderen deutschen schlaf:
Land angehört." 6. Wechselsachen;
468 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
7. 1tegreßansprüche 11us einem Scheck; Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes
8. Birnsachcn, wenn über Fortsetzung eines finden auf die obersten Landesgerichte als Be-
angefangenen Baues gestritten wird. hörde der ordentlichen Gerichtsbarkeit ent•
In dem Verfahren vor den Amtsgerichten hat sprechende Anwendung; ferner sind die Vor-
das Gericht auf Antrag auch andere Sachen als schriften der §§ 132, 136 bis 138 des Gerichtsver-
Feriensachen zq bezeichnen. Werden in einer fassungsgesetzes mit der Maßgabe entsprechend
Sache, die durch Beschluß des Gerichts als anzuwenden, daß dnrch Landesgesetz die Bi!•
Feriensache bezeichnet ist, in einem Termin zur dung eines einzigen Großen Senats angeordnet
mündlichen Verhandlung einander widerspre- werden kann, der aus dem Präsidenten und min°
chende Anträge gestellt, so ist der Beschluß destens acht Mitgliedern zu be,stehen hat und
aufzuheben, sofern die Sache nicht besonderer an die Stelle der Großen Senate für Zivilsachen
Beschleunigung bedarf. und für Strafsachen sowie der Vereinigten
In dem Verfahren vor den Landgerichten so- Großen Senate tritt.
wie in dem Verfahren in den höheren Instanzen Die Besetzung der Senate bestimmt sich in
soll das Gericht auf Antrag auch solche Sachen, Strafsachen, in Grundbuchsachen und in Ange-
die nicht unter die Vorschriften des Abs. 1 legenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit
fallen, soweit sie besonderer Beschleunigung nach den Vorschriften über die Oberlandes-
bedürfen, als Feriensachen bezeichnen. Die gerichte, im übrigen nach den Vorschriften über
Bezeichnung kann vorbehaltlich der Entschei- den Bundesgerichtshof."
dung des Gerichts cturch den Vorsitzenden er-
folgen. ARTIKEL 2
§ 201
Zur Erledigung der Feriensachen können bei Änderung von Vorschriften
den Landgerichten Ferienkammern, bei den über das Zivilprozeßrecht
Oberlandesgerichten und dem Bundesgerichts-
hof Feriensenate gebildet werden. I. Änderung
der Zivilprozeßordnung
§ 202
Auf das Kostenfestsetzungsverfahren, das Die Zivilprozeßordnung wird wie folgt ge•
Mahnverfahren, das Zwangsvollstreckungsver- ändert:
fahren, das Konkursverfahren und das Ver- 1. § 15 erhält folgende Fassung:
gleichsverfahren zur Abwendung des Konkurses „Deutsche, die das Recht der Exterritorialität
sind die Ferien ohne Einfluß." genießen, sowie die im Ausland angestellten
Beamten des Bundes oder eines . deutschen
IT. Anderung Landes behalten hinsichtlich des Gerichtsstan-
des EinflihrnngsgPsetzes des den Wohnsitz, den sie im Inland hatten.
zum Gerichtsverfassungsgesetz Wenn sie einen solchen Wohnsitz nicht hatten,
so gilt der Sitz der Bundesregierung als ihr
Das Einführungsgesetz· zum Gerichtsverfas- Wo\msitz.
sungsgesetz wird wie folgt geändert: Auf Wahlkonsuln sind diese Vorschriften
80. § 6 wird aufgehoben. nicht anzuwenden."
81. § 8 erhält folgende Fassung: 2. § 45 erhält wieder folgende Fassung:
„Durch die Gesetzgebung eines Landes, in „Uber das Ablehnungsgesuch entscheidet
dem mehrere Oberlandesgerichte errichtet das Gericht, dem der Abgelehnte angehört;
werden, kann die Verhandlung und Entschei- wenn dieses Gericht durch Ausscheiden de•s
dung der zur ZuständigkeÜ des Bundesgerichts- abgelehnten Mitglieds beschlußunfähi g wird,
hofes gehörenden Revisionen in bürgerlichen das im Rechtszuge zunächst höhere Gericht.
Rechtsstreitigkeiten einem obersten Landes- Wird ein Amtsrichter abgelehnt, so ent-
gericht zugewiesen werden. scheidet das Landgericht. Einer Entscheidung
Diese Vorschrift findet jedoch auf bürgerliche bedarf es nicht, wenn der Amtsrichter das Ab-
Rechtsstreitigkeiten, in denen für die Entschei- lehnungsgesuch für begründet hält.""
dung Bundesrecht in Betracht kommt, keine An- 3. § 46 tritt wieder in folgender Fassung in Kraft:
wendung, es sei denn, daß es sich im wesent- ,.Die Entscheidung über das Ablehnnngs-
lichen um Rechtsnormen handelt, die in den gesuch kann ohne mündliche Verhandlung er-
Landesges-etzen enthalten sind." gehen.
82. § 9 erhält folgende Fassung: Gegen den Beschluß, durch den das Gesuch
„Durch die Gesetzgebung eines Landes, in für begründet erklärt wird, findet kein Rechts-
dem mehrere Oberlandesgerichte errichtet mittel, gegen den Beschluß, durch den d'l.S
werden, können die zur Zuständigkeit der Ober- Gesuch für unbegründet erklärt wird, findet
landesgericht-? gehörenden Entscheidungen in sofortige Beschwerde statt:·
Strafsachen ausschließlich einem der mehreren 4. § 48 tritt wieder in folgender Fassung in Kraft:
Oberlandesgerichte oder an Stelle eines solchen ,.Das für die Erledigung eines AblehnunJS•
Oberlandesgerichts dem Obersten Landesgericht gesuchs zuständige Gericht hat auch dann rn
zugewiesen werden." entscheiden, wenn ein solches Gesuch nicht
83. § 10 erhält folgende Fassung: angebracht ist, ein Richter aber von einem
,.Die allgemeinen sowie die in den §§ 124, Verhältnis Anz,•ige macht, das seine Abl,ah-
130, 131 und 181 Abs. 1 enthaltenen besonderen nung rechtfertigen könnte, oder wenn aus
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, -den 20. September 1950 469
anderer VPranlassung Zweifel darüber eal- das Gericht über die Kosten unter Berücksich-
stdwn, ob ein Richter krall Gesetze, ausge- tigung des bisherigen Such- Uild Slreitstand,s
schlossPn sei. nach. b(lEgem E.rrness,,n. D_ic Entscheidung _er-
Die Entsclwidung ergeht ohne Gehör ud geht durch Beschluß.
PartPit'n." Gegen die Entscheidung findet sofortige Be-
5. § 49 zweiter Halbsalz Prhäll wieder folgende schwerde statt. Vor der Entscheidung über die
Fassung: Beschwerde ist der Gegner zu hören."
.,die Entscl1Pidung Prg<:'hl durch das Gericht, 12. § 99 erhält. folgrnden Abs. 2:
bei dc,m u anrfestcllt ist." „Ist die Ht1uptsache durch eine auf GrunJ
6. § 63 erhält folgende Fassung: eines Anerkenntnisses ausgesprochene Verur-
„Das Recht zur Betreibung des Prozesses teilung erledigt, so findet' gegen die Entschc+
steht jedem Slrcilgcnosscn zu, zu allen Termi- dung über den K~stenpunkt sofortige Be-
nen sind sämt.liche Streitgenossen zu laden.'· schwerde statt. Vor der Entscheidung über die
Beschwerde ist der Gegner zu hören."
7. § 70 Abs. 1 erhält fol.gende Fassung:
„Der Beitritt des Ncbcninlervenienlen erfol~t 13. § 106 Abs. 1 erhält folgende Fassung:
durch Einreichung eines Schriftsalzes bei dem „Sind die Prozeßkosten ganz oder teilweise
Prozcßgericht und, wenn er mit der Einlegung nach Quoten verteilt, so hat nach Anbringung
eines Rechtsmittels verbunden wird, durch des Festsetzungsgcsuchs die Geschäftsstelle
Einreichung eines Schriftsatzes bei dem Rechts- den Gegner aufzufordern, die Berechnung sei·
mittelgericht. Der Schriftsatz ist beiden Par- ner Kosten binnen einer Woche bei -der Ge-
teien zuzustellen und muß enthalten: schäftsstelle einzureichen. Die Vorschriften
L die Bezeichnung der Parteien und '.ies des § 105 sind nicht anzuwenden.''
Rechtsstreits;
2. die bestimmte Angabe des Interesses, dus 14. § 128 erhält folgenden Abs. 2:
der Nebeninlervenient hat; „Mit Einverständnis der Parteien kann das
3 die Erklärung des Beitritts." Gericht eine Entscheidung ohne mündliche
8. § 73 ethctlt folgende Fassung: Verhandlung treffen.''
„Zum Zwecke clc,r Slreilverkündung hat die 15. § 132 erl!Jlt folgende Fassung:
Partei einen Schriftsalz einzureichen, in dem
„Der vorbereitende Schriftsatz, der ne 1e
der Grund der Streitverkündung und die Lage
Tatsachen oder ein anderes neues Vorbringen
d2s Rechtsstreits anrngc,b2n ist. Der Schrift-
salz ist dc:c11 Drillen 7.l!zusl.ellen und dem Geg-
enthält, ist so rechtzeitig einzureichen, daß er
ner des Streitverkiir>dcrs in Abschrift mitzil- mindestcens eine 'Woche vor dc;r mcincllichcn
t,,ikn. Die StreiLvcrkLinclung wird erst mit der Verhandlung zugestellt werden kann. D 1s
Zustellung an d,:,n Dritten wirksam." gleiche gilt für einen Schriftsatz, d.er einen
Zw ischcnstreit betrifft.
9. § 76 Abs. 1 erhält folgende Fassung:
Der vorbere'tende Schriftsatz, der eine G2-
.,Wer als Besitzer e:Per Sache verklagt ist, gene1kHirnn~ auf neues Vorbr-ingcn cnLhält,
die er auf Grund einC's Rcchlsverhältnisses d-2r ist so rechtzeitig einzureichenr da.ß er minde-
im § 868 des Bürgerlichen Gesetzbuchs be- stens drei Tage 'iOr der mündlichen Verhand·
zeichneten Art zu besitzen behauptet, kann lung zugestellt werden kann. Dies gilt nicht,
vor der V crhandlnng zur Hauptsache unter wenn es sicl1 um eine schriftliche Gegenerklä-
Einreichung eines Schriftsatzes, in dem er den rung in einem Zwischenstreit handelt."
mittelbaren Besitzer benennt, und einer Streit-
verkündungsschrift die Ladung des mittel- 16. § · 133 erhält folgende Fassung:
baren Besitzers zur Erklärung beantragen. Bis „Die Parteien sollen den Schriftsätzen, die
zu dieser Erklärung oder bis zum Schluß des sie bei dem Gericht einreichen, die für die Zu-
Termins, in dem sich der Benannte zu erklären stellung erforderliche Zahl von Abschriften
hat, kann der Beklagte die Verhandlung zur beifügen.
Hauptsache verweigern." Im Falle der Zustellung von Anwalt zu An·
10. Im§ 91 werden.die Abs. 3 und 4 durch folg2n- walt (§ 198) ho.bcn die ParteieI\ sofort nach
den neue,n Abs. 3 ersetzt: der Zustellung eine für das Prozeßgericht b•~-
„Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne stimmte Abschrift ihr0r vorbereitenden Schrift-
der Abs. I, 2 gehören auch die Gebühren, die sätze und der Anlagen auf der Geschäftsstelle
durch ein Güteverfahren vor einer durch die niederzulegen.··
Landesju.slizverwaltung eingerichteten oder ctn-
17. § 142 Abs. 3 erh:ill f•Jlg'2nde Fassung:
erkannten Güteslelle entstanden sind: dies gilt
nicht, wenn zwischen der Beendigung des „Das Gericht kann anordnen, daß von clen
G üteverfahrcns und der Klageerhebung mehr in fremder Sprache abgefaßten Urkundc,n eine
als ein Jahr verstrichen ist.'' Übersetzung beigebrc:cht werde, die rin nach
den Richtlinien der Landesjustizverwaltung
11. Hinter § 91 wird folgende Vorschrift als § 91 a
hierzu ermächtigler Übersetzer angefertigt ·
eingefügt:
hat."
.. § 91 a
Haben die Parteien dPn Rechtsstreit in der 18, Der zweite Titel (vor § 166) erhält folgend<!
Hauptsache für erledigt er klärt, so entscheidet überschrift: .,Verfahren bei Zustellungen",
470 Bundesgeset.zblatt, Jahrgang 1950
19. § 180 Abs. 2 bleibt aufgehoben. slellung ist dem Gericht, sofern dies für die
von ihm zu treffende Entscheidung erforder-
20. § 187 bPhält folgende Passung: lich ist, nachzuweisen."
„Ist ein Schriftstück, ohne daß sich seine
formgerechte Zustellung nachweisen läßt, 26. Nach § 212a bleibt folgende Vorschrift als
§ 212b eingefügl:
oder unter Verletzung zwingender Zustel-
,,§ 212b
lungsvorschriftc,n dem Prozeßbeteiligten zuge-
gangen, an d<'n die Zustellung dem Gesetz ge- Eine Zustell 0.mg kann auch dadurch voll-
mäß gerichtet war oder gerichtet werden zogen werden, daß das zu übergebende Schrift-
konnte, so kann die Zustellung als in dem Zeit- stück an der Amtsstelle dem ausgehändigt
punkt bewirkt angC'Sehcn werden, in dem das wird, an den die Zustellung zu bewirken ist.
SchriftsLück dem Beteiligten zugegangen ist. In den Akten und auf dem ausgehändigten
Dies gilt nicht, soweit durch die Zustellung der Schriftstück ist zu vermerken, wann dies g,,-
Lauf einn Notfrist in Gang gesetzt werden schehen ist; der Vermerk ist von dem Beamten,
soll." der die Aushändigung vorgenommen hat, zu
unterschreil:wn."
21. Im § 190 Abs. 3 wird folgender Satz 2 angefügt:
27. § 214 erhält folgende Fassung:
,,Die Obergabe einer Abschrift der Zustel-
lungsurkunde kann dadurch ersetzt werden, „Die Ladung zu einem Termin wird von Amts
daß der Gerichtsvollzieher den Tag der Zu- wegen veranlaßt."
stellung auf dem zu übergebenden Schriftstück 28. § 215 erhält folgende Fassung:
vermerkt." „In Anwaltsprozessen muß die Ladung zur
22. § 191 Nr. 6 erhält folgende Fassung: mündlichen Verhandlung, sofern die Zustellung
„6. die Bemerkung, daß eine Ausfertigung nicht an einen Rechtsanwalt erfolgt, die Auf-
oder eine beglaubigte Abschrift des zuzu- forderung enthalten, einen bei dem Prou,ß-
stellenden Schriftstücks und daß eine beglau- gericht zugelassenen Anwalt zu bestellen."
bigte Abschrift der Zustellungsurkunde über- 29. § 216 Abs. 1 erhält folgende Fassung:
geben oder der Tag der Zustellung auf dem ,,Die Termine werden von Amts wegen be-
zu übergebenden Schriftstück vermerkt ist;" stimrnt, wenn Anträge oder Erklärungen ein-
23. Im § 195 Abs. 2 wird folgender Satz 2 angefügt; gereicht werden, über die nur nach mündlicher
,,Die Obergabe einer Abschrift der Zustel- Verhandlung entschieden werden kann oder
lungsurkunde kann dadurch ersetzt werden, über die mündliche Verhandlung vom Gericht
daß der Postbedienstete den Tag der Zustellung angeordnet ist."
auf der Sendung vermerkt; er hat dies in der 30. § 219 Abs. 2 erhält folgende Fassung:
Zustellungsurkunde zu bezeugen." ,,Der Bundespräs-ident Ist nicht verpflichtet,
24. Nach§ 195 bleibt folgende Vorschrift als§ 195a persönlich an der Gerichtsstelle zu erscheinen."
eingefügt: 31. § 233 Abs. 1 erhält folgende Fassung:
,,§ 195a „Einer Partei, die durch Naturereignisse oder
Findet nach der Wohnung oder dem Geo- andere unabwendbare Zufälle verhindert wor•
schäftsraum, in denen zugestellt werden soll, den ist, eine Notfrist oder die Frist zur Begrün-
ein Postbestelldienst nicht statt, so wird die dung der Berufung oder der Revision einzu•
Sendung bei der zuständigen Postanstalt hin- halten, ist auf Antrag die Wiedereinsetzung in
terlegt. Die Postanstalt vermerkt auf der Zu- den vorigen Stand zu erteilen."
stellungsurkunde und auf der Sendung den 32. § 235 wird aufgehoben.
Grund und den Zeitpunkt der Niederlegung.
33. § 236 Abs. 2 wird aufgehoben.
Das Gericht kann die Zustellung als frühestens
mit dem Ablauf einer vVoche seit dieser Nieder- 34. § 239 Abs. 2 nnd 3 erhält folgende Fassung:
legung bewirkt ansehen, wenn anzunehmen .'st, „Wird die Aufnahme verzögert, so sind auf
daß der Empfänger in der Lage gewesen ist, Antrag des Gegners die Rechtsnachfolger zur
sich die Sendung aushändigen zu lassen oder Aufnahme und zugleich zur Verhandlung d,~r
sich über ihren Inhalt zu unterrichten." Hauptsache zu laden.
25. § 198 Abs. 1 erhält folgende Fassung: Die Ladung ist mit dem den Antrag enthal-
,,Sind die Parteien durch Anwälte vertreten, tenden Schriftsatz den Rechtsnachfolgern selb ;t
so kann ein Schriftstück auch dadurch zug 2 - zuzustellen. Die Ladungsfrist wird von dem
stcllt werden, daß der zustellende Anwalt da.s Vorsitzenden bestimmt."
zu übergebende Schriftstück derri anderen An- 35. § 241 erhält folgende Fassung:
walt übermittelt (Zmtellung von Anwalt zu „Verliert e·ine Partei die Prozr,ßfähigkeit odc-r
Anwalt). Auch Schriftsätze, di2 nach den Vor- stirbt der gesetzliche Vertreter einer Partd
schciften dieses Ge,.etzcs von Amts wegen zu- oder hört seine Vertretungsbefugnis auf, oh·,,e
zustellen wären, können statt dessen von An- daß die Partei prozeßfähig geworden ist, so wird
walt zu Anwalt zugestellt werden, wenn nicht das Verfohren unterbrochen, bis der gesetz-
gleichzeitig dem Gegner eine gerichtliche An- liche Vertreter oder der neue gesetzliche Ver-
ordnung mitzuteilen ist. In dem Schriftsatz soll treter von seiner Bestellung dem Gericht An•
die Erklärung <'n thallen sein, daß er von An- zeige macht oder der Gegner seine Absicht,
walt zu Anwalt zugestellt werde. Die Zu- das Verfahren fortzusetzen, dem Gericht ange-
Nr. 40 - Tag r10r Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 471
zeigt und das Gericht diese Anzeige von Amts !. die Bezeichnung der Parteien und des
wegen zuge·stellt hat. Gerichts;
Die Anzeige des gesetzlichen Vertreters ist 2. die bestimmte Angabe des Gegenstand"s
dem Gegner der durch ihn vertretenen Partei, und des Grundes des erhobenen An-
die Anzeige des Gegners ist dem Vertreter zu• spruchs, sowie einen bestimmten Antrag.
zustellen. Die Klageschrift soll ferner die Angabe des
Diese Vorschriften sind entsprechend anzu• Wertes des Streitgegenstandes enthalten, wenn
wenden, wenn eine Nachlaßverwaltung 1,nge- hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt
ordnet wird." und der Streitgeg_enstand nicht in einer be-
36. § 244 erhält folgende Fassung: stimmten Geldsumme besteht.
„Stirbt in Anwaltsprozessen der. Anwalt Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften
einer Partei oder wird er unfähig, die Vertre- über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf
tung der Parlci fortzuführen, so tritt eine Un- die Klageschrift anzuwenden.
terbrechung des Verfahrens ein, bis der be· Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und
stellte neue Anwalt seine Bestellung dem Ge· Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden
richt angezeigt und das Gericht die Anzeige sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter
dem Gegner von Amts wegen zugestellt hat. Beifügung der für ihre Zustellung oder Mit-
Wird diese Anzeige verzögert, so ist auf An- teilung erforderlichen Zahl von Abschriften
trag des Gegners die Partei selbst .zur Ver- einzureichen."
handlung der Hauptsache zu laden oder zur
Bestellung eines neuen Anwalts binnen einer 41. § 261 erhält folgende Fassung:
von dem Vorsitzenden zu uestimmenden Frist „Der Termin zur mündlichen Verhandlung
aufzufordern. Wird dieser Aufforderung nicht soll nur so weit hinausgerückt werden, als es
Folge geleistet, so ist das Verfahren als auf- zur Wahrung der Einlassüngsfrist geboten er-
genommen anzusehen. Bis zur nachträgLichen scheint."
Anzeige der Beslellung eines neuen Anwalts 42. Nach § 261 werden folgende Vorschriften als
können alle Zustellungen an die zur Anzeige § 261 a und § 261 b eingefügt:
verpflichtete Partei, sofern diese weder am Ort
des Prozeßgerichts noch innerhalb des Amts- .,§ 261 a
gerichtsbezirkes wohnt, in dem das Prozeß-
Nach der Bestimmung des Termins zur münJ-
gericht seinen Sitz hat, durch Aufgabe zur Post
(§ 175) erfolgen."
lichen Verhandlung ist die Ladung der Parteie,i
durch die Geschäftsstelle zu veranlassen.
37. § 246 Abs. 2 erhält folgende Fassung: Dem Beklagten ist mit der Ladung die Klag2-
,.Die Dauer der Aussetzung und die Auf- schrifl zuzustellen. Mit der Zustellung der
nahme des V crfahrens richten sich nach den Klageschrift soll, sofern die Zustellung nicht
Vorschriften der §§ 239, 241 bis 243; in d2n an einen Rechtsanwalt erfolgt, die Aufforde
Fällen des Todes und der Nacherbfolge ist die -rung verbunden werden, etwaige gegen die Be-
Ladung mit dem Schriftsatz, in dem sie bean- hauptungen des Klägers vorzubringende Ein-
tragt ist, auch dem Bevollmächtigten zuz'.l- wendungen und Beweismittel unverzüglich
stellen." durch den zu bestellenden Anwalt in einem
38. § 250 erhält folgende Passung: Schriftsatz dem Gericht mitzuteilen.
„Die Aufnahme eines unterbrochenen od,,,r
§ 261 b
ausgesetzten Verfahrens und die in diese,n
Titel erwähnten Anzeigen erfolgen durch Zu- Die Zustellungen erfolgen, soweit nicht ein
stellung eines bei Gericht einzureichenden anderes vorgeschrieben ist, von Amts wegen.
Schriftsatzes.·· Mit Ausnahme der Klageschrift und solchd
39. § 251a Abs. 1 erhält wieder folgende Sätze Schriftsätze, die Sachanträge oder eine Zurücll.-
2 bis 4: nahme der Klage enthalten, sind Schriftsätze
und sonstige Erklärungen der Parteien, sofern
„Ein Urteil darf in diesem Falle nur in einem nicht das Gericht die Zustellung anordrn,t,
besonderen, auf mindestens eine Woche hinaus ohne besondere Form mitzuteilen. Bei Uber-
anzusetzenden Termin verkündet werden, und
sendung durch die Post gilt die Mitteilunc(,
nur, wenn in einem früheren Ternlin e!!"1e
wenn die Wohnung der Partei im Bereich. chs
mündliche Verhandlung stattgefunden hat. D1s
Ortsbestellverkehrs lieg,t, an de~ folgend,en,
Gericht hat der nicht erschienenen Partei dur~h im übrigen an dem zweiten Werktage nach der
eingeschriebenen Brief den Verkündung,- Aufgabe zur Post als bewirkt, sofern nicht die
termin bekanntztigeben. Die Verkündung unte~· Partei glaubh.ift macht, daß ihr die Mitteilu:,g
bleibt, wenn eine nicht erschienene Partei die„
nicht oder erst in einem späteren Zeitpunkt
vor dem Verkündungstcrmin beantragt und
zugegangen ist.
glaubhaft macht, daß sie in dem Verhandlungs•
termin ohne ihr Verschulden ausgeblieben ist." Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt
oder die Verjährung unterbrochen werden, su
40. § 253 erhält folgende Fa:,sung: tritt die Wirkung, sofern die Zustellung dem-
.,Die Erhebung der Klage erfolgt· durch Zu- nächst erfolgt, bereits mit der Einreichung oder
stellung eines Schriftsatzes (Klageschrift). Anbringung des Antrags oder der Erklärung
Die Klageschrift muß enthalten: ein."
472 Bt1 •1d<'sgesctzblalt, Jahrgang 1950
43. § 271 AIJs. 2 und 3 ,•ri1<1ll folgende ,assung: 0
19. § :J21 Abs. 2 und 3 e1:1,ill fo}c; '!Hie Passung.
„Uic Zurtick11(d11nr~ dt~r Kl<.1ge nud, soweit sie ,,Dje nr1cht rliglichl' Ent.scheid~1ng muß binIE'n
z1ii" \Virk.".-idn1k.('il der Zurück:1<.1hnll.' crrordcrlic'.1 einer ern\vöchigcn Frist, die rnit clcr ZustPllu11,;
i.,i, ,1ucn ,Lc [i1nvdli~ung d<'.'-i E(~klag:c11 ~·,;1d d0s Urlc:ils Lwginnl, durch Einrcichun~ t·i11 1~··s
dein l~ericht. gt'g(,niih;•r LU er\.Uiren. Dir~ 2.ll· Schnttsdtzc~ be.}n!rc.1gt Wt'rden.
ri!Cknc.thrnt: dC'r Klag(~ vrfol~\ :.'('!HJ ~ic, :·1;c'.11 J\ ·.. l den Anl.rag h! ci_n Tcrrnin zur n1lit1tl-
l)('i df'r miindli<hc-n VPrhdndlung ('l_·Jdiirt \\·lrd 1 1:c h<:.'n Verhancllung anzuberaumen. Dem (>g-
durch Einr<'ic hung <:incs Schriftsatzes. ner des Antrag.stPllcrs isl mit der La 0 lung /LI
\Vird ,lil: Klc1gC' zurückgenommf'n, so i.-;~ d1:r die,cm Termin ckr den Antrag enthc1li.C'nd-~
Rcchlssl r"i' <l!s 11ic!ll. anhängig geworden an• Schriftsatz zuzu,tellr:n."
ztt.~c'hen; l'in IJ1·;-r:,ls ergangene~, noch nicht
J<'ciltskriill ,g,•s t;1icil wird wirkungslos, ohne 50. § 331 a erhält wieder folgenden Satz 2:
daß es Sf'IIJ('l cil!Sdrc1clclichen At,fhebung be· „Die Vorschriften cles § 251 a A_bs. l Satz 2
<larf. DN I< i,ig0r ist verpflicbt('t, die Kosten bis 4 gelten entsprPchend.··
des Rcchtsstn,its zu lr,•g0r,, sowi>it nicht bcn,its 51. Nach§ 372 wird folgende Vorschrift als§ 372 a
rechtskräftig ühN ,,ic• erkannt isL Auf Antrag eingef(igt:
des Beklagten sind die in Salz 1 und 2 bezeich-
,.§ 372 a
neten Wirkungen durC'h Beschluß auszu-
Soweit es in den fällen der§§ 1591 und 1717
sprechen. Der Beschl•Jß bedarf keiner münd-
lichC'n Verhandlung. Er uni.erliegt der sofor- des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder in anderen
tigen Beschwerde:· Fällen. zur Feststellung der Abstammung erfor•
derlich ist, hat jede Person Untersuchungen,
44. § 272 erhält folgende Fassung: insbesondere die Ent1nhme von Blutproben
,.Jede Partei hat solche tatsächlichen Be- zum Zwecke dc>r Blutgruppenuntersuchung, zu
hauptungen, Beweismittel und Anträge, auf die dulden, soweit die Untersuchung nach den an-
der GegnN vorau5Sichtlich ohne vorher- erkannten Grundsützen der Wissenschaft eine
gehende Erkundigung keine Erklärung abgeben Aufklärung des S,ichverhalts verspricht und
kann, vor der mündlichen Verhandlung mittels dem zu Untersuchenden nach der Art der Un•
vorbereitenden Schriftsatzes so zeitig mitz,u- tersuchung, nach den Folgen ihres Ergebnisses
teilen, daß der Gegner die erforderliche Erkun- für ihn oder einen der im § 383 Abs. 1 Nr. l
digung noch einzuziehen vermag:· bis 3 bezeichneten Angehörigen und ohne
Nachteil für sPine Gesundheit zugemutet wer-
45. § 272 a Salz 2 erhält folgende Fassung: den kil 1111.
„Ist bis zu dem Termin der Schriltsatz dc:,1 Die VorschriHcn der §§ 386 bis 390 sind ent-
Gegner zugestclll oder gemäß § 261 b Abs. 2 sprechend anzuwenden. Bei wiederholter un•
mitgeteilt, so ist sein Inhalt bei der Entschei- berechtigter Verweigening der Untersuchun,!
dung zu berücksichtigen; wird der Schriftsa:.z kann auch unmittelbarer Zwang angewend21,
bis zu dem Termin nicht eingereicht, so gilt insbesondere die zwangswPise Vorführung zum
die Behauplung des C~egncrs als nicht be- Zwecke der Untersuchung angeordnet wnden."
slrillcn.""
52. § 375 Abs. 2 erhält folgende Passung:
46. § :JIO erhi\11 Iolgu1dc11 ,\h.,. 2: ,.Der Bundespräsident ist in s.einer vVohn1111~
„Gl'i C'i11cm lJrlcil, clas 11c1r h § 12B Abs. 2 ohne
zu vernehmen."
m(inrllichc Verhandlung c'rgcht, wird die Vcr- 53. § 376 erhält folgende Fassung:
k,·111r1u11g durch Zllslrell1;n~ der Urteilsfonn<el „Für clic Vernehmung von Richtern, Beamten
<'rsuzt Die, Vorschrift des § 31.'i Abs, 2 gilt und anderen Personen des öffentlichen Dienstes
f,n I sprcc h end."
als Zeugen über Umstände, auf die sich ihre
47. Jm § 311 wird folgcnclce Vorschrift als net1E'r Pflicht zur Amtsverschwiegenheit bezieht, und
Abs. 1 eingefügt: für die Genehmigung zur Aussage gelten die
,.Das UrlPil ergeht im Namen des Volkec.'' besonderen beamtenrechlli.chen Vorschriften,
Die bisherigen Ats. 1 und 2 des § 311 WN· Für die Mitglieder der Bundes- oder einer
den Abs. 2 unrl 3. Landesregierung gellen die für sie maßgeben-
den besonderen Vorschriften.
48. § 320 Abs. 1 und 3 crlictlt folgende Fa»ung, Eine Genehmigung in den Fällen der Abs .
.,Enthält der Tat1wstand <les Urteils Unrich- 1, 2 ist durch das Prozeßg„richt einzuholen
ti"keilen, die nicht \111:cr die Vor,ch1iften :J.cs 1111d dem Zeugen bekanntzumachen.
vor,;tc,hcnclcn P,rr,1grnpl10n fallen, Ausl~'i- Der Bundespräsident kann das Zeugnis ver•
sung:t":n, D 1_n1kelheiten oder ·\1\liclersprüchc 1 so weigern, wc,nn dir, Ab!Pgung des Zeugnisses
kc1nn die Berichligung binnen Piner ein- dem vVohl des Buncks oder ein2s clE'utschen
wöchigen Frist durch Einrcichui1g Pin es Schrifi-- Lancles Nachteile bereiten würde.
SdtZE'S bcecinlragl werden.
Diese Vorsehrillen gellen auch, wenn <.lie
/\uf c!cn Anlrag ist ein Termin zur mlinil- vorgenannten Persone:1 nicht mehr im öffent-
lichen Vnhundlung ,1nzubernnmen. Dem Ge;:,- lichen Dienst sind, soweit es sich um Tat-
n~r dr,s AntraQstc,11,,rs ist mit der Ladung /u sachen handelt, die sich während ihrer Dienst-
rl1esem Termin der den Antrag enthaltende zeit ere;gnet haben oder ihnen während ihrer
Schriftsatz zuzu,tell('n:· Dienstzeit zur Kenntnis gelangt sind."
Nr. 40 ·-·- Tag dc,r Ausgdbc: Bonn, den 20. Seplemlwr 19'.iü 473
54. § 382 erhält folgende Fassung: 61. Im § 495 wird folgende Vorscl1rift als Abs. 2
„Die Mitglieder der Bundesregierung oder angefügt:
einer Landesregierung sind an ihrem Amts- ,.Der Richter soll in jeder Lage des \·-,,rfah•
sitz oder, wenn sie sich außerhalb ihres Amts- rens auf die gütliche Beikgnng des Recht,·
sitzes aufhalten, an ihrem Aufenthaltsort zu Streits hinwirken:·
vernchnwn.
62. § 495 a wird aufgehoben.
Die Mitglicclu des ßunrlestagcs, des ßundes-
rulcs, eines Landtn,;'" oder einer zweiten 63. § 496 Abs. 3 und 4 erhä!t folgende Fassung:
Kammer sind wiihrcnd ihres Aufenthaltes am .,Soll durch die Zustellung eine f'rist ge•
Silz der Vcrsnmml,rng dort zu vernehmen. wahrt oder die Verjährung unterbrochen
Zu einer Abweichung von den vorstehenden werden, so tritt die Wirkung, sofern die Zu·
Vorschriften bedarf C'.s: stellung demnächst erfolgt, bereits mit der Ein-
für die MitglicdC'r cl0r Bundesregierung :ler reichung oder Anbringung des Antrages oder
Genehmigung der Bundesr0giernng, der Erklärung ein.
für die Mitglieder einer Landesregierung Mit Ausnahme der Klage und solcher
der Genehmigung der Landesregierung, Schriftsätze, die Sachanträge oder eine Zu•
rücknahme der Klage enthalten, sind Schrift-
für die Mitglieder einer der im Abs. 2 ge-
sätze und sonstige Erklärungen der Parteien,
nannten Versammlungen der Genehmigung
sofern nicht das Gericht die Zustellung anord·
dieser Versammlung."
net, ohne besondere Form mitzuteilen. Bei
55. § 406 Abs. 5 erhält wieder folgende Fassung: Ubersendung durch die Post gilt die Mittei-
,.Gegen de11 Beschluß, durch den die Ab- lung, wenn die Wohnung der Partei im Bereich
lehnung für begründet erklärt wird, findet kein des Ortsbestellverkehrs liegt, an dem folgen··
Rechtsmittel, gegen den Beschluß, durch den den, im übrigen an dem zweiten vVerktage
sie für unbegründet erklärt wird, findet sofor• nach der Aufgabe zur Post als bewirkt, sofern
tige Beschwerde statt." nicht die Partei glaubhaft macht, daß ihr die
Mitteilung nicht oder erst in einem späteren
56. § 408 Abs. 2 erhält folgende Fassung: Zeitpunkt zugegangen ist."
.,Für die Vernehmung eines Richters, Beam-
64. § 497 Abs. 1 erhält folgende Fassung:
ten oder einer anderen Person des öffentlichen
Dienstes als Sachver:;tändigen gelten die be- „Ladungen durch die Partei finden nicht
sonderen beamtenrechtlichen Vorschriften. Für statt. Die Termine werden von Amts wegen
die Mitglieder der Bundes- oder einer Landes- bestimmt. Nach Bestimmung des Termins ist
regierung gelten die für sie maßgebenden be- die Ladung der Parteien durch die Geschäfts-
sonderen Vorschriften." stelle zu veranlassen. Die Ladung des Klägers
zu dem auf die Klage bestimmten Termin ist,
57. § 479 Abs. 2 erhält folgende Fassung: sofern nicht das Gericht die Zustellung an·
„Der Bundespräsident leistet den Eid in ordnet, ohne besondere Form mitzuteilen;
seiner Wohnung vor einem Mitglied des Pro· § 496 Abs. 4 Satz 2 gilt entsprechend."
zeßgcrichls oder vor einem anderen Gericht." 65. § 498 Abs. l erhält folgende rassung:
58. Im § 481 wird folgende Vorschrift als neuer „Dem Beklc1gLcn ist mit der Ladung die
Abs. 2 eingefügt: Klageschrift c,c!er das die Klage enthaltende
.,Der Eid kann auch ohne religiöse Be,teue- Protokoll zuzustellen."
rung geleistet werden." 66. § 499 Abs. 1 erhdlt folgenck Fassung:
Die bisherigen Abs. 2 und 3 werden Abs. 3 „Die !'rist zur Einlassncg auf eine Klage
und 4. b<:I, ägt mindestens drei Tage, wenn die Zu-
sleibng an einem Ort erfolgt. der Sitz des
59. § 491 Abs. l erhält folgende Fassung:
Prozeßgerichts ist oder im Bezirk des Prozeß·
,.Der Gegner ist, sofern es nach den Um- gerichts liegt oder von dem ein Teil zu diesem
ständen des Falles geschehen kann, unter Zu- Bezirk gehört; mindestens eine Woche, wenn
stellung des Beschlusses und einer Abschrifl die Zustellung .sonst im Inland erfolgt; in Meß-
des Gesuchs zu dem für die Beweisaufnahme und Marktsachen mindestens 24 Stunden:·
bestimmten Termin so zeitig zu larlen, daß r'r
in diesem Tt·rmin s,,ine Rechte wahrzurwlrnwn fi7. Die §§ 499 a bis 499 g werden aufgehoben.
vermag."
G8. § 500 erhält folgende Fassung:
(i0. § 493 Abs. 2 erhiil! folg<:ncle f'dssung: „An ordentlichen GericbtsLagen können die
,,\Var der Ct·gncr Jn C"i11c1n Tennin zur Bt> Partei,an zur Verhandlung des Rechtsstreits
wcisaufnahmc nichl erschienen, so ist rler Be- ohne Tcrminsbestimrnung vor GPricht er·
weisführer zur Benutzung der Beweisverhand- scheinen.
lung nur dann berechtigt, wenn der Gcg1wr D> Klag<' ,., ; rcl in diesem Falle durch münd·
rechtzeitig geladr,n war oder wenn der Beweis- lic!Jen Vor:n,! erhoben. Sie ist zu Protokoll
führer glanbhaft macht, daß ohne sein Ver· zu nehmen, fc1lls die Sache streitig bleib!. Nach
schulden die Ladung unll'rhliC'bcn oder nicht der Klageerhebung kilnn jede Partei die Ver·
rechtzeitig erfolgt sl'i." lagung des Termir:s hedntrdgen,"
474 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
69. § 500 a wird aufgehoben. rufungsgericht vorgelegt oder angegeben
70. Nach § 510 b wird folgende Vorschrift als werden, daß das Urteil nicht zugestellt sei.
§ 510 c eingc;fügt: Die allgemeinen Vorschriften über die vor-
bereitenden Schriftsätze sind auch auf die Be-
.,§ 510 C rufungsschrift anzuwenden."
Bei Streitigkeiten über vermögensrechtliche 75. § 519 erhält folgende Fassung:
Ansprüche bestimmt das Gericht sein Verfah- ,.Der Berufungskläger muß die Berufung be-
ren nach freiem Ermessen, wenn der Wert des gründen.
Streitgegenstandes zur Zeit der Einreichung Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht
der Klage fünfzig Deutsche Mark nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in
übersteigt. einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht
Ein in diesem Verfahren ergehendes End- einzureichen. Die Frist für die Berufungs-
urteil ist, sofern es nicht als Versäumnis- begründung beträgt einen Monat; sie beginnt
urteil erlassen ist, als Schiedsurteil zu be- mit der Einlegung der Berufung und kann
zeichnen. auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert
Die Parteien können in der Verhandlung werden.
vor dem Gericht auf eine schriftliche Begrün- Die Berufungsbegründung muß enthalten:
dung des Schiedsurteils verzichten; der Ver- 1. die Erklärung, inwieweit das Urteil an-
zicht ist in das Protokoll aufzunehmen. gefochten wird und welche Abänderungen
Das Schiedsurteil steht einem im ordent- des Urteils beantragt werden (Berufungs-
lichen Verfahren ergangenen rechtskräftigen anträge);
Urteil gleich." 2. die bestimmte Bezeichnung der im ein-
71. § 5ll a Abs. 1 erhält folgende Fassung: zelnen anzuführenden Gründe der An-
.,In Rechtsstreitigkeiten über vermögens- fechtung (Berufungsgründe} sowie der
rechtliche Ansprüche ist die Berufung unzu- neuen Tatsachen, Beweismittel und Be•
lässig, wenn der Wert des Beschwerdegegen- wciseinreden, die die Partei zur Recht·
standes fünfzig Deutsche Mark nicht über- fertigung ihrer Berufung anzuführen hat.
steigt." In der Berufungsbegründung soll ferner der
Wert des nicht in einer bestimmten Geldsumme
72. § 515 erhält folgende Fassung: bestehenden Beschwerdegegenstandes ange-
„Die Zurücknahme der Berufung ist ohne geben werden, wenn von ihm die Zulässigkeit
Einwilligung des Berufungsbeklagten nur bis der Berufung abhängt.
zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Die allgemeinen Vorschriften über die vor-
Berufungsbeklagten zulässig. bereitenden Schriftsätze sind auch auf die Be-
Die Zurücknahme ist dem Gericht gegenüber rufungsbegründung anzuwenden."
zu erklären. Sie erfolgt, wenn sie nicht bei 76. § 519 b erhält wieder folgende Fassung:
der mündlichen Verhandlung erklärt wird,
„Das Berufungsgericht hat von Amts wegen
durch Einreichung eines Schriftsatzes.
zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft
Die Zurücknahme hat den Verlust des ein- und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist
gelegten Rechtsmittels und die Verpflichtung eingelegt und begründet ist. Mangelt es an
zur l'olge, die durch das Rechtsmittel entstan- einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung
denen Kosten zu tragen. Auf Antrag des Geg- als unzulässig zu verwerfen.
ners sind diese Wirkungen durch Beschluß aus•
Die Entscheidung kann ohne mündliche Ver•
zusprechen. Der Beschluß bedarf keiner münd-
handlung durch Beschluß ergehen; sie unter-
lichen Verhandlung und ist nicht anfechtbar."
liegt in diesem Falle der sofortigen Beschwerde,
73. § 516 erhält wieder folgende Fassung: sofern gegen ein Urteil gleichen Inhalts die
„Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie Revision zulässig wäre."
ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustel- 77. § 521 tritt wieder in folgender Fassung in
lung des Urteils, spätestens aber mit dem Ab· Kraft:
lauf von fünf Monaten nach der Verkündung."
.,Der Berufungsbeklagte kann sich der Be-
74. § 518 erhält wieder folgende Fassung: rufung anschließen, selbst wenn er auf die Be-
„Die Berufung wird durch Einreichung der rufung verzichtet hat oder wenn die Berufungs-
Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht frist verstrichen ist.
eingelegt. Die Vorschriften über die Anfechtung des
Die Berufungsschrift muß enthalten: Versäumnisurteils durch Berufung sind auch
1. die Bezeichnung des Urteils, gegen das auf seine Anfechtung durch Anschließung an-
die Berufung gerichtet wird; zuwenden."
2. die Erklärung, daß gegen dieses Urteil 78. § 522 tritt wieder in folgender Passung in Kraft:
Berufung eingelegt werde. .,Die Anschließung verliert ihre Wirkung,
Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfer- wenn die Berufung zurückgenommen oder als
tigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, unzulässig verworfen wird.
gegen das die Berufung sich richtet, sowie der Hat der Berufungsbeklagte innerhalb der Be-
Nachweis der Zustellung des Urteils dem Be- rufungsfrist sich der erhobenen Berufung an-
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 475
geschlossen, so wird es so angesehen, als habe fern ihre weitere Verhandlung erforderlich ist,
er die Berufung selbständig eingelegt." an das Gericht des ersten Rechtszuges zurück-
zuverweisen:
79. § 522 a tritt wieder in folgender Fassung in
Kraft: 1. wenn durch das angefochtene Urteil ein
„Die Anschließung erfolgt durch Einre'ichung Einspruch als unzulässig verworfen ist;
der Berufungsanschlußschrift bei dem Be- 2. wenn durch das angefochtene Urteil nur
rufungsgericht. über prozeßhindernde Einreden entschie-
Die t,_nschlußberufung muß vor Ablauf der den ist;
Berufungsbegründungsfrist (§ 519 Abs. 2) und, 3. wenn im Falle eines nach Grund und Be-
sofern sie nach deren Ablauf eingelegt wird, trag streitigen Anspruchs durch das ange-
in der Anschlußschrift begründet werden. fochtene Urteil über den Grund des An·
Die Vorschriften des § 518 Abs. 2, 4, des spruchs vorab entschieden oder die Klage
§ 519 Abs. 3, 5 und der §§ 519 a, 519 b gelten abgewiesen ist, es sei denn, daß der Streit
entsprechend." über den Betrag des Anspruchs zur Ent-
scheidung reif ist;
80. § 529 erhält wieder folgende Fassung:
4. wenn das angefochtene Urteil im Urkun-
,,Die Parteien können Angriffs- und Vertei- den- oder Wechselprozeß unter Vorbehalt
digungsmittel, die im e_rsten Rechtszuge nicht der Rechte erlassen · ist;
geltet,Jd gemacht sind, insbesondere neue Tat-
sachen und Beweismittel, vorbringen. 5. wenn das angefochtene Urteil ein Ver-
säumnisurteil ist.
Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel so-
wie Beweismittel und Beweiseinreden, die im Im Falle der Nr. 2 hat das Berufungsgericht
ersten Rechtszuge hätten geltend gemacht wer- die sämtlichen prozeßhindernden Einreden zu
erledigen."
den können und deren Berücksichtigung die
Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde, 84. § 539 tritt wieder in folgender Fassung in Kraft:
sind jedoch nur zuzulassen, wenn nach der .,Leidet das Verfahren des ersten Rechts-
freien Uberzeugung des Gerichts die Partei das zuges an einem wesentlichen Mangel, so kann
Vorbringen im ersten Rechtszuge weder in der das Berufungsgericht unter Aufhebung des
Absicht. den Prozeß zu verschleppen, noch aus Urteils und des Verfahrens, soweit das letztere
grober Nachlässigkeit unterlassen hatte Diese durch den Mangel betroffen wird, die Sache
Vorschrift gilt entsprechend für das Vorbrin- an das Gericht des ersten Rechtszuges zurück-
gen einer Partei. das im ersten Rechtszuge verweisen."
nach den §§ 279. 279 a, 283 Abs. 2 zurückge-
wiesen worden ist. 85. Als § 540 wird folgende Vorschrift eingefügt:
Die Vorschrift des Abs. 2 Satz 1 gilt ferner .,In den Fällen der §§ 538, 539 kann das Be-
entsprechend, wenn der Berufungskläger ejn rufungsgericht von einer Zurückverweisung
neues. Vorbringen, des·sen Geltendmachung in absehen und selbst entscheiden, wenn es dies
der Berufungsinstanz zulässig ist. entgegen der für sachdienlich hält.""
Vorschrift des § 519 nicht in der Berufurigs- 86. § 545 Abs. 1 erhält folgende Fassung:
begründung mitgeteilt hat
.,Die Revision findet geg~n die in der Beru-
Die Erhebung einer Widerklage ist nur zu- fungsinstanz von den Oberlandesgerichten er·
zulassen, wenn der Gegner einwilligt oder das lassenen Endurteile nach Maßgabe der folgen~
Gericht die Geltendmachung des mit ihr ver- den Vorschriften statt:·
folgten Anspruchs in dem anhängigen Ver-
fahren für sachdienlich hält. 87. § 546 erhält folgende Fassung:
Macht der Beklagte die Aufrechnung einer „Die Revision findet nur statt, wenn das
Gegenforderung geltend, so ist die hierauf ge- Oberlandesgericht sie in dem Urteil zu-
gründete Einwendung nur zuzulassen, wenn gelassen hat oder wenn in Rechtsstreitig-
der Kläger einwilligt oder das Gericht die Gel- keiten über vermögensrei::htlic9e Ansprüche
tendmachung in dem anhängigen Verfahren für der Wert des Beschwerdegegenstandes sechs-
sachdienlich hält."" tausend Deutsche Mark übersteigt.
81. § 531 erhält wieder folgende Fassung: Das Oberlandesgericht darf die Revision nur
zulassen, wenn die Rechtssache grundsätz-
„Die im ersten Rechtszuge unterbliebenen
liche Bedeutung hat Es hat die Revisiori stets
oder verweigerten Erklärungen über Tatsachen,
dann zuzulassen, wenn es von einer Entschei-
Urkunden und Anträge auf Parteivernehmung
dung des Bundesgerichtshofes abweicht.
können in der Berufungsinstanz nachgeholt
werden." Für den Wert des Beschwerdegegenstandes
gelten die Vorschriften der §§ 3 bis 9. Der
82. § 532 erhält wieder folgende Fassung: Revisionskläger hat diesen Wert glaubhaft zu
.,Das im ersten Rechtszuge abgelegte ge- 'machen; zur Versicherung an Eides Statt darf
richtliche Geständnis behält seine Wirksam- er nicht zugelassen werden:·
keit auch für die Berufungsinstanz."
88. § 547 erhält folgende Fassung:
. 83. § 538 erhält wieder folgende Fassung: „Ohne Zulassung und ohne Rücksicht auf
.,Das Berufungsgericht hat die Sache, inso- den Wert des Beschwerdegegenstandes findet
476 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
die Revision statt: riie Vorschrift des § 565 Abs. 2 ist in allen
insoweit es sich um die Unzulässigkeit des Fällen der Zurückverweisung entsprechend
Rechtswegs oder die Unzulässigkeit der anzuwenden.
Berufung handelt; Von der Einlegung rler Revision nach Abs. 1
2, in den Rechtstreitigkeiten über An· hat die Geschäftsstelle des Revisionsgerichts
sprüche,' für welche die Landgerichte ohne innerhalb vierundzwanzig Stunden der Ge-
Rücksicht auf den Wert des Streitgegen- schäftsstelle des Landgerichts Nachricht zu
standes ausschließlich zuständig sind, geben,"
Die Vorschrift des § 545 Abs_ 2 bleibt unbe- 94. § 567 erhält folgende Abs, 2 und 3:
rührt_" „Die Beschwerde gegen Entscheidungen über
89, § 554 Abs. 4 erhält folgende Fassung: Kosten, Gebühren und Auslagen ist nnr zuläs-
„In der Rcvisionsbegründung soll ferner der sig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstan•
Wert des nicht in einer. bestimmten Geld- des fünfzig Deutsche Mark übersteigt,
summe bestehenden Beschwerdegegenstandes Gegen die Entscheidungen der Oberlandes-
angegeben werden_" gerichte ist eine Beschwerde nicht zuläi,sig.
Ausgenommen sind Beschlüsse, durch die eine
90, § 554 Abs. 6 erhält wieder folgende Fassung:
Berufung nach § 519 b als unzulässig verwor-
„Nach dem Ablauf der Begründungsfrist ist fen wird."
die Geltendmc1chung neuer Revisionsgründe
nicht zulässig." 95. § 568 erhält wieder folgende Fassung:
„Uber die Beschwerde entscheidet das im
91. § 554 Abs. 7 bleibt aufgehoben.
Rechtszuge zunächst höhere Gericht.
92. § 556 tritt wieder in folgender Fassung in Kraft: Gegen die Entscheidung des Beschwerde-
„Der Revisionsbeklagte kann sich bis zum gerichts ist, soweit nicht in ihr ein neuer selb-
Ablauf der Begründungsfrist der Revision an- ständiger Beschwerdegrund enthalten ist, eine
schließen, selbst wenn er auf die Revision ver- weitere Beschwerde nicht zulässig.
zichtet hat. Entscheidungen der Landgerichte über Pro-
Die Ansc;hließung erfolgt durch Einreichung zeßkosten unterliegen nicht der weiteren Be·
der Revisionsanschlußschrift bei dem Re- schwerde."
visionsgericht: Die Anschlußrevision muß in
der Anschlußschrift begründet werden. Die 96. § 570 erhält wieder folgende Fassung:
Vorschriften des § 521 Abs. 2, der §§ 522, 553, „Die Beschwerde kann auf neue Tatsachen
des § 553 a Abs. 2 Satz 1, 3, des § 554 Abs. 3, 6 und Beweise gestützt werden."
und des § 554 a gelten entsprechend," 97. § 577 erhält wieder folgende Fassung:
93. § 566 a erhält folgende Passung: „Für die Fälle der sofortigen Beschwerde
„Gegen die im ersten Rechtszuge erlassenen gelten die nachfolgenden besonderen Vor-
schriften.
Endurteile der Landgerichte kann in den Fäl·
Jen, in denen die Revision nach den §§ 546, Die Beschwerde ist binnen einer Notfrist
547 ohne Zulassung statthaft ist, mit den fol- von zwei Wochen, die mit der Zustellung, in
genden Maßgaben unter Ubergehung der Be- den Fällen der §§ 336 und 952 Abs. 4 mit der
rufungsinstanz unmittelbar die Revision ein- Verkündung der Entscheidung beginnt, einzu-
gelegt werden. legen. Die Einlegung bei dem Beschwerde-
gericht genügt zur Wahrung der Notfrist, auch
Die Ubergehung der Berufungsinstanz bedarf wenn der Fall für dringlich nicht erachtet wird,
der Einwilligung des Gegners. Die schriftliche Liegen die Erfordernisse der Nichtigkeits- oder
Erklärung der Einwilligung ist der Revisions- der Restitutionsklage vor, so kann die Be-
schrift beizufügen; sie kann auch von dem schwerde auch nach Ablauf der Notfrist inner-
Prozeßbevollmächtigten des ersten Rechts- halb der für diese Klagen geltenden Notfristen
zuges abgegeben werden. erhoben werden.
Die Revision kann nicht auf Mängel des Ver- Das Gericht ist zu einer Änderung seiner der
fahrens gestützt werden. Beschwerde unterliegenden Entscheidung nicht
Die Einlegung der Revision und die Erklä- befugt.
rung der Einwilligung (Abs. 2) ge'ten als Ver- In den Fällen des § 576 muß auf dem für die
zicht auf das Rechtsmittel der Be.rufung. Einlegung der Beschwerde vorgeschriebenen
Verweist das Revlsionsgericht die Sache zur Wege die Entscheidung des Prozeßgerichts bin-
anderweitigen Verhandlung und Entscheidung nen der Notfrist nachgesucht werden. Das Pro-
zurück, so kann die Zurückverweisung nach sei- zeßgericht hat das Gesuch, wenn es ihm nicht
nem Ermessen auch an dasjenige Oberlandes• entsprechen will, dem Beschwerdegericht vor-
gericht erfolgen, das für die Berufung zustän- zulegen."
dig gewesen wäre. In diesem Falle gelten für
das Verfahren vor dem Oberlandesgericht die 98. § 579 erhält folgenden Abs. 3:
gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechts- „Gegen ein Schiedsurteil (§ 510 c) findet die
streit auf eine ordnungsmäßig eingelegte Be- Nichtigkeitsklage außer in den Fällen des
rufung beim Oberlandesgericht anhängig ge· Abs_ 1 auch dann statt. wenn der Partei in dem
worden wäre. Verfahren das rechtliche Gehör nicht gewährt
Nr. 40 ~- Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 477
worden isl. Das gleiche gill, wenn das Schieds- den Prozeß zu verschleppen, ihre Angriffs-
urteil nicht mit Gründen versehen ist, es sei oder Verteidigungsmittel nicht früher vorge-
denn, daß die Parteien in der Verhandlung vor bracht hat."
dem Gericht ausdrücklich auf schriftliche Be- 106. § 6"6 erhält folgende Fassung:
gründung vcrzich_tct haben."
„Wird rechtzeitig Widerspruch erhoben, so
99. § 580 Nr. 3 behält folgende Fassung: ist auf Antrag einer Partei vor dem Amts-
,,3. wenn bei einem Zeugnis oder Gutach- gericht, das den Zahlungsbefehl erlassen hat,
ten, auf welches das Urteil gegründet ist, ein Termin zur mündlichen Verhandlung an-
der Zeuge oder Sachverständige sich zuberaumen. Der Antrag. kann schon in dem
einer strafbaren Verletzung der Wahr- Gesuch um Erlaß des Zahlungsbefehls gestellt
heitspllicht schuldig gemacht hat;" werdci,. Die Terminsbestimmung ist dem Gläu-
biger, sofern nicht das Gericht die Zustellung
100. § 580 Nr. 6 erhält folgende Fassung:
anoränet, ohne besondere Form mitzuteilen;
,,6. wenn das Urleil eines ordentlichen Ge- § 496 Abs. 4 Satz 2 gilt entsprechend.
richts, eines früheren Sondergerichts oder Wird nach der Erhebung des Widerspruchs
eines Verwaltungsgerichts, auf welches alsbald Termin anberaumt, so gilt die Streit-
das Urteil gegründet ist, durch ein an- sache als mit Zustellung des Zahlungsbefehls
deres rechtkräftiges Urteil aufgehuben rechtshä'1gig geworden.
ist," Zur Herstellung eines Urteils in abgekürzter
101. § 607 erhält wieder folgende Fassung: Form (§ 313 Abs. 3, § 317 Abs. 4) kann der
„In Ehesachen ist die Staatsanwaltschaft zm Zahlungsbefehl an Stelle der Klageschrift b,e-
Mitwirkung bdugt. nutzt werden."
Der Verhandlung vor dem erkennenden Ge- 107. Nach § 703 wird folgende Vorschrift als § 703a
richt sowie vor einem beauftragten oder 2r- eingefügt:
suchten RichtPr kann der Staatsanwalt b"i- ,.§ 703a
wohncn. Er ist von dem e,rsl.cn zur mündlichen
Ist das Gesuch des Gläubigers auf den Erlaß
Verhandlung b,·sl.immlcn Termin vun Amis
eine„ Urkunden- oder eines Wechsel-Zahlungs-
wegen in Kennl'nic:; zu sc!tzen.
befehls gerichtet, so wirrl der Zahlungsbefehl
Er kann sich über die zu erlassende Ent- als Urkunden- oder als Wechsel-Zahlungsbefehl
scheidung gutachtlich äußern und, sofern es bezeichnet.
sich um die Aufrechterhaltung einer Ehe han-
Für das Urkunden- und Wechsel-Mahnver-
delt, neue T dtsachen und Beweismittel vor-
fahren gelten folgende besonderen Vorschriften:
bringen.
1. die Bezeichnung als Urkunden- oder als
Im Sitzungsprotokoll ist der Name des Staats-
Wechsel-Zahlungsbefehl hat die Wir-
anwalts anzugeben, auch sind diP. von dem
kung, daß die Streitsache, wenn recht-
Staatsanwalt gestellten Anträge in das Proto-
koll aufzunehmen." zeitig Widerspruch erhoben wird, als im
Urkunden- oder im Wechselprozeß rechts-
102. §• 614 a bleibt aufgehoben. hängig geworden anzusehen ist;
103. § 618 erhält folgende Fassung: 2. die Urkunden sollen in Urschrift oder in
,,Die Vorschrift des § 261 ist nicht anzu- Abschrift dem Gesuch um Erlaß des Zah-
wenden. lungsbefehls beigefügt und in Abschrift
Der Beklagte ist zu jedem Termin, der nicht mit dem Zahlungsbefehl zugestellt werden,
in seiner Gegenwart anberaumt wurde, zu 3. bei Erlaß cies Zahlungsbefehls und des
laden. Vollstreckungsbefehls ist nicht zu prüfen,
Die Vorschrift des Abs. 2 ist nicht anzuwen• ob die gewählte Prozeßart statthaft ist;
den, wenn der Beklagte durch öffentliche Zu- 4. beschränkt sich der Widerspruch auf den
stellung geladen, aber nicht erschienen ist. Antrag, dem Beklagten die Ausführung
Ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten seiner Rechte vorzubehalten, so ist der
ist unzu]ä„sig. Vollstreckungsbefehl unter diesem Vor-
behalt zu erlassen. Auf' das weitere Ver-
Die Vorschriften der Abs. 2 bis 4 sind auf
fahren ist die Vorschrift des § 600 ent-
den Widerbeklagten entsprechend anw-
sprechend anzuwenden;
wenden."
5. die Ladungsfrist beträgt mindestens drei
104. § 625 behält folgende Fassung: Tage; sie entspricht der Einlassungsfrist,
„Urteile in Ehesachen sind von Amts wegca wenn diese kürzer ist."
zuzus~ellen."
108. § 730 erhält folgende Fassung:
105. § 626 tritt wieder in folgender Fassung in Kraft:
„In den Fällen des § 726 Abs. 1 und der
„Die Vorschriften .über die Zurückweisung §§ 727 bis 729 kann der Schuldner vor der Er-
verspäteten Vorbringens sind in der Berufungs- teilung der vollstreckbaren Ausfertigung ge-
instanz nur insoweit anzuwenden, als der Be- hört werden."
rufungskläger sein neues Vorbringen entgegen
der Vorschrift des § 519 nicht in der Berufungs- 109. § 733 erhält folgende Fassung:
begründung mitgeteilt oder die Partei nach der ,.Vor der Erteilung einer weiteren voll-
freien Uberzeugung des Gerichts in der Absicht, streckbaren Ausfertigung kann der Schuldner
C78 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
gehört wPrdr,n, sofern nicht die zuerst erteilte Landtages oder einer zweiten Kammer
Ausfertigung zurückgegeben wirr!. während der Tagung, sofern nichi die Ver•
Die Geschafl sstclk hat von der Erteilung der sammlung die Vollstreckung genehmigt;'"·
weiteren Ausfertigung den Gegner in Kenntnis 116. § 90.5 Nr. 1 erhält folgende Fassnng:
zu setzen. ,,Die Haft wird unterbrochen:
Die weitr,re Auskrl igung ist. als solche aus- 1. gegen Mitglieder des Bundestages, eines
drücklich zli bezeichnl'n."
Landtages oder einer zweiten Kammer für
110. § 793 Abs. 2 wird aufgehoben. die Dauer der Tagung, wenn die Ver•
111. § 794 Abs. 1 Nr. 1 crh,ill folgende Fassung: sammlung die Freffa.ssung verlangt;"
,,Die Zwangsvolhlrcckung findet forner statt: 117. § 922 Abs. 4 wird dufgehoben.
l. aus Vergleichen, clic zwischen den Par· 118. § 924 Abs. 2 erhält folgende Fassung:
teicn orlPr zwischen einer Partei uncl einem „Die widersprechende Pa_rtei hat in dem
Dritten zur lkilcgung des Rechlsstreils Widerspruch die Gründe darzulegen, die s,ie
sejnc'rrl gdnzen Umfang nach oder in be- für die Aufhebung des Arrestes geltend
treff rincs Tei.le3 des Streitgegenstandes machen will. Das Gericht hat Termin zur münd-
vor einem c1"u tschen Gericht oder vor lichen Verhandlung von Amts wegen zu .be-
einer durch die Lande,sjuslizverwaltung stimmen. Ist das Arrestgericht ein Amtsgericht,
einqcrichteten oder anerkannten Güte- so ist der Widerspruch unter Angabe der
stelle abgeschl0ssen sind, sowie aus Ver- Gründe, die für die Aufhebung des Arrestes
gleichen, clie gemäß § 118a Abs. 3 zu geltend gemacht werden sollen, schriftlich
richterlichem Protokoll genommen sind;" oder zum Protokoll der Geschäftsstelle zu er•
112. § 797a Abs. 1 erhäll folgende Fassung: heben."
„Bei Vergleichen, c\ie vor Gütestellen der 119. § 925 Abs. 3 wird aufgehoben.
im § 794 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Art ge- 120. § 942 Abs. 1 erhält folgende Fassung:
schlossen sind, wird die Vollstreckungsklausel
,,In dringenden Fällen kann das Amtsgericht,
von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle
in ·dessen Bezirk sich der Streitgegenstand be•
desjenigen Amlsgeiichts erteilt, in dessen Be-
findet, eine einstweilige Verfügung erlassen
zirk die Gütestelle ihren Sitz hat."
unter Bestimmung einer Frist, innerhalb der die
l 13. § 845 tritt wieder in folgender Fassung in Ladung des Gegners zur mündlichen Verhand·
Krafl: lung über die Rechtmäßigkeit der einstweiJ,igen
„Schon vor dC'r Phindung kann der Gläubiger Vcrhigung bei dem Gericht der Hauptsache zu
auf Grund eines vollstreckbaren Schuldtitds bc'ar,t;-agen ist."
durch den C,,richL;vollzichcr dem Drittschuld-
II. And2nmg
ner und dcrn Schuldner die Benachrichtigung,
des Einfi.ihrnngsgeselzes
daß die Pfändung iwvor.sl0he, rnstellcn lassen
zur Zivilprozeßordnung
mit der Aulfordcrung an den Drittschuldrwr,
nicht <111 cJ,,n Schuldner zu zahlen, und mit der 121. Die §§ 7 und 8 des EinführungsgesctzE,S zur
Aufforderung an den Schuldner, sich jeder Ver- Zivilprozeßordnung erhalten folgende Fassung:
fügung über die Forderung, insbesondere ihrer
,,§ 7
Einziehung, zu enthalten. Der vorherigen Er·
teilung einer vollslreckbaren Ausfertigung und Ist in einem Land auf Grund des § 8 des-
der Zustellung des Schulcltilels bedarf es nicht. Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungs•
gesetz für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten ein
D.ie Benachrichtigung an den Drittschuldner
oberstes Landesgericht errichtet, so wird das
hat die Wirkung eines Arrestes (§ 930), sofern
Rechtsmittel der Revision bei diesem Gericht
die Pfändung der Forderung innerhalb drei
eingelegt. Die Vorschriften der §§ 553, 553 a
Wochen bewirkt wird. Die Frist beginnt mit
der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend.
dem Tage, an dem die Benachrichtigung zugc·
Das oberste Landesgericht entsche,idet ohne
stellt ist."
mündliche Verhandlung endgültig über die Zu•
114. § 856 Abs. 3 und 5 erhält folgende Fassung: stämligkeit für die Verhandlung und Ent•
,,Der Drittschuldner hat bei dem Prozeß· scheidung der Revision. Erklärt es skh für zu•
gericht zu beantragen, daß die Gläubiger, ständig, so i,st der Termin zur mündlichen Ver•
welche die Klage nicht erhoben und dem handlung von Amts wegen zu bestimmen und
Kläger sich nicht angeschlossen haben, zum den Parteien bekanntzumachen. Erklärt es sich
Termin zur mündlichen Verhandlung geladen dagegen für unzuständig, weil - der Bundes•
werden. gerichtshof zuständig sei, so sind diesem die
Der Drittschuldner kann sich gegenüber Prozeßakten zu übersenden.
einem Gläubiger auf die ihm günstige Ent- Die Entscheidung des obersten Landes•
scheidung nicht berufen, wenn der Gläubiger gerichls über die Zuständigkeit ist auch für
zum Tnmin zur mündlichen Verhandlung nicht den Bundesgerichtshof bindend. Der Termin
geladen worden is l." zur mündlichen Verhandlung vor dem Bundes•
gerichtshof ist von Amts wegen zu bestimmen
115. § 904 Nr. 1 erhält folgende Fassung: und den Parteien bekanntzumachen.
.,Die Haft ist unstatthaft: Die Fristbestimmung im § 555 der Zivilpro-
1. geg·en Mitglieder des Bundestages, eines zeßordnung bemißt sich nach dem Zeitpunkt
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 479
der Bekanntmachung des Termins zur münd- dig, in dessen Bezirk die Ergreifung erfolgt.
lichen Verhandlung an den Revisionsbeklagten. Hat eine Ergreifung nicht stattgefunden, so
Wird der Beschluß des obersten Landes- wird das zuständige Gericht vom Bundes-
gerichts, durch den der Bundesgerichtshof für gerichtshof bestimmt.
zuständig erklärt wird, dem Revisionskläger Gleiches gilt, wenn eine strafbare Handlung
erst nach Beginn der Frist für die Revisions- im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes be-
begründung zugestellt, so beginnt mit der Zu- gangen ist, jedoch weder der Gerichtsstand
stellung des Beschlusses der Lauf der Frist für der begangenen Tat noch der Gerichtsstand
die Revisionsbegründung von neuem. des Wohnsitzes ermittelt Jst."
Die vorstehenden Vorschriften sind auf das
Rechtsmittel der Beschwerde gegen Entschei- 6. § 10 erhält folgende Fassung:
dungen der Oberlandesgerichte in den Fällen ,,Ist die str-afbare Handlung auf einem deut-
des § 519 b Abs. 2 der Zivilprozeßordnung ent- schen Schiff außerhalb des Geltungsbereiches
sprechend anzllwenden .. dieses Bundesgesetzes oder in offener See be-
gangen, so ist das Gericht zuständig, in dessen
§ 8 Bezirk der Heimathafen oder der Hafen im
Der Bestellung eines bei dem obersten Lan- Geltungsbereich dieses Gesetzes liegt, den das
desgericht oder bei dem Bundesgerichtshof zu- Schiff nach der Tat zuerst erreicht."
gelassenen Rechtsanwalts bedarf es erst, nach-
dem das oberste Landesgericht über die Zu- 7. § 11 erhält folgende Fassung:
ständigkeit entschieden hat. Für die dieser Ent- „Deutsche, die das Recht der Exterritorialität
scheidung vorhergehenden Handlungen kön- genießen, sowie die im Ausland angestellten
nen die Parteien sich auch durch jeden bei Beamten des Bundes oder eines deutschen
c,inem Land- oder Oberlandesgericht zugelasse- Landes behalten hinsichtlich des Gerichtsstan-
nen Rechtsanwalt vertreten lassen. des den Wohnsitz, den sie im Inland hatten.
Die Zustellung der Abschrift der Revisions- Wenn sie einen solchen Wohnsitz nicht hatten,
schrift an den Revisionsbeklagten und die Be- so gilt der Sitz der Bundesregierung als ihr
kanntmachung de, Termins zur mündlichen Wohnsitz.
Verhandlung an die Parteien erfolgt gemäß Auf Wahlkonsuln sind diese Vorschriften
§ 210a der Zivilprozeßordnung." nicht anzuwenden."
8. Die §§ 16 bis 18 treten in folgender Fassung
ARTIKEL 3 in Kraft:
An de r u ng von V o r s c h r i f t e n ,,§ 16
über das Strafverfahrensrecht Der Angeschuldigte muß den Einwand der
Unzuständigkeit bis zum Schluß der Vorunter-
I. Änderung
suchung geltend machen; hat keine Vorunter-
der Strafprozeßordnung
suchung stattgefunden, so kann er den Ein-
Die Strafprozeßordnung wird wie folgt ge- wand noch in der Hauptverhandlung geltend
ändert: machen, solange mit der Verlesung des Be-
1. § 4 erhält folgende Fassung: schlusses über die Eröffnung des Hauptver-
„Eine Verbindung zusammenhängender oder fahrens nicht begonnen ist.
eine Trennung verbundener Strafsachen kann § 17
auch nach Eröffnung der Voruntersuchung
oder des Hauptverfahrens auf Antrag der Durch eine Entscheidung, welche die Zu-
Staatsanwaltschaft oder des Angesch.uldigten ständigkeit für die Voruntersuchung feststellt,
oder von Amts weg.en durch gerichtlichen Be- wird die Zuständigkeit auch für ·das Hauptver-
schluß angeordnet werden. fahren festgestellt.
Zuständig für den Beschluß ist das Gericht, § 18
zu dessen Bezirk die übrigen Gerichte gehö- Nach Eroffnung des Hauptverfahrens darf
ren; fehlt ein solches Gericht, so entscheidet das Gericht seine Unzuständigkeit nur auf Ein-
das gemeinschaftliche obere Gericht." wand des Angeklagten aussprechen."
2. § 5 a wird aufgehoben. 9. _§ 25 erhält folgende Fassung:
3. § 8 Abs. 2 erhält folgende Fassung: ,,Die Ablehnung eines Richters wegen Be-
„Hat der Angeschuldigte keinen Wohnsitz sorgnis der Befangenheit ist bis zum Beginn
im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes, so des an die Vernehmung des Angeklagten zur
Sache anschließenden Teiles der Hauptver-
wird der Gerichtsstand auch durch den ge-
handlung zulässig."
wöhnlichen Aufenthaltsort und, wenn ein
solcher nicht bekannt ist, durch den letzten 10. Die §§ 27 und 28 erhalten folgende Fassung:
Wohnsitz bestimmt."
,,§ 27
4, § 8 a wird aufgehoben.
Uber das Ablehnungsgesuch entscheidet das
5. § 9 erhält folgende Fassung: Gericht, dem der Abgelehnte angehört.
,;vyenn die strafbare Handlung außerhalb Wird ein richterliches Mitglied der erken-
des Geltungsbereiches dieses Bundesgesetzes nenden Strafkammer abgelehnt, so entscheidet
begangen und ein Gerichtsstand gemäß § 8 die Strafkammer in der für Entscheidungen
nicht begründet ist, so ist das Gericht zustän- auß.erhalb der Hauptverhandlung vorgeschrie-
Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
heuen Besetzung. Wird ein richterliches Mit- ,,§ -49
glied des Schwurgerichts abgelehnt, so ent- Der Bundespräsident ist in seiner Wohnung
scheiden während der Tagung die richterlichen zu vernehmen. Zur Hauptverhandlung wird er
Mitglieder des Schwurgerichts; außerhalb der nicht geladen. Das Protokoll über seine ge-
Tagung entscheidet die Strafkammer. richtliche Vernehmung ist in der Hauptver•
Wird ein Untersuchungsrichter oder ein handlung zu verlesen.
Amtsrichter abgelehnt, so entscheidet das
Landgericht. Einer Entscheidung bedarf es §_ 50
nicht, wenn der Abgelehnte das Ablehnungs- Die Mitglieder des Bundestages, des Bundes-
gesuch für begründet hält. rates, eines Landtages oder einer zweiten
Wird das zur Entscheidung berufene Gericht Kammer sind während ihres Aufenthaltes am
durch Ausscheiden des abgelehnten Mitglieds Sitz der Versammlung dort zu vernehmen.
beschlußunlähig, so entscheidet das zunächst Die Mitglieder der Bundesregierung oder
obere Gericht. einer Landesregierung sind an ihrem Amtssitz
§ 28 oder, wenn sie sich außerhalb ihres Amtssitzes
Der Besrhluß, der die Ablehnung für be- aufhalten, an ihrem Aufenthaltsort zu ver-
gründet erklärt, ist nicht anfechtbar; gegen nehmen.
den Beschluß, der die Ablehnung für unbe- Zu einer Abweichung von den vorstehenden
gründet erklärt, ist sofortige Beschwerde zu- Vorschriften bedarf es:
lässig. für die Mitglieder eines in Abs. 1 genannten
Der Beschluß, der ein gegen einen erkennen- Organs der Genehmigung dieses Organs,
den Richter angebrachtes Ablehnungsgesuch für die Mitglieder der Bundesregierung der
für unbegründet erklärt, kann nicht für sich Genehmigung der Bundesregierung,
allein, sondern nur mit dem Urteil angefoch-, für die Mitglieder einer Landesregierung der
ten werden." Genehmigung der Landesregierung.
Die Mitglieder der in Abs. 1 genannten
11. § 30 erhält wieder folgende Fassung:
Organe der Gesetzgebung und die Mitglieder
.,Das für die Erledigung eines Ablehnungs- der Bundesregierung oder einer Landesregie-
gesuchs zust-ändige Gericht hat auch dann zu rung werden, wenn sie außerhalb der Haupt•
entscheiden, wenn ein solches Gesuch nicht verhandlung vernommen worden &ind, zu
angebracht ist, ein Richter aber :von einem dieser nicht geladen. Das Protokoll über ihre
Verhältnis Anzeige macht, das seine Ableh- ric!]ter!iche Vernehmung ist in der Hauptver•
nung rechtfertigen könnte, oder wenn aus an- handlung zu verlesen."
derer Veranlassung Zweifel darüber entstehen,
ob ein Richter kraft Gesetzes ausgeschlossen 17. § 53 Abs, 1 Nr. 4 erhält folgende Fassung:
ist." „4. Redakteure, Verleger und Drucker einer
periodischen Druckschrift sowie die bei
12. § 31 erhält folgende Fassung:
der technischen Herstellung der Druck•
„Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten schrift beschäftigten Personen über die
für Schöffen und_ Geschworene sowie für Ur- Person des Verfassers oder Einsenders
kundsbeamte der Geschäftsstelle und andere einer Veröffentlichung strafbaren Inhalts,
als Protokollführer zugezogene Personen ent- wenn ein Redakteur der Druckschrift
sprechend. wegen clieser Veröffentlichung bestraft
Die Entscheidung trifft der Vorsitzende. Bei ist oder seiner Bestrafung kein recht-
der großen Strafkammer und beim Schwur- liches Hindernis entgegensteht."
gericht entscheiden die richterlichen Mitglie-
der. Ist der Protokollführer einem Richter bei- 18. § 54 erhält folgende Fassung:
gegeben, so entscheidet dieser über die Ab- ,,Für die Vernehmung von Richtern, Be-
lehnung oder Ausschließung." amten und anderen Personen des öffentlichen
Dienstes als Zeugen über Umstände, auf die
13. § 32 wird gestrichen. sich ihre Pflicht zur Amtsverschwiegenheit be-
zieht, und für die Genehmigung :zur Aussage
14. § 36 Abs. 2 erhält folgende Fassung:
gelten die besonderen beamtenrechtlichen
,,Der Untersuchungsrichter und der Vor- Vorschriften.
sitzende des Gerichts können Zustellungen so- Für die Mitglieder der Bundes- oder einer
wie die Vollstreckung von Beschlüssen und Landesregierung gelten die für sie maßgeben-
Verfügungen auch unmittelbar veranlassen." den besonderen Vorschriften.
15. § 38 wird in folgender Fassung beibehalten: Der Bundespräsident _kann das Zeugnis ver•
,.Die bei dem Strafverfahren beteiligten Per- weigern, wenn die Ablegung des Zeugnisses
sonen, denen die Befugnis beigelegt ist, Zeugen dem Wohl des Bundes oder eines del}tschen
und Sachverständige unmittelbar zu laden, ha- Landes Nachteile bereiten würde.
ben mit der Zustellung der Ladung den Ge- Diese Vorschriften gelten auch, wenn die
richtsvollzieher zu beauftragen." vorgenannten Personen nicht mehr im öffent~
liehen Dienst sind, soweit es s-ich um Tat•
16. Die §§ 49 und 50 erhalten folgende Fassung: sachen handelt, die sich während ihrer Dienst-
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 481
zeit ereignet haben oder ihnen während ihrer 26. § 66 b Abs. 2 Salz 2 erhält folgende Fassung:
Dienstzeit zur Kenntnis gelangt sind." ,,Der vernehmende Richter kann die Ver•
19. § 55 erhält folgende Fassung: eidigung aussetzen und einer neuen Entschlie·
ßung des beauftragenden oder ersuchenden
Abs. J unverändert. Gerichts vorbehalten, wenn bei der Verneh·
Abs. 2: ,,Der Zeuge ist über sein Recht zur Ver- mung Tatsachen hervortreten, die zu uneid-
weigerung der Auskunft zu belehren," licher Vernehmung berechtigen würden,"
20. § 57 erhält folgende Fassung: 27. § 66 c erhält einen Abs. 2 in folgender Fassung:
„Vor der Vernehmung sind die Zeugen zur ,,Der Eid kann auch ohne religiöse Beteue·
Wahrheit zu ermahnen und darauf hinzu- rung geleistet werden."
weisen, daß sie ihre Aussage zu beeidigen Der bisherige Abs. 2 wird Abs. 3,
haben, wenn keine im Ge,setz bestimmte oder
zugelassene Ausnahme vorliegt. Hierbei sind 28. § 66 d erhält folgenden Abs. 2:
sie über die Bedeutung des Eides und die straf- .,Die Vorschrift des § 66 c Abs. 2 gilt ent•
rechtlichen Folgen einer unrichtigen oder un- sprechend."
vollständigen Aussage zu belehren." 29. § 68 a erhält folgende Fassung:
21. § 59 erhält folgende Fassung: „Fragen nach Tatsachen, die dem Zeugen
oder einer Person, die im Sinne des § 52 Abs. 1
„Die Zeugen sind einzeln und nach ihrer
sein Angehöriger ist, zur Unehre gereichen
Vernehmung zu vereidigen. Die Vereidigung
können, sollen nur gestellt werden, wenn es
erfolgt, soweit nichts anderes bestimmt ist, in
unerläßlich ist.
der Hauptverhandlung,"
Der Zeuge soll nach Vorstrafen nur gefragt
22. Die §§ 61 und 62 erhalten folgende Fassung: werden, wenn. ihre Feststellung notwendig ist,
um über das Vorliegen der Voraussetzungen
,,§ 61 des § 60 Nr. 2 oder 3 zu entscheiden oder um
Von der Vereidigung kann nach dem Er- seine Glaubwürdigkeit zu beurteilen."
messen des Gerichts abgesehen werden:
30. § 69 erhält folgenden Abs. 3:
1. bei Personen, die zur Zeit der Verneh-
mung das sechzehnte, aber noch nicht das ,,Die Vorschrift des § 136a gilt für -die Ver·
achtzehnte Lebensjahr vollendet haben; nehmung des Zeugen entsprechend,"
2. beim Verletzten sowie bei Personen, die 31. § 7p Abs. 2 erhält folgende Fassm 1;:
im Sinne des § 52 Abs. 1 Angehörige des ,,Für die Vernehmung von Riebt 1rn, Beam·
Verletzten oder des Beschuldigten sind; ten und anderen Personen des öffentlichen
3. wenn das Gericht der Aussage keine Dienstes als Sachverständige gelten die beson·
wesentliche Bedeutung beimißt und nach deren beamtenrechtlichen Vorschriften. Für
seiner Uberzeugung auch unter Eid keine die Mitglieder der Bundes- oder einer Landes·
wesentliche Aussage zu erwarten ist. regierung gelten die für sie maßgebenden be·
sonderen Vorschriften."
§ 62 32. § 77 Satz 2 erhält folgende Fassung:
Im Verfahren wegen einer Ubertretung und „Im Falle wiederholten Ungehors2,.,1s· kann
im Privatklageverfahren werden Zeugen nur neben der Verurteilung in die KosteD noch ein·
vereidigt, wenn es das Gericht wegen der aus- mal auf eine Ordnungsstrafe erkannt werden."
schlaggebenden Bedeutung der Aussage oder
zur Herbeifühnwg einer wahren Aussage für 33, § 79 erhält folgende Fassung:
notwendig hält." ,,Der Sachverständige kann naclr dem Er·
messen des Gerichts vereidigt werde.,. Auf An·
23. § 63 erhält folgende Fassung: trag der Staatsanwaltschaft, des .Angeklagten
,,Die in § 52 Abs, 1 bezeichneten Angehöri- oder des Verteidigers ist er zu vereidigen.
gen des Beschuldigten haben das Recht, die Der Eid ist nach Erstattung des Gutachtens
Beeictigung des Zeugnisses zu verweigern; zu leisten; er geht dahin, daß der Sachverstän·
darüber sind sie zu belehren." dige das Gutachten unparteiisch und nach
24. § 64 erhält folgende Fassung: bestem Wissen und Gewissen erstattet habe.
,,Unterbleibt die Vereidigung eines Zeugen, Ist der Sachverständige für die Erstattung
so ist der Grund dafür im Protokoll anzugeben." von Gutachten der betreffenden Art im allge·
meinen vereidigt, so genügt die Berufung auf
25. § 66 erhält folgende Fassung: den geleisteten Eid,"
„In der Voruntersuchung ist die Vereidigung
34. § 81 Abs. 1 erhält folgende Fassung:
nur zulässig, wenn
„Zur v~·rbereitung eines Gutachtens über
1. unverändert
den Geisteszustand des Beschuldigten kann
2. unverändert das Gericht nach Anhörung eines Sachverstän•
3. unverändert digen und des Verteidigers anordnen, daß der
4. dem Zeugen das Erscheinen in der Haupt- Beschuldigte in eine öffentliche Heil- oder
verhandlung wegen großer Entfernung Pflegeanstalt gebracht und dort beobachtet
nicht zugemutet werden kann." wird, Im vorbereitenden Verfahren entscheidet
482 Bundesgesetzblatt., Jahrgang 1950
das Gericht, das für die Eröffnung des Haupt· Verlangen der zu untersuchenden Frau soll
verfahrens zuständig ware. eine andere Frau oder ein Angehöriger zuge·
lassen werden.
35. An rtie Stelle der §§ 81 a und 81 b treten fol·
gende Vorschriften: Diese Vorschrift gilt auch dann, wenn die
zu untersuchende Frau in die Untersuchung
,,§ 81 a einwilligt.··
Eine körpfiliche Untersuchung des Beschul- 36. § 87 ,\bs. 1 Salz 1 erhoilt wieder folgende
digten darf zur Feststellung von Tatsachen an- Fassung:
geordnet werden, die für das Verfahren von „Die richterliche Leichenschau wird unter
Bedeutung sind. Zu diesem Zweck sind kör- Zuziehung eines Arztes, die Leichenöffnung im
perliche Eingriffe, die von einem Arzt nach den Beisein des Richters von zwei Arzten, unter
Regeln der ärztlichen Kunst zu Untersuchungs- denen sich ein Gerichtsarzt befinden muß, vor-
zwecken vorgenommen werden, sowie die Ent- genommen."
nahme von Blutproben ohne Einwilligung des
Beschuldigten zulässig, wenn kein Nachteil 37. § 96 erhält wieder folgende Fassung:
für seine Gesundheit zu besorgen ist. „Die Vorlegung oder Auslieferung von Akten
Die Anordnung steht dem Richter, bei Ge- oder anderen in amtlicher Verwahrung befind-
fährdung des Untersuchungserfolges durch lichen Schriftstücken durch Behörden und
Verzögerung auch der Staatsanwaltschaft und öffentliche Beamte darf nicht gefordert werden,
ihren Hilfsbeamten (§ 152 des Gerichtsverfas- wenn deren oberste Dienstbehörde erklärt,
sungsgesetzes) zu. daß das Bekanntwerden des Inhalts dieser
Akten oder Schriftstücke dem Wohl des Bun-
§ 81 b
des oder eines deutschen Landes Nachteile
Soweit es für die Zwecke der Durchführung bereiten würde."
des Strafverfahrens oder für die Zwecke des
Erkennungsdienstes notwendig ist, dürfen 38. § 98 Abs. 1 erhält folgende Fassung:
Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschul· ,,Beschlagnahmen dürfen nur durch den
digten auch gegen seinen Willen aufgenom· Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die
men und Messungen und ähnliche Maßnahmen Staatsanwaltschaft und ihre H_ilfsbeamten (§ 152
an ihm vorgenommen wer.den. des Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet
werden."
§ 81 C 39. § 98 Abs. 3 erhält folgende Passung:
Andere Personen als Beschuldigte dürfen, „Ist nach erhobener öffentlicher Klage die
wenn sie als 7,p•,gen in Betracht kommen, ohne Beschlagnahme durch die Staatsanwaltschaft
ihre Einwilligung nur untersucht werden, so- oder einen ihrer Hilfsbeamten erfolgt, so ist
weit zur Erforschung der Wahrheit festgestellt binnen drei Tagen dem Richter von der Be•
werden muß ob sich an ihrem Körper eine be- sch!agnahme Anzeige zu machen; die beschlag•
stimmte Spur oder Folge einer strafbaren Hand-- nahmten Gegenstände sind ihm zur Verfügung
Jung befindet. Die Untersuchung kann aus den zu stellen."
gleichen Grüncte11 wie das Zeugnis verweigert
werden. Die Untersuc -mng ist unzulässig, wenn 40. § 103 Abs. 2 erhält wieder folgende Fassung:
sie dem Betroffenen bei Würcjigung aller Um- ,,Diese Beschränkung gilt nicht für Räume,
stände nicht zugemutet werden kanll\ in-denen der Beschuldigte ergriffen worden ist,
Zu dem in Abs. 1 bezeichneten Zweck ist die •der die er während der V~rfolgung betreten
Entnahme von Blutproben ohne Einwilligung hat, oder in denen eine unter Polizeiaufsicht
des zu Untersuchenden zulässig, wenn kein stehende Person wohnt oder sich aufhält:'
Nach teil für seine Gesundheit zu besorgen und 41. § 104 Abs, 2 erhält wieder folgende Fassung:
der Eingriff zur Erforschung der Wahrheit un- ,,Diese Beschränkung gilt nicht - für Woh-
erläßlich ist. nungen von Personen, die unter Polizeiaufsicht
Die Anordnung steht dem Richter, bei Ge• stehen, sowie für Räume, die zur Nachtzeit
,ä,hrdung des Untersuchungserfolges durch Ver• jedermann zugänglich, oder. die der Polizei als
zögerung auch der Staatsanwaltschaft und Herbergen oder Versammlungsorte bestrafter
ihren Hilfsbeamten (§ 152 des Gerichtsverfas- Personen, als Niederlagen von Sachen, die mit-
sungsgesetzes) zu. tels strafbarer Handlungen erlangt sind, oder
Bei Weigerung des Betroffenen gilt die Vor- als Schlupfwinkel des Glücksspiels oder ge·
schrift des § 70 entsprechend. Unmittelbarer werbsmäßiger Unzucht bekannt sind.~
Zwang darf nur auf besondere Anordnung des 42. § 105 Abs. 1 erhält folgende Fassung:
Richters angewandt werden. Die Anordnung „Durchsuchungen dürfen nur durch den
set,_t voraus, daß der Betroffene trotz Aufer- Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die
' Jegung einer Ordnungsstrafe bei der Weige- Staatsanwaltschaft und ihre· Hilfsbeamten
rung beharrt oder daß Gefahr im Verzug ist. (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) an~e-
§ 81 d
ordnet werden."
Kann die körperliche Untersuchung einer 43. § 105 Abs. 2 Satz 2 erhält folgende Fassumi,t
Frau das Schamgefühl verletzen, so wird sie „Die als Gemeindemitglieder zugezogenen
einer Frau oder einem Arzt übertragen. Auf Personen därfen nicht Polizeibeamte oder
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 483
Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft sein. auf seinen Antrag nach mündlicher Verhand•
lung darüber entschieden, ob der Haftbefehl
44. Die §§ 112 und 113 erhalten folgende Fassung:
aufrechtzi:•erhalten oder aufzuheben, oder ob
,.§ 112 eine Anordnung gemäß § 117 zu treffen ist.
Gegen den Angeschuldigten darf nur dann Der Termin zur mündlichen Verhandlung
Untersuchungshaft angeordnet werden, wenn dar! ohne Zustimmung des Angeschuldigten
er der Tat dringend verdächtig ist und wenn nicht über eine Woche nach dem Eingang des
Antrags hinaus anberaumt werden.
1. er flüchtig ist oder sich. verborgen hält,
oder wenn bei v\Türdigung der Umstände Hat bereits eine mündliche Verhandlung
des Einzelfalles, insbesondere der Verhält- nach Abs. 1 oder 2 oder nach § 115 a slall·
nisse des Angeschuldigten und der Um- gefunden, so entscheidet das Gericht über An-
stände, die einer Flucht entgegenstehen, träge auf nochmalige mündliche Verhandlung
die Beflirchtung begründet ist, daß sich nach freiem Erme,ssen.
der Angeschuldigte dem Strafverfahren
entziehen werde, oder § 115
2. bestimmte Tatsachen vorliegen, welche Bei der Bekanntmachung dC's Haftbefehls ist
die Gefahr begründen, daß der Angeschul- der Angeschuldigte cforaul hinzuweisen, cb!l
digte durch Vernichtung von Spuren der er g,.,gen den Haftbefehl Beschwerde einlegen
Tat oder von anderen Beweismitteln oder kann. Ist der Haftbefehl wegen eines Ver-
durch Beeinflussung von Zeugen oder brechens oder Vergehens erlassen, so ist der
Mitschuldigen die Ermittlung der Wahr- Angeschuldigte ferner darauf hinzuweisen, daß
heit erschweren werde. er, statt Beschwerde einzulegen, eine münd•
Die Tatsachen, die den Fluchtverdacht liehe Verhandlung gemäß § 114 d beantragen
oder die Verdunkelungsgefahr begründen, sind kann.
aktenkundig zu machen. Der Verdacht d•er § 11:i a
Flucht bedarf keiner weiteren Begründung, Solange der Angeschuldigte sich in Unter•
wenn suchungshaft befindet, hat das Gericht inner-
1. ein Verbrechen den Gegenstand der halb bestimmter Fristen von Amts wegen zu
Untersuchung bildet oder prüfen, ob die Haft aufrechtzuerhalten ist
2. der Angeschuldigte im Geltungsbereich (Haf tprüf ungsverf ah ren).
dieses Bundesgesetzes keinen festen Die Prüfung ·findet zum ersten Male statt,
Wohnsitz oder Aufenthalt hat, insbeson- wenn die Untersuchungshaft einen Monat
dere wenn er ein Landstreicher ist, oder gedauert hat.
wenn er sich über seine Person nicht aus- Läßt das Gerichl den Angeschuldigten nicht
weisen kann.
frei, so bestimmt '" ,c1gleich, wann das Haft•
§ 113 prüfungsverfahr,'il :.u wiederholen ist; die Frist
soll in der Regel mindestens drei Wochen und
Ist die Tat nur mit Haft oder mit Geldstrafe
bedroht, so darf die Untersuchungshaft nur darf nicht mehr als d; ei Monate betragen; Das·
wegen Verdachts der Flucht und nur dann ver- selbe gilt bei jeder Wiederholung des Haft•
hängt werden, wenn der Angeschuldigte zu prüfungsverfahrens.
den im § 112 Abs. 2 Nr. 2 bezeichneten Per- Auf Antrag des Angeschuldigten wird im
sonen gehört, oder wenn er unter Polizeiauf- Haftprüfungsverfahren nach mündlicher Ver-
sicht steht, oder wenn es sich um eine Ubr,r- handlung entschieden; auf dieses Recht ist der
lretung handelt, wegen deren die Unterbrin• Angeschuldigte hinzuweisen. Stellt der Ange-
gung in einem Arbeitshaus angeordnet werden schuldigte den Antrag nicht, so ist er vof der
kann." Entscheidung zu hören; hat er einen Verteidi-
ger, so ist auch der Verteidiger zu hören.
45. § 114 a erhält folgende Fas•sung:
Hatte· der Angeschuldigte während des
„Von der Verhaftung und jeder weiteren
Laufes der im Abs. 2 bestimmtem Frist gegen
Entscheidung über die Fortdauer der Haft ist den Haftbefehl Beschwerde erhoben oder ge-
von Amts wegen unverzüglich ein Angehörigc,r mäß § 114 d mündliche Verhandlung beantragt,
des Verhafteten oder edne Person seines Ver- oder ist gemäß § 207 Abs. 2 die Fortdauer der
trauens zu benachrichtigen. Unters,1chungshaft angeordnet worden, so be-
Außerdem ist dem Verhafteten selbst Ge- ginnt die Frist mit der Bekanntmachung der
legenheit zu geben, einen Angehörigen oder Entscheidung, in der die Haft aufrechterhalten
eine Person seines Vertrauens von. der Ver- wird, an den Angeschuldigten von neuem zu.
haftung zu benachrichtigen, sofern der Zweck laufen. Ergeht eine solche Entscheidung wäh·
der Untersuchung dadurch nicht gefährdet rend des Laufes einer gemäß Abs. 3 vom Ge-
wird." richt bestimmten Frist, so hat das Gericht eine
46. Die §§ 114 d bis 115 d erhalten folgende Fas- neue Frist zu bestimmen.
sung:
.,§ 114 d § 115 b
Befindet sich der Angeschuldigte auf Grund Ncch Eröffnung des Hauptverfahrens findet
eines Haftbefehls, der wegen eines Verbr2chens eine mündliche Verhandlung über den Haft-
oder Vergehens erlassen ist, in Haft, so wird befehl nicht mehr statt.
484 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
§ 115 C mentlich zur Sicherung anderer, erforderlich
Für den Anlrag nul mündliche Verhandlung erscheint oder wenn er einen Selbstentlei-
gelten die für Rechtsmittel gegebenen Vor- bungs- oder Entweichungsversuch gemacht
schrifteon der §§ 297 bis 300 und § 302 Abs. 2 oder vorbereitet hat. Bei der Hauptverhand-
entsprechend. lung soll er ungefesselt sein.
Neben einem Antrag auf mündliche Ver- Die nach Maßgabe vorstehender Bestimmun•
handlung ist eine Beschwerde über den Haft- gen erforderlichen Verfügungen hat der Rich-
befehl nicht zulässig. Eine bereits eingelegte ter zu treffen. Die In dringenden Fällen von
Beschwerde gilt mit der Anberaumung des anderen Beamten getroffenen Anordnungen
Termins zur mündlichen Verhandlung als zu- unterliegen der Genehmigung des Richters."
rückgenommen.
48. § 119 erhält folgende Fassung:
§ 115 d
„Der Angeschuldigte, der seine Freilassung
Von Ort und Zeit der mündlichen Verhand• gegen Sicherheitsleistung beantragt, ist, wenn
lung sind die Staatsanwaltschaft sowie der er nicht im Inland wohnt, verpflichtet, eine im
Angeschuldigte und der Verteidiger zu benach- Bezirk des zuständigen Gerichts wohnhafte
richtigen. Person zur Empfangnahme von Zustellungen
Der Angeschuldigte ist zu der Verhandlu!1g zu bevollmächtigen."
vorzuführen, es sei denn, daß er auf die An-
wesenheit in der Verhandlung verzichtet hat, 49. § 124 Abs. 3 und 4 erhalten wieder folgende
oder daß der Vorführung weite Entfernung Fassung:
oder Krankheit des Angeschuldigten oder „Die gleiche Befugnis hat nach Eröffnung
andere nicht zu beseitigende Hindernisse ent- des Hauptverfahrens in dringenden Fällen der
gegenstehen. Wird der Angeschuldigte zur Vorsitzende des erkennenden Gerichts.
mündlichen Verhandlnng nicht vorgeführt, so Auch die mündliche Verhandlung über den
muß ein Verteidiger seine Rechte in der Ver- Haftbefehl (§§ 114 d, 115 a) findet vor dem zu•
handlung wahrnehmen. ständigen Gericht statt. In der Vorunter•
Hat bis zum Beginn der mündlichen Ver• suchung entscheidet im Falle des·§ 114 d der
handlung die Untersuchungshaft des Ange- Untersuchungsrichter, ohne an die Stellung•
schuldigten seit der Verhaftung drei Monate nahme der Staatsanwaltschaft gebunden zu
gedauert, so ist ein Verteidiger zu der Ver- sein; in den Fällen des § 115 a entscheidet
handlung auch zuzuziehen, wenn der Ange- nicht der Untersuchungsrichter, sondern das
schuldigte dazu v<Drgeführt wird. Gericht."
Hat der Angeschuldigte noch keinen Ver- 50. Die §§ 128 und 129 erhalten folgende Fassung:
teidiger gewählt, so ist ihm ein Verteidiger zu
best'ollen. Die Vorschriften der §§ 142, 143 und § 128
145 gellen entsprechend. Der Festgenommene ist, sofern er nicht wie-
In der mündlichen Verhandlung sind die an- der in Freiheit gesetzt wird, unverzüglich, spä-
wesenden Beteiligten zu hören. Art und Um- testens am Tage nach der Festnahme, dem
fang der Beweisaufnahme bestimmt das Ge- Amtsrichter des Bezirks, in dem er festgenom-
richt. Uber die Verhandlung ist ein Protokoll men worden ist, vorzuführen; dieser hat dem
aufzunehmen; die Vorschriften der §§ 271 bis Vorgeführten die Gründe der Festnahme mit•
273 sind entsprechend anzuwenden. zuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegen-
Die Entscheidung ist am Schluß der münd- heit zu Einwendungen zu geben.
lichen Verhandlung zu. verkünden. Ist dies Hält der Amtsrichter die Festnahme nicht
nicht möglich, so ist die Entscheidung späte- für gerechtfertigt oder ihre Gründe für besei-
stens binnen einer vVoche zu erlassen:· tigt, so ordnet er die Frei111ssung an. Andernfalls
erläßt er einen Haftbefehl oder einen Unter-
47. § 116 erhält wieder folgende Fassung:
bringungsbefehl. für den die Vorschriften des
,,Der Verhaftete soll, soweit möglich, von § 126 gelten.
anderen gesondert und nicht in demselben § 129
Raum mit Strafgefangenen verwahrt werden.
Ist gegen den Fe3tgenommenen bereits
Mit seiner Zustimmung kann von dieser Vor-
die öffentliche Klage erhoben, so ist er ent-
schrift abgesehen werden.
weder sofort oder auf Verfügung des Amts•
Dem Verhafteten dürfen nur solche Beschrän- richters, dem er zunächst vorgeführt worden
kungen auferlegt werden, die zur Sicherung des ist, dem zuständigen Gericht oder dem Unter-
Zwecks der Hall oder zur Aufrechterhaltung suchungsrichter vorzuführen; diese haben spä-
der Ordnung im Gefängnis notwendig sind. testens am Tage nach der Festnahme über
Bequemlichkeiten und Beschäftigungen darf Freilassung, Verhaftung oder einstwernge
er sich auf seine Kosten verschaffen, soweit Unterbringung des Festgenommenen zu ent•
sie mit dem Zweck der Haft vereinbar sind scheiden."
und weder die Ordnung im Gefängnis stören
noch die Sicherheit gefährden. 51. Nach § 136 wird ein neuer § 136 a folgender
Fesseln dürfen im Gefängnis dem Verhafte- Fassung eingefügt:
ten nur dann angelegt werden, wenn es wegen „Die Freiheit der Willensentschließung und
besonderer Gefährlichkeit seiner Person, na- der Willensbetätigung des Beschuldigten darf
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 485
nicht beeinträchtigt werden durch Mißhand- dert und auf sein Recht, binnen einer Woche
lung, durch Ermüdung, durch körperlichen Ein- die Bestellung eines Verteidigers zu beantra-
griff, durch Verabreichung von Mitteln, durch gen, hingewiesen worden ist.
Quälerei, durch Täuschung oder durch Hyp-
nose. Zwang darf nur angewandt werdan, so- § 141
weit das Strafverfahrensrecht dies zuläßt. Die In den Fällen des § 140 Abs. 1 und 2 wird
Drohung mit einer nach seinen Vorschriften dem Angeschuldigten, der noch keinen Ver-
unzulässigen Maßnahme und das Versprechen teidiger gewählt hat, ein Verteidiger bestellt,
eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils sobald er gemäß § 201 zur Erklärung über die
sind verboten. Anklageschrift aufgefordert worden ist, oder
Maßnahmen, die das Erinnerungsvermögen wenn eine solche Aufforderung nicht vovge-
oder die Einsichtsfähigkeit des Beschuldigten schrieben ist, sobald dem Angeschuldigten der
beeinträchtigen, sind nicht gestattet. Eröffnungsbeschluß zugestellt worden ist. Der
Das Verbot der Abs. 1 und 2 gilt ohne Rück- Verteidiger kann auch schon während des Vor-
sicht auf die Einwilligung des Beschuldigten. verfahrens bestellt werden.
Aussagen, die unter Verletzung dieses Verbots Ergibt sich erst später, daß ein Verteidiger
zustandegekommen sind, dürfen auch dann notwendig ist, so wird er sofort bestellt.
nicht verwertet werden, wenn der Beschuldigte Zur Bestellung ist der Vorsitzende des Ge-
der Verwertung zustimmt." richts zuständig, bei dem das Verfahren an-
52. Die §§ 140 bis 142 erhalten folgende Fassung: hängig ist. Im Vorverfahren entscheidet der
Vorsitzende des Gerichts, das für das Haupt-
,.§ 140 verfahren zuständig wäre.
Die Mitwirkung eines Verteidigers ist not- § 142
wendig, wenn
Der zu bestellen.de Verteidiger wird . durch
1. die Hauptverhandlung vor dem Bundes-
den Vorsitzenden des Gerichts möglichst aus
gerichtshof oder dem Oberlandesgericht der Zahl der bei einem Gericht des Gerichts-
im ersten Rechtszug oder vor dem bezirks zugelassenen Rechtsanwälte ausge-
Schwurgericht stattfindet,
wählt.
2. eine Tat in Frage kommt, die nicht nur
Auch Justizbeamte, die nicht als Richter an-
wegen 11ückfalls ein Verbrechen ist, und gestellt sind, sowie Rechtskundige, welche die
die Staatsanwaltschaft oder der Beschul- "orgeschriebene erste Prüfung für den Justiz-
digte oder sein gesetzlicher Vertreter dienst bestanden haben, können als Verteidi-
die Bestellung eines Verteidigers bean-
ger bestellt werden."
tragt,
3. das Verfahren zur Anordnung der Siche- 53. § 144 wird aufgehoben.
rungsverwahrung oder zur Unterbrin-
54. § 145 erhält folgende Fassung:
gung in einer Heil- oder Pflegeanstalt
oder zur Untersagung der Berufsaus- ,.Wenn in einem Falle, in dem die Verteidi-
übung führen kann; gung notwendig ist, der Verteidiger in der
Hauptverhandlung ausbleibt, sich unzeitig ent-
4. der Beschuldigte taub oder stumm ist,
fernt oder sich weigert, die Verteidigung zu
5. wenn sich der Beschuldigte bis zur führen, so hat der Vorsitzende dem Angeklag-
Hauptverhandlung in Haft befunden, ten sogleich einen a·nderen Verteidiger zu be-
diese länger als drei Monate gedauert stellen. Das Gericht kann jedoch auch eine
hat, und die Staatsanwaltschaft oder der Aussetzung d_er Verhandlung beschließen.
Beschuldigte oder sein gesetzlicher Ver-
Wird der notwendige Verteidiger gemäß
treter die Bestellung eines Verteidigers
§ 141 Abs. 2 erst im Laufe der Hauptverhand-
beantragt,
lung bestellt, so kann l;las Gericht eine Aus-
6. zur Vorbereitung eines Gutachtens über setzung der Verhandlung beschließen."
den Geisteszustand des Beschuldigten
Abs. 3 unverändert.
seine Unterbringung in einer öffentlichen
Heil- oder Pflegeanstalt in Frage kommt; Abs. 4 unverändert.
7. die Hauptverhandlung gegen einen Ab- 55. In § 145 Abs. 4 werden die Worte „vorbehalt-
wesenden stattfindet (§ 277). lich dienstlicher Ahndung" gestrichen.
In anderen Fällen bestellt der Vorsitzende
56. § 147 Abs. 1 erhält folgenden Satz 2:
auf Antrag oder von Amts wegen einen Ver-
teidiger, wenn wegen der Schwere der Tat ,.Im beschleunigten Verfahren kann der Ver-
oder wegen der Schwierigkeit der Sach- oder teidiger die Akten von dem Zeitpunkt an ein-
Rechtslage die_ Mitwirkung eines Verteidigers sehen, in dem die Staatsanwaltschaft bei Ge-
geboten erscheint, oder wenn ersichtlich ist, richt den Antrag auf Aburteilung im beschleu-
daß sich der Beschuldigte nicht selbst vertei- nigten Verfahren stellt."
digen kann. 57. § 147 a wird aufgehoben.
Der Antrag nach Abs. 1 Nr. 2 und 5 ist bin-
nen einer Frist von einer Woche zu stellen, 58. § 148 Abs. 2 erhält wieder folgende Fassung:
nachdem der Angeschuldigte gemäß § 201 zur „Solange das Hauptverfahren nicht eröffnet
Erklärung über die Anklageschrift «ufgefor- ist, kann der Richter schriftliche Mitteilungeu.
Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
zurückweisen, falls deren Einsicht ihm nicht 65. § 154 a Abs. 3 erhält folgende Fassung:
gestattet wird." „Von der Erhebung der öffentlichen Klage
kann auch abgesehen wer-den, wenn der Be-
59. § 148 erhält folgenden Abs. 4: schuldigte aus dem Geltungsbereich dieses
.,Im beschleunigten Verfahren ist dem ver- Bundesgesetzes ausgewiesen wird."
hafteten Beschuldigten schriftlicher und münd-
licher Verkehr mit dem Verteidiger ohne die 66. § 154 b erhält folgende Fassung:
in Abs. 2 und 3 vorgesehenen Beschränkungen „Ist eine Nötigung oder Erpressung durch
von dem Zeitpunkt an gestattet, in dem die die Drohung begangen worden, eine Straftat
Staatsanwaltschaft bei dem Gericht den An- zu offenbaren, so kann die Staatsanwaltschaft
trag auf Aburteilung im beschleunigten Ver- von der Verfolgung der Tat, deren Offen•
fahren stellt." barung angedroht worden ist, absehen, wenn
60. § 149 erhält folgende Fassung. nicht wegen der Schwere der Tat eine Sühne
unerläßlich ist."
„Der Ehegatte eines Angeklagten ist in der
Hauptverhandlung als Beistand zuzulassen und 67. § 156 erhält folgende Fassung:
auf sein Verlangen zu hören. Zeit und Ort der „Die öffentliche Klage kann nach Eröffnung
Hauptverhandlung sollen ihm rechtzeitig mit- der Voruntersuchung oder des Hauptverfah-
geteilt werden. rens nicht zurückgenommen· werden."
Dasselbe gilt von dem gesetzlichen Vertre-
ter eines Angeklagten. 68. § 157 erhält wieder folgende Fassung:
Im Vorverfahren unterliegt die Zulassung ,.Im Sinne dieses Gesetzes ist:
solcher Beistände dem richterlichen Ermessen." Angeschuldigter der Beschuldigte, gegen den
die öffentliche Klage erhoben ist,
61. § 152 Abs. 3 und 4 entfallen. An ihre Stelle tritt
Angeklagter der B-eschuldigte oder Angeschul-
folgender Abs. 3:
digte, gegen den die Eröffnung des Hauptver-
„Hängt die Erhebung der öffentlichen Klage fahrens beschlossen ist."
wegen eines Vergehens von der Beurteilung
einer Frage ab, die nach bürgerlichem Recht 69. § 161 erhält folgen-den Abs. 2:
oder nach Verwaltungsrecht zu beurteilen ist, „Die Vorschriften der §§ 136 a und 69 Abs. 3
so kann die Staatsanwaltschaft zur Austragung sind anzuwenden."
der Frage im bürgerlichen ·streitverfahren oder
im Verwaltungsstreitverfahren eine FrfSt be- 70. § 163 erhält folgen-den neuen Abs. 2:
stimmen. Hiervon ist der Anzeigende zu be- „Die Vorschriften der §§ 136a und 69 Abs. 3
nachrichtigen. Nach fruchtlosem Ablauf der sind anzuwenden."
Frist kann die Staatsanwaltschaft das Verfah- Der bisherige Abs. 2 wird Abs. 3.
ren einstellen."
71. § 170 Abs. 1 erhält folgende Fassung:
62. In § 153 Abs. 2 „Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß
bleiben die Worte „mit Zustimmung des Amts- zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt
richters" eingefügt. die Staatsanwaltschaft si·e entweder durch
.einen Antrag auf gerichtliche Voruntersuchung
63. § 153 a erhält folgende Fassung: oder durch Einreichung einer Anklageschrift
.,Die Staatsanwaltschaft kann von der Ver- bei dem zust~ndigen Gericht."
folgung einer Tat absehen,
72. Die §§ 172 bis 177 werden in folgender Fas-
1. die ein deutscher Staatsangehöriger im
sung beibehalten:
Ausland begangen hat,
2. die ein Ausländer im Ausland oder die .. § 172
er im Inland auf einem ausländischen
Ist der Antragsteller zugleich d-er Verletzte,
Schiff oder Luftfahrzeug begangen hat,
so steht ihm gegen diesen Bescheid binnen
3. wenn wegen der Tat im Ausl"and schon zwei Wochen nach der Bekanntmachung die
eine Strafe gegen den Beschuldigten Beschwerde an den vorgeset:rten Beamten dc,r
vollstreckt worden ist und die im Inland Staatsanwaltschaft und gegen dessen ableh-
zu erwartende Strafe nach Anrechnung nenden Bescheid binnen eines Monats nach
der ausländischen nicht ins Gewicht der Bekanntmachung der Antrag auf gericht-
fiele." liche Entscheidung zu.
64. § 154 Abs. 3 erhält wieder folgende Fassung: Der Antrag muß die Tatsachen, welche die
„Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine Erhebung der öffentlichen Klage begründen
wegen einer ;rnderen Tat~ b_ercits rechtskräftig sollen, und die Beweismittel angeben, auch
erkannte Strafe oder Maßregel der Sicherung von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
•1,id Besserung vorläufig eingestell-t worden, so Der Antrag ist bei dem für die Entscheidung
kann es, falls nicht inzwischen Verjährung ein- zuständigen Gericht einzureichen.
getreten ist, wieder aufgenommen werden, Zur Entscheidung ist in den zur Zuständig-
wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder keit des Bundesgerichtshofes gehörenden
Maßregel der Sicherung und Besserung nach- Sachen der Bundesgerichtshof, in anderen
träglich wegfällt." Sachen das Oberlandesgericht zuständig.
Nr. 40 --- Tag r.lcr Ausgabe: Bonn, den 20. Seplcmber 1950 487
§ 173 Durchführung einer Voruntersuchllng bean-
Auf Volm1gen d<>s Cnicht.s- hat ihm die tragen; dem Antrag ist stattzugeben.
Sladtsanwallsc:lldfl dir, bishc,r von ihr' gcfücir- In den zur Zustäcidigkeit der Strafkammer
lcn Vrcrlrnndlungc,n vorzulegen. im ersten Rechtszug und zur Zuständigkeit des
Das Gerichl kann den Anlrag unter Bestim- Schöffengerichts gehörenden Sachen findet
mung einer Frist dem ßcschul,ligtcn zur Er- eine Voruntersuchung stat.t, wenn der Ange-
klärung mitteilen. schuldigk in der Erklärung über die Anklage-
Das Gericht kann zur Vorberc,itung seiner schrift (§ 201) oder die Staatsanwaltschaft dies
Entscheidung Ermil llungcn anordnen und mil beantragt und erhebliche Gründe gellend
ihrer Vornahme r,ines seiner Mitglieder, ckn macht, aus denen eine Voruntersuchung er-
UnlNsuchungsrichter oder den Amtsrichterbe- lorclcrlich erscheint."
auftragen.
74. Die §§ 179 bis 184 erhalten folgende Fassung:
§ 174
Ergibt sich kein genügender Anlaß zur Er- .. § 179
hebung der öffentlichen Klage, so verwirft das Der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Er-
Gericht den Antrag und setzt den Antragsteller, öffnung der Voruntersuchung muß den Be-
die Staatsanwaltschaft und den Beschuldigten schuldigten uml di<e ihm zur Lasl gelegte Tat
von der Verwerfung in Kenntnis. bezeichnen.
Ist der Antrag verworfen, so kann die öffent-
liche Klage nur auf Grund neuer Tatsachen § 180
oder Beweismittel erhoben werden. Der Antrag kann nur wegen Unzuständigkeit
des Gerichts oder wegen Unzulässigkeit der
§ 175 Strafverfolgung oder der Voruntersuchung
Erachtet das Gericht den Antrag für begrün- (§ 178), oder weil die in dem Antrag bezeich-
det, so beschließt es die Erhebung der öffent- nete Tat unter kein Strafgesetz fällt, abgelehnt
lichen Klage. Die Durchführung diesPs Be- werden. Hi<erzu bedarf es eines Beschlusses
schlusses liegt der Staatsanwaltschaft ob. des Gerichts.
Der Angeschuldigte kann vor der Beschluß-
§ 176 fassung gehört werden.
Durch Beschluß des Gerichts kann dem An-
tragsteller vor der Entscheidung über den An- § 181
trag die Leistung einer Sicherheit für die Kosten Gegen die Verfügung, durch die au'f Antrag
auferlegt werden, die durch das Verfahren über der Staatsanwaltschaft die Voruntersuchung
den Antrag und durch die Untersuchung vor- eröffnet worden ist, kann der Angeschuldigte
aussichtlich der Staatskasse und dem Be- aus einem der im § 180 Abs. 1 bezeichneten
schuldigten erwachsen. Die Sicherheitsleistung Gründe Einwand erheben. Ub€f den Einwand
ist durch Hinterlegung in barem Geld oder in entscheidet das Gericht.
Wertpapieren zu bewirken. Die Höhe der zu Diese Vorschrift gilt nicht, wenn die Vor-
leistenden Sicherheit wird vom Gericht nach untersuchung infolge des Beschlusses des Ge-
freiem Ermessen festgesetzt. Es hat zugleich richts eröffnet und der Angeschuldigte vorher
eine Frist zu bestimmen, binnen welcher die gehört worden ist.
Sicherheit zu leisten ist.
Wird die Sich-erheit in der bestimmten Frist § 182
nicht geleistet, so hat das Gericht den Antrag Gegen den Beschluß des Gerichts, durch den
für zurückgenommen zu erklären. der von dem Angeschuldigten bei seiner An-
hörung (§ 180 Abs. 2) oder in dem Fall des
§ 177 § 181 Abs. 1 erhobene Einwand der Unzustän·
Die durch das Verfahren über den Antrag digkeit (§ 16) verworfen wird, steht dem An·
veranlaßten Kosten sind in dem Falle des § 174 geschuldigten sofortige Beschwerde zu.
und des § 176 Abs. 2 dem Antragsteller aufzu- Im übrigen kann der Beschluß des Gerichts,
erlegen." durch den der Einwand des Angeschuldigten
verworfen oder die Eröffnung der Vorunter-
§ 178 erhält folgende Fassung:
suchung angeordnet worden ist, nicht ange-
,.Die Voruntersucliung findet in den Straf- fochten werden.
sachen statt, die zur Zuständigkeit des Bundes-
geiichtshofes, des Oberlandesgerichts im ersten § 183
Rechtszuge oder des Schwurgerichts gehören. Gegen den Beschluß des Gerichts, der den
In den zur Zuständigkeit des Schwurgerichts Antrag der· Staatsanwaltschaft oder des Ange-
gehörenden Sachen entfällt die Vorunter- schuldigten- auf Eröffnung oder Ergänzung der
suchung, wenn der Beschuldigte durch einen Voruntersuchung ablehnt, · ist sofortige Be-
Richter vernommen ist, der Tatbestand ein- schwerde zulässig.
fach liegt und die Voruntersuchung nach dem
Ermessen der Staatsanwaltschaft nicht erforder- § 184
lich ist. Doch kann der Angeschuldigte in der Die Voruntersuchung wird von dem Unter-
Erklärung über die Anklagschrift (§ 201) die suchungsrichter eröffnet und geführt."
4188 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
75. § 186 erhält folgende Fassung, erfolgt durch Einreichung einer Anklage•
,,Bei dem Bundesgerichtshof wird der Unter- schrift.'"
suchungsrichter für jede Strafsache aus der
82. § 198 a entfällt.
Zahl der Mitglieder durch den Präsidenten
bestellt. 83. Als § 199 wird folgende Vorschrift eingefügt;
Der Präsident kann auch jedes Mitglied
eines anderen deutschen Gerichts und jeden ,,§ 199
Amtsrichter zum Untersuchungsrichter oder für 1-Iat keine Voruntersuchung stattgefunden,
einen Teil der Geschäfte des Untersuchungs- so entscheidet das Gericht, das für die Haupt·
richters zu seinem Vertreter bestellen. verhandlung zuständig ist, darüber, ob das
Der Untersuchungsrichter und dessen Ver- Hauptverfahren zu eröffnen oder das Ver-
treter können um die Vornahme einzelner fahren vorläufig einzustellen ist.
Untersuchungshandlungen tlie Amtsrichter er- Die Anklageschrift enthält den Antrag, das
suchen.
Hauptverfahren zu eröffnen. Mit ihr werden
Für die zur Zuständigkeit der Oberlandes- die Akten dem Gericht vorgelegt.'"
gerichte gehörenden Strafsachen gelten diese
Vorschriften mit der Maßgabe. daß der Präsi- 84. § 200 Abs. 2 erhält folgende Fassung:
dent des Oberlandesgerichts jeden Richter, der ,,In der Anklageschrift wird auch das wesent•
in dem dem Oberlandesgericht zugewiesenen liehe Ergebnis der Ermittlungen dargestellt.
Bezirk (§ 120 Ahs. 2 des Gerichtsverfassungs- Davon kann abgesehen werden, wenn Anklage
gesetzes) angestellt ist, zum Untersuchungs- beim Amtsrichter als Einzelrichter erhoben
richter bestellen kann." wird.''
76. § 190 Abs. 1 erhält wieder folgende Fassung: 85. § 201 erhält folgende Fassung:
,,Die Voruntersuchung ist nicht weiter aus- ,,Der Vorsitzende des Gerichts hat die An-
zudehnen, als erforderlich ist, um eine Ent- klageschrift dem Angeschuldigten mitzuteilen
scheidung darüber zu begründen, ob das Haupt- und ihn zugleich aufzufordern, sich innerhalb
verfahren zu eröffnen oder der Angeschuldigte einer zu bestimmenden Frist zu erklären, ob er
außer Verfolgung zu setzen ist." die Vornahme -einzelner Beweiserhebungen vor
der Hauptverhandlung beantragen oder Ein·
77. § 193 Abs. 2 erhält folgende Fassung:
wendungen gegen die Eröffnung des Haupt•
,,Dasselbe gilt, wenn ein Zeug{;! oder Sach- verfahrens vorbringen wolle. Hat keine Vor•
verständiger vernommen werden soll, dessen untersuchung stattgefunden, so ist der Ange•
Erscheinen in der Hauptverhandlung für eine schuldigte auf sein Recht, eine Voruntersuchung
längere oder ungewisse Zeit Krankheit oder zu beantragen (§ 178), hinzuweisen und zur
Gebrechlichkeit oder andere nicht zu besei- Erklärung darüber aufzufordern, ob er eine
tigende Hindernisse entgegenstehen, oder dem Voruntersuchung beantragen wolle. Der An•
das Erscheinen in der Hauptverhandlung geklagte ist auch auf sein Recht, gemäß § 140
wegen großer Entfernung nicht zugemutet Abs. 1 Nr. 2 oder 5 die Bestellung eines Ver-
werden kann." teidigers zu beantragen, hinzuweisen.
78. In § 195 Abs. 1 bleiben die Worte „und, wenn Uber die Anträge und Einwendungen be•
der Richter den Antri)g ablehnt, sie seihst schließt das Gericht. Beantragt der Angesch:ul•
laden lassen" eingefügt. digte eine Voruntersuchung, so hat der Amts·
79. § 197 Jl.,bs. 1 erhält folgende FasslV!g: richter die Akten mit dem Antrag des An•
geschuldigten durch Vermittlung der Staats•
„Erachtet der Untersuchung: richter den anwaltschaft dem Landgericht znr Entschei•
Zweck der Voruntersuchung für erreicht, so dung darüber vorzulegen, ob eine Vorunter·
übersendet er die Akten der Staatsanwaltschaft suchung zu eröffnen ist. Eine Anfechtung der
zur Stellung ihrer Anträge," Beschlüsse findet nur nach Maßgabe der Vor•
80. Die Uberschrift vor § 198 lautet wieder: schri.ften des § 182 Abs. 1 und des § 183 statt.
,,Entscheidung über die Eröffnm-~g des Haupt• Die Vorschriften des Abs. 1 und 2· gelten
verfahrens." nicht, wenn Anklage beim Amtsrichter als
Einzelrichter erhoben worden ist."
81. § 198 erhält foli<ende Fassung:
,,Hat eine Voruntersuchung stattgefunden, 86. Die §§ 202 bis 204 erhalten folgende Fassung:
so entscheiden in den zur Zuständigkeit des
Bundesgerichtshofes oder der Oberlandes- ,,§ 202
gerichte gehörenden Sachen diese Gerichte, Zur besseren Aufklärung der Sache kann das
sonst das Landgericht darüber, ob das Haupt- Gericht eine Voruntersuchung oder eine Ergän•
verfahren zu eröffnen oder der Angeschuldigte zung der Voruntersuchung oder einzelne Be•
außer Verfolgung zu setzen oder das Verfahren weiserhebungen anordnen.
vorläufig einzustellen ist. Hält der Amtsrichter zur besseren Aufklä•
Die Staatsanwaltschaft legt zu diesem Zweck rung der Sache eine Voruntersuchung für
die Akten mit ihrem Antrag dem Gericht vor. nötig, so hat er die Akten mit einer Begrür.•
Der Antrag auf Eröffnung des Hauptverfahrens dung seiner Auffassung durch Vermittlung der
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 489
Staatsanwaltschaft dem Landgericht zur Ent- öffnen, nachdem es den AngesChüldigten auf-
scheidung darüber vorzulegen, ob eine Vor- gefordert hat, sich innerhalb einer zu bestim-
untersuchung zu eröffnen ist. menden Frist zu erklären, ob er eine Ergän-
Die Beschlüsse sind nicht anfechtbar. zung der Voruntersuchung oder die Vornahme
einzelner Beweiserhebungen vor der Haupt-
§ 203 verhandlung beantragen oder Einwendungen
Das Gericht beschließt die Eröffnung des gegen die Eröffnung des Hauptverfahrens vor-
Hauptverfahrens, wenn nach den Ergebnissen bringen wolle. Der Angeschuldigte ist auch
der Voruntersuchung oder, falls eine solche auf sein Recht, gemäß § 140 Abs. 1 Nr. 2 oder
nicht stattgefunden hat, nach den Ergebnissen 5 die Bestellung eines Verteidigers zu beantra-
des vorbereitenden Verfahrens der Angeschul- gen, hinzuweisen.
digte einer strafbaren Handlung hinreichend Beschließt das Gericht die Eröffnung des
verdächtig erscheint. Hauptverfahrens, so hat die Staatsanwaltschaft
eine den Beschluß entsprechende Anklage-
§ 204
schrift einzureichen."
Beschließt das Gericht, das Hauptverfahren
nicht zu eröffnen, so muß aus dem Beschluß 92. § 209 erhält folgende Fassung:
hervorgehen, ob er auf tatsächlichen oder auf „Das Landgericht kann das Hauptverfahren
Rechtsgründen beruht. vor den erkennenden Gerichten jeder Ordnung,
Hat eine Voruntersuchung stattgefunden, so nicht aber vor dem Bundesgerichtshof eröffnen.
ist auszusprechen, daß der Angeschuldigte In einer Sache, in welcher die Staatsanwalt-
außer Verfolgung zu setzen ist. schaft gemäß § 24 Nr. 2 oder 3 des Gerichts-
Der Beschluß ist dem Angeschuldigten be- verfassungsgesetzes bei der Strafkammer an-
kanntzumachen." geklagt hat, kann .das Landgericht das Haupt-
verfahren auch vor dem. Schöffengericht er-
87. § 205 behält folgende Fassung: öffnen.
„Steht der Hauptverhandlung für längere Erachtet das Landgericht die Zuständigkeit
Zeit die Abwesenheit des Angeschuldigten des Bundesgerichtshofes für begründet, so legt
oder ein anderes in seiner Person liegendes es die Akten durch Vermittlung der Staats-
Hindernis entgegen, so kann das Gericht das anwaltschaft diesem Gericht zur Entscheidung
Verfanren durch Beschluß vorläufig einstellen. vor.
Der Vorsitzende sichert, soweit nötig, die Be-
weise." Der Amtsrichter, der findet, daß eine bei
ihm eingereichte Sache die Zuständigkeit des
88. § 206 erhält wieder folgende Fassung: Amtsgerichts übersteigt, legt die Akten durch
„Das Gericht ist bei der Beschlußfassung an Vermittlung der Staatsanwaltschaft dem Land-
die Anträge der Staatsanwaltschaft nicht ge- gericht zur 'Entscheidung vor. "
bunden."
93. § 210 erhält folgende Fassung:
89. Nach § 206 wird folgende Vorschrift eingefügt: „Der Beschluß, durch den das Hauptverfahren
eröffnet worden ist, kann von dem Angeklag-
.,§ 206 a
ten nicht angefochten werden.
Stellt sich nach Eröffnung des Hauptverfah- Gegen den Beschluß, durch den die Er-
rens ein Verfahrenshindernis heraus, so kann öffnung des Hauptverfahrens abgelehnt oder
das Gericht außerhalb der Hauptverhandlung abweichend von dem Antrag der Staatsanwalts
das Verfahren durch Beschluß einstellen. schaft die Verweisung an ein Gericht niederer
Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde Ordnung ausgesprochen worden ist, steht der
anfechtbar." Staatsanwaltschaft sofortige Beschwerde zu.
90. § 207 erhält wieder folgende Fassung: Gibt das Beschwerdegericht der Beschwerde
statt, so kann es zugleich bestimmen, daß die
.,§ 207 Hauptverhandlung vor einer anderen Kammer
In dem Beschluß, durch den das Hauptver- des Gerichts, das den Beschluß nach Abs. 2
fahren eröllnet wird, ist die dem Angeklagten erlassen hat, oder vor einem zu demselben
zur Last gelegte Tat unter Hervorhebung ihrer Land gehörenden benachbarten Gericht glei-
gesetzlichen Merkmale und des anzuwenden- cher Ordnung stattzufinden hat."
den Strafgesetzes sowie das Gericht zu be-
94. § 211 erhält wieder folgende Fassung:
zeichnen, vor dem die Hauptverhandlung statt-
finden soll. „Ist die Eröffnung des Hauptverfahrens
durch einen nicht mehr anfechtbaren Beschluß
Das Gericht hat zugleich von Amts wegen abgelehnt, so kann die Klage nur auf Grund
über die Anordnung oder Fortdauer der Unter-
neuer Tatsachen oder Beweismittel wieder auf-
suchungshaft oder der einstweiligen Unterbrin-
genommen werden."
gung zu beschließen."
95. Die §§ 212 bis 212 b erhalten folgende Fassung:
91. § 208 erhält folgende Fassung:
.,Beantragt die Staatsanwaltschaft, den An- .,§ 212
geschuldigten außer Verfolgung zu setzen, so Im Verfahren vor dem Amtsrichter und dem
kann das Gericht das Hauptverfahren nur er- Schöffengericht kann die Staatsanwaltschaft
490 Buncksgesetzblatt, Jahrgang 1950
schrifllich oder mündlich den Antrag auf Ab- handlung verlangen. solange mit der Verle-
urlcilung im bc>schlcunigten Verfahren stellen, sung des Beschlusses über die Eröffnung des
wenn der Sachverhalt einfach und die sofor- Hauptverfahrens nicht begonnen. ist.
tige Aburteilung möglich ist. Der Angeklagte kann auf die Einhaltung der
Frist verzichten."
§ 212 a
100. § 220 wird in folgender Fassung beibehalten:
Stellt die Slaalsanwalt.schaft den Antrag, so ,,Lehnt der Vorsitzende den Antrag auf La-
wird die Uauplvc>rhandlung sofort durchge- dung einer Person ab, so..kann der Angeklagte
fülut oder mil kürzester Frist anberaumt, ohne sie unmittelbar la·den lassen. Hierzu ist er auch
daß es einer EntschcirlLrng über die Eröffnung
ohne vorgängigen Antrag befugt.
des Hauptvervedahrens bedarf.
Eine unmittelbar geladene Person ist nur
Der Einreichung einer Anklageschrift bedarf dann zum Erscheinen verpflichtet, wenn ihr
es nicht. Wird eine Anklageschrift nicht ein- bei der Ladung die gesetzliche Entschädigung
gereicht, so wird die Anklage bei Beginn der für Reisekosten und Versäumnis bar dar-
Hauptverhandlung mündlich erhoben und ihr geboten oder deren Hinterlegung bei der Ge-
wesenllicher Inhalt in das Sitzungsprotokoll schäftsstelle nachgewiesen wird.
aufgenommen.
Ergibt sich in der Hauptverhandlung, daß
Der Ladung des Beschuldigten bedarf es nur, die Vernehmung einer unmittelbar geladenen
wenn er sich nicht frei willig zur Hauptver- Person zur Aufklärung der Sache dienlich war,
handlung stellt oder nicht dem Gericht vorge-
so hat da,s Gericht auf Antrag anzuordnen, daß
führt wird. Mit der Ladung wird ihm mitge-
ihr die gesetzliche Entschädigung aus der
teilt, was ihm zur Last gelegt wird. Die La- Staatskasse zu gewähren ist:·
dungsfrist beträgt vierundzwanzig Stunden.
101. § 222 erhält folgende- Fassung:
§ 212 b ,,Gericht und Staatsanwaltschaft haben,
Der Amtsrichter oder das Schöffengericht wenn sie außer den in der Anklageschrift be-
lehnt die Aburteilung im beschleunigten Ver- nannten oder auf Antrag des Angeklagten ge-
fahren ab, wenn sich die Sache zur Verha11<!- ladenen Zeugen oder Sachverständigen noch
lung in diesem Verfahren nicht eignet oder andere Personen laden, dem Angeklagten
wenn eine höhere Strafe als ein Jahr Gefäng- diese Personen rechtzeitig namhaft zu machen
nis zu erwarten ist. Zuchthaus oder eine Maß- und i,hren Wohn- oder Aufenthaltsort anzu-
regel der Sicherung und Besserung darf in die- geben.
sem Verfahren nicht verhängt werden. Der Angeklagte hat die von ihm unmittelbar
Die Aburteilung im beschleunigten Verfah- geladenen oder zur Hauptverhandlung zu stel-
ren kann auch in der Hauptverhandlung bis lend2n Zeugen und Sachverständigen recht-
zur Verkündung des Urteils abgelehnt werden. zeitig dem Gericht und der Staatsanwaltschaft
Der Beschluß isl nicht anfechtbar. namhaft zu machen und ihren Wohn- oder
Wird die Aburteilung im beschleunigten Aufenthaltsort anzugeben."
Verfahren abgelehnt, so bedarf es der Ein- 102. § 223 Abs. 2 erhält folgende Fassung:
reichung einer neuen Anklageschrift:·
„Dasselbe gilt, wenn einem Zeugen oder
96. § 213 tritt wieder in folgender Fassung in Sachverständigen das Erscheinen wegen
Kraft: großer Entfernung nicht zugemutet werd2n
„Der Termin zur Hauptverhandlung wird kann."
von dem VorsHzenden des Gerichts anbe- Abs, 3 erhält wieder folgende Fassung:
raumt:·
„Die Vernehmung von Zeugen hat eidlich zu
97. § 214 Abs. l wird in folgender Fassung bei- erfolgen, soweit nicht Ausnahmen vorgeschrie-
behalten: ben oder zugelassen sind:·
„Die zur Hauptverhandlung erforderlichen 103. § 229 erhält folgende Fassung:
Ladungen und die Herbeischaffung der als Be-
„Eine unterbrochene Hauptverhandlung muß
weismittel dienenden Gegenstände bewirkt die
spätestens am elften Tage nach der Unter-
Staatsanwaltschaft. Sie können auch vom Ge-
richt bewirkt werden." br,:,chung fortgesetzt werden, widrigenfalls mit
dem Verfahren von neuem zu beginnen ist."
98. § 215 tritt wieder in folgender Fassung in 104. Die §§ 232 und 233 erhalten folgende Fassung:
Kraft:
,,Der Beschluß über die Eröffnung des Haupt- ,,§ 232
verfahrens ist dem An.geklagten spätestens mit Die Hauptverhandlung kann ohne den An-
der Ladung zuzustellen:· geklagten durchgeführt werden, wenn er ord-
nungsgemäß geladen und in der Ladung darauf
99. § 217 tritt in folgender Fassung. in Kraft:
hingewiesen ist, daß in seiner Abwesenheit
.. Zwischen der Zustellung der Ladung (§ 216) verhandelt werden kann, und wenn keine
und dem Tag der Hauptverhandlung muß eine höhere Strafe als Haft, Geldstrafe oder Ein-
Frist von mindestens einer Vloche liegen. ziehung, allein oder in Verbindung miteinan-
Ist diese Frist nicht eingehalten worden, so der, zu erwarten ist. Eine höhere Strafe oder
kann der Angeklagte die Aussetzung der Ver- eine Maßregel der Sicherung und Besserung
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 491
darf in dif,sem V erfahren nicht verhängt Der Vorsitzende hat auch nach dieser Ver-
werden. nehmung die ihm zur weiteren Aufklärung der
Auf Grund einer Ladung durch öffentliche Sache erforderlich scheinenden Fragen an die
Bekannlmachung findet die Hauptverhandlung Zeugen und Sachverständigen zu richten."
ohne den Angeklagten nicht statt. 108. § 24;0 erhält folgende Fassung:
Die Niederschrift über e-ine richterliche Ver- .,Der Vorsitzende hat den beisitzenden Rich•
nehmung des Angeklagl.cn wird iu der Haupt- tern auf Verlangen zu gestatten, Fragen an d,c,n
verhandlung verlesen. Angeklagten, die Zeugen und die Sachverstän·
Das in Abwesenheit des Angekli1glen e,- digen zu stellen.
gchcnde Urleil muß ihm mit den Urtr,ilsgrün• Dasselbe hat der Vorsit2ende der Staats-
den durch Ubcrgabe zugestellt werden. anwaltschaft, dem Angeklagten und dem Ver·
teidiger sowie den Geschworenen und den
§ 233 Schöiien zu gestalten. Die unmittelbare Be·-
Der Angeklagte kann auf seinen Antrag von fragung Pines Angeklagten durch einen Mi.t·
da Verpflichlung zum Erscheinen in d~r angeklagten ist unzulässig."
Ilauplverhandlung entbunden werden, wenn
keine höhere Strafe als Freiheitsstrafe bis ,u :09. § 241 erhält wieder folgende Fassung:
sechs Monaten oder Geldstrafe oder Ein· „Dem, welcher im Falle des § 239 Abs. 1 die
ziehung, allein oder in Verbindung miteinan- Befugnis der Vernehmung mißbraucht, kann
der, zu erwarten ist. Eine höhere Strafe oder sie von dem Vorsitzenden entzogen werden.
eine Maßregel d.er Sicherung und Besserung In den Fällen des § 239 Abs. 1 und des § 240
darf in seiner Abwesenheit nicht verhängt Abs. 2 kann der Vorsitzende ungeeignete oder
werden. nicht zur Sache gehörende Fragen zurück·
Wird der Angeklagle von der Verpflichtung weisen."
zum Erscheinen in der Hauptverhandlung ent- , 10. § 213 Abs. 2 erhält wieder folgende Fassung:
bunden, so muß er durch einen beauftragten „Hi-eran schließt sich die Vernehmung des
oder ersuchten Richter über die Anklage ver- Angeklagten über seine persönlichen Verhält•
nommen und dabei über die bei Verhandlung nisse und die Verlesung des Besc-hlusses über
in seiner Abwesenheit zulässigen Strafen be- die Eröffnung des Hauptverfahrens."
lehrt und befragt werden, ob er seinen Antrag
auf Befreiung vom Erscheinen in der Haupt· 111. § 243 Abs. 4; erhält wieder folgende Fassung:
Verhandlung aufrechterhält. .,Die Verlesung des Beschlusses und die Ver-
Von dem zum Zweck der Vernehmung anbe- nehmung des Angeklagten geschieht in Ab-
beraumten Termin sind die Staatsanwaltschaft wesenheit der zu vernehmenden Zeugen."
und der Verteidiger zu benachrichtigen; ihrer
Anwesenheit bei der Vernehmung bedarf es ; 12. Die §§ 24A und 245 erhalten folgende Fassnng:
nicht. Das Protokoll über die Vernehmung ist
in der Hauplverhandlung zu verlesen." .. § 244
Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt
105. § 233 a bleibt aufgehoben. die Beweisaufnahme.
106. § 235 erhält folgende Fassung: Das Gericht hat zur Erforschung der Wahr-
heit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf
„l-Iat die Hauptverhandlung gemäß § 232 alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken,
ohne den Angeklagten stattgefunden, so kann die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
er gegen das Urteil binnen einer Woche nach
seiner Zustellung die Wiedereinsetzung in den Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die
vorigen Stand unter den gleichen Voraus- Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im
setzungen wie gegen die Versäumung einer übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt
Frist nachsuchen; hat er von der Ladung zur werden, wenn eine Beweiserhebung wegen
Hauptverhandlung keine Kenntnis erlangt, so Offenkundigkeit überflüssig ist, wenn di-e Tat-
kann er stets die Wiedereinsetzung in den sache, die bewiesen werden soll, für die Ent·
vorigen Stand beanspruchen, Hierüber ist der scheidun g ohne Bedeutung oder schon erwie-
Angeklagte bei der Zustellung des Urteils zu sen ist, wenn das Beweismittel völlig ungeeig-
belehren." net oder wenn es unerreichbar ist, wenn der
Antrag zum Zweck der Prozeßverschleppung
107. § 239 gilt wieder in folgender Fassung: gestellt ist oder wenn eine erhebliche Behaup-
.,Die Vernehmung der von der Staatsanwali,- tung, die zur Entlastung des Angeklagten be·
schaft und dem Angeklagten benannten Zeugen wiesen werden soll, so behandelt werden kann,
und Sachverständigen ist der Staatsanwalt- als wäre die behauptete Tatsache wahr.
schaft und dem Verteidiger auf deren überein- Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines
stimmenden Antrag von dem Vorsitzenden zu Sachverständigen kann, soweit nichts anderes
überlassen. Bei den von der Staatsanwaltschaft bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das
benannten Zeugen und Sachverständigen hat Gericht selbst die erforderliche Sachkunde be•
diese, bei den von dem Angeklagten benannten sitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachver·
der Verteidiger in erster Reihe das Recht zur ständigen kann auch dann abgelehnt wer·
Vernehmung. den, wenn durch das frühere Gutachten das
492 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
Gegenteil der behauptetc:n Tatsache bereits er- Vorbereitung der Entscheidung darüber dien<e•1,
wiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde ob die Ladung und Vernehmung einer Pers,)n
des früherren Gutachters zweifelhaft ist, wenn erfolgen sollen, so dürfen Vernehmungsnicder•
sein Gutachten von unzutreffenden tatsäch- Schriften, Urkunden und and<ere als Bewe;,_
lichen Vorausselz•mgen ausgeht, wenn das mittel dienende Schriftstücke auch sonst v2·-
Gutachten Widersprüche enthält oder wenn lesen werden.
der neue Sachverständige über Forschungs- In den Fällen der Abs. 1 und 2 beschließt dc1s
mittel verfügt, diP denen eines früheren Gut- Gericht, ob die Verlr,sung angeordnet wir:l.
achters überlegen erscheinen. Der Grund der Verlesung wird beka1;nlg-,-
Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augen- geben. Wird die Niederscfirift über eine ric:1-
scheins kann abgelehnt werden, wenn der ter!iche Vernehmung verlesen, so wird fest-
Augenschein nach dem pflichtgemäßen Er- gestellt, ob der Vernommene vereidigt worden
messen des Gerichts zur Erforschung der VVabr- ist. Die VereidigLmg wird nachgeholt, wenn
heit nicht erforderlich ist. sie dem Gericht not wendig erscheint und noch
Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf ausführbar i,t.'"
eines Gerichts beschl llsses. 114. § 260 Abs. 1 Satz 1 erhält folgende Fassung:
§ 245 „Die Hauptverhandlung schließt mit der auf
. Die Beweisaufnahme ist auf die sämtlichen die Beratung folgenden Verkündung des Ur-
vorgeladenen und auch erschienenen Zeugen eils."
und Sachverständigen sowie auf die anderen 115. § 260 Abs. 3 und 4 erhalten folgende Fassung:
herbeigeschafften Beweismittel zu erstrecken,
,,Die Einstellung des Verfahrens ist auszu-
es sei denn, daß di0 Beweiserhebung unzu-
spcechen, wenn ein Verfahrenshindernis be-
lässig oder zum Zweck der Prozeßverschlep-
steht.
pung beantragt ist. Dies gilt auch dann, wenn
die .Ladung und das Erscheinen der Zeugen Der Urteilsspruch gibt die rechtliche Be-
oder Sachverständigen oder die Herbei- zeichnung der Tat an, deren der Angeklagte
schaffung der anderen Beweismittel erst wäh- schuldig gesprochen wird. Strafen oder Maß-
rend der Hauptverhandlung erfolgt. Von der regeln der Sicherung und Besserung, die neben
Erhebung e,inzelner Beweise kann abgesehen anderen verwirkten Strafen oder Maßregeln
werden, wenn die Staatsanwaltschaft und der nicht vollstreckt werden können, werden in
Angeklagte, dam;t einverstanden sind." den Urteilsspruch nicht aufgenommen; sie
werden nur in den Urteilsgründen aufgeführt.
113. § 251 erhält folgende Fassung: Im übrigen unterliegt die Fassung des Urteils-
,.Die Vernehmung eines Zeugen, Sachver-· spruchs dem Ermessen des Gerichts,"
ständigen oder Milbeschuldigten darf durch
116. § 264 erhält folgende Fassung:
Verlesung der Niederschrift über seine frühere
richterliche Vernehmung ersetzt werden, wenn „Gegenstand der Urteilsfindung ist die in
1. der Zeuge, Sachverständige oder Mitbe-
der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach
schuldigte verstorben oder in Geistes- dem Ergebnis der Verhandlung darstellt.
krankheit verfallen ist oder wenn sein Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat,
Aufenthalt nicht zu ermitteln ist: die dem Beschluß über die Eröffnung des
2. dem Erscheinen des Zeugen, Sachverstän- Hauptverfahrens zugrunde liegt, nicht gebun-
digen oder Mitbeschuldiglen in der Haupt- den."
verhandlung für eine längere oder ung,~- 117. In § 265 Abs. 1 und 3 werden die Worte „in
wisse Zeit Krankheit, Gebrechlichk·:it d.er Anklageschrift" wieder durch die Worte
oder andere nicht zu beseitigende Hinder- „in dem Beschluß über die Eröffnung des
nisse entgegenstehen; Hauptverfahrens" ersetzt.
3. dem Zeugen orler Sachverständigen das
Erscheinen in der Hauptverhandlung 118. § 266 erhält folgende Fassung:
wegen großer Entfernung unter Berück- ,,Erstreckt der Staatsanwalt in der Haupt•
sichtigung dn Bedeutung seiner Aussage · verhandlung die Anklage auf weitere Straf-
nicht zugemutet werden kann: taten des Angeklagten, so kann das Gericht
4. der Staatsanwalt, der Verteidiger und der sie durch Beschluß in das Verfahren einbe-
Angeklagte mit dc-r Verlesung einverstan- ziehen, wenn es flir sie zuständig ist und der
den sind. Angeklagte zustimmt.
Ist ein Zeuge, Sachverständiger oder Mitbe- Die Nachtragsanklage kann mündlich erho-
schuldigter verstorben oder kann er aus einem ben werden. Ihr Inhalt entspricht dem § 200
anderen Grund in absehbarer Zeit gerichtlich Abs. 1. Sie wird in die Sitzungsniederschrift
nkht vernommen werde;,, so dürfen auch Nie- aufgenommen. Der Vorsitzende gibt dem Ange-
derschriften über eine a,1dere Vernehmung so- klagten Gelegenheit, sich zu verteidigen.
wie Urkunden, die eine von ihm stammende Die Verhandlung wird unterbrochen, wenn
schriftliche, Au ßerung enthalten, verlesen es der Vorsitzende für erforderlich hält oder
werden. wenn der Angeklagte es beantragt und sein
Soll die Verleöung anderen Zwecken als un- Antrag nicht offenbar mutwillig oder nur zur
mittelbar der Urlc1 sfindung, insbesondere zur
1 Verzögerung des Verfahrens gestellt ist. Auf
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 493
<las Recht, clie Unterbrechung zu beantragen, mnß den Erfordernissen eines solchen ent-
wird der Angeklagte hingewiesen." sprechen. Seine Anfechtbarkeit bestimmt sich
nach der Vorschrift des § 210.
119. § 267 Abs. 3 Satz 1 erhält folgende Fassung:
Ist der Verweisungsbeschluß von einem
„Die Gründe des Strafurteils müssen ferner Amtsrichter oder einem Schöffengericht ergan-
das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz be- gen, so kann der Angeklagte, falls nicht eine
zeichnen und die Umstände anführen, die für Voruntersuchung stattgefunden hat, innerhalb
die Zumessung der Slrafo bestimmend gewesen einer bei der Bekanntmachung des Beschlusses
sind." zu bestimmenden Frist die Vorn:1hme einzel-
ner Beweiserhebungen vor der Hauptverhand-
120. In § 267 erhallen die i\bs. 4 bis 6 folgende
lung beantragen. Ober den Antrag entscheidet
Fc1ssung:
der Vorsitzende des Gerichts, an das die Sache
.,Verzichten alle zur Anfechtung Berechtig- verwiesen worden ist."
ten auf Rechtsmillcl, so genügt die Angabe
der für erwiesen erachtden Tatsachen, in 124. In § 272 Nr. 2
denen die gesetzlichen Merkmale der straf- werden nach dem Wort „Richter" wieder die
baren Handlung gefunden werden, und iles Worte „Geschworenen und Schöffen" einge-
zur Anwendung gebrachten Strafgesetzes. fügt.
Wird der Angeklagte freigesprochen, so
müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der An- 125. In § 272 Nr. 4
geklagte für nicht überführt oder ob und aus bleiben nach dem vVort „Nebenkläger" die
welchen Gründen die für erwiesen angenom- Worte „Verletzten, die Ansprüche aus der
mene Tat für nicht strafbar erachtet wor- Straftat geltend machen" eingefügt.
den ist.
126. § 273 Abs. 2 erhält wieder folgende Fassung:
Die Urteilsgründe müssen auch ergeben,
weshalb eine Maßregel der Sicherung und Bes- ,.Aus der Hauptverhandlung vor dem Amts-
serung angeordnet oder einem in der Verhand- richter und dem Schöffengericht sind außer-
lung gestellten Antrag entgegen nicht ange- dem die wesentlichen Ergebnisse der Verneh-
ordnet worden ist." mungen in das Protokoll aufzunehmen."
121. § 268 erhält folgende Fassung: 127. § 273 a wird aufgehoben.
128. § 275 Abs. 2 erhält wieder folgenden Satz 3:
.. § 268
,.Der Unterschrift der Schöffen und der Ge-
Das Urteil ergeht im Namen des Volkes. schworenen bedarf es nicht."
Die Verkündung des Urteils erfolgt durch
V crlesung der Urteilsformel und Eröffnung der 129. In § 275 Abs. 3
Urteilsgründe am Schluß der Verhandlung oder werden nach dem Wort „Richter" wieder die
spätestens am vierten Tage nach dem Schluß Worte „der Geschworenen, der Schöffen" ein-
der Verhandlung. Die Eröffnung der Urteils- gefügt.
gründe geschieht durch Verlesung oder durch
mündliche Mitteilung ihres wesentlichen In- 130. Die m,erschriit des Siebenten Abschnitts des
halts. Die Verlesung dm Urteilsformel hat in Zweiten Buches lautet wieder „Veriahren
jedem Falle der Mitteilung der Urteilsgründe gegen Abwesende".
voranzugehen. 131. Die§§ 276 bis 282 c erhalten folgende Fassung:
War die Verkündnng des Urteils ausgesetzt,
so sind die Urteilsgründe tunlichst vorher .. § 276
schriftlich festzustellen. Ein Beschuldigter gilt als abwesend, wenn
Ist der Angeklagte bei der Verkündung an- sein Aufenthalt unbekannt ist oder wenn er
wesend und ist gegen das Urteil ein Rechts- sich im Ausland aufhält und seine Gestellung
mittel zulässig, so soll er über die Einlegung vor das zuständige Gericht nicht ausführbar
des Rechtsmittels belehrt werden." oder nicht angemessen erscheint.
122. § 269 a wird aufgehoben. Für das Verfahren gelten die ailgemeinen
Vorschriften, soweit ihnen nicht die Abwesen-
123. § 270 erhält folgende Fassung: heit des Beschuldigten entgegensteht oder in
„Hält ein Gericht nach dem Ergebnis der den folgenden Vorschriften anderes bestimmt
Hauptverhandlung die sachliche Zuständigkeit ist.
eines Gerichts höherer Ordnung für begründet, cy 277
so verweist es die Sache durch Beschluß an Gegen einen Abwesenden findet eine Haupt•
das zuständige Ger.icht. verhandlung nur auf Antrag der Staatsanwalt-
In dem Beschluß werden die Tat; die dem schaft statt.
Angeklagten zur Lasl gelegt wird, die straf- Die Slaalsanwaltschaft darf den Antrag nur
bare Handlung, die sie darstellt, und die an- stellen, wenn die den Gegenstand der Unter•
zu wendenrlc,n Strafgrselzc angeführt. suchung bildende Tat nur mit Haft, Geldstrafe
Der Beschluß hat die Wirkung eines das oder Einziehung, allein oder in Verbindung
Hauptverfdhren eröffnenden Beschlusses und miteinander, bedroht ist.
4194 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
Ist den Umständen nach anzunehmen, daß so stellt das Gericht das Verfahren vorläufig
sich der Beschuldigte im Ausland aufhält, so ein. Der Beschluß ist nicht anfechtbar.
soll die Staatsanwaltschaft den Antrag nur
stellen, wenn mit einer alsbaldigen Gestellung § 282 a
des Abwesenden nicht gerechnet werden kann, Das Urteil ist als Abwesenheitsurteil zu
oder seine Auslieferung nicht möglich ist oder kennzeichnen und nach § 40 Abs. 2 zuzustellen.
auf Schwierigkeiten stößt. Ist anzunehmen, Die in § 316 Abs. 2 und § 343 Abs. 2 vorge-
daß er sich im Inland verborgen hält, so soll schriebenen Zustellungen erfolgen an den Ver-
sie den Antrag nur stellen, wenn die Ermitt- teidiger.
lungen nach dem Aufenthalt des Abwesenden Das Urteil ist zu vollstrecken, soweit es mög-
ergebnislos geblieben sind. lich ist. Die Staatsanwaltschaft kann das Urteil
Gegen einen abwesenden Ausländer soll der öffentlich bekanntmachen.
Antrag nicht gestellt werden.
§ 282 b
§ 278
Die im § 281 bezeichneten Personen können
(weggefallen) von den dem Beschuldigten zustehenden
Rechtsmitteln Gebrauch machen.
§ 279
Der Abwesende wird zur Hauptverhandlung § 282 C
öffentlich geladen. Einer Zustellung der An- Wird der Verurteilte ergriffen oder stellt er
klageschrift · und des Eröffnungsbeschlusses sich freiwillig, so ist ihm das Abwesenheits-
bedarf es nicht. urteil erneut zuzustellen. Bei der Zustellung
In der Ladung sollen angegeben werden: ist er über die Form und die Frist für die Wie-
l. der Name und, soweit bekannt, der Ruf- deraufnahme des Verfahrens (Abs. 2) zu be-
name, der Beruf, der frühere Wohn- oder lehren.
Aufenthaltsort und der Geburtsort des Ab- Binnen einer Woche seit der Zustellung
wesenden; kann der Verurteilte, auch wenn die im § 359
2. die Straftat, die ihm zur Last gelegt wird, vorgesehenen Gründe für die Wiederaufnahme
mit ihren gesetzlichen Merkmalen sowie des Verfahrens nicht vorliegen, die Wiederauf-
der Ort und die Zeit der Begehung; nahme des Verfahrens beantragen. Sie findet
.
3. die anwendbaren Strafvorschriften;
4. Ort und Zeit der Hauptverhandlung.
statt, wenn der Abwesende sein Ausbleib~n
durch triftige Gründe rechtfertigt oder wenn
sonstige Umstände vorliegen, die eine Erneue-
In der Ladung ist der Abwesende darauf hin- rung der Hauptverhandlung als notwendig er•
zuweisen, daß die Hauptverhandlung auch bei scheinen Jassen.
seinem Ausbleiben stattfinden wird und das Im übngen gelten für das Verfahren die all-
Urteil vollstreckbar ist. gemeinen Vorschriften."
§ 280 132. Die Uberschrift vor § 283 „Achter Abschnitt.
Die Ladung ist in mindestens einem öffent- Weitere Maßnahmen gegen Flüchtige" entfällt.
lichen Blatt, dessen Auswahl die Staatsanwalt- 133. Die §§ 284 bis 292 erhalten folgende Fassung:
schaft trifft, bekanntzumachen. Sie gilt als er-
folgt, wenn seit dem Erscheinen des Blattes, .. § 284
in dem die erste Bekanntma.chung erfolgt ist,
Soweit eine Deckung durch eine Beschlag-
zwei Wochen verflossen sind.
nahme gemäß § 283 nicht ausführbar erscheint,
Eine beglaubigte Abschrift der Ladung soll kann durch Beschluß des Gerichts das im Gel-
zwei Wochen an die Gerichtstafel des Gerichts tungsbereich dieses Bundesgesetzes befindliche
des ersten Rechtszuges angeheftet werden. Vermögen des Angeschuldigten mit Beschlag
Ist der Aufenthalt des Abwesenden, seiner belegt werden. Der Beschluß ist durch den
Angehörigen oder anderer ihm nahestehender Bundesanzeiger und nach Ermessen des Ge-
Personen bekannt, so soll ihnen die Ladung richts auch durch andere Blätter zu veröffent-
unter Beifügung der Anklageschrift mitgeteilt lichen.
wer~en. Verfügungen, die der Angeschuldigte über
Die Staatsanwaltschaft kann auch weitere sein mit Beschlag belegtes Vermögen nach der
Maßnahmen treffen. um die Ladung zur Kennt- ersten durch den Bundesanzeiger bewirkten
nis des Abwesenden zu bringen. Veröffentlichung des · Beschlusses vornimmt,
sind der Staatskasse gegenüber nichtig.
§ 281 Die Beschlagnahme des Vermögens ist auf-
Angehörige des Angeklagten sind, auch ohne zuheben, sobald ihr Grund weggefallen oder
Vollmacht, als Vertreter zuzulassen. die Deckung der Staatskasse durch eine Be-
schlagnahme gemäß § 283 bewirkt ist.
§ 282 Die Aufhebung der Beschlagnahme ist durch
Ergibt die Hauptverhandlung, daß sich in dieselben Blätter bekanntzumachen, durch
AbwesP.nheit des Angeklr1gten weder seine welche die Beschlagnahme veröffentlicht wor-
Schuld noch seine Nichtschuld feststellen läßt, de11 ist.
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 495
§ 285 134, § 295 Abs. 1 Halbsatz 1 erhält folgende Fas-
In dLHl,·ren als den in § 277 bezeichneten sung:
fiillc·n findet g,•gen einen Abwesenden eine ,,Das Gericht kann einem abwesenden Be-
l·Jauplvcrhandlung nicht statt. Das gegen den schuldigten sicheres Geleit erteilen;''
Abwcsc;1dcn cingeleitele Verfaliren hat die
Aufgabe, flir den Fall seiner künftigen Geste]•
135. § 298 Abs. 1 erhält folgende Fassung:
Jung die• Beweise zu sichern, ,,Der gesetzliche Vertreter eines Beschuldig-
f'ür dieses Verfahren gelten die Vorschriften ten kann binnen der für den Beschuldigten lau-
dc,r §§ 286 bis 294. fenden Frist selbständig von den znlässigen
Rechtsmitteln Gebrauch machen."
§ 286
136. § 304 Abs. 3 erhält folgende Fassung:
Für den Angeklagten kann ein Verteidiger
„Gegen Beschlüsse und Verfügungen der
auflreten, Anch Angehörige des Angeklagten
Oberlandesgerichte und des Bundesgerichts-
sind, auch ohne Vollmacht, als Vertreter zuzu-
hofes ist keine Beschwerde zulässig."
lassen.
Zeugen si1d, soweit nicht Ausnahmen vor• 137, § 310 Abs. 2 erhält folgende Fassung:
geschrieben oder zugelassen sind, eidlich zu „Im übrigen findet eine weitere Anfechtung
vernehmen. der auf eine Beschwerde ergangenen Entschei-
§ 287 dungen nicht statt."
Dem abwesenden Beschuldigten steht ein
138. Die §§ 312 und 313 erhalten folgende Fassung:
Anspruch auf Bcnachrichligung über den Fort•
gang de,s Verfdhrens nicht zu. ,,§ 312
Der Richter ist jedoch befugt, einem Ab· Gegen die Urteile des Amtsrichters und des
wesenden, dessen Aulen thalt bekannt ist, Be- Schöffengerichts ist Berufung zulässig.
nachrichtigungen zugehen zu lassen,
§ 313
§ 288
Ein Urteil des Amtsrichters kann nicht mit
Der Abwesende, dessen Aufenthalt unbe· Berufung angefochten werden, wenn es aus-
kann!. isl, kann in einem oder mehreren öffent- schließlich Ubertretungen zum Gegenstand hat
lichen Blättern zum Erscheinen vor Gericht und der Angeklagte entweder freigesprochen
oder zur Anzeige seines Aufenthaltsortes auf- oder ausschließlich zu Geldstrafe verurteilt
gefordert werden.
worden ist."
§ 289
139, § 320 erbält wieder folgende Fassung:
SI.eilt sich c,rsl. nach Eröffnung des Hauptver-
„Ist die Berufung rechtzeitig eingelegt, so
filhrPns die Abwesenheit des Angeklagten her·
hat nach Ablauf der Frist zur Rechtfertigung
aus, so erfolgc,n die noch erforderlichen Be·
die Geschäftsstelle ohne Rücksicht darauf, ob
weisaufnahmc-n durch einen beauftragten oder
ersuchten Richter. eine Rechtfertigung stattgefunden hat oder
nicht, die Akten der Staatsanwaltschaft vorzu-
§ 2UO legen. Diese stellt, wenn die Berufung von ihr
Liegen gegen den ,'\bwcsenden, gegen den eingelegt ist, dem Angeklagten die Schrift-
die öffcnt.liche Klage erhoben ist, Verdachts- stücke über Einlegnrrg und Rechtfertigung der
gründe vor, die den Erlc1fl eines Haflbefehls Berufung zu."
rcchlforligc,n würden, so kann sein im Gel-
tungsbereich dieses Bundesgesetzes befind- 140. § 330 erhält folgende Fassung:
liches Vermögen durch Beschluß des Gerichts ,,Ist von dem gesetzlichen Vertreter die Be-·
mit Beschlag belegt WPrden. rufung ein gelegt worden, so hat das Gericht
auch den Angeklagten zu der Hauplverhand·
§ 291 Jung vorzuladen und kann ihn bei seinem Aus-
Der die Beschlagnahme verhängende Be• bleiben zwangsweise vorführen lassen."
schluß ist durch df'n Bundesanzeiger bekannt· 141. § 331 erhält folgende Fassung:
zumachen und kann nach dem Ermessen des
„Das Urteil darf in Art und Höhe der Strafe
Gerichts auch durch andere Blfüter verölfcnt•
nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert
licht werden.
werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu
§ 292 seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder
Mit dem Zeitpunkt der ersten Bekannt- sein gesetzlicher Vertreter Berufung eingelegt
machung im Bundesanzeiger verliert der An• hat.
geschuldigte das Recht, über das in Beschlag Diese Vorschrift steht der Anordnung der
genommene Vermögen unter Lebenden zu ver- Un_terbringung in einer Heil· oder Pflegean-
fügen. stalt, einer Trinkerheilanstalt oder einer Ent-
Der die Beschlagnahme verhängende Be· ziehungsanstalt nicht entgegen."
schluß ist der Behörde mitzuteilen, die für die
Einleitung einer Pflegschaft über Abwesende 142. § 333 erhält folgende Fassung:_
lUStändig ist. Diese Behörde hat eine Pfleg· „Gegen die Urteile der Strafkammern und
schaft einzuleiten." der Schwurgerichte ist Revision zulässig."
496 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
143. Die §§ 334 und 335 erhalten wieder folgende 149. § 354 a wird wieder in folgender Fassung ein- .
Fassung: gefügt:
.. § 334 „Das Revisionsgericht hat auch dann nach
Gegen die Urteile des Amtsrichters ist Revi· § 354 zu verfahren, wenn es das Urteil auf-
sion insoweit zulässig, als nach § 313 die Be· hebt, weil zur Zeit der Entscheidung des Re-
rufung ausgeschlossen ist. vision_sgerichts ein anderes Gesetz gilt als zur
Zeit des Erlasses der angefochtenen Entschei•
§ 335
dung."
Ein Urteil, gegen das Berufung zulässig ist, 150. § 358 Abs. 2 erhält folgende Fassung:
kann statt mit Berufung mit Revision angefoch- „Das angefochtene Urteil darf in Art und
ten werden. Höhe der Strafe nicht zum Nachteil des An-
Uber die Revision entscheidet das Gericht, geklagten geändert werden, wenn lediglich der
das zur Entscheidung berufen wäre, wenn die Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsan•
Revision nach durchgeführter Berufung einge- waltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Re-
legt worden wäre. vision eingelegt hat. Diese Vors.chrift steht der
Anordnung der Unterbringung in einer Heil•
Legt gegen das Urteil ein Beteiligter Revi· oder Pflegeanstalt, einer Trinkerheilanstalt
sion und ein anderer Berufung ein, so wird, so· oder einer Entziehungsanstalt nicht entgegen."
lange die Berufung nicht zurückgenommen
oder als unzulässig verworfen ist, die Revision 151. § 359 erhält folgende Fassung:
als Berufung behandelt. Die Revisionsanträge ,.Die Wiederaufnahme eines durch rechts-
und deren Begründung sind gleichwohl in der kräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens
vorgeschriebenen Form und Frist anzubringen zugunsten des Verurteilten ist zulässig:
und dem Gegner zuzustellen (§§ 344 bis 347). 1. wenn eine in der Hauptverhandlung zu
Gegen das Berufungsurteil ist Revision nach seinen Ungunsten als echt vorgebrachte
den allgemein geltenden Vorschriften zulässig." .Urkunde unecht oder verfälscht war;
144. In § 338 Nr. 2 und 3 2. wenn der Zeuge oder Sachverständige
-sich bei einem zunngunsten des Verur-
werden nach dem Wort „Richter" wieder die teilten abgelegten Zeugnis oder. abgege-
Worte „Geschworener oder Schöffe" einge· benen Gutachten einer vorsätzlichen oder
fügt. fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht
oder einer vorsätzlichen falschen uneid•
145. § 340 wird aufgehoben.
lichen Aussage schuldig gemacht hat,
146. § 345 Abs. 1 erhält folgende Fassung: 3. wenn bei dem Urteil ein Richter, Ge-
„Die Revisionsanträge und deren Begründung schworener oder Schöffe mitgewirkt hat,
sind spätestens binnen zwei weiteren Wochen der sich in Beziehung auf die Sache einer
nach Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechts• Verletzung seiner Amtspflichten schuldig
mittels oder, wenn zu dieser Zeit das Urteil gemacht hat, sofern die Verletzung mit
einer im Wege des gerichtlichen Strafver-
noch nicht zugestellt war, nach dessen Zustel-
fahrens zu verhängenden öffentlichen
lung bei dem Gericht, dessen Urteil angefoch-
Strafe bedroht und nicht vom Verurteil-
ten wird, anzubringen."
ten selbst veranlaßt ist;
147. § 349 erhält folgc,nde Fassung: 4. wenn ein zivilgerichtliches Urteil, auf
,.Erachtet das Revisionsgericht die Vor• welches das Strafurteil gegründet ist,
,e
schriften über 1 Einlegung der Revision oder durch ein anderes rechtskräftig gewor-
denes Urteil aufgehoben ist;
die über die J,nbringung der Revisionsanträge
nicht für beobachtet, so kann es rlC1s Rechts- 5. wenn neue Tatsachen oder Beweismittel
mittel du, Beschluß als unzu!ä, ~ verwer- beigebracht sind, die allein oder in Ver-
fen .. bindung mit den früher erhobenen Be-
weisen die Freisprechung des Angeklag-
Das gk 1e ist der Fall, wem, das Revisions- ten oder in Anwendung eines milderen
gericht cl Revision einstimmig für offensicht- Strafgesetzes eine geringere Bestrafung
lich unbc ründet erachtet. oder eine wesentlich andere Entschei-
Andnnfalls wird über das Rechtsmiltel dung über eine Maßregel der Sicherung
durch Urteil entschieden." und Besserung zu begründen geeignet
sind."
1~8. § 354 Abs. 2 erhält folgende Fassung:
152. § 362 erhält folgende Fassung:
.,In anderen Fällen ist die Sache zur ander-
weiten Verhandlung und Entscheidung an ,.Die Wiederaufnahme eines durch rechts-·
das Gericht, dessen Urteil aufgehoben wird, kräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens
zurückzuverweisen. Die Sache kann auch an zuungunsten des Angeklagten ist zulässig:
ein zu demselben Land gehörendes benachbar- 1. wenn- eine in der Hauptverhandlung zu
tes Gericht gleicher Ordnung oder, wenn dies seinen Gunsten ale echt vorgebrachte
nicht möglich ist, an eine andere Kammer des Urk,rnde unecht oder verfälscht war;
Gerichts, dessen Urteil aufgehoben wird, zu- 2. wenn der Zeuge oder Sachverständige
rückverwiesen werden." sich bei einem zugunsten des Verurteilten
Nr. 40 -~ Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September !950 497
ab~f~le~le:n z(~ugnis oder abgegebenen 158. § 373 a wird in folgender Fusstrng wieder ein-
Gutachten einer vorsätzlichen oder fahr- gefügt:
liissigcn Vcrlclzung der Eidespflicht oder „Für die Vviederaufncthme eines durch
einer vorsätzlichen falschen uneidlicher1 rechtskräftigen Strafbefehl abgeschlossenPn
Aussage schuldig gemacht hat; Verfahrens gelten die Vorschriften der §§ :J5<J
3. wenn bei dem Urteil ein Richter, Ge- bis 373 entsprechend."
schworener oder Schöffe mitgewirkt hat, 159. § 377 Abs. 1 wird in folgender Fussung auf-
der sich in Beziehung auf die Sache einer rechterhalten:
Verletzung seiner Amtspflichten schuldig
g,,macht hat, sofern diese Verletzung ,.Im Privatklü(s<'Verfahren ist der Staatsan-
mit einer im Vvege des gerichtlichen anwalt zu einer Milwirkung nicht verpflichtet.
Strafverfahrens zu verhängenden öftent- Das Gericht legt ihm die Akten vor, wenn es
lichen Strafe bedroht ist; die Obernahme der Verfolgung durch ihn für
geboten hält."
4. wenn von dem Freigesprochenen vor Ge-
richt oder außergerichtlich ein glaub- 160. § 379 Abs. 1 erhält f...,lgende Fassung:
würdiges Geständnis der strafbaren ,,Der Privatkläger hat für die dem Beschul-
Handlung abgelegt wird." digten voraussichtlich erwachsenden Kosten
unler denselben Voraussetzungen Sicherheit
153. § 363 erhlilt folgende fassung: zu leisten, unter denen in bürgerlichen Rechls-
„Eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu streitigkciten der Kläger auf Verlangen des
dem Zweck, eine andere Strafbemessung auf Beklagten Sicherheit wegen der Prozeßkost<en
Grund desselben Strafgesetzes herbeizuführe,i, zu leisten hat."
ist nicht zulässig.
161. § 379 a erhält folgende Fassung:
Eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu „Zur Zahlung des Gebührenvorschusses
dem Zweck, eine Milderung der Strafe wegen nach § 83 Abs. 1 des. Gerichtskostengesetzes
verminderter Zurechnungsfähigkeit herbeizu- soll, sofern nicht dem Privatkläger das Ar-
führen, ist gleichfalls ausgeschlossen." menrecht bewilligt ist oder Gebührenfreiheit
zusteht, vom Gericht eine Frist bestimmt wer-
154. § 367 Abs_ Satz 2 ·erhält wieder folgende
den; hierbei soll auf die nach Abs. 3 ein-
Fassung:
tretenden Folgen hingewiesen werden.
„Wird ein im Revisionsverfahren erlassenes Vor Zahlung des Vorschusses soll keine ge-
Urteil aus anderen Gründen als auf Grund richtliche Handlung vorgenommen werden, es
des § 359 Nr. 3 oder des § 362 Nr. 3 ange- sei denn, daß glaubhaft gemacht wird, daß di.e
fochten, so entscheidet das Gericht, gegen Verzögerung dem Privatkläger einen nicht
dessen Urteil die Revision eingelegt war." oder nur schwer zu ersetzenden Nachteil
bringen würde.
155. § 37!) Abs. 1 erhlUt wieder folgende Fassung: Nach fruchtlosem Ablauf der nach Abs. 1
,.Der Antrag auf Wiederaufnahme des Ver- gestellten Frist wird die Privatklage zurück-
fahrens wird ohne mündliche Verhandlung als gewiesen. Der Beschluß kann mit sofortiger
unbegründel verworfen, wenn die darin aufge- Beschwerde angefochten werden. Er ist von
stellten Behauptungen keine genügende Be- dem Gericht, das ihn erlassen hat, von Amts
stätigung gefunden haben oder wenn in den wegen aufzuheben, wenn sich herausstellt,
Fällen des § 359 Nr. 1 und 2 oder des § 362 daß die Zahlung innerhalb der gesetzten Frist
Nr. 1 und 2 nach Lage der Sache die An- eingegangen ist."
nahme ausgeschlossen ist, daß die in diesen
Vorschriften bezeichnete Handlung auf die 162. § 380 Abs, 3 erhält folgende Fassung:
Entscheidung Einfluß gehabt hat." „Die Vorschriften der Abs. 1 und 2 gelten
nicht, wenn der amtliche Vorgesetzte nach
156. § 371 Abs. 4 erhält folgende Fassung: § 196 oder § 232 Abs. 3 des Strafgesetzbuches
,.Die Aufhebung ist auf Verlangen des An- befugt ist, Strafantrag zu stellen."
tragstellers durch den Bundesanzeiger be-
kanntzumachen und kann nach dem E.rmessen 163. In § 382 bleiben die Worte „und de"r Staais,,n-
des Gerichts auch durch andere Blätter ver• waltschaft zur Kenntnisnahme" gestrichen.
ölfentlicht werden."
164. § 383 erhält folgende Fassung:
157. § 373 Abs. 2 erhält folgende Fassung: ,,Nach Eingang der Erklärung des Beschul-
uDas fr(\herc Urteil darf in Art und Höhe digten oder Ablauf der Frist entscheidet das
der Strafe nicht zum Nachteil des Verurteilten Gericht darüber, ob das Hauptverfahren 7Ll
goändert werden, wenn lediglich der Venu-- eröffnen oder die Klage zurückzuweisen ist,
leilte, zu seinen Cunsten die Staatsam,1 ~.ll- nach Maßgabe der V 01'schriften, die b,~i einer
schaft . oder sein gesetzlicher Vertreter die von der Slaats,rnwallsclrnft unmittelbar erho-
Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt bel'len Anklage anzuwenden sind.
hat. Diese Vorschrift steht der Anordnung Ist die Schuld des Täters gering nncl sind
der Unterbringung in einer Heil- oder Pflege- die Folgen der Tat unbedeutend, so kann das
anstalt, einer Trinkerheilanstalt oder einer Gericht das Verfahren einstellen. Die Ein-
Entziehungsanstalt nicht entgegen," stellung ist auch noch in der Hauptverhand-
498 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
lung zulässig. Der Beschluß kann mit sofor- .. § 403
tiger Beschwerde angefochten werden," Der Verletzte oder sein Erbe kann gegen
165. § 383 a entfällt. den Beschuldigten einen aus der Straftat er-
wachsenen vermögensrechtlichen Anspruch,
166. § 384 erhält einen Abs. 2 und einen Abs. 3 in der zur Zuständigkeit der ordentlichen Ge-
folgender Passung: richte gehört und noch nicht anderweit gericht-
„Das Gericht bestimmt unbeschadet des lich anhängig gemacht ist, im Strafverfahren
§ 244 Abs. 2 den Umfang der Beweisaufnahme. geltend machen, im Verfahren vor dem Amts-
Die Vorschrift des § 265 Abs. 3 über das gericht jedoch nur insoweit, als der Anspruch
Recht, die Aussetzung der Hauptverhandlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
zu verlangen, ist nicht anzuwenden." Der Verletzte oder sein Erbe soll von dem
Strafverfahren möglichst frühzeitig Kenntnis
167, Der frühere § 384 Abs. 2 wird als Abs. 4 in erhalten; dab<ci 1,01] er auf die Möglichkeit,
folgendtcr Fassung wieder eingefügt: seinen Ansprnch auch im Strafverfahren g,+
.,Vor dem Schwurgericht kann eine Privat- tend zu machen, hingewiesen werden.
klagesache nicht gleichzeitig mit einer auf
öffentliche Klage anhängig gemachten Sache § 404
verhandelt werden." Der Antrag, durch den der Anspruch geltend
gemacht wird, kann schriftlich oder mündlich
168. § 386 Abs. 2 wird in folgender Fassung beibe-
zur Niederschrift des Urkundsbeamten, in der
halten:
Hauptverhandlung auch mündlich bis zum Be-
„Dem PrivatklägN wie dem Angeklagten ginn der Schlußvorträge gestellt werden. Er
steht das Recht der unmittelbaren Ladung zu." muß den Gegenstand und Grund des Anspruchs
bestimmt bezeichnen und soll die Beweismittel
169. § 388 Abs. 2 wird in folgender Fassung beibe-
enthalten. Ist der Antrag außerhalb der Haupt-
halten:
verhandlung gestellt, so wird er dem Beschul-
„Ist der Kläger nicht der Verletzte (§ 374 digten zugestellt.
Abs. 2), so kann der Beschuldigte die Wider-
klage gegen den Verletzten erheben. In diesem Die Antragstellung hat dieselben Wirkungen
Falle bedarf es der Zustellung der Widerklage wie die Erhebung der Klage im bürgerlichen
an den VerletztPn und dessen Ladung zur Rechtsstreit.
Hauptverhandlung, sofern die Widerklage Ist der Antrag vor Beginn der Hauptverhand-
nicht in der Hauptverhandlung in Anwesen- lung, gestellt, so wird der Antragsteller von
heit des Verletzten !!rhoben wird." Ort und Zeit der Hauptverhandlung benach-
richtigt. Der Antragsteller, sein gesetzlicher
170. § 390 Abs. 4 und 5 erhält folgende Fassung: Vertreter und der Ehegatte des Antragsberech-
.,Die Vorschrift des § 379 a über die Zah- tigten können an der Hauptverhandlung teil-
lung des Gebührenvorschusses und die Folgen nehmen.
nicht rechtzeitiger Zahlung gilt entsprechend. Der Antrag kann bis zur Verkündung des
Die Vorschrift des § 383 Abs. 2 Satz 1 und 2 Urteils zurückgenommen werden.
über die Einstellung wegen Geringfügigkeit § 405
gilt auch im Berufungsverfahren. Der Beschl'lß Das Gericht sieht von einer Entscheidung
ist nich.t anfechtbar." über den Antrag im Urteil ab, wenn der An-
171. § 393 Abs. 2 erhält folgende Fassung: geklagte einer Straftat nicht schuldig gespro-
chen und auch nicht eine Maßregel der Siche-
„Eine Privatklage wegen Beleidigung kann rung und Besserung gegen ihn angeordnet wird
jedoch nach dem Tode des Klägers von dessen oder soweit der Antrag unbegründet erscheint.
Eltern, Kindern, Geschwislern oder dem Ehe- Es sieht von der Entscheidung auch dann ab,
gatten fortgesetzt werden," wenn sich der Antrag zur Erledigung im Straf-
172. § 395 Abs. 2 erhält wieder folgende Fassung: verfahren nicht eignet, insbesondere, wenn
seine Prüfung das Verfahren verzögern wlirde,
„Die gleiche Befugnis steht dem zu, welcher oder wenn der Antrag unzulässig ist; dies kan•1
durch einen Antrag auf gerichtliche Entschei- in jeder Lage d,,s Verfahrens auch durch Be-
dung (§ 172) die Erhebung der öffentlichen schluß geschehen.
Klage herbeigeführt hat, wenn die strafbare
§ 4l)6
Handlung gegen sein Leben, seine Gesundheit,
seine frciheil, seinen Personenstand oder seiac Soweit der Antrag nach dem Ergebnis c!c,r
Vermögensrechte gerichtet war." Hauptverhandlung begründet ist, gibt ihm das
Gericht im Urteil statt. Die Entscheidung darf
173. § 401 Abs. 1 erhält folgenden Satz 2: sich nicht auf den Grund des geltend gemach-
„Die Vorschrift des § 379 a über die Zahlung ten Anspruchs beschränken.
des Gebührenvorschusses und die Folgen nicht Das Gericht kann die Eiitscheidung für vor-
rcchlzeiliger Zahlung gilt entsprechend." läufig vollstreckbar erklären. Es kann die vor-
läufige Vollstreckung von einer Sicherheits-
174. Der. Drille Abschnitt des Fünften Buches „Ent- leistung abhängig machen; es kann auch dem
schädigung des Verletzten" wird in folgender Angeklagten gestatten, sie durch Sicherheits-
Passung beibehallen: leistung abzuwenden. Diese Anordnungen
Nr ,10 -- Tag der Ausgabe: Bonn, dBn 20. September 1950 499
k()nnf'n d1ij c 11 unCTnfl'cbtbar<:n Bc~srhluß auch 17'.:i. Die Abschnitlsüberschrilt vor § 407 lautet:
ndchlrdglir-11 g"lroflr•n, geändert oder aufgc,- ,,Verfahren bei Strafbefehlen"
J1nb1'11 WPrd1:L.
176. § 407 Abs. 2 erhält folgende Fassung:
Die I:nlschcidung über clcn Antrag steht
<';11,·111 irn lJLirg1cdichcr, Rechtsstreit ergangenen „Durch einen Strafbefehl darf keine andere
L11rlurlril glr•1cl1. Sowr•ii der Anspruch nicht Strafe als Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von
Ztl(•rkannt 1.sl, k,rnn r'r anderweit geltend gc- höchstens drd Monaten sowie eine etwa ver-
mcicht w,·rdcn. wirkte Einziehung, die Befugnis zur Beseiti-
Der Anl rag.,lcller nl1cllt eine Abschrift des gung eines gesetzwidrigen Zustandes oder die
lJr!{'i!s 1nil Crl·111dcn ocl('r eJncin Auszug: dara.u").
Bekanntmachung der Entscheidung festgesetzt
werden."
§ 406 a
177. § 407 Abs. 4 erhält wieder folgende Fassung:
Dl'm A11tr,•gstcllcr steht, auch soweit das
C<enchL vo11 einer I:ntschcidung absieht, ,,in ,,Die Staatsanwaltschaft kann bei dem An-
Rr-•chl.smittd nicht zu. trag auf Erlaß des Strafbefehls zugleich den im
§ 25 Abs. 1 Nr. 2 c des Gerichtsverfassungs-
Soweil das Gericht dem Antrag stattgibt,
gesetzes bezeichneten Antrag für den Fall stel-
kilnn der Angeklagte die Entscheidung auch
. len, daß der Amtsrichter die Sache zur Haupt-
ohne den strafrechtlichen Teil des Urteils mit
verhandlung bringt oder der Beschuldigte Ein-
d<>m sonst zulä,sigen Rechtsmittel anfechten.
spruch erhebt."
In diesem Falle kann über das Rechtsmittel
durch Beschluß in nicht öffentlicher Sitzung 178. § 408 Abs. 2 Satz 1 erhält folgende Fassung:
entschieden werden. ,,Der Amtsrichter hat Hauptvei·handlung an-
Wird auf <:in Rechtsmittel unter Aufhebung zubBraumen, wenn er Bedenken hat, ohne
der Verurteilung der Angeklagte einer Straf- Hauptverhandlung zu entscheiden."
tat nicht schuldig gesprochen und auch nicht
em0 Maßreg<:l der Si.cherung und Besserung 179. Die Uberschriit lauttet vor § 413: ,,zweiter
g<'gen ihn angeordnet, so ist zugleich die dem Abschnitt. Verfahren bei Strafverfügungen".
Antrag stal lg<,bencle Entscheidung aufzuheben, § 413 erhält folgende Fassung:
auch wenn d,is Urteil insoweit nicht angefoch-
ten ist. ,,§ 413
§ 406 b Auf Grund landesrechtlicher Bestimmungen
Die Vollstreckung richtet sich nach den Vor- könnBn die Polizeibehörden bei Ubertretungen
schriften, die für die Vollstreckung von Ur- ihre Verhandlungen nach Vernehmung des
teilen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten gel- Beschuldigten statt der Staatsanwaltschaft
ten. Für das Verfahren nach den §§ 731, 767, (§ 163 Abs. 3) dem Amtsgericht übersenden.
768, 887 bis 890 der Zivilprozeßorclnung ist das Die Beweismittel sowie die anzuwendenden
Cericht der bürgerlichen Rechtspflege zustän- Strafvorschriften sind zu bezeichnen; auch ist
dig, in dessen Bezirk das Strafgericht des •ein Vorschlag zum Strafmaß zu machen.
ersten Recbts?uges seinen Sitz hat. Einwendun- Der Amtsrichter setzt durch Strafverfügung
gen, die den Anspruch selbst betreffen, sind
ohne Hauptverhandlung die Strafe sowie eine
nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf
etwa verwirkte Einziehung oder die Befugnis
denPn sie beruhen, nach Schluß der Hauptver-
zur Beseitigung eines gesetzwidrigen Zustandes
handlung des ersten Rechtszuges und, wenn
fest, ohne an den Vorschlag der Polizeibehörde
das Berufungsgericht entschieden hat, nach
gebunden zu sein. Einer Mitwirkung der
Schluß der Hauptverhandlung im Berufungs-
Staatsanwaltschaft bedarf es nicht.
rechtszug rntstanden sind.
Der Amtsrichter übersendet die Akten der
§ 406 C Staatsanwaltschaft, wenn er Bedenken 1-iar,
DC'n Antrag auf Wiederaufnahme des Ver- ohne Hauptverhandlung zu entscheiden, oder
fahrC'ns k,1nn der Angeklagte darauf beschrän- wenn er noch weitere Ermittlungen für nötig
ken, eine wesentlich andere Entscheidung über erachtet.
den Anspruch herbeizuführen. Das Gericht ent- Die §§ 409 bis 412 gelten entsprechend.
scheidet dann ohne Erneuerung der Hauptver- Der Amtsrichter kann das Verfahren unter
handlung durch Bcschlull„ den Voraussetzungen des § 153 Abs. 1 ein-
Ric-htet sich dc,r An1wg auf Wiederaufnahme stellen; der Beschluß kann nicht angefochten
dC's VE,rfahrcns nur gegen clen strafrechUich,_,n werden."
T<'il ,ks UrlPih, so gilt § 406 a Abs. '.l ,•nl-
spr<.'chcnrl. 180. Die §§ 414 bis 429 ,,inschließlich der Uber-
§ 406 d schrift vor dem bisherigen § 419 entfallen.
Vf'rlangl dr,r Verlelztc nach ckn Vorschril-
181. Vor § 429 a lautet die lJb'erschrift: ,,Dritter Ab-
tr·n des Slralwchts r,ine Buße, so sind clie vor-
schnitt. Sicherungsverfahren."
sl.i1h<·ndt>n Bestinnnungen sinngemdß <1nZ1nA,rf'n-
cJ,,n, soweit nichts andc;rcs beslinnnl. ist. 182. § 429 b Abs. 3 erhält folgende Fassung:
lsl dC'r A11tn1g 1,uf Zur,rkr;nnung einer Bullre Für das Sicherungsverfahren ist die Straf-
unzuidsslg oder unbegründet, so wird -er im ka,~mer als erkennendes Gericht des ersten
Urkil abgPlPhnt." Rechtszuges zuständig,"
500 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
18:l Vor § 430 lautr•t die (;borschrifl: .,Vierter Ab- 193. § 462 Abs. 4 erhält folgende Fassung:
schnitt. Verfahren bei I:inziehungen und Ver- „Gegen diese Entscheidungen ist, sofern sie
mögensbeschlagnahmen." nicht von dem Bundesgerichtshof oder einem
Oberlandesgericht erlassen sind, sofortige
184. § 430 Abs. 2 crhäll folgende Fassung: Beschwerde zulässig:·
„An die Stelle des Schwurgerichts tritt die
SlralkammN." 194. § 462 a erhält folgende Fassung:
„Das Amtsgericht darf seine Strafgewalt
185. Als § 433 wird folgende Vorschrift eingefügt: auch bei der nachträglichen Bildung Piner
„Dc1s Vermögen eines Beschuldigten, gegen Gesamtstrafe (§ 460) nicht üb,-,rschreiten. Ist
ci<'n wegen eines Verbrechens des Hoch- nach § 462 Abs, 3 das Amtsgericht zur Bil-
verrats öffenl.liche Klage erhol,en oder !-Iaft- dung der Gesamtstrafe Zliständig und reicht
L.,del1I erlassC'n worden ist, kann bis zur seine Strafgewalt nicht aus, so entscheidet
rc,chlskräftigen BN,ndigung des Verfahrens die Strafkammer des ihm übe-rgeordneten
mit Beschlag ,belf'gt werden, Die Beschlag- Landge,richts."
nahme umfaßt auch das Vermögen, das dem
Beschuldigten später zufällt. 195. In § 463 bleiben die Worte „oder eine
Die Vorschriften der §§ 291 bis 293 gelten Buße" gestrichen.
entsprechend." 196. § 463 a Abs. 3 erhält wieder folgende Fassung:
186. § 452 erhält folgende Fassung: ,.§ 462 gilt auch für die nach den §§ 42 f bis
42 h und § 42 1 Abs, 4 des Strafgesetzbuchs zu
.,In Sachen, in denen der Bundesgerichts-
treffenden Entscheidungen."
hof im erslen Rechtszug entschieden hat.
steht das Begnadigungsn,cht dem Bund, sonst 197. § 464 Abs. 1 erhält folgende Fassung:
den Ländern zu:·
,.Jedes Urteil, jeder Strafbefehl, jede Straf•
187. Die §§ 453 und 454 werden aufgcehoben. verfügung und jede eine Untersuchung ein-
stellende Entscheidu.ng muß darüber Be•
188. § 456 a Abs. 1 erhält folgende Fassung: stimmung treffen, von wem die Kosten des
„Die Vollstreckungsbehörde kann von der Verfahrens zu tragen sind.''
Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder einer
198. § 469 erhcilt folgende Fassung:
Maßregel der Sicherung und Besserung ab-
scehcn, wenn der VerurleillE' wegen einer „Ist ein wenn auch nur außergerichlliches
anderen Tat f'iner ausländischen Regierung Verfahren durch eine vorsiitzlich oder leicht-
ausg2lieforl, odpr wenn Pr aus dem Gellun?s- t,,rtig uslc1tttete unwahre Anzeige veranlaßt
brTeich d iescs Bundesgescl zes ausgC'\-V jesr-n worden, so kann das G2richt dem Anzcii;c-n-
wird.''• ckn, nachdem er gehört worden ist, die dc·r
St.a~tskasse und eiern BcsclmldigtC'n erwach-
189. Dc•r frühere § 4.';6 j w,rcl § 456 c. senen Kosle•1 auferlegen.
War noch kein Gericht mit der Sache be-
190. § 458 Abs. 2 crhitll folgende Fvssnng:
faßt, so ergeht die Entscheidung auf Anlrng
.,Das Gericht cntschPidct f.-•rnor, wc•nn in d2•J '!
der Staatsanwaltschaft. durch das Gericht, das
Fällen der §§ 455, 45G und 456 c Abs. 2 Ein- für die Eröffnung des Hauplverfcthrens zu-
wendungen gegen dü~ Entscheidung der ständig gewesen wäre.
Vollstreckungsbehörde erhoben werden odE'f
Gegen die Entscheidung findcl sofortige
wenn die Vollstreckungsbehörde anordnet,
Beschwerde statt."
daß an einem Ausgelieferten oder Ausgewie-
senen die Vollstreckung einer Strafe oder 199. § 470 erhält folgende Fassung:
einer Maßregel der Sicherung und Bes·serung „Wird das Verfahren wegen Zurücknahme
nachgeholt werden so!) und Einwendungen des Antrags, durch den es bedingt war, ein•
gegen diese Anordnung erhoben werden." gestellt, so hat der Antragsteller die Kosten
sowie die dem Beschuldigten erwachsenen
191. § 459 erhält folgende Fassung:
notwendigen Auslagen zu tragen.''
,.Kann eine Geldstrafe ,'nicht beigetrieben
werden und ist die Festsetzung der für diesen 200. § 471 erhält folgende Fassung:
Fall eintretenden Freiheitsstrafe untcrlasssen .,In einem Verfahren auf erhobene Privat•
worden, so ist clie GC'ldslraf P nachträglich klage hat der Verurteilte auch die dem
von dem Gcrichl in diese Freiheitsstrafe um- Privatkläger erwachsenen notwendigen Aus-
zuwandPln."
lagen zu erstatten.
192. § 462 Abs. 3 Satz 2 erhält folgende Fassun1s: Wird der Beschuldigte außer Verfolgung
,,\Var cli.1'-i hif'rnarh maßgPbende Urteil von geselzt oder freigesprochen, oder wird da.s
C'inem CPrichl PinPs höherc>ü Rechls·zuges er- Verfahren eingestellt, so fallen dem
lassen, so sct·zt das Gnicht des ersten Recht.s- Privatkläger die Kosten des Verfahrens sowie
'l.ug0s die Gesamtstra.fe fest; war eines der die dem Beschuldigten erwachsenen not-
Slrnfurteile von dem Bundesgerichtshof odcr wendigen Auslagen zur Last.
einem Oberlanclesgcricht im ersten Rechtszug Das Gericht kann die Kosten des Ver•
NlassC'n, so setzt der Bund2sgcrichtshof oder fahrens und die notwendigen Auslagen der
das Oberlandesgericht die Gc~amtstrafe fest." Beteiligten ang<cmessen vertdlen oder nach
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 501
pllichtgcmäßcm Ermessen einem der Beteilig- 204. § 474 a erhält folgende Fassung:
ten auferlegen, wenn .,Wird nach einem Urteil gegen einen Ab-
1. es den Anträgen des Privatklägers nur wesenden die Hauptverhandlung erneuert
zum Teil entsprochen hat; (§ 282 c), so können ihm die Kosten der frühe-
2. es das V erfahren nach § 383 Abs. 2 ren Hauptverhandlung in dem neuen Urteil
(§ 390 Abs. 5) wegen Geringfügigkeit e.in- auch dann auferlegt werden, wenn er freige-
gcstellt hat; sprochen wird."
3. Widerklage erhoben worden ist. II. Anderung des Einführungsgesetzes
Mehrere Privatkläger haften als Gesamt- zur Strafprozeßordnung
schuldner. Das gleiche gilt hinsichtlich der Das Einführungsgesetz zur Strafprozeßord-
Haftung mehrerer Beschuldigter für die dem nung wird wie folgt geändert:
Privatklügcr erwachsenen notwendigen Aus-
lagen. 205. § 5 Abs. 2 entfällt.
Die zu erstatt<emlen Auslagen umfassen 206. § 6 erhält folgende Fassung:
auch die Entschädigung fiir die durch not- .,Die prozeßrcchtlichen Vorschriften der Lan-
wendige Reisr;n oder durch die notwendige desgesetze treten für alle Strafsachen, über
Wahrnehmung von Tf'rminen entstandene die g<>mäß § 3 nach den Vorschriften der Straf-
Zeitversäumnis; die für die Entschädigung prozeßordnung zu entscheiden ist, außer Kraft,
von Zeugen gellenden Vorschriften sind ent- soweit nicht in der Strafprozeßordnung auf sie
sprechend anzuwenden. l-Iat sich der Gegner verwiesen ist. A,1ßer Kraft treten insbesondere
der crstallungspflichtigen Partei eines Rechts- die Vorschriften über die Befugnis zum Erlaß
anwalts bedient, so sind die Gebühren und polizeilicher Strafverfügungen.
Auslagen des Anwa!ls insoweit einbegriffen, Unberührt bleiben landesgesetzliche Vor-
als solche nach der Bestimmung des § 91 dC'r schriften:
Zivilprozeßordnung die unterliegende Partei 1. über die Voraussetzungen, unter denen
der obsiegenden zu erstatten hat." gegen Mitglieder eines Organs der Ge-
201. § 472 erhält folgende Fassung: setzgebung eine Strafverfolgung einge-
.,Wird in dem Falle des § 175 der .<\ n- leitet oder fortgesotzt werden kann;
geschuldigte außer Verfolgung gesetzt oder 2. iiber das Verfahren bei Zuwiderhandlun-
freigcsproclwn, oder wird das Verfahren ein- gen gegen die Vorschriften über die Erhe-
gestellt, so sind auf ckn Antragstelkr die Vor- bung öffentlicher Abgaben und Gefälle,
schriften des § 471 Abs. 2 bis 5 entsprechend soweit sie auf die Reichsabgabenordnung
1
anzuwendren. Das Gericht kann jedoch dea verweisen.
Antragsteller von der Tragung der Kostc,n ARTIKEL 4
ganz oder teilweise befreien
Anderung
Vor der Entscheidung über den Kosten-
des Biirgerlichen Gesetzbuchs
punkt ist der Antragsteller zu hören, sofern
er nicht als Ncbcnk!iiger aufzutreten hc- § 209 Abs. 2 Nr. la des Bürg2rlichen Gesetzbuchs
rechtigt war." wird wie folgt geändert:
202. Als § 472 a „la die Geltendmachung eines Anspruchs durch
wird folgende VorschriH
eingefügt: Anbringung eines Güteantrags bei einer
Giitestelle der im § 794 Abs. 1 Nr. 1 der
„Soweit dem Antrag auf Zuprkennung eir.es
Zivilproze,ßordnung bezeichneten Art;'"
aus der Straftat erwachsc-nen Anspruchs oder
einer Buße staltg0gcben wird, hat der An- ARTIKEL 5
geklagte auch die dadurch entstandenen be,-
sonderen Kosten und die notwendigen Aus- Anderung von Vorschriften über die
lagen des Verletzten zu tragen. freiwillige Gerichtsbarkeit
Sieht das Gericht von der Entscheidung über I. Anderung des Gesetzes
den Antrag ab, wird ein Teil des Anspruchs iiher die Angelegenheiten
dem Verletzten nicht zu,:,rkannt, wird die Zu- der freiwilligen Gerichtsbarkeit
erkennung einer Buße abgelehnt oder nimmt
der Verletzte den Antrag zurück, so entschei- Das Gesetz uber die Angelegenheiten der frei-
det d3s Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen, willigen Gerichtsbarkeit wird wie folgt geändert:
wer die insoweit entstandenen gerichtlichen 1. § 15 Abs. 1 Satz 1 erhält folgende Fassung:
Auslagen und die insoweit den Beteiligten er- „Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über
wachsenen notwendigen Auslagen trägt. Die den Beweis durch Augenschein, über den Zeu-
gerichtlichen Auslagen können der Staatskasse genbeweis, über den Beweis durch Sachverstän-
auferlegt werden, soweit es unbillig wäre, die dige und über das Verfahren bei der Abnahme
Beteiligten damit zu belasten." von Eiden finden entsprechende Anwendung.'"
203. § 474 erhält folgende Fassung: 2. Nach § 20 wird folgende Vorschrift als § 20a ein-
.,In den zur Zuständigkeit des Bundes- gefügt:
gerichtshofs im ersten Rechtszug gehörenden .. § 20a
Sachen sind die von der Staatskasse zu tra- Die Anfechtung der Entscheidung über den
genden Kosten der Bundeskasse aufzuerlegen." Kostenpunkt ist unzulässig, wenn nicht gegen
502 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
die Entscheidung in der llauptsache ein Rechts• nach Maßgabe der §§ 304 bis 310 der S:raf-
mit.tel eingelegt wird. prozeßordnung statt.''
Ist eine Entscheidung in der Hauptsache nicht 2. § 18 Abs. 2 erhält folgende Fassung:
ergangen, so findet gegen die Entscheidung über
„Gegen den Beschluß findet Beschwerde nach
den Kostenpunkt die sofortige Beschwerde statt,
Maßgabe des § 567 Abs. 2, 3 und der §§ 568 bis
wenn der Wert. des Beschwerdegegenstandes
576 der Zivilprozeßordnung sowie des § 4 Abs. 3
fünfzig Deutsche Mark (ilwrsteigt."
dieses Gesetzes statt."
3. § 199 Abs. 2 Satz 2 erhält folgende Fassung:
3. § 20 erhält folgende Abs. 2 und 3:
,.Auch gilt es im Sinne der §§ 5, 46 als gemein•
„Ein nach § 128 Abs. 2 der Zivilprozcßordnung
schaltliches oberes Gericht für alle Gerichte des
ohne mündliche Verhandlung geführtes Ver-
Landes; es tritt forner in di<esen Fällen an die
fahren steht hinsichtlich der Gerichtskosten
Stelle des Oberlandesgerichts, das die Zuständig-
einem Verfahren mit mündlicher Verhandlung
keit zu bestimmen oder über die Ubernahme zu
gleich.
entscheiden bat, ohne gemeinschaftliches oberes
Jn dem Verfahren nach§ 510c der Zivilprozeß-
Gericht zu sein."
ordnung bestimmen sich die Gerichtskosten
II. Anderung der Notarordnung nach den für das ordentliche Verfahren gelten-
für Rheinland-Pfalz den Vorschrifte1J. Jedoch werden die in dem
Verfahren entstehenden Gerichtsgebühren mit
Die Notarordnung für Rheinland-Pfalz vom
Ausnahme der Prozeßgebühr nur zur Hälfte er-
3. September 1949 (Gesetz. und Verordnungsblatt
hobc,n,"
der Landesregierung Rheinland-Pfalz Teil I
S. 391) wird wie folgt geändert: 4. Nach § 22 wird folgende Vorschrift als § 22a
eingefügt:
4. § 22 Abs. 5 erhält folgende Fassung:
,.§ 22a
,,(5) Soweit nach den bisherigen Vorschriften
Für einen Beschluß nach § 91a der Zivil-
außer den Notaren auch die Ortsgerichte für
prozeßordnung wird die Hälfte der Gebühr
Beurkundungen und Beglaubigungen zuständig
(§ 8) erhoben."
waren, verbleibt es dabei."
5. § 31a wird aufgehoben.
ARTIKEL 6 6. § 32 Abs. 1 Satz 2 erhält wieder folgende
Anderung Fassung:
d er Hin t er I e g u n g so r d n u n g .,Die Gebühr erhöht sich auf die volle Ge-
bühr, wenn durch Urteil entschieden wird
Die Hinterlegungsordnung vom 10. März 1937 (Zivilprozeßordnung § 922 Abs. 1, §§ 925, 936)."
(Reichsgesetzbl. I S. 285) wird wie folgt geändert:
7. § 33 Abs. 1 Nr. la erhält folgende Fassung:
1. § 3 Abs. 3 bis 5 erhält folgende Fassung:
„la. für das Verfahren über Anträge na2h
.,(3) Gegen die Entscheidung des Landgerichts- § 271 Abs. 3, § 515 Abs. 3, § 566 der
präsidenten (Amtsgerichtspräsidenten) ist die Zivilprozeßordnung, nachdem die Klage,
weitere Beschwerde an den Oberlandesgerichts• Berufung oder Revision zurückgenominen
präsidentcn zulässig. ist;"
(4) Die Entscheidung des Oberlandesgerichts-
8. § 34 Abs. 1 Nr. 3 erhält folgende Fassung,
präsidenten kann im Aufsichtsweg nicht an·
gefochten werden. ,,3. für das Verfdhren über Anträge auf Er-
(5) Ist durch die Entscheidung des Oberlandes· teilung der Vollstreckungsklausel bei
gerichtspräsidenten ein Antrag auf Herausgabe Vergleichen, die vor einer Gütestelle d0r
abgel0hnt worrkn, so kann gegen das Land Klage im § 794 Abs. 1 Nr. 1 der Zivilprozeß-
auf Herausgabe im ordentlichen Rechtsweg er• ordnung bezeichneten Art geschlossen
hoben werden. Für die, Klage ist ohne Rücksicht sind (§ 797a der Zivilprozeßordnung)."
,rnf den Wert des Streitgegenstandes das Land· 9. § 38 Abs. 1 Salz 1 erhält folgende Fassung:
gcricht zuständig." „Für das Verfahren über Beschwerden nach
2. § 9 Abs. 1 erhält wieder folgende Fassung: § 71 Abs. 2, § 91 a Abs. 2, § 99 Abs. 2, § 271 Abs. 3,
,.(1) Wertpapiere und sonstige Urkunden sowie § 627 Abs. 4 der Zivilprozeßordnung wird die
Kostbarkeiten werden unverändert aufbewahrt." volle Gebühr (§ 8) erhoben."
10. § 39 Abs. 2 erhält folgende Fassung,
ARTIKEL 7 „Gegen den Beschluß findet Beschwerde nach
Kostenwesen Maßgabe des § 567 Abs. 2, 3 und der §§ 568 bis
575 der Zivilprozeßordnung sowie des § 4 Abs. 3
I. Änderung
dieses Gesetzes statt."
des Gerich lskosl.engeselzc,s
11. § 53 erhält folgende Fassung:
Das Gerichtskosteng1esclz wird wie folgt gc·
ändcrl: „In den Verfahren bei Strafbefehlen und
Strafverfügungen wird die Hälfte der Sätze des
1. § 4 Abs. 2 erhält folgende Fassung: § 52 erhoben. Im Falle einer Geldstrafe wird
„Gegen die Entschc,idung findet ßescliwerde mindestens ein Betrag von 2,50 Deutsche Mark
nach Maßgabe des § 5G7 Abs 2. 3 und der §§ 568 erhoben: die Gebühr darf jedoch den Betrag
bis 575 der Zivilprowßordnung, in Strafsachen der Strafe nicht überc;;teigen.
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 503
Hat gemäß § 411 Abs. 1, § 413 Abs. 4 der II. Änderung
Strafprozeßordnung eine Hauptverhandlung der Kostenordnung
staltgefunden, oder wird der gegen den Straf-
Die Kostenordnung wird wie folgt geändert:
befehl oder die Strafverfügung erhobene Ein-
spruch wegen Ausbleibens des Amgeklagten in 21. § 13 Abs. 3 Satz 1 tritt wieder in folgender Fas•
der Hauptverhandlung durch Urteil verworfen sung in Kraft:
(§§ 412, 413 Abs. 4 der Strafprozeßordnung), so ,, (3) Gegen die Entscheidung findet die Be-
erhöht sich die Gehühr auf die vollen Sätze des schwerde nach den Vorschriften der Zivilpro•
§ 52," zeßordnung statt, soJern der Beschwerdegegen-
stand fünfzig Deutsche Mark übersteigt."
12. § 54 wird aufgehoben.
22. § 118a Abs. 4 in der Fassung des Artikels 5
13. In § 56 wird wieder folgender Abs. 3 eingefügt: Nr. 6 der Verordnung zur Änderung von Vor-
„Diese Vorschriften gelten auch für das schriften auf dem Gebiet der Gerichtsverfassung,
Wiederaufnahmeverfahr0n, das sich gegen einen der bürgerlichen Rechtspflege und des Kosten-
Strafbefehl richtet (§ 373a der Strafprozeßord- rechts vom 27. Januar 1948 (Verordnungsblatt
nung)." für die Britische Zone S. 13) wird aufgehoben.
14. § 69a behält folgende Fassung: 23. § 138 Abs. 1 (Erhebung von Schreibgebühren)
„Soweit dem Verletzten oder seinem Erben erhält wieder folgende Nr. 3:
im Strafverfahren ein aus der Straftat erwach- „3. für Ausfertigungen und Abschriften jeder
sener vermögensrechtlicher Anspruch (§ 403 Art in den Fällen der persönlic'hen und
der Strafprozeßordnung) zuerkannt ist, wird für sachlichen Gebührenfreiheit (§ 10)."
jeden Rechtszug eine volle Gebühr gemäß § 8 24. § 138 Abs. 2 behält folgende Fassung:
nach dem Wert des zuerkannten Anspruchs er- ,,(2) Die Schreibgebühr beträgt für die Seite,
hoben." die 28 Zeilen von durchschnittlich 15 Silben ent•
15. § 70 behält folgende Fassung: hält, 25 Deutsche Pfennig, auch wenn die Herstel-
lung auf mechanischem Wege (Druck, Lichtbild
„Für das Verfahren zur Vollstreckung einer
usw.) stattgefunden hat. Jede angefangene Seite
Entscheidung über eine Vermögensstrafe, einen
wird als voll gerechnet. Für bestimmte Arten
aus der Straftat erwachsenen vermögensrecht-
von Fällen kann im Verwaltungswege die Höhe
lichen Anspruch, eine Buße oder über Erstat-
der Schreibgebühr anderweit geregelt werden.
tung von Kosten (§§ 406b, 406d, 463, 464 der
Aufwendungen für die besondere Ausstattung
Strafprozeßordnung) werden Gebühren nach
einer Urkunde (Verwendung besonderen Papiers
Maßgabe der Vorschriften des zweiten Ab-
und dgl.) sind in jedem Falle zu erheben."
schnitts besonders erhoben."
25. Tm § 139 Nr. 1 (Erhebung barer Auslagen) wird
16. § 71 Abs. 1 erhält wieder folgende Fassung: wieder eingefügt:
,,Schreibgebühren werden für solche Ausferti- „c) für die Ubersendung der Kostenrechnung;N
gungen und Abschriften erhoben, die nur auf
Antrag erteilt werden, oder die angefertigt wer- 26. lm § 156 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:
den, weil die Partei es unterläßt, einem von „Die Vorschrift des § 567 Abs. 2 ZPO ist in
Amts wegen zuzustellenden Schriftsatz die er- Verfahren nach Satz 1 und 3 nicht anzuwenden:·
forderliche Zahl von Abschriften beizufügen, § 156 Abs. 2 Satz 1 und 2 tritt wieder in folgen-
sowie für Ausfertigungen und Abschriften aller der Fassung in Kraft:
Art in den Fällen der persönlichen oder sach- ,,(2) Gegen die Entscheidung des Landgerichts
lichen Gebührenfreiheit (§ 90)." findet binnen der Notfrist von einem Monat seit
17. § 71 Abs. 4 behält folgende Fassung: der Zustellung die weitere Beschwerde statt.
Sie ist nur zulässig, wenn der Beschwerde-
„Die Schreibgebühr beträgt für die Seite, die
gegenstand fünfzig Deutsche Mark übersteigt
28 Zeilen von durchschnittlich 15 Silben ent-
und das Beschwerdegericht sie wegen der grun'.1-
hält, 25 Deutsche Pfennig, auch wenn die Her-
sätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung
stellung auf mechanischem Wege (Druck, Licht-
stehenden Frage zuläßt."
bild usw.) stattgefunden hat. Jede angefangene
Seite wird als voll gerechnet. Für bestimmte Ill. Änderung
Arten von Fällen kann im Verwaltungswege die der Justizverwaltungskostenordnung
Höhe der Schreibgebühr anderweit geregelt
werden." Die Verordnung über Kosten im Bereich der
Justizverwaltung (JVKostO.) vom 14. Februar 1940
18. Im§ 72 Nr. 1 (Erhebung barer Auslagen) wird (Reichsgesetzbl. I S. 357) wird wie folgt geändert:
wieder eingefügt:
27. § 4 Abs. 2 erhält folgende Fassung:
,,c) für die Dbersenclung der Kostenrechnung;"
,,(2) Die Schreibgebühr beträgt für die Seite,
19. § 74a wird aufgehoben. die 28 Zeilen von durchschnittlich 15 Silb"en ent-
hält, 25 Deutsche Pfennig, auch wenn die Her-
20. § 84 Abs. 1 Satz 2 erhält folgende Fassung: stelluna auf mechanischem Wege (Druck, Licht-
„Das Gericht soll die Vornahme der Handlung bild us~.) stattgefunden hat. Jede angefangene
von der Zahlung des Vorschusses abhängig Seite wird als voll gerechnet. Für bestimmte
machen," Arten von Fällen kann im Verwaltungswege die
504 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
Höhe der Schreibgebühr anderweit geregelt 2. im Verfahren vor der Strafkammer 50 bis
werden. Aufwendungen für die besondere Aus- 600 Deutsche Mark und, wenn die Haupt-
stattung einer Urkunde (Verwendung beson- verhandlung mehrere Tage dauert, 50 bis
deren Papiers und dgl.) sind in jedem Falle zu 200 Deutsche Mark für den zweiten und
erheben." jeden weiteren Verhandlungstag: ist der
Rechtsanwalt nur im Verfahren bis zum
IV. Änderung Beginn der Hauptverhandlung tätig, so er-
der Gebührenordnung für Rechtsanwälte hält er eine Gebühr von 25 bis 300 Deutsche
Mark;
Die GebührenordnuA-g für Rechtsanwälte wird wie
3. im Verfahren vor dem Amtsrichter und
folgt geändert:
dem Schöffengericht 40 bis 400 Deutsche
28. § 12 erhält folgende Fassung: Mark und, wenn_ die Hauptverhandlung
,,Gegen den im § 18 des Gerichtskosten- mehrere Tage dauert, 40 bis 150 Deutsche
gesetzes bezeichneten Beschluß steht dem Mark für den zweiten und jeden weiteren
Rechtsanwalt die Beschwerde · nach Maßgabe Verhandlungstag; ist der Rechtsanwalt nur
des § 561 Abs. 2, 3 und der §§ 568 bis 515 der im Verfahren bis zum Beginn der Haupt•
Zivilprozeßordnung zu." verha~dlung tätig, so erhält er eine Gebühr
von 20 bis 200 Deutsche Mark.
29. Nach § 13 wird folgende Vorschrift als § 13 a Die Gebühr für da,s Berufungs- und Revision~-
eingefügt: verfahren bestimmt sich nach der Ordnung des
11 § 13 a
Gerichts, das im ersten Rechtszug erkannt hat."
Ein nach § 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung
33. § 65 erhält folgende Fassung:
ohne mündliche Verhandlung geführtes Verfah-
ren steht hinsichtlich der Gebühren des Rechts- „Ist der Rechtsanwalt von Amts wegen zum
anwalts einem Verfahren mit mündlicher Ver- · Verteidiger bestellt worden, so erhält er die in
handlung gleich. Wird nach einem Beweisauf- den §§ 63 und 64 bestimmten Mindestsätze aus
nahmeverfahren ohne mündliche Verhandlung der Staatskasse. Diese erhöhen sich um die
entschieden, so steht dem Rechtsanwalt in je- Hälfte, wenn er bereits vor Eröffnung des
dem Falle die erhöhte Verhandlungsgebühr Hauptverfahrens als Verteidiger tätig ist. Ist er
(§ 11) zu. lediglich im Verfahren bis zur Eröffnung des
In dem Verfahren nach § 510 c der Zivil- Hauptverfahrens tätig, so Nhält er die Hälft~
prozeßordnung bestimmen sich die Gebühren der Mindestsätze. Im Privatklageverfaihren tritt
des Recht,sanwalts nach den für das ordentliche eine Erhöhung _der Gebühr bei mehrtägiger
Verhandlung nicht ein."'
Verfahren geltenden Vorschriften."'
34. § 66 erhält folgende Fassung:
30. § 38 Abs. 2 erhält folgende Fassung:
. ,,In Strafsachen außergewöhnlichen Umfangs
„Die Gebühren in Nr. 1 und 2 werden auf kann dem von Amts wegen zum Verteidiger
die in einem nachfolgenden Rechtsstreit zu-
bestellten Rechtsanwalt auf Antrag eine über
stehende Prozeßgebühr angerechnet." die Sätze des § 65 hinausgehende Pauschver-
31. § 38 a erhält folgende Fassung: gütung für das ganze Verfahren oder einzelne
„Im Güteverfahren vor einer Gütestelle der Verfahrensteile bewilligt werden. Uber den An-
im § 194 Abs. 1 Nr. 1 der Zivilprozeßordnung trag entscheidet der Präsident des Oberlande:.-
bezeichneten Art erhält der Rechtsanwalt die g,erichts, in dessen Bezirk die Strafsache im
Sätze des § 9. Auf die in dem nachfolgenden ersten Rechtszug anhängig ist oder war; in
Rechtsstreit zustehende Prozeßgebühr wird die Sachen, die vor dem Bundesgerichtshof anhän-
Gebühr nicht angerechnet·. gig sind oder waren, entscheidet der Präsident
des Bundes•gerichtshofes.··
Die gleiche Gebühr erhält der Rechtsanwalt
für die Mitwirkung bei einem Vergleich, der im 35. In § 70 werden als Abs. 3 und 4 eingefügt:
Güteverfaihren vor einer Gütestelle der im § 794 ,,Im Privatklageverfaihren stehen dem Rechts-
Abs. 1 Nr. 1 der Zivilprozeßordnung bezeichne- anwalt für die Mitwirkung · in einer zur güt-
ten Art abgeschlossen wird." lichen Erledigung bestimmten Verhandlung
keine weiteren Gebühren zu. Dasselbe gilt für
32. § 63 erhält folgende Fassung:
seine Mitwirkung beim Abschluß eines Ver-
„In Strafsachen erhält der Rechtsanwalt im gleichs in oder außerhalb der Hauptverhand-
ersten Reohtszug als Verte1diger· die folgenden lung.
Gebühren:
Durch die Widerklage erhöhen sich die Ge-
1. im Verfahren vor dem Bundesgerichtshof, bühren des Rechtsanwalts, der den Privat-
dem Oberlandesgericht oder dem Schwur- kläger und den Widerbeklagten vertritt, sowie
gericht 80 bis 800 Deutsche Mark und des Verteidigers des Angeklagten auch dann
wenn die Hauptverhandlung mehrere Tag~ nicht, . wenn der Privatkläger nicht der Ver-
dauert, 80 bis 300 Deutsche Mark für den letzte ist."
zweiten und jeden weiteren Verhandlungs- Der bisherige Abs. 3 wird Abs. 5.
tag; ist der Rechtsanwalt nur im Verfahren
bis zum Beginn der Hauptverhandlung 36. § 86 b. erhält folgende Fassung:
tätig, so erhält er eine Gebühr von 40 bis „In Strafsachen werden die Gebühren und
400 Deutsche Mark; Auslagen des von Amts wegen zum Verteidiger
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 505
bestellten Rechtsanwalts au/Antrag des Rechts- Fassung vom 13. Mai 1924 (Reichsgesetzbl. I
anwalls durch Beschluß festgesetzt. Die Ent- S. 552), der Verordnung vom 11. Dezember
scheidung trifft der Vorsitzende des Gerichts 1924 (Reichsgesetzbl. I S. 772). der Verordnung
des ersten Rechtszuges." vom 19. Juni 1925 (Reichsgesetzbl. I S. 88), des
Artikels VI Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes vom 28.
37. § 93 erhält folgende Fassung:
Januar 1927 (Reichsgesetzbl. I S. 53) und des
„Sofern der Rechtsanwalt nicht einer Partei Sechsten Teils Kap. I § 10 Abs. 2 der Verord·
zur Wahrnehmung ihrer Rechte beigeordnet nung vom 6. Oktober 1931 (Reichsgesetzbl. · I
oder von Amts wegen als Verteidiger bestellt S. 537);
ist, kann er über den Betrag seiner Vergütung
eine von den Vorschriften dieses Gesetzes ab- 2. Art. I § 2 des Gesetzes betreffend die Erstat-
weichende Vereinbarung treffen. tung von Rechtsanwaltsgebühren in Armen-
sachen und Anderung des Gerichtskosten-
Die Gebührenvereinbarung muß von der Par- gesetzes vom 20. Dezember 1928 (Reichs·
tei schriftlich bestätigt werden. ,Die Urkunde gesetzbl. I S. 411);
darf andere Vereinbarungen oder Erklärungen
nicht enthalten. Der Mangel der Form wird 3. die §§ 1 bis 11 des I. Kapitels und Kapitel II
durch eine freiwillig und ohne Vorbehalt ge- des Sechsten Teils der Dritten Verordnung des
leistete Zahlung der Vergütung geheilt. Die Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirt•
Festsetzung der Vergütung durch Bezugnahme schaft und Finanzen und zur Bekämpfung po•
auf das Ermessen eines Drillen ist ausgeschlos- litischer Ausschreitungen vom 6. Oktober 1931
sen. Unwirksam ist eine Vereinbarung, durch (Reichsgesetzbl. I S. 537):
die die Höhe der Vergütung vom Ausgang der
4. Kapitel I und Kapitel III Artikel 1 und 2 des
Sache oder sonst vom Erfolg der anwaltlichen
Ersten Teils der Verordnung des Reichspräsi-
Tätigkeit abhängig gemacht wird.
denten über Maßnahmen auf dem Gebiete der
Ist eine vereinbarte Vergütung oder die Be- Rechtspflege und Verwaltung vom 14. Juni
messung der Rahmengebühr in Strafsachen unter 1932 (ReichsgesetzbL I S. 285);
Berücks-ichtigung aller Umstände unangemessen
hoch, so kann sie im Rechtsstreit nach einge- 5. das Gesetz zur Anderung von Vorschriften des
holtem Gutachten des Vorstandes der Rechts- Strafrechts und des Strafverfahrens vom 24.
anwaltskammer auf den angemessenen Betrag April 1934 (Reichsgesetzbl. I S. 341);
herabgesetzt werden. Eine Bestimmung der Ver- 6. das Gesetz zur Verhütung mißbräuchHcher
gütung durch Entscheidung einer Verwaltungs- Ausnutzung von Vollstreckungsmöglichkeiten
behörde findet nicht stillt." vom 13. Dezember 1934 (Reichsgesetzbl. I
38. Nach § 94 wird folgende Vorschrift als neuer s. 1234);
§ 95 angefügt:
7. die §§ 5, 6, 10, 11 und 20 der Verordnnug zur
.. § 95
einheitlichen Regelung der Gerichtsverfassung
§ 93 Abs. 2 und 3 gilt auch für Gebührenver- vom 20. März 1935 (Reichsgesetzbl. I S. 40:3);
einbarungen in Angelegenheiten, die nicht
unter diese Gebührenordnung fallen." 8. das Gesetz zur Anderung von Vorschriften des
Strafve.rfahrens und des Gerichtsverfassungs-
gesetzes vom 28. Juni 1935 (Reichsgesetzbl. I
V. Anderung der Gebührenordnung
s. 844);
für Zeugen und Sa_chverständige
9. die Verordnung über die Zuständigkeit der
39. § 20 Abs. 2 der Gebührenordnung für Zeugen Oberlandesgerichte in Angelegenheiten der
und Sachverständige erhält folgende Fassung: freiwilligen Gerichtsbarkeit und der Kosten·
„Gegen die richterliche Entscheidung findet ordnung vom 23. März 1936 (Reichsgesetzbl. I
Beschwerde nach Maßgabe des § 567 Abs. 2, 3, S. 251) in der Fassung d·er Verordnung vom
der §§ 568 bis 575 der Zivilprozeßordnung so- 11. Juli 1938 (Reichsgesetzbl. I S. 903);
wie des § 4 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes, 10. das · Gesetz über die Geschäftsverteilung bei
in Strafsachen nach Maßgabe der §§ 304 bis den Gerichten vom 24. November 1937 (Reichs-
310 der Strafprozeßordnung statt." · gesetzbl. I S. 1286);
11. die Verordnung über Maßnahmen auf dem
ARTIKEL 8 Gebiete der Gerichtsverfassung und , der
Rechtspflege vom 1. September 1939 (Reichs-
Schlußvorschriften gesetzbl. I S. 1658);
L [nkra fttreten 12. die Zweite Verordnung zur Durchführung der
Verordnung über Maßnahmen auf dem Ge-
Das Gesetz tritt am 1. Oktober 1950 in Kraft. biete der Gerichtsverfassung und der Rechts-
pflege vom 4. Oktober 1939 (Reichsgesetzbl. I
II. Aufhebung von Vorschriften
s. 1994);
Folgende Vorschriften werden aufgehoben, so- 13. die Verordnung über weitere Maßnahmen auf
weit sie nicht bereits außer Kraft getreten sind: dem Gebiete der Zwangsvollstreckung (Locke•
1. § 3 Nr. 1, §§ 4 bis 8, §§ 18 bis 20 der Bekannt- rungsverordnung) vom 31. Oktober 1939
machung zur Entla.stung der Gerichte in der (Reichsgesetzbl. I S, 2139);
506 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
14. die Verordnung über das Kriegsausgleichsver· 29. die Durchführungsverordnung zur Kriegsmaß•
fahren vom 30. November 1939 (Reichsgesetz- nahmenverordnung und zur Kriegs-Beschwerde-
blatt I S. 2338); verordnung vom 12. Mai 1943 (Reichsgesetz·
blatt I S. 292):
15. die Verordnung über die Zuständigkeit de:r
Strafgerichte, die Sondergerichte und sonstige :10. Artikel 4 der Verordnung zur Durchführung
strafverfahrcnsrech llichc Vorschriften vom 2 l. der Verordnung zur Angleichung des Straf-
Februar 1940 (Reichsgesetzbl. I S 405); rechts des Altreichs und der Alpen- und
Donctu-Reichsgaue vom 29. Mai 1943 (Reichs·
16. die Verordnung zur Durchführung der Ver· gesetzbl. I S. 341);
ordnung über die Zuständigkeit der Stral-
gerichte, die Sondergerichte und sonstige stra!- 31. die Drille Vcerordnung zur Vereinfachung der
verfahrensrechlliche Vorschriften vom 13. Strafrechtspflege vom 29. Mai 1943 (Reichs-
März 1940 (Reichsgcsetzbl. I S. 489); geselzbl. I S. 342);
17. Artikel II der Vcerordnnng über den Geltungs- 32. die Verordnung zLU Durchführung der Dritten
bereich des Strafrechts vom 6. Mai 19,;o Verordnung zur Vereinfachung der Straf·
(Reichsgesetzbl. I S . 754); rechtspflege vom 29. Mai 1943 (Reichsgesetz·
blatt I S. 345);
18. die Verordnung zur Anderung der Verein-
fachungsverordnung (Zweite Vereinfachungs· 33. die Verordnung zur weiteren Kräfteersparnis
verordnung - 2. VereinfV.) vom 18. Septem· in der Strafrechtspflege vom 29. Mai 1943
ber 1940 (Reichsgesetzbl. I S. 1253); (Reichsgesetzbl. I S. 346);
19. die Verordnung zur Vereinfachung und Ver- 34. die Verordnung zur Anpassung der Reichszivil·
einheitlichung des Zustellungsrechts (ZustV) prozeßordnung an die Strafrechtsangleichung.,·
vom 9. Oktober 1940 (Reichsgesetzbl. I S. 1340); verordnung vom 26. Oktober 1943 (Reichs·
gesetzbl. I S. 631);
20. das Gesetz über die Mitwirkung des Staats-
35. die Verordnung zur Ausfühnmg der Kriegs-
anwalts in bürgerlichen Rechtssachen votn
Beschwerdeverordnung vom 13. November
15. Juli 1941 (Reichsgesetzbl. I S. 383);
1943 (Reichsministerialhi. S. 99; Deutsche
21. die Verordnung zur weiteren Vereinfachung Justiz 1944 S. 23);
der Gerichtsverfassung, der bürgerlichen 36. Artikel 2 der Zweiten Verordnung zur Durch·
Rechtspflege und des Kostenrechts (Dritte Ver- führung der Verordnung zur Angleichung des
einfachungsverordnung - 3. VereinfV.) vom Strafrechts des Altreichs und der Alpen• und
16. Mai 1942 (Reichsgesetzbl. I S. 333) und die Donau-Reichsgaue vom 20. Januar 1944
Allgemeine Verfügung Nr. 258' vom 14. Juli (Reichsgesetzbl. I S. 41};
1943 (Deutsche Justiz S. 370);
37. die Verordnung über die Wiederaufnahme
22. die Verordnung zur weiteren Vereinfachung rechtskräftig entschiedener Abstammung,-
der Strafrechtspflege vom 13. August 1942 sachen vom 27. Januar 1944 (Reichsgesetzbl. I
(Reichsgesetzbl. I S. 508); s. 52);
23. die Verordnung über die Beseitigung des Er· 38. Artikel 4 und 5 der Verordnung zur Anderung
öffnungsbeschlusses im Strafverfahren vom 13. der Gebührenordnung für Rechtsanwälte vom
August 1942 (Reichsgesetzbl. J S. 512); 21. April 1944 (Reichsgesetzbl. I S. 104);
39. die Verordnung über außerordentliche Maß·
24. die Verordnung zur Durchführung der Verord·
nahmen auf dem Gebiete des bürgerlichen
nung zur weiteren Vereinfachung der Straf-
Rechts, der bürgerlichen Rechtspflege und
rechtspflege vom 20. November 1942 (Reichs-
des Kostenrechts aus Anlaß d2s totalen
gesetzbl. I S. 660);
Krieges (Zweite Kriegsmaßnahmenverord·
25. die Verordnung zur weiteren Vereinfachung nung) vom 27. September 1944 (Reichs-
der bürgerlichen Rechtspflege (Vierte Verein· gesetzbL I S. 229);
fachungsverordnung - 4. VereinfV.) vom 12. 40. die Verordnung zur weiteren Anpassung
Januar 1943 (Rcichsgesetzbl. I S. 7); der Strafrechtspflege an die Erfordernisse des
totalen Krieges (Vierte Verordnung zur Ver-
26. ?7 der Verordnung über die Angleichung fa-
einfachung der Strafrechtspflege) vom 13. De·
milienrechllicher Vorschriften vom 6. Februar
zember 1944 (Reichsgesetzbl. I S. 339);
1943 (Reichsgesetzbl I S. 80);
41. die Verordnung über die Wiedereröffnung
27. diC' Verordnung über Kricgsrnaßnahmen a,1[ der Gerichte des Oberlandesgerichtsbezirks
dem Gebiete der b(irgcrliclwn Recbtspfle:e;e Kiel und die vorläufige Regelung des Ver·
(Kricgsmaßnahrnenvorordnung) volll 11. Mai fahrens in Strafsachen, in bürgerlichen
1943 (Reichsgc•sclzbl. l S. 290); Rechtsstreitigkeiten und in Angelegenheilen
der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 1. De·
28. die Verordnung ülwr das Bcschwerclevcrfahrc-1
zember 1945 (SchlHA 1946 S. 8);
in Angelegenheiten der freiwilligen (außer-
streitigcn) Gerichtsbarkf'il (Kriegs-Beschwerde· 42. die, Verordnung über Rechtsmittel in bürger•
vc,rordnung) vom 12. Mili 1943 (Reichsgesetz 1Jl. liche11 Rechtsstreitigkeiten vom 28. Januar 1946 .
1 s. 290); (Gesetzblatt der freien Hansestadt Bremen
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 507
S. 9) und das Gesetz über Rechtsmittel in der sehen, daß die Polizeibehörden ihre Verhand-
streitigen und treiwilligen Gerichtsbarkeit - lungen an das Amtsgericht übersenden;
Rechtsmittelgesetz - in der vom 1. Mai 1918 50. das hess. Gesetz zur Oberleitung des StraJ-
an geltenden Fassung (Bayerisches Gesetz- verfügungsrechts der Polizeibehörden auf die
und Verordnungsblatt 1949 S. 83; Gesetz- und Gerichte vom 16. Mai 1946 (GVBI. S. 164),
Verordnungsblatt für das Land Hessen 19-19 jedoch mit der Maßgabe, daß diese Vor-
S. 25; Regierungsblatt der Regierung Wiirt- schriften bis zu einer landesrechtlichen
!0mherg Baden 1949 S. 53); Regelung gemäß § 413 Abs. 1 Satz 1 der
43. die Strafrechts1,ne11eordnung 1946 samt Ein- Strafprozeßordnung, l~ngstens jedoch auf die
führungsgesetzen und Änderungen (Bayer. Dauer von sechs Monaten nach Inkrafttreten
GVBI. S. 98; lkss. GVBI. S. 13, Württ. Bad. dieses Gesetzes insoweit weiter anzuwenden
RcgBI. Nr. 9 S 89; Brem. GBl. 1947 S. 129), sind, als sie vorsehen, daß die Polizeibehörden
ihre V f,rhandlungen an das Amtsgericht
44. die hess. Verordnung über das Sofortver- übersenden;
fahren in Strafsachen vom 4. April 1946 51. das bayer. Gesetz Nr. 57 zur Oberleitung der
(GVBI. S. 99); Befugnis zum Erlaß von Strafverfügungen von
45. die von den Oberlandesgerichtspräsidentcn den Polizf'ib, hörden auf die Gerichte vom
0
der Britischen Zone erlassenen Verordnuugen 30. November 1946 (GVBL 1947 S. 16), jedoch
zur Beschleunigung des Strafverfahrc,ns mit ch,r Maßgabe. ,Jaß diese Vorschriften bis
(Hamb. GVBI. 1946 S. 81, JBI. Braunschweig zu einer landesrechtlichen Regelung gemäß
1946 S. 79; Bann. Rpll. 1946 S. 63: JBI. Düs- § 413 Abs. 1 Satz t der Strafprozeßordnung,
seldorf 1946 S. 49: JBI. Hamm 1946 S. 95: längs1.e,.,s jedoch auf die Dauer von sechs
SchlHA 1946 S. 285; JBI. Köln 1946 S. 73. Monaten nach J nki antreten dieses Gesetzes
JBI. Oldenburg 1946 S. 87), insoweit \VPitcr anzLnvenden sind, als sie vor-
sehen, daß diP- Polizeibehörden ihre Verhaod"
46. die von den Oberlandesgerichtspräsidenten lungen an das Amlsgericht übersenden;
der Britischen Zone erlassene Zweite Verord-
nung zur Beschleunigung des Strafverfahrens 52. die Rechtsanordnungen über Gerichtsverfas-
(Hamb. GVBl 1946 S. 90; JBI. Brnunschweig sung und Verfahren in den Ländern Baden
1946 S. 112; Hann. Rpfl. 1946 S. 81, JBI. Düs- (Amtsblatt der Landesverwaltung Baden 1946
seld,;nf 1946 S. 50, JBI. Hamm 1946 S. 115, S. 44). Württemberg-Hohenzollern (Amtsblatt
123; Schll--IA 1946 S. 335; JBI. Köln 1946 S. 90; dPs Staat.ssekrctariats für das französisch be-
JBI. Oldenburg 1946 S. 92): selzle Gebiet Württembergs und Hohenzol-
lern l 'l46 S 230) und in dem bayerischen
47. der § 1 Abs. 2 uud die §§ 2 bis 10 der hes- Kreis Lindau (Amtlicher Anzeiger für den
sischen Verordnung über die Errichtung eines bayerischen Kreis Lindau Nr. 50 vom 1. .Juli
Oberlandesgerichtes für Groß - Hessen vorn 1947) -- mit Ausnahme des § 31 - und die
23. Mai 1946 (GVBI. S. 137) einschiießlich des LamlRsverordnung über Gerichtsverfassung
Gesetzes zur Ergänzung und Änderung dieser und Verfahren vom 11. April 1947 im Lande
Verordnung vom 25. März 1950 (GVBl. S. 55); Rheinland-Pfalz (Gesetz- und Verordnungs-
blatt der Landesregierung Rheinland-Pfalz
48. die von den Oberlandesgerichtspräsidentcn
S. 155) in der Fassung der Bekanntmachung
der Britischen Zone erlassenen Verordnungen
vom 1. Dezember 1949 (GVBI. der Landes-
über die Aufhebung polizeilicher Strafver-
regierung Rheinland-Pfalz S. 599) mit Aus-
fügungen und Einführung gerichtlicher Straf-
vcr/ugungen (fiamb. GVBI. 1946 S. 89; JBI. nahme der §§ 6 a und .JI;
Braunschweig 1946 S. 112, Bann. Rpfl. 1946 53. die Verordnung zur Änderung des § 152 des
S. 82: JBI. Düsseldorf 1946 S. 57; JBI. 1-lamm Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) und der
1946 S. 115; SchlHA 1946 S. 366: JBI. Köln §§ 81a, 98 und 105 der Strafprozeßordnung
1946 S. 90, JB! Oldenburg 1946 S. 92). jedoch (StPO), [Fassung der Allgemeinen Anwei-
mit der Maßgabe, daß diese Vorschriften bis sungen für Richter Nr. 2 für beide Gesetz,oe]
zu einer landesrechtlichen Regelung gemiiß vom 14 . .Januar 1947 (Verordnungsblatt fi.',r
§ 413 Abs. 1 Salz 1 der Strafprozeßordnung, die Britische Zone 1947 S. 20);
längstens jedoch auf die Dauer von sechs
54. die bayer. Verordnung Nr. 126 über die \Vie-
Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes
dereinführung dn Schöffengerichte vom
insoweit wc·iter anzuwend2n sind, als sie vor-
sP.hen, daß die Polizeibehörden ihre Verhar.cl- 18. Februar 1947 (GVBI. S. 177) samt Andc-
rungf'n;
luligren an das Amtsgericht übersenden;
4'l. rlas w cirtt.-bad. Ge,dz Nr. 20 zur Uber- 55. die Erste Anordnung über die Bildung von
lettu ng des Sirafvc,rlügunr,srechts d<cr Polizci- Schöffc11gericl1l2n und Schwurgerichten in
behorclen a\lf die' Geric:hi.c voP1 '.W. November Hessen vom 17. April 1947 (GVBI. S. 4'l) samt
1945 (Rcgill. 1946 S. 1), jedoch mit der Maß• Anderungen und Erg~nzungen;
gnbe, daß diese Vorschriften bis zu einer 56. dus brem. Gesetz zur Oberleitung des Straf-
lancl0.,rcchilichen Regelung gemäß § 413 verfügungsrechts der Polizei auf die Gerichte
Abs. 1 Satz 1 der Strafprozeßordnung, vom '.JO. April 1947 (GB!. S .. 66). jedoch mit
löngslens jedoch auf die Dauer von sechs der Maßgabe, daß diese Vorschriften bis zu
Monaten nach Inkrafttreten dieses Ges<ctzes einer landesrechtlichen Regelung gemäß
insoweit weiter anzuwenden sind, als sie vor- § 413 Abs. 1 Satz 1 der Strafprozeßordnun 5 ,
508 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
längstens jedoch auf die Dauer von sechs 69. die hess. Anordnung über die Besetzung der
Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes · Strafkammern mit Richtern und Schöffen vom
insoweit weiter anzuwenden sind, als sie 12. Januar. 1948 (GVBI. S. 23) samt Ände-
vorsehen daß die Polizeibehörden ihre Ver- rungen;
handlungen an das Amtsgericht übersenden:
70. die Verordnung zur Änderung von Vorschrif-
57. die Verordnung über das Berufungsverfahren ten auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung
in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten vom der bürgerlichen Rechtspflege und des Kosten-
9. Juni 1947 (Verordnungsblatt für die Bri- rechts vom 27. Januar 1948 (Verordnungsblatt
tische Zone S. 76); · für die Britische Zone S. 13):
58. die Verordnung über Untersuchungen zur 71. die Verordnung zur Änderung der Vorschrif-
FeststeJlung der Abstammung vom 17. Juni ten über Ausschließung und Ablehnung der
1947 (Verordnungsblatt für die Britische Zone Gerichtspersonen in der Strafrechtspflege vom
s. 93); 9. Februar 1948 (Verordnungsblatt für die Bri-
tische Zone 1948 S. 41);
59. die Verordnung über die Besetzung der Zivil-
kammern und der Kammern für Handels- 72. der zweite Abschnitt der württ.-hohenz. Ver-
sachen bei den Landgerichten vom 20. Juni ordnung über die Neugliederung der Amts-
1947 (Verordnungsblall für die Britische Zone gerichtsbezirke und die Zuständigkeit der
s. 103); Friedensrichter vom 27. Februar 1948 (Reg.
60. die Verordnung über Uberschuldung und BI. S. 60);
Zahlungsunfähigkeit vom 1. Juli 1947 (Ver- 73. die Verordnung zur weiteren Änderung der
ordnungsblatt für die Britische Zone S. 105, Gebührenordnung für Rechtsanwälte vom 26.
110); April 1948 (Verordnungsblatt für die Britische
61. die württ.-bad. Verordnung Nr. 229 über die Zone S. 108);
Wiedereinführung rler Schöffengerichte vom 74. Artikel III der Verordnung zur Änderung der
7. Juli 1947 (RegBI. S. 86) samt Änderungen; §§ 42 f, h, 132 des Strafgesetzbuchs und § 463
der Strafprozeßordnung vom 13. Mai 1948
62. die Verordnung zur Wiedereinführung von
(Verordnungsblatt für die Britische Zone 1948
Schöffen und Geschworenen in der Strafrechts-
pflege vom 22. August 1947 (Verordnungsblatt
s. 117);
für die Britische Zone S. 115, 124) vorbehalt- 75. das Gesetz zur Wiedereinführung der Schöf-
lich der Bestimmungen der Ziffer 84, fen und Geschworenen in der Strafrechts-
pflege in Württemberg-Hohenzollern vom 14.
63. die bayer. Verordnung Nr. 131 über die Be- Mai 1948 (RegBI. S. 8.5) samt Änderungen mit
setzung der Strafkammern mit Schöffen vom Ausnahme d'es § 6:
16. September 1947 (GVBI. S. 203) samt Ände-
rungen, 76. die §§ 24 bis 27 der Verordnung zur .Aus-
führung des Ehegesetzes vom 20. Februar 1946
64. die brem. Verordnung über die Wiedereinfüh- (Kontrollratsgesetz Nr. 16) vom 12. Juli 19.48
rung der Schöffengerichte und Schwurgerichte (Verordnungsblatt für die Britische Zone
und über die Mitwirkung von Schöffen bei s. 210);
Strafkammern vom 7. Oktober 1947 (GB!. S.
237) samt Änderungen, 77. die Zweite Verordnung zur weiteren Änderung
der Gebührenordnung für Rechtsanwälte vom
65. die Verordnung zur Durchführung der Militär-
13. Juli 1948 (Verordnungsblatt für die Bri-
regierungsverordnung Nr. 98 über dje Errich-
tische Zone S. 21ö);
tung eines Obersten Gerichtshofes für die Bri-
tische Zone vom 17. November 1947 in der 78. die bayer. Verordnung über die Wiederein-
Fassung der Verordnung vom 13. Januar 1948 führung der Schwurgerichte vom 14. Juli 1943
(Verordnungsblatt für die Britische Zone 1947 (GVBI. S. 243);
S. 149 und 1948 S. 10) und die Verordnung zur
79. die Zweite Verordnung zur Abänderung des
Ausführung der Durchführungsverordnung
Gerichtskostengesetzes vom 24. August 1948
über die Errichtung eines Obersten Gerichts- (Verordnungsblatt für die Blitische Zone
hofes für die Britische Zone vom 6. Februar s. 247):
1948 (Verordnnngsblalt für die Britische Zone
s. 40); 80. die Verordnung Nr. 245 des württ.-bad. Justiz•
ministeriums über die Besetzung der Strafkam-
66. die Verordnung zur Abänderung des Gerichts· mern mit Richtern und Schöffen vom 21. Ok•
koslengesetzes vom 4. Dezember 1947 (Ver- tober 1948 (RegBI. S. 150);
ordnnngsblatl für die Britische Zone S. 170);
81. die Verordnung zur Ergänzung der Vorschrif-
67. das Landesgesetz zur Wiedereinführung der ten über die Haftprüfung im Strafverfahren
Schöffen und Geschworenen in der Strafrechl3- vom 29. November 1948 (Verordnungsblatt
pflege in Baden vom 30. Dezemb_er 1947 (GVBI. für die Britische Zone S. 345);
1948 S. 39) mit Ausnahme des § 6:
82. das Gesetz über die Bildung von Schwur-
68. die brem. Verordnung über die Gebühren der gerichten in Württemberg-Baden vom 3. März
Verteidiger im Verfahren vor dem Schwur- 1949 (RegBl. S. 43) samt Durchführungsverord-
gericht vom 7. Januar 1948 (Brem. GB!. S. 4). nungen;
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 509
83. die Verordnung über die Zuziehung von Hilfs- Der ProzeßbevoUmächtigte kann die Vertre-
richtern zum Obersten Gerichtshof für die Bri- tung, die ihm zusteht, auf einen bei dem Bun-
tische Zone vom 15. März 1949 (Verordnungs- desgerichtshof nicht zugelassenen Rech•s-
blatt für die Britische Zone S. 74); anwalt nicht übertragen.
84. die Rechtsanordnung zur Wiedereinführung Die Anwaltskammer bei dem Bundesgerichts-
der Schöffen und Geschworenen in der Straf- hof wird. durch die Rechtsanwälte gebildet,
rechtspflege im bayerischen Kreis Lindau vom die bei ihm zugelassen sind.
26. April 1949 (ABI. Nr. 18) mit Ausnahme Auf die Rechtsanwaltschaft bei dem Bundes-
des§ 6; gerichtshof sind im übFigen die §§ 1 bis 121
der Rechtsanwaltsordnung für die Britische
85. das württ.-bad. Gesetz Nr. 257 zur Änderung Zone vom 10. März 1949 (Verordnungsblatt für
der Gebührenordnung für Rechtsanwälte vom die Britische Zone S. 80) mit der Maßgabe
30. Juni 1949 (RegBl. S. 155); sinngemäß anzuwenden, daß an die .Stelle der
Landesjustizverwaltung der Bundesminister
86. der I. Abschnitt des bayer. Gesetzes über Maß- der Justiz und an die Stelle des Oberlandes-
nahmen auf dem Gebiet des Kostenwesens gerichts der Bundesgerichtshof tritt.
vom 9. Juli 1949 (GVBI. S. 181);
90. Die Landesjustizverwaltung kann die Teil- '
87. das Landesgesetz zur Wiedereinführung der nahme an wissenschaftlichen Lehrgängen in
Schöffen und Geschworenen in der Strafrechts- einem Kriegsgefangenenlager auf die Studien-
pflege und zur Änderung der Strafprozeßord- zeit (§ 2 Abs. 2 des Gerichtsverfassungs-
nung vom 2. September 1949 (Ges. u. VO.Bl. gesetzes) anrechnen.
der Landesregierung Rheinland-Pfalz · S. 374)
mit Ausnahme des Artikels 2 Absatz 2, soweit Dasselbe gilt für das Studium an einer
dieser den § 6 a in die Landesverordnung über anderen Hochschule als einer Universität, so-
Gerichtsverfassung und Verfahren vom 11. weit es in die Zeit bis zu zwei Jahren nach
April 1947 einfügt. Inkrafttreten dieses Gesetzes fällt.
91. Die Landesjustizverwaltung kann eine von
III. Ubergangsvorschriften § 2 Abs. 3 des Ge,richtsverfassungsgesetzes ab-
Für die Uberleitung gelten folgende Vor- weichende Regelung des Vorbereitungsdien-
schriften: stes, die bis zum 31. Dezember 1949 ausge-
sprochen ist, aufrechterhalten.
88. Soweit in gesetzlichen Vorschriften dem
Reichsgericht oder dem Obersten Gerichtshof Ebenso kann eine von den Vorschriften des
§ 2 Abs. 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes ab-
für die Britische Zone Aufgaben zugewiesen
weichende Beschäftigung, die bis zum Inkraft-
sind, tritt an die Stelle dieser Gerichte der
treten dieses Gesetzes mit Zustimmung der
Bundesgerichtshof.
Landesjustizverwaltung abgeleistet- worden ist,
Der Bundesgerichtshof ist ferner zuständig, auf den Vorbereitungsdienst angerechnet
wenn ihm durch eine Gesetzgebung außerhulb werden.
des Geltungsbereichs dieses Gesetzes Zustän-
digkeiten in Ubereinstimmung mit diesem Ge- Die für den Vorbereitungsdienst der Kriegs-
setz übertragen sind. heimkehrer bestehenden Rechtsvorschriften
bleiben unberührt.
89. Bis zum Inkrafttreten einer Bundesrechts-
anwaltsordnung gelten für die Zulassung der· 92. Die Landesjustizverwaltung kann bis zum 31.
Rechtsanwälte bei dem Bundesgerichtshof die Dezember 1951 in den Fällen eines dringenden
folgenden Vorschriften: dienstlichen Bedürfnisses Richter innerhalb des
Bezirks eines Oberlandesgerichts an jedes
Die Zulassung als Rechtsanwalt bei dem ordentliche Gericht für eine von vornherein
· Bundesgerichtshof und die Bestellung einr:·s bestimmte Zeit vorübergehend abordnen.
Vertreters erfolgt durch den Bundesminister
der Justiz nach Anhörung der Vereinigung der 93. Unberührt bleiben Gesetze eines Landes, die
Anwaltskammervorstände im Bundesgebiet. auf Grund des im Artikel 1 Nr. 11 aufgehobe-
Als Rechtsanwalt kann nur zugelassen wer- nen § 13a des Gerichtsverfassungsgesetzes er-
den, wer das 35. Lebensjahr vollendet hat. gangen sind.
Ein Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof Das Land kann künftig diese Gesetze ändern,
darf nicht zugleich bei einem anderen Gericht aber die Zuständigkeit der Friedensgerichte
zugela,ssen sein. nicht erweitern.
Die bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen 94. Die Geschäftsverteilung. die auf Grund der
Rechtsanwälte dürfen vor einem anderen Ge- bisher geltenden Vorschriften getroffen ist,
richt nicht auftreten. Der Bundesminister der bleibt für das Gec;chäftsjahr 1950 in Kraft.
Justiz kann jedoch für das Auftreten vor be- Jedoch bestimmen sich die nach dem Inkraft-
stimmten Gerichten allgemein Ausnahmen zu- treten dieses Gesetzes zu treffenden Anord-
lassen. nungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes.
. _·_~,.,..
510 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
95. Das Amt der bei lnkraftlreten dieses Gesetzes 103. Die Vorschrift des § 128 Abs. 2 der Zivilprozeß-
berufenen Schöffen und Geschworenen endet ordnung ist im arbeitsgerichtlichen Verfahren
mit dem 31. März 1951. des ersten Rechtszuges nicht anzuwenden.
Die Vorschlagslisten gemäß § 36 des Ge- 104. In Sachen, in denen die Klage, der Güteantrag
richtsverfassungsgesetzes sind erstmals im oder das Gesuch um Erlaß des Zahlungsbe-
Jahre 1950 aufzustellen. fehls vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes
bei dem Amtsgericht eingegangen ist, richtet
Der Ausschuß gemäß § 40 des Gerichtsver· sich die Zuständigkeit nach rlen bisher gelten•
fassungsgesdws tritt erstmals im Jahre 1950 den Vorschriften.
zusammen.
105. Auf Güteverfahren, die im Zeitpunkt des ln-
96. Die in den Ländern geltenden Rechtsvor- krafttretens dieses Gesetzes anhängig oder
schriften über die Befreiung dc>s deutschen bereits abgeschlossen sind, finden die bisher
Volkes vom Nationalsozialismus und Militil· geltenden Vorschriften weiterhin Anwcndun 6 .
rismus, nach denen sich eine Unfähigkeit zur
Bekleidung des Amt<=s eines Schöffen oder Ge- 106. Die Vornchriften des § 510c der Zivilprozeß-
schworenen ergibt, bleiben unberührt. ordnung sind auf die in dem Mietersch utzge-
setz geregelten bürgerlichen Rechtsstreilig-
97. In den Ländern Nordrhein-Westfalen, Nieder- keilen und das arbeilsgerichtlichc Verfahren
sachsen, Schleswig-Holstein und der Hanse- nicht anzuwenden.
stadt Hamburg verhandeln und entscheiden die
107. Die Zulässigkeit eines Rechtsmittels gegen die
Strafkammern des Landgerichts in Abwei-
vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzces verkün-
chung von § 76 Abs. 2 des Gerichtsverfassungs•
deten oder von Amts wegen zugestellten Ent-
gesetzcs bis zum 31. Dezember 1950 in der bis-
scheidungen richtet sich nach den bisher g2l•
herigen Besetzung. Bis zu diesem Zeitpunkt
!enden Vorschriften.
wird in den vorgcenanntcn Ländern die Zu-
ständigkeit der Schwurgerichte nach Abschnitt 108. Auf eine vor dem Inkrafttreten dieses Ge-
IV § 30 der Verordnung zur Wiedereinführung setzes eingelegte Berufung sind an Stelle d:cr
von Schöffen und Gcsch worenen in die Straf- §§ 516, 518, 519 der Zivilprozeßordnung in d:er
rechtspflege• vom 22. August 1947 (VOBI. für Fassung dieses Gesetzes die bisher geltenden
die Brilisclw Zone S. 115) aufrechterhalten. Vorschriften weiterhin anzuw,,nden, wenn die
Berufungsfrist bei Inkrafttreten di0s0s Ge-
98. In den Ländern Bremen und Hessen Lritt § 113 setzes bereits abgelaufen ist. In diesem f'alle
des Gerichtsverfassungsgesetzes erst achtzehn gelten die Vorschriften des § 529 Abs. 3 u.1d
l\1onate nach Tnkrafttrctc,n dieses Gesetzes in des § 626 der Zivilprozcßordnung in der f'a:,-
Kraft. sung dieses Gesetzes entsprechend, wenn der
Berufungskläger das neue Vorbringen nicht
99. Sind bei Inkrafttreten dieses Gesetzes Handels-
innerhalb der Berufungsfrist mitgeteilt hat.
sachen bei einer Zivilkammer anhängig, so
sind sie auf Antrag einer Partei an die Kam· 109. Der Anerkennung von Entscheidungen, durch
mer für Handelssachen zu verweisen. Der An- die im Ausland eine Ehe für nichtig erklä !'t,
trag ist nicht mehr zulässig, wenn der Antrag- aufgehoben, dem Bande nach oder unter Auf-
steller nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes rechterhaltung des Ehebandes geschieden oder
vor der Zivilkammer zur Sache verhandelt hat. durch die das Bestehen oder Nichtbestehen
einer Ehe zwischen den Parteien festgestellt
100. Der Nebensitz Karlsruhe des Oberlandesg:"- ist, steht die Vorschrift des § 606 Abs. 1 der
richtes Stuttgart gilt bis zum 31. Dezember 1951 Zivilprozeßordnung nicht entgegen, wenn der
im Sinne des Gerichtsverfassungsgesetzes und Ehemann deutscher Staatsangehöriger ist und
der Verfahrensgesetze als selbständiges Ober- die Anerkennung der von einer ausländischen
landesgericht. Behörde getroffenen Entscheidung beantragt.
101. Entscheidungen in bürgerlichen Rechtsstreilig• Diese Vorschrift tritt spätestens am 31. De-
keilen, die nach dem Inkrafttreten dieses Ge- zember 1952 außer Kraft.
setzes ergehen, können von den Gerichten in
110. Verfahren, die bei dem Obersten Gerichtshof
der bisherigen Besetzung erlassen werden,
für die Britische Zone anhängig sind, gehen
wenn sie auf einer Verhandlung beruhen, die
mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes in der
vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes statt-
Lage, in der sie sich befinden,. auf den Bundes•
gefunden hat.
gerichtshof über.
102 Ablehnungsgesuche, über die bei Inkraft- Für das Verfahren bei Rechtsbeschwerden
treten dieses Gesetzes noch nicht entschiedeu in Landwirtschaftssachen gelten die Vorschrif•
ist, haben die bisher zuständigen Stellen an ten der Verordnung über die Rechtsbeschwerde
die nunmehr zuständigen Gerichte abzugeben. in Landwirtschaftssachen vom 15. Oktober 1948
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 511
(Verordnungsblatt für die Britische Zone liehe Klage nicht zurück, so richtet sich die
S. 313), die Verordnung zur Ausführung der Zuständigkeit nach den bisher geltenden Vor-
Verordnung über die Rechtsbeschwerde in schriften.
Landwirtschaftssachen vom 22. Dezember 1948
(Verordnungsblatt für die Britische Zone S. 384) 117. Eine begonnene Hauptverhandlung ist nach
und die in der Verordnung vom 15. Oktober den bisherigen Vorschriften zu Ende zu führen.
1948 angeführten Vorschriften der Verfahrens-
ordnung für Landwirtschafts,sachen vom 2. De- 118. Wird ein vor dem Inkrafttreten dieses Ge-
zember 1947 (Verordnungsblatt für die Britische setzes ergangenes Urleil nach dem Inkraft-
Zone S. 157) einstweilen weiter. Die bei dem treten des Gesetzes vom Rechtsmittelgericht
Obersten Gerichtshof für die Britische Zone aufgehoben und die Sache zurückverwiesen,
ernannten Obersten Landwirtschaftsrichter tre- so findet die neue Hauptverhandlung vor dem
ten in gleicher Eigenschaft zum Bundes- Gericht statt, das nach den neuen Vorschrif-
gerichtshof über. ten zuständig ist; soweit nach diesen Vor-
schriften die Zuständigkeit davon abhängig
Revisionen und Beschwerden in bürger• ist, bei welchem Gericht die Staatsanwalt-
lichen Rechtsstreitigkeiten sowie Rechtsbe- schaft Anklage erhebt, bestimmt das Rechts-
schwerden in Landwirtschaftssachen, die bis mittelgericht in seiner Entscheidung das zu-
zum Inkrafttreten dieses Gesetzes bei dem ständige Gericht.
Obersten Gerichtshof für die Britische Zone
hätten eingelegt werden können, sind nach 119. Wird ein vor dem Inkrafttreten dieses Ge-
dem Inkq1fttreten dieses Gesetzes bei dem setzes ergangenes Urteil mit dem Antrag auf
Bundesgerichtshof einzulegen. Dies gilt ent- Wiederaufnahme des Verfahrens angefochten,
sprechend in Verfahren der freiwilligen Ge- so entscheidet darüber, ob der Antrag zu-
richtsbarkeit und in Strafsachen. lässig und begründet ist, die Strafkammer, so-
weit nicht nach den neuen Vorschriften die
111. Für Verfahren, die im Zeitpunkt des Inkraft- Zuständigkeit des· Amtsgerichts (§ 25 Nr. 1,
2a und b des Gerichtsverfassungsgesetzes)
tretens dieses Gesetzes bei dem Bayerischen
oder des Schwurgerichts oder des Bundes-
Obersten Landesgericht anhängig sind, bldbt
gerichtshofes begründet ist.
dieses Gericht nach den bisher geltenden
Vorschriften zuständig, auch soweit nach
120. Beurkundungen und Beglaubigungen, die Ge-
den Vorschriften dieses Gesetzes der Bundes-
richte im Lande Rheinland-Pfalz in der Zeit
gerichtshof zuständig wäre.
vom 6. September 1949 bis zum Inkrafttreten
dieses Gesetzes vorgenommen haben, sind
'il2. Revisionen gegen Urteile der auf Grund der
nicht deshalb unwirksam, weil die Zuständig-
bayer. Verordnung über die Wiedereinführung
keit der Gerichte nach § 22 Abs. 4 der Notar-
der Schwurgerichte vom 14. Juli 1948 (GVBI. ordnung für Rheinland-Pfalz vom 3. Septem-
S. 243) gebildeten Schwurgerichte sind in ber 1949 (Gesetz- und Verordnungsblatt der
jedem Falle durch das Bayer. Oberste Landes- Landesregierung Rheinland-Pfalz Teil I S. 391)
gericht zu verhandeln und zu entscheiden. nicht mehr gegeben war.
113. An den Stellen, an denen die Worte „Anord-
121. Für das Verfahren des Nachlaßgerichts, ein-
nung der Hauptverhandlung" oder „die
schließlich der damit zusammenhängenden Be-
Hauptverhandlung anzuordnen" gebraucht
urkundungen, werden die Gerichtsgebühren
werden, werden diese Worte durch „Eröffnung
nur zur Hälfte erhoben, wenn der Tod des
des Hauptverfahrens" oder „das Hauptverfah- Erblassers oder seine Todeserklärung die uns
ren zu eröffnen" ersetzt.
mittelbare Folge eines Kriegsereignisses ist;
die Bestimmungen über die Mindestgebühr
114. Ist bei Inkrafttreten dieses Gesetzes die An-
bleiben unberührt. Soweit die Amtshand-
klageschrift schon bei Gericht eingereicht, so lungen (Beurkundungen, Vermittlung der Aus-
bedarf es keines Beschlusses über die Eröff- einandersetzung usw.) von Notaren vorgenom-
nung des Hauptverfahrens. Es verbleibt für men werden, erstreckt sich die Ermäßigung
das Verfahren insoweit bei den bisher gelten· auch auf die Notargebühren.
den Vorschriften,
Abkömmlinge, Eltern und der Ehegatte des
115. Ist bei Inkrafttreten dieses Gesetzes die An- Erblassers sind von der Zahlung der Gerichts-
klageschrift schon bei Gericht eingereicht, so gebühren in diesen Fällen befreit, wenn der
sind für die Voruntersuchung die bisher gel· Wert des Nachlasses nach Abzug der Schulden
tenden Vorschriften anzuwenden. nicht mehr als 5000 Deutsche Mark beträgt.
Die Notargebühren werden nach den Vor-
116. Ist bei Inkrafttreten dieses Gesetzes die An- schriften über die Anwenc'ung von Gebühren-
klageschrift bei einem Gericht eingereicht, befreiungsvorschriften auf die Notare (Ver-
das nach diesem Gesetz nicht zuständig wäre, ordnung vom 15 April 1936 - Reichsgesetzbl. I
und nimmt die Staatsanwaltschaft die öffeilt· S. 368 -) ermäßigt.
512 Bundesgesetzblatt, Jahrg,rng 1950
122. Für die Todeserklärung und die Feststellung ARTIKEL 9
der Todeszeit werden Gerichtsgebühren nicht
erhoben, wenn der Verschollene im Zusam- Bekanntmachung des Wortlauts
menhang mit Ereignissen oder Zuständen des d e s G e r i c h t s v e r f a s s u n g s g e s e t z e s,
Krieges 1939 bis 1945 in Lebensgefahr ge- der Zivilprozeßordnung
raten ist. und der Strafprozeßordnung
123. Soweit in anderen Gesetzen und Verordnungen
auf die durch dieses Gesetz aufgehobenen Das Gerichtsverfassungsgesetz, die Zivilprozeß-
oder abgeänderten Vorschriften verwiesen ist, ordnung und die Strafprozeßordnung gelten vom
treten die entsprechenden Vorschriften dieses Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes ab in der
Gesetzes an ihre Stelle. aus den Anlagen 1 bis 3 ersichtlichen Fassung.
Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates
sind gewahrt.
Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet,
Bonn, den 12. September 1950.
Der Bundespräsident
Theodor Heuss
Der Bundeskanzler
Adenauer
Der Bundesmin'ister der Justiz
Dehler
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 513
Anlage 1
zu dem Gesetz zur Wiederherstellung der Rechts-
einheit auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung,
der bürgerlichen Rechtspflege, des Strafverlahrens
und des Kostenrechts.
Gerichtsverfassungsgesetz
Nr. 40 ~ Tdg der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 515
Gerichtsverfassungsgesetz
Erster Titel Versetzung an ein anderes Gericht oder die Entfer-
Richteramt
nung aus dem Amt unter Belassung des vollen Ge·
halts durch die Landesjustizverwaltung verfügt
§ 1 werden.
Die richterliche Gewalt wird durch unabhängige, § 8a
nur dem Gesetz unterworfene Gerichte ausgeübt. (weggefallen)
§ 2 § 9
(!) Die Fähigkeit zum Richteramt wird durch die Wegen vermögensrechtlicher Ansprüche der
Ablegung zweier Prüfungen erlangt. Richter aus ihrem Dienstverhältnis, insbesondere
(2) Der ersten Prüfung muß ein mindestens drei- auf Gehalt, Wartegeld oder Ruhegehalt, darf der
jähriges Studium der Rechtswissenschaft auf einer Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.
Universität vorangehen. Von dem dreijährigen Zeit- § 10
raum sind mindestens drei Halbjahre dem Studium (1) Nach näherer landesgesetzlicher Bestimmung
auf einer deutschen Universität zu widmen. können Gerichtsreferendare mit der Wahrnehmung
(3) Zwischen der ersten und der zweiten Prüfung einzelner richterlicher Geschäfte betraut werden.
muß eine Ausbildungszeit von mindestens drei und Der Auftrag ist in jedem Fall durch den Richter
einem halben , Jahr und höchstens vier Jahren aktenkundig zu machen.
liegen. Mindestens dreißig Monate sind zum Dienst (2) Bei Amtsgerichten und Landgerichten kann,
bei den Gerichten, Staatsanwaltschaften, Notaren wer zum Richteramt befähigt ist, als Hilfsrichter
und Rechtsanwälten zu verwenden; der Rest der verwendet werden, ohne gemäß § 6 zum Richter
Ausbildungszeit ist mindestens zur Hälfte bei Ver- auf Lebenszeit ernannt zu sein.
waltungsbehörden, Körperschaften oder Anstalten (3) Unberührt bleiben die Vorschriften über die
des öffentlichen Rechts, im übrigen in einer dem Ubertragung richterlicher Geschäfte auf den Rechts•
Ausbildungszweck dienenden Weise zu verwenden. pfleger.
§ 11
§ 3
Auf Handelsrichter, Schöffen und Geschworene
(!) Wer in einem deutschen Land die erste Prü-
fung bestanden hat, kann in jedem anderen Land sind die Vorschriften der §§ 2 bis 9 nicht anzu-
zur Vorbereilung für den Justizdienst und zur zwei- wenden.
Zweiter Titel
ten Prüfung zugelassen werden
(2) Die in einem deutschen Land au! die Vor- Gerichtsbarkeit
bereitung verwendete Zeit kann in jedem anderen § 12
Land angerechnet werden. Die ordentliche streitige Gerichtsbarkeit w-ird
§ 4 durch Amtsgerichte, Landgerichte, Oberlandesge-
richte und durch den Bundesgerichtshof (das Obere
Zum Richteramt befähigt ist ferner jeder ordent-
liche öffentli_che Lehrer des Rechts an einer deut- Bundesgericht für das Gebiet der ordentlichen Ge•
schen Universität. richtsbarkeit) ausgeübt.
§ 5 § 13
Wer in einem deutschen Land die Fähigkeit zum Vor die ordentlichen Gerichte gehören alle bür-
Richteramt erlangt hat, ist, soweit dieses Gesetz gerlichen Rechtsstreitigkeiten und Strafsachen, für
keine Ausnahme bestimmt, zu jedem Richteramt die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwal·
innerhalb Deutschlands befähigt. tungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begrün-
det ist odtcr auf Grund von Vorschriften des Bundes-
§ 6
rechts besondere Gerichte bestellt oder zugelassen
Die Richter werden auf Lebenszeit ernannt. sind.
§ t § 13 a
Die Richter beziehen in ihrer richterlichen Eigen- (weggefallen)
schaft ein festes Gehalt mit Ausschluß von Ge- § 14
bühren. Als besondere Gerichte werden zugelassen:
§ 8
1. Gerichte der Schiffahrt für die in den Staats-
(!) Richter können wider ihren Willen nur kraft verträgen bezeichneten Angelegenheiten;
richterlicher Entscheidung und nur aus den Gründen 2. Gemeindegerichte für die Verhandlung und
und unter den Formen, die die Gesetze bestimmen, Entscheidung von bürgerlichen Rechtsstreitig-
dauernd oder zeitweise ihres Amts enthoben oder keiten, deren Streitwert einhundert Deutsche
an eine andere Stelle oder in den Ruhestand ver- Mark nicht übersteigt. Gegen die Ent-
setzt werden. Die Gesetzgebung kann Altersgrenzen scheidung der Gemeindegerichte muß inner-
festsetzen, bei deren Erreichung Richter in den halb einer gesetzlich zu bestimmenden Frist
Ruhestand treten. sowohl dem Kläger wie dem Beklagten die
(2) Die vorläufige Amtsenthebung, die kraft Ge- Berufung auf den ordentlichen Rechtsweg zu-
setzes eintritt, wird hierdurch nicht berührt. stehen. Der Gerichtsbarkeit des Gemeinde-
(3) Bei einer Veränderung in der Einrichtung der gerichts dürfen als Kläger oder Beklagte nur
Gerichte oder ihrer Bezirke kann die unfreiwillige Personen unterworfen werden, die in der
516 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
Gemeinde den Wohnsitz, eine Niederlassung die Befreiung der Konsuln von der inländischen Ge-
oder im Sinne der §§ 16, 20 der Zivilprozeß- richtsbarkeit getroffen sind.
ordnung den Aufenthalt haben.
Dritter Titel
§ 15
Amtsgerichte
(weggefallen)
§ 22
§ 16
(1) Den Amtsgerichten stehen Einzelrichter vor.
Ausnahmegerichte sind unstatthaft. Niemand
(2) Ein Amtsrichter kann zugleich Mitglied oder
darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.
Direktor bei dem übergeordneten Landgericht sein.
§ 17 (3) Die allgemeine Dienstaufsicht kann von der
(1) Die Gerichte entscheiden über die Zulässig- Landesjustizverwaltung dem Präsidenten des über•
keit des Rechtswegs. geordneten Landgerichts übertragen werden. Ge•
(2) Die Landesgesetzgebung kann jedoch die Ent- schieht dies nicht, so ist, wenn das Amtsgericht
scheidung von Streitigkeiten zwischen den Gerich- mit mehreren Richtern besetzt ist, einem von ihnen
ten und den Verwaltungsbehörden oder Verwal- von der Landesjustizverwaltung die allgemeine
tungsgerichten über die Zulässigkeit des Rechts• Dienstaufsicht zu übertragen; ist die Zahl der Rich-
wegs besonderen Behörden nach Maßgabe der ter höher als fünfzehn, so kann die Dienstaufsicht
folgenden Vorschriften übertragen: zwischen mehreren von ihnen geteilt werden.
1. Die Mitglieder werden für die Dauer des zur (4) Jeder Amtsrichter erledigt die ihm obHegenden
Geschäfte, soweit dieses Gesetz nichts anderes be-
Zeit ihrer Ernennung von ihnen bekleideten
Amts oder, falls sie zu dieser Zeit ein Amt stimmt, als Einzelrichter.
nicht bekleiden, auf Lebenszeit ernannt. Sie § 22 a
können nur unter denselben Voraussetzungen (1) Bei den mit einem Präsidenten besetzten Amts•
wie die Mitglieder des Bundesgerichtshofes gerichten wird ein Präsidium gebildet.
ihres Amtes enthoben werden. (2) Das Präsidium besteht aus dem Amtsgerichts•
2. Mindestens die Hälfte der Mitglieder muß präsidenten als Vorsitzenden, den Amtsgerichts-
dem Bundesgerich lshof oder dem Obersten direktoren, den Oberamtsrichtern und den beiden
Landesgericht oder einem Oberlandesgericht dem Dienstalter nach, bei gleichem Dienstalter der
angehören. Bei Entscheidungen dürfen Mit- Geburt nach ältesten Amtsrichtern.
glieder nur in der gesetzlich bestimmten An- (3) Das Präsidium entscheidet nach Stimmenmehr•
zahl mitwirken. Diese Anzahl muß eine un- heil; bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des
gerade sein und mindestens fünf betragen. Amtsgerichtspräsidenten rien Ausschlag.
3. Das Verfahren ist gesetzlich zu regeln. Die § 22 b
Entscheidung ergeht in öffentlicher Sitzung (!) Bei den mit mehreren Amtsrichtern besetzten
nach Ladung der Parteien. Amtsgerichten werden die Geschäfte vor Beginn des
4. Sofern die Zulässigkeit des Rechtswegs durch Geschäftsjahres auf seine Dauer verteilt. In gleicher
rechtskräftiges Urteil des Gerichts feststeht, Weise wird die Vertretung der Amtsrichter in Be-
ohne daß zuvor auf die Entscheidung der be· hindenmgslällen geregelt.
sonderen Behörde angetragen war, bleibt die (2) Die getroffene Anordnung kann. im Laufe des
Entscheidung des Gerichts maßgebend. Geschäftsjahres nur geändert werden, wenn dies
§ 18 wegen Vberlastung, Wechsels oder dauernder Be•
hinderung eines Richters erforderlich ist.
Die deutsche Gerichtsbarkeit erstreckt sich nicht
auf die Leiter und Mitglieder der bei der Bundes- § 22 C
republik Deutschland beglaubigten diplomatischen (1) Die im § 22 b bezeichneten Anordnungen wer•
Vertretungen. Sie erstreckt sich auch nicht auf den bei den mit einem Präsidenten besetzten Amts•
andere Personen, die nach den allgemein aner• gerichten von dem Präsidium des Amtsgerichts ge•
kannten Regeln des Völkerrechts oder nach einem troffen. Das gleiche gilt für andere zum Bezirk des
Staatsvertrag von der deutschen Gerichtsbarkeit übergeordneten Landgerichts gehörige Amtsgerichte,
befreit sind. über die der Amtsgerichtspräsident an Stelle des
§ 19 Landgerichtspräsidenten die Dienstaufsicht ausübt.
. Für die Familienmitglieder, das Geschäftspersonal Der Amtsgerichtspräsident bestimmt die Abteilung,
der im § 18 genannten Personen und für ihre Be- die er übernimmt.
diensteten, die nicht Deutsche sind, gilt die Vor· (2) Bei den übrigen Amtsgerichten werden die im
schrift des § 18 entsprechend. § 22 b bezeichneten Anordnungen von dem Präsi•
§ 20
dium des Landgerichts getroffen.
(3) Sofern eine Entscheidung des Präsidiums nicht
Durch die Vorschriften der §§ 18, 19 werden die rechtzeitig ergehen kann, werden die i,m § 22 b be•
Vorschriften über den ausschließlichen dinglichen zeichneten Anordnungen bei dem mit einem Präsi•
Gerichtsstand in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten denten besetzten und bei anderen seiner Dienstauf•
nicht berührt.·
sieht unterstehenden Amtsgerichten von dem Amts•
§ 21
gerichtspräsidenten, bei den übrigen Amtsgerichten
Die in der Bundesrepublik Deutschland angestell• von dem Landgerichtspräsidenten getroffen. Die An•
ten Konsuln sind der inländischen Gerichtsbarkeit ordnung ist dem Präsidium unverzüglich vorzulegen,
unterworfen, sofern nicht in Verträgen der Bundes• Sie bleibt in Kraft, solange das Präsidium nicht
republik mit anderen Mächten Vereinbarungen über anderweit beschließt.
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 517
§ 22 d § 25
Die Gültigkeit der Handlung eines Amtsrichters Der Amtsrichter allein entscheidet bei
wird nicht dadurch berührt, daß die Handlung nach 1. Ubertretungen,
der Geschäftsverteilung von einem anderen Richter 2. Vergehen,
wahrzunehmen gewesen wäre. a) wenn sie im Wege der Privatklage verfolgt
werden,
§ 23
b) wenn die Tat mit keiner höheren Strafe
Die Zuständigkeit der Amtsgerichte umfaßt in als Gefängnis von sechs Monaten allein oder
bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, soweit sie nicht in Verbindung mit anderen Strafen oder
ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes mit Nebenfolgen ·bedroht. ist,
den Landgerichten zugewiesen sind:
c) wenn die Staatsanwaltschaft Anklage zum
1. Streitigkeiten über vermögensrechtliche An°
Einzelrichter erhebt und keine höhere
sprüche, deren Gegenstand an Geld oder Gel- Strafe als Gefängnis von einem Jahr zu er-
deswert die Summe von ei·ntausend Deutsche warten ist,
Mark nicht übersteigt; 3. Verbrechen, die nur wegen Rückfalls Ver-
2. ohne Rücksicht auf den \,Vert des Streitgegen- brechen sind, unter den Voraussetzungen der
standes: Nr. 2 c.
a) Streitigkeiten zwischen dem Vermieter § 26
und dem Mieter oder Untermieter von Wohn- Die Zuständigkeit in Jugendsachen bestimmt
räumen oder anderen Räumen oder zwischen sich nach dem Jugendgerichtsgesetz.
dem Mieter und dem Untermieter solcher
§ 26 a
Räume wegen Uberlassung, Benutzung oder
Räumung sowie wegen Zurückhaltung der von (weggefallen)
dem Mieter oder dem Untermieter in die Miet- § 27
räume eingebrachten Sachen; Im übrigen wird die Zuständigkeit und der Ge-
b) Streitigkeiten zwischen Reisenden und schäftskreis der Amtsgerichte durch die Vor-
Wirten, Fuhrleuten, Schiffern, Flößern oder schriften dieses Gesetzes und der Prozeßordnungen
Auswanderungsexpedienten in den Einschif- bestimmt.
fungshäfen, di,e über Wirtszechen, Fuhrlohn,
Uberfahrtsgeltler, Beförderung der Reisenden Vierter Titel
und ihrer Habe und über Verlust und Beschä- Schöffengerichte
digung der letzteren, sowie Streitigkeiten
zwischen Reisenden und Handwerkern, die aus § 28
Anlaß der Re.ise entstanden sind; Für die Verhandlung und Entscheidung der zur
c) Streitigkeiten wegen Viehmängel; Zuständigkeit der Amtsgerichte gehörenden Straf-
. sachen werden, soweit nicht der Amtsrichter allein
d) Streitigkeiten wegen Wildschadens;
entscheidet, bei den Amtsgerichten Schöffengerichte
e) alle Ansprüche auf Erfüllung einer· durch gebildet.
Ehe oder Verwandtschaft begründeten gesetz- § 29
lichen Unterhaltspflicht;
Das Schöffengericht besteht aus dem Amts•
f) Ansprüche aus einem außerehelichen Bei- richter als Vorsitzenden und zwei Schöffen.
schlaf;
g) Ansprüche aus einem mit der Uberlassung § 30
eines Grundstücks in Verbindung stehenden (!) Insoweit das Gesetz nicht Ausnahmen. be-
Leibgedings-, Leibzuchts-, Altenteils- oder Aus- stimmt, üben die Schöffen während der Hauptver•
zugvertrag; handlung das Richteramt in vollem Umfang und
h) das Aufgebotsverfahren. mit gleichem Stimmrecht wie die Amtsrichter aus
§ 24 und nehmen auch an den im Laufe einer Haupt-
verhandlung zu erlassenden Entscheidungen teil,
(!) In Strafsachen sind die Amtsgerichte zu- <lie in keiner Beziehung zu der Urteilsfällung
ständig für stehen und die auch ohne mündliche Verhandlung
1. Ubertretungen, erlassen werden können.
2. Vergehen, wenn nicht die Staatsanwaltschaft (2) Die außerhalb der Hauptverhandlung er-
wegen der besonderen Bedeut.ung des Falles forderlichen Entscheidungen werden von dem
Anklage beim Landgericht erhebt, Amtsrichter erlassen.
3. Verbrechen, wenn nicht die Zuständigkeit des § 31
Schwurgerichts oder des Bundesgerichtshofes Das Amt eines Schöffen ist ein Ehrenamt. Es
begründet, im Einzelfall eine höhere Strafe kann nur von Deutschen versehen werden.
als zwei Jahre Zuchthaus oder der Ausspruch
der Sicherungsverwahrung zu erwarten ist § 32
oder die Staatsanwallschaft wegen der beson- Unfähig zu dem Amt eines Schöffen sind:
deren Bedeutung des Falles Anklage beim 1. Personen, welche die Befähigung infolge straf-
Landgericht erhebt. gerichtlicher Verurteilung verloren haben oder
(2) Das Amtsgericht darf nicht auf eine höhere wegen eines Verbrechens oder eines vorsätz-
Freiheitsstrafe als zwei Jahre Zuchthaus und nicht lichen Vergehens zu einer Freiheitsstrafe von
auf Sicherungsverwahrung erkennen. mehr als sechs Monaten verurteilt sind;
518 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
2. Personen, ircgen die ein Ermittlungsverfahren von zwei Dritteln der gesetzlichen Zahl der Mit-
wegen eines Verbrechens oder Vergehens glieder der Gemeindevertretung erforderlich. Die
schwebt, das die Aberkennung der bürger- Vorschlagsliste soll außer dem Namen auch den
lichen Ehrenrechte oder der Fähigkeit zur Geburtsort, den Geburtstag und den Beruf des Vor•
Bekleidung öffentlicher Amter zur Folge haben geschlagenen enthalten.
kann; (2) Die Vorschlagsliste ist in der Gemeinde eine
3. Personen, die infolge gerichtlicher An- Woche lang zu jedermanns Einsicht aufzulegen.
ordnung in der Verfügung über ihr Vermög-~n Der Zeitpunkt der Auflcgung ist vorher öffentlich
beschränkt sind. bekanntzumachen.
§-33 (3) In die Vorschlagsliste sind aufzunehmen in
Zu dem Amt eines Schöffen sollen nicht berufen Gemeinden
werden: a) mit 500 oder weniger Einwohnern fünf Personen,
1. Personen, rlie zur Zeit der Aufstellung der b) mit mehr als 500 Einwohnern mindestens sechs
Vorschlagsliste für Schöffen das dreißigste Le- Personen, im übrigen für je 200 Einwohner eine
bensjahr noch nicht vollendet haben, Person.
2. Personen, die zur Zeit der Aufstellung der § 37
Vorschlagsliste noch nicht ein Jahr in der Gegen die Vorschlagsliste kann binnen einer
Gemeinde wohnen; Woche, gerechnet vom Ende der Auflegungsfrist,
3. Personen, die wegen geistiger oder körper- schriftlich oder zu Protokoll mit der Begründung
licher Gebrechen zu dem Amt nicht geeignet Einspruch erhoben werden, daß in die Vorschlags-
sind. liste Personen aufgenommen sind, die nach § 32
§ 34 nicht aufgenommen werden durften oder nach den
(1) Zu dem Amt eines Schöffen sollen ferner §§ 33, 34 nicht aufgenommen werden sollten.
.nicht berufen werden: § 38
1. der Bundespräsident; (!) Der Gemeindevorsteher sendet die Vorschlags-
2. die Mitglieder der Bundesregierung oder liste nebst den Einsprüchen an den Amtsrichter des
einer Landesregierung; Bezirks.
3. Beamte, die jederzeit einstweilig in den (2) Wird nach Absendung der Vorschlagsliste
Warte- oder Ruhestand versetzt werden ihre Berichtigung erforderlich, so hat der Gemeinde-
können; vorsteher hiervon dem Amtsrichter Anzeige zu
4. Richter und Beamte der Staatsanwaltschaft, machen.
Notare und Rechtsanwälte; § 39
5. gerichtliche und polizeiliche Vollstreckungs- Der Amtsrichter stellt die Vorschlagslisten des
beamte; Bezirks zusammen und bereitet den Beschluß über
6. Religionsdiener und Mitglieder solcher reli- die Einsprüche vor. Er hat die Beachtung der Vor•
g10sen Vereinigungen, die satzungsgemäß schritten des § 36 Abs. 2 zu prüfen und die Ab·
zum gemeinsamen Leben verpllichtct sind. Stellung etwaiger Mängel zu veranlassen.
(2) Die Landesgesetze können außer den vor• § 40
bezeichneten Beamten höhere Verwaltungsbeamtf' (1) Bei dem Amtsgericht tritt jedes zweite Jahr
bezeichnen, die zu dem Amt eines Schöffen nicht ein Ausschuß zusammen.
berufen werden sollen.
(2) Der Ausschuß besteht aus dem Amtsrichter·
§ 35 als Vorsitzenden und einem von der Landesregie-
Die Berufung zum Amt eines Schöffen dürfen rung zu bestimmenden Verwaltungsbeamten sowie
ablehnen: zehn Vertrauenspersonen als Beisitzern.
1. Mitglieder des Bundestages, des Bundesrates, (3) Die Vertrauenspersonen werden aus den Ein•
eines Landtages oder einer zweiten Kammer; wohnern des Amtsgerichtsbezirks von der Ver-
2. Personen, die im letzten Geschäftsjahr die Ver- tretung des ihm entsprechenden unteren Verwal-
pflichtung eines Geschworenen oder an wenigstens tungsbezirks mit einer Mehrheit von zwei Dritteln
zehn Sitzungstagen die Verpflichtung eines Schöf• der gesetzlichen Mitgliederzahl gewählt. Umfaßt der
fen erfüllt haben; Amtsgerichtsbezirk mehrere Verwaltungsbezirke
3. Arzte, Krankenpfleger und Hebammen, oder Teile mehrerer Verwaltungsbezirke, so be•
4. Apotheker, die keinen Gehilfen haben; stimmt die zuständige oberste Landesbehörde die
5. Frauen, die glaubhaft machen, daß ihnen die Zahl der Vertrauenspersonen, die von den Vertre-
Fürsorge für ihre Familie die Ausübung des tungen dieser Verwaltungsbezirke zu wählen siJ1d.
Amtes in besonderem Maße erschwert, (4) Der Auss.chuß ist beschlußfähig, wenn wenig-
stens der Vorsitzende, der Verwaltungsbeamte und
6. Personen, die zur Zeit der Aufstellung der Vor-
schlagsliste das fünfundsechzigste Lebensjahr · fünf Vertrauenspersonen anwesend sind.
vollendet haben oder es bis zum Ablauf des Ge• § 41
schältsjahres vollenden würden. Der Ausschuß entscheidet mit einfacher Mehrheit
über die gegen die Vorschlagsliste erhobenen Ein•
§ 36 sprüche. Bei Stimmengleichheit entscheidet die
{l) Die Gemeinde stellt in jedem zweiten Jahr Stimme des Vorsitzenden. Die Entscheidungen sind
eine Vorschlagsliste für Schöffen auf. Für· die zu Protokoll zu vermerken. Sie sind nicht anfecht-
Aufnahme in die Liste ist die Zustimmung bar.
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 519
§ 42 Amtsrichter hierzu veranlaßt haben, sind akten-
Aus der berichtigten Vorschlagsliste wählt der kundig zu machen.
Ausschuß mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der § 49
Stimmen für die nächsten zwei Geschäftsjahre: (1) Wird zu den einzelnen Sitzungen die Zuzie-
1. die erforderliche Zahl von Schöffen;
hung anderer als der zunächst berufenen Schöffen
erforderlich, so erfolgt sie aus der Zahl der Hilfs-
2. die erforderliche Zahl der Personen, die in der schöffen nach der Reihenfolge der Schöffenliste.
von dem Ausschuß festgesetzten Reihenfolge an
(2) Würde durch die Berufung der Hilfsschöffen
die Stelle wegfallender Schöffen treten (Hilfs-
nach der Reihenfolge der Schöffenliste eine Ver-
schöffen). Zu wählen sind Personen, die am Sitz
tagung der Verhandlung oder eine erhebliche Ver-
des Amtsgerichts oder in dessen nächster Umge-
zögerung ihres Beginns notwendig, so sind die
bung wohnen.
nicht am Sitz des Gerichts wohnenden Hilfsschöffen
§ 43
zu übergehen.
(1) Die für jedes Amtsgericht erforderliche Zahl § 50
von Haupt- und Hilfsschöffen wird durch den Land-
Erstreckt sich die Dauer einer Sitzung über die
gerichtspräsidenten (Amtsgerichtspräsidenten) be-
Zeit hinaus, für die der Schöffe zunächst einbe-
stimmt.
rufen ist, so hat er bis zur Beendigung der Sitzung
(2) Die Zahl d-er Hauptschöffen ist so zu bemes- seine Amtstätigkeit fortzusetzen.
sen, daß voraussichtlich jeder mindestens zu zwölf
ordentlichen Sitzungstagen im Jahr herangezogen § 51
wird. (1) Die Schöffen sind bei ihrer ersten Dienst-
§ 44 leistung in öffentlicher Sitzung zu beeidigen. Die
Die Namen der gewählten Hauptschöffen und Beeidigung gilt für die Dauer des Geschäftsjahres.
Hilfsschöffen werden bei jedem Amtsgericht in ge- (2) Der Vorsitzende richtet an die zu Beeidigen-
sonderte VerzeichHisse aufgenommen (Schöffen- den die Worte: ,.Sie schwören bei Gott dem All-
listen). mächtigen und Allwissenden, die Pflichten eines
§ 45 Schöffen getreulich zu erfüllen und Ihre Stimme
nach bestem Wissen und Gewissen abzugeben."
(!) Die Tage der ordentlichen Sitzungen des
(3) Die Schöffen leisten den Eid, indem jeder
Schöffengerichts werden für das ganze Jahr im vor-
einzeln die Worte spricht: ,.Ich schwöre es, fü
aus festgestellt.
wahr mir Gott helfe."
(2) Die Reihenfolge, in der die Hauptschöffen an (4) Der Schwörende soll bei der Eidesleistung die
den einzelnen ordentlichen Sitzungen des Jahres rechte Hand erheben.
teilnehmen, wird durch Auslosung in öffentlicher (5) Ist ein Schöffe Mitglied einer Religionsgesell-
Sitzung des Amtsgerichts bestimmt. schaft, der das Gesetz den Gebrauch gewisser Be-
(3) Das Los zieht der Amtsrichter. teuerungsformeln an Stelle des Eides gestattet, so
(4) Uber die Auslosung wird von dem Urkunds- wird die Abgabe einer Erklärung unter der Be-
beamten der Geschäftsstelle ein Protokoll aufge- teuerungsformel dieser Religionsgesellschaft der
nommen. Eidesleistung gleichgeachtet.
§ 46 (6) Der Eid kann auch ohne religiöse Beteuerung
(1) Der Amtsrichter setzt die Schöffen von ihre,r
geleistet werden.
(7) Uber die Beeidigung wird von dem Urkunds•
Auslosung und den Sitzungstagen, an depen sie in
beamten der Geschäftsstelle ein Protokoll aufge-
Tätigkeit zu treten haben, unter Hinweis auf die
nommen.
gesetzlichen Folgen des Ausbleibens in Kenntnis.
§ 52
(2) 1n gleicher Weise werden die im Laufe de,s
(1) Wenn die Unfähigkeit einer als Schöffe in die
Geschäftsjahres einzuberufenden Schöffen benach- Schöffenliste aufgenommenen Person eintritt oder
richtigt. bekannt wird, so ist ihr Name von der Liste zu
§ 47
streichen.
Eine Änderung in der bestimmten Reihenfolge (2) Ein Schöffe, bei dem nach seiner Aufnahme
kann auf übereinstimmenden Antrag der beteiligten in die Schöffenliste Umstände eintreten oder
Schöffen von dem Amtsrichter bewilligt werden, bekannt werden, bei deren Vorhandensein eine
sofern die in den betreffenden Sitzungen zu ver- Berufung zum Schöffenamt nicht erfolgen soli,
handelnden Sachen noch nicht bestimmt sind. Der ist zur Dienstleistung ferner nicht heranzuziehen.
Antrag und die Bewilligung sind aktenkundig zu (3) Der Ambrichter entscheidet nach Anhörung
machen. der Staatsanwaltschaft und des bete'ligl~n Schöffen.
§ 48 (4) Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
(1) Wenn die Geschäfte die Anberaumung außer- § 53
ordentlicher Sitzungen erforderlich machen, so wer- (1) Ablehnungsgründe sind nur zu qerücks;chti-
den die einzuberufenden Schöffen vor dem Sitzungs- gen, wenn sie innerhalb einer Woche, nachdem der
tag nach § 45 ausgelost. beteiligte Schöffe von seiner Einberufung in Kennt-
(2) Erscheint dies wegen Dringlichkeit untunlich, nis gesetzt worden ist, ·von ihm geltend gemacht
so erfolgt die Auslosung durch den Amtsrichter werden. Sind sie später entstanden odet bekannt
lediglich aus der Zahl der am Sitz des Gcricht.s geworden, so ist die Frist erst von diesem Zeit·
wohnenden Hilfsschöffen. Die Umstände, die den p11nkt zu berechnen.
520
(1) lkr J\ml.srichlN r·nlscl1<:irle! iiber d11s Cesncb .'.1ni'l1 die Erdscheidung der Strafsn('hrr.1 q ir·:z
11c1ch J\nhi.irung rli:r S!i1d!'.~in1wall.schaft. Oj0. Fnt '1 ~-:un1 Teil zugewiesen werden.
:-:<·)wi 1
ll!111~ i·-;1 r1i(·l1I ;rnf1Thlh<1r. ('2) Der Landr;erichsprt,sident bestimmt die für
<liC'sr,s Gericht. crfordcr11che Zahl von !laupt- und
§ 51
! liHsscl1öffon und die Verteilung der Zahl der
(1) l),_,r /\llllst icldt'r kr111!l ('in(•n Scb,)l"fen au! 1Jaup(schöflC'n nuf die einzelnem Aml.sgcricbts-
dr-ssen i\nt rdf~ wc:gcn ci11g0,l.rf'tcncr l-lindcrungs~ hc;zfrk e.
gründe von tlC'I DiPnsUr~isl.unQ an bcsUmnlLC;n (3) Die übrlucn Vorschriftt..'n dieses Titc-ls sind
Sil1t1Tl~!Sl..1gc'11 C'nLbindcn. C'.!11 spr,_·:chend nnzt1\vendc11.
('.2) Di,1 Dnlhindung des Schöffen v0n rlcr Dicn,;t,
lcisL11n1-; kfinn cLivun i1bili) 1\!i~~ gernilcht wr;rdc:nf daß
1 F Ü Tl !. t c r T i i. P 1
Pin i:H1f.lr:r~r i'lir d<1s Dic:itsl.j(dir }H:stim.rn!:cr Scliö±rc tandge:dchte
fl':r il111 r.'ill! 1 il I'..
(:3) Dc:r /\nt;-;n~ tllld di(' Bc\'vllli~llll',~ ~;ind l1kt(:n § 59
kundi~ /1.l 1nric.hc1L i 1 ''He .Lanclncrichtc V-'c.n.L.:n mit cincn1 Prüsi-
,,,. ·t·,,, ,1nd der crford.crlichen J\nz3hl v0n Direk-
(i) ])i;, :--:i 11,:·1;)(';1 und Ve1Lrt!IH:n:~;pcrsO!H'D (l:
: r,i i\-1 !tg:Ucdcrn besetzt. Von der Ernf:nnnnq
/\11Ei:-:,citu:~.t3(::-; (•1 /i;iltPn c,inc, :1ngC'n1c.:;scr,c Enlsch~idi· Dir!:Jdors kunn ühqcsehr-n werdcn wen~ der 1
fisii:lcnl cle:n \TorsiL"': jp rJcn Kununcrn allein
r~ung iiir d( t1 :hnf:n dur•:'h iIHc Die:ist.lcistunr~ cnl•
slr.>hcnckn Vcrrlicnstam;f;,ll uml den mit der Dir,n:,'.-
'!'.:: Dire:k.torcn und die }.Ailp1iC'rler künnen
lcis!1nH? VLrlJnnclc:ncn Aufwand sowie Ersatz ihre:1
~1k.Jn1 '.C1Liq Arn).si ichfer jn1 Bezirk des Landge~
Pa!Jrl.kostcn. ht durch d,c Dicnstlcistunr; eine Vc;r•
qci ic·lüs sein.
trctung des zuut Schöffen oder zr:r \.'c.~rLruucnsrH:1·
~ 60
bon Bcrlll'c11ci1 ncJ1\V('11di[! g( wordcn, so könnc:11 die
1
Kostrn der VcrtrC'lung r1dch billigem Errncss,,n er- lki ,k·n Landqcrichten werden Zivil- und Slraf•
stattet werden, kamnwrn gebildet.
§ 61
(2) Die Höhe dr,r Aufvrnndscnlschiidigung und der
Fahrtkosten sowie die Ilöchst- nnd Mindestgrenzen. (1) Bei den Landgerichten sind Unlersuchun9s-
der Entschädigung für den VNdienstausfall bestimmt richter nach Bedürfnis zu bestellen.
der Bundesminister der .Justiz mit Zustimmung des (2) Sie w0rckn durch die Landcsjustizverwal-
Bundesral.es durch allgc-mcine Anordnung. tnng auf die Dauer eines Geschäftsjahres bestellt
('.l) Entschiidigung und Fahrtkosten werden nur § 62
auf Verlangen gcwl1hrt. Der Anspruch erlischt,
( 1) Den Vorsitz in den Kammern führen der Prä-
wenn das Vr,rlangen nicht binnen drei Monaten
sident und die Direktoren. Den Vorsitz in der
nach Beendignng der Dir,nsl.lcistung bei dem Ge·
kleinPn Strafkammer (§ 7G Abs. 2) kann auch ein
ric!Jt, bei rkm die lli,,11slkist11no slaltoc,fundcn hat
sUindin,cs Mitglied des Landgerichts führen, das
gestellt worden ist. Bcschwcnlc~ ülwr-~lic Höhe de;
vorn Prösidium fü.r die Duucr eines Geschüftsjahres
Entschädiguni~ und der Fahrtkosten werden im Auf-
bestimmt wird.
sichtsweg entschieden.
(2) Vor Beginn des Geschäftsjahres bestimmt der
§ 5li Präsident die Kammer, der er sich anschließt. Uber
(l) Schöllr,;1 und Vertrauenspersonen des Aus- die Verteilung des Vorsitzes in den übrigen Kam-
sclrnsscs, die sich ohne genügcnd<J Entschuldigung mern entscheiden der Präsident und die Direktoren
zu den Sitzungc'n nicht rechtzeitig einfinden oder nach Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit gibt
skh ihren ObliegenhP.itcn in anderer Weise ent- die Slimme des Präsidenten den Ausschlag.
ziehen, sind zu einer Ordnungsstrafe in Geld so-
wie in die verursachten Kosten zu verurteilen. § 63
(2) Die Verurteilung wird dmch den Amtsrichter (1) Vor Beginn des Geschäftsjahres werden auf
nach Anhörung der Staatsanwaltschaft ausgespro- seine Dauer die Geschäfte unter die Kammern der-·
chen. Bei nachlräglicher genügender Entschuldi•• selben Art verteilt und die ständigen Mitglieder
gung kann die Verurteilung ganz oder teilweise _der einzelnen Kammern sowie für den Fall ihrer
znriickgenommen W<'rd<Jn. Cegc'n die Entscheidung Verhinderung die regelmäßigen Vertreter bestimmt.
ist. lkschwcrdc des Vcnirleilten nach den Vor- .Jeder Richter kann zum Mitglied mehrerer Kam-
schriltr:,n clrr Slrnfprozc,l\ordnung zulässig. mern bestimmt werden.
(2) Die Anordnung kann im Laufe des Geschäfts-
§ 57 jahres nur geändert werden, wenn dies wegen
Bis zu welchem Tag die Vorschlagslisten auf- Uberlastung einer Kammer oder infolge \Vechse\s
zustdlen und dem Amlsrici,lcr einzureichen sind, oder dauernder Verhinderung einzelnr,r Mitglieder
rl0r i\ nsschu/1 zu bcrnfon und clic J\ uslosung <kr des Gerichts erforderlich wird.
Schiiffen zu bewirken ist, wird durch die Landes-
§ 64
justizverwaltung bPsl:immt.
(l) Die im § 63 bezeichneten Anordnungen trifft
§ 58 das Präsidium.
(!) Durch Anordnung der Landcsjustizvcrwalt.ung (2) Das Präsidium wird durch den Präsidenten
kann für den Bezirk mehrerer Amtsgerichte einem als Vorsitzenden, die Direktoren und das dem
N,. 10 T 01g der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 521
Dil'nslal\C'r n<1ch, bei qlciche.m Dienstalter das de1 wird ~ie auf den Antrag des -Präsidiums durch die
C0lrnrt nach illtcstc, Mil<Jlied gebildet; ist kein Landesjustizverwaltung geordnet.
Dirc-klor <'rt1dfll1t, so besteht das Priisidium aus dem (2) Die Beiordnung eines nicht auf Lebenszeit er-
Priisid<:nt<:n 1111d d<:n b(,idi,n iillcslcn Mitgliedern. nannten Richters darf, wenn sie auf eine bestimmte
('.l) Sinrl bei einem Landgericht zu Beginn des Zeit erfolgte, vor Ablauf dieser Zeit, wenn sie auf
Ceschüfl.sjahres mr-hr als Z<>hn Dir0.klorcn ange- unbestimmte Zeit erfolgte, solange das Bedürfnis,
st,0lll, so gellen folgende' lwsondcre Vorschriften: durch das sie veri!nlaßt wurde, fortdauert, nicht
Dils Prüsidiurn vvird rliirch den Prdsidenten als Vof- widerrufen werden. Ist mit der Vertretung eine Ent-
t>it.·1.rnclc~n, .<:winc~n :;U)ndigen VerlrPtcr (§ 66 Abs. 2L schctcligung verbunden, so ist diese für die ganze
di<> uchL dem Dicnsl,d!n llilCh, lwi gleichem Dienst- Dc1t1€'r irrt vnrc1us festzustellc11.
al!c~r d<:r c;ebur!, n;wh ;i_llf'•;tr-n ))irC'ktor-en und drei (J) Unbconihrt bleiben die landesgesetzlichen
JvlirP,lic>dC'r ;-~PLi!dr·I, di,-: von dt'l' Gcsarnth0,lt der Vorschri! 1('11, nach denen richterliche Geschäfte
j\.Jil~!li(~rll''.r des 1..dndpPrich!<; fi.ir die DatH~r des Ge- nur von aui LcbenszeiL Prnunt"ltP.n Richtern wahr-
sch~if'tsjalnes '.,~f'\".~)hll V..'('r.rl1·•1. genon11nen ,vcrden künnPn, sowie die, welche die
(4) Dc1s Pr,i:•:'di11111 ,,111sc:ll,·,cl1:t nach Sl.immcn- Vertretung durch auf Lebenszeit ernannte Richter
n1c'.[trlH'i!: hr-i ~:1Jmint>ll'L!l(·ic·11hr'il gih! c]j(; Stimme regeln.
dc'..''l Prilsldr-n'..r·'ll (L,n /\ ussd11r1~:. § 71
§ (i4 d ( J) Vor di0, Zivilkammern, einschl:eßlich der
(wc9gdi.1llcn) Kammern für l'lanclelssachen, gehören alle bürger-
lichen Rechtsstreitigkeiten, die nicht den Amts-
9 (i:i gericht f, n zugewiesen sind.
Dc:r P1<isldcnl künn bt'.Slinunen, daß einzelne
(2) Di.c Landgerichte sind ohne Rücksicht auf den
Unicrsuchur,~~en vun df_'.lll lJnte:rsuchungsrichtc-rr
Werl des Streitgegenstandes ausschließlich zu-
<lcss<'n IlPs!ellung mit dem Ablauf des Geschilfts- ständig:
jahrcs ,,iJischt, zu Ende gdübrl werden, sowie dall
in einzelnen Sachen, in drncn währ0.nd des Ge- 1. für die Ansprüche, die auf Grund dH Be-
schäflsjahres eine, Verhandlung bereits statt- amlengesetze gegen den Fiskus erhoben
gdunclcn hat, die' K ilmmcr in ihrer früheren Zu- werden,
sarnrr1ensctzung attch nach Ablauf des Geschäfl5- 2. für die Ansprüche gegen Richter und Beamte
jahrcs v0rhandlP UtHl cnlscl1(~ide. wegen Uberschreitung ihrer amtlichen Befug-
nisse oder wegen pflichtwidriger Unterlassung
§ 66
von Amtshandlungen.
(1) Bei Verhinderung dc,s ordentlichen Vorsitzen-
(3) Der Landesgesetzgebung bleibt überlassen,
den führt den Vorsitz in der Kammer das von dem
Ansprüche gegen den Staat oder eine Körperschaft
Präsidium vor Beginn des. Geschäftsjahres zum
des öllentlichen Rechts wegen Verfügungen der Ver-
rcgclmiißigen Vcrtrcfcr bcstclllc Mitglied der Kam-
waltungsoehörde9 sowie Ansprüche wegen öllent-
mer, ist ein solchfcr Vertn,ter nicht bestellt oder
licher Abgaben ohne Rücksicht auf den Wert des
ist auch er verhindert, so führt das Mitglied der
Streitgegenstandes den Landgerichten ausschließ-
Kammer, clils ,krn l>i<'nslalicr nach, bei gleichem
lich zuzuweisen.
Dienslulter ckr c,,i,ur! nach das älteste ist, den
§ 72
Vorsitz.
(2) Der Pri.isidcnl wird in seinen übrigen durch Die Zivilkammern, einschließlich der Kammern
dieses Gcsc!lz bcslimmlcn Geschäften, wenn ein für Handelssachen, sind die Berufungs- und B0.-
Direktor zn seinern stündigen v·crtrct.er ernannt ist, schwerdegerkhte in den vor den Amtsgerichten
durch diesen, sonst durch dPn Direktor vertreten, verhaml0.lten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten.
der dem Dic·nsl all <·r nach, IH'i g]pichern Dienst-
aller der Geburt nach der ällesle ist. Ist kein § 73
Direktor enrnnnt, so wird der Präsident, wenn nicht (1) Die Strafkammern sind zuständig für die die
ein Mitglied des Landgerichts zu seinem ständigen Voruntersuchung und deren Ergebnisse betreffen-
Vertreter ernannt ist, durch das Mitglied vertreten. den Entscheidungen, die nach den Vorschriften der
rlas dem Dicnslallcr llJClJ, bc,i gleichem Difcnst- Strafprozeßordnung von dem Gerlcht zu erlassen
aller der Geburt nach das älleste ist. sind; sie entscheiden über Beschwerden gegen Ver-
fügungen des Untersuchungsrichters und des. Amts-
§ 67
richters sowie gegen Entscheidungen des Amts-
Bei Verhinderung des reg('lm,ißigen Vertreters richters und der Schöffengerichte.
eines Mitgliedes wird ein zeitweiliger Vertreter
durch den Präsidenten bestimmt. (2) Die Strafkammern erledigen außerdem di0. in
der Strafprozeßordnung den Landgerichten zuge-
§ 68 wiesenen Geschäfte.
Die Vorschriften der §§ 62 bis 67 sind auf die § 73 a
Kammern für !Iandclssachen nicht anzuwenden. (weggefallen)
§ 69
§ 74
Innerhalb der Kammer vr,rleilt der Vorsitzende
(1) Die Strafkammern sind als erkennende Ge-
die Geschällc auf die Mitglieder.
richte des ersten Rechtszuges zuständig für alle
§ 10 Verbrechen, di0, nicht zur Zuständigkeit des Amts-
(1) Soweit clic V crtn,tung eines Mitgliedes nicht gerichts, des Schwurgerichts oder des Bundes-
durch ein Mitgl icd desselben Gerichts möglich ist, gerichtshofes gehören, Sie sind auch zuständig für
Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
alle Vergehen und Verbrechen, die von der Staats- § 78
anwaltschaft bei ihnen angeklagt werden (§ 24 Nr. (1) Durch Anordnung der Landesjustizverwaltung
2, 3) oder vom Amtsgericht an sie verwiesen sind, kann wegen großer Entfernung des Landgerichts-
weil seine Strafgewalt zu ihrer Aburteilung nicht sitzes bei einem Amtsgericht für den Bezirk eines
ausreicht. oder mehrerer Amtsgerichte eine Strafkammer ge-
(2) Die Strafkammern sind außerdem zuständig bildet und ihr für diesen Bezirk die gesamte Tätig-
für die Verhandlung und Entscheidung über das keit der Strafkammer des Landgerichts oder ein Teil
Rechtsmittel der Berufung gegen die Urteile des dieser Tätigkeit zugewiesen werden.
Amtsrichters und des Schöffengerichts. (2) Die Kammer wird aus Mitgliedern des Land-
gerichts oder Amtsrichtern des Bezirks besetzt, für
§ 75 den sie gebildet wird. -Der Vorsitzende und die
übrigen Mitglieder werden nach § 63 c1urch das
Die Zivilkammern sind, soweit nicht nach den
Präsidium des Landgerichts bezeichnet.
Vorschriften der Prozeßgesetze an Stelle der Kam-
(3) Die Landesjustizverwaltung verteilt die Zahl
mer der Einzelrichter zu entscheiden hat, mit drei
der erforderlichen Hauptschöffen auf die zum
Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden besetzt. Bezirk der Strafkammer gehörenden Amtsgerichts-
§ 76 bezirke. Die Hilfsschöffen wählt der Ausschuß bei
dem Amtsgericht, bei dem die auswärtige Straf-
(1) Die Strafkammern entscheiden außerhalb der kammer gebildet worden ist. Die im § 77 dem Land-
Hauptverhandlung in der Besetzung von drei Mit- gerichtspräsidenten zugewiesenen Geschäfte nimmt
gliedern mit Einschluß des Vorsitzenden. drr "orsitzende der Strafkammer wahr,
(2) In der Hauptverhandlung ist die Strafkam-
mer besetzt: Sechster Titel
mit dem Vorsitzenden und zwei Schöffen Schwurgerichte
(kleine Strafkammer), wenn sich die Be-
§ 79
rufung gegen ein Urteil des Amtsrichters
richtet; Für die Verhandlung und Entscheidung von Straf-
mit drei Richtern mit Einschluß des Vor- sachen treten bei den Landgerichten nach Bedarf
sitzenden und zwei Schöffen (große Straf- Schwurgerichte zu~ammen.
kammer) in allen übrigen Fällen. § 80
Die Schwurgerichte sind zuständig für die Ver-
§ 77
brechen
(1) Für die Schöffen der Strafkammer gelten ent- der Unzucht und Notzucht mit Todesfolge (§ 178
sprechend die Vorschriften über die Schöffen des StGB),
Schöffengerichts mit folgender Maßgabe: des Mordes (§ 211 StGB),
des Totschlags (§ 212 StGB),
(2) Die Landesjustizverwaltung verteilt die Zahl
der Kindestötung (§ 217 StGB),
der erforderlichen Hauptschöffen auf die zum
der Aussetzung mit Todesfolge (§ 221 Abs. 3 letzter
Bezirk des Landgerichts gehörenden Amtsgerichts-
Halbsatz StGB),
bezirke. Die Hilfsschöffen wählt der Ausschuß bei
der Körperverletzung mit Todesfolge (§ 226. StGB),
dem Amtsgericht, in dessen Bezirk das Landgericht
der Vergiftung mit Todesfolge (§ 229 Abs. 2 letzter
seinen Sitz hat. Hat das Landgericht seinen Sitz Halbsatz StGB),
außerhalb seines Bezirks. so bestimmt die Landes- der Freiheitsberaubung mit Todesfolge (§ 239
justizverwaltung, welcher Ausschuß der zum Bezirk Abs. 3 StGB),
des Landgerichts gehörigen Amtsgerichte die Hilfs- des schweren Raubes (§ 251 StGB),
schöffen wählt. Die Namen der gewählten Haupt- des räuberischen Diebstahls und der räuberischen
schöffen und der Hilfsschöffen werden von dem Erpressung (§§ 252, 255 StGB), wenn die Strafe
Amtsrichter dem Landgerichtspräsidenten mit- aus § 251 StGB zu entnehmen ist,
geteilt. Der Landgerichtspräsident stellt die Namen der besonders schweren Brandstiftung (§ 307 StGB),
der Hauptschöffen zur Schöffenliste des Land- der Zerstörung durch explodierende Stoffe (§ 311
gerichts zusammen. StGB), wenn die Strafe aus § 307 StGB zu ent-
(3i An die Stelle des Amtsrichters tritt für die nehmen ist,
Auslosung der Reihenfolge, in der die Hauptschöffen der Uberschwemmung mit Todesfolge (§ 312 Abs. 1
an den einzelnen ordentlichen Sitzungen der Straf- letzter Halbsatz StGB),
kammer teilnehmen, und für die Streichung eines der Beschädigung wichtiger Bauten mit Todesfolge
Schöllen von der Schöffenliste des Landgerichts der (§ 321 Abs. 2 letzter Halbsatz StGB),
Landgerichtspräsident, rm übrigen tritt an die Stelle der gemeingefährlichen Vergiftung mit Todesfolge
des Amtsrichters der Vorsitzende der Straf- (§ 324 letzter Halbsatz StGB).
kammer. der Freiheitsberaubung im Amt mit Todesfolge
(§§ 341, 239 Abs. 3 StGB).
(4) Niemand soll für dasselbe· Geschäftsjahr zu- der Tötung durch Sprengstoffe (§ 5 Abs. 2, Halb-
gleich als Schöffe für das Schöffengericht und für satz 2, Abs. 3 Sprengstoffgesetz).
die Strafkammer bestimmt werden. Ist dies dennoch
geschehen oder ist jemand für dasselbe Geschäfts- § 81
jahr in mehreren Bezirken zu diesen Ämtern be- Das Schwurgericht besteht aus drei Richtern mit
stimmt worden, so hat der Einberufene das Amt zu Einschluß des Vorsitzenden und sechs Ge-
übernehmen, zu dem er zuerst einberufen wird. schworenen.
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 523
§ 82 Zwischen der Zustellung der Ladung und dem Be-
ginn der Tagung soll eine Frist von zwei Wochen
(1) Die Richter und die Geschworenen ent-
liegen.
scheiden über die Schuld- und Straffrage gemein-
§ 88
schaftlich; während der Hauptverhandlung üben
Der Landgerichtspräsident entscheidet über ::lie
die Geschworenen das Richteramt im gleichen Um-
von den Geschworenen vorgebrachten Ablehnungs-
fang wie die Schöffen aus.
gründe sowie darüber, ob ein Geschworener ferner
(2) Außerhalb der Hauptverhandlung entscheiden zur Dienstleistung heranzuziehen ist.
während der Tagung die richterlichen Mitglieder
des Schwurgerichts; außerhalb der Tagung ent- § 8.9
scheidet die Strafkammer des Landgerichts. Erstreckt sich eine T'agung des Schwurgerichts
über den Endterm;n des Geschäft.sjahres hinaus,
§ 8.3 so bleiben die Geschworenen, die dazu einberufen
sind, bis zum Schluß der Tagung zur Mitwirkung
(1) Vor Beginn des Geschäftsjahres ernennt dPr
verpflichtet.
Oberlandcsgerichlspräsident für jede Tagung des
§ 90
Schwurgerichts aus der Zahl der Mitglieder
des Oberlandesgerichts oder der in seinem Bezirk (1) Niemand soll für dasselbe Geschäftsjahr als
angestellten Richter einen Vorsitzenden des Geschworener und als Schöffe .bestimmt werden.
Schwurgerichts. (2) Ist dies dennoch geschehen oder ist jemand
(2) In gleicher Weise ernennt der Landgerichts- für dasselbe Geschäftsjahr in mehreren Bezirken
präsident für jede Tagung des Schwurgerichts zu diesen Ämtern bestimmt worden, so hat der
aus der Zahl der Mitglieder des Landgerichts und Einberufene das Amt zu übernehmen, zu dem er
der in sPinem Bezirk angestellten Amtsrich\er zuerst einberufen wird.
einen Stellvertreter des Vorsitzenden, die übrig-en § 91
richterlichen Mitglieder und ibre Stellvertreter. (!) Die Strafkammer des Landgerichts kann be-
stimmen, daß einzelne Sitzungen des Schwur-
(3) Wird im Laufe des Geschäftsjahres eine
gerichts nicht am Sitz des Landgerichts, sondern
Schwurgerichtstagung erforderlich, für die richter• an einem anderen Ort innerhalb des Schwur-
liehe Mitglieder nicht ernannt worden sind, . so gerichtsbezirks abzuhalten seien.
können sie nachträglich ernannt werden. Ebenso
(2) Wird in einem solchen Fall die Zuziehung
können nachträglich Stellvertreter ernannt werden,
anderer als der zunächst berufenen Geschworenen
wenn eine Vertretung erforderlich wird und die ·
erforderlich, so werden die Hilfsschöffen des für
regelmäßigen Vertreter verhindert sind.
den Sitzungsort zuständigen Schöffengerichts nach
(4) Solange noch nicht bestimmt ist, wann das § 49 herangezogen.
Schwurgericht zusammentritt, erledigt der Vor- § 92
sitzende der Strafkammer des Landgerichts die in (1) Die Landesjustizverwaltung kann bestimmen,
diesem Gesetz und in der Strafprozeßordnung dem daß die Bezirke mehrerer Land~erichte zu einem
Vorsitzenden zugewiesenen Geschäfte. Das gleiche Schwurgerichtsbezirk zusammengelegt und die Sit-
gilt, nachdem die Tagung geschlossen ist. zungen des Schwurgerichts bei einem der Land-
§ 84
grrichtc abgehalten werden.
(2) In cl1espm f'alle habP:i das Landgericht, b~i dem
Für die Geschworcn<en gellen die Vorschriften
die Sitzungen des Schwurgerichts abgehalten wer-
der §§ 31 bis 57, 77 enlsprecbend, soweit nicht die dPn, uncl dessen Präsident die ihnen in den ·§§ 82
§§ 85 bis 90 Abweichendes bestimmen.
bis 91 zugewiesenen Geschäfte für den Umfang des
§ 85 Scb wurgerichtsbezirks wahrzunehmen.
(3) Die Mitglieder des Schwurgerichts mit Ein-
Die Zahl der Hauptgeschworenen ist so zu be-
schluß des Stellvertreters des Vorsitzenden können
stimmen, daß voraussichtlich jeder Haupt•
aus der Zahl der in dem Bezirk des Schwurgerichts
geschworene nur zu einer Tagung des Schwur-
angestellten Richter bestimmt werden.
gerichts im Geschäftsjahr herangezogen wird.
(4) Die Zahl der erforderlichen Hauptgeschwore•
§ 86 nen wird auf sämtliche Amtsgerichte des Schwur-
Die Reihenfolge, in der die Hauptgeschworenen gerichtsbezirks verteilt.
an den Tagungen des Schwurgerichts teilnehmen,
Siebenter Titel
wird für das ganze Geschäftsjahr im voraus durch
Auslosung bestimmt; der Landgerichtspräsident Kammern für Handelssachen
setzt die Geschworenen von der Auslosung mit
dem Hinzufügen in Kenntnis, daß ihnen darüber, § 93
ob und zu welchem Tage sie einberufen werden, (1) Soweit die Landesjustizverwaltung ein Be-
eine weitere Nachricht zugehen werde. dürfnis als vorhanden annimmt, können bei den
Landgerichten für deren Bezirke oder für örtlich ab•
§ 87 gegrenzte Teile davon Kammern für Handelssachen
Der Landgerichtspräsident bestimmt, wann das gebildet werden.
Schwurgericht zusammentritt, und ordnet die Ein- (2) Solche Kammern können ihren Sitz· innerhalb
berufung der Hauptgeschworenen für die einzelne des Landgerichtsbezirks auch an Orten haben, an
Tagung nach der Reihenfolge ihrer Auslosung an. denen das Landgericht seinen Sitz nicht hat.
524 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
§ 94 Kläger den Antrag auf Verhandlung vor der Kammer
Ist bei einem Landgericht eine Kammer für Han- für Handelssachen in der mündlichen Verhandlung
delssachen gebildet, so tritt für Handelssachen diese vor dem Amtsgericht zu stellen.
Kammer an die Stelle der Zivilkammern nach Maß- § 97
gabe der folgenden Vorschriften. (!) Wird vor der Kammer für Handelssachen eine
§ 95 nicht vor sie gehörige Klage zur Verhandlung ge-
bracht, so ist der Rechtsstreit auf Antrag des Be-
Handelssachen im Sinne dieses Gesetzes sind die
klagten an die Zivilkammer zu verweisen.
bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in denen durch
(2) Gehört die Klage oder die im Falle des § 506
die Klage ein Anspruch geltend gemacht wird:
der Zivilprozeßordnung erhobene Widerklage als
1. gegen einen Kaufmann im Sinne des Handels- Klage nicht vor die Kammer für Handelssachen,
gesetzbuches aus Geschäften, die für beide Teile so ist diese auch von Amts wegen l>efugt, den
Handelsgeschäfte sind; Rechtsstreit an die Zivilkammer zu verweisen so-
2. aus einem Wechsel im Sinne des Wechselge- lange nicht eine Verhandlung zur Hauptsach~ er-
setzes oder aus einer der im§ 363 des Handels- folgt und darauf ein Beschluß verkündet ist. Die
gesetzbuchs bezeichneten Urkunden; Verweisung von Amts wegen kann nicht am dem
3. auf Grund des Scheckgesetzes; Grund erfolgen, daß der Beklagte nicht Kauf-
mann ist.
4. aus einem der nachstehend bezeichneten Rechts-
§ 98
verhältnisse:
a) aus dem Rechtsverhältnis zwischen den Mit- (1) Wird vor der Zivilkammer eine vor die Kam-
gliedern einer Handelsgesellschaft oder zwi• L:r für Handelssachen gehörige Klage zur Ver-
sehen dieser und ihren Mitgliedern oder hu.' ..ilung gebracht, so ist der Rechtsstreit auf An-
zwischen dem stillen Gesellschafter und trag des Beklagten an die Kammer für Handels-
dem Inhaber des Handelsgeschäfts, sowohl sachen zu verweisen. Ein Beklagter, der nicht in
während des Bestehens als auch nach Auf- das Handelsregister eingetragen ist, kann den An•
lösung des Gesellschaftsverhältnisses, und trag nicht darauf stützen, daß er Kaufmann ist.
aus dem Rechtsverhältnis zwischen den Vor- (2) Der Antrag ist zurückzuweisen, wenn die im
stehern oder den Liquidatoren einer Han- Fa\le des § 506 der Zivilprozeßordnung erhobene
delsgesellschaft und der Gesellschaft oder Widerklage als Klage vor die Kammer für Han•
deren Mitgliedern; delssachen nicht gehören würde.
b) aus dem Rechtsverhältnis, welches das Recht (3) Zu einer Verweisung von Amts wegen ist die
zum Gebrauch der Handelsfirma betrifft; Zivilkammer nicht befugt.
c) aus den Rechtsverhältnissen, die sich auf (4) Die Zivilkammer ist zur Verwerfung des An·
den Schutz der Warenbezeichnungen, Muster trags auch dann befugt, wenn der Kläger ihm zu-
und Modelle beziehen; gestimmt hat.
§ 99
d) aus dem Rechtsverhältnis, das durch den
Erwerb ei~s bestehenden Handelsgeschäfts (1) Wird in einem bei der Kammer für Handels•
unter Lebenden zwischen dem bisherigen In- sachen anhängigen Rechtsstreit die Klage nach § 280
haber und dem Erwerber entsteht; der Zivilprozeßordnung durch den Antrag auf Fest-
e) aus dem Rechtverhältnis zwischen einem stellung eines Rechtsverhältnisses erweitert oder
Dritten und dem, der wegen mangelnden eine Widerklage erhoben und gehört die erweiterte
Nachweises der Prokura oder Handlungs- Klage oder die Widerklage als Klage nicht vor die
vollmacht haltet; Kammer für Handelssachen, so ist der Rechtsstreit
f) aus den Rechtsverhältnissen des Seerechts auf Antrag des Gegners an die Zivilkammer zu
insbesondere aus d.enen, die sich auf di~ verweisen.
Reederei, auf die Rechte und Pflichten des (2) Unter der Beschränkung des § 97 Abs. 2 ist
Reeders oder Schiffseigners, des Korrespon- die Kammer zu der Verweisung auch von Amts
dentreeders und der Schiffsbesatzung. auf wegen befugt. Diese Befugnis tritt auch dann ein,
die Bodmerei und die Haverei, auf den wenn durch eine Klageänderung ein Anspruch
Schadensersatz im Falle des zusammenstoße~ geltend gemacht wird, der nicht vor die Kammer
von Schiffen, auf die Bergung und Hilfe- für Handelssachen gehört.
leistung und auf die Anspruche der Schiffs, § 100
gläubiger beziehen, Die §§ 96 bis 99 sind auf das Verfahren im
5. auf Grund des Gesetzes gegen den unlauteren zweiten Rechtszuge vor den Kammern für Handels-
Wettbewerb vom 7. Juni 1909 (Reichsgesetzbl. sachen entsprechend anzuwenden.
s. 499);
6. aus den §§ 45 bis 48 des Börsengesetzes § 101
(Reichsgesetzbl. 1908 S. 215). (!) DN Antrag auf Verweisung des Rechtsstreits
an eine andere Kammer ist nur vor der Verhand-
§ 96 lung des Antragstellers zur Sache zulässig.
(1) Der Rechtsstreit wird vor der Kammer für (2) Uber den Antrag ist vorab zu verhandeln und
Handelssachen verhandelt, wenn der Kläger dies zu entscheiden.
in der Klageschrift beantragt hat. § 102
(2) Ist ein Rechtsstreit nach den Vorschriften der Die Entscheidung über Verweisung eines Rechts-
§§ _276, 506 der Zivilprozeßordnung vo ':1 Amts- streits an die Zivilkammer oder an die Kammer
gericht au das Landgericht zu verweisen, so hat der für Handelssachen ist nicht anfechtbar. Erfolgt die
Nr. 40 --- Tag d0r Ausgabe: Bonn, clen 20. Scptemb0r 1950 525
Verweisung an eine andere Kammer, so ist diese § 109
Entscheidung für die Kammer, an die der ( 1) Zum 1-landelsrichtcr kann jeder Deutsche er-
Rechtsstreit verwiesen wird, bindend. Der Termin nannt werden, der das dreißigste Lebensjahr voll-
zur weiteren mündlichen Verhandlung wird von endet hat und als Kaufmann, als Vorstand einer
Amts wegen bestimmt und den Parteien bekannt- Aktiengesellschaft, als Geschäftsführer einer Ge-
gemacht. sellschaft mit beschränkter Haftung oder als Vor-
§ 103 stand einer sonstigen juristischen Person in das
Bei der Kamnwr für llandclssachcn kann ein An- Handelsregister eingetragen ist oder eingetragen
spruch nach § 64 der Zivilprozcßordnung nur dann war.
geltend gemacht werden, wenn der Rechtsstreit (2) Zum Handelsrichter soll nur ernannt werden,
nach den Vorsehrillen der §§ 94, 95 vor die Kam- wer in dem Bezirk der Kammer für Handelssachen
mer für Handelssachen gehört. wohnt oder, wenn er als Kaufmann in das Handels-
register eingetragen ist, dort eine Handelsnieder-
§ 104
lassung hat; bei Personen, die als Vorstand einer
(1) Wird die Kammer für Handelssachen als Be- Aktiengesellschaft, als Geschäftsführer einer Ge-
schwerdegericht mit einer vor sie nicht gehören- sellschaft mit beschränkter Haftung oder als Vor-
den Beschwerde befaßt, so ist die Beschwerde von stand einer sonstigen juristischen Person in dcts
Amts wegen an die Zivilkammer zu verweisen. Handelsregister eingetragen sind, genügt es, wenn
Ebenso hat die Zivilkammer, wenn sie als Be- die Gesellschaft oder juristische Person eine Nie-
schwerdegericht in einer Handelssache mit einer derlassung in dem Bezirk hat.
Beschwerde befaßt wird, diese von Amts wegen
an die Kammer für Handelssachen zu verweisen. (3) Personen, die infolge gerichtlicher Anordnung
Die Vorschriften des § 102 Salz 1, 2 sind entspre- in der Verfügung über ihr Vermögen beschränkt
chend anzuwenden. sind, können nicht zu Handelsrichtern ernannt
(2) Eine Beschwerde kann nicht an eine andere werden.
Kammer verwiesen werden, wenn bei der Kammer, § 110
die mit der Beschwerde befaßt wird, die Haupt- An Seeplätzen können Handelsrichter auch aus
sache anhängig ist oder diese Kammer bereits eine dem Kreise der Schiffahrtskundigen ernannt werden.
Entscheidung in der Hauptsache erlassen hat. § 111
§ 105 Die Handelsrichter sind vor ihrem Amtsantritt
(1) Die Kammern für Handelssachen entscheiden auf die Erfüllung der Obliegenheiten des ihnen
in der Besetzung mit einem Mitglied des Land- übertragenen Amtes eidlich zu verpflichten.
gerichts als Vorsitzenden und zwei Handelsrichtern, § 112
soweit nicht nach den Vorschriften der Prozeß- Die Handelsrichter haben während der Dauer
gesetzc an Stelle der Kammer der Einzelrichter zu
ihres Amts in Beziehung auf dasselbe alle R2chte
entscheiden hat.
und Pflichten eines Richters.
(2) Sämtliche Mitglieder der Kammer für Handels-
sachen haben gleiches Stimmrecht. § 113
(3) In Streitigkeiten, die sich auf das Rechtsver- (1) Ein Handelsrichter ist seines Amtes zu ent-
hältnis zwischen Reeder oder Schiffer und Schiffs- heben, wenn er eine der für die .Ernennung erfor-
mannschaft beziehen, kann die Entscheidung im derlichen Eigenschaften nachträglich verliert.
ersten Rechtszug rlnrch den Vorsitzenden allein (2) Es entscheidet der erste Zivilsenat des Ober-
erfolgen. landesgerichts nach Anhörung des Beteiligten.
§ 106
§ 114
Im Falle des § 93 Abs. 2 kann ein Amtsri'chter Ober Gegenstände, zu deren Be1:1rteilung eine
Vorsitzender der Kammer für Handelssachen sein. kaufmännische Begutachtung genügt, sowie über
§ 107 das Bestehen von Handelsgebräuchen kann die
(1) Das Amt der Handelsrichter ist ein Ehrenamt. Kammer für Handelssachen auf Grund eigener Sach-
(2) Die Handelsrichter, die weder ihren Wohnsitz
kunde und Wissenschaft entscheiden.
noch ihre gewerbliche Niederlassung am Sitz der
Achter Titel
Kammer für Handelssachen haben, erhalten Tage-
und Ubernachlungsgelder sowie Ersatz der veraus- Oberlandesgerichte
lagten Fahrtkosten nach den für Landgrxitihtsrätc § 115
geltenden Vorschriften.
Die Oberlandesgerichte werden mit einem Präsi-
(3) Handelsrichtern, die ihren Wohr~ilz oder ihre
denten und der erforderlichen Anzahl von Senats-
gewerbliche Niederlassung am Sitz der tammer für
präsidenten nnd Räten besetzt.
Handelssachen haben, werden die notwendigen
Fahrtkosten erstattet, wenn ihr Wer; ,um Gericht § 115 a
mehr als zwei Kilometer betriigt. (weggefallen)
§ 108 § 116
Die Handelsrichter werden auf gutachllichen Vor- (1) Bei den Oberlandesgerichten werden Zivil-
schlag der Industrie- und Handelskammern für die und Strafsenate gebildet.
Dauer von drei Jahren ernannt; eine wiederholte (2) Durch Anordnung der Landesjustizverwaltung
Ernennung ist nicht ausgeschlossen. können außerhalb des Sitzes des Oberlandesgerichts
525 Bund<'sgesetzblatt, Jahrgang 1950
für den Bezirk eines oder mehrerer Landgerichte nach dem 1. April 1950 ergangenen Entscheidung
Zivil• oder Strafsenate gebildet und ihnen für eines anderen Oberlandesgerichts oder von einer
diesen Bezirk die gesamte Tätigkeit des Zivil· oder Entscheidung des Bundesgerichtshofes abweichen,
Strafsenats des Oberlandes(!erichts oder ein Teil so hat es die Sache diesem vorzulegen.
dieser Tätigkeit zugewiesen werden.
§ 122
§ 117
(1) Die Senate der Oberlandesgerichte entschei-
Die Vorschriften der §§ 62 bis 69 und des § 70 den, soweit nicht nach den Vorschriften der Pro-
Abs. 1 sind mit der Maßgabe anzuwenden, daß zu zeßgesetze an Stelle des Senats der Einzelrichter
dem Präsidium stets die beiden ältesten Mitglieder zu entscheiden hat, in der Besetzung von drei
des Gerichts zuzuziehen sind. Mitgliedern mit EinschlHß des Vorsitzenden.
§ 118 (2) Die Strafsenate sind in der Hauptverhandlung
Zu Hilfsrichtern dürfen nur auf Lebenszeit er- des ersten Rechtszuges mit fünf Mitgliedern eins
nannte Richter berufen werden. schließlich des Vorsitzenden zu besetzen.
§ 119
Neunter Titel
Die Oberlandesgerichte sind in bürgerlichen
Rechtsstreitigkeiten zuständig für die Verhandlung Bundesgerichtshof
und Entscheidung über die Rechtsmittel: § 123
1. der Berufung gegen die Endurteile der Land· Sitz des Bundesgerichtshofes ist Karlsruhe.
gerichte;
2. der Beschwerde gegen Entscheidungen der § 124
Landgerichte. , Bundesgerichtshof wird mit einem Präsiden•
§ 120 ten und der erforderlichen Zahl von Senatspräsi-
(1) Die Oberlandesgerichte sind zur Verhandlung denten und Bundesrichtern besetzt.
und Entscheidung in erster und letzter Instanz in § 125
den Strafsachen zuständig, die gemäß § 134 Abs. 2 (1) Die Mitglieder des Bundesgerichtshofes wer•
von dem Oberbundesanwalt an die Landesstaats· den durch den Bundesminister .der Justiz gemeinsam
anwaltschaft abgegeben werden, oder in denen der. mit dem Richterwahlausschuß gemäß dem Richter•
Bundesgerichtshof gemäß § 134 Abs. 3 bei Eröffnung wahlgesetz berufen und vom Bundespräsidenten er•
des Hauptverfahrens die Verhandlung und Ent- nannt.
scheidung dem Oberlandesgericht überweist. In den (2) Zum Mitglied des Bundesgerichtshofes kann nur
von dem Oberbundesanwalt an die Landesstaats- berufen werden, wer die Fähigkeit zum Richteramt
anwaltschaft abgegebenen Sachen trifft das Ober- in einem deutschen Land erlangt und das fünfund• ·
landesgericht auch die im § 73 Abs. 1 bezeichneten dreißigste Lebensjahr vollendet hat.
Entscheidungen.
(2) Für den Gerichtsstand gelten in diesen Fällen
§ 126
die allgemeinen Vorschriften. Sind jedoch in einem (weggefallen)
Land mehrere Oberlandesgerichte errichtet, so § 127
können die im Abs. 1 den Ober)andesgerichten zu- . (weggefallen)
gewiesenen Aufgaben durch die Landesjustizver•
waltung einem oder einigen der Oberlandesgerichte § 128
oder dem Obersten Landesgericht übertragen wer- (weggefallen)
den. Durch Vereinbarung der beteiligten Länder § 129
können diese Aufgaben dem hiernach zuständigen
(weggefallen)
Gericht eines Landes auch für das Gebiet eines
anderen Landes übertragen werden. § 110
§ 121 (1) Bei dem Bundesgerichtshof werden Zivil- und
(1) Die Oberlandesgerichte sind in Strafsachen Strafsenate gebildet. Ihre Zahl bestimmt der Bun-
ferner zuständig für die Verhandlung und Entschei· desminister der Justiz.
dung über die Rechtsmittel: (2) Der Bundesminister der Justiz wird ermäch•
1. der Revision gegen tigt, Zivil- und Strafsenate auch außerhalb des
a) die mit der Berufung nicht anfechtbaren Ur• Sitzes des Bundesgerichtshofes zu bilden.
teile des Amtsrichters; § 131
b) die Berufungsurteile d2·r kleinen und großen Die Vorschriften der §§ 62 bis 69 sind mit der
Strafkammer, Maßgabe anzuwenden, daß das Präsidium aus dem
c) die Urteile der groP,en Strafkammer und des Präsidenten, den Senatspräsidenten und den vier
Schwurgerichts, wenn die Revision aus- dem Dienstalter nach, bei gleichem Dienstalter der
schlielllich auf die Verletzung einer in den Geburt nach ältesten Mitgliedern des Gerichts be•
Landesgesetzen enthaltenen Rechtsnorm ge· steht.
stützt wird; . § 131 a
2. der · Beschwerde gegen strafrichterliche Ent- (weggefallen)
scheidungen, soweit nicht die Zuständigkeit
der Strafkammer oder des Bundesgerichtshofes § 132
begründet ist. (1) Beim Bundesgerichtshof. wird ein Großer Senat
(2) Will ein Oberlandesgericht bei seiner Ent· für Zivilsachen und ein Großer Senat für Straf•
scheidung nach Abs. l Nr. 1 a oder b von einer sachen gebildet.
Nr. 40 -- Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 19.50 527
(2) Jeder Großr. Senat besteht aus dem Präsi- -senats oder des Großen Senats für Strafsachen ab-
denten und acht Mitgliedern. weichen, so entscheidet im ersten Fall der Große
(3) Die Mitglieder und ihre Vertreter werden Senat für Zivilsachen, im zweiten Fall der Große
durch das Präsidium des Bundesgerichtshofes für Senat für Strafs;ichen.
die Dauer von zwei Geschäftsjahren bestellt. (2) Die Vereinigten Großen Senate entscheiden,
(4) Die Vereinigten Großen Senate bestehen aL1S wenn ein Zivilsenat von der Entscheidung eines
dem Präsidenten· und sämtlichen Mitgliedern der Strafsenats oder des Großen Senats für Strafsachen,
Großen Senate. oder ein Strafsenat von der Entscheidung eines
(.5) Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Zivilsenats oder des Großen Senats für Zivilsachen
Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident oder ein Senat von ~!er früher eingeholten Ent-
des Bundesgerichtshofes, im Falle seiner Verhinde- scheidung der Vereinigten Großen Senate abweichen
rung sein Vertreter. In den Fällen des § 136 können will.
die Präsidenten der beteiligten Senate, in den fällen § 137
des § 137 der Präsident des erkennenden Senats Der erkennende Senat kann in einer Frage von
oder ein von ihnen bestimmtes Mitglied ihres grundsätzlicher Bedeutung die Entscheidung des
Senats an den Sitzungen des Großen Senats oder Großen Senats herb-eiführen, wenn nach seiner
der Vereinigten Großen Senate mit den Befugnissen Auffassung die Fortbildung des Rechts oder die
eines Mitgliedes teilnehmen. Bei Stimmengleich- Sicherung einer eiJJheitlichen Recl;tsprechung es
heit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Aus- erfordert.
schlag. § 138
§ 133 (1) Die Großen Senate und die Vereinigtm1
In bür_gerlichen Rechtsstreitigkeiten ist der Bun- Großen Senate entscheiden ohne mündliche Ver-
desgerichtshof zuständig für die Verhandlung und handlung nur über die Rechtsfrage.
Entscheidung über die Rechtsmittel: (2) Vor der Entscheidung des Großen Senats füt
1. der Revision gegen die Endurteile der Ober- Strafsachen oder der Vereinigten Großen Senate
landesgerichte sowie gegen die Endurteile der sowie in Ehe- und Entmündigungssachen und in
Landgerichte im Falle des § 566 a der Zivil- Rechtsstreitigkeiten, welche die Feststellung des
prozeßordnung; Rechtsverhältnisses zwischen Eltern und Kindern
oder die Anfechtung einer Todeserklärung zum
2. der Beschwerde gegen Entscheidungen der Gegenstand haben, ist der Oberbundesanwalt zu
Oberlandesgerichte in den Fällen des § .519 b hören. Der Oberbundesanwalt kann auch in der
Abs. 2 der Zivilprozeßordnung. Sitzung seine Auffassung darlegen.
§ 134 (3) Die Entscheidung is_t in der vorliegenden
(1) In Strafsachen ist der Bundesgerichtshof zu- Sache für den erkennenden Senat bindend.
ständig für die Untersuchung und Entscheidung in (4) Erfordert die Entscheidung _der Sache eine
erster und letzter Instanz in Fällen des Hochver- erneute mündliche Verhandlung vor dem erkennen-
rats und der Parlamentssprengung. In diesen Sachen den Senat, so sind die Beteiligten unter Mitteilung
trifft der Bundesgerichtshof auch die in § 73 Abs. 1 der ergangenen Entscheidung der Rechtsfrage zu
bezeichneten Entscheidungen. der Verhandlung zu laden.
(2) Verfahren wegen Hochverrats, der sich gegen § 139
die verfassungsmäßige Ordnung . eines Landes
Die Senate des Bundesgerichtshofes entscheiden
richtet, soll der Oberbundesanwalt an die Landes-
in der Besetzung von fünf Mitgliedern mit Ein-
staatsanwaltschaft abgeben, sofern nicht besondere
schluß des Vorsitzenden.
Umstände entgegenstehen.
(3) Der Bundesgerichtshof kann in den im Abs. 2 § 140
bezeichneten Sachen bei der Eröffnung des Haupt- Der Geschäftsgang wird durch eine Geschäfts-
verfahrens die Verhandlung und Entscheidung dem ordnung geregelt, die das Plenum beschließt; sie
Oberlandesgericht überweisen. bedarf der Bestätigung durch den Bundesrat.
(4) Auf Verlangen eines Landes hat der Ober-
bundesanwalt wegen Hochverrats, der sich gegen Zehnter Titel
die verfassungsmäßige Ordnung dieses Landes Staatsanwaltschaft
richtet, Anklage beim Bundesgerichtshof zu erheben. § 141
§ 135 Bei jedem Gericht soll eine Staatsanwaltschaft
In Strafsachen ist der Bundesgerichtshof ferner bestehen.
zuständig zur Verhandlung und Entscheidung über § 142
das Rechtsmittel der Revision gegen die Urteile (1) Das Amt der Staatsanwaltschaft wird aus-
der Schwurgerichte und die Urteile der großen geübt:
Strafkammern im ersten Rechtszuge, soweit nicht die 1. bei dem Bundesgerichtshof durch einen Ober-
Zus_tändigkeit der Oberlandesgerichte begründet ist. bundesanwalt und durch einen- oder mehrere
Bundesanwälte;
§ 136 2. bei den Oberlandesgerichten und den Land·
. (1) Will in einer Rechtsfrage ein Zivilsenat von gerichten durch einen oder mehrere Staats-
der Entscheidung eines anderen Zivilsenats oder anwülte;
des Großen Senats für Zivilsachen oder ein Straf- 3. bei den Amtsgerichten durch einen oder
~enat von der Entscheidung eines anderen Straf- mehrere Staatsanwälte oder Amtsanwälte.
528 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
(2) Die Zuständigkeit der Amtsanwälte erstreckt § 149
&ich nicht au! das amtsrichterliche Verfahren zur Der Oberbundesanwalt und die Bundesanwälte
Vorbereitung cler ölfentlichen Klage in den Straf- werden auf Vorschlag des Bundesministers der Justiz,
sachen, die zur Zuständigkeit anderer Gerichte als der der Zustimmung des Bundesrates bedarf, vom
der Amtsgerichte gehören. Bundespräsidenten ernannt.
§ 143 § 150
(1) Die örtliche Zuständigkeit der Beamten der Die Staatsanwaltschaft ist in ihren amtlichen Ver•
Staatsanwaltschaft wird durch die örtliche Zu- richtungen von den Gerichten unabhängig.
ständigkeit des Gerichts bestimmt, für das sie be-
§ 151
stellt sind.
(2) Ein un·rnständiger Beamter der Staatsanwalt- Die Staatsanwälte dürfen richterliche Geschäfte
schaft hat sich den innerhalb seines Bezirks vor- nicht wahrnehmen. Auch darf ihnen eine Dienstauf·
zunehmenden Amtshandlungen zu unterziehen, bei sieht ,über die Richter nicht übertragen werden.
denen Gefahr im Verzug ist. § 152
(3) Können die Beamten der Staatsanwaltschaft (1) Die Hilfsbeamten der Staatsanwaltschaft sind
verschiedener Länder sich nicht darüber einigen, in dieser Eigenschaft verpflichtet, den Anordnungen
wer von ihnen die Verfolgung zu übernehmen hc:t, der Staatsanwaltschaft ihres Bezirks und der dieser
so entscheidet der ihnen gemeinsam vorgesetzte vorgesetzten Beamten Folge zu leisten.
Beamte der Staatsanwaltschaft, sonst der Ober-
(2) Die Landesregierung bezeichnet im Einver-
bundesanwalt.
nehmen mit der Landesjustizverwaltung die Beamten-
§ 144
klassen, auf die diese Vorschrift anzuwenden ist.
Besteht die Staatsanwaltschaft eines Gerichts
aus mehreren Beamten, so handeln die dem ersten Elfter Titel
Beamten beigeordneten Personen als dessen Ver- Geschäftsstelle
treter; sie sind, wenn sie für ihn auftreten, zu allen § 153
Amtsverrichtungen desselben ohne den Nachweis
eines besonderen Auftrags berechtigt. Bei jedem Gericht wird eine Geschäftsstelle ein•
gerichtet, die mit der erforderlichen Zahl von Ur•
§ 145 kundsbeamten besetzt wird. Die Geschäftseinrich•
(1) Die ersten Beamten der Staatsanwaltschaft bei tung bei dem Bundesgerichtshof wird durch den
den Oberlandesgerichten und den Landgerichten sind Bundesminister -der Justiz, bei den Landesgerichten
befugt, bei allen Gerichten ihres Bezirks die Amts- durch die Landesjustizverwaltung bestimmt.
verrichtun,gen der Staatsanwaltschaft selbst zu über- Zwölfter Titel
nehmen oder mit ihrer Wahrnehmung einen anderen
als den zunächst zuständigen Beamten zu beauf- Zustellungs- und Vollstreckungsbeamte
tragen. § 154
(2) Amtsanwälte können das Amt der Staats- Die Dienst- und Geschäftsverhältnisse der mit den
anwaltschaft nur bei den Amtsgerichten versehen. Zustellungen, Ladungen und Vollstreckungen zu be-
§ 145 a trauenden Beamten (Gerichtsvollzieher) werden bei
dem Bundesgerichtshof durch den Bundesminister
(weggefallen) der Justiz, bei den Landesgerichten durch die Lan•
§ 146 desjustizverwaltung bestimmt.
Die Beamten der Staatsanwaltschaft haben den § 155
dienstlichen Anweisungen ihres Vorgesetzten nach- Der Gerichtsvollzieher ist von der Ausübung
zukommen. seines Amts kraft Gesetzes ausgeschlossen:
§ 147
I. in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten:
Das Recht der Aufsicht und Leitung steht zu: 1. wenn er selbst Partei oder gesetzlicher Ver-
1. dem Bundesminister der Justiz hinsichtlich treter einer Partei ist oder zu einer Partei
des Oberbundesanwalts und der Bundes- in dem Verhältnis eines Mitberechtigten, Mit-
anwälte; verpflichteten oder Schadensersatzpflichtigen
2. der Landesjustizverwaltung hinsichtlich aller steht;
staatsanwaltschaftlichen Beamten des betreffen- 2. wenn sein Ehegatte Partei ist, auch wenn die
den Landes: Ehe nicht mehr besteht;
3. dem ersten Beamten der Staatsanwaltschaft bei 3. wenn eine Person Partei ist, mit der er in
den Oberlandesgerichten und den Landgerich- gerader Linie verwandt, verschwägert oder
ten hinsichtlich aller Beamten der Staats- durch Annahme an Kindes Statt verbundPn,
anwaltschaft ihres Bezirks. in der Seitenlinie bis zum dritten Grad ver-
wandt oder bis zum zweiten Grad verschwä•
§ 148 gert ist, auch wenn die Ehe, durch welche
(1) Der Oberbundesanwalt und die Bundesanwälte die Schwägerschaft begründet ist, nicht mehr
sind nichtrichterliche Beamte. besteht:
(2) Zu diesen Ämtern sowie zu dem Amt eines II. in Strafsachen:
Staatsanwalts können n•(r zum Richteramt befähigte 1. wenn er selbst durch die strafbare Handlung
Personen ernannt werden. verletzt ist;
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 529
2. wenn er der Ehegatte des Beschuldigten oder zi1·k eines anderen Gerichts befindlicher Verurteil-
Verletzten ist oder gewesen ist; ter zum Zwecke der Strafverbüßung ergriffen und
3. wenn er mit dem Beschuldigten oder Ver- abgeliefert werden, so ist die Staatsanwaltschaft
letzten in dem unter Nr. I 3 bezeichneten bei dem Landgericht des Bezirks um die Ausfüh-
Verwandtschafts- oder Schwägerschaftsver- rung zu ersuchen.
hältnis steht. § 164
(1) Kosten und Auslagen der Rechtshilfe werden
Dreizehnter Titel von der ersuchenden Behörde nicht erstattet.
Rechtshilfe (2) Gebühren oder andere öffentliche Abgaben,
denen die von der ersuchenden Behörde übersende-
§ 156
ten Schriftstücke (Urkunden, Protokolle) nach dem
Die Gerichte haben sich in bürgerlichen Rechts- Recht der ersuchten Behörde unterliegen, bleiben
streitigkeiten und in Strafsachen Rechtshilfe zu
außer Ansatz.
leisten. § 165
§ 157
(!) Für die Höhe der den geladenen Zeugen und
Das Ersuchen um Rechtshilfe ist an das Amts- Sachverständigen gebührenden Beträge sind die
gericht zu richten, in dessen Bezirk die Amtshand- Vorschriften maßgebend, die bei dem Gericht
lung vorgenommen werden soll. gelten, vor das geladen wurde.
§ 158 (2) Sind die Beträge nach dem Recht des Aufent-
(1) Das Ersuchen darf. nicht abgelehnt werden. haltsorts der geladenen Personen höher, so können
(2) Das Ersuchen eines nicht im Rechtszuge vor- ·die höheren Beträge gefordert werden. ·
gesetzten Gerichts ist jedoch abzulehnen, wenn (3) Bei weiterer Entfernung des Aufenthaltsorts
die vorzunehmende Handlung nach dem Recht des der geladenen Personen ist ihnen auf Antrag ein
ersuchten Gerichts verboten ist. Ist das ersuchte Vorschuß zu bewilligen.
Gericht örtlich nicht zuständig, so gibt es das Er- § 166
suchen an das zuständige Gericht ab. Ein Gericht darf Amtshandlungen außerhalb
§ 159 seines Bezirks ohne Zustimmung des Amtsgerichts
(1) Wird das Ersuchen ab: hnt oder wird der · des Ortes nur vornehmen, wenn Gefahr im Verzug
Vorschrift des § 158 Abs. 2 zuwider dem Ersuchen ist. In diesem Falle ist dem Amtsgericht des Ortes
stattge·geben, so entscheidet das Oberlandesgericht, Anzeige zu machen.
zu dessen Bezirk das ersuchte Gericht gehört. Die § 167
Entscheidung ist nur anfechtbar, wenn sie die (1) Die Polizeibeamten eines deutschen Landes
Rechtshilfe für unzulässig erklärt und das er- sind ermächtigt. die Verfolgung eines Flüchtigen
suchende und das ersuchte Gericht den Bezirken auf das Gebiet eines · anderen deutschen Landes
verschiedener Oberlandesgerichte angehören. Uber fortzusetzen und den Flüchtigen dort zu ergreifen.
die Beschwerde entscheidet der Bundesgerichtshof. (2) Der Ergriffene ist unverzüglich an das nächste
(2) Die Entscheidungen ergehen auf Antrag der Gericht oder die nächste Polizeibehörde des Lan-
Beteiligten oder des ersuchenden Gerichts ohne des, in dem er ergriffen_ wurde, abzuführen.
mündliche Verhandlung.
§ 168
§ 160 Die in einem deutschen Land bestehenden Vor-
Vollstreckungen, Ladungen und Zustellungen wer· schriften über die Mitteilung von Akten einer
den nach Vorschrift der Prozeßordnungen bewirkt öffentlichen Behörde an ein Gericht dieses Landes
ohne Rücksicht darauf, ob sie in dem Land, dem sind auch da.nn anzuwenden, wenn das ersuchende
das Prozeßgericht angehört, oder in einem anderen Gericht einem anderen deutschen Land angehört.
deutschen Land vorzunehmen sind.
Vierzehnter Titel
§ 161
Uffentlichkeit und Sitzungspolizei
Gerichte, Staatsanwaltschaften und Geschäftsstellen
der Gerichte können wegen Erteilung eines Auftrags § 169
an einen Gerichtsvollzieher die Mitwirkung der Die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht
Geschäftsstelle des Amtsgerichts in A'1spruch einschließlich der Verkündung der Urteile und Be-
nehmen, in dessen Bezirk der Auftrag ausgeführt schlüsse, ist öffentlich.
werden soll. Der von der Geschäftsstelle beauf- § 170
tragte Gerichtsvollzieher gilt als unmittelbar be-
auftragt. Die Verhandlung in Ehesachen ist nicht öffent·
§ 162 lich.
§ 171
Hält sich ein zu einer Freiheitsstrafe Verurteilter
(1) In dem auf die Klage wegen Anfechtung oder
außerhalb des Bezirks der Strafvollstreckungs-
Wiederaufhebung der Entmündigung einer Person
behörde auf, so kann diese Behörde die Staatsan-
wegen Geisteskrankheit oder wegen Geistesschwäche
waltschaft des Landgerichts, in dessen Bezirk sich
eingeleiteten Verfahren (§§ 664, 679 der Zivilpro-
der Verurteilte befindet, um die Vollstreckung der
zeßordnung) ist die Offentlichkeit während der Ver•
Strafe ersuchen.
nehmung des Entmündigten auszuschließen, auch
§ 163 kann auf Antrag einer der Parteien die Offentlich•
Soll eine Freiheitsstrafe in dem Bezirk eines keit der Verhandlung überhaupt ausgeschlosseB
anderen Gerichts vollstreckt oder ein in dem Be- werden.
530 Bundes;:!esetzblatt, Jahrgang 1950
(2) Das Verfahren wegen Entmündigung ode1 § 177
Wiederaufhebung der Entmündigung (§§ 645 bis Parteien, Beschuldigte, Zeugen, Sachverständige
663, 675 bis 678 der Zivilprozeßordnung) ist nicht oder bei der Verhandlung nicht beteiligte Personen,
öffentlich. die den zur Aufrechterhaltung der Ordnung erlasse-
§ 171 a nen Befehlen nicht gehorchen, können auf Beschluß
Die Offentlichkeit kann für die Hauptverhand- des Gerichts aus dem Sitzungszimmer entfernt,
lung oder für einen ieil davon ausgeschlossen wer- auch zur Haft abgeführt und während einer in dem
den. wenn das Verfahren die Unterbringung des Be- Beschluß zu bestimmenden Zeit, die vierundzwanz:g
schuldigten in einer Heil- oder Pflegeanstalt neben Stunden nicht übersteigen darf, festgehalten werden.
einer Strafe oder ausschließlich zum Gegenstand hat.
§ 178
§ 172 Das Gericht kann gegen - Parteien, Beschuldigte,
In allen Sachen kann durch das Gericht für die Zeugen, Sachverständige oder bei der Verhandlung
Verhandlung oder für einen Teil davon die Offent- nicht beteiligte Personen, die sich in der Sitzung
lichkeit ausgeschlossen werden, wenn sie eine Ge- einer Ungebühr schuldig machen, vorbehaltlich der
fährdung der öffentlichen Ordnung, insbesondere strafgerichtlichen Verfolgung, eine Ordnungsstrafe
der Staatssicherheit, eine Gefährdung der Sittlich- in Geld oder bis zu drei Tagen Haft festsetzen und
keit oder die Gefährdung eines wichtigen Geschäfts- sofort vollstrecken lassen.
oder Betriebsgeheimnisses besorgen läßt. § 179
§ 173 Die Vollstreckung der vorstehend bezeichneten
(1) Die Verkündung des Urteils e.rfolgt in jedem Ordnungsstrafen hat der Vorsitzende unmittelbar
Falle öffentlich. zu veranlassen.
§ 180
(2) Durch einen besonderen Beschluß des Gerichts
kann unter den Voraussetzungen des § 172 auch Die in den §§ 176 bis 179 bezeichneten Befugnisse
für die Verkündung der Urteilsgründe oder eines stehen auch einem einzelnen Richter bei der Vor-
Teiles davon die Offentlichkeit ausgeschlossen nahme von Amtshandlungen · außerhalb der
werden. Sitzung zu.
§ 174 § 181
(1) Uber d;e Ausschließung der Offentlichkeit (1) Ist in den Fällen der §§ 178, 180 eine Ord-
ist in nicht ötfentlicher Sitzung zu verhandeln, nungsstrafe festgesetzt, so kann gegen die Ent•
wenn ein Beteiligter es beantragt oder das Gericht scheidung binnen der Frist von einer Woche nach
es für angemessen erachtet. Der Beschluß, der die ihrer Bekanntmachung Beschwerde eingelegt wer-
Offentlichkeit ausschlie-ßt, muß öffentlich verkün- den, sofern sie nicht von dem Bundesgerichtshof
det werden. Bei der Verkündung ist in den Fällen oder einem Oberlandesgericht getroffen ist.
der §§ 172, 173 anzugeben aus welchem Grund die (2) Die Beschwerde hat in dem Falle des § 178
Offentlichkeit ausgeschlossen worden ist. keine aufschiebende Wirkung, in dem Falle des
(2) Ist die Offentlichkeit wegen Gefährdung der· § 180 aufschiebende Wirkung.
Staatssicherheit oder eines Geschäfts· oder Betriebs- (3) Uber die Beschwerde entscheidet das Ober•
geheimnisses ausgeschlossen, so kann das Ge- landesgericht.
richt. den anwesenden Personen die Geheimhaltung § 182
von Tatsachen, die durch die Verhandlung, durch Ist eine Ordnungsstrafe wegen Ungebühr fest·
die Anklageschrift oder durch andere amtliche gesetzt oder eine Person zur Haft abgeführt oder
Schriftstücke des Prozesses zu ihrer Kenntnis ge· eine bei der Verhandlung beteiligte Person. entfernt
langen, zur Pflicht machen. Der Beschluß ist in das worden, so ist der Beschluß des Gerichts und dessen
Sit,ungsprotokoll auf:1,unehmen. Er ist anfechtbar. Veranlassung in das Protokoll aufzunehmen.
Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung.
§ 183.
§ 175 Wird eine strafbare Handlung in der Sitzung be-
(1) Der Zutritt zu öffentlichen Verhandlungen gangen, so hat das Gericht den Tatbestand festzü-
kann unerwachsenen und solchen Personen versagt stellen und der zuständigen Behörde das darübe.r
werden, die sich nicht im Besitz der bürgerlichen aufgenommene Protokoll mitzuteilen. In geeigneten
Ehrenrechte befinden, oder die in einer der Würde Fällen ist die vorläufige Festnahme des Täters zu
des Gerichts nicht entsprechenden Weise erscheinen. verfügen.
(2) Zu nicht öffentlichen Verhandlungen kann Fünfzehnter Titel
der Zutritt r.inzelnen Personen vom Gericht ge-
stattet werden Einer Anhörung der Beteiligten Gerichtssprache
bedarf es nicht. § 184
(3) Die Ausschließung der Offentlichkeit steht
Die Gerichtssprache ist deutsch.
der Anwesenheit der die Dienstaufsicht führenden
Beamten der .Justizverwaltung bei den Verband· § 185
Jungen vor dem erkennenden Gericht rncht ent- (1) Wird unter Beteiligung von Personen ver•
gegen. handelt, die der deutschen Sprache nicht mächtig
§ 176 sind, so ist ein Dolmetscher zuzuziehen. Ein Neben•
Die Aufrecbthaltung der Ordnung in der Sitzung protokoll in der fremden Sprache wird nicht geführt;
obliegt dem Vorsitzenden.· jedoch sollen Aussagen und Erklärungen in fremder
Nr. 40 -- Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 531
Sprache, wenn und soweit der Richter dies mit bildung beschäftigten Personen zugegen sein, so-
Rücksicht auf die Wichtigkeit der Sache für erfor- weit der Vorsitzende deren Anwesenheit gestattet.
derlich erachtet, auch in der fremden Sprache in § 194
das Protokoll oder in eine Anlage niederl(eschrie-
(1) Der Vorsitzende leitet die Beratung, stellt die
ben werden. In den dazu gee,igneten Fällen soll
Fragen und sammelt die Stimmen.
dem Protokoll eine durch den Dolmetscher zu be-
(2) Meinungsverschiedenheiten über den Gegen-
glaubigende Ubersetzung beigefügt werden.
stand, die Fassung und die Reihenfolge der Fragen
(2) Die Zuziehung eines Dolmetschers kann unter-
oder über das Ergebnis der Abstimmung ent-
bleiben, wenn die beteiligten Personen sämtlich der scheidet das Gericht.
fremden Sprache mächtig sind.
§ 195
§ 186 Kein Richter, Schöffe oder Geschworener darf die
Zur Verhandlung mit tauben oder stummen Per• Abstimmung über eine Frage verweigern, weil er
sonen ist, sofern nicht eine schriftliche Verständi- bei der Abstimmung über eine vorhergegangene
gung erfolgt, eine Person als Dolmetscher zuzu- Frage in der Minderheit geblieben ist.
ziehen, mit deren Hilfe die Verständigung in ande-
§ 196
rer Weise erfolgen kann.
(1) Das Gericht entscheidet, soweit das Gesetz
§ 187 nicht ein anderes bestimmt, mit der absoluten
(1) Ob einer Partei, die taub ist, bei der münd- Mehrheit der Stimmen.
lichen Verhandlung der Vortrag zu gestatten sei, (2) Bilden sich in Beziehung auf Summen, Uber
bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. die zu entscheiden ist, mehr als zwei Meinungen,
(2) Dasselbe gilt in Anwaltsprozessen von einer deren keine die Mehrheit für sich hat, so werden
Partei, die der deutschen Sprache nicht mächtig ist. die für die größte Summe abgegebenen Stimmen
den für die zunächst geringere abgegebenen so
§ 188 lange hinzugerechnet, .bis sich eine Mehrheit ergibt.
Personen, die der deutschen Sprache nicht mäch- (3) Bilden sich in einer Strafsache, von der
tig sind, leisten Eide in der ihnen geläufigen Schuldfrage abgesehen, mehr als zwei Meinungen,
Sprache. deren keine die erforderliche Mehrheit für sich hat,
§ 189 so werden die dem Beschuldigten nachteiligsten
(1) Der Dolmetscher hat einen Eid dnJiin zu Stimmen den zunächst minder nachteiligen so lange
leisten: hinzugerechnet, bis sich die erforderliche Mehrheit
· daß er treu und gewissenhaft übe, ragen ergibt. Bilden sich in der Straffrage zwei Meinun-
werde. gen, ohne daß eine die erforderliche Mehrheit für
(2) Ist der Dolmetscher für Ubertragungen der
sich hat, so gilt die mildere Meinung.
betreffenden Art im allgemeinen beeidigt, so ge• § 197
nügt die Berufung auf den geleisteten Eid. Die Richter stimmen nach dem Dienstalter, bei
§ 190 gleichem Dienstalter nach dem Lebensalter,
Handelsrichter, Schöffen und Geschworene nach
Der Dienst des Dolmetschers kann von dem Ur-
dem Lebensalter; der jüngere stimmt vor dem
kundsbeamten der Geschäftsstelle wahrgenommen
älteren. Die Schöffen und Geschworenen stimmen
werden. Einer besonderen Beeidigung bedarf es
vor den Richtern. Wenn ein Berichterstatter er-
nicht.
nannt ist, so stimmt er zuerst. Zuletzt stimmt der
§ 191
Vorsitzende.
Auf den Dolmetscher sind die Vorschriften über § 198
Ausschließung und Ablehnung der Sachverständi-
gen entsprechend anzuwenden. Es entscheidet das Schöffen und Geschworene sind verpflichtet, über
Gericht oder der Richter, von dem der Dolmetscher den Hergang bei der Beratung und Abstimmung
zugezogen ist. Stillschweigen zu bewahren.
Sechzehnter Titel Siebzehnter Titel
Beratung und Abstimmung Gerichtsferien
§ 192 § 199
(1) Bei Entscheidungen dürfen Richter nur in der Die Gerichtsferien beginnen am 15. Juli und
gesetzlich bestimmten Anzahl mitwirken. enden am 15. September.
(2) Bei Verhandlungen von längerer Dauer kann
der Vorsitzende die Zuziehung von Ergänzungs- § 200
richtern anordnen, die der Verhandlung beizu- (1) Während der Ferien werden nur in Ferien•
wohnen und im Falle der Verhinderung eines Sachen Termine abgehalten und Entscheidungen er·
Richters für ihn einzutreten haben. lassen.
(3) Diese Vorschriften sind auch auf Schöffen (2) Feriensachen sind:
und Geschworene anzuwenden. 1. Strafsachen;
§ 193 2. Arrestsachen und die eine einstweilige Ver-
Bei der Beratung und Abstimmung dürfen außer fügung betreffenden Sachen;
den zur Entscheidung berufenen Richtern nur die 3. Meß- und Marktsachen;
bei demselben Gericht zu ihrer juristischen Aus- 4. Streitigkeiten zwischen dem · Vermieter und
532 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
dem Mieter oder Untermieter von . Wohn- (4) In dem Verfahren vor den Landgerichten so-
räumen oder anderen Räumen oder zwischen wie in dem Verfahren in den höheren Instanzen soll
dem Mieter und dem Untermieter solcher das Gericht auf Antrag auch solche Sachen, die
Räume wegen Oberlassung, Benutzung oder nicht unter die Vorschrift des Abs. l fallen, soweit
Räumung sowie wegen Zurückhaltung der von sie besonderer Beschleunigung bedürfen, als Ferien•
dem Mieter oder dem Untermieter in die Miet• sachen bezeichnen. Die Bezeichnung kann vorbe-
räume eingebrachten Sachen; haltlich der Entscheidung des Gerichts durch den
5, Ansprüche aus dem außerehelichen Beischlaf; Vorsitzenden erfolgen.
6. Wechselsachen, § 201
7. Regreßansprüche aus einem Scheck,
Zur Erledigung der Feriensachen können bei den
8. Bausachen, wenn über Fortsetzung eines an• Landgerichten Ferienkammern, bei den Oberlandes•
gefangenen Baues gestritten wird. gerichten und dem Bundesgerichtshof Feriensenate
(3) In dem Verfahren vor den Amtsgerichten hat gebildet werden.
das Gericht auf Antrag auch andere Sachen als § 202
Feriensachen zu bezeichnen. Werden in einer Sache,
die durch Beschluß des Gerichts als Feriensache '.Auf das Kostenfestsetzungsverfahren, das Mahn•
bezeichnet ist, In einem Termin zur mündlichen verfahren, das Zwangsvollstreckungsverfahren, das
Verhandlung einander widersprechende Anträge Konkursverfahren und das Vergleichsverfahren zur
gestellt, so ist der Beschluß aufzuheben, sofern die Abwendung des Konkurses sind die Ferien ohne
Sache nicht besonderer Beschleunigung bedarf, Einfluß.
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: _Bonn, den 20. September 1950 533
Anlage 2
zu dem_ Gesetz zur Wie<lcrherstcllung der He,:hts-
einhc1t a,tl dem Gebiete <ler Gerichtsverfassung,
der bürgerlichen Hed1!spflegc, des Strafverfahrens
und des Kostenrechts.
Zi vilprozeßordnung
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 535
Zivilprozeßordnung
Erstes Buch § 9
Allgemeine Vorschriften Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nut-
zungen oder Leistungen wird nach dem Wert des
Erster Abschnitt einjährigen Bezugs berechnet, und zwar:
auf den zwölfundeinhalbfachen Betrag, wenn der
Geric:nte
künftige Wegfall des Bezugsrechts gewiß, die
Erster Titel Zeit des Wegfalls aber ungewiß ist;
auf den fünfundzwanzigfacheu Betrag, bei unbe-
Sachliche Zuständigkeit der Gerichte schränkter oder bestimmter Dauer des Bezugs-
§ 1
rechts. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts
ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge
Die sachliche Zuständigkeit der Gerichte wird maßgebend, wenn er der geringere ist.
durch das Gesetz über die Gerichtsverfassung be-
stimmt. § 10
§ 2 Das Urteil eines Landgerichts kann nicht aus
dem Grunde angefochten werden, weil die Zustän-
Insoweit nach dem Gesetz über die Gerichtsver- digkeit des Amtsgerichts begründet gewesen sei.
fassunq die Zuständi_gkcit der Gerichte von dem
§ 11
We:·t des Streitgegenstandes abhängt, gelte,n die
nachfo\9cnden Vorschriften. Ist die Unzuständigkeit eines Gerichts auf Grund
der Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit
§ 3 der Gerichte rechtskräftig ausgesprochen, so ist
Der Wert des Streitgegenstandes wird von dem diese Entscheidung für das Gericht bindend, bei
Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann dem die Sache später anhängig wird.
eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts Zweiter Titel
wegen die Einnahme des Augenscheins und die Be- Gerichtsstand
gutachtung durch Sachverständige anordnen. § 12
§ 4 Das Gericht, bei dem eine Person ihren allge·
(1) Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der meinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie
Erhebung der Klage, in der Berufungs- und Revi- zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für
sionsinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand be·
Rechtsmittels entscheidend; Früchte, Nutzungen, gründet ist.
Zinsen und Kosten bleiben unberücksichtigt, wenn § 13
sie als Nebenforderungen geltend gemacht werden. Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird
(2) Bei Ansprüchen aus Wechseln im Sinne des durch den Wohnsitz bestimmt.
Wechselgesetzes sind Zinsen, Kosten und Provi- § 14
sion, die außer der Wechselsumme gefordert wer- (weggefallen)
den, als Nebenforderungen anzusehen, § 15
§ 5 (1) Deutsche, die das Recht der Exterritorialität
Mehrere in einer Klage geltend gemachte An- genießen, sowie die im Ausland angestellten Be•
sprüche werden zusammengerechnet; dies gilt nicht amten des Bundes oder eines deutschen Landes be-
für den Gegenstand der Klage und der Widerklage. halten hinsichtlich des Gerichtsstandes den Wohn·
sitz, den sie im Inland hatten. Wenn sie einen
§ 6
solchen Wohnsitz nicht hatten, so gilt der Sitz der
Der Wert des Streitgegenstandes wird bestimmt: Bundesregierung als ihr Wohnsitz.
durch den Wert einer Sache, wenn deren Besitz, (2) Auf Wahlkonsuln sind diese Vorschriften
und durch den Betrag einer Forderung, wenn deren nicht anzuwenden.
Sicherstellung oder ein Pfandrecht Gegenstand des § 16
Streites ist. Hat der Gegenstand des Pfandrechts
einen geringeren Wert, so ist dieser maßgebend. Der allgemeine Gerichtsstand einer Person, die
keinen Wohnsitz hat, wird durch den Aufenthalts-
§ 7 ort im Inland und,. wenn ein solcher nicht bek:mnt
Der Wert einer Grunddienslbarkeit wird durch ist, durch den letzten Wohnsitz bestimmt.
den Wert, den sie für das herrschende Grundstück § 17
hat, und wenn der Betrag, um den sich der Wert (1) Der allgemeine Gerichtsstand der Gemeinden,
des dienenden Grundstücks durch die Dienstbar- der Korporationen sowie derjenigen Gesellschaften,
keit mindert, größer ist, durch diesen Betrag be- Genossenschaften oder anderen Vereine und der-
stimmt. jenigen Stiftungen, Anstalten und Vermögensmas-
§ 8 sen, die als solche verklagt werden können, wird
Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht· durch ihren· Sitz bestimmt. Als Sitz gilt, wenn sich
oder Mietverhältnisses streitig, so ist der Betrag nichts anderes ergibt, der Ort, wo die Verwaltung
des auf die gesamte streitige Zeit fallenden Zinses geführt wird.
und, wenn der fünfundzwanzigfache Betrag des (2) Gewerkschaften haben dPn allgemeinen Ge-
einjährigen Zinses geringer ist, dieser Betrag für. richtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das
die Wertberechnung entscheidend. Bergwerk liegt, Behörden, wenn sie als solche ver-
536 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
klagt werden können, bei dem Gericht ihres Amts- hrngs- und Besitzklagen ist, sofern es sich um unbe-
sitzes. wegliche Sachen handelt, das Gericht ausschließ•
(:l) Neben dem durch die Vorschriften dieses Para- !ich zuständig, in dessen Bezirk die Sache belegen ist,
graphen bestimmten Gerichtsstand ist ein durch (2) Bei den eine Grunddienstbarkeit, eine Real-
Statut oder in anderer Weise besonders geregelter last oder ein Vorkaufsrecht betreffenden Klagen ist
Gerichtsstand zulässig. die Lage des dienenden oder belasteten Grundstücks
§ 18 entscheidend.
§ 25
Der allgemeine Gerichtsstand des Fiskus wird
durch den Sitz der Behörde bestimmt, die berufen In dem dinglichen Gerichtsstand kann mit der
ist, den Fisku. in dem Rechtsstreit zu vertreten.
0
Klage aus einer Hypothek, Grundschuld oder Ren-
tenschuld die Schuldklage, mit der Klage auf Um-
§ 19 schreibung oder Löschung einer Hypothek, Grund-
Ist der Ort, an dem eine Behörde ihren Sitz hat, schuld oder Rentenschuld die Klage auf Befreiung
in mehrere Gerichtsbezirke geteilt, so wird der Be· von der persönlichen Verbindlichkeit, mit der Klage
zirk, der im Sinne der §§ 17, 18 als Sitz der Behörde auf Anerkennung einer Reallast die Klage auf rück-
gilt, für die, Bundesbehörden von dem Bundesminister ständige Leistungen erhoben werden, wenn die ver•
der Justiz, im übrigen von der Landesjustizverwal- bundenen Klagen gegen denselben Beklagten ge-
tung durch allgemeine Anordnung bestimmt. richtet sind.
§ 26
§ 20
In dem dinglichen Gerichtsstand können persön•
Wenn Personen an einem Ort unter Verhältnissen, liehe Klagen, die gegen den Eigentümer oder Be•
die ihrer Natur nach auf einen Aufenthalt von
sitzer einer unbeweglichen Sache als solche ge•
längerer Dauer hinweisen, insbesondere als Haus-
richtet werden, sowie Klagen wegen Beschädigung
gehilfen, Arbeiter, Gewerbegehilfen, Studierende, eines Grundstücks oder hinsichtlich der Entschädi-
Schüler oder Lehrlinge sich aufhalten, so ist das gung wegen Enteignung eines Grundstücks erhoben
Gericht des Aufenthaltsortes für alle Klagen zu- werden.
ständig, die gegen diese Personen wegen vermögens-
§ 27
rechtlicher Ansprüche erhoben werden.
(!) Klagen, welche die Feststellung des Erbrechts,
§ 21 Ansprüche des Erben gegen einen Erbschaftsbesitzer,
(1) Hat jemand zum Betriebe einer Fabrik, einer Ansprüche aus Vermächtnissen oder sonstigen Ver•
Handlung oder eines anderen Gewerbes eine Nie· fügungen von Todes wegen, Pflichtteilsansprüche
derlassung, von der aus unmittelbar Geschäfte ge- oder die Teilung der Erbschaft zum Gegenstand
schlossen werden, so können gegen ihn alle Klagen, haben, können vor dem Gericht erhoben werden,
die auf den Geschäftsbetrieb der Niederlassung Be- bei dem der Erblasser zur Zeit seines Todes den
zug haben, b-ei dem Gericht des Ortes erhoben allgemeinen Gerichtsstand gehabt hat.
werden, wo die Niederlassung sich befindet. (2) Ist der Erblasser ein Deutscher und hatte er
(2) Der Gerichtsstand der Niederlassung ist auch zur Zeit seines Todes im Inland keinen allge-
für Klagen gegen Personen begründet, die ein mit meinen Gerichtsstand, so können die im Abs. 1 be•
Wohn- und Wirtschaftsgebäuden versehenes Gut zeichneten Klagen vor dem Gericht erhoben wer-
als Eigentümer, Nutznießer oder Pächter bewirt- den, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten
schaften, soweit diese Klagen die auf die Bewirt- inländischen Wohn~itz hatte; wenn er einen sol-
schaftung des Gutes sich beziehenden Rechtsverhält- chen Wohnsitz nicht hatte, so gilt die Vorschrift
nisse bei.reffen. des § 15 Abs. 1 Satz 2 entsprechend.
§ 22 § 28
Das Gericht, bei dem Gemeinden, Korporationen, In dem Gerichtsstand der Erbschaft können auch
Klagen wegen anderer Nachlaßverbindlichkeiten er-
Gesellschaften, Genossenschaften oder andere Ver-
hoben werden, solange sich der Nachlaß noch ganz
eine den allgemeinen Gerichtsstand haben, ist für
oder teilweise im Bezirk des Gerichts befindet
die Klagen zuständig, die von ihnen gegen ihre Mit-
oder die vorhandenen mehrere·, Erben noch als Ge-
glieder als solche oder von den Mitgliedern in dieser
samtschuldner haften.
Eigenschaft gegeneinander erhoben werden.
§ 29
§ 23 Für Klagen auf Feststellung des Bestehens oder
Für Klagen wegen vermögensrechtlicher An- Nichtbestehens eines Vertrages, auf Erfüllung oder
sprüche gegen eine Person, die im Inland Aufhebung eines solchen sowie auf Entschädigung
keinen Wohnsitz hat, ist das Gericht zuständig, wegen Nichterfüllung oder nicht gehöriger Erfül-
in dessen Bezirk sich Vermögen derselben oder der lunq ist das Gericht des Ortes zuständig, wo die
mit der Klage in Anspruch genommene Gegenstand streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.
befindet. Bei Forderungen gilt als der Ort, wo das § 30
Vermögen sich befindet, der Wohnsitz des Schuld- Für Klagen aus den auf Messen und Märkten,
ners und, wenn für die Forderungen eine Sache zur mit Ausnahme der Jahr- und der Wochenmärkte,
Sicherheit haftet, auch der Ort, wo die Sache sich geschlossenen Handelsgeschäften (Meß- und Markt-
befindet. sachen) ist das Gericht des Meß- oder Marktortes
§ 24 zuständig, wenn die Klage erhoben wird, während
fl) Für Klagen, durch die das Eigentum, eine ding- der Beklagte oder sein zur Prozeßführung berech•
liche Belastung oder die Frr,iheit von einer solchen tigler Vertreter sich am Ort oder im Bezirk des
geltend gemacht wird, für Grenzscheidungs-, Tei- Gerichts aufhält.
Nr. 40 ~- Tag der Ausgabe: Bonn, den 20- September 1950 537
§ :ll § 39
Für Kla[jen, die aus einer Vcrmögensverwa!Lung Stillschweigende Vereinbarung ist anzunehmen,
von dem Geschäftsherrn gegen den Verwalter oder wenn der Beklagte, ohne die Unzuständigkeit yel-
von dem Verwalter gegen den Geschäftsherrn er- tend zu machen, zur Hauptsache mündlich ver•
hoben werden, ist das Gericht des Ortes zuständig, handelt hat.
wo die Vcrwallunr1 gdührt isl. § 40
(!) Die Vereinbarung hat keine rechtliche Wir-
§ :i2
Für Klagen ans unerlanblcn Handlur,qen ist dus kung, wenn sie nicht ,rnf ein bestimmtes Rechtsver-
Gericht zuständig, in dcssen Bezirk die, Handlung hältnis und die aus ihm entspringenden Rechts•
streitigkeilen sich bezieht.
begannen isl.
(2) Die Vereinbarung ist unzulässig, wenn· der
§ 33
Rechtsstreit andere als vermögensrechtliche An-
(1) Bei dem Gericht der Klage kann eine vVider- sprüche betrifft, oder wenn für die Klage ein aus•
klage erhoben werden, wenn der Gege11ansprud1 schließlicher Gerichtsstand begründet ist.
mit dem in der Klane geltend gemachten Anspruch
oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidi- Vierter Titel
gunnsmitteln in Zusammenhang steht. Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen
(2) Dies gilt nicht, wenn die ZustänclicJkeit des § 41
Gerichts für eine Klage wegen des Gegenanspruchs
Ein Richter ist von der Ausübung des. Richter•
auch durch Vereinbarung nicht würde begründet
amtes kraft Gesetzes ausgeschlossen:
werden können.
1. in Sachen, in denen er selbst Partei ist oder
§ 34
bei denen er zu einer Partei in dem Verhältnis
Für Klagen der Prozeßbevollmächliglen, der Bei-
·eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder
stände, der Zustellungsbevollmächtigten und der
Regreßpflichtigen steht;
Gerichtsvollzieher wegen Gebühren und Auslagen
2_ in Sachen seines Ehegatten, auch wenn die
ist das Gericht des Hauptprozesses zuständig.
Ehe nicht mehr besteht;
§ 35 3. in Sachen einer Person, mit der er in gerader
Unter mehreren zuständigen Gerichten hat der Linie verwandt, verschwägert oder durch
Kläger die Wahl. Adoption verbunden, in der Seitenlinie bis
§ 36 zum dritten Grade verwandt oder bis zum
Das zuständige Gericht wird durch das im Rechts- zweiten Grade verschwägert ist, auch wenn
zuge zunächst höhere Gericht bestimmt: die Ehe, durch welche die Schwägerschaft be•
1. wenn das an sich zuständige Gericht in einem gründet ist, nicht mehr besteht;
einzelnen Falle an der Ausübung des Richter- 4. in Sechen, in denen er als Prozeßbevollmäch-
amtes rechllich oder tatsächlich verhindert ist; tigter oder Beistand einer Partei bestellt oder
2. wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen ver- als gesetLlicher Vert_-. cter einer Partei aufzu-
schiedener Gerichtsbezirke ungewiß ist, wel- treten berechti.gt ist oder gewesen ist;
ches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei; 5. in Sachen, in denen er als Zeuge oder Sach-
3. wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen verständiger vernommen ist;
Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand ha- 6. in Sachen, in denen er in einem früheren
ben, als Streitgenossen im allgeemeinen Ge- Rechtszuge oder im schiedsrichterlichen Ver-
richtsstand verklagt werden sollen und für fahren bei dem Erlaß der angefochtenen Ent•
den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher beson- scheidung mitgewirkt hat, sofern es sich nicht
derer Gerichtsstand nicht begründet ist; um die Tätigkeit emes beauftragten oder er•
4. wenn die Klage in dem dinglichen Gerichts- suchten Richters handelt.
stand erhoben werden soll und die Sache in
§ 42
den Bezirken verschiedener Gerichte belegen
ist; (1) E;n Richter kann sowohl in den Fällen, :n
5. wenn in einem Rechtsstreit vErschiedene Ge- denen er von der Ausübung des Richteramts kraft
richte sich rechtskräftig für zuständig erklärt Gesetzes ~us,1eschlos1-en ist, als auch wegen Be-
haben; sorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.
6. wenn verschiedene Gerichte, von denen eines (2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet d\e
für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechts- . Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der ge•
kräftig für unzuständig erklärt haben. eignet ist, Mißtrauen· gegen die Unparteilichkeit
eines R:chters zu rechtfertigen.
§ 37 (3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Falle
(!) Die Entscheidung über das Gesuch um Be- beiden Parteien zu.
stimmung des zuständigen Gerichts kann ohne § 43
mündliche Verhandlung ergehen.
Eine Partei kann einen Richter wegen Besorgnis
(2) Der Beschluß, der das zuständige Gericht be- der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn sie
stimmt, ist nicht anfechtbar. sich bei ihm, ohne den ihr bekannten Ablehnungs•
Dritter Titel grund geltenci zu machen, in eine Verhandlung ein-
Vereinbarung über die Zuständigkeit der Gerichte gelassen oder Anträge gestellt hat.
§ 38 § 44
Ein an sich unzuständiges Gericht des ersten (1) Das Ablehnungsgesuch ist bei dem . Gericht,
Rechtszuges wird durch ausdrückliche oder still- dem der Richter angehört, anzubringen; es kann
schweigende Vereinbarung der Parteien zuständig. vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.
538 Bundesgesetzhlatt, .Jahrgang 1950
(2) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu § 51
machen: zur Versicherung an Eides Statt darf die Die Fähigkeit einer Partei, vor Gericht zu stehen,
Partei nicht zugelassen werden. Zur Glaubhaft- die Vertretung nicht prozeßfäbiger Parteien durch
machung kann auf das Zeugnis des abgelehnten andere Personen (gesetzliche Vertreter) und die
Richters Bezug ,:,enommen werden. Notwendigkeit einer besonderen. Ermächtigung zur
(3) Der abgelehnte Richter hat sich über den Ab Prozeßführung bestimmt sich nach den Vorschriften
lehnungsgrund dienstlich zu äußern. des bürgerlichen Rechts, soweit nicht die nachfol-
(4) Wird ein Richter, bei dem die Parlei sich in genden Paragraphen abweichende Vorschriften ent-
eine Verhandlung eingelassen oder Anträge ge- halten.
stellt hat, wegen Besorgnis der Befangenheit ab- § 52
gelehnt, so ist glaubhaft zu machen, daß der Ab- (1) Eine Person ist insoweit prozeßfähig, als sie
lehnungsrrund erst später elltstanden oder der sich durch Verträge verpllichten kann.
Partei bekann \geworden sei. (2) Die Prozeßfähigkeit einer Frau wird dadurch,
§ 45 daß sie Ehefrau ist, nicht beschränkt.
(!) Uber das Ablehnungsgesuch entscheidet das § 53
Gericht, dem der Abgelehnte angehört; wenn dieses Wird in einem Rechtsstreit eine prozeßfäbige
Gericht durch Ausscheiden des abgelehnten Mit- Person durch einen Pfleger vertreten, so steht sie
glieds beschlußunfähig wird, das im Rechtszuge zu- für den Rechtsstreit einer nicht prozeßfähigen Per-
nächst höhere Gericht. son gleich.
(2) Wird ein Amtsrichter abgelehnt, so entscheidet § 54
das Landgericht. Einer Entscheidung bedarf es Einzelne Prozeßhandlungen, zu denen n eh den
nicht, wenn der Amtsrichter das Ablehnungsgesuch Vorschriften des bürgerlichen Rechts eine besondere
für begründet hält. Ermächtigung erforderlich ist, sind ohne sie gültig,
§ 46 wenn die Ermächtigung zur Prozeßführung im all-
(!) Die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch gemeinen erteilt oder· die Prozeßführung auch ohne
kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. · eine solche Ermächtigung im allgemeinen statthaft ist.
(2) Gegen den Beschluß, durch den das Gesuch § 55
für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, Ein Ausländer, dem nach dem Recht seines Lan-
gegen den Beschluß, durch den das Gesuch für un- des die Prozeßfähigkeit mangelt, gilt als prozeß-
begründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde fähig, wenn ihm nach dem Recht des Prbzeß-
statt.
gerichts die Prozeßfähigkeit zusteht.
§ 47
Ein abgelehnter Richter hat vor Erledigung des § 56
0
Ablehnungsgesuchs nur solche Handlungen vor- (!) Das Geric bt hat den Mangel der Parteifähig-
zunehmen, die keinen Aufschub gestatten. keit, der Prozeßfähigkeit, der Legitimation eines
gesetzlichen Vertreters und der erforderlichen Er•
§ 48 mächtigung zur Prozeßführung von Amts wegen
(!) Das für die Erledigung eines Ablehnungsge- zn berücksichtigen.
suchs zuständige Gericht bat auch dann zu ent- (2) Die Partei oder deren gesetzlicher Vertreter
scheiden, wenn ein solches Gesuch nicht angebracht kann zur Prozeßführung rn:it Vorbehalt der Beseiti-
ist, ein Richter aber von einem Verhältnis An- gung des Mangels zugelassen werden, wenn mit
zeige macht, das seine Ablehnung rechtfertigen dem Verzuge Gefahr für die Partei verbunden ist.
könnte, oder Wenn aus anderer Veranlassung Das Endurteil darf erst erlassen werden, nachdem
Zweifel darüber entstehen, ob ein Richter kraft die für die Beseitigung des Mangels zu bestimmende
Gesetzes ausgeschlossen sei. Frist abgelaufen ist.
(2) Die Entscheidung ergebt ohne Gehör der § 57
Parteien. (1) Soll eine nicht prozeßfähige Partei verklagt
§ 49 werden, die ohne gesetzlichen Vertreter ist, so hat
Die Vorschriften dieses Titels sind auf den Ur- ihr der Vorsitzende des Prozeßgerichts, falls mit
kundsbeamten der Geschäftsstelle entsprechend an• dem Verzuge Gefahr verbunden ist, auf Antrag bis
zuwenden: die Entscheidnng ergeht durch das Ge- zu dem Eintritt des gesetzlichen Vertreters einen
richt, bei dem er angestellt ist. besonderen Vertreter zu bestell~.
(2) Der Vorsitzende kann einen solchen Vertreter
Zweiter Abschnitt auch bestellen, wenn in den Fällen des § 20 eine
Parteien nicht prozeßfähige Person bei dem Gericht ihres
Aufenthaltsortes verklagt werden soll.
Erster Titel
§ 58
Parteifähigkeit. Prozeßfähigkeit (!) Soll ein Recht an einem Grundstück, das von
§ 50 dem bisherigen Eigentümer nach § 928 des Bürger•
liehen Gesetzbuchs aufgegeben und von dem An•
(1) Parteifähig ist, wer rechtsfähig ist. eignungsberechtigten noch nicht erworben worden
(2) Ein Ver,,in, der nicht rechtsfähig ist, kann ist, im Wege der Klage geltend gemacht werden,
verklagt werdl!n: in dem Rechtsstreit hat der Verein so hat der Vorsitzende des Prozeßgeri~hts auf An·
die Stellung eines rechtsfähigen Vereins. trag einen Vertreter zu bestellen, dem bis zur Ein-
Nr. 40 - - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 539
tragung eines neuen Eigentümers die Wahrnehmung § 65
der sich aus dem Eigentum ergebenden Rechte und Der Hauptprozeß kann auf Antrag einer Partei bis
Verpflichtungen im Rechtsstreit obliegt. zur rechtskräftigen Entscheidung über die Haupt·
(2) Abs. 1 gilt entsprechend, wenn im Wege der intervention ausgesetzt werden.
Klage ein Recht an einem eingetragenen Schiff
§ 66
oder Schiffsbauwerk geltend gemacht werden soll,
das von dem bisherigen Eigentümer nach § 7 des ( l) Wer ein rechtliches Interesse daran hat, da3
Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen in einem zwischen anderen PersonBn anhängigen
und Schiffsbauwerken vom 15. November 1940 Rechtsstreit die eine Partei obsiege, kann dieser
(Reichsgesetzbl. I S. 1499) aufgegeben und von dem Partei zum Zwecke ihrer Unterstützung beitreten.
Aneignungsberechtigten noch nicht erworben wor- (2) Die Nebenintervention kann in jeder Lage des
den ist. Rechtsstreits bis zur ·rechtskräftigen Entscheidung,
auch in Verbindung mit der Einlegung eines Rechts•
Zweiter Titel
mittels, erfolgen.
Streitgenossenschaft § 67
§ 59 Der Nebenintervenient muß den Rechtsstreit in
Mehrere Personen können als Streitgenossen ge- der Lage annehmen, in der er sich zur Zeit seines
meinschaftlich klagen oder verklagt werden, wenn Beitritts befindet, er ist berechtigt, Angriffs- und
sie hinsichtlich des Streitgegenstandes in Rechts- Verteidigungsmittel geltend zu machen und alle
gemeinschaft stehen oder wenn sie aus demselben Prozeßhandlungen wirksam vorzunehmen, insoweit
tatsächlichen und rechtlichen Grunde berechtigt nicht seine Erklärungen und Handlungen mit Er-
oder verpflichtet sind. klärungen und Handlungen der Hauptpartei in
Widerspruch stehen.
§ 60 § 68
Mehrere Personen können auch dann als Streit-
Der Nebenintervenient wird im Verhältnis zu
genossen gemeinschaftlich klagen oder verklagt
der Hauptpartei mit der Behauptung nicht gehört,
werd•2n, vrenn gleichartige und auf einem im wesent-
daß der Rechtsstreit, wie er dem Richter vor-
lichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen
gelegen habe, unrichtig entschieden sei; er wird
Grunde beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen
mit der Behauptung, daß die Hauptpartei den
den Gegenstand des Rechtsstreits bilden.
Rechtsstreit mangelhaft geführt habe, .rnr insoweit
§ 61 gehört, als er durch die Lage des Rechtsstreits zur
Streitgenossen stehen, soweit nicht aus den Vor- Zeit seines Beitritts oder durch Erklärungen und
schriften des bürgerlichen Rechts oder dieses Ge- Handlungen der Hauptpartei verhindert worden
setzes sich ein anderes ergibt, dem Gegner der- ist, Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend zu
gestalt als einzelne gegenüber, daß die Handlungen machen, oder als · Angriffs- oder Verteidigungs-
des einen Streitgenossen dem anderen weder zum mittel, die ihm unbekannt waren, von der Haupt-
Vorteil noch zum Nachteil gereichen. partei absichtlich oder durch grobes V 3rschulden
§ 62 nicht geltend gemacht sind.
(!) Kann das streitige Rechtsverhällnis allen § 69
Stre.itgcno.s.scn gegenüber nur einheitlich festgestellt Insofern nach den Vorschriften des bürgcrlicl12n
werden oder ist die Streitgenossenschaft aus einem Rechts die Rechtskraft der in dem Hauptprozeß
sonstigen Grunde eine notwendige, so werden, erlassenen· Entscheidung auf das Rechtsverhältnis
wenn ein Termin oder eine Frist nur von einzelnen des Nebenintervenienten zu · dem Gegner von
Streitgenossen versi.iumt wird, die säumigen Streit- Wirksamkeit ist, gilt der Nebenintervenient im
genossen als durch die nicht säumigen vertreten Sinne des § 61 als Streitgenosse der Hauptpartei.
angesehen.
(2) Die säumigen Streit.genossen sind auch in dem § 70
späteren Verfahren zuzuziehen. (1) Der Beitritt des Nebenintervenienten erfolgt
§ 63 durch Einreichung eines Schriftsatzes bei dem Pro-
zcßgericht und, wenn er mit der Einlegung eines
Das Recht zur Betreibung des Prozesses steht
Rechtsmittels verbunden wird, durch Einreichung
jedem Streitgenossen zu, zu allen Terminen sind
eines Schriftsatzes bei dem Rechtsmittelgericht. Der
sämtliche Streitgenossen zu laden.
Schriftsatz ist beiden Parteien zuzustdlen und muß
Dritter Ti-tel enthalten:
Beteiligung Dritter am Rechtsstreit 1. die Bezeichnung der Parteien und des Rechts-
streits:
§ 64 2. die bestimmte Angabe des Interesses, das der
Wer die Sache oder das Recht, worüber zwischen Nebenintervenient hat;
anderen Personen ein Rechtsstreit anhängig ge- 3. die Erklärung des Beitritls.
worden ist, ganz oder teilweise für sich in An- (2) Außerdem gelten die allgemeinen Vor-
spruch nimmt, ist bis zur rechtskräftigen Ent- schriften über die vorbereitenden Schriftsätze.
scheidung dieses Rechtsstreits berechtigt, seirnen
Anspruch durch eine gegen beide Parteien ge- § 71
richtete Klage bei dem Gericht geltend zu machen, (1) Uber den Antrag auf Zurückweisung einer
vor dem der Rechtsstreit im ersten Rechtszuge an- Nebenintervention wird nach mündlicher Verhand-
hängig wurde. lung unter den Parteien und dem Nebeninterve•
540 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
nic,,ten entschieden. Der Nebenintervenient ist zu- telbaren Besitzers zur Erklärung beantragen. Bis
zuLrsen, wenn u sein Interesse glaubhaft macht. zu dieser Erklärung oder bis zum Schluß des Ter-
(2) Gegen das Zwischenurteil findc>t sofortige Be- mins, in dem sich der Benannte .zu erklären hat,
schwenle statt. kann der Beklagte die Verhandlung zur Haupt-
(3) Solange nicht die Unzulässigkeit der Inter- sache verweigern.
vention rechtskräftig aus~csprochen ist, wird der (2) Bestreitet der Benannte die Behauptung des
Intervenient im Hauptverfahren zugezogen. Beklagten oder erklärt er sich nicht, so ist der Be-
klagte berechtigt, dem Klageantrage zu genügen.
§ 72 (3) Wird die Behauptung des Beklagten von de;n
(1) Eine Partei, die für den Fall des ihr ungün- Benannten als richtig anerkannt, so ist dieser· be-
stigen Ausganges des Rechtsstreits einen Anspruch rechtigt, mit Zustimmung -des Beklagten an dessen
auf Gewährleistung oder Schadloshaltung gegen Stelle den Prozeß zu übernehmen. Die Zustimmung
einen Dritten erheben zu können glaubt oder den des Klägers ist nur insoweit erforderlich, als er
Anspruch eines Drillen besorgt, kann bis zur rechts- Ansprüche geltend macht, die unabhängig davon
kräftigen Entscheidung des Rechtsstreits dem Drit- sind, daß der Beklagte auf Grund eines Rechtsver-
ten gerichtlich den Streit verkünden . hältnisses der im Abs. 1 bezeichneten Art besitzt.
. (2) Der Drille ist zu einer weiteren Streitverkün- (4) Hat der Benannte den Prozeß übernommen, so
dung berechtigt. ist der Beklagte auf seinen Antrag von der Klage
§ 73 zu entbinden. Die Entscheiduiig ist in Ansehung der
Zum Zwecke der Streitverkündung hat die Partei Sache seihst auch gegen den Beklagten wirksam
einen Schriftsatz einzureichen, in dem der Grund und vollstreckbar.
der Streitverkündung und die Lage des Rechts- § 77
streits anzugeben ist. Der Schriftsatz ist dem Drit- Ist von dem Eigentümer einer Sache oder von
ten zuzustellen und dem Gegner des Streitverkün- demjenigen, dem ein Recht an einer Sache zusteht,
ders in Abschrift mitzuteilen. Die Streitverkündung wegen einer Beeinträchtigung des Eigentums oder
wird erst mit der Zustellung an den Drillen wirk- seines Rechtes Klage auf Beseitigung der Beein-
sam. trächtigung oder auf Ünterlassung weiterer Beein-
§ 74 trächtigungen erhoben, so sind die Vorschriften des
(I J Wenn der Dritte dem Streitverkünder beitritt, § 76 entsprechend anzuwenden, sofern der Beklagte
so bestimmt sich sein Verhältnis zu den Parteien d.ie Beeinträchtigung in Ausübung des Rechtes
nach den Grundsätzen über die Nebenintervention. eines Dritten vorgenommen zu haben behauptet.
(2) Lehnt der Dritte den Beitritt ab oder erklärt Vierter Titel
er sich nicht, so wird der Rechtsstreit ohne Rück-
sicht auf ihn fortgesetzt. Frozeßbevollmächtigte und Beistände
(3) In allen Fällen dieses Paragraphen sind gegen § 78
den Dritten die Vorschriften des § 68 mit der Ab- . (1) Vor den Landgerichten und vor allen Gerich-
weichung anzuwenden. daß statt der Zeit des Bei- ten des höheren Rechtszuges müssen die Parteien
tritts die Zeit entscheidet, zu welcher der Beitritt sich durch einen bei dem Prozeßgericht zugelasse-
infolge der Streitverkündung möglich war. nen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten
§ 75 Jassen (Anwaltsprozeß).
(2) Diese Vorschrift ist auf das Verfahren vor
\Vird von dem verklagten Schuldner einem Drit-
ten, der die geltend gemachte Forderung für sich einem beauftragten oder ersuchten Richter sowie
in Anspruch nimmt, der Streit verkündet und tritt auf Prozeßhandlungen, die vor dem Urkunds-
der Dritte in den Streit ein, so ist der Beklagte, beamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden
können, nicht anzuwenden.
wenn er den Betrag der Forderung zugunsten der
(3) Ein bei dem Prozeßgericht zugelassener
streitenden Gläubiger unter Verzicht auf das Recht
zur Rücknah,me. hinterlegt, auf seinen Antrag Rechtsanwalt kann sich selbst vertreten.
aus dem Rechtsstreit unter Verurteilung in die § 79
durch seinen· unbegründeten Widerspruch ver- Insoweit eine Vertretung durch Anwälte nicht
anlaßten Kosten zu entlassen und der Rechtsstreit geboten ist, können die Parteien den Rechtsstreit
über die Berechtigung an der Forderung zwischen selbst oder durch jede prozeßfähige Person als Be-
den streitenden Gläubigern allein fortzusetzen. Dem vollmächtigten führen.
Obsiegenden ist der hinterlegte Betrag zuzuspre- § 80
chen und der Unterliegende auch zur Erstattung der
(1) Der Bevollmächtigte hat die Bevollmächtigung
dem Beklagten entstandenen, nicht durch dessen
durch eine schriftliche Vollmacht nachzuweisen.
unbegründeten Widerspruch veranlaßten Kosten,
und diese zu den Gerichtsakten abzugeben.
einschließlich de~ I<:oslen der Hinterlegung, zu ver-
(2) Das Gericht kann auf Antrag des Gegners die
urteilen.
öffentliche Beglaubigung ein.er Privaturkunde. an-
§ 76
ordnen. Wird der Antrag zurückgewiesen, so ist
(1) WPr als Besitzer einer Sache vcrl;lctgt ist, die dagegen kein Rechtsmittel zulässig. Bei der Beglau-
er auf Grund eines Rechtsverhältnisses der im § 868 bigung bedarf es weder der Zuziehung von Zeugen
des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art zu noch der Aufnahme eines Protokolls.
besitzen behauptet, kann vor der Verhandlung .-.ur
Hauptsache unter Einreichung eines Schriftsatzes, § 81
in dem er den mittelbaren Besitzer benennt, und Die Pr6zeßvollmacht ermächtigt zu allen den
einer Streitverkündungsschrift die Ladung des mit- Rechtsstreit betreffenden Prozeßhandlungen, ein-
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 541
schließlich derjenigen, die durch eine Widerklage, § 89
eine Wiederaufnahme des Verfahrens und die (1) Hal}delt jemand für eine Partei als Geschäfts-
Zwangsvollstreckung veranlaßt werden; zur Be- führer ohne Auftrag oder als Bevollr 1ächtigter ohne
stellung eines Vertreters sowie eines Bevollmäch- Beibringung einer Vollmacht, so kann er gegen
tiglen füi die höheren Instanzen; zur Beseitigung jes oder ohne Sicherheitsleistung für Kosten und
Rechtsstreits durch Vergleich, Verzichtleistung auf Schäden zur Prozeßführung einstweilen zugelassen
den Streitgegenstand oder Anerkennung des von werden. Das Endurteil darf erst erlassen werden,
dem Gegner geltend gemachten Anspruchs; zur nachdem die für die Beibringung der Genehmigung
Emplangnahme der von dem Gegner zu erstatlen- zu bestimmende Frist abgelaufen ist. Ist zu der Zeit,
den Kosten. zu der das Endurteil erlassen wird, die Genehmi-
§ 82
gung nicht beigebracht, so -ist der ein_stweilen zur
Die Vollmacht für den Hauptprozeß umfaßt di2 Prozeßführung Zugelassene zum Ersatz der dem
Vollmacht für das eine 1-lauptintervention, einen Gegner infolge der Zulassur -l erwachsenen Kosten
Arrest oder eine einstweilige Verfügung betref• zu verurteilen; auch hat er Jem Gegner die infolge
fende Verfahren. der Zulassung entstandenen Schäden zu ersetzen.
§ 83
(2) Die Partei muß Jie Prozeßführung gegen sich
(!) Eine Beschränkung des gesetzl:chen Umfanges gelten lassen, wenn sie auch nur mündlich Voll-
der Vollmacht hat dem Gegner gegenüber nur in- macht erteilt oder wenn sie die Prozeßführung aus-
soweit rechtliche Wirkung, als diese Beschränkung drücklich oder stillschweigend genehmigt hat.
die Beseitigung des Rechtsstreits durch Vergleich,
Verzichtleistung aüf den Streitgegenstand oder An- § 90
erkennung des von dem Gegner gelter.d gemachten (!) Insoweit eine Vertretung durch Anwälte nicht
Anspruchs betrifft. geboten ist, kann eine Partei mit jeder prozeßfähi-
(2) Insoweit eine Vertretung durch Anwälte nicht gen Person als Beistand erscheinen.
geboten ist, kann eine Vollmacht für einzelne Pro- (2) Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als
zeßhandlungen erteilt werden. von der Partei vorgebracht, insoweit es nicht von
§ 84 di<'ser sofort widerrufen oder berichtigt wird.
Mehrere Bevollmächtigte sind berechtigt, sowohl Fünfter Titel
gemeinschaftlich als einzeln die Partei zu vertreten.
Eine abweichende Bestimmung der Vollmacht hat Prozeßkosten
dem Gegner gegenüber keine rechtliche Wirkung § 91
§ 85 (1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des
Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Geg-
Prozeßhandlungen sind für uie Partei in gleicher ner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie
Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selb,t zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung odt'r
vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kosten·
und aI'deren tatsächlichen Erklärungen, insoweit erstatlung umfaßt auch die Entschädigung des Geg-
sie nicht von der milnschienenen Partei sofort ners für die durch notwendige Reisen oder durch
widerrufen oder berichtigt werden. die notwendige Wahrnehmung von Terminen ent-
§ 8G stan.dene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung
Die Vollmacht wird weder durch den Tod des von Zeugen geltenden Vorschriften sind entspre-
Vollmachtgebers noch durch eine Veränderung in chend anzuwenden.
seiner Prozeßfähigkeit oder seiner cesetzlichen (2) Die Gebühren und Auslagen des Rechts-
Vertretung aufgehobC'n; der Bevollmächtigte hat anwalts der obsiegenden Partei sind in allen Pro-
jedoch, wenn er nach Aussetzung des Rechlsstrcits zessen zu erstatten, Reisekosten eines auswärtigen
für den Nachfolger im Rechtsstreit auftritt, dessen Rechtsanwalts jedoch nur insoweit. als die Zuzie-
Vollmacht beizubringen. hung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung
oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten
§ 87 mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstat-
(1) Dem Gegner gegenüber erlangt die Kündigung ten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht
des Vollmachtvertrags erst durch die Anzeige des übersteigen oder als in der Person des RE'chls-
Erlöschens der Vollmacht, in Anwaltsprozessen erst anwalts ein Wechsel eintreten mußte.
durch die Anzeige der Bestellung eines anderen An- (3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der
walts rechtliche Wirksamkeit. Abs. 1, · 2 gehören auch die Gebühr<'n, die durch
(2) Der Bevollmächtigte wird durch die von seinef ein Güteverfahren vor einer durch die Landes-
Seile erfolgte Kündigung nicht gehindert, für den justizverwaltung eingerichteten oder anerkannten
Vollmachtgeber so lange zu handeln, bis dieser für Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn
Wahrnehmung seiner Rechte in anderer Weise ge· zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und
sorgt hat. der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
§ 88
(!) Der Mangel der Vollmacht kann von dem § 91 a
Gegner in jeder Lage des Rechtsstreits gerügt (1) Haben die Parteien den Rechtsstreit in der
werden. Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das
(2) Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des
von Amts wegen zu berücksichtigen, insoweit eine bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Er-
Vertretung durch Anwälte nicht geboten ist. messen. Die Entscheidung ergeht durch Beschluß.
542 Bqndesgeselzblatt, Jahrgang 1950
(2) Gegen die Entscheidung findet sofortige Be- gerichte ohne Rücksicht auf den Wert des Streit-
schwerde statt Vor der Entscheidung über die gegenstandes ausschließlich zuständig sind, hat
Beschwerde ist der Gegner zu hören. auch im Falle des Obsiegens die Bundes: oder die
Staatskasse zu tragen, wenn der Wert des Streit•
§ 92
gegenstandes die Summe von fünfhundert Deutsche
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unter- Mark nicht übersteigt und der Vertreter des Bundes
liegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder des Landes die Revision eingelegt hat.
oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten
gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichts- § 98
kosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. Die Kosten eines abgeschlossenen Vergleichs
(2) Das Gericht kann der einen Partei die ge- sind als gegeneinander aufgehoben anzusehen,
samten Prozeßkosten auferlegen, wenn die Zuviel- wenn nicht die Parteien ein anderes vereinbart
forderung der anderen Partei verhältnismäßig ge- haben. Das gleiche gilt von den Kosten des durch
ringfügig war und keine besonderen Kosten ver- Vergleich erledigten Rechtsstreits, soweit nicht
anlaßt hat oder wenn der Betrag der Forderung über sie bereits rechtskräftig erkannt ist.
der anderen Partei von der Festsetzung durch § 99
richterliches Ermessen, von der Ausmittlung durch (1) Die Anfechtung der Entscheidung über den
Sachverständige oder von einer gegenseitigen Be- Kostenpunkt ist unzulässig, wenn nicht gegen diG
rechnung abhängig war. Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel
§ 93 ein9elegt wird.
(2) Ist die Hauptsache durch eine auf Grunj
Hat der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur
eines Anerkenntnisses aus9esprochene Verurtei-
Erhebung der Klage Veranlassung gegeben, so fallen
lung erledigt, so findet gegen die Entscheidung
dem Kläger die Prozeßkosten zur Last, wenn der
über den Kostenpunkt sofortige Bc>schwerde statt.
Beklagte den Anspruch sofort anerkennt.
Vor der Entscheidu.ng über die Beschwerde ist der
§ 93 a Gegner zu hören.
Wird auf Scheidti"ng oder Aufhebung der Ehe § 100
erkannt oder die Ehe für nichtig erklärt, ohne daß (!) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren
der unterlegene Teil hieran schuldig ist, so• sind die Personen, so haften sie für die Kostenerstattung
Kosten gegeneinander aufzuheben. nach Kopfteilen.
§ 94 (2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der
Beteiligung. am Rechtsstreit kann nach dem Er·
Macht der Kläger einen auf ihn übergegangenen
messen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab
Anspruch geltend, ohne daß er vor der Erhebung
genommen werden. .
der Klage dem Beklagten den Obergang mitge•
(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes An•
teilt und auf Verlangen nachgewiesen hat, so
griffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht,
fallen ihm die Prozeßkosten insoweit zur Last,
so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die
als sie dadurch entstanden sind, daß der Beklagte
dadurch veranlaßten Kosten.
durch ·die Unterlassung der Mitteilung oder des
(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuld·
Nachweises veranlaßt worden ist, den Anspruch
zu bestreiten. ner verurteilt, so haften sie auch für die Kosten•
erstattung, unbeschadet der Vorschrift des Abs. 3,
§ 95
als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürger·
Die Partei, die einen Termin oder eine Frist ver- liehen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf
säumt, oder die Verlegung. eines Termins, die die im Abs. 3 bezeichneten Kosten erstreckt,
Vertagung einer Verhandlung, die Anberaumung bleiben unberührt.
eines Termins zur Fortsetzung der Verhandlung § 101
oder die Verlängerung einer Frist durch ihr Ver-
(1) Die durch eine Nebenintervention verursach·
schulden veranlaßt, hat die dadurch verursachten
ten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei auf·
Kosten zu tragen.
zuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der
§ 96
§ § 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen
Die Kosten eines ohne Erfolg gebliebenen An- hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem
griffs- oder Verteidigungsmittels können d'er Partei
Nebeniritervenienten aufzuerlegen.
auferlegt werden, die es geltend gemacht hat, (2) Gilt der Nebenintervenient als Streitgenosse
auch wenn sie in der Hauptsache obsiegt.
der Hauptpartei (§ 69). so sind die Vorschriften des
§ 97 § 100 maßgebend.
(!) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten § 102
Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es ein- (1) Urkundsbeamte der Geschäftsstelle, gesetz·
gelegt hat. liehe Vertreter, Rechtsanwälte und andere Bevoll·
(2/ Die Kosten der BcrnfLrn9sinslanz sind der ob- mächtigte sowie Gerichtsvollzieher können durch
sicuendcn Pmtei ganz oder teilweise aufzuerlegen, das Prozeßgericht auch von Amts we9en zur Tra•
wenn <ic auf Grund eines neuen Vorbringens ob- gung der Kosten verurteilt werden, die sie durch
sir~9t. dus sie n.:ich frnif'n1 Ermessen des Gerichts- grobes Verschulden veranlaßt haben.
im erstcsn RechlszLHJce (J"ltc,11,J zu machen imstande (2) Die Entscheidung kann ohne rn ündliche Ver•
war odPr mit c]~,m ':.;ic i1n ersten RcchLszug-c na.ch d2n handlung er9ehcn. Vor der Enlschciclung ist der
§§ 279, 279a, 28'.l Abs. 2 rnr,ickgewiesen worden ic;t. Beteiligte zu hören.
(3) f)j~, Ko:;ten de.r R~vi:.;ion3ins!'anz in RPch!'s- (3) C2gen die Entscheidnng findet sofortige Be-
~treii.iukciL(~n über A„nsprüche für welche die Land-
1 schwt'l'clc statt.
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 543
§ 103 einer Woche bei der Geschäftsstelle einzureichen.
(1) Der Anspruch auf Erstattung der Prozeß· Die Vorschriften des § 105 sind nicht anzuwenden.
kosten kann nur auf Grund eines zur Zwangsvoll· (2) Nach fruchtlosem Ablauf der einwöchigen
streckung geeigneten Titels geltend gemacht wer• Frist ergeht die Entscheidung ohne Rücksicht äuf
den. die Kosten des Gegners, unbeschadet des Rechts des
(2) Das Gesuch um Festsetzung des zu erstatten- letzteren, den Anspruch auf Erstattung nachträglich
den Betrages ist bei der Geschäftsstelle des Ge- geltend zu machen. Der Gegner haftet für die Mehr-
richts des ersten Rechtszuges anzubringen. Die kosten, die durch das nachträgliche Verfahren ent-
Kostenberechnung, ihre zur Mitteilung an den Geg- stehen.
ner bestimmte Abschrift und die zur Rechtfertigung
§ 107
der einzelnen Ansätze dienenden Belege sind bei-
zufügen. (1) Ergeht nach der Kostenfestsetzung eine Ent·
scheidung, durch die der Wert des Streitgegen-
§ 104 standes festgesetzt wird, so ist, falls diese Entschei•
(1) Die Entscheidung über das Festsetzungsgesuch dung von der Wertberechnung abweich!, die der
ergeht durch den Urkundsbeamten der Geschäfts- Kostenfestsetzung zugrunde liegt, auf Antrag die
stelle. Die Entscheidung ist, sofern dem Gesuch Kostenfestsetzung entsprechend abzuändern. Uber
ganz oder teilweise entsprochen wird, dem Gegner den Antrag entscheidet der Urkundsbeamte der Ge-
des Antragstellers unter Beifügung einer Abschrift schäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszuges.
der Kostenrechnung von Amts wegen zuzustellen. (2) Der Antrag ist binnen der Frist von einem
Dem Antragsteller ist die Entsclieidung nur dann Monat bei der Geschäftsstelle anzubringen. Die
von Amts wegen zuzustellen, wenn der Antrag ganz Frist beginnt mit der Zustellung und, wenn es einer
oder teilweise. zurückgewiesen wird; im übrigen solchen nicht bedarf, mit der Verkündung des den
ergeht die Mitteilung formlos. Wert des Streitgegenstandes festsetzenden Be-
(2) Zur Berücksichtigung eines Ansatzes genügt, schlusses.
daß er glaubhaft gemacht ist. Hinsichtlich ct"er einem (3) Die Vorschriften des § 104 Abs. 3 sind anzu-
Rechtsanwalt erwachsenen Auslagen an Post-, Tele- wenden.
graphen- und Fernsprechgebühren genügt die Ver-
sicherung des Rechtsanwalts, daß diese Auslagen Sechster Titel
entstanden sind.
(3) Ober Erinnerungen gegen den Festsetzungs· Sicherheitsleistung
beschluß entscheidet das Gericht, dessen Geschäfts- § 108
stelle den Beschluß erlassen hat. Die Erinnerungen (1) In den Fällen der Bestellung einer prozessu-
sind binnen einer Notfrist von zwei Wochen, die alen Sicherheit kann das Gericht nach freiem Er-
mit der Zustellung des Beschlusses beginnt, zu er- messen bestimmen, in welcher Art und Höhe die
heben. Die Entscheidung kann ohne mündliche Sicherheit zu leisten ist. Soweit das Gericht eine
Verhandlung ergehen. Das Gericht kann vor der Bestimmung nicht getroffen hat und die Parteien ein
Entscheidung anordnen, daß die Vollstreckung des anderes nicht vereinbart haben, ist die Sicherheits-
Festsetzungsbeschlusses auszusetzen sei. Gegen leistung durch Hinterlegung von Geld oder solchen
die Entscheidung des Gerichts findet sofortige Be- Wertpapieren zu bewirken, die nach § 234 Abs. 1, 3
schwerde statt. des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Sicherheitslei-
§ 105 stung geeignet sind.
(1) Der Festsetzungsbeschluß kann auf das Urteil (2) Die Vorschriften des § 234 Abs. 2 und des
und die Ausfertigungen gesetzt werden, sofern bei § 235 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind entspre-
der Anbringung des Gesuchs eine Ausfertigung des chend anzuwenden. ·
Urteils noch nicht erteilt ist und eine Verzögerung
§ 109
der Ausfertigung nicht eintritt. Eine besondere Aus-
fertigung und Zustellung des Festsetzungsbe- (1) Ist die Veranlassung für eine Sicherheits-
schlusses findet in diesem Falle nicht statt. Den leistung weggefallen, so hat auf Antrag das Ge-
Parteien ist der festgesetzte Betrag mitzuteilen, dem richt, das die Bestellung der Sicherheit angeordnet
Gegner des Antragstellers unter Beifügung der Ab- oder zugelassen hat, eine Frist zu bestimmen,
schrift der Kostenberechnung. Die Verbindung des binnen der ihm die Partei, zu deren Gunsten die
Festsetzungsbeschlusses mit dem Urteil soff unter- Sicherheit geleistet ist, die Einwilligung in die Rück-
bleiben, sofern dem Festsetzungsgesuch auch nur gabe der Sicherheit zu erklären oder die Erhebung
teilweise nicht entsprochen wird. · der Klage wegen ihrer Ansprüche nachzuweisen hat.
(2) Der Anbringung eines Festsetzungsgesuchs (2) Nach Ablauf der Frist hat das Gericht auf An-
bedarf es nicht, wenn die Partei vor der Verkün- trag die Rückgabe der Sicherheit anzuordnen, 'wenn
dung des Urteils die Berechnung ihrer Kosten ein- nicht inzwischen die Erhebung der Klage nach-
gereicht hat; in diesem Falle ist die dem Gegner gewiesen ist.
mitzuteilende Abschrift der Kostenberechnung von (3) Die Anträge und die Einwilligung in die Rück-
Amts wegen anzufertigen. gabe der Sicherheit können vor der Geschäftsstelle
§ 106 zu Protokoll erklärt werden. Die Entscheidungen
(1) Sind die Prozeßkosten ganz oder teilweise
können ohne mündliche Verhandlung ergehen.
nach Quoten verteilt, so hat nach Anbringung des (4) Gegen den Beschluß, durch den der im Abs. f
Festsetzungsgesuchs die Geschäftsstelle den Gegner vorgesehene Antrag abgelehnt wird, steht dem An-
aufzufordern, die Berechnung seiner Kosten binnen .tragsteller, gegen die im Abs. 2 bezeichnete Ent-
544 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
scheidung slcht beiden Teilen die sofortige Be- (2) Angehörige fremder Staaten haben auf :las
schwerde zu. Armenrecht nur insoweit Anspruch, als die Gegen•
§ 110 seitigkeit verbürgt ist. Einem Staatenlosen kann das
(!) Angehörige fremder Staalen, die als Kläger Armenrecht gewährt werden, wenn es ihm als In-
auftreten, haben dem Beklagten auf sein Verlangen länder zu gewähren wäre.
wegen der Prozeßkosten Sicherheit zu leisten. Das (3) Einer Parte_i kraft Amtes kann bei Vorliegen
gleiche gilt für Staatenlose, die ihren Wohnsitz der im Abs. 1 bezeichneten Voraussetzungen das
nicht im Inland haben. Armenrecht bewilligt werden, wenn die zur Füh•
(2) Diese Verpflichtung tritt nicht ein: rung des Prozesses erforderlichen Mittel weder aus
1. wenn nach den Gesetzen des Staates, dem der der verwalteten Vermöge!lsmasse noch von den an
Kläger angehört, ein Deutscher in gleichem der Führung des Prozesses wirtschaftlich Beteiligten
Falle zur Sicherheitsleistung nicht verpflich- aufgebracht werden können.
tet ist; (4) Einer inländischen juristischen Person kann
2. im Urkunden- oder Wechselprozeß; bei Vorliegen der im Abs. 1 bezeichneten Voraus-
3. bei Widerklagen; setzungen das Armenrecht bewilligt · werden, wenn
4. bei Klagen, die infolge einer öffentlichen Auf- die zur Führur,g des Prozesses erforderlichen Mittel
forderung ang2stellt werden; weder von ihr noch von den an der Führung des
5. bei Klagen aus Rechten, die im Grundbuch Prozesses wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht
eingetragen sind. werden können und die Unterlassung der Rechts-
§ 111
verfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen
Interessen zuwiderlaufen würde.
Der Beklagte kann auch dann Sicherheit ver-
langen, wenn die Voraussetzungen für die Ver- § 115
pflichtung zur Sicherheitsleistung erst im Laufe des (!) Durch die Bewilligung des Armenrechts er•
Rechtsstreits eintreten und nicht ein zur Decku;,g langt die Partei:
ausreichender Teil des erhobenen Anspruchs unbe- 1. die einstweilige Befreiung von der Berichti-
stritten ist. gung der rückständigen und künftig erwachsen·
§ 112 den Gerichtskosten, einschlielllich der Ge-
(1) Die Höhe der zu leistenden Sicherheit wLd bühn,n der Beamten. der den Zeugen und den
von dem Gericht nach freiem Ermessen testgeselzt. Sachverständigen zu gewährenden Vergütung
(2) Bei der Festsei.zung ist derjenige Betrag der und der sonstigen baren Auslagen;
Prozeßkosten zugrunde zu lcg<!n, den der Bc,k]ag,e 2. die Befreiung von der Sicherheitsleistung für
wahrscheinlich aufZP\"enclen lrnben wird. Die dem die Prozeßkosten;
Beklagten durch eine Widerkla,;c erwachsenden 3. das Recht, daß ihr ,.ur vorli:iufig unentgeltlichen
Kosten sind hierbc·i nicht zu bcrcicksichtigcn. Bmvirkung von Zustcllun\)en und von Voll•
(3) Ergibt sich im Laufe des Rechtsstreits, daß die streck unJshandL1.1gen ein CPrichtsvollzieher
geleistete Sicher]1eit nicht hinreicht, so kann der und, insoweit eine Vertretung durch Anwälte
Beklagte die Leistung einer weiteren Sicherheit ver- geboten ist, zur vorläufig unentgeltlichen Wahr·
langen, sofern nicht ein zur Deckung ausreichend2r nchmung ihrer Rechte ein Rechtsanwalt bei·
Teil des erhobenen Anspruchs unbestritten ist. geordnet werde.
(2) Ist die arme Partei ;mstande, dL, .(osten des
§ 113 Prozesses ohne Beeinträchtigung des für sie und
Das Gericht hat dem Kläger bei Anordnung der ihre Familie notwendigen Unterhalts zu einem Teil
Sicherheitsleistung eine Frist zu bestimmen, binnen zu bestreiten, so ist zu bestimmen, daß wegen
der die Sicherheit zu leisten ist. Nach Ablauf der dieses Teiles die einstweilige Befreiung von der
Frist ist auf Antrag des Beklagten, wenn die Sicher- Berichtigung der Gerichtskosten sowie der Ge-
heit bis zur Entscheidung nicht geleistet ist, die bühren und Auslager. des Anwalts nicht eintritt,
Klage ff.r zurückgenommen zu erklären oder, we,rn das Gericht kann statt dessen auch bestimmte G3-
über ein Rechtsmittel des Klägers zu verhandeln bühren ganz oder teilweise von der Befreiung aus-
ist, dieses zu verwerfen. nehmen. In den Fällen des § 114 Abs. 2 Satz ·2,
Abs. 3 und 4 gelten diese Vorschriften entsprechend.
Siebenter Titel
§ 116
Armenrecht
Insoweit nicht eine Vertretung d.uch Anwälte
§ 114 geboten oder ein Anwalt gemäß der Rechtsanwalts-
(!) Einer Partei, die außerstande ist, ohne Beein- ordnung beigeordnet ist, kann einer armen Partei
trächtigung des für sie und ihre Familie notwendi- zur unentgeltlichen Wahrnehmung ihrer Rechte ein
gen Unterhalts die Kosten des Prozesses zu be- Justizbeamter, der nicht als Rid,ter angestellt ist,
streiten, ist auf Antrag das Armenrecht zu bewil- oder ein Rechtskundiger, der die vorgeschriebene
ligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder erste Prüfurg für den Justizdienst bestanden hat,
Rechtsverteidigung eine hinreichende Aussicht auf auf Antrag beigeordnet werden. Die hierdurch ~nt•
Erfol] bietet und nicht mutwillig erscheint. Die stehenden baren Auslagen warden von der Staats-
Rechtsverfol;,ung ist auch dann als mutwillig anzu- kasse bestritten ur d als Gerichtskosten in Ansatz
sehen, wenn mit Rücksicht auf die für die Beitrei- !jebracht.
bung des Anspruchs bestehenden Aussichten eine § 117
nicht das Armenrecht beanspruchende Partei von Die Bewilligung des Armenrechts hat auf die Ver-
einer Proze!3führung absehen oder nur einen Teil pflichtung zur Erstattung der dem Gegner erwach•
des Anspruchs :eltend machen würde. senden Kosten keinen Einfluß.
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 545
§ 118 § 120
(!} Das Gesuch um Bewilligung des Armenrechts Die Bewilligung des Armenrechts für den Kläger,
ist bei dem Prozeßgericht anzubringen; es kann vor den Berufungskläger und den Revisionskläger hat
der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. zugleich für den Gegner die einstweilige Befreiung
(2) Dem Gesuch ist ein von der zuständigen Be- von den im § 115 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Kosten
hörde der Partei ausgestelltes Zeugnis beizufügen, zur Folge.
§ 121
in dem unter Angabe des Standes oder Gewerbes,
der Vermögens- und Familienverhältnisse der Partei Das Armenrecht kann zu jeder Zeit entzogen
sowie des Betrages der von dieser zu entrichtenden werden, wenn sich ergibt, daß eine Voraussetzung
direkten Steuern das Unvermögen zur Bestreitung der Bewilligung nicht vorhanden war oder nicht
der Prozeßkosten ausdrücklich bezeugt wird. Für mehr vorhanden ist.
Personen, die unter Vormundschaft oder Pflegschaft § 122
stehen, kann das Zeugnis auch von der vormund- Das Armenrecht erlischt mit dem Tode der Per-
schaftlichen Behörde ausgestellt werden; soll von son, der es bewilligt ist.
einem unehelichen Kinde ein Anspruch auf Unter- § 123
halt gegen seinen Vater geltend gemacht werden, (!) Die Gerichtskosten, von deren Berichtigung
so bedarf es des Zeugnisses nicht. die arme Partei einstweilen befreit ist, können von
(3) In dem Gesuch ist das Slreilverhältnis unter dem in die Prozeßkosten verurteilten Gegner nach
Angabe der Beweismittel darzulegen. Maßgabe der für die Beitreibung rückständiger Ge-
richtskosten geltenden Vorschriften eingezogen
§ 118 a
werden.
(1) Das Gericht kann verlahgen, daß der Antrag· (2) Die Gerichtskosten, von deren Berichtigung
steiler seine tatsächlichen Angaben glaubhaft macht. der Gegner der armen Partei einstweilen befreit
Es soll, wenn dies nicht aus besonderen Gründen ist, sind von ihm einzuziehen, soweit er in die
unzweckmäßig erscheint, vor der Bewilligung des Prozeßkosten verurteilt oder der Rechtsstreit ohne
Armenrechts den Gegner hören. Es kann auch, Urteil über die Kosten beendigt ist
soweit dies ohne erhebliche Verzögerung möglich § 124
ist, Erhebungen anstellen, insbesondere· die Vor- (!} Die für die arme Partei bestellten Gerichts-
legung von Urkunden anordnen und von Behörde,1 vollzieher und Rechtsanwälte sir,d berechtigt, ihre
Auskünfte einholen. Die Vernehmung von Zeugen Gebühren und Auslagen von dem in die Prozeß·
oder Sachverständigen ist nur zulässig, wenn der kosten verurteilten Gegner beizutreiben.
Sachverhalt, soweit dies zur Entscheidung über das (2) Eine Einrede aus der Person der armen Partei
Armenrechtsgesuch erforderlich ist, auf andere ist nur insoweit zulässig, als die Aufrecl1nung von
Weise nicht hinreichend geklärt. werden kann; eine Kosten verlangt wird, die nach der in demselben
Beeidigung findet nichl statt. Rechlsslreit über die Kosten erlassenen Entschei-
(2) Die im Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen sind dung von der armen Partei zu erstatten sind.
von dem Vorsitzenden oder einem von ihm beauf-
§ 125
traglen Mitglied des Gerichts oder einem von ih:n
ersuchten Richter durchzuführen. Die Anhörung des (1) Die zum Armenrecht .zugelassene Partei ist
Gegners kann auch zu Protokoll der Geschäfts- zur Nachzahlung der Beträge, von deren Berichti-
stelle des Prozeßgerichts oder des ersuchten gung sie einstweilen befreit war, verpflichtet, so-
Gerichts erfolgen. bald sie ohne Beeinträchtigung des für sie und ihre
Familie notwendigen Unterhalts dazu imstande ist.
(3) Einigen sich die Parteien bei der Anhörung des (2) Das gleiche gilt für die Beträge, von deren Be-
Gegners über den streitigen Anspruch, so ist der richtigung der Gegner einstweilen befreit war,
Vergleich zu richterlichem ·Protokoll zu nehmen. soweit die arme Partei in die Prozeßkosten ver-
(4) Eine Erstattung der dem Gegner durch die urteilt ist.
Anhörung gemäß Abs. 1 Satz 2 erwachsenen Kosten § 126
findet nicht statt. Die durch die Vernehmung von (1) Uber das Gesuch um Bewilligung des Armen-
Zeugen und Sachverständigen gemäß Abs. 1 Satz 3 rechts, über seine Entziehung und über die Ver·
entstandenen Auslagen sind als Gerichtskosten von pflichtung zur Nachzahlung der Beträge, von deren
der Partei zu tragen, der die Kosten des Rechts- Berichtigung die zum Armenrecht zugelassene
streits auferlegt sind. Partei oder · der Gegner einstweilen befreit ist,
§ 119 kann ohne mündliche Verhandlung entschieden
(1) Die Bewilligung des Armenrechts erfolgt für werden.
jeden Rechtszug besonders, für den ersten Rechts- (2) Dem Beschluß, durch den das Armenrecht
zug einschließlich der Zwangsvollstreckung. verweigert oder entzogen wird, soll, sofern dies
(2) In dem höheren Rechtszuge bedarf es des nicht nach der Lage des Falles entbehrlich oder un-
Nachweis·es des Unvermögens nicht. wenn das zweckmäßig erscheint, eine kurze Begründung bei-
Armenrecht in dem vorherigen Rechtszuge bewil- gefügt werden, aus der die für die Entscheidung
ligt war. Hat . der Gegner das Rechtsmittel ein- maßgebenden rechtlichen oder tatsächlichen Gründe
ge,legt, so ist in dem höheren Rechtszuge nicht z : ersichtlich sind.
prüfen, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsver- § 127
teidigung der Partei hinreichende Aussicht auf Der Beschluß, durch den das Armenrecht be-
Erfolg bietet oder mutwillig erscheint. willigt wird, ist unanfechtbar. Gegen den Beschluß,
546 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
durch den das Armenrecht verweigert oder ent- gestellt werden kann. Das gleiche gHt für einen
zogen oder die Nachzahlung von Kosten angeordnet Schriftsatz, der einen Zwischenstreit betrifft.
wird, findet die Beschwerde statt; dies gilt nicht, (2) Der vorbereitende Schriftsatz, der eine Gegen-
wenn das Berufungsgericht den Beschluß erlassen erklärung auf neues Vorbringen enthält, ist so
hat. Eine weitere Beschwerde ist ausgeschlossen. rechtzeitig einzureichen, daß er mindestens drei
Tage vor der mündlichen Verhandlung zugestellt
Dritter Abschnitt
werden kann. Dies gilt nicht, wenn es sich um eine
Verfahren schriftliche Gegenerklärung in einem Zwischen-
Erster Titel streit handelt.
§ 133
Mündliche Verhandlung
(1) Die Parteien solleb den Schriftsätzen, die sie
§ 128 bei dem Gericht einreichen, die für die Zustellung
(1) Die Verhandlung der Parteien über den erforderliche Zahl von Abschriften beifügen.
Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht ist eine (2) Im Falle der Zustellung von Anwalt zu An-
mündliche. walt (§ 198) haben die Parteien sofort nach der Zu•
(2) Mit Einverständnis der Parteien kann das stellung eine für das Prozeßgericht bestimmte Ab-
Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Ver- schrift ihrer vorbereitenden Schriftsätze und der
handlung treffen. Anlagen auf der Geschäftsstelle niederzulegen.
§ 129
§ 134
(1) In Anwaltsprozessen wird die mündliche Ver-
(1) Die Partei ist, wenn sie rechtzeitig aufgefor-
handlung durch Schriftsätze vorbereitet.
dert wird, verpflichtet, die in ihren Händen befind-
(2) In anderen Prozessen können vorbereitende
lichen Urkunden, auf die sie in einem vorbereiten-
Schriftsätze gewechselt werden.
den Schriftsatz Bezug genommen hat, vor der münd-
§ 130
lichen Verhandlung auf der Geschäftsstelle nieder•
Die vorbereitenden Schriftsätze sollen enthalten-: zulegen und den Gef;ner von der Niederlegung zu
1. die Bezeichnung der Parteien .und ihrer gesetz- benachrichtigen.
lichen Vertreter nach Namen, Stand oder Ge- (2) Der Gegner hat zur Einsicht der Urkunden
werbe, Wohnort und Parteistellung; die Be- eine Frist von drei Tagen. Die Frist kann auf An-
zeichnung des Gerichts und des Streitgegen- trag von dem Vorsitzenden verlängert oder abge-
standes; die Zahl der Anlagen; kürzt werden.
2. die Anträge, welche die Partei in der Gerichts- § 135
sitzung zu stellen beabsichtigt;
(!) Den Rechtsanwälten steht es frei, die Mit-
3. die Angabe der zur Begründung der Anträge teilung von Urkunden von Hand zu Hand gegen
dienenden tatsächlichen Verhältnisse: Empfangsbescheinigung zu bewirken.
4. die Erklärung über die tatsächlichen Behaup·
(2) Gibt ein Rechtsanwalt die ihm eingehändigte
tungen des Gegners;
Urkunde nicht binnen. der bestimmten Frist zurück,
5. die Bezeichnung der Beweismittel, deren sich so ist er auf Antrag nach mündlicher Verhandlung
die Partei zum Nachweis oder zur Wider- zur unverzüglichen Rückgabe zu veru,rteilen.
legung tatsächlicher Behauptungen bedienen
will, sowie die Erklärung über die von dem (3) Gegen das Zwischenurteil findet sofortige Be-
Gegner bezeichneten Beweismittel; schwerde statt.
§ 136
6. in Anwaltsprozessen die Unterschrift des An-
walts, in anderen Prozessen die Unterschrift (1) Der Vorsitzende eröffnet und leitet die münd•
der Partei selbst oder desjenigen, der für sie liche Verhandlung.
als Bevollmächtigter oder als Geschäftsführer (2) Er erteilt das Wort und kann es demjenigen,
ohne Auftrag handelt. der seinen Anordnungen nicht Folge leistet, ent•
ziehen.
§ 131
(3) Er hat Sorge zu tragen, daß die Sache er•
(1) Dem vorbereitenden Schriftsatz sind die in schöpfend erörtert und die Verhandlung ohne Unter-
den Händen der Partei befindlichen Urkunden, auf brechung zu Ende geführt wird; erforderlichenfalls
die in dem Schriftsatz Bezug genommen wird, in Ur- hat er die Sitzung zur Fortsetzung der Verhandlung
schrift oder in Abschrift beizufügen. sofort zu bestimmen.
(2) Kommen nur einzelne Teile einer Urkunde in (4) Er schließt die Verhandlung, wenn nach An-
Betracht, so genügt die Beifügung eines Auszugs, sicht des Gerichts die Sache vollständig erörtert
der den Eingang, die zur Sache gehörende Stelle, ist, und verkündet die Urteile und Beschlüsse des
den Schluß, das Datum und die Unterschrift enthält. Gerichts.
(3) Sind die Urkunden dem Gegner bereits be- § 137
kannt oder von bedeutendem Umfang, so genügt (1) Die mündliche Verhandlung wird dadurch ein•
,_ihre genaue Bezeichnung mit dem Erbieten, Einsicht geleitet, daß die Parteien ihre Anträge stellen.
zu gewähren. (2) Die Vorträge der Parteien sind in freier Rede
§ 132 zu halten; sie haben das Streitverhältnis in tat-
(1) Der vorbereitende Schriftsatz, der neue Tat- sächlicher und rechtlicher Beziehung zu umfassen.
sachen oder ein anderes neues Vorbringen enthält, (3) Eine Bezugnahme auf Schriftstücke ist zu-
ist so rechtzeitig einzureichen, daß er mindestens lässig, soweit keine der Parteien widerspricht und
eine Woche vor der mündlichen Verhandlung zu- das Gericht ·sie für angemessen hält. Die Vorlesung
Nr. 40 -- Tag der Ausgabe: Bonn, ilen 20. September 1950 547
von Schriftstücken findet nur insoweit statt, als es § 142
auf ihren wörtlichen Inhalt ankommt.. !tJ Das Gericht kann anordnen, daß eine Partei
(4) In Anwaltsprozessen ist neben dem Anwalt die in ihren Händen befindlichen Urkunden, auf die
auch der Partei sell:J.st auf Antrag das Wort zu ge- sie sich bezogen hat, sowie Stammbäume, Pläne,
statten. Risse und sonstige Zeichnungen vorlege.
§ 138 (2) Das Gericht kann anordnen, daß die vorge·
(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tat- legten Schriftstücke während einer von ihm zu be•
sächliche UmstünJe vollständig und der Wahrheit stimmenden Zeit auf der Geschäftsste1le verbleiben.
gemäß abzugehe-n. (3) Das Gericht kann anordnen, daß von den in
(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner fremder Sprache abgefaßten Urkunden eine Uber·
behaupteten Tatsachen zu erklären. setznng beigebracht werde, die ein nach den Richt·
(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritt2n Jinien der Landesjustizverwaltung hierzu ermäch•
werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn \igter Ubersetzer angefertigt hat.
nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den § 143
übrigen Erklärunyen der Partei hervorgeht.
Das Gericht kann anordnen, daß die Parteien die
(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über in ihrem Besitz befindlichen Akten vorlegen, so·
Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen weit diE,se aus Schriltst(icken bestehen, welche die
der Partei noch .Gegenstand ihrer eigenen Wahr- Verhandlung und Entscheidung der Sache betreffen.
nehmung gewesen sind.
§ t:l9 § 144
(1) Der Vorsitzende hc1t dahin zu wirken, daß die (1) D&s Gericht kann die Einnahme des Augen-
Parteien über alle erhchliclwn Tatsachen sich voll- scheins sowie die Begutachtung durch Sachver•
ständi:J erklüren 1111d die sachdienliclwn Anlrägc stJndigc anordnen.
stellen, insbcsonclcr,· ,rnch 11nc1cni1qcnd~ Angab~n 12) Das Verfahren richtet sich nach den Vor-
der geltend gemachten Tül'-id('ht- /l ('ru;ln'!Qll und diP
1 schriften, die eine au! Antrag angeordnete Ein-
Beweismittel bczc,ichnC'n. Er hat zu die.c;ern Zwl:)CkR, nahme des Augenscheius oder Begutachtung durch
soweit erforderlich. das Sach- und Stre1l.verl1i111nis Sc1chverstänclige zum Gegenstand haben.
mit den Parteien nach der lalsJchlichen uncl der § 145
rechtlichen Seile zu erörlPrn und FragPn zu stellen. (1) Das Gericht kann anordnen, daß mehrere in
(2) Der Vorsi:zende hat auf dil' Hedcnken auf- einer Klage erhobene Ansprüche in getrennten
merksam zu mach0n, die in Ansehung der von Amts Prozes.;en verhandelt werden.
wegen zu berücksichligcndPn Punkte obwall<>n. (2) Das gleiche gilt, wenn der Beklagte eine Wider-
(3) Er hat jed<'m 'vlilrJlied des Gerichls auf Ver• klage erhoben hat. und der Gegenanspruch mit dem
langc·n zu geslal i<'n, f'rc1gen 1.u stellen in der Klage geltend gemachten Anspruch nicht in
§ 140 rechtlichem Zusc:mmenhang steht.
Vv'irrl eine auf dlf• Sachleitung bcz(1gliche Anord• (:l) Macht der Beklagte die Acifrechnung einer
nung d('S Vors111.f'Hd(!O oder (~inc vun dem Vor- GcgPnforderung geltend, die _mit der in der Klage
sitzenden oder e-11cm Geridilsmitglied" gestellte geltend gemachten Forderung nicht in rechtlichem
Frug" von einer l>ci der Verhandlung beteiligten Zusammenhang steht, so kann das Gericht anord·
Pers ,n als unzuLiss,g l.,canslandel, so entscheidet nen, daß Über die Klage und über die Aufrechnung
das c~richt. getrennt verhandelt werde; die Vorschriften des
§ 141 § 302 sind anzuwenden.
(1) Das Gericht kunn das persönliche Erscheinen § 146
einer Purtei zur Aulklärung des Sachverhalts an- Das Gericht kann anordnen, daß bei mehreren
ordnen, von der Anunlmmg soll abgesehen werden, auf denselben Anspruch sich beziehenden selbstän-
wen.1 der Partei wcJt.n weiter Entlernu1,g ihres Auf- digen Angriffs- oder Verteidigungsmitteln (Klage-
entha,tsortes vom Gerichtssitz oder aus sonstigen gründen, Einreden, Repliken usw.) die Verhandlung
wichtigen Grümlcn die persönliche Wahrnehmung zunächst auf eines oder einige dieser Angriffs- oder
des Teimins nicht zugemutet werden kann. Verteidigungsmittel zu beschränken sei.
(2) Wird das Erscheinen angeordnet, so ist die
§ 147
Partei von Amts wegen zu laden. Die Ladung ist
der Pa, tei selbst mitzuteilen, auch wenn sie einen Das Gericht kann die ·verbindung mehrerer bei
Prozellbevollmächtigten bestellt hat, der Zustellung ihm anhängiger Prozesse derselben oder verschie-
bedarf die Ladung nicht. dener Parteien zum Zwecke der gleichzeitigen Ver-
(3) Bleibt die Partei im Temü;-, oüS, so können handlun·g und Entsch1=idung anordnen, wenn die
gegen sie die gleichen Strafen wie gegen einen im Ansprüche, :lie den Gegenstand dieser Prozesse
Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen, je- bilden, in rechtlichem Zusammenhang stehen oder
doch mit Ausnahme der Haftstrafe, verhängt wer- in einer Klage hätten geltend gemacht werden
den. Dies gilt nicht, wenn die Partei zur Verhand· können.
§ 148
Jung einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung
des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des
gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Ver- Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen
gleichsabschluß, erm_ichtiqt ist. Di,e Partei ist auf öder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses ab-
die Folgen ihres Ausbleibens in der Ladung hin- hängt, das den Gegenstand eines anderen an•
zuweisen, hängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Ver-
548 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
waltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, daff § 157
die Verhandlung bio zur Erledigung des anderen (1) Mit Ausnahme der Rechtsanwälte sind Per•
Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwal- sonen, die die Besorgung fremder Rechtsangelegen•
tungsbehörde auszusetzen sei. heiten vor Gericht geschäftsmäßig betreiben, als
§ 149 Bevollmächtigte und Beistände :n der mündlichen
Das Gericht kann, wenn sich im Laufe eines Verhandlung ausgeschlossen. Sie sind auch dann
Rechtsstreits der Verdacht einer strafbaren Hand- ausgeschlossen, wenn sie als Partei einen ihnen ab-
lung ergibt, deren Ermittlung auf die Entscheidung getretenen Anspruch geltend machen und nach d"'r
von Einfluß ist, die Aussetzung der Verhandlung Uberzeugung des. Gerichts der Anspruch abgetreten
bis zur Erledigung des Strafverfahrens anordnen. ist, um ihren Ausschluß von der mündlichen Ver•
hanälung zu vermeiden.
§ 150
(2) Das Gericht kann Parteien, Bevollmächtigten
Das Gericht kann die von ihm erlassenen, eine und Beiständen, die nicht Rechtsanwälte sind, wenn
Trennung, Verbindung oder Aussetzung betreffen- ihnen die Fähigkeit zum geeigneten Vortrag
den Anordnungen wieder aufheben. mangelt, den weiteren Vortrag ·untersagen. Diese
§ 151 Anordnung ist unanfechtbar.
Hängt die Entscheidung eines Rechtsstreits davon (3) Die Vorschrift des Abs. 1 ist auf Personen,
ab, ob eine Ehe nichtig ist, so hat das Gericht, denen das mündliche Verhandeln vor Gericht
wenn die Nichtigkeit nur im Wege der Nichtig- durch Anordnung der Justizverwaltung gestattet
keitsklage geltend gemacht werden kann, auf An· ist, nicht anzuwenden. Die Justizverwaltung soll
trag das Verfahren auszusetzen und, falls die bei ihrer Entschließung sowohl auf die Eignung der
Nichtigkeitsklage noch nicht erhoben ist, eine Frist Person als auch darauf Rücksicht nehmen, ob im
zur Erhebung der Klage zu bestimmen. Ist die Nich· Hinblick auf die Zahl der bei dem Gericht zuge-
tigkeitsklage erledigt oder wird sie nicht vor dem lassenen Rechtsanwälte ein Bedürfnis zur Zulas-
Ablauf der bestimmten Frist erhoben, so ist die Auf- sung besteht.
nahme des ausgesetzten Verfahrens zulässig. § 158
§ 152 Ist eine bei der Verhandlung beteiligte Person
Hängt die Entscheidung eines Rechtsstreits da· zur Aufrechterhaltung der Ordnung von dem Ort
von ab, ob eine im Wege der Aufhebungsklage an- der Verhandlung entfernt worden, so kann auf An•
trag gegen sie in gleicher Weise verfahren werden,
gefochtene Ehe aufhebbar ist, so hat das Gericht auf
als wenn sie freiwillig sich entfernt hätte. Das
Antrag das Verfahren auszusetzen. Ist der Rechts-
gleiche gilt im Falle des § 157 Abs. 2, sofern di!e
streit über die Aufhebungsklage erledigt, so findet
Untersagung bereits Jei einer früheren Verhand·
die Aufnahme des ausgesetzten Verfahrens statt.
Jung geschehen war.
§ 153 § 159
Hängt die Entscheidung eines Rechtsstreits da- (1) Uber die mündliche Verhandlung vor dem
von ab, ob ein Kind, dessen Ehelichkeit im Wege Gericht ist ein Protokoll aufzunehmen.
der Anfechtungsklage angefochten worden ist, un- (2) Das Protokoll enthält:
ehelich ist, so gelten die Vorschriften des § 152 ent- 1. den Ort und den Tag der Verhandlung;
sprechend.
2. die Namen der Richter, des Urkundsbeamten
§ 154
der Geschäftsstelle und des etwa zugezogenen
(1) Wird im Laufe eines Rechtsstreits streitig, ob Dolmetschers;
zwischen den Parteien eine Ehe bestehe oder nicht 3. die Bezeichnung des Rechtsstreits;
bestehe, und hängt von der Entscheidung dieser 4. die Namen der erschienenen Parteü;n, gesetz-
Frage die Entscheidung des Rechtsstreits ab, so hat lichen Vertreter, Bevollmächtigten und Bei·
das Gericht auf Antrag das Verfahren auszusetzen, stände;
bis der Streit über das Bestehen oder Nichtbestehen 5. die Angabe, daß öffentlicli ve,rhar.delt oder die
der Ehe im Wege der Feststellungsklage erledigt ist. Offentlichkeit ausgeschlossen ist.
(2) Diese Vorschrift gilt entsprechend, wenn im
Laufe eines Rechtsstreits streitig wird, ob zwischen § 160
den Parteien ein Eltern- und Kindesverhältnis be· (1) Der Gang der Verhandlung ist nur im allge•
stehe oder nicht bestehe oder ob der einen Partei meinen anzugeben.
die elterliche Gewalt über die andere zustehe oder (2) Durch Aufnahme in das Protokoll sind fest•
nicht zustehe, und von der Entscheidung dieser zustellen:
Fragen die Entscheidung des Rechtsstreits abhängt. 1. die Anerkenntnisse, Verzichtleistungen UlllJd
§ 155 Vergleiche, durch die der geltend gemachte
In den Fällen der §§ 151 bis 153 kann das Gericht Anspruch ganz oder teilweise erledigt wird;
auf Ant,rag die Anordnung, durch die das Verfahren 2. die Anträge und Erklärungen, deren Feststel•
ausgesetzt ist, aufheben, wenn die Betreibung des Jung vorgeschrieben ist;
Rechtsstreits verzögert wird, der die Nichtigkeit 3. die Aussagen der Zeugen und Sachverstän•
oder die Aufl\ebung der Ehe oder die Anfechtung digen sowie die Aussagen der Partei im Falle
der Ehelichkeit zum Gegenstand hat. ihrer Vernehmung; bei einer wiederholten
Vernehmung braucht die Aussage nur inso•
§ 156 weit in das Protokoll aufgenommen zu werden,
Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Ver- als sie von der früheren abweicht;
handlung, die geschlossen war, anordnen. 4. das Ergebnis eines Augenscpeins;
Nr. 40 --- Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 549
5. die Entscheidungen (Urt2ile, Beschlüsse und Zweiter Titel
Verfügungen) des Gerichts, sofern sie nicht
dem Protokoll schriftlich beigefügt sind; Verfahren bei Zustellungen
6. die Verkündung der Entscheidungen. I. Zustellung auf Betreiben der
(3) Der Aufnahme in das Protokoll steht die Auf- Parteien
nahme in ein_e Schrift gleich, die dem Protokoll
als Anlage beigefügt und in ihm als solche be- § 166
zeichnet ist. (1) Die von den Parteien zu betreibenden Zustel-
§ 161 lungen erfolgen durch Gerichtsvollzieher.
Die Aussagen der Zeugen und Sachverständigen (2) In dem Verfahren vor den.Amtsgerichten kann
sowie die Aussagen einer vernommenen Partei die Partei den Gerichtsvollzieher unter Vermittlung
brauchen nicht in dem Protokoll festgestellt zu der Geschäftsstelle des Prozeßgerichts mit der Zu-
werden, wenn die Vernehmung vor dem Prozeß- stellung beauftragen. Das gleiche gilt in Anwalts-
gericht erfolgt und das Endurteil der Berufung nicht prozessen für Zustellungen, durch die eine Notfrist
unterliegt. In diesem Falle ist in dem Protokoll zu gewahrt werden soll.
vermerken, daß die Vernehmung stattgefunden hat. § 167
(1) Die mündliche Erklärung einer Partei genüJt,
§ 162
um den Gerichtsvollzieher zur Vornahme der Zu-
Das Protokoll ist insoweit, als es die Nr. 1 bis stellung, die Geschäftsstelle zur Beauftragung eines
4 des § 160 betrifft, den Beteiligten vorzulesen odc1 Gerichtsvollziehers mit der Zustellung zu er-
zur Durchsicht vorzulegen. In dem Protokoll ist zu mächtigen.
vermerkPn, daß dies geschehen und die Genehmi-
(2) Ist eine Zustellung durch einen Gerichtsvoll-
gung erfolgt ist oder welche Einwendungen er-
zieher bewirkt, so wirJ bis zum Beweis des Gegen-
holwn si11d.
teils angenommen, daß sie im Auftrag der Partei
§ lfiJ
erfolgt sei.
(1) lJus Protok()]l isl vo11 d!:".•m Vorsi1zenth-~n und § 16S-
dem UrkundslH~dmif'n dt·r ( ;(_•~;chtHtsslL·llt' zu u11ter- Insoweit eine Zustellung unter Vermittlung der
schr0iill'll.
Gcschiiflsstclle zulässig ist, hat diese einen Ge-
(2) Ist der Vorsil1.,·1Hle vnh:nderl, su untn- richl_svollzieher mit der erforderlichen Zustellun3
schreibt f,n ihn dl'r tiltesk bc-i';i!z~nde Richter. Im t.u b2ucdl.rngcn, sofern nicht die Partei erklärt hat,
Falle der Verhinderung d~,s 1\rnl~richt,_..rs gc:nügt daß sie selbst einen Ccricl1lsvollzieher beauftragen
die Untcrschrilt des t;rkr11Hlsbeam1en der Ce- wolle; in Anwaltsprozessen ist die Erklärung nur
schii!lsstelle. zu berücksichtigen, wenn sie in dem zuzustellen-
(3) Von dc:r Zuzic•liung eines ProlokullführPr'i den Schriftsatz enthalten ist.
kann nach Bestimmung des. Vorsitzenden cdJ~e-
sehcn werden. § 169
§ 163 a (1) Die PMtei hat dem Gerichtsvollzieher und,
wenn unter Vermittlung der Geschäftsstelle zuzu•
(1) Niedc:rsch1ilten größc-rcn Umfanges, insbe-
sondere über die Aussugen von Zeugen und Sach- stellen ist, diEscr neben der Urschrift des zuzu-
verständigen und über das Ergebnis eines Augen- slellenden Schriltstücks eine der Zahl der Personen,
scheins, können in einer gebräuchlichen Kurz- denen zuzustellen ist. entsprechende Zahl von Ab-
schrift als Anlage des Protokolls (§ !GO Abs. :l) auf- scluiflen zu übergeben.
genommen werden. In diesem Falle ist die Anlage (2) Die Zeit der Ubergäbe ist auf der Urschrift
stets den Beteiligten vorzulesen und allein von und den Abschriften zu vermerken und der Partei
dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unte,- au: Verlangen zu bescheinigen.
zeichnen. § 162 Satz 2 ist anzuwenden. Nach Be- § 170
endigung des Termins ist unverzüglich eine Uber-
( 1) Die Zustellung besteht, wenn eine Ausferti-
tragung der Anlage des Protokolls in die gewöhn-
gung zugestellt werden soll, in deren Ubergabe. in
liche Schrift anzufertigen und von dem U rkunds-
den übrigen Fällen in der Ubergabe einer beglau-
beamten der Geschäftsstelle zu beglaubigen. Die
bigten Abschrift des zuzustellenden Schriftstücks.
Ubertragung tritt für das weitere Verfahren an die
(2) Die Beglaubigung wird von dem Gerichtsvoll-
Stelle der Anlage.
zieher, bei den auf Betreiben von Rechtsanwäiten
(2) Der Nachweis der Unrichtigkeit der Ubertra-
oder in Anwaltsprozessen zuzustellenden Schrift-
gung ist jederzeit zulässig.
stücken von dem Anwalt vo•rgenommen.
§ 164
§ 171
Die Beobachtung der für die mündliche Verhand-
(1) Die Zustellungen, die an eine Partei bewirkt
lung vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur
werden sollen, erfolgen für die nicht prozeßfäbigen
durch das Protokoll bewiesen werden. Gegen seinen
Personen an ihre gesetzlichen Vertreter.
diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt ist nur der
(2) Bei Behörden, Gemeinden und Korporationen
Nachweis der Fälschung zulässig.
sow · , bei Vereinen, die als solche klagen und ver-
§ 165 klagt werden könr,en, genügt die Zustellung an die
Zu den Verhandlungen, die außerhalb der Sitzung Vorsteher.
vor Amtsrichtern oder vor beauftragten oder er- (3) Bei mehreren gesetzlichen Vertretern sowie
suchten Richtern stattfinden, ist ein Urkunds- bei mehreren Vorstehern genügt die Zustellung an
beamter der Geschäftsstelle gleichfalls zuzuziehen. einen von ihnen.
550 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
§ 172 des Verfahrens oder eines neuen Vorbringens in
(weggefallen) dem Verfahren der Zwangsvollstreckung zum
Gegenstand haben. Das Verfahren vor dem Voll•
§ 173 streckungsgericht ist als zum erster, Rechtszuge
Die Zustellung erfolgt an den Generalbevollmäch- gehörig anzusehen.
tigten sowie in den durch den Betrieb eines Han- § 179
delsgewerbes hervorgerufenen Rechtsstreitigkeiten (weggefallen)
an den Prokuristen mit gleicher Wirkung wie an
die Partei selbst. §180
§ 174 Die Zustellungen können an jedem Ort erfolgen,
(1) Wohnt eine Partei weder am Ort des Prozeß- wo die Person, der zugestellt werden soll, ange·
gerichts noch innerhalb des Amtsgerichtsbezirkes, troffen wird.
in dem das Prozeßgericht seinen Sitz hat, so kann § 181
das Gericht, falls sie nicht einen in diesem Ort oder (1) Wird die Person, der zugestellt werden soll,
Bezirk wohnhaften Prozeßbevo!lmächtigten bestellt in ihrer Wohnung nicht angetroffe'n, so kann die
hat, auf Antrag anordnen, daß sie eine daselbst Zustellung in der Wohnung an einen zu der Familie
wohnhafte Person zum Empfang der für sie be- gehörenden erwachsenen Hausgenossen oder an
stimmten Schriftstücke bevollmächtige. Diese An- eine in der Familie dienende erwachsene Person
ordnung kann ohne mündliche Verhandlung er- erfolgen.
gehen. Eine Anfechtung de,s Beschlusses findet (2) Wird eine solche Person nicht angetroffen, so
nicht statt. kann die Zustellung an den in demselben Hause
(2) Wohnt die Partei nicht im Inland, so ist wohnenden Hauswirt oder V~rmieter erfolgen,
sie auch ohne Anordnung des Gerichts zur Be- wenn sie zur Annahme des Schriftstücks bereit sind.
nennung eines Zustellungsbevollmächtigten ver- § 182
pflichtet, falls sie nicht einen in dem durch den
Ist die Zustellung nach diesen Vorschriften nicht
ersten Absatz bezeichneten Ort oder Bezirk wohn-
ausführbar, so kann sie dadurch erfolgen, daß das
haften Prozeßbevollmächtigten bestellt hat.
zu übergebende Schriftstück auf der Geschäftsstelle
§ 175 des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Ort der Zu-
(1) Der Zustellungsbevollmächtigte ist bei der stellung gelegen ist, oder an diesem Ort bei der
nächsten gerichtlichen Verhandlung oder, wenn die Postanstalt oder dem Gemeindevorsteher oder dem
Partei vorher dem Gegner einen Schriftsatz zu- Polizeivorsteher niedergelegt und eine schriftliche
stellen läßt, in diesem zu benennen. Geschieht dies Mitteilung über die Niederlegung unter der An-
nicht, so können alle späteren Zustellungen bis zur schrift des Empfängers in der bei gewöhnlichen
nachträglichen Benennung in der Art bewirkt wer- Briefen üblichen Weise abgegeben oder, falls dies
den, daß der Gerichtsvollzieher das zu übergebende nicht tunlich ist, an die Tür der Wohnung befestigt
Schriftstück unter der Adresse der Partei nach oder einer in der Nachbarschaft wohnenden Person
ihrem Wohnort zur Post uibt. Die Zustellung wird zur Weitergabe an den Empfänger ausgehändigt
mit der Aufgabe zur Post als bewirkt angesehen, wird.
selbst wenn die Sendung als unbestelibar zurück- § 183
kommt. (1) Für Gewerbetreibende, die ein besonderes·
(2) Die Postsendungen sind mit der Bezeichnung Geschäftslokal haben, kann, wenn sie in dem Ge-
,,Einschreiben" zu ver3ehen, wenn die Partei es ver- schäftslokal nicht angetroffen werden, die Zustel-
langt und zur Zahlung der Mehrkosten sich bereit lung an einen darin anwesenden Gewerbegehilfen
erklärt. erfolgen.
§ 176 {2) Wird ein Rechtsanwalt, ein Notar oder ein
Zustellungen, die in einem anhängigen Rechts- Gerichtsvollzieher in seinem Geschäftslokal nicht
streit bewirkt werden sollen, müssen an den für angetroffen, so kann die Zustellung an einen darin
den Rechtszug bestellten Prozeßbevollmächtigten anwesenden Gehilfen oder Schreiber erfolgen.
erfolgen.
§ 184
§ 177
(1) Wird der gesetzliche Vertreter oder der Vor·
(1) Ist der Aufenthalt eines Prozeßbevollmächtig-
steher einer Behörde, einer Gemeinde, einer Korpo-
ten unbekannt, so hat das Prozeßgericht auf Antrag
ration oder eines Vereins, dem zugestellt werden soll,
die Zustellung an den Zustellungsbevollmächtigten,
in dem Geschäftslokal während der gewöhnlichen
in Ermangelung eines solchen an den Gegner selbst
Geschäftsstunden nicht angetroffen, oder ist er an
zu bewilligen.
der Annahme verhindert, so kann die Zustellung an
(2) Die Entscheidung über den Antrag kann ohne einen anderen in dem Geschäftslokal anwesenden
mündliche Verhandlung erlassen werden. Eine An- Beamten oder Bediensteten bewirkt werden.
fechtung der die Zustellung bewilligenden Entschei- (2) Wird der gesetzliche Vertreter oder der Vor-
dung findet nicht statt.
steher in seiner Wohnung nicht angetroffen, so
§ 178 sind die Vorschriften der §§ 181, 182 nur anzuwen-·
Als zu dem Rechtszug gehörig sind im Sinne des den, wenn ein besonderes Geschäftslokal nicht vor-
§ 176 auch diejenigen Prozeßhandlungen anzusehen, handen ist.
die das Verfahren vor dem' Gericht des Rechtszuges § 185
infolge eines Einspruchs, einer Aufhebung des Die Zustellung an eine der in den §§ 181, 183,
Urteils dieses Gerichts, einer Wiederaufnahme 184 Abs. 1 bezeichneten Personen hat zu unter·
Nr. 40 ~ Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 ~51
bleiben, wenn die Person an dem Rechtsstreit als kunde kann dadurch ersetzt werden, daß der. Ge-
Gegner der Partei, an welche die Zustellung er- richtsvollzieher den Tag der Zustellung auf dem
folgen soll, beteiligt ist. zu übergebenden Schriftstück vermerkt.
§ 186 (4) Die Zustellungsurkunde ist der Partei, für
Wird die Annahme der Zustellung ohne gesetz- welche die Zustellung erfolgt, zu übermitteln.
lichen Grund verweigert, so ist das zu übergebende § 191
Schriftstück am Ort der Zustellung zurückzulassen. Die Zustellungsurkunde muß enthalten:
1. Ort und Zeit der Zustellung;
§ 187
2. die Bezeichnung der Person, für die zugestellt
Ist ein Schriftstück, ohne daß sich seine form- werden soll;
gerechte Zustellung nachweisen läßt, oder unter 3. die Bezeichnung der Person, an die zugestellt
Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften werden soll;
dem Prozeßbeteiligten zugegangen, an den die Zu- 4. die Bezeichnung der Person, der zugestellt ist;
stellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder ge- in den Fällen der §§ 181, 183, 184'die Angabe
richtet werden konnte, so kann die Zustellung als des Grundes, durch den die Zustellung an die
in dem Zeitpunkt bewirkt angesehen werden, in bezeichnete Person gerechtfertigt wird; wenn
dem das Schriftstück dem Beteiligten zugegangen nach § 182 verfahren ist, die Bemerkung, wie
ist. Dies gilt nicht, soweit durch die Zustellung der die darin enthaltenen Vorschriften befolgt
Lauf einer Notfrist in Gang ,'esetzt werden soll. sind;
§ 188 5. im Falle der Verweigerung der Annahme die
Erwähnung, daß die Annahme verweigert und
(1) Zur Nachtzeit sowie an Sonntagen und allge- das zu übergebende Schriftstück am Ort der
meinen Feiertagen darf eine Zustellung, sofern sie Zustellung zurückgelassen ist;
nicht durch Aufgabe zur Post bewirkt wird, nur mit 6. die Bemerkung, daß eine Ausfertigung oder
richterlicher Erlaubnis erfolgen. Die Nachtzeit um- eine beglaubigte Abschrift des zuzustellenden
faßt in dem Zeitraum vom 1. April bis 30. Septem- Schriftstücks und daß eine beglaubigte Ab-
ber die Stunden von neun Uhr abends bis vier Uhr schrift der Zustellungsurkunde übergeben oder
morgens und in dem Zeitraum vom 1. Oktober bis der Tag der Zustellung auf dem zu übergeben-
31. März die Stunden von neun Uhr abends bis den Schriftstück vermerkt ist;
sechs Uhr morgens. 7. die Unterschrift des die Zustellung voll-
(2) Die Erlaubnis wird von dem Vorsitzenden des ziehenden Beamten.
Prozeßgerichts erteilt; sie kann auch von dem § 192
Amtsrichter, in dessen Bezirk die Zustellung er- Ist die Zustellung durch Aufgabe zur Post (§ 175)
folgen soll, und in .Angelegenheiten, die durch erfolgt, so muß die Zustellungsurkunde d~n Vor-
einen beauftragten oder ersuchten Richter zu er- schriften des vorstehenden Paragraphen unter Nr. 2,
ledigen sind, von diesem erteilt werden. 3, 7 entsprechen und außerdem ergeben, zu welcher
(3) Die Verfügung, durch w lche die Erlaubnis Zeit, unter welcher Adresse und bei welcher Post-
erteilt wird, ist bei der Zustellung abschrifllich anstalt die Aufgabe geschehen ist.
mitzuteilen. § 193
(4) Eine Zustellung, bei der die Vorschriften -Zustellungen können auch durch die Post er-
dieses Paragraphen nicht beobachtet sind, ist folgen.
gültig, wenn die Annahme nicht verweigert ist. § 194
§ 189 (1) Wird durch die Post zugestellt, so hat der Ge-
(!) Ist bei einer Zustellung an den Vertreter richtsvollzieher die zuzust_ellende Ausfertigung oder
mehrerer Beteiligter oder an einen von mehreren die beglaubigte Abschrift des zuzustellenden Schrift-
Vertretern die Ubergabe der Ausfertigung oder stücks verschlossen der Post mit dem Ersuchen zu
Abschrift eines Schriftstücks erforderlich, so ge- übergeben, die Zustellung einem Postbediensteten
nügt die Vbergabe nur einer Ausfertigung oder Ab- des Bestimmungsortes aufzutragen. Die SendunJ
muß mit der Anschrift der Person, an die zugestellt
schrift.
werden soll, sowie mit der Bezeichnung des ab•
(2) Einern Zustellungsbevollmächtigten mehrerer sendenden Gerichtsvollziehers und einer Geschäfts-
Beteiligter sind so viele Ausfertigungen oder Ab- numrner versehe~ sein.
schriften zu übergeben, als Beteiligte vorhanden (2) Der Gerichtsvollzieher hat auf dem bei der Zu•
s-ind. stellung zu übergebenden Schriftstück zu vermer·
§ 190 ken, für welche Perscm er es der Post übergibt, und
(1) Uber die Zustellung ist eine Urkunde aufzu- auf der Urschrift des zuzustellenden Schriftstücks
nehmen. oder auf e·inem mit ihr zu verbindenden Bogen zu
(2) Die Urkunde ist auf die Urschrift des zuzu- bezeugen, daß die Vbergabe in der im Abs. 1 be·
stellenden Schriftstücks oder auf einen mit ihr zu zeichneten Art und für wen sie geschehen ist.
verbindenden Bogen zu setzen. § 195
(3) Eine durch den Gerichtsvollzieher beglaubigte (1) Die Zustellung durch den Postbediensteten er-
Abschrift der Zustellungsurkunde ist auf das bei folgt nach den Vorschriften der §§ 180 bis 186 ..
der Zustellung zu übergebende Schriftstück oder auf (2) Uber die Zustellung ist von dem Postbedien-
einen mit ihm zu verbindenden Bogen zu setz-en. steten eine Urkunde aufzunehmen, die den Vor-
Die Ubergabe einer Abschrift der Zustellungsur- schriften des § 191 Nr. 1, 3 bis 5, 7 entsprechen und
552 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
die Ubergabe der ihrer Anschrift und ihrer Ge- § 200
schaftsnummer nach bezeichneten Sendung sowie (1) Zustellungen an Deutsche, die das Recht der
der Abschrift der Zustellungsurkunde bezeug2n Exterritorialität genießen, erfolgen, wenn sie zur
muß. Dite Obergabe einer Abschrift der Zustellun:1s- Mission des Bundes gehören, mittels Ersuchens des
urkunde kann dadurch ersetzt werden, daß der Bundeskanzlers.
Postbedienstete den Tag der Zustellung auf der (2) Zustellungen an die Vorsteher der Bundes·
Sendung vermerkt: er hat dies in der Zustellungs- konsulate erfolgen mittels Ersuchens des Bundes-
urkunde zu bezeugen. kanzlers.
(3) Die Urkunde ist von dem Postbediensteten der § 201
Postanstalt und von dieser dem Gerichtsvollzieher (weggefallen)
zu überliefern, der mit ihr nach der Vorschrift des
§ 190 Abs. 4 zu verfahren hat. § 202
§ 195 a (1) Die erforderlichen Ersuchungsschreiben wer•
den von dem Vorsitzenden des Prozeßgerichts er·
Findet nach der Wohnung oder dem Geschäfts-
lassen.
raum, in denen zugestellt werden soll, ein Postb~-
(2) Die Zustellung wird durch das schriftliche
stelldie11st nicht statt, so wird die Sendung bei der
zuständigen Postanstalt hinterlegt. Die Postanstalt Zeu:1nis der ersuchten Behörden oder Beamten, daß
vermerkt auf der Zustellungsurkunde und auf der die Zustellung erfolgt sei, nachgewiesen.
Se;,dung den Grund und den Zeitpunkt der Nieder- § 203
legung. Das Gericht kann die Zustellung als frühe- (1) Ist der Aufenthalt einer Partei unbekannt, so
stens mit dem Ablauf einer Woche seit dieser Nie- kann die Zustellung durch öffentliche Bekannt·
derlegung bewirkt ansehen, wenn anzunehmen ist, machung erfolgen.
daß der Empfänger in der Lage gewesen ist, sich (2) Die öffentliche Zustellung ist' auch dann zu-
die Sendung aushändigen zu lassen oder sich über lässig, wenn bei einer im Ausland zu bewirkenden
ihren Inhalt zu unterrichten. Zustellung die Befolgung der für diese bestehenden
§ 196 Vorschriften unausführbar ist oder keinen Erfolg
Insoweit eine Zustellung unter Vermittlung der verspricht.
Geschäftsstelle zulässig ist, kann diese unmittelbar (3) Das gleiche gilt, wenn die Zustellung aus dem
die ·Post um Bewirkung der Zustellung ersuchen. Grunde nicht bewirkt werden kann, weil die Woh-
In diesem Fal12 gelten die Vorschriften der §§ 194, nung einer nach den §§ 18, i9 des Gerichtsverfas-
195 Ur die Geschäftsstelle entsprechenµ; die er- sungsgesetzes der Gerichtsbarkeit nicht unterwor-
forderliche Beglaubigung nimmt der Urkunds- fenen Person der Ort der Zustellung ist.
beamte der Geschäftsstelle vor. § 204
§ 197 (1) Die öffentliche Zustellung wird, nachdem sie
Ist eine Zustellung durch einen Gerichtsvollzieher auf ein Gesuch der Partei vom Prozeßgericht be-
bewirkt, obgleich sie durch die Post hätte erfolgen w'illigt ist, durch die Geschäftsstelle von Amts
können, so hat die zur Erstattung der Prozeßkosten wegen besorgt. Die Entscheidung über das Gesuc:1
verurteilte Partei die Mehrkosten nicht zu tragen. kann ohne mündliche Verhandlung erlassen werden.
(2) Die öffentliche Zustellung erfolgt durch A:i•
§ 198
heftung der zuzustellenden Ausfertigung oder
(1) Sind d1e Parteien durch Anwälte vertreten, einer beglaubigten Abschrift des zuzustellenden
so kann ein Schriftstück auch dadurch zugestellt Schriftstücks an die Gerichtstafel. Enthält das
werden, daß der zustellende Anwalt das zu über- Schriftstück eine Ladung, so ist außerdem die ein-
gebende Schriftstück dem anderen Anwalt über- malige Einrückung eines Auszugs des Schriftstücks
mittelt (Zustellung von Anwalt zu Anwalt). Auch in den Bundesanzeiger erforderlich.
Schriftsätze, die nach den Vorschriften dieses Ge- (3) Das Prozeßgericht kann anordnen, daß der
setzes von Amts -wegen zuzustellen wären, können Auszug noch _in andere Blätter und zu mehr-eren
statt dessen von Anwalt zu Anwalt zugestellt wer- Malen eingerückt werde.
den, wenn nicht gleichzeitig dem Gegner eine ge-
richtliche Anordnung mitzuteilen ist. In dem Schrift· § 205
satz soll die Erklärung enthalten sein, daß er von In dem Auszug des Schriftstücks müssen das
Anwalt zu Anwalt zugestellt werde. Die Zustellung Prozeßgericht, die Parteien, der Gegenstand des
ist dem Gericht, sofern dies für die von ihm zu Prozesses, der Antrag, der Zweck der Ladung und
treffende Entscheidung erforderlich ist, nachzu- die Zeit, zu welcher der Geladene erscheinen soll,
weisen. bezeichnet werden.
(2) Zum Nachweis der Zustellung genügt das mit § 206
Datum und Unterschrift versehene schriftliche Emp- (1) Das eine Ladung enthaltende Schriftstück gilt
fangsbekenntnis des Anwalts, dem zugestellt wor- als an dem Tage zugestellt, an dem seit der letzten
den ist. Der Anwalt, der zustellt, hat dem anderen Einrückung des Auszugs in die öffentlichen Blätter
Anwalt auf Verlangen eine Bescheinigung über di..i ein Monat verstrichen ist. Das Prozeßgericht kann
Zustellung zu erteilen. bei Bewilligung der öffentlichen Zustellung den Ab·
§ 199 lauf einer längeren Frist für erforderlich erklären.
Eine im Ausland zu bewirkende Zustellung er- (2) Enthält das Schriftstück keine Ladung, so ist
folgt mittels Ersuchens der zuständigen Behörde des es als zugestellt anzusehen, wenn seit der An-
fremden Staates oder des in diesem Staate resi- heftung des Schriftstücks an die Gerichtstafel zwei
dierenden Konsuls oder Gesandten des Bundes. Wochen verstrichen sind.
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 553
(3) Auf die Gültigkeit der Zustellung hat es J2) Die VorschrifL des § 194 Abs. 2 ist nicht an-
keinen Einfluß, wenn das anzuheftende Schriftstück zuwenden.
von dem Ort der Anheftung zu früh entfernt wird. § 212
§ 207 (1) Die Beurkundung der Zustellung durch den
(1) Wird auf ein Gesuch, das die Zustellung eines Gerichtswachtmeister oder den Postbediensteten
ihm beigefügten Schriftstücks mittels Ersuchens erfolgt nach den Vorschriften des § 195 Abs. 2 mit
anderer Behörjen oder Beamten oder mittels der Maßgabe, daß eine Abschrift der Zustellungs-
öffentlicher Bekanntmachung betrifft, die Zu- urkunde nicht zu übergeben, der Tag der Zustel-
stellung demnächst bewirkt, so treten, insoweit lung jedoch auf der Sendung zu vermerken ist.
durch die Zustellung eine Frist gewahrt und der (2) Die Zustellungsurkunde ist der Geschäftsstelle
Lauf der Verjährung oder einer Frist unterbrochen zu überliefern.
wird, die Wirkungen der Zustellung bereits mit der ~ 212 ä
Uberreichung des Gesuchs ein. Bei der Zustellung an einen Anwalt, Notar oder
(2) Wird ein Schriftsatz, dessen Zustellung unter Gerichtsvollzieh,;,r oder eine Behörde oder Körper-
Vermittlung der Geschäftsstelle erfolgen soll, schaft des öffentlichen Rechts genügt zum Nachweis
innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach der der Zustellung das mit Datum und Unte'rschrift ver-
Einreichung bei der Geschäftsstelle zugestellt, so sehene schriftliche Empfangsbekenntnis des An-
tritt, sofern durch die Zustellung eine Notfrist ge• walts oder eines gemäß der Rechtsanwaltsordnung
wahrt wird, die Wirkung der Zustellung bereits mit bestellten Zustellungsbevollmächtigten, des Notars
der Einreichung ein. oder Gerichtsvollziehers oder der Behörde oder
Körperschaft.
II. Z u s t e 1 1 u n g e n v o n A m t s w e g e n § 212 b
§ 208 Eine Zustellung kann auch dadurch vollzogen
Auf die von Amts wegen zu bewirkenden Zustel- werden, daß das zu übergebende Schriftstück an
lungen gelten die Vorschriften über die Zustellun· der Amtsstelle dem ausgehändigt wird, an den die
gen auf Betreiben der Parteien entsprechend, so- Zustellung zu bewirken ist. In den Akten und auf
weit nicht aus den nachfolgend2n Vorschriften sich dem ausgehändigten Schriftstück ist zu vermerken,
Abweichungen ergeben. wann dies geschehen ist; der Vermerk ist von dem
Beamten, der die Aushändigung vorgenommen hat,
§ 209 zu unterschreiben.
Für die Bewirkung der Zustellung hat die Ge- § 213
schäftsstelle Sorge zu tragen.
Ist die Zustellung durch Aufgabe zur Post (§ 175)
§ 210 erfolgt, so hat der Urkundsbeamte der Geschäfts-
Die bei der Zustellung zu übergebende Abschrift stelle in den Akten zu vermerken, zu welcher Zeit
wird durch den Urkundsbeamten der Geschäfts- und unter welcher Adresse die Aufgabe geschehen
stelle beglaubigt. ist. Der Aufnahme einer Zustellungsurkunde bedarf
§ 210 a es nicht.
(1) Ein Schriftsalz, durch ckn ein Rechtsmittel Dritter Titel
eingelegt wird, ist dem Prozdlbcvollmächtigten des Ladungen, Termine und Fristen
Rechtszuges, dessen Entscheidung angefochten § 214
wird, in Ermangelung eines solchen dem Prozell-
Die Ladung zu einem Termin wird von Amts
bevollmächtigten des ersten Rechtszuges zuzustel-
wegen veranlaßt.
len. Ist von der Partei bereils ein Prozeßbevoll- § 215
mächtigter für den höheren, zur Verhandlung und
In Anwaltsprozessen muß die Ladung zur münd--
Entscheidung über das Rechts_mittel zuständigen
liehen Verhandlung, sofern die Zustellung nicht an
Rechtszug bestellt, so kann die Zustellung auch an
einen Rechtsanwalt erfolgt, die Aufforderung ent-
diesen Prozeßbevollmächtfgten erfolgen.
halten, einen bei dem Prozeßgericht zugelassenen
(2) Ist ein Prozeßbevollmächtigter, dem nach
Anwalt zu bestellen.
Abs. 1 zugestellt werden kann, nicht vorhanden
§ 216
oder ist sein Aufenthalt unbekannt, so erfolgt die
Zustellung an den von der Partei, wenngleich nur (1) Die Termine werden von Amts wegen be-
für den ersten Rechtszug bestellten Zustellungs- stimmt, wenn Anträge oder Erklärungen eingereicht
bevollmächtigten, in Ermangelung eines solchen an werden, übeir die nur nach mündlicher Verhand-
die Partei selbst, und zwar an diese durch Aufgabe lung entschieden werden kann oder über die münd-
zur Post, wenn sie einen Zustellungsbevollmäch- liche Verhandlung vom Gericht angeordnet ist.
tigten zu bestellen hatte, die Bestellung aber unter• (2) Die Bestimmung der Termine erfolgt binnen
lassen hat. vierundzwanzig Stunden durch den Vorsitzenden.
§ 211 (3) Auf Sonntage und allgemeine Feiertage sind
Termine nur in Notfällen anzuberaumen.
(1) Die Geschäftsstelle hat das zu übergebende
Schriftstück einem Gerichtswachtmeister oder der § 217
Post zur Zustellung auszuhändigen. Die Sendung Die Frist, die in einer anhängigen Sache zwischen
muß verschlossen sein; sie muß mit der Anschrift der Zustellung der Ladung und dem Terminstag
der Person, an die zugestellt werden soll, sowie liegen soll (Ladungsfri-st), beträgt in Anwaltspro-
mit der B.ezeichnung der absendenden Stelle und zessen mindestens eine Woche, in anderen Pro·
einer Geschäftsnummer versehen sein. Sie muß den zessen mindestens drei Tage, in Meß- und Markt-
Vermerk „Vereinfachte Zustellung" tragen. sachen mindestens vierundzwanzig Stunden.
554 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
§ 218 § 225
Zu Terminen, die in verkündeten Entscheidungen (1) Ober das Gesuch um Abkürzung oder Ver-
bestimmt sind, ist eine Ladung der Parteien unbe• längerung einer Frist kann ohne mündliche Ver•
schadet der Vorschriften des § 141 Abs. 2 nicht liandlung entschieden werden.
erforderlich. (2) Die Abkürzung oder wiederholte Verlänge•
§ 219 rung darf nur nach Anhörung des Gegners be•
(1) Die Termine werden an der Gerichtsstelle ab- willigt werden.
gehalten, sofern nicht die Einnahme eines Augen- (3) Eine Anfechtung des Beschlusses, durch den
schelns an Ort und Stelle, die Verhandlung mit das Gesuch um Verlängerung einer Frist zurück•
einer am Erscheinen vor Gericht verhinderten Per· gewiesen ist, findet nicht statt.
son oder eine sonstige Hanqlung erforderlich ist, die
§ 226
an der Gerichtsstelle nicht vorgenommen werden
kann. (1) Einlassungsfristen, Ladungsfristen sowie die-
(2) Der Bundespräsident ist nicht verpflichtet, jenigen Fristen, die für die Zustellung vorbereiten•
persönlich an der Gerichtsstelle zu erscheinen. der Schriftsätze bestimmt sind, können auf Antrag
abgekürzt werden.
§ 220 (2) Die Abkürzung der Einlassungs- und der
(1) Der Termin beginnt mit dem Aufruf der Sache. Ladungsfristen wird dadurch nicht ausgeschlossen,
(2) Der Termin ist von einer Partei versäumt, daß infolge der Abkürzung die mündliche Verband•
wenn sie bis zum Schluß nicht verhandelt. Jung durch Schriftsätze nicht vorbereitet werden
kann.
§ 221
(3) -Der Vorsitzende kann bei Bestimmung _des
(1) Der Lauf einer richterlichen Frist beginnt, Termins die Abkürzung ohne Anhörung des Geg•
sofern nicht bei ihrer Festsetzung ein anderes be- ners und des sonst Beteiligten verfügen, diese Ver-
stimmt wird, mit der Zustellung des Schriftstücks, fügung ist dem Beteiligten abschriftlich mitzuteilen,
in dem die Frist festgesetzt ist, und, wenn es einer
solchen Zustellung nicht bedarf, mit der Verkün• § 227
dung der Frist. · (1) Das Gericht kann aus erheblichen Gründen
(2) Der Lauf ~iner gesetzlichen oder richterlichen auf Antrag oder von Amts wegen einen Termin auf-
Frist, deren Beginn von einer Zustellung abhängig heben. Beschlüsse hierüber können ohne münd·
ist, beginnt mit dieseT auoh gegen diejenige Partei, liehe Verhandlung ergehen.
welche die Zustellung hat bewirken lassen. (2) Der Beschluß über die Aufhebung eines Ter•
§ 222 mins ist, falls er ohne mündliche Verhandlung er•
(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die geht, mit Gründen zu versehen. Auch die Zurück•
Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs. we,isung eines Antrags auf Aufhebung eines Ter•
mins ist unanfechtbar.
(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag
oder allgemeinen Feiertag, so endigt die Frist mit (3) Die Vorschriften der Abs. 1, 2 gelten auch
Ablauf des nächstfolgenden Werktags. für die Verlegung eines Termins und für die Ver•
(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stun• tagung einer Verhandlung.
den bestimmt ist, werden Sonntage und allgemeine § 228
Feiertage nicht mitgerechnet. (weggefallen)
§ 223 § 229
(1) Der Lauf einer Frist wird durch die Gerichts- Die in diesem Titel dem Gericht und dem Vor•
ferien gehemmt. Der noch übrige Teil der Frist be- sitzenden beigelegten Befugnisse stehen dem beauf·
ginnt mit dem Ende der Ferien zu laufen. Fällt der tragten oder ersuchten Richter in bezug auf die von
Anfang der Frist in die Ferien, so beginnt der Lauf diesen zu bestimmenden Termine und Fristen zu.
der Frist mit dem Ende der Ferien.
(2) Die vorstehenden Vorschrifüm sind auf Not- Vierter Titel
fristen und Fristen in Feriensachen nicht anzu- Folgen der Versäumung. Wiederei_nsetzung in den
wenden.
vorigen Stand
(3) Notfristen sind nur diejenigen Fristen, die in
diesem Gesetz als solche bezeichnet werden, § 230
§ 224
Die Versäumung einer Prozeßhan·dlung hat zur
allgemeinen Folge, daß die Partei mit der vorzu•
(1) Durch Vereinbarung der Parteien können
nehmenden Prozeßhandlung ausgeschlossen wird.
Fristen, mit Ausnahme der Notfristen, abgekürzt
werden. § 231
(2) Auf Antrag können richterliche und gesetz- (1) Einer Androhung der gesetzlichen Folgen der
liche Fristen abgekürzt oder verlängert werden, Versäumung bedarf es nicht, sie treten von selbst
wenn erhebliche Gründe glaubhaft gemacht sind, · ein, sofern nicht dieses Gesetz eü{en auf Verwirk•
gesetzliche Fristen jedoch nur in den besonders lichung des Rechtsnachteils gerichteten Antrag er-
bestimmten Fällen. fordert.
(3) Im Falle der Verlängerung wird die neue Frist (2) Im letzteren Falle kann, solange nicht der An•
von dem Ablauf der vorigen Frist an berechnet, tn 6 gestellt und die mündliche Verhandlung über
wenn nicht im einzelnen Falle .ein anderes be- ihn geschlossen ist, Jie versäumte Prozeßhandlung
stimmt ist. nachgeholt werden.
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, d.en 20. September 1950 555
§ 232 Fünfter Titel
(1) Auf Grund der den Minderjährigen und den ·unterbrechung und Aussetzung des Veriahrens
ihnen gleichgestellten Personen als solchen zu- § 239
stehenden Rechte findet die Aufhebung der Folgen (1) Im Falle des Todes einer Partei tritt eine
einer Versäumung nicht statt. Unterbrechung des Verfahrens bis zu dessen Auf-
(2) Insofern die Aufhebung der Folgen einer un- nahme durch die Rechtsnachfolger ein.
verschuldeten Versäumung zulässig ist, wird eine (2) Wird die Aufnahme verzögert, so sind auf
:Versäumung, die in dem Verschulden eines Ver- Antrag des Gegners die Rechtsnachfolger zur Auf•
treters ihren Grund hat, als eine unverschuldete nahme und zugleich zur Verhandlung der Haupt•
nicht angesehen. sache zu laden.
§ 233 (3) Die Ladung ist mit dem den Antrag enthalten-
(!) Einer Partei, die durch Naturereignisse oder den Schriftsatz den Rechtsnachfolgern selbst zu•
andere unabwendbare Zufälle verhindert worden zustellen. Die Ladungsfrist wird von dem Vor-
ist, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der sitzenden bestimmt.
Berufung oder der Revision einzuhalten, ist auf (4) Erscheinen die Rechtsnachfolger in dem Ter•
Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand min nicht, so ist auf Antrag die behauptete Rechts·
zu erteilen. nachfolge als zugestanden anzunehmen und zur
(2) Hat eine Partei die Einspruchsfrist versäumt, Hauptsache zu verhandeln.
so ist ihr die Wiedereinsetzung auch dann zu er- (5) Der Erbe ist vor der Annahme der Erbschaft
teilen, wenn sie von der Zustelll'.mg des Versäum- zur Fortsetzung des Rechtsstreits nicht v2rpflichtet.
nisurteils ohne ihr Verschulden keine Kenntnis § 240
erlangt hat. Irri Falle der Eröffnung des Konkurses über das
§ 234 Vermögen einer Partei wird da; Verfahren, wenn
(1) Die Wiedereinsetzung muß innerhalb einer es die Konkursmasse betrifft, unterbrochen, bis es
zweiwöchigen Frist beantragt werden. nach den für den Konkurs geltenden Vorschriften
(2) Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem das aufgenommen oder das Konkursverfahren aufge-
Hindernis behoben ist. hoben wird.
(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der § 241
versäumten Frist an gerechnet, kann die Wieder- (1) Verlrert eine Partei die Prozeßfähigkeit oder
einsetzung nicht mehr beantragt werden. stirbt der gesetzliche Vertreter einer Partei oder
§ 235 hört seine Vertret,mgsbefugnis auf, ohne daß die
(weggefallen) Partei prozeßfähig geworden ist, so wird das Ver-
§ 236 fahren unterbrochen, bis der° gesetzliche Ver-
Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung treter oder der neue gesetzliche Vertreter von
richtet sich nach den Vorschriften, die für die ver- seiner Bestellung dem Gericht Anzeige macht oder
säumte Prozeßhandlung gelten. Der Antrag muß der Gegner seine Absicht, das Verfahren fortzu-
enthalten: setzen, dem Gericht angezeigt und das Gericht
1. die Angabe der die Wiedereinsetzung begrün- diese Anzeige von Amts wegen zugestellt hat.
denden Tatsachen; (2) Die Anzeige des gesetzlichen Vertreters ist
2. die Angabe der Mittel für ihre Glaubhaft- dem Gegner der durch ihn vertretenen Partei, die
machung; Anzeige des Gegners ist dem Vertreter zuzustellen.
3. die Nachholung der versäumten Prozeßhandlung (3) Diese Vorschriften sind entsprechend anzu-
wenden, wenn eine Nachlaßverwaltung angeordnet
oder, wenn diese bereits nachgeholt ist, die
Bezugnahme hierauf. wird.
§ 242
§ 237
Tritt während des Rechtsstreits zwischen einem
Uber den Antrag auf Wiedereinsetzung ent- Vorerben und einem Dritten über einen der Nach•
scheidet das Gericht, dem die Entscheidung über
erbfolge unterliegenden Gegenstand der Fall der
die nachgeholte Prozeßhandlung zusteht.
Nacherbfolge ein, so gelten, sofern der Vorerbe be-
§ 238 fugt war, ohne Zustimmung des Nacherben über
(1) Das Verfahren über· den Antrag auf Wieder- den Gegenstand zu verfügen, hinsichtlich der Unter•
einsetzung ist mit dem Verfahren über die nach- brechung und der Aufnahme des Verfahrens die
geholte Prozeßhandlung zu verbinden. Das Gericht Vorschriften des § 239 entsprechend.
kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Ver• § 243
handlur,g und Entscheidung über den Antrag be-
Wird im Falle der Unterbrechung des Verfah-
schränken.
rens durch den Tod einer Partei ein Nachlaßpfleger
(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit
bestellt oder ist ein zur Führung des Rechtsstreits
des Antrags und auf die Anfechtung der Entschei-
berechtigter Testamentsvollstrecker vorhanden, so
dung sind die Vorschriften anzuwenden, die in
sind die Vorschriften des § 241 und, wenn über
diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozeß-
den Nachlaß der Konkurs eröffnet wird, dfe Vor•
handlung gelten. Der Partei, die den Antrag ge-
schriften des § 240 bei der Aufnahme des Ver•
stellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.
(3) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem fahrens anzuwenden.
Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch. einen § 244
unbegründeten Widerspruch des Gegners entsta::i.- (1) Stirbt in Anwaltsprozessen der Anwalt einer
den sind. Partei oder wird er unfähig, die Vertretung der
556 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
Partei fortzuführen, so tritt eine Unterbrechung de,; wird die Verkündung der auf Grund dieser Ver-
Verfahrens ein, bis der bestellle neue Anwalt seine handlung zu erlassenden Entscheidung nicht ge-
Bestellung dem Gericht angezeigt und das Gericht hindert.
die Anzeige dem Gegner von Amts wegen zuge- § 250
stellt hat. Die Aufnahme eines unterbrochenen oder aus-
(2) Wird diese Anzeige verzögert, so ist auf An- gesetzten Verfahrens und die in diesem Titel er-
trag des Gegners die Partei selbst zur Verhandlung wähnten Anzeigen erfolgen durch Zustellung eines
der Hduptsache zu laden oder zur Bestellung eines bei Gericht einzureichenden Schriftsatzes.
neuen Anwalts binnen einer von dem Vorsitzenden § 251
zu bestimmenden Frist aufzufordern. Wird dieser (1) Das Gericht hat das Ruhen des Verfahrens
Aufforderung nicht Folge geleistet, so ist das Ver- anzuordnen, wenn beide Parteien dies beantragen
fahren als aufgenommen anzusehen. Bis zur nach- und anzunehmen ist, daß wegen Schwebens von
träglichen Anzeige der Bestellung eines neuen An- Vergleichsverhandlungen oder aus sonstigen wich-
walts können alle Zustellungen an die zur Anzeige tigen Gründen diese Anordnung zweckmäßig ist.
verpflichtete Partei, sofern diese weder am Ort Die Anordnung hat auf den Lauf· der im § 233
des Prozeßgerichts noch innerhalb des Amts- Abs. 1 bezeichneten Fristen keinen Einfluß.
gerichtsbezirkes wohnt, in dem das Prozeßgericht (2) Vor Ablauf von drei Monaten kann das Ver-
seinen Sitz hat, durch Aufgabe zur Post (§ 175) er- fahren nur mit Zustimmung des Gerichts aufge-
folgen. nommen werden.
§ 245 § 251 a
Hört infolge eines Krieges oder eines anderen
(1) Erscheinen in einem Termin beide Parteien
Ereignisses die Tätigkeit des Gerichts auf, so wird
nicht oder stellt beim Ausbleiben einer Partei, ohne
für die Dauer dieses. Zustandes das Verfahren
daß es zur Vertagung kommt, die erschienene Par-
unterbrochen.
tei keine Anträge zur Sache, so kann das Gericht
§ 246
nach Lage der Akten entscheiden. Ein Urteil darf
(1) Fand in den Fällen des Todes, des Verlustes in diesem Falle nui in· einem besonderen, auf min-
der Prozeßfähigkeit, des Wegfalls des gesetzlichen destens eine Woche hinaus anzusetzenden Termin
:Vertreters, der Anordnung einer Nachlaßverwaltung
verkündet werden, und nur, wenn in einem früheren
oder des Eintritts der Nacherbfolge (§§ 239, 241,
1 ermin eine mündliche Verhandlung stattgefunden
242) eine Vertretung durch einen Prozeßbevoll-
hat. Das Gericht hat der nicht erschienenen Partei
mächtigen statt, so tritt eine Unterbrechung des
durch eingeschriebenen Brief den Verkündungs-
:Verfahrens nicht ein; das Prozeßgericht hat jedoch
tcrmin bekanntzugeben. Die Verkündung unter-
auf Antrag des Bevollmächtigten, in den Fällen des
bleibt, wenn eine nicht erschienene Partei dies vor
Todes und der Nacherbfolge auch auf Antrag des
dem Verkündungstermin beantragt und glaubhaft
Gegners die Aussetzung des Verfahrens anzuordnen.
macht, daß sie in dem Verhandlungstermin ohne
(2) Die Dauer der Aussetzung und die Aufnahme
ihr Verschulden ausgeblieben ist.
des Verfahrens richten sich nach den Vorschriften
der §§ 239, 241 bis 243; in den Fällen des Todes (2) Ergeht eine Entscheidung nach Lage der Akten
un~ der Nacherbfolge ist die Ladung mit dem nicht, so bestimmt das Gericht von Amts wegen
Schriftsatz, in dem sie beantragt ist, auch dem Be- einen neuen Termin zur mündlichen Verhandlung
vollmächtigten zuzustellen. und gibt ihn den Parteien bekannt oder ordnet das
Ruhen des Verfahrens an.
§ 247
Hält sich eine Partei an einem Ort auf, der durch § 252
obrigkeitliche Anordnung oder durch Krieg oder Gegen die Entscheidung, durch die auf Grund der
durch andere Zufälle von dem Verkehr mit dem Vorschriften dieses Titels oder auf Grund anderer
Prozeßgericht abgeschnitten ist, so kann das Ge- gesetzlicher Bestimmungen die Aussetzung des
richt auch von Amts wegen die Aussetzung des Verfahrens angeordnet oder abgelehnt wird, findet
Verfahrens bis zur Beseitigung des Hindernisses Beschwerde, im Falle der Ablehnung sofortige Be-
anordnen. schwerde statt.
§ 248 Zweites Buch
(!) Das Gesuch um Aussetzung des Verfahrens
Verfahren im ersten Rechtszuge
ist bei dem Prozeßgericht anzubringen; es kann vor
der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Erster Abschnitt
(2) Die Entscheidung kann ohne mündliche Ver-
Verfahren vor den Landgerichten
handlung ergehen.
§ 249 Erster Titel
(1) Die Unterbrechung und Aussetzung des Ver-
Verfahren bis zum Urteil
fahrens hat die Wirkung, daß der Lauf einer jeden
Frist aufhört und nach Beendigung der Unter- § 253
brechung oder Aussetzung die volle Frist von (1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustel-
neuem zu laufen beginnt. lung eines Schriftsatzes (Klageschrift).
(2) Die während der Unterbrechung oder Aus-
(2) Die Klageschrift muß enthalten:
setzung von einer Partei in Ansehung der Haupt~
sache vorgenommenen Prozeßhandlungen sind der 1. die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
anderen Partei gegenüber öhne rechtliche Wirkung. 2. die bestimmte Angabe des Gegenstandes und
(3) Durch die nach dem Schluß einer münd- des Grundes des erhobenen Anspruchs., sowie
lichen Verhandlung eintretende Unterbrechung einen bestimmten Antrag.
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 557
(3) Die Klageschrift soll ferner die Angabe des Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist,
Wertes des Streilgcgenstandes enthalten, wenn daß der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung
hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und entziehen werde.
der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten § 260
.Geldsumme besteht. Mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben
(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften Beklagten können, auch wenn sie auf verschiede·
über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die nen Gründen beruhen, in einer Klage verbunden·
Klageschrift anzuwenden. werden, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozeß·
(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und gericht zuständig und dieselbe Prozeßart zulässig ü.t.
Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sol- § 261
len, sind bei dem Gericht schriftlich unter Bei-
Der Termin zur mündlichen -Verhandlung soll nur
fügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung er-
so weit hinausgerückt werden, als es zur Wahrung
forderlichen Zahl von Abschriften einzureichen.
der Einlassungsfrist .geboten erscheint.
§ 254 § 261 a
Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder (1) Nach der Bestimmung des Termins zur münd-
auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder lichen Verhandlung ist die Ladung der Parteien
auf Leistung des Offenbarungseides die Klage auf durch· die Geschäftsstelle zu veranlassen.
Herausgabe desjenigen verbunden, was der Be- (2) Dem Beklagten ist mit der Ladung die Klage-
klagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhält- schrift zuzustellen. Mit der Zustellung der Klage-
nis schuldet, so kann die bestimmte Angabe der schrift soll, sofern die Zustellung nicht an einen
Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehal- Rechtsanwalt erfolgt, die Aufforderung verbunden
ten werden, bis die Rechnung mitgeteilt, das Ver- werde.n, etwaige gegen die Behauptungen des Klä-
mögensverzeichnis vorgelegt oder der .Offen- gers vorzubringende Einwendungen und Beweis·
barungseid geleistet ist. mittel unverzüglich durch den zu bestellenden
§ 255 Anwalt in einem Schriftsatz dem Gericht mitzuteilen.
(1) Hat der Kläger für den Fall, daß der Beklagte § 26l°b
nicht vor dem Ablauf einer ihm zu bestimmenden (1) Die Zustellungen erfolgen, soweit nicht ein
Frist den erhobenen Anspruch befriedigt, das Recht, anderes vorgeschrieben ist, von Amts wegen.
Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu fordern (2) Mit Ausnahme der Klageschrift und solcher
oder die Aufhebung eines Vertrages herbeizuführen, Schriftsätze, die Sachanträge oder eine Zurück-
so kann er verlangen, daß die Frist im Urteil be- nahme der Klage enthalten, sind Sc'1riflsätze und
stimmt wird. sonstige Erklärungen der Parteien, sofern nicht das
(2) Das gleiche gilt, wenn dem Kläger das Recht, Gericht die Zustellung anordnet, ohne besondere
die Anordnung einer Verwaltung zu verlangen, für rorm mitzuteilen. Bei Ubersendung durch die Post
den f'all zusteht, daß der Beklagte nicht vor dem gilt die Mitteilung, wenn die Wohnung der Partei
Ablauf einer ihm zu bestimmenden Frist die bean- im Bereich des Ortsbestellverkehrs liegt, an dem
spruchte Sicherheit leistet, sowie im Falle des§ 2193 folgenden, im übrigen an dem zweiten Werkt:cge
Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für clic Be- nach der Aufgabe zur Post als bewirkt. sofern nicht
stimmung einer Frist zur Vollziehung der Auflage. die Partei glaubhaft macht, daß ihr die Mitteilung
nicht oder erst in einem späteren Zeitpunkt. zu-
§ 256
gegangen ist.
Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbe- (3) Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt
stehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung oder die Verjährung unterbrochen werden, so tritt
einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unecht- die Wirkung, sofern die Zustellung demnächst er-
heit kann Klage erhoben werden,· wenn der Kläger folgt, bereits mit der Einreichung oder Anbringung
ein rechtliches Interesse daran hat, daß das Rechts- des Antrags oder der Erklärung ein.
verhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der
§ 262
Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald
festgestellt werde. (1) Zwischen der Zustellung der Klageschrift u~d
§ 257
dem Termin zur mündlichen Verhandlung muß em
Zeitraum von mindestens zwei Wochen liegen (Ein-
Ist die Geltendmachung einer nicht von einer
lassungsfrist). In Meß- und Marktsachen beträ~t
Gegenleistung abhängigen Geldforderung oder die
die Einlassungsfrist mindestens vierundzwanzig
Geltendmachung des Anspruchs auf Räumung eines
Grundstücks, eines Wohnraumes oder eines ande- Stunden.
(2) Ist die Zustellung im Ausland vorzunehmen,
ren Raumes an den Eintritt eines Kalendertegs ge- so hat der Vorsitzende bei Festsetzung des Termins
knüpft, so kann Klage auf künftige Zahlung oder
die Einlassungsfrist zu bestimmen.
Räumung erhoben werden.
§ 263
§ 258 (1) Durch die Erhebung der Klage wird die Rechts-
Bei wiederkehrenden Leistungen kann auch wegen hängigkeit der Streitsache begründet.
der erst nach Erlaß des Urteils fällig werdenden (2) Die Rechtshängigkeit hat folgende Wirkungen:
Leistungen Klage auf künftige Entrichtung erhoben 1. wenn während der Dauer der Rechtshängigkeit
werden .. von einer Partei die Streitsache anderweit an·
§ 259 hängig gemacht wird, so kann der Gegner die
Klage auf künftige Leistung kann außer den Einrede der Rechtshängigkeit erheben,
Fällen der §§ 257, 258 erhoben werden, wenn den 2. die Zuständigkeit des Prozeßgerichts wird
668 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
durch eine Veränderung der sie begründenden § 269
Umstände nicht berührt. Die Einwilligung des Beklagten in die Anderung
§ 264 der Klage ist anzunehmen, wenn er, ohne der Ande-
Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine rung zu widersprechen, sich in einer mündlichen
Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelas-
einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich sen hat.
erachtet. § 270
§ 265 Eine Anfechtung der Entscheidung, daß eine Än-
(!) Die Rechtshängigkeit schließt das Recht der derung der Klage nicht vorliege oder daß die Än-
einen oder der anderen Partei nicht aus, die in derung zuzulassen sei, findet nicht statt.
Streit befangene Sache zu veräußern oder den gel- § ~71
tend gemachten Anspruch abzutreten. (1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Be-
(2) Die Veräußerung oder Abtretung hat auf den klagten nur bis zum Beginn der mündlichen Ver-
Prozeß keinen Einfluß. Der Rechtsnachfolger ist handlung des Beklagten zur Hauptsache zurückge-
nicht berechtiqt, ohne Zustimmung des Gegnei;.s den nommen werden.
Prozeß als Hauptpartei an Stelle des Rechtsvor- (2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie
gängers zu ü!Jernehmen oder eine Hauptinterven- zur Wirksamkeit der, Zurücknahme erforderlich ist,
tion zu erheben. Tritt der Rechtsnachfolger als auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Ge-
Ncbcminlervenient auf, so ist§ 69 nicht anzuwenden. richt gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der
(3) Hat der Kläger vcrä11ßcrt oder abgetreten, so Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen
kann ihm, sofern das Urteil nach § 325 gegen den Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines
Rechtsnachfolacr nicht wirksam sein würde, der Ein Sc:;, ··: satzcs.
wand entgege~gesetzt werden, daß er zur Geltend,· (3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der
mach11ng des Anspruchs llicht mehr befugt sei. Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzu-
§ 266 sehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechts-
(1) Ist über das Bestelwn oder Nichtbestehen kräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne daß es seiner
eines Rechts, das fiir ein Grundstück in Anspruch ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist
genommen wird, oder einer Verpflichtung, die auf verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen,
einem Grundstück ruhen soll, zwischen dem Be- soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt
sitzer und einem Drillen ein Rechtsstreit anhängig, ist. Auf Antrag des Beklagten sind die in Satz 1
so ist im Falle der Veräußerung des Grundstücks und 2 bezeichneten Wirkungen durch Beschluß aus-
der Rechtsnachfolger berechtigt und auf Antrag des zusprechen. Der Beschluß bedarf keiner mündlichen
Gegners verpflichtet, den Rechtsstreit in der Lage, Verhandlung. Er unterliegt der sofortigen Be·
in der er sich befindet, als Hauptpartei zu über- schwcrde.
nehmen. Entsprechendes nilt für einen Rechtsstreit (4) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann
über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Ver- der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die
pflichtung, die auf einem einqetragenen Schiff oder Kosten erstattet sind.
Schiffsbauwerk ruhen soll. § 272
(2) Diese Bestimmung ist insoweit nicht 'anzu- Jede Partei hat solche tatsächlichen Behaup-
wenden, als ihr Vorschriften des bürgerlichen Rechts tungen, Beweismittel und Anträge, auf die der
zugunsten derjcninen, die Rechte von einem Nicht- Gegner voraussichtlich ohne vorhergehende Erkun-
bercchtiatecn herleiten, en I gegen stehen. In einem digung keine Erklärung abgeben kann, vor der
solchen Paile iiilt, wenn dc,r Kläger veräußert hat, mündlichen Verhandlung mittels vorbereitenden
die Vorschrift d<>s § 2G5 Abs. 3. Schriftsatzes so zeitig mitzuteilen, daß der Gegner
§ 267 die erforderliche Erkundigung noch einzuziehen
Die Vorschriften d~s bürgerlichen Rechts über vermag.
1lic sonstiqen Wirkungen d,,r Rechtshängigkeit blei- § 272a
ben unberCihrl. o;rse Wirkmiqen sowie alle Wir- Kann eine Partei in der mündlichen Verhandlung
kungen, die durch die Vorschriften des bürgerlichen auf eine Behauptung des Gegners eine Erklärung
Rechts an die Anstellung, M;lteilung oder gericht- nicht abgeben, weil ihr die Behauptung nicht recht-
liche An111eldunq der Klago, an die Ladung oder zeitig vor dem Termin mitgeteilt ist, so kann auf
·Einlassung des Beklaglcn geknüpft werden, treten ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen,
unbeschadet der Vorschrift des § 207 mit der Er- innerhalb deren sie die Erklärung in einem Schrift-
hebung der Kluqe ein. satz nachbringen kann, und gleichzeitig einen Ter-
§ 268 min zur Verkündung einer. Entscheidung anberau-
Als eine AncJcrung der Klage ist es nicht anzu- men, der auch über eine Woche hinaus angesetzt
werden kann. Ist bis zu dem Termin der Schriftsatz
sehen, wenn ohne Anderung des Klagegrundes
l. die lat<;iichlichen oder rechtlichen Anführungen dem Gegner zugestellt oder gemäß § 261b Abs. 2
mitgeteilt, so ist sein Inhalt bei der Entscheidung
ergünzt oder berichtigt werden;
zu berücksichtigen; wird der Schriftsatz bis zu dem
2. der Klageantrag in der Hauptsache oder in
Termin nicht eingereicht, so gilt die Behauptung
bezuq auf Nebenforderungen erweitert oder
beschränkt wird; des Gegners als nicht bestritten.
3. statt des ursprünqlich geforderten Gegenstandes § 272b
wegen einer spüter eingetretenen Veränderung (1) Der Vorsitzende oder ein von ihm zu bestim-
ein anderer Gegenstand oder das Interesse ge- mendes Mitglied des Prozeßgerichts hat schon vor
fordert wird,. der mündlichen Verhandlung alle Anordnungen zu
Nr. 40 ~ Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 559
treffen, die angebracht erscheinen, damit der der _Beklagte glaubhaft macht, daß er ohne sein
Rechtsstreit tunlichst in einer mündlichen Verhap• Verschulden nicht imstande gewesen sei, sie vor
lung erledigt wird. der Verhandlung zur Hauptsache geltend zu
(2) Zu diesem Zwecke kann er insbesondere machen.
1. den Parteien die Ergänzung oder Erläuterung § 275
ihrer vorbereitenden Schriftsätze sowie die (!) Uber prozeßhindernde Einreden ist besonders
Vorlegung von Urkunden, Stammbäumen, Plä- zu verhandeln und durch Urteil zu entscheiden,
nen, Rissen und Zeichnungen aufgeben; wenn das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen
2. Behörden oder Beamte um Mitteilung von Ur- die abgesonderte Verhandlung anordnet.
kunden oder um Erteilung einer amtlichen (2) Das Urteil, durch das die prozeßhindernde
Auskunft ersuchen; Einrede verworfen wird, ist in betreff der Rechts-
3. das persönliche Erscheinen der Parteien an- mittel als Endurteil anzusehen, das Gericht kann
ordnen; jedoch auf Antrag anordnen, daß zur Hauptsache
zu verhandeln sei.
4. Zeugen, auf die eine Partei sich bezogen hat,
§ 276
zur mündlichen Verhandlung laden oder von
ihnen nach Maßgabe der Vorschriften des § 377 (1) Ist auf Grund der Vorschriften üb'er die ört-
Abs. 3, 4 schriftliche Auskünfte einholen; liche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die
Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so
5. die Einnahme des Augenscheins sowie die Be- hat das angegangene Gericht, sofern das zustän-
gutachtung durch Sachverständige anordnen dige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag
und ausführen oder Sachverständige zur münd- des Klägers durch Beschluß sich für •.mzuständig
lichen Verhandlung faden. zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige
(3) Anordnungen der unter Nr. 4, 5 bezeichneten Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zu-
Art sollen nur ergehen, wenn der Beklagte dem ständig, so erfolgt die Verweisung an das vom
Klageanspruch bereits widersprochen hat. Erfor- Kläger gewählte Gericht.
dert die Ausführung der Anordnung die Abhaltung (2) Eine Anfechtung des Beschlusses findet nicht
eines Termins, so ist dieser tunlichst mit dem Ter- statt, mit der Verkündung _des Beschlusses gilt der
min zur mündlichen Verhandlung zu verbinden. Rechtsstreit als bei dem im Beschluß bezeichnete.n
(4) Die Parteien sind von jeder Anordnung zu be- Gericht anhängig. Der Beschluß ist für dieses Ge-
nachrichtigen. Die Benachrichtigung kann unter- richt bindend.
bleiben, wenn es nach dem Ermessen des Vor-
sitzenden oder des von ihm beauftragten Mitglieds (3) Die im Verfahren vor dem angegangenen
für die Wahrnehmung der Rechte der Parteien Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der
nicht wesentlich ist, daß sie vor d1cm Termin zur Koslen behandelt, die bei dem im Beschluß be·
mündlichen Verhandlung von der Anordnung zeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die
Kenntnis erhalten. Wird das persönliche Erschei- entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen,
nen dsr Parteien angeordnet, so gelten die Vor• v,, enn er in der Hauptsache obsiegt.
schriflen des § 141 Abs. 2, 3. § 277
§ 273 (weggefallen)
Die mündliche Verhandlung richtet sich nach den
§ 278
allgemeinen Vorschriften.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel (Einreden,
§ 274 Widerklage, Repliken usw.) können bis zum
(1) Prozeßhindernde Einreden sind gleichzeitig Schluß der mündlichen Verhandlung, auf die das
und vor der Verhandlung des Beklagten zur Haupt- Urteil ergeht, geltend gemacht werden.
sache vorzubringen. (2) Das Gericht hat, wenn durch das nachträg-
(2) Als solche Einreden sind nur anzusehen: liche Vorbringen eines Angriffs· oder Verteidi-
1. die Einrede der Unzuständigkeit des Gerichts; gungsmittels· die Erledigung des Rechtsstreits ver-
2. die Einrede der Unzulässigkeit des Rechts- zögert wird, der obsiegenden Partei, die nach freier
wegs, richterlicher Uberzeugung imstande war, das An-
3. die Einrede, daß der Rechtsstreit durch griffs- oder Verteidigungsmittel zeitiger geltend zu
Schiedsrichter zu entscheiden sei; machen, die Prozeßkosten ganz oder teilweise auf•
4. die Einrede der Rechtshängigkeit; zu erlegen.
5. die Einrede· der mangelnden Sicherheit für die § 279
Prozeßkosten; (1) Angriffs- oder Verteidigungsmittel, die von
6. die Einrede, daß die zur Erneuerung des Rechts- einer Partei nachträglich vorgebracht werden, kön-
streits erforderliche Erstattung der Kosten des nen zurückgewiesen werden, wenn durch deren
früheren Verfahrens noch nicht erfolgt sei; Zulassung die Erledigung des_ Rechtsstreits ver·
7. die Einrede der mangelnden Parteifähigkeit, zögert werden würde und nach der freien Uber-
der mangelnden Prozeßfähigkeit oder der zeugung des Gerichts die Partei in der Absicht, den
mangelnden gesetzlichen Vertretung. Prozeß zu verschleppen, oder aus grober Nachlässig-
(3) Nach dem Beginn der mündlichen Verband· keit das Angriffs- oder Verteidigungsmittel nicht
lung des Beklagten zur Hauptsache können prozeß- früher vorgebracht hat.
hindernde Einreden nur geltend gemacht werden, (2) Unter den im Abs. 1 bezeichneten Voraus-
wenn sie entweder solche sind, auf die der Be- setzungen können ferner Angriffs- und Verteidi-
klagte wirksam nicht verzichten kann, oder wenn gungsmittel zurückgewiesen werden, deren recht·
660 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
zeitige Mitteilung durch vorbereitenden Schriftsatz gebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach
(§ 272) die Parlei unterlassen halle. freier Uberzeugung zu entscheiden, ob eine tat·
sächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr
§ 279 a
zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe
Erachtet das Gericht bestimmte Punkte für auf. anzugeben, die für die richterliche Uberzeugung
klärungsbedürftig, so s9ll es den Parteien auf• leitend gewesen sind.
geben, sich innerhalb bestimmter Frist über die
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht
streitigen Punkte zu erklären. Wird einer solchen
nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen
Anordnung nicht Folge geleistet, so kann die Er•
gebunden.
klärung, wenn sie später nachg2bolt wird, für den
§ 287
Rechtszug unberücksichtigt bleiben, wenn die Par·
tei die Verspätung nicht genügend entschuldigt. (1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden
entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder
§ 280
ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet
Bis zum Schluß derjenigen mündlichen Ver• hierüber das Gericht unter Würdigu,ng aller Um-
handlung, auf die das Urteil ergeht, kann der stände nach freier Uberzeugung. Ob und inwieweit
Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der eine bermtragte Beweisaufnahme oder von Amts
Beklagte durch Erhebung einer Widerklage bean• wegen die Begutachtung durch Sachverständige an•
tragen, daß ein im Laufe des Prozesses streitig ge· zuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts
wordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über
oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechts· den Schaden oder das Interesse vernehmen; die
streits ganz oder zum Teil abhängt, durch richter- Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4
liche Entscheidung festgestellt werde. gelten entsprechend.
§ 281 (2) Die Vorschriften des Abs. 1 Satz 1, 2 sind
Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch itn
Prozesses erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeit• anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit
punkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen unter den Parteien die }Iöhe einer Forderung strei•
Verhandlung geltend gemacht oder ein den Erfor• tig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür
dernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechender maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten ver-
bunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen
Schriftsatz zugestellt wird.
Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
§ 282
§ 288
(1) Jede Partei hat unter Bezeichnung der Beweis•
mittel, deren sie sich zum Nachweis oder zur (1) Die von einer Partei behaupteten Tatsachen
Widerlegung tatsächlicher Behauptungen bedienen bedürfen insoweit keines Beweises, als sie im Laufo
des Rechtsstreits von dem Gegner bei einer münd•
will, den Beweis anzutreten und über die von der
lichen Verhandlung oder zum Protokoll eines be-
Gegenpartei angegebenen Beweismittel sich zu er•
auftragten oder ersuchten Richters zugestanden sind.
klären.
(2) Hins,chtlich der einzelnen Beweismittel wird
(2) Zur Wirksamkeit des gerichtlichen Geständ·
die Beweisantretung und die Erklärung hierauf nisses ist dessen Annahme nicht erforderlich.
durch die Vorschriften des sechsten bis zehnten § 289
Titels bestimmt. (1) Die Wirksamkeit des gerichtlichen Geständ·
§ 283 nisses wird dadurch nicht beeinträchtigt, daß ihm
(1) Beweismittel und Beweiseinreden können bis eine Bchauptllng hinzugefügt wird, die ein selbstän-
zum Schluß der mündlichen Verhandlung, auf die diges Angriffs. oder Verteidigungsmittel enthält.
das Urteil ergeht, geltend gemacht werden. (2) Inwiefern eine vor Gericht erfolgte einräu-
(2) Für das nachträgliche Vorbringen von Be· mende Erklärung ungeachtet anderer zusätzlicher
weismitteln und Beweiseinreden gelten die Vor• oder einschränkender Behauptung"'n als ein Ge•
schritten des § 278 Abs. 2 und der §§ 279, 279 a ständnis anzusehen sei, bestimmt sich nach der Be•
entsprechend. schaffenheit des einzeln.en Falles.
§ 284 § 290
Die Beweisaufnahme und die Anordnung eines Der Widerruf hat auf die Wirksamkeit des ge•
besonderen Beweisaufnahmeverfahrens durch Be- richtlichen Geständnisses nur dann Einfluß, wenn
weisbeschluß wird durch die Vorschriften des fünf• die widerrufende Partei beweist, daß das Geständ-
ten bis elften Titels bestimmt. nis der Wahrheit nicht entspreche und durch einen
§ 285 Irrtum veranlaßt sei. In diesem Falle verliert das
(1) Uber das Ergebnis der Beweisaufnahme haben Geständnis seine Wirksamkeit.
die Parteien unter Darlegung des Streitverhält· § 291
nisses zu verhandeln. Tatsachen, die bei dem Gericht offenkundig sind,
(2) Ist die Beweisaufnahme nicht vor dem Prozeß. bedürfen keines Beweises.
gericht erfolgt, so haben die Parteien ihr Ergebnis
§ 292
auf Grund der Beweisverhandlungen vorzutragen.
Stellt das Gesetz für das Vorhandensein einer
§ 286 Tatsache eine Vermutung auf, so ist der Beweis des
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des Gegenteils zulässig, sofern nicht das Gesetz ein
gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Er- anderes vorschreibt. Dieser Beweis kann auch durch
Nr. 40 -- Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 561
den Antrag auf Parteivernehmung nach § 445 ge- Weglassungen oder sonstigen Abänderungen be-
führt werden. stehen, auf Antrag durch Schriftsätze, die dem Pro-
§ 293 tokoll als Anlage beizufügen sind, festzustellen.
Das in einem anderen Staate geltende Recht, die (2) In gleicher Weise sind auf Antrag auch Ge-
Gewohnheitsrechte und Statuten bedürfen des Be- ständnisse sowie Erklärungen über Anträge auf
weises nui\ insofern, als sie dem Gericht unbekannt Parteivernehmung festzustellen.
sind. Bei Ermittlung dieser Rechtsnormen ist das § 299
Gericht auf die von den Parteien beigebrachten
(!) Die Parteien können die Prozeßakten einsehen
Nachweise nicht beschränkt; es ist befugt, auch
andere Erkenntnisquellen zu benutzen und zum und sich aus ihnen durch die Geschäftsstelle Aus-
Zwecke einer solchen Benutzung das Erforderliche fertigungen, Auszüge und Abschriften erteilen
anzuordnen. lassen.
§ 294
(2) Dritten Personen kann der Vorstand des Ge-
richts ohne Einwilligung der Parteien die Einsicht
(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft
der Akten nur gestatten, wenn ein rechtliches
zu machen hat, kann sich aller Beweismittel be- Interesse glaubhaft gemacht wird.
dienen, auch zur Versicherung an Eides Statt zuge- (3) Die Entwürfe zu Urteilen, Beschlüssen und
lassen werden.
Verfügungen, die zu ihrer Vorbereitung gelieferten
(2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfol- Arbeiten sowie die Schriftstücke, die Abstim-
gen kann, ist unstatthaft. mungen oder · Strafverfügungen betreffen, werden
§ 295 weder vorgelegt noch abschriftlich mitgeteilt.
(1) Die Verletzung einer das Verfahren und ins-
Zweiter Titel
besondere die Form einer Prozeßhandlung betreffen-
den Vorschrift kann nicht mehr gerügt werden, Urteil
wenn die Partei auf die Befolgung der Vorschrift
verzichtet, oder wenn sie bei der nächsten münd- § 300
lichen Verhandlung, die auf Grund des betreffenden (!) Ist der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif,
Verfahrens stattgefunden hat oder in der darauf so hat das Gericht sie durch Endurteil zu erlassen.
Bezug genommen ist, den Mangel nicht gerügt hat, (2) Das gleiche gilt, wenn von mehreren zum
obgleich sie erschienen und ihr der Mangel bekannt Zwecke gleichzeitiger Verhandlung und Entschei-
war oder bekannt sein mußte. dung verbundenen Prozessen nur der eine zur End-
(2) Die vorstehende Bestimmung ist nicht anzu- entscheidung reif ist.
wenden, wenn Vorschriften verletzt sind, auf § 301
deren Befolgung eine Partei wirksam nicht ver- (1) Ist von mehreren in einer Klage geltend ge-
zichten kann. machten Ansprüchen nur der eine oder ist nur ein
§ 296 Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Wider-
(1) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens klage nur die Klage oder die Widerklage zur End-
die gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder ein- entscheidung reif, so hat das Gericht sie durch
zelner Streitpunkte versuchen oder die Parteien Endurteil (Teilurteil) zu erlassen.
zum Zwecke des Sühneversuchs vor einen beauf- (2) Der Erlaß eines Teilurteils kann unterbleiben,
tragten oder ersuchten Richter verweisen. wenn es das Gericht nach Lage der Sache nicht für
(2) Zum Zwecke des Sühncversuchs kann das per- angemessen etachtet.
sönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. § 302
Wird das Erscheinen angeordnet, so gelten die Vor- (1) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Ge-
schriften des § 141 Abs. 2. genforderung geltend gemacht, die mit der in der
§ 297 Klage geltend gemachten Forderung nicht in recht-
(!) Die Anträge müssen aus den vorbereitenden lichem Zusammenhang steht, so kann, wenn nur
Schriftsätzen verlesen werden. die Verhandlung über die Forderung zur Entschei-
(2) Soweit vorbereitende Schriftsätze nicht mitge- dung reif ist, diese unter Vorbehalt der Entschei-
teilt oder die Anträge in ihnen nicht enthalten sind, dung über die Aufrechnung ergehen.
muß die Verlesung aus einem dem Protokoll als An- (2) Enthält das Urteil keinen Vorbehalt, so kann
lage beizufügenden Schriftsatz erfolgen. die Ergänzung des Urteils nach Vorschrift des § 321
(3) Das gleiche gilt von Anträgen, die von früher beantragt werden.
verlesenen in wesentlichen Punkten abweichen. (3) Das Urteil, das unter Vorbehalt der Entschei-
(4) Die Verlesung kann durch eine Bezugnahme dung über die Aufrechnung ergeht, ist in betreff
der Rechtsmittel und der Zwangsvollstreckung als
auf die die Amträge enthaltenden Schriftsätze ersetzt
Endurteil anzusehen.
werden, soweit das Gericht es für ausreichend er-
achtet. (4) In betreff der Aufrechnung, über welche die
Entscheidung vorbehalten ist, bleibt der Rechts-
(5) Die Nichtbeachtung dieser Vorschriften hat die
Nichtberücksichtigung der Anträge zur Folge. streit anhängig. Soweit sich in dem weiteren Ver-
fahren ergibt, daß der Anspruch des Klägers un-
§ 298 begründet war, ist das frühere Urteil aufzuheben,
(1) Soweit es sich nicht um Anträge (§ 297) der Kläger mit dem Anspruch abzuweisen und über
handelt, sind wesentliche Erklärungen, die in vor- die Kosten anderweit zu entscheiden. Der Kläger
bereitenden Schriftsätzen nicht enthalten sind, oder ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem
wesentliche Abweichungen von dem Inhalt solcher Beklagten durch die Vollstreckung des Urteils oder
Schriftsätze, mögen die Abweichungen in Zusätzen, durch eine zur Abwendung der Vollstreckung ge•
562 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
machte Leistung entstanden ist. Der Beklagte kann § 311
den Anspruch auf Schadensersatz in dem an- (1) Das Urteil ergeht im Namen des Volkes.
hängigen Rechtsstreit geltend machen; wird der (2) Das Urteil wird durch Vorlesung der Urteils-
Anspruch geltend gemacht, so ist er als zur Zeit der formel ve~kündet. Versäumnisurteile, Urteile, die
Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden an- auf Grund eines Anerkenntnisses erlassen werden,
zusehen. sowie Urteile, welche die Folge der Zurücknahme
§ 303 der Klage oder des Verzichts auf den Klaganspruch
Ist ein Zwischenstreit zur Entscheidung reif, so aussprechen, können verkündet werden, auch wenn
kann die Entscheidung durch Zwischenurteil er- die Urteilsforrr,el noch nicht schriftlich abgefaßt :st.
gehen. (3) Die Entscheidungsgründe werden, wenn es für
§ 304 angemessen erachtet wi_rd, durch Vorlesung der
(1) Ist ein Anspruch nach Grund und Betrag Gründe oder durch mündliche Mitteilung des we-
streitig, so kann das Gericht über den Grund vorab sentlichen Inhalts verkündet.
entscheiden. § 312
(2) Das Urteil ist in betreff der Rechtsmittel als (1) Die Wirksamkeit der V0rkündung eines Ur-
Endurteil anzusehen, das Gericht kann jedoch, teils ist von der Anwesenheit der Parteien nicht
wenn der Anspruch für begründet erklärt ist, auf abhängig. Die Verkündung gilt auch derjenigen
Antrag anordnen, daß über den Betrag zu verhan- Partei gegenüber als bewirkt, die den Termin ver-
deln sei. säumt hat.
§ 305 (2) Die Befugnis einer Partei, auf Grund eines
(1) Durch die Geltendmachung der dem Erben verkündeten Urteils das Verfahren fortzusetzen
nach den §§ 2014, 2015 des Bürgerlichen Gesetz- oder von dem Urteil in anderer Weise Gebrauch
buchs zustehenden Einreden wird eine unter dem zu machen, ist von der Zustellung an den Gegner
Vorbehalt der beschränkten Haftung ergehende nicht abhängig, soweit nicht dieses Gesetz ein an-
Verurteilung des Erben nicht ausgeschlossen. deres. bestimmt.
(2) Das gleiche gilt für die Geltendmachung der § 313
Einreden, die im Falle der fortgesetzten Güter- (1) Das Urteil enthält:
gemeinschaft dem überlebenden Ehegatten nach dem 1. die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetz-
§ 1489 Abs. 2 und den §§ 2014, 2015 des Bürger- lichen Vertreter und der Prozeßbevollmächtig•
lichen Gesetzbuchs zustehen. ten nach Namen, Stand oder Gewerbe, Wohn-
ort und Parteistellung;
§ 306
2. die Bezeichnung des Gerichts und die Namen
Verzichtet der Kläger bei der mündlichen Ver- der Richter, die bei der Entscheidung mitge-
handlung auf den geltend gemachten Anspruch, so wirkt haben;
ist er auf Grund des Verzichts mit dem Anspruch 3. eine gedrängte Darstellung des Sach- und
abzuweisen, wenn der Beklagte die Abweisung be- Streitstandes auf Grundlage der mündlichen
antragt.
Vorträge der Parteien unter Hervorhebung der
§ 307
gestellten Anträge (Tatbestand);
Erkennt eine Partei den gegen sie geltend ge- 4. die Entscheidungsgründe;
machten Anspruch bei der mündlichen Verhandlung 5. die von der Darstellung des Tatbestandes und
ganz oder zum Teil an, so ist sie auf Antrag dem der Entscheidungsgründe äußerlich zu son-
Anerkenntnis gemäß zu verurteilen. de,rnde Urteilsformel.
§ 308 (2) Die Darstellung des Tatbestandes· kann durch
eine Bezugnahme auf den Inhalt der vorbereitenden
(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei
Schriftsätze und auf die zum Sitzungsprotokoll er-
etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies
folgten Feststellungen ersetzt werden, soweit sich
gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und an-
deren Nebenforderungen. aus ihnen der Sach- und Streitstand richtig und
vollständig ergibt. In jedem Falle sind jedoch die
(2) Uber die Verpflichtung, die Prozeßkosten ~u erhobenen Ansprüche genügend zu kennzeichnen
tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu er- und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidi-
kennen.
gungsmittel ihrem Wesen nach hervorzuheben.
§ 309
(3) Wird durch Versäumnisurteil oder Anerkennt-
Das Urteil kann nur von denjenigen Richtern nisurteil nach dem Antrag des Klägers erkannt, so
gefällt werden, welche der dem Urteil zugrunde kann das Urteil in abgekürzter Form auf die bei
liegenden Verhandlung beigewohnt haben. den Akten befindliche Urschrift oder Abschrift der
§ 310 Klage oder auf ein damit zu verbind,endes Blatt ge-
setzt werden. In diesem Falle ist das Urteil als Ver-
(1) Das Urteil wird in dem Termin verkündet, in säumnisurteil oder Anerkenntnisurteil zu bezeich-
dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, nen. Des Tatbestandes, der Entscheidungsgründe
oder in einem sofort anzuberaumenden Termin, der und der Bezeichnung der mitwirkenden Richter be-
nicht über eine Woche hinaus angesetzt werden darf es nicht. Der Bezeichnung der Parteien, ihrer
soll.
gesetzlichen Vertreter und der Prozeßbevollmäch-
(2) Bei einem Urteil, das :iach § 128 Abs. 2 ohne tigten bedarf es nur insoweit, als von den Angaben
mündliche Verhandlung ergeht, wird die Verkün- der Klageschrift abgewichen wird. In der Urteils-
dung durch Zustellung der Urteilsformel ersetzt. Die formel kann auf die Klageschrift Bezug genommen
:Vorschrift des § 315 Abs. 7 gilt entsprechend. werden. Wird das Urteil auf ein Blatt gesetzt, das
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 19.".'l 563
mit der Klageschrift verbunden wird, so soll die § 319
Verbindungsstelle mit dem Gerichtssiegel versehen (1) Schreibfehler, Rechn'Jngsfehler und ähnliche
oder die Verbindung mit Schnur und Siegel bewirkt offenbare Unrichtigkeiten, die in dem Urteil vor-
werden. kommen, sind jederzeit von dem Gericht auch von
§ 314 Amts wegen zu berichtigen.
Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das (2) Dber die Berichtigung kann ohne mündliche
mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur Verhandlung entschieden werden. Der Beschluß, der
durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden. eine Berichtigung aussprid1t, wird auf dem Urteil
§ 315 und den Ausfertigungen vermerkt.
(1) Das Urteil ist von den Richtern, die bei der (3) Gegen de•n Beschluß, durch den der Antrag
Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterschreiben. auf Berichtigung zurückgewiesen wird, findet kein
Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizu- Rechtsmittel, gegen den Beschluß, der eine Berich·
fügen, so wird dies unter Angabe des Verhindc· tigung ausspricht, findet sofortige Beschwerde statt.
rungsgrundes von dem Vorsitzenden und bei dessen § 320
Verhinderung von dem ältesten beisitzenden Rich- (1) Enthält der Tatbestand des Urteils ·unrichtig-
ter unter dem Urteil vermerkt. keiten, die nicht. unter die Vorschriften des vor-
(2) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht stehenden Paragraphen f.allen, Auslassungen, Dun-
in vollständiger Form abgefaßt war, ist vor Ablauf kelheiten oder Widersprüche, so kann die Berichti-
einer Woche, vom Tage der Verkündung an ge· gung binnen einer einwöchigen Frist durch Ein-
rechnet, in vollständiger Abfassu:r19 der Geschäfts- reichung eines Schriftsatzes beantragt werden.
stelle zu übergeben. Kann dies ausnahmsweise (2) Die Frist beginnt mit der Zustellung des in
nicht geschehen, so ist innerhalb der Woche da8 vollständiger Form abgefaßten Urteils. Der Antrag
von den Richtern unterschriebene Urteil unter Weg- kann schon vor dem Beginn der Frist gestellt wer·
lassung des Tatbestandes und der Entscheidungs- den. Die Berichtigung des Tatbestandes ist ausge-
gründe der Geschäftsstelle zu übergeben. In diesem schlossen, wenn sie nicht binnen drei Monaten seit
Falle sind Tatbestand und Entscheidungsgründe der Verkündung des Urteil, beantragt wird.
alsbald nachträglich anzufertigen, von den Richtern (3) Auf den Antrag ist ein Termin zur mündlichen
besonders zu unterschreiben und der Geschäfts- Verhandlung anzuberaumen. Dem Gegner des An-
stelle zu übergeben. tragstellers ist mit der Ladung zu diesem Termin
(3) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat der den Antrag enthaltende Schriftsatz zuzustellen.
auf dem Urteil den Tag der Verkündung zu ver- (4) Das Gericht entscheidet ohne Beweisaufnahme.
merken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Bei der Entscheidung wirken nur diejenigen Richter
§ 316 mit, die bei dem Urteil mitgewirkt haben. Ist ein
(weggefallen) Richter verhindert, so gibt bei Stimmengleichheit
die Stimme des Vorsitzenden und bei dessen Ver-
§ 317 hinderung die Stimme des ältesten Richters den
(1) Die Urteile werden auf Betreiben der P·arteien Ausschlag. Eine Anfechtung des Beschlusses findet
zugestellt. nicht statt. Der Beschluß, der eine Berichtigung aus-
(2) Solange das Urteil nicht verkündet und nicht spricht, wird auf dem Urteil und dem Ausfertigun-
unterschrieben ist, dürfen von ihm Ausfertigungen, gen vermerkt.
Auszüge und Abschriften nicht erteilt werden. Die (5) Die Berichtigung des Tatbestandes hat eine
Ausfertigung der Urteile erfolgt, sofern nicht von Änderung des übrigen Teils des Urteils nicht zur
der Partei ein anderes beantragt wird, unter Weg- Folge.
lassung des Tatbestandes und der Entscheidungs- § 321
gründe. Die Zustellung einer solchen Ausfertigung (1) Wenn ein. nach dem ursprünglich feslgestell•
steht, .soweit nicht ein anderes bestimmt ist, in den ten oder nachträglich berichtigten Tatbestand von
Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Ur- ein<er Partei geltend gemachter Haupt- oder Neben•
teils gleich. anspruch oder wenn der Kostenpunkt bei der End•
(3) Die Ausfertigung und Auszüge der Urteile sind entscheidung ganz oder teilweise übergangen ist,
von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu so ist auf Antrag das· Urteil durch nachträgliche
unterschreiben und mit dem Gerichtssiegel zu ver· Entscheidung zu ergänzen.
sehen. (2) Die nachträgliche Entscheidung muß binnen
(4) Ist das Urteil nach § 313 Abs. 3 in abgekürz- einer einwöchigen Frist, die mit der Zustellung des
ter Form hergestellt, so erfolgt die Ausfertigung in Urteils beginnt, durch Einreichung eines Schrift-
gleicher Weise unter Benutzung einer b~glaubigten satzes beantragt werden.
Abschrift der Klageschrift oder in der Weise, daß (3) Auf den Antrag ist ein Termin zur mündlichen
das Urteil durch Aufnahme der im § 313 Abs. 1 Verhandlung anzuberaumen. Dem Gegner des An·
Nr. 1, 2, 5 bezeichneten Angaben vervollständigt tragstellers ist mit der Ladung zu diesen, Termin
wird. Die Abschrift der Klageschrift kann durch den der den Antrag enthaltende Schriftsatz zuzustellen.
Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder durch (4) Die mündliche Verhandlung hat nur den nicht
den Rechtsanwalt des Klägers beglaubigt werden. erledigten Teil des Rechtsstreits zum Gegenstande.
§ 318 § 322
Das Gericht ist an die Entscheidung, die in den (1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig,
von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen ent· als über den durch die Klage oder durch die Wider•
halten ist, gebunden. klage erhobenen Anspruch en !schieden ist.
564 13undesgesetzblatt, Jahrgang 1950
(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegen- § 326
forderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, (1) Ein Urteil, das zwischen einem Vorerben und
daß die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe einem Drillen über einen gegen den Vorerben als
des Betrages, für den die Aufrechnung geltend ge- Erben gerichteten Anspruch oder über einen der
macht worden ist, der Rechtskraft fähig. Nacherbfolge unterliegenden Gegenstand . ergeht,
§ 323 wirkt, sofern es vor dem Eintritt der Nacherbfolge
(1) Tritt im Falle der Verurteilung zu künftig fällig rechtskräftig wird, für den Nacherben.
werdenden wiederkehrenden Leistungen eine we- (2) Ein Urteil, das zwischen einem Vorerben und
sentliche Änderung derjenigen Verhältnisse ein, die einem Dritten über einen der Nacherbfolge unter-
für die Verurteilung zur Entrichtung der Leistun- liegenden Gegenstand ergeht, wirkt auch gegen den
gen, für· die Bestimmung der Höhe der Leistungen Nacherben, sofern der Vorerbe befugt ist, ohne
oder der Dauer ihrer Entrichtung maßgebend waren, Zustimmung des Nacherben über den Gegenstand
so ist jeder Teil berechtigt, im Wege der Klage eine zu verfügen.
entsprechende Abänderung des Urteils zu verlangen. § 327·
(2) Die Klage ist nur insoweit zulässig, als die (1) Ein Urteil, das zwischen einem Testaments-
Gründe, auf die sie gestützt wird, erst nach dem vollstrecker und einem Dritten über ein der Ver-
Schluß der mündlichen Verhandlung, in der eine waltung des Testamentsvollstreckers unterliegendes
Erweiterung des Klageantrages oder die Geltend- Recht ergeht, wirkt für und gegen den Erben.
machung von· Einwe'lldungen spätestens hätte er- (2) Das gleiche gilt von einem Urteil, das zwi-
folgen müssen, entstanden sind und durch Einspruch schen einem Testamentsvollstrecker und einem
nicht mehr geltend gemacht werden können. Dritten über einen gegen den Nachlaß gerichteten
(3) Das Urteil darf nur für die Zeit nach Er- Ansprnch ergeht, wenn der Testamentsvollstrecker
hebung der Klage abgeändert werden. zur Führung des Rechtsstreits berechtigt ist.
(4) Die vorstehenden Vorschriften sind auf die
§ 328
Schuldtitel des § 794 Abs. 1 Nr. 1 und 5, soweit
darin Leistungen der im Abs. 1 bezeichneten Art (1) Die Anerkennung des Urteils eines ausländi-
übernommen worden sind, entsprechend anzu- schen Gerichts ist ausgeschlossen:
wenden. 1. wenn die Gerichte des Staates, dem das. aus-
§ 324 ländische Gericht angehört, nach den deutschen
Ist bei einer nach den §§ 843 bis 845 des Bürger- Gesetzen nicht zuständig sind,
lichen Gesetzbuchs oder nach den §§ 58 bis 70 des 2. wenn der unterlegene Beklagte ein Deutscher
Ehegesetzes erfolgten Verurteilung zur Entrichtung ist und sich auf den Prozeß nicht eingelassen
einer Geldrente nicht auf Sicherheitsleistung er- hat, sofern die den Prozeß einleitende Ladung
kannt, so kann der Berechtigte gleichwohl Sicher- oder Verfügung ihm weder in dem Staate des
heitsleistung verlangen, wenn sich die Vermögens- Prozeßgerichts in Person noch durch Gewäh-
verhältnisse des Verpflichteten erheblich ver- rung deutscher Rechtshilfe zugestellt ist;
schlechtert haben; unter der gleichen Voraus- 3. wenn in dem Urteil zum Nachteil einer deut-
setzung kann er eine Erhöhung der in dem Urteil schen Partei von den Vorschriften des Ar-
bestimmten Sicherheit verlangen. tikels 13 Abs. 1, 3 oder der Artikel 17, 18, 22
§ 325
des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Ge-
setzbuch oder von der Vorschrift des auf den
(1) Das rechtskräftige Urteil wirkt für und gegen
Artikel 13 Abs. 1 bezüglichen Teiles des Ar-
die Parteien und die Personen, die nach dem Ein-
tikels 27 desselben Gesetzes oder im Falle des
tritt der Rechtshängigkeit Rechtsnachfolger der
§ 12 Abs. 3 des Gesetzes über die Verschollen-
Parteien geworden sind oder den Besitz der in
heit, die Todeserklärung und die Festsfellung
Streit befangenen Sache in solcher Weise erlangt
der Todeszeit vom 4. Juli 1939 (Reichsgesetzbl. I
haben, daß eine der Parteien oder ihr Rechtsnach-
S. 1186) zurn Nachteil der Ehefrau eines für tot
folger mittelbarer Besitzer geworder, ist.
erklärten Ausländers von der Vorschrift des
(2) Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu-
Artikels 13 Abs. 2 des Einführungsgesetzes
gunsten derjenigen, die Rechte von einem Nicht-
zum Bürgerlichen Gesetzbuch abgewichen ist;
berechtigten herleiten, gelten entsprechend,
(3) Betrifft das Urteil einen Anspruch ans einer 4. wenn die Anerkennung des Urteils ge.gen die
eingetragenen Reallast, Hypothek, Grundschuld guten Sitten oder gegen den Zweck eines deut-
oder Rentenschuld, so wirkt es im Falle einer Ver- schen Gesetzes verstoßen würde;
äußerung des belasteten Grundstücks in Ansehung 5. wenn die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist.
des Grundstücks gegen den Rechtsnachfolger auch (2) Die Vorschrift der Nr. 5 steht der Anerken-
dann, wenn dieser die Rechtshängigkeit nicht ge- nung des Urteils nicht entgegen, wenn das Urteil
kannt hat. Gegen den Erstcher eines im Wege der einen nicht vermögensrechtlichen Anspruch betrifft
Zwangsversteigerung veräußerten Grundstücks und nach den deutschen Gesetzen ein Gerichts-
wirkt das Urteil nur dann, wenn die Rechtshängig- stand im Inland nicht begründet W'lr.
keit spätestens im Versteigerungstermin vor der § 329
Aufforderung zur Abgabe von Geboten angemeldet (1) Die auf Grund einer mündlichen Verhandlung
worden ist. ergehenden Beschlüsse des Gerichts müssen ver-
(4) Betrifft das Urteil einen Anspruch aus einer kündet werden.
eingetragenen Schiffshypothek, so gilt Abs. 3 Satz 1 (2) Die Vorschriften der §§ 309,310 Abs. 1 sind auf
entsprechend. Beschlüsse des Gerichts, die Vorschriften des § 312
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 565
und des § 317 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 auf 2. wenn die nicht erschienene Partei nicht ord·
Beschlüsse des Gerichts und auf Verfügungen des nungsmäßig, insbesondere nicht rechtzeitig ge-
Vorsitzenden sowie eines beauftragten oder er- laden war;
suchten Richters entsprechend anzuwenden. 3. wenn der nicht erschienenen Partei ein tatsäch•
(3) Nicht verkündete Beschlüsse des Gerichts und liches mündliches Vorbringen oder ein Antrag
nicht verkündete Verfügungen des Vorsitzenden nicht rechtzeitig mittels Schriftsatzes mitgeteilt
oder eines beauftragten oder ersuchten Richters war.
sind den Parteien von Amts wegen zuzustellen. (2) Wird die Verhandlung vertagt, so ist die nicht
Es genügt jedoch, soweit nicht ein anderes bestimmt erschienene Partei zu dem neuen Termin zu laden.
ist, formlose Mitteilung, wenn die Entscheidung § 336
weder der sofortigen Beschwerde oder der befriste- (!) Gegen den Beschluß, äurch den der Antrag
ten Erinnerung gemäß § 577 Abs. 4 unterliegt noch auf Erlaß des Versäumnisurteils zurückgewiesen
einen VoÜstreckungstitel gegen die Partei bildet, wird, findet sofortige Beschwerde statt. Wird der
eine Terminsbestimmung enthält oder eine Frist Beschluß a.ufgehoben, so ist die nicht erschienene
in Lauf setzt. Partei zu dem neuen Termin nicht zu laden.
(2) Die Ablehnung eines Antrages auf Entschei·
Dritter Titel dung nach Lage der Akten ist unanfechtbar.
Versäumnisurteil § 337
§ 330 Das Gericht kann von Amts wegen die Verhand-
lung über den Antrag auf Erlaß des Versäumnis·
Erscheint der Kläger im Termin zur mündlichen
urteils oder einer Entscheidung nach Lage der Akten
Verhandlung nicht, so ist auf Antrag das Ver-
vertagen, wenn es dafür hält, daß die von dem Vor-
säumnisurteil dahin zu erlassen, daß der Kläger mit
sitzenden bestimmte Einlassungs- oder Ladungsfrist
der Klage abzuweisen sei. zu kurz bemessen oder daß die Partei durch Natur-
§ 331 ereignisse oder durch andere unabwendbare Zufälle
(1) Beantragt der Kläger gegen den im Termin am Erscheinen verhindert worden sei. Die nicht er-
zur mündlichen Verhandlung nicht erschienenen Be- schienene Partei ist zu dem neuen Termin zu laden.
klagten das Versäumnisurteil, so ist das tatsächliche § 338
mündliche Vorbringen des Klägers als zugestanden Der Partei, gegen die ein Versäumnisurteil er-
anzunehmen. lassen ist, steht gegen das Urteil der Einspruch zu.
(2) Soweit es den Klageantrag rechtfertigt, ist
nach dem Antrag zu erkennen; soweit dies nicht § 339
der Fall, ist die Klage abzuweisen. (1) Die Einspruchsfrfst beträgt zwei Wochen; sie
ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des
§ 331 a
Versäumnismteils.
Beim Ausbleiben einer Partei im Termin zur (21 Muß die Zustellung im Ausland oder durch
mündlichen Verhandlung kann der Gegner statt öffentliche Bekanntmachung erfolgen, so hat das
eines Versäumnisurteils eine Entscheidung nach Gericht die Einspruchsfrist im Versäumnisurteil
Lage der Akten beantragen; dem Antrag ist zu ent- oder nachträglich durch besonderen Beschluß, der
sprechen, wenn der Sachverhalt für eine derartige ohne mündliche Verhandlung erlassen werden kann,
Entscheidung hinreichend geklärt erscheint. Die Vor- zu bestimmen.
sch.riften des § 251 a Abs. 1 Satz 2 bis 4 gellen ent- § 340
sprechend. (1) Der Einspruch wird durch Einreichung der
§ 332
Einspruchsschrift bei dem Prozeßgericht eingelegt.
Als Verhandlungstermine im Sinne der vorstehen- (2) Die Einspruchsschrift muß enthalten:
den Paragraphen sind auch diejenigen Termine an-
1. die Bezeichnung des Urteils, gegen das der
zusehen, auf welche die mündliche Verhandlung
Einspruch gerichtet wird;
vertagt ist oder die zu ihrer Fortsetzung vor oder
2. die Erklärung, daß gegen dieses Urteil Ein-
nach dem Erlaß eines Beweisbeschlusses bestimmt
sind. spruch eingelegt werde.
§ 333
(3) Die Einspruchsschrift soll zugleich alles ent-
halten, was zur Vorbereitung der Verhandlung über
Als nicht erschienen ist auch die Partei anzu-
sehen, die in dem Termin zwar erscheint, aber die Hauptsache erforderlich ist.
nicht verhandelt. § 340 a
§ 334 Der Termin zur mündlichen Verhandlung über den
Wenn eine Partei in dem Termin verhandelt, Einspruch und die Hauptsache ist von Amts wegen
sich jedoch über Tatsachen, Urkunden oder Anträge zu bestimmen und den Parteien bekanntzumachen.
auf Parteivernehmung nicht erklärt, so sind die Vor- Mit der Bekanntmachung ist der Gegenpartei die
schriften dieses Titels nicht anzuwenden. Einspruchsschrift von Amts wegen zuzustellen. Die
§ 335
erforderliche Zahl von beglaubigten Abschriften
soll die Partei mit der Einspruchsschrift einreichen.
(1) Der Antrag auf Erlaß eines Versäumnisurteils
oder einer Entscheidung nach Lage der Akten ist § 341
zurückzuweisen: Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob
1. wenn die erschienene Partei die vom Gericht der Einspruch an sich statthaft und ob er in der
wegen eines von Amts wegen zu berücksich- gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Fehlt es
tigenden Umstandes erforderte Nachweisung an einem dieser Erfordernisse, so ist der Einspruch
nicht zu beschaffen vermag; als unzulässig zu verwerfen.
556 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
§ 342 2. über prozeßhindernde Einreden der im § 274
Ist der Einspruch zulässig, so wird der Prozeß in Abs. 2 Nr. 1, 4 bis 7 bezeichneten Art, soweit
die La9e zurückversetzt, in der er sich vor Eintritt über sie besonders verhandelt und entschieden
der Versäumnis befand. wird;
§ 343 3. bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den
Insoweit die Entscheidung, die auf Grund der geltend gemachten Anspruch oder Anerkennt-
neuen Verhandlung zu erlassen ist, mit der in dem nis des Anspruchs;
Versäumnisurteil enthaltenen Entscheidung über- 4. bei Versäumnis einer Partei. In diesem Falle
einstimmt, ist auszusprechen, daß diese Entschei- kann der Einzelrichter auch eine Entscheidung
dung aufrechtzuerhalten sei. Insoweit diese Vor- nach Lage der Akten gemäß § 331 a erlassen;
aussetzung nicht zutrifft, wird das Versäumnisurteil 5. in den Fällen des § 251 a, soweit der Einzel-
in dem neuen Urteil aufgehoben. richter hier die Entscheidung nach Lage der
§ 344 Akten für angezeigt hält.
Ist das Versäumnisurteil in gesetzlicher Weise (2) Im übrigen hat der Einzelricnter die Sache so
ergangen, so sind die durch die Versäumnis veran- weit zu fördern, daß sie tunlichst durch eine Ver-
laßten Kosten, soweit sie nicht durch einen unbe- handlung vor dem Prozeßgericht erledigt werden
gründeten Widerspruch des Gegners entstanden kann. Er kann zu diesem Zweck auch einzelne
sind, der säumigen Partei auch dann aufzuerlegen, Beweise erheben; dies soll nur insoweit geschehen,
wenn infolge des Einspruchs eine abändernde Ent- als es zur Vereinfachung der Verhandlung vor dem
scheidung erlassen wird. Prozeßgericht wünschenswert und von vornherein
anzunehmen ist, daß das Prozeßgericht das BPweis-
§ 345
ergebnis auch ohne unmittelbaren Eindruck von
Einer Partei, die den Einspruch eingelegt bat, dem Verlauf der Beweisaufnahme sachgemäß zu
aber in der zur mündlichen Verhandlung bestimm- würdigen vermag. Ist die Sache zur Verhandlung
ten Sitzung oder in derjenigen Sitzung, auf welche vor dem Prozeßge.richt reif, so wird der Termin
die Verhandlung vertagt ist, nicht ersch2int oder hierzu von Amts wegen anberaumt. Besteht über
nicht zur Hauptsache verhandelt, steht gegen das die Verhandlungsreife zwischen 'dem Einzelrichter
Versäumnisurteil, durch das der Einspruch verwor- und dem Vorsitzenden Meinungsverschiedenheit,
fen wird, ein weiterer Einspruch nicht zu. so entscheidet das Prozeßgericht.
§ 346 (3) Im Einverständnis beider Parteien kann der
Für den Verzicht auf den Einspruch und seine Einzelrichter bei Streitigkeiten über vermögens-
Zurücknahme gelten die Vorschriften über den rechtliche Ansprüche an Stelle des Prozeßgerichts
Verzicht auf die Berufung und über ihre Zurück- entscheiden.
nahme entsprechend. § 350
§ 347 (1) Einzelrichter im Sinne der §§ 348, 349 ist in
(1) Die Vorschriften dieses Titels gelten für das Sachen der Zivilkammern der Vorsitzende oder ein
Verfahren, das eine Widerklage oder die Bestim- von ihm zu bestimmendes Mitglied der Kammer, in
mung des Betrages eines dem Grunde nach bereits Sachen der Kammern für Handelssachen der Vor-
festgestellten Anspruchs zum Gegenstand hat, ent- sitzende.
sprechend. (2) Für die Anfechtung von Entscheidungen des
(2) War ein Termin lediglich zur Verhandlung Einzelrichters gelten dieselben Vorschriften wie für
über einen Zwischenstreit bestimmt, so beschränkt die Anfechtung entsprechender Entscheidungen des
sich das Versäumnisverfahren und das Versäumnis- Prozeßgerichts.
urteil auf die Erledigung dieses Zwischenstreits. § 351
Die Vorschriften dieses Titels gelten entsprechend. (weggefallen)
Vierter Titel § 352
Verfahren vor dem Einzelrichter (weggefallen)
§ 348 § 353
Zur Vorbereitung der Entscheidung des Prozeß- (weggefallen)
gerichts ist jede Sache zunächst vor dem Einzel-
richter zu verhandeln, der auch den Termin hierzu § 354
bestimmt. Es kann jedoch nach Bestimmung des (weggefallen)
Vorsitzenden hiervon abgese;1en werden, wenn
eine Vorbereitung nach den Umständen nicht er- Fünfter Titel
forderlich erscheint. Allgemeine Vorschriften über die Beweisaufnahme
§ 349
(1) Der Einzelrichter hat zunächst die gütliche § 355
Beilegung des Rechtsstreits zu versuchen. Kommt (1) Die Beweisaufr.ahme erfolgt vor dem Prozeß-
ein Vergleich nicht zustande, so hat der Einzelrich- gericht. Sie ist nur in den durch dieses Gesetz
ter für eine erschöpfende Erörterung des gesamten bestimmten Fällen einem Mitglied des Prozeß-
Sach- und Streitverhältnisses zu sorgen. Er hat zu gerichts oder einem anderen Gericht zu übertragen.
entscheiden: (2) Eine Anfechtung des Beschlu~,es, durch den
1. über Verweisungen in den Fällen der §§ 97, 98 die eine oder die andere Art der Beweisaufnahme
des Gerichtsverfassungsgesetzes; angeordnet wird, findet nicht statt.
Nr. 40 --- Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 567
§ 356 (2) Ist die Terminsbestimmung unterblieben, so
Steht der Aufnahme des Beweises ein Hindernis erfolgt sie durch den beauftragten Richter, wird er
von ungewisser Dauer entgegen, so ist eine Frist verhindert, den Auftrag zu vollziehen, so ernennt
zu bestimmen, nach deren fruchtlosem Ablauf das der Vorsitzende ein anderes Mitglied.
Beweismittel nur benutzt werden kann, wenn da-
§ 362
durch das Verfahren nicht verzögert wird. Die Frist
kann ohne mündliche Verhandlung bestimmt (1) Soll die Beweisaufnahme durch ein anderes
werden. Gericht erfolgen, so ist das Ersuchungsschreiben
§ 357 von dem Vorsitzenden zu erlassen.
(2) Die auf die Beweisaufnahme sich beziehenden
(!) Den Parteien ist gestattet, der Beweisauf-
nahme beizuwohnen. Verhandlungen übersendet der ersuchte Richter der
Geschäftsstelle des Prozeßgerichts in Urschrift;
(2) Wird die Beweisaufnahme einem Mitglied
die Geschäftsstelle benachrichtfgt die Parteien von
des Prozeßgerichts oder einem anderen Gericht
dem Eingang.
übertragen, so ist die Terminsbestimmung den Par-
§ 363
teien ohne besondere Form mitzuteilen, sofern
nicht das Gericht die Zustellung anordnet. Bei (1) Soll die Beweisaufnahme im Au_sland erfol-
Ubersendung durch die Post gilt die Mitteilung, gen, so hat der Vorsitzende die zuständige Behörde
wenn die Wohnung der Partei im Bereich des Orts-· um Aufnahme des Beweises zu ersuchen.
bestellverkehrs liegt, an dem folgenden, im übrigen (2) Kann die Beweisaufnahme durch einen Bun-
an dem zweiten Werktage nach der Aufgabe zur deskonsul erfolgen, so ist das Ersuchen an diesen
Post als bewirkt, sofern nicht die Partei glaubhaft zu richten.
macht, daß ihr die Mitteilung 'nicht oder erst in § 364
einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. (1) Wird eine ausländische Behörde ersucht, dm
§ 357a Beweis aufzunehmen, so kann das Gericht an-
ordnen, daß der Beweisführer das Ersuchungs-
Beschließt das Gericht eine Beweiserhebung, so schr~iben zu besorgen und die Erledigung des Er-
soll die Aufnahme des Beweises, soweit dies tun-
suchens zu betreiben habe.
lich ist, sofort erfolgen, insbesondere sollen Zeugen
(2) Das Gericht kann si'ch auf die Anordnung be-
und Sachverständige, falls sie zur Stelle sind oder
schränken, daß der Beweisführer eine den Gesetzen
ihre unverzügliche Gestellung möglich ist, sofort
des fremden Staates entsprechende öffentliche Ur-
vernommen werden.
kunde über die Beweisaufnahme beizubringen habe.
§ 358
(3) In beiden Fällen ist in dem Beweisbeschluß
Erfordert die Beweisaufnahme ein besonder<es
eine Frist zu bestimmen, binnen der von dem Be-
Verfahren, so ist es durch Beweisbeschluß anzu- weisführer die Urkunde auf der Geschäftsstelle
ordnen.
niederzulegen ist. Nach fruchtlosem Ablauf dieser
§ 359
Frist kann die Urkunde nur benutzt werden, wenn
Der Beweisbeschluß enthält: dadurch das Verfahren nicht verzögert wird.
1. die Bezeichnung der streitigen Tatsachen, über (4) Der Beweisführer hat den Gegner, wenn mög•
die der Beweis zu erheben ist; lieh, von dem Ort und der Zeit der Beweisauf-
2. die Bezeichnung der Beweismittel unter Be- nahme so zeitig in Kenntnis zu setzen, daß dieser
nennung der zu vernehmenden Zeugen und seine Rechte in geeigneter Weise wahrzunehmen
Sachverständigen oder der zu vernehmenden vermag. Ist die Benachrichtigung unterblieben, so
Partei; hat das Gericht zu ermessen, ob und inwieweit der
3. die Bezeichnung der Partei, die sich auf das Beweisführer zur Benutzung der Beweisverhand·
Beweismittel berufen hat. lung berechtigt ist.
§ 360 § 365
Vor der Erledigung des Beweisbeschlusses kann Der beauftragte oder ersuchte Richter ist er•
keine Partei dessen Änderung auf Grund der frü- mächtig!, falls sich später Gründe ergeben, welche
heren Verhandlungen verlangen. Das Gericht kann die Beweisaufnahme durch ein anderes Gericht
jedoch auf Antrag einer Partei oder von Amts sachgemäß erscheinen lassen, dieses Gericht um
wegen den Bewei&beschluß auch ohne erneute die Aufnahme des Beweises zu ersuchen. Die Par-
mündliche Verhandlung insoweit ändern, als der teien sind von dieser Verfügung in Kenntnis zu
Gegner zustimmt oder es sich nur um die Berich- setzen.
tigung oder Ergänzung der im Beschluß angege- § 366
benen Beweistatsachen oder um die Vernehmung (1) Erhebt sich bei der Beweisaufnahme vor einem
anderer als der im Beschluß angegebenen Zeugen beauftragten oder ersuchten Richter ein Streit, von
oder Sachverständigen handelt. Die gleiche Befug- dessen Erledigung die Fortsetzung der Beweisauf-
nis hat der beauftragte oder ersuchte Richter. Die nahme abhängig und zu dessen Entscheidung der
Parteien sind tunlichst vorher zu hören und in Richter nicht berechtigt ist, so erfolgt die Erledi-
jedem Falle von der Anderung unverzüglich zu be• gung durch das Prozeßgericht.
nachrichtigen.
(2) Der Termin zur mündlichen Verhandlung über
§ 361
den Zwischenstreit ist von Amts wegen zu bestim-
(!) Soll die Beweisaufnahme durch ein Mitglied men und den Parteien bekanntzumachen.
des Prozeßgerichts erfolgen, so wird bei der Ver-
kündung des Beweisbeschlusses durch den Vor• § 367
sitzenden der beauftragte Richter bezeichnet und (1) Erscheint eine Partei oder erscheinen beide
der Termin zur Beweisaufnahme bestimmt. Parteien in dem Termin zur Beweisaufnahme nirht,
568 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
so ist die Beweisaufnahme gleichwohl insoweit zu der Untersuchung, nach den Folgen ihres Ergebnisses
bewirken, als dies nach Lage der Sache geschehen für ihn oder einen der im § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3
kann. bezeichneten Angehörigen und ohne Nachteil für
(2) Eine nachträgliche Beweisaufnahme oder eine seine Gesundheit zugemutet werden kann.
Vervollsländigung der BeweisaL1füahme ist bis zum '(2) Die Vorschriften der §§ 386 bis 390 sind ent-
Schluß derjenigen mündlichen Verhandlung, auf sprechend anzuwenden. Bei wiederholter unberech-
die das Urteil ergeht, auf Antrag anzuordnen, wenn tigter Verweigerung der Untersuchung kann auch
das Verfahren dadurch nicht verzögert wird oder unmittelbarer Zwang angewendet, insbesondere die
wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie ohne ihr zwangsweise Vorführung zum Zwecke der Unter-
Verschulden außerstande gewesen sei, in dem suchung angeordnet werden.
früheren Termin zu erscheinen, und im Falle des
Antrags auf Vervollständigung, daß durch ihr Nicht- Siebenter Titel
erscheinen eine wesenlli.che Unvollständigkeit der
Beweisaufnahme veranlaßt sei. Zeugenbeweis
§ 368 § 373
Wird ein neuer Termin zur Beweisaufnahme oder Der Zeugenbeweis wird durch die Benennung det
zu ihrer Fortsetzung erforderlich, so ist dieser Ter- Zeugen und die Bezeichnung der Tatsachen, über
min, auch wenn der Beweisführer oder beide Par- welche die Vernehmung der Zeugen stattfinden
teien in dem früheren Termin nicht erschienen soll, angetreten.
waren, von Amts wegen zu bestimmen. § 374
§ 369 (weggefallen)
Entspricht die von einer ausländischen Behörde
vorgenommene Beweisaufnahme den für das Pro- § 375
zeßgericht geltenden Gesetzen, so kann daraus, daß (1) Die Aufnahme des Zeugenbeweises darf einem
sie nach den ausländischen Gesetzen mangelhaft Mitglied des Prozeßgerichts oder einem anderen
ist, kein Einwand entnommen werden. Gericht nur übertragen werden:
§ 370 1. wenn zur Ausmittlung der Wahrheit die Ver-
(1) Erfolgt die Beweisaufnahme vor dem Prozeß- nehmung des Zeugen an Ort und Stelle dienlich
gericht, so ist der Termin, in dem die Beweis- erscheint oder nach gesetzlicher Vorschrift der
aufnahme stattfindet, zugleich zur Fortsetzung der Zeuge nicht an der Gerichtsstelle, sondern an
mündlichen Verhandlung bestimmt. einem anderen-Ort zu vernehmen ist;
(2) In dem Beweisbeschluß, der anordnet, daß 2. wenn der Zeuge verhindert ist, vor dem Prozeß-
die Beweisaufnahme vor einem beauftragten odei gericht zu erscheinen; ·
ersuchten Richter erfolgen solle, kann zugleich der 3. wenn sich der Zeuge in so großer Entfernung
Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhand- von dem Prozeßgericht aufhält, daß seine Ver-
lung vor dem Prozeßgericht bestimmt werden. Ist nehmung vor diesem unzweckmäßig erscheint.
dies nicht geschehen, so wird nach Beendigung der (2) D2r Bundespräsident ist in seiner Wohnung
_Beweisaufnahme dieser Termin von Amts wegen zu vernehmen.
bestimmt und den Parteien bekanntgemacht. § 376
Sechster Titel (1) Für die Vernehmung von Richtern, Beamten
und anderen Personen des öffentlichen Dienstes als
Beweis durch Augenschein
Zeugen über Umstände, auf die sich ihre Pflicht
§ 371 zur Amtsverschwiegenheit bezieht, und für die Ge-
Der Beweis durch Augenschein wird durch die nehmigung zur Aussage gelten die besonderen be-
Bezeichnung des Gegenstandes des Augenscheins amtenrechtlichen Vorschriften.
und durch die Angabe der zu beweisenden Tat- (2) Für die Mitglieder der Bundes- oder einer Lan-
sachen angetreten. desregierung gelten die für sie maßgebenden be-
§ 372 sonderen Vorschrift.en.
(!) Das Prozeßgericht kann anordnen, daß bei der (3) Eine Genehmigung in den Fällen der Abs. 1, 2
Einnahme des Augenscheins ein oder mehrere Sach- ist durch das Prozeßgericht einzuholen und dem
verständige zuzuziehen seien. Zeugen bekanntzumachen.
(2) Es kann einem Mitglied des Prozeßgerichts (4) Der Bundespräsident kann das Zeugnis ver•
oder einem ander_en Gericht die Einnahme des weigern, wenn die Ablegung des Zeugnisses dem
Augenscheins übertragen, auch die Ernennung der Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes
zuzuziehenden Sachverständigen überlassen. Nachteile bereiten würde.
§ 372 a (5) Diese Vorschriften gelten auch, wenn die vor-
(1) Soweit es in den Fällen der§§ 1591 und 1717 genannten Personen nicht mehr im öffentlichen
des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder in anderen Dienst sind, soweit es sich um Tatsachen handelt,
Fällen zur Feststellung der Abstammung erforder- die sich während ihrer Dienstzeit ereignet haben
lich ist, hat jede Person Untersuchungen, insbeson- oder ihnen während ihrer Dienstzeit zur Kenntnis
dere die Entnahme von Blutproben zum.Zwecke der gelangt sind.
Blutgruppenuntersuchung, zu dulden, soweit die § 377
Untersuchung nach den anerkannten Grundsätzen (1) Die Ladung der Zeugen ist von der Geschäfts-
der Wissenschaft eine Aufklärung des Sachverhalts stelle unter Bezugnahme auf den Beweisbeschluß
verspricht und dem zu Untersuchenden nach der Art auszufertigen und von Amts wegen mitzuteilen. Sie
,
Nr. 40 -- Tag der Ausgabe: Bonn, d-en 20. September 1950 571
§ 396 Achter Titel
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, d,m 20. September 1950 569
wird, sofern nicht das Gericht die Zustellung an- § 382
ordnet, formlos übersandt. (1) Die Mitglieder der Bundesregierung oder einer
(2) Die Ladung muß enthalten: Landesregierung sind an ihrem Amtssitz oder, wenn
1. die Bezeichnung der Parteien, sie sich außerhalb ihres Amtssitzes aufhalten, an
ihrem Aufenthaltsort zu vernehmen.
2. den Gegenstand der Vernehmung,
(2) Die Mitglieder des Bundestages, des Bundes-
3. die Anweisung, zur Ablegung des Zeugnisses
rates, eines Landtages oder einer zweiten Kammer
bei Vermeidung der durch das Gesetz ange- sind während ihres Aufenthaltes am Sitz der Ver-
drohten Strafen in dem nach Zeit und Ort zu sammlung dort zu vernehmen.
bezeichnenden Termin zu erscheinen.
(3) Zu einer Abweichung von den vorstehenden
(3) Bildet den Gegenstand der Vernehmung eine Vorschriften bedarf es:
Auskunft, die der Zeuge voraussichtlich an der Hand für die Mitglieder der Bundesregierung der Ge-
seiner Bücher oder anderer Aufzeichnungen zu ge- nehmigung der Bundesregierung,
ben hat, so kann das Gericht anordnen, daß der für die Mitglieder einer Landesregierung der
Zeuge zum Termin nicht zu erscheinen braucht, Genehmigung der Landesregierung,
wenn er vorher eine schriftliche Beantwortung der für die Mitglieder einer der im Abs. 2 genann-
Beweisfrage unter eidesstattlicher Versicherung ten Versammlungen der Genehmigung dieser Ver·
ihrer Richtigkeit einreicht. sammlung.
(4) Das gleiche kann auch in anderen Fällen ge- § 383
schehen, sofern das Gericht nach Lage der Sache,
(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind be-
insbesondere mit Rücksicht auf. den Inhalt der Be-
weisfrage, eine schriftliche Erklärung des Zeugen rechtigt:
für ausreichend. eruchtet und die Parteien damit ein- 1. der Verlobte einer Partei,
verstanden sind. 2.·der Ehegatte einer Partei, auch wenn die Ehe
§ 373 nicht mehr besteht,
(weggefallen) 3. diejenigen, die mit einer Partei in gerader
Linie verwandt, verschwägert oder durch Adop-
§ 379 tion verbunden oder in der Seitenlinie bis
(1) Das Gericht soll die Ladung davon abhängig zum dritten Grade verwandt oder bis zum
machen, daß der Beweisführer einen Vorschuß zur zweiten Grade verschwägert sind, auch wenn
Deckung der Staatskasse wegen der durch die Ver- die Ehe, durch welche die Schwägerschaft be-
nehmung des Zeugen erwachsenden Auslagen hin- gründet ist, nicht mehr besteht,
terlegt. 4. Geistliche in Ansehung desjenigen, was ihnen
(2) Erfolgt rl ie Hinlerlcgung nicht binnen der be- bei der Ausübung der Seelsorge anvertraut ist;
stimmten Frist, so unterbleibt die Ladung, wenn die 5. Personen, denen kraft ihres Amtes, Standes
Hinterlegung ll ich: so zeitig nachgeholt wird, daß oder Gewerbes Tatsachen anvertraut sind,
die Vernehmun,: ohne Verzögerung des Verfahrens der,;n Geheimhaltung durch ihre Natur odc;r
durchgeführt werden kann. durch gesetzliche Vorschrift geboten ist, in
§ 380 betreff der Tatsachen, auf welche · die Ver·
(1) Ein ordnung3mäßig geladener Zeuge, der nicht pflichtung zur Verschwiegenheit sich bezieht.
erscheint, ist, ohne daß es eines Antrages bedarf, (2) Die unter Nr. 1 bis 3 bezeichneten Personen
in die durch das Ausbleiben verursachten Kosten sind vor der Vernehmung über ihr Recht zur Ver-
sowie zu einer Ordnungsstrafe in Geld und für den weigerung des Zeugnisses zu belehren.
Fall, daß diese nicht beigetrieben werden kann, zur (3) Die Vernehmung der unter Nr. 4, 5 bezeichne•
Strafe der Haft bis zu sechs Wochen zu verurteilen. ten Personen ist, auch wenn das Zeugnis nicht ver-
(2) Im Falle wiederholten Ausbleibens ist die weigert wird, auf Tatsachen nicht zu richten, in
Strafe noch einmal zu erkennen, auch kann die Ansehung welcher erhellt, daß ohne Verletzung der
zwangsweise Vorführung des Zeugen angeordnet Verpflichtung zur Verschwiegenheit ein Zeugnis
werden. nicht abgelegt werden kann.
(3) Gegen diese Beschlüsse findet die Beschwerde
§ 384
statt.
§ 381 Das Zeugnis kann verweigert werden:
(1) Die Verurteilung in Strafe und Kosten sowie 1. über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen
die Anordnung der zwangsweisen Vorführung un- oder einer Person, zu der er in einem der im
§ 383 Nr. 1 .bis 3 bezeichneten Verhältnisse
terbleiben, wenn der Zeuge glaubhaft macht, daß
ihm die Ladung nicht rechtzeitig zugegangen ist, steht, einen unmittelbaren vermögensrecht-
oder wenn sein Ausbleiben genügend entschuldigt lichen Schaden verursachen würde:
ist. Erfolgt die Glaubhaftmachung oder die genü- 2. über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen
gende Entschuldigung nachträglich, so werden die oder einem seiner im § 383 Nr. 1 bis 3 bezeich-
gegen den Zeugen getroffenen Anordnungen wieder neten Angehörigen zur Unehre gereichen oder
aufgehoben. die Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung zu-
(2) Die Anzeigen und Gesuche des Zeugen können ziehen würde;
schriftlich oder zum Protokoll der Geschäftsstelle 3. über Fragen, die der Zeuge nicht würde be-
oder mündlich in dem zur Vernehmung bestimmten antworten können, ohne ein Kunst- oder Ge-
neuen Termin angebracht werden. werbegeheimnis zu offenbaren.
570 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
§ 385 Vortrag des Ber.ichtserstatters können der Zeuge
(IJ In den Fällen des § 383 Nr. 1 bis 3 und des und die Parteien zur Begründung ihrer Anträge das
§ 384 Nr. 1 darf der Zeuge das Zeugnis nicht ver- Wort nehmen; neue Tatsachen oder Beweismittel
weigern: dürfen nicht geltend gemacht werden.
1. über die Errichtung und den Inhalt eines § 390
Rechtsgeschäfts, bei dessen Errichtung er als (1) Wird das Zeugnis oder die Eidesleistung ohne
Zeuge zugezogen war; Angabe eines Grundes oder, nachdem der vorge-
2. über Geburten, Verheiratungen oder Sterbe- schützte Grund rechtskräftig für unerheblich erklärt
fälle von Familienmitgliedern, ist, verweigert, so ist der Zeuge, ohne daß es eines
3. über Tatsachen, welche die durch das Familien- Antrages bedarf, in die durch die Weigerung ver-
verhältnis bedingten Vermögensangelegenhei- ursachten Kosten sowie zu einer Ordnungsstrafe in
ten betreffen; Geld und für den Fafl, daß diese nicht beigetrieben
4. über die auf das streitige Rechtsverhältnis werden kann, zur Strafe der Haft bis zu sechs
sich beziehenden Handlungen, die von ihm Wochen zu verurteilen.
selbst als Rechtsvorgänger oder Vertreter (2) Im Falle wiederholter Weigerung ist auf An-
einer Partei vorgenommen sein sollen. trag zur Erzwingung des Zeugnisses die Haft anzu-
(2) Die im § 383 Nr. 4, 5 bezeichneten Personen ordnen, jedoch nicht über den Zeitpunkt der Be-
dürfen das Zeugnis nicht verweigern, wenn sie von endigung des Prozesses in dem Rechtszuge hinaus.
der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden Die Vorschriften über die Haft im Zwangsvoll-
sind. streckungsverfahren gelten entsprechend.
§ ,386 (3) Gegen die Beschlüsse findet die Beschwerde
(1) Der Zeuge, der das Zeugnis verweigert, hat statt.
vor dem zu seiner Vernehmung bestimmten Termin § 391
schriftlich . oder zum Protokoll der Geschäftsstelle Ein Zeuge ist, vorbehaltlich der sich aus § 393
oder in diesem Termin die Tatsachen, auf die er die ergebenden Ausnahmen, zu beeidigen, wenn das·
Weigerung gründet, anzugeben und glaubhaft zu Gericht dies mit Rücksicht auf die Bedeutung der
machen. Aussage odet zur· Herbeiführung einer wahrheits-
(2) Zur Glaubhaftmachung genügt in den Fällen gemäßen Aussage für geboten erachtet und die
des § 383 Nr. 4, 5 die mit Berufung auf einen ge- Parteien auf die Beeidigung nicht verzichten.
leisteten Diensteid abgegebene Versicherung.
(3) Hat der Zeuge seine Weigerung schriftlich § 392
oder zum Protokoll der Geschäftsstelle erklärt, so Die Beeidigung erfolgt nach der Vernehmung.
ist er nicht verpflichtet, in dem zu seiner Verneh- Mehrere Zeugen können gleichzeitig beeidigt wer-
mung bestimmten Termin zu erscheinen. den. Die Eidesnorm geht dahin, daß der Zeuge nach
(4) Von dem Eingang einer Erklärung des Zeugen bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt und
oder von der Aufnahme einer solchen zum Proto- nichts verschwiegen habe.
koll hat die Geschäftsstelle die Parteien zu benach- § 393
richtigen ..
Unbeeidigt sind zu vernehmen:
§ 387
1. Personen, die zur Zeit der Vernehmung das
(1) Uber die Rechtmäßigkeit der Weigerung wird sechzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet
von dem Prozeßgericht nach Anhörung der Parteien oder wegen mangelnder Verstandesreife oder
entschieden. wegen Verstandesschwäche von dem \Vesen
(2) Der Zeuge ist nicht verpflichtet, sich durch und der Bedeutung des Eides keine genügende
einen Anwalt vertreten zu lassen. Vorstellung haben; _
(3) Gegen das Zwischenurteil findet sofortige 2. Personen, die nach den Vorschriften der Straf-
Beschwerde statt. gesetze unfähig sind, als Zeugen eidlich ver-
§ 388 nommen zu werden.
Hat der Zeuge seine Weigerüng schriftlich oder § 394
zum Protokoll der Geschäftsstelle erklärt und ist er
(1) Jeder Zeuge ist einzeln und in Abwesenheit
in dem Termin nicht erschienen, so hat auf Grund
der später abzuhörenden Zeugen zu vernehmen.
seiner Erklärungen ein Mitg]ied des Prozeßgerichts
Bericht zu erstatten. (2) Zeugen, deren Aussagen sich widersprechen,
§ 389 können einander gegenübergestellt werden.
(1) Erfolgt die Weigerung vor einem beauftrag- § 395
ten oder ersuchten Richter, so sind die Erklärungen (!) Vor der Vernehmung wird der Zeuge zur
des Zeugen, wenn sie nicht schriftlich oder zum Wahrheit ermahnt und darauf hingewiesen, daß er
Protokoll der Geschälts$telle abgegeben sind, in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen unter Um-
nebst den Erklärungen der Parteien in das Protokoll ständen seine Aussage zu beeidigen habe.
aufzunehmen. (2) Die Vernehmung beginnt damit, daß der
(2) Zur mündlichen Verhandlung vor dem Pro- Zeuge über Vornamen und Zunamen, Alter, Stand
zeßgericht werden der Zeuge und die Parteien von oder Gewerbe und Wohnort befragt wird. Erforder-
Amts wegen geladen. lichenfalls sind ihm Fragen über solche Umstände,
(3) Auf Grund der von dem Zeugen und den die seine Glaubwürdigkeit in der vorliegenden
Parteien abgegebPnen Erklärungen hat ein Mitglied Sache betreffen, insbesondere über seine Be0
des Prozeßgerichts Bericht zu erstatten. Nach dem ziehungen zu den Parteien vorzulegen.
Nr. 40 -- Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 571
§ 396 Achter Titel
(1) Der Zeuge ist zu veranlassen, dasjenige, was Beweis durch Sachverstäµdige
ihm von dem Gegenstand seiner Vernehmung be-
§ 402
kannt ist, im Zusammenhang anzugeben.
Für den Beweis durch Sachverständige gelten die
(2) Zur Aufklärung und zur Vervollständigung Vorschriften über den Beweis durch Zeugen ent-
der Auss~ge sowie zur Erforschung des Grundes, sprechend, insoweit nicht in den nachfolgenden
auf dem die Wissenschaft des Zeugen beruht, sind Paragraphen abweichende Vorschriften enthalten
nötigenfalls weitere Fragen zu stellen. sind.
(3) Der Vorsitzende hat jedem Mitglied des Ge- § 403
richts auf Verlangen zu gestatten, Fragen zu stellen. Der Beweis wird durch die Bezeichnung der zu
begutachtenden Punkte angetreten.
§ 397 § 404
(i) Die Parteien sind berechtigt, dem Zeugen (1) Die Auswahl der zuzuziehenden Sachverstän-
diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die sie zur digen und die Bestimmung ihrer Anzahl erfolgt
Aufkl~.rung der Sache oder der Verhältnisse des durch das Prozeßgericht. Es kann sicli auf die Ernen-
Zeugen für dienlich erachten. nung eines einzigen Sachverständigen beschränken.
(2) Der Vorsitzende kann den Parteien gestatten An Stelle der zuerst ernannten Sachverständigen
und hat ihren Anwälten auf Verlangen zu gestatten, kann es andere ernennen.
an den Zeugen unmittelbar Fragen zu richten. (2) Sind für gewisse Arten von Gutachten Sach-
verständige öffentlich bestellt, so sollen andere Per-
(3) Zweifel über die Zulä'ssigkeit einer Frage sonen nur dann gewählt werden, wenn besondere
entscheidet das Gericht. Umstände es erfordern.
§ 398 · (3) Das Gericht kann die Parteien auffordern, Per-
sonen zu bezeichnen, die geeignet sind, als Sach-
(1) Das Prozeßgericht kann nach seinem Ermessen verständige vernommen zn werden
die wiederholte Vernehmung eines Zeugen a;n- (4) Einigen sich die ~arteien über bestimmte Per-
ordnen. sonen als Sachverständige, so hat das Gericht die-
(2) Hat ein beauftragter oder ersuchter Richter ser Einigung Folge zu geben; das Gericht kann je-
bei der Vernehmung die Stellung der von einer doch die Wahl der Parteien auf eine bestimmte An-
Partei angeregten Frage verweigert, so kann das zahl beschränken.
Prozeßgericht die nachträgliche Vernehmung des § 405
Zeugen über diese.Frage anordnen. Das Prozeßgericht kann den mit der Beweisauf-
(3) Bei der wiederholten oder der nachträglichen nahme betrauten Richter zur Ernennung der Sach-
Vernehmung kann der Richter statt der noch- verständigen ermächtigen. Er hat in diesem Falle
maligen Beeidigung den Zeugen die Richtigkeit die iI\ dem vorstehenden Paragraphen dem Prozeß-
seiner Aussage unter Berufung auf den früher ge- gericht beigelegten Befugnisse auszuüben.
leisteten Eid versichern lassen. § 406
§ 399 (1) Ein Sc'.chverständiger kann aus denselben
Gründen, die zur Ablehnung eihes Richters berech-
Die Partei kann auf einen Zeugen, den sie vor-
tigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund
geschlagen hat, verzichten; der Gegner kann aber
kann jedoch nicht daraus entnommen werden, daß
verlangen, daß der erschienene Zeuge vernommen
der Sachverständige als Zeuge vernommen worden
nnd, wenn die Vernehmung bereits begonnen hat,
ist.
daß sie .fortgesetzt werde.
(2) Das Ablehnungsgesuch ist bei dem Gericht
§ 400 oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt
Der mit der Beweisaufnahme betraute Richter ist ist, vor seiner Vernehmung, bei schriftlicher Be-
ermächtigt, im Falle des Nichterscheinens oder der gutachtung vor Einreichung des Gutachtens anzu-
Zeugnisverweigerung die gesetzlichen Verfügungen bringen. Nach diesem Zeitpunkt ist die Ablehnung
zu trefien, auch sie, soweit dies überhaupt zulässig nur zulässig, wenn glaubhaft gemacht wird, daß der
ist, selbst nach Erledigung des Auftrages wieder auf- Ablehnungsgrund vorher nicht geltend gemacht
zuheben, über die Zulässigkeit einer dem Zeugen werden konnte. Das Ablehnungsgesuch kann vor
vorgelegten Frage vorläufig zu entscheiden und die der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.
nochmalige Vernehmung eines Zeugen vorzuneh- (3) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen;
men. zur Versicherung an Eides Statt darf die Partei
§ 401 nicht zugelassen werden.
(4) Die Entscheidung ergeht von dem im zweiten
(1) Jeder Zeuge hat nach Maßgabe der Gebühren- Absatz bezeichneten Gericht oder Richter; eine
ordnung auf Entschädigung für Zeitversäumnis und, mündliche Verhandlung der Beteiligten ist nicht
wenn sein Erscheinen eine Reise erforderlich macht, erforderlich.
auf Erstattung der Kosten Anspruch, die durch die (5) Gegen den Beschluß, durch den die Ableh-
Reise und den Aufenthalt am Ort der Vernehmung nung für begründet erklärt wird, findet kein Rechts-
verursacht werden. mittel, gegen den Beschluß, durch den sie für un-
(2) Bei schriftlicher Beantwortung der Beweis- begründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde
frage (§ 377 Abs. 3, 4) hat der Zeuge Anspruch auf statt.
Erstattung der ihm durch die Beantwortung ent- § 407
standenen Auslagen. (1) Der zum Sachverständigen Ernannte hat der
572 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
Ernennung Folge zu leisten, wenn er zur Erstattung (2) Das Gericht kann die Begutachtung durch
von Gutachten der erforderten Art öflentlich be- einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn
stellt ist oder wenn er die Wissenschaft, die Kunst ein Sachverständiger nach Erstaltung des Gutach-
oder das Gewerbe, deren Kenntnis Voraussetzung tens mit Erfolg abgelehnt ist.
der Begutachtung ist, öffentlich zum Erwerb aus- § 413
übt oder wenn er zur Ausübung derselben öffent- Der Sachverständige hat nach Maßgabe der Ge·
lich bestellt oder ermächtigt iä bührenordnung auf Entschädigung für Zeitversäum-
(2) Zur Erstattun9 des Gulachtens ist auch der-
jeni9e verpflichtet, der sich hierzu vor Gericht be- nis, auf Erstattung der ihm verursachten Kosten
reit erklärt hat. und außerdem auf angemessene Vergütung seiner
§ 408 Mührwaltung Anspruch.
(1) Dieselben Gründe, die einen Zeugen berech- § 414
tigen, das Zeugnis zu verweigern, berechtigen einen Insoweit zum Beweise vergangener Tatsachen
Sachverständiqen zur Verwei9erung des Gutachtens. oder Zustände, zu deren Wahrnehmung eine be•
Das Gericht kann auch aus anderen Gründen einen sondere Sachkunde erforderlich war, sachkundige
Sachverständigen von der Verpflichtung zur Er- Personen zu vernehmen sind, kommen die Vor•
stattun9 des Gutachtens entbinden. schriften über den Zeugenbeweis zur Anwendung.
(2) Für die Vernehmung eines Richters, Beamten
oder einer anderen Person des öffentlichen Dienstes Neunter Titel
als Sachvfüständigen gellen die besonderen be- Beweis durch Urkunden
amtenrechtlichen Vorschriften. Für die Mitglieder § 415
der Bundes- oder einer Landesregierung gelten die (1) U:kunden, die von einer öffentlichen Behörde
für sie maßgebenden besonderen Vorschriften. innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse oder
(3) Wer bei einer richterlichen Entscheidung mit- von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Per-
gewirkt hat, soll über Fragen, die den Gegenstand son innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäfts-
der Entscheidung gebildet haben, nicht als Sach · kreises in der vorgeschriebenen Form aufgenom-
verständiger vernommen werden.
men sind (öffentliche Urkunden), begründen, wenn
§ 409 sie über eine vor der Behörde oder der Urkunds•
(1) Im Falle des Nichterscheinens oder der Vvei- person abgegebene Erklärung errichtet sind, vollen
gerung eines zur Erstattung des Gutachtens ver- Beweis des durch die Behörde oder die Urkunds•
pflichteten Sachverständigen wird dieser zum Er- person beurkundeten Vorganges.
satz der Kosten und zu einer Ordnungsstrafe in (2) Der Beweis, daß der Vorgang unrichtig be•
Geld verurteilt. Im Falle wiederholten Ungehor- urkunrlet sei, ist zulässig.
sams kann die Strafe noch einmal erkannt werden. § 416
(2) Gegen den Beschluß findet Beschwerde statt. Privaturkunden begründen, sofern sie von den
§ 410 Ausstellern unterschrieben oder mittels gerichtlich
(!) Der Sachverständige wird vor oder nach Erstat- üder notariell beglaubigten Handzeichens unter•
tung des Gutachtens beeidigt. Die Eidesnorm geht zeichnet sind, vollen Beweis dafür, daß die in
dahin, daß der Sachverstiindige das von ihm er- ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern
forderte Gulachlen unparteiisch und nach bestem abgegeben sind.
Wissen und Gewissen erstatten werde oder erstat- § 417
tet habe. Die von einer Behörde ausgestellten, eine amt•
(2) Ist der Sachverständige für die Erstattung von liehe Anordnung, Verfügung oder Entscheidung
Gutachten der betreffenden Art im allgemeinen be- enthaltenden öffentlichen Urkunden begründen
eidigt, so genügt die Berufung auf den geleisteten vollen Beweis ihres Inhalts.
Eid; sie kann auch in einem schriftlichen Gutachten § 418
erklärt werden. (1) Offentliche Urkunden, die einen anderen als
§ 411 den in den §§ 415, 417 bezeichneten Inhalt haben,
(!) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, begründen vollen Beweis der darin bezeugten Tat•
so hat der Sachverständige das von i.hm unter- sachen.
schriebene Gutachten auf der Geschäftsstelle (2) Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten
niederzulegen. Das Gericht kann ihm hierzu eine Tatsachen iBt zulässig, sofern nicht die Landes•
Fnst bestimmen. gesetze diesen Beweis ausschließen oder be•
(2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens schränken.
verpflichteter Sachverständiger die Frist, so .kann (3) Beruht das Zeugnis nicht auf eigener Wahr•
er zu einer Ordnungsstrafe in Geld verurteilt wer- nehmung der Behörde oder der Urkundsperson, so
den. Der Straffestselzung muß eine Strafandrohung ist die Vorschrift des ersten Absatzes nur dann
unter Setzung einer Nachfrist vorausgehen. Im anzuwenden, wenn sich aus den Landesgesetzen er•
Falle wiederholter Fristversäumnis kann die Strafe gibt, daß die Beweiskraft des Zeugnisses von der
in der gleichen Weise noch einmal erkannt werden. eigenen Wahrnehmung unabhängig ist.
§ 409 Abs. 2 gilt entsprechend. § 419
(3) Das Gericht kann das Erscheinen des Sach- Inwiefern Durchstreichungen, Radierungen, Ein-
verständigen anordnen, damit er das schriftliche schaltungen oder sonstige äußere Mängel die Be•'
Gutachten erläutere. weiskraft einer Urkunde ganz oder teilweise auf-
§ 412 heben oder mindern, entscheidet das Gericht nach
(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung freier Uberzeugung.
durch dieselben oder durch andere Sachverständige § 420
onorrlnen, wenn es clas Gutachten für ungenügend Der Beweis wird durch die Vorlegung der Ur•
erachtet. kunde angetreten.
Nr. 40 ~ Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 573
§ 421 § 429
Befindet sich di 0 Urkunde nach der Behauptung Der Dritte ist aus denselben Gründen wie der
des Beweisführers in den H,inden des Gegners, so Gegner des Beweisführers zur Vorlegung einer Ur-
wird der Beweis d.uch den J.ntrag angetreten, dem kunde verpflichtet; er kann zur Vorlegung nur im
Gegner die Vorlegung der Urkunde aufzugeben. Wege der Klage genötigt werden.
§ 422 § 430
Der Gegner ist zur Vorlegung der Urkunde ver- Zur Begründung des nach § 428 zu stellenden An-
pflichtet, wenn der Beweisführer nach den Vor- trages hat der Beweisführer den Erfordernissen des
schriften des bürgerlichen Rechts die Herausgabe § 424 Nr. 1 bis 3, 5 zu genügen und außerdem
oder die Vorlegung der Urkunde verlangen kann. glaubhaft zu machen, daß die Urkunde sich in den
§ 423 Händen des Dritten befinde.
Der Gegner ist auch zur Vorlegung der in seinen
§ 431
Händen befindlichen Urkunden verpflichtet, auf die
er im Prozeß zur Beweisführung Bezug genommen (1) Ist die Tatsache, die durch die Urkunde be-
hat, selbst wenn es nur in einem vorbereitenden wiesen werden soll, erheblich und entspricllt der
Schriftsatz geschehen ist. Antrag den Vorschriften des vorstehenden PJ.ra•
graphen, so hat das Gericht eine Frist zur Vor-
§ 424
legung der Urkunde zu bestimmen. Die Frist kann
Der Antrag soll enthalten: ohne mündliche Verhandlung be.stimmt werden.
1. die Bezeichnung der Urkunde;,
2. die Bezeichnung der Tatsachen, die durch die (2) Der Gegner kann die Fortsetzung des Ver-
Urkunde bewiesen werden sollen; fahrens vor dem Ablauf der Frist beantragen, wenn
3. die möglichst vollständige Bezeichr.ung des die Kl.age gegen den Dritten erledigt ist oder wenn
Inhalts der Urkunde; der Beweisführer die Erhebung der Klage oder die
4. die Angabe der Umstände, auf welche die Be- Betreibung des Prozesses oder der Zwangsvoll•
hauptung sich stützt, daß die Urkunde sich in streckung ,·erzögert.
dem Besitz des Gegners befindet; § 432
5. die Bezeichnung des Grundes, der die Ver- (1) Befindet sich die Urkunde nach der Behaup-
pflichtung zur Vorlegung der Urkunde ergibt. tung des Beweisführers in den Händen einer öffent-
Der Grund ist glaubhaft zu machen. lichen Behörde oder eines öffentlichen Beamten, so
wird der Beweis d,uch den Antrag angetreten,
§'425
die Behörde oder den Beamten um die Mitteilung
Erachtet das Gericht die Tatsache, die durch die der Urkunde zu ersuchen.
Urkunde bewiesen werden soll, für erheblich und
(2) Diese Vorschrift ist auf Urkunden, welche die
den Antrag für begründet, so ordnet es, wenn Jer
Parteien nach den gesetzlichen Vorschriften ohne
Gegneor zugesteht, daß die Urkunde sich in seinen
Mitwirkung des Gerichts zu beschaffen imstande
Händen befinde, oder wenn der Gegner sich über
sind, nicht anzuwenden.
den Antrag nicht erklärt, die Vorlegung der Ur-
kunde an. (3) Verweigert die Behörde oder der Beamte die
§ 426 Mitteilung der Urkunde in Fällen, in denen eine
Bestreitet der Gegner, daß die Urkunde sich in Verpflichtung zur Vorlegung auf § 422 gestützt
seinem Besitz befinde, so ist er über ihren Verbleib wird, so gelten die Vorschriften der §§ 428 bis 431.
zu vernehmen. In der Ladung zum Vernehmungs- § 433
termin ist ihm aufzugeben, nach dem Verbleib der (weggefallen)
Urkunde sorgfältig zu forschen. Im. übrigen gelten
die Vorschriften der §§ 449 bis 454 entsprechend. § 434
Gelangt das Gericht zu der Uberzeugung, daß sich Wenn eine Urkunde bei der mündlichen Verhand-
die Urkunde im Besitz des Gegners befindet, so lung wegen erheblicher Hindernisse nicht vorge-
ordnet es die Vorlegung an. legt werden kann oder wenn es bedenklich er-
§ 427 scheint, sie wegen ihrer Wichtigkeit und der Be-
Kommt der Gegner der Anordnung, die Urkunde sorgnis ihres Verlustes oder ihrer Beschädigung
vorzulegen, nicht nach oder gelangt das Gericht vorzulegen, so kann das Prozeßgericht anordnen,
im Falle des § 426 zu der Uberzeugung, daß er daß sie vor einem seiner Mitglieder oder vor einem
nach dem Verbleib der Urkunde nicht sorgfältig anderen Gericht vorgelegt werde.
geforscht habe, so kann eine vom Beweisführer bei- § 435
gebrachte Abschrift der Urkunde. als richtig ange-
Eine öffentliche Urkunde kann in Urschrift oder
sehen werden. Ist eine Abschrift der Urkunde nicht
in einer beglaubigten Abschrift, die hinsichtlich
beigebracht, so können die Behauptungen des Be-
der Beglaubigung die Erfordernisse einer öffent-
weisführers über die Beschaffenheit und den Inhalt lichen Urkunde an sich trägt, vorgelegt werden;
der Urkunde als bewiesen angenommen werden.
das Gericht kann jedoch anordnen, daß der Beweis-
§ 428 führer die Urschrift vorlege oder die Tatsachen an-
Befindet sich die Urkunde nach der Behauptung gebe und glaubhaft mache, die ihn an der Vor-
des Beweiaführers in den Händen eines Dritten, so legung der Urschrift verhindern. Bleibt die Anord ·
wird der Beweis durch den Antrag angetreten, zur nung erfolglos, so entscheidet das Gericht nach
Herbeischaffung der Urkunde eine Frist zu be- freier Uberzeugung, welche Beweiskraft der beglau-
stimmen. bigten Abschrift beizulegen sei.
574 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
§ 436 (4) Macht der Beweisführer glaubhaft, daß in den
Der Beweisführer kann nach der Vorlegung einer Händen eines Dritten geeignete Vergleichungs-
Urkunde nur mit Zustimmung des Gegners auf schriften sich befinden, deren Vorlegung er im
dieses Beweismittel verzichten. Wege der Klage zu erwirken imstande sei, so
gelten die Vorschriften des § 431 entsprechend,
§ 437
(1) Urkunden, die nach Form und Inhalt als von § 442
einer öffentlichen Behörde oder von einer mit Ober das Ergebnis der Schriftvergleichung hat
öffentlichem Glauben versehenen Person errichtet das Gericht nach freier Oberzeugung, geeigneten-
sich darstellen, haben die Vermutung der Echtheit falls nach Anhörung von Sachverständigen, zu ent-
für sich. scheiden.
(2) Das Gericht kann, wenn es die Echtheit für § 443
zweifelhaft hält, auch von Amts wegen die Behörde Urkunden, deren Echtheit bestritten ist oder
oder die Person, von der die Urkunde errichtet deren Inhalt verändert sein soll, werden bis zur
sein soll, zu einer Erklärung über die Echtheit ver- Erledigt,ng des Rechtsstreits auf der Geschäftsstelle
anlassen. verwahrt, sofern nicht ihre Auslieferung an eine
§ 438 andere Behörde im Interesse der öffentlichen Ord-
(1) Ob eine Urkunde, die als von einer ausländi- nung erforderlich ist.
schen Behörde oder von einer mit öffentlichem § 444
Glauben versehenen Person des Auslandes errichtet Ist eine Urkunde von einer Partei in der Absicht,
sich darstellt, ohne näheren Nachweis als echt an- ihre Benutzung dem Gegner zu entziehen, beseitigt
zusehen sei, hat das Gericht nach den Umständen oder zur Benutzung untauglich gemacht, so können
des Falles zu ermessen. die Behauptungen des Gegners über die Beschaffen-
(2) Zum Beweise der Echtheit einer solchen Ur- heit und den Inhalt der Urkunde als bewiesen an-
kunde genügt die Legalisation durch einen Konsul gesehen werden,
oder Gesandten des Bundes.
Zehnter Titel
§ 439
(1) Ober die Echtheit einer Privaturkunde hat Beweis durch Parteivernehmung
sich de·r Gegner des Beweisführers nach der Vor- § 445
schrift des § 138 zu erklären.
(1) Eine Partei, die den ihr obliegenden Beweis
(2) Befindet sich unter der Urkunde eine Namens-
mit anderen Beweismitteln nicht vollständig geführt
unterschrift, so ist die Erklärung auf die Echtheit
oder andere Beweismittel nicht vorgebracht hat,
der Unterschrift zu richten.
kann den Beweis dadurch antreten, daß sie bean-
(3) Wird die Erklärung nicht abgegeben, so ist
tragt, den Gegner über die zu beweisenden Tat-
die Urkunde als anerkannt anzusehen, wenn nicht
sachen zu vernehmen.
die Absicht, die Echtheit bestreiten zu wollen, aus
(2) Der Antrag ist nicht zu berücksichtigen, wenn
den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
er Tatsachen betrifft, deren Gegenteil das Gericht
§ 440 für erwiesen erachtet.
(1) Die Echtheit einer nicht anerkannten Privat- § 446
urkunde ist zu beweisen. Lehnt der Gegner ab, sich vernehmen zu lassen,
(2) Steht die Echtheit der Namensunterschrift fest oder gibt er auf Verlangen des Gerichts keine Er-
oder ist das unter einer Urkunde befindliche Hand- klärung ab, so hat das Gericht unter Berücksich-
zeichen gerichtlich oder notariell beglaubigt, so hat tigung der gesamten Sachlage, insbesondere der für
die über der Unterschrift oder dem Handzeichen die Weigerung vorgebrachten Gründe, nach freier
stehende Schrift die Vermutung der Echtheit Oberzeugung zu entscheiden, ob es die behauptete
für sich. Tatsache als erwiesen ansehen will.
§ 441
§ 147
(1) Der Beweis der Echtheit oder Unechtheit einer
Urkunde kann auch durch Schriftvergleichung ge- Das Gericht kann über eine streitige Tatsache
führt werden. auch die beweispflichtige Partei vernehmen, wenn
(2) In diesem Falle hat der Beweisführer zur Ver- eine Partei es beantragt und die andere damit ein•
gleichung geeignete Schriften vorzulegen oder ihre verstanden ist.
Mitteilung nach der Vorschrift des § 432 zu bean- § 448 •
tragen und erforderlichenfalls den Beweis ihre~ Auch ohne Antrag einer Partei und ohne Rück-
Echtheit anzutreten. sicht auf die Beweislast kann das Gericht, wenn das
(3) Befinden sich zur Vergleichung geeignete Ergebnis der Verhandlungen und einer etwaigen
Schriften in den Händen des Gegners, so ist dieser Beweisaufnahme nicht ausreicht, um seine Oberzeu•
auf Antrag des Beweisführers zur Vorlegung ver- gung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer zu
pflichtet. Die Vorschriften der §§ 421 bis 426 gelt2n erweisenden Tatsache zu begründen, die Verneh·
entsprechend. Kommt der Gegner der Anordnung, mung einer Partei oder beider Parteien über die
die zur Vergleichung geeigneten Schriften vorzu- Tatsache anordnen.
legen, nicht nach oder gelangt das Gericht im Falle § 449
des § 426 zu der Oberzeugung, daß der Gegner nach Besteht die zu vernehmende Partei aus mehreren
dem Verbleib der Schriften nicht sorgfältig ge- Streitgenossen, so bestimmt das Gericht nach Lage
forscM habe, so kann die Urkunde als echt an- des Falles, ob alle oder nur einzelne Streitgenossen
gesehen werden, zu vernehmen sind.
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 575
§ 450 ihren eigenen Handlungen beste!ten odet Gegen-_
(!) Die Vernehmung einer Partei wird durch Be- stand ihrer Wahrnehmung gewesen sind, ver-
weisbeschluß angeordnet. Die Partei ist, wenn sie nommen und auch nach § 452 beeidigt werden, wenn
bei der Verkündung des Beschlusses nicht persön- das Gericht dies nach den Umständen de-s Falles, für
lich anwesend ist, zu der Vernehmung unter Mit- angemessen erachtet. Das gleiche gilt von einer
teilung des Beweisbeschlusses persönlich durch Zu- prozeßfähigen Person, die in dem Rechtsstreit durch
stellung von Amts wegen zu laden. einen Pfleger vertreten wird.
(2) Die Ausführung des Beschlusses kann ausge- §§ 456 bis 477
setzt werden, wenn nach seinem E-rlaß über die
zu beweisende Tatsache neue Beweismittel vorge- (weggefallen)
bracht werden. Nach Erhebung der neuen Beweise
ist von der Parteivernehmung abzusehen, wenn das Elfter Titel
Gericht die Beweisfrage für geklärt erachtet. Verfahren bei der Abnahme von Eiden
§ 451 § 478
Auf die Vernehmung einer Partei gelten die Vor- Der Eid muß von dem Schwurpflichtigen in Person
schriften der §§ 375, 376, 395 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 geleistet werden.
und der §§ 396, 397, 398 entsprechend.
§ 479
§ 452
(1) Das Prozeßgericht kann anordnen, daß der Eid
(!) Reicht das Ergebnis der unbeeidigten Aussage vor einem sein-er Mitglieder oder vor einem anderen
einer Partei nicht aus, um das Gericht von der Wahr- Gericht geleistet werde, wenn der Schwurpflichtige
heit oder Unwahrheit der zu erweisenden Tatsache am Er.scheinen vor dem Prozeßgericht verhindert
zu überzeugen, so kann es anordnen, daß die Partei ist oder sich in großer Entfernung von dessen Sitz
ihre Aussage zu beeidigen habe, Waren beide Par- aufhält.
teien vernommen, so kann die Beeidigung der Aus-
(2) Der Bundespräsident leistet den Eid in sefoer
sage über dieselben Tatsachen nur von einer Partei
Wohnung vor einem Mitglied des Prozeßgerichts
gefordert werden.
oder vor einen;i anderen Gericht.
(2) Die Eidesr10rm geht dahin, daß die Partei n3ch
bestem 'Nissen die reine Wahrheit gesagt und nichts § 480
verschwiegen ~abe. Vor der Leistung des Eides hat der Richter den
(3) Der Gegner kann a-uf die Beeidigung verzichten. Schwurpflichtigen in angemessener Weise auf die
(4) Die Beeidigung einer Partei, die wegen wissent- Bedeutung des Eides hinzuweisen.
licher Verletzung der Eidespflicht rechtskräftig ver- § 481
urteilt ist, ist unzulässig.
(1) Der Eid wird in der Weise geleistet, daß der
§ 453 Richter die Eidesnorm mit der Eingangsformel:
(!) Das Gericht hat die Aussage der Partei nach „Sie schwören bei Gott dem Allmächtigen und
§ 286 frei zu würdigen. Allwissenden"
(2) Verweigert die Partei die Aussage oder den vorspricht und der Schwurpflichtige darauf die
Eid, so gilt § 446 en !sprechend. Wort~ spricht (Eidesformel):
.,Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe!"
§ 454 (2) Der Eid kann auch ohne ·religiöse Beteuerung
(!) Bleibt die Partei in dem zu ihrer Vernehmung geleistet werden.
oder Beeidigung bestimmten Termin aus, so ent- (3) Der Schwörende soll bei der Eidesleistung die
scheidet das Gericht unter Berücksichti,gung aller rechte Hand erheben.
Umstände, insbesondere auch etwaiger von der (4) Sollen mehrere Personen gleichzeitig einen
Partei für ihr Ausbleiben angegebener Gründe, nach Eid leisten, so wird die Eidesformel von jedem
freiem Ermessen, ob die Aussage als verweigert Schwurpflichtigen einzeln gesprochen.
anzusehen ist.
§ 482
(2) War der Termin zur Vernehmung oder Beeidi-
gung der Partei vor dem Prozeßgericht bestimmt, (weggefallen)
so ist im Falle ihres Ausbleibens, wenn nicht das § 483
Gericht die Anberaumung eines neuen Vernehmungs- (1) Stumme, die schreiben können, leisten den
term ins für geboten erachtet, zur Hauptsache zu ver- Eid mittels Abschreibens und Unterschreibens der
handeln.
die Eidesnorm enthaltenden Eidesformel,
§ 455
(2) Stumme, die nicht schreiben können, leisten
(1) Ist eine Partei nicht prozeßfähig, so ist vor-
den Eid mit Hilfe eines Dolmetschers durch Zeichen.
behaltlich der Vorschrift im Abs. 2 ihr gesetzlicher
Vertreter zu vernehmen. Sind mehrere gesetzliche § 484
Vertreter vorhanden, so gilt § 449 entsprechend. Der Eidesleistung wird gleichgeachtet, wenn ein
(2) Minderjährige, die das sechzehnte Lebensjahr Mitglied einer Religionsgesellschaft, der das Gesetz
vollendet haben, sowie Volljährige, die wegen den Gebrauch gewisser Beteuerungsformeln an
Geistesschwäche, Verschwendung oder Trunksucht Stelle des Eides gestattet, eine Erklärung unter der
entmündigt sind oder unter vorläufige Vormund- Beteuerungsformel dieser Rel.\gionsgesellschaft ab·
schaft gestellt sind, können über Tatsachen, die in gibt.
576 .t:lllndesgesetzblatt, Jahrgang 1950
Zwölfter Titel (2) Das Protokoll über die Beweisaufnahme ist
Sicherung des Beweises bei dem Gericht, das sie angeordnet hat, aufzube-
wahren.
§ 485 § 493
Auf Gesuch einer Partei kann die Einnahme des
(1) Jede Partei hat das Recht, die Beweisverhand-
Augenscheins und die Vernehmung von Zeugen
lungen in dem Prozeß zu benutzen.
und Sachverständigen zur Sicherung des Beweises
(2) War der Gegner in einem Termin zur Beweis-
angeordnet werden. Der Antrag ist nur zulässig,
aufnahme nicht erschienen, so ist der Beweisführer
wer,n der Gegner zustimmt oder zu besorgen ·ist,
zur B2nutzung der Beweisverhandlung nur dann be-
daß das Beweismittel verloren oder seine Be-
rechtigt, wenn der Gegner rechtzeitig geladen war
nutzung erschwert werde, oder wenn der gegen-
oder wenn der Beweisführer glaubhaft macht, daß
wärtige Zustand einer Sache festgestellt werden
ohne sein Verschulden di-e Ladung unterblieben
soll und der Antragsteller ein rechtliches Interesse
oder nicht rechtzeitig erfolgt sei.
an dieser Feststellung hat.
§ 494
§ 486
(1) Vlird von dem Beweisführer ein Gegner nicht
(1) Das Gesuch ist bei dem Gericht anzubringen,
bezeichnet, so ist das Gesuch nur äann zulässig,
vor dem der Rechtsstreit anhängig ist; es kann vor
wenn der Beweisführer glaubhaft macht, daß er
der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.
ohrie sein Verschulden außerstande sei, den Gegner
(2) In Fällen dringender Gefahr kann das Gesuch
zu bezeichnen.
auch bei dem Amtsgericht angebracht werden, in
(2) Wird dem Gesuch stattgegeben, so kann das
dessen Bezirk die zu vernehm'enden Personen sich
aufhalten oder der in Augenschein zu nehmende Gericht dem unbekannten Gegner zur Wahr-
Gegenstand sich befindet. nehmung seiner Rechte bei der Beweisaufnahme
(3) Bei dem bezeichneten Amtsgericht muß das einen Vertreter bestellen.
Gesuch angebracht werden, wenn der Rechtsstreit Zweiter Abschnitt
noch nicht anhängig ist. Verfahren vor den Amtsgerichten
§ 487 § 495
Das Gesuch muß enthalten: (1) Für das Verfahren vor den Amtsgerichten gel-
1. die Bezeichnung des Gegners; ten die Vorschriften über das Verfahren vor den
2. die Bezeichnung der Tatsachen, über welche Landgerichten, soweit nicht aus den allgemeinen
die Beweisaufnahme erfolgen soll; Vorschriften des ersten Buches, aus den nach-
3. die Bezeichnung der Be~eismittel unter Be- folgenden besonderen Bestimmungen und aus der
nennung der zu vernehmenden Zeugen und Verfassung der Amtsgerichte sich Abweichungen
Sachverständigen; ergeben.
4. die Darlegung des Grundes, der die Besorgnis (2) Der Richter soll in jeder Lage des Verfahrens
rechtfertigt, daß das Beweismittel verloren auf die _gütliche Beilegung des Rechtsstreits hin-
oder seine Benutzung erschwert werde. Dieser wirken.
Grund ist glaubhaft zu machen. § 495 a
(weggefallen)
§ 488 §
0
496
(weggefallen) (1) Die Zustellungen erfolgen unbeschadet der
§ 489 Vorschrift des § 317 Abs. 1 von Amts wegen.
(weggefallen) (2) Die Klage sowie sonstige Anträge und Er-
klärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen,
§ 490
sind bei dem Gericht schriftlich einzureichen oder
(1) Ober das Gesuch kann ohne mündliche Ver- mündlich zum Protokoll der Geschäftsstelle anzu-
handlung entschieden werden. bringen. Die Partei soll den Schriftsätzen, die sie
(2) In dem Beschluß, durch welchen dem Ge- bei dem Gericht einreicht, die für die Zustellung
such stattgegeben wird, sind die Tatsachen, über erforderliche Zahl von Abschriften beifügen. ·
die der Beweis zu erheben ist, und die Beweismittel (3) Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt
unter Benennung der zu vernehmenden Zeugen und oder die Verjährung unterbrochen werden, so tritt
Sachverständigen zu bezeichnen. Der Beschluß ist die Wirkung, sofern die Zustellung demnächst er•
nicht anfechtbar. folgt, bereits mit der Einreichung oder Anbringung
§ 491 des Antrages oder der Erklärung ein.
(1) Der Gegner ist, sofern es nach den Umständen (4) Mit Ausnahme der Klage und solcher Schrift-
des Falles geschehen kann, unter Zustellung des sätze, die Sachanträge oder eine Zurücknahme der
Beschlusses und einer Abschrift des Gesuchs zu Klage enthalten, sind Schriftsätze und sonstige Er-
dem für die Beweisaufnahme bestimmten Termin so klärungen der Parteien, sofern nicht das Gericht die
zeitig zu laden, daß er in diesem Termin seine Zustellung anordnet, ohne besondere Form mitzu-
Rechte wahrzunehmen vermag. teilen. Bei Ubersendung durch die Post gilt die
(2) Die Nichtbefolgung dieser Vorschrift steht der Mitteilung, wenn die Wohnung der Partei im Be-
Beweisaufnahme nicht entgegen. reich des Ortsbestellverkehrs liegt, an dem folgen-
den, im übrigen an dem zweiten Werktage nach
§ 492 der Aufgabe zur Post als bewirkt, sofern nicht die
(1) Die Beweisaufnahme erfolgt nach den für die Partei glaubhaft macht, daß ihr die Mitteilung
Aufnahme des betreffenden Beweismittels über- nicht oder erst in einem späteren Zeitpunkt zuge-
lrnupt geltenden Vorschriften. gangen ist.
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 577
§ 497 sache vorzubringen sind, gilt nur insoweit, als die
(1) Ladungen durch die Partei finden nicht statt. Einrede der Unzuständigkeit des Gerichts und die
Die Termine werden von Amts wegen bestimmt. Einrede, daß der Rechtsstreit durch Schiedsrichter
Nach Bestimmung des Termins ist die Ladung der zu entscheiden sei, vor der Verhandlung zur Haupt-
Parteien durch die Geschäftsstelle zu veranlassen. sache geltend zu machen sind.
Die Ladung des Klägers zu dem auf die Klage be- (2) Ist das Amtsgericht sachlich unzuständig, so
stimmten Termin ist, sofern nicht das Gericht die hat es vor der Verhandlung des Beklagten zur
Zustellung anordnet, ohne besondere Form mitzu- Hauptsache ihn auf die Unzuständigkeit aufmerk-
teilen; § 496 Ab~. 4 Satz 2 gilt entsprechend. sam zu machen.
(2) Die Ladung einer Partei ist nicht erforderlich, § 505
wenn der Termin der Partei bei Einreichung oder (weggefalleh)
Anbringung der Klage oder des Antrages, auf Grund
dessen die Terminsbestimmung stattfindet, mitge· § 506
teilt worden ist. Die Mitteilung ist zu den Akten (1) Wird durch Wide~klage oder durch Erweiterung
zu vermerken. des Klageantrages (§ 268 Nr. 2, 3) ein Anspruch er-
§ 498 hoben, der zur Zuständigkeit der Landgerichte gehört,
(1) Dem Beklagten ist mit der Ladung die Klage- oder wird nach § 280 die Feststellung eines R2cht,:;-
schrift oder das die Klage enthaltende Protokoll verhältnisses beantragt, für das die Landgerichte
zuzustellen. zuständig sin,;l, so hat das Amtsgericht, sofern eine
(2) Mit der Zustellung der Klageschrift isf die Partei vor weiterer Verhandlung zur Hauptsache
Aufforderung an den Beklagten zu verbinden, darauf anträgt, durch Beschluß sich für unzuständig
etwaige gegen die Behauptungen des Klägers vor- zu erklären und den Rechtsstreit an das Land·
zubringende Einwendungen und Beweismittel unter gericht zu verweisen.
genauer Bezeichnung der zu beweisenden Tat- (2) Die Vorschriften des § 276 Abs. 2, Abs. 3
sachen unverzüglich dem Gericht mitzuteilen. Satz 1 gelten entsprechend.
§ 261 a Abs. 2 Satz 2 ist nicht anzuwenden. § 507
. (3) Die Klage gilt unbeschadet der Bestimmung Die Vorschriften des§ 297 sind nicht anzuwenden.
rm § 496 Abs. 3 erst mit der Zustellung an den Be-
klagten als erhoben. § 508
§ 499 "(1) Die Geschäftsstelle hat die Zustellung des
(1) Die Frist zur Einlassung auf eine Klage be- Versäumnisurteils zu vermitteln, sofern nicht die
trägt mindestens drei Tage, wenn die Zustellung an Partei, die das Urteil erwirkt hat, erklärt hat, sel'Jst
ernem Ort erfolgt, der Sitz des Prozeßgerichts ist einen Gerichtsvollzieher mit der Zustellung beauf-
oder im Bezirk des Prozeßgerichts liegt oder von tragen zu wollen.
dem ein Teil zu diesem Bezirk gehört; mindestens (2) Die ·im § 339 Abs. 1 bezeichnete Frist beträgt
eine Woche, wenn die Zustellung sonst im Inland eine Woche.
erfolgt; in Meß- und Marktsachen mindestens (3) Eine Verweisung des Rechtsstreits an ein
vierundzwanzig Stunden. anderes Gericht nach §§ 276, 506 findet nur statt,
(2) Ist die Zustellung im Ausland vorzunehmen, wenn das Amtsgericht den Einspruch für zulässig
so hat das Gericht bei Festsetzung des Termins di,e erachtet. Das Gericht, an das der Rechtsstreit ver-
Einlassungsfrist zu bestimmen. wiesen wird, ist an die Entscheidung des Amts-
§§ 499 a bis 499 g geridrts, durch die der Einspruch zugelassen wird,
gebunden.
(weggefallen)
§ 509
§ 500 (weggefallen)
(1) An ordentlichen Gerichtstagen können die
§ 510
Parteien zur Verhandlung des Rechtsstreits ohne
Terminsbestimmung vor Gericht erscheinen. Wegen unterbliebener Erklärung ist eine Urkunde
nur dann als anerkannt anzusehen, wenn die Partei
(2) Die Klage wird in diesem Falle durch münd-
durch das Gericht zur Erklärung über die Echtheit
lichen Vortrag erhoben. Sie ist zu Protokoll zu
der U1 kunµe aufgefordert ist.
nehmen, falls die Sache streitig bleibt. Nach der
Klageerhebung kann jede Partei die Vertagung des § 510 a
Termins beantragen. (!) Anträge sowie die Erklärung auf einen Antrag
§ 500 a auf Parteivernehmung sind durch das Sitzungspro-
(weggefallen) tokoll festzustellen; anstatt der Feststellung genügt
die Bezugnahme auf den Inhalt eines vorbereiten-
§ 501
den Schriftsatzes.
(weggefallen)
(2) Sonstige Erklärungen einer Partei, insbeson-
§ 502 dere Geständnisse, sind durch das Protokoll inso-
(weggefallen) weit festzustellen, als das Gericht bei dem Schluß
der mündlichen Verhandlung die Feststellung für
§ 503
angemessen erachtet.
(weggefallen)
§ 510 b
§ 504 Erfolgt die Verurteilung zur Vornahme einer
(!) Die Vorschrift, daß prozeßhindernde Einreden Handlung, so kann der Beklagte zugleich auf An-
gleichzeitig und vor der Verhandlung zur Haupt- trag des Kläg-e-rs für den Fall, daß die Handlung
578 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
nicht binnen einer zu bestimmenden Frist vorge- rufung •insoweit, als sie darauf gestützt wird, daß
nommen ist, zur Zahlung einer Entschädigung ver- der Fall der Versäumung nicht vorgelegen habe.
urteilt werden; das Gericht hat die Entschädigung
nach freiem Ermessen festzusetzen. § 514
§ 510 C Die Wirksamkeit eines nach Erlaß des Urteils
(1) Bei Streitigkeiten über vermögensrechtliche erklärten Verzichts auf das Recht der Berufung ist
Ansprüche bestimmt das Gericht sein Verfahren nicht davon abhängig, daß der Gegner die Verzicht·
nach freiem Ermessen, wenn der Wert des Streit- leistung angenommen hat.
gegenstandes zur Zeit der Einreichung der Klage § 515
fünfzig Deutsche Mark nicht übersteigt.
(2) Ein in diesem Verfahren ergehendes Endur- (1) Die Zurücknahme der BerJJfung ist ohne Ein-
teil ist, sofern es nicht als Versäumnisurteil willigung des Berufungsbeklagten nur bis zum Be-
erlassen ist, als Schiedsurteil zu bezeichnen. ginn der mündlichen Verhandlung des Berufungs•
(3) Die Parteien können in der Verhandlung vor beklagten zulässig.
dem Gericht auf eine schriftliche Begründung des (2) Die Zurücknahme ist dem Gericht gegenüber
Schiedsurteils verzichten; der Verzicht ist in das zu erklären. Sie erfolgt, wenn sie nicht bei der
Protokoll aufzunehmen. mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Ein-
(4) Das Schiedsurteil steht einem im ordentlichen reichung eines Schriftsatzes.
Verfahren ergangenen rechtskräftigen Urteil gleich. (3) Die Zurücknahme hat den Verlust des einge-
legten Rechtsmittels und die Verpflichtung zur
Drittes B u c.h
Folge, die durch das Rechtsmittel entstandenen
Rechtsmittel Kosten zu tragen. Auf Antrag des Gegners sind
Erster Abschnitt diese Wirkungen durch Beschluß auszusprechen.
Der Beschluß bedarf keiner mündlichen Verhand-
Berufung
lung und ist nicht anfechtbar.
§ 511
Die Berufung findet gegen die im ersten Rechts-
§ 516
zuge erlassenen Endurteile statt. Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist
eine Notfris'. und beginnt mit der Zustellung des
§ 511 a
Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf
(1) In Rechtsstreitigkeiten über vermögensrecht- Monaten nach der Verkündung.
liche Ansprüche ist die Berufung unzulässig, wenn
der Wert de·s Beschwerdeg•egenstan,des fünfzig § 517
Deutsche Mark nicht übersteigt. Wird innerhalb der Berufungsfrist ein Urteil
(2) Für den Wert des Beschwerdegegenstandes durch eine nachträgliche Entscheidung ergänzt
gelten die §§ 3 bis 9. (§ 321), so beginnt mit der Zustellung der nach-
(3) Der Berufungskläger hat diesen Wert glaub- träglichen Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist
haft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt auch für die Berufung gegen das zuerst ergangene
darf er nicht zugelassen werden. Urteil von neuem. Wird gegen beide Urteile von
(4) Insoweit es sich um die Unzulässigkeit des derselben Partei Berufung eingelegt,· so sind beide
Rechtswegs handelt sowie in Rechtsstreitigkeiten Berufungen miteinander zu verbinden.
über Ansprüche, für welche die La,,dgerichte ohne
Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes § 518
ausschließlich zuständig sind, findet die Berufung (1) Die Berufung wird durch Einreichung der Be:
ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerde- rufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.
gegenstandes &tatt.
§ 512 (2) Die Berufungsschrift muß enthalten:
Der Beurteilung des Berufungsgerichts unter- 1. die Bezeichnung des Urteils, gegen das die
liegen auch diejenigen Entscheidungen, die dem Berufung gerichtet wird;
Endurteil vorausgegangen sind, sofern sie nicht 2. die Erklärung, daß gegen dieses Urteil Beru-
nach den Vorschriften dieses Gesetzes unanfecht- fung eingelegt werde.
bar oder mit der Beschwerde anfechtbar sind. (3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung
§ 512 a oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das
Die Berufung kann in Streitigkeiten über ver- die Berufung sich richtet, sowie der Nachweis der
mögensrechtliche Ansprüche nicht darauf gestützt Zustellung des Urteils dem Berufungsgericht vor-
werden, daß das Gericht des ersten Rechtszuges gelegt oder angegeben werden, daß das Urteil nicht
seine örtliche Zuständigkeit mit Unrecht ange- zugestellt sei.
nommen hat. (4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbe-
§ 513 reitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungs-
(1) Ein Versäumnisurteil kann von der Partei, schrift anzuwenden.
gegen die es erlassen ist, mit der Berufung nicht
angefochten werden. § 519
(2) Ein Versäumnisurteil, gegen das der Ein- (1) Der Berufungskläger muß die Berufung be-
spruch an sich nicht statthaft ist, unterliegt der Be- gründen.
Nr. 40 -" Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 579
(2) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht zichtet hat oder wenn die Berufungsfrist ver-
bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in strichen ist.
einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzu- (2) Die Vorschriften über die Anfechtung des
reichen. Die Frist für die Berufungsbegründung be- Vernäumnisurteils durch Berufung sind auch auf
trägt einen Monat; sie beginnt mit der Einlegung seine Anfechtung durch Anschließung anzuwe~1den.
der Berufung und kann auf Antrag von dem Vor-
§ 522
sitzenden verlängert werden.
(1) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn
(3) Die Berufungsbegründung muß enthalten:
die Berufung zurückgenommen oder als unzulässig
1. die Erklärung, inwieweit das Urteil angefoch- verworfen wird"
ten wird und welche Abänderungen des Ur- (2) Hat der Berufungsbeklagte innerhalb der Be-
teils beantragt werden (Berufungsanträge); rufungsfrist sich der erhoh.enen Berufung ange-
2. die bestimmte Bezeichnung der im einzelnen schlossen, so wird es so angesehen, als habe er die
anzuführenden Gründe der Anfechtung (Be- Berufung selbständig eingelegt.
rufungsgründe) sowie der neuen Tatsachen,
Beweismittel und Beweiseinreden, die die Par- § 522 a
tei zur Rechtfertigung ihrer Berufung anzu- (1) Die Anschließung erfolgt durch Einreichung
führen haL der Berufungsanschlußschrift bei dem Berufungs-
(4) In der Berufungsbegründung soll ferner der gericht.
Wert des nicht in einer bestimmten Geldsumme (2) Die Anschlußberufung muß vor Ablauf der
bestehenden Beschwerdegegenstandes angegeben Berufungsbegründungsfrist (§ 519 Abs. 2) und, so-
werden, wenn von ihm die Zulässigkeit der Be- fern sie nach deren Ablauf eingelegt wird, in der
rufung abhängt. Anschlußschrift begründet werden.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbe- (3) Die Vorschriften des § 518 Abs. 2, 4, des § 519
reitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungs- Abs. 3, 5 und der §§ 519 a, 519 b gelten ent-
begründung anzuwenden. sprechend.
§ 523
§ 519 a
Auf das weitere Verfahren sind die im ersten
Die Berufungsschrift und die Berufungsbegrün- Rechtszuge für da8 Verfahren vor den Landg.erichten
dung sind der Gegenpartei von Amts wegen zuzu- geltenden Vorschriften eritsprechend anzuwenden,
stellen. Mit der Zustellung der Berufungsschrift ist soweit sich nicht Abweichungen aus den Vor-
der Zeitpunkt mitzuteilen, in dem die Berufung ein- schriften dieses Abschnitts ergeben.
gelegt ist. Die erforderliche Zahl von beglaubigten
Abschriften soll der Beschwerdeführer mit der Be- § 523 a
rufungsschrift oder der Berufungsbegündung ein• Die Vorschrift d~, § 349 Abs. 3 ist nicht anzu-
reichen" wenden.
§ 519 b § 524
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu (weggefallen)
prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob § 525
sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt Vor dem Berufungsgericht wird der Rechtsstreit
und begründet ist. Mangelt es an einem dieser in den durch die Anträge bestimmten Grenzen von
Erfordernisse, so isl die Berufung als unzulässig zu
neuem verhandelt.
verwerfen. § 526
(2) Die Entscheidung kann ohne mündliche Ver- (1) Bei der mündlichen Verhandlung haben die
handllmg durch Beschluß ergehen; sie unterliegt in Parteien das durch die Berufung angefochtene Ur•
diesem Falle der sofq,rtigen "Beschwerde, sofern teil sowie die dem Urteil vorausgegangenen Ente
gegen ein Urteil gleichen Inhalts die Revision zu- scheidungen nebst den Entscheidungsgründen und
lässig wäre. den Beweisverhandlungen insoweit vorzutragen,
§ 520
als dies. zum Verständnis der Berufungsanträge und
(1) Wird die Berufung nicht durch Beschluß als zur Prüfung der Richtigkeit der angefochtenen Ent-
unzulässig verworfen, so ist der Termin zur münd- scheidung erforderlich ist.
lichen Verhandlung von Amls wegen zu bestimmen (2) Im Falle der Unrichtigkeit oder Unvollständig-
und den Parteien bekanntzumachen. In der Be- keit des Vortrags hat der Vorsitzende dessen Be-
kanntmachung soll der Berufungsbeklagte, sofern . richtigung oder Vervollständigung, nötigenfalls
die Zustellung nicht an einen Rechtsanwalt erfolgt, unter Wiedereröffnung der Verhandlung, zu ver-
darauf hingewiesen werden, daß er sich vor dem
anlassen.
Berufungsgericht durch einen bei diesem Gericht
§ 527
zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten
vertreten lassen muß. (weggefallen)
(2) Auf die Frist, die zwischen dem Zeitpunkt § 528
der Bekanntmachung des Termins und der münd-
lichen Verhandlung liegen muß, sind die Vor- Prozeßhindernde Einreden, auf welche die Partei
schriften des § 262 entsprechend anzuwenden. wirksam verzichten kann, dürfen nur geltend ge-
macht werden, wenn die Partei glaubhaft macht,
§ 521 daß sie ohne ihr Verschulden außerstande gewesen
(1) Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung sei, sie . im ersten Rechtszuge vorzubringen. Das
anschließen, selbst wenn er auf die Berufung ver- gleiche gilt, wenn bei vermögensrechtlichen An•
580 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
sprüchen für die Klage ein ausschließlicher Ge• {2) War eine Partei im ersten Rechtszuge ver-
richtsstand oder die Zuständigkeit eines Arbeits• nommen und auf ihre Aussage beeidigt, so darf das
gerichts begründet ist, und von der Einrede der Berufungsgericht die eidliche Vernehmung des
Unzust~ndigkeit des Gerichts, sofern der Beklagte Gegners nur anordnen, wenn die Vernehmung oder
im ersten Rechtszuge zur Hauptsache mündlich ver• Beeidi gung im ersten Rechtszuge unzulässig war.
handelt hat; eine Prüfung der Zuständigkeit von § 534
Amts wegen findet nicht statt.
(1) Ein nicht oder nicht unbedingt für vorläufig vo!l-
§ 529 streckbar erklärtes Urteil des ersten Rechtszuges ist,
(!) Die Parteien können Angriffs- und Verteidi· soweit es durch die Berufungsanträge nicht ange-
gungsmittel, die im ersten Rechtszuge nicht geltend fochten wird, auf den im Laufe der mündlichen
gemacht sind, insbesondere neue Tatsachen und Verhandlung gestellten Antrag von dem Berufungs-
Beweismittel, vorbringen. gericht durch Beschluß für vorläufig vollstreckbar
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie zu erklären. ·
Beweismittel und Beweiseinreden, die im ersten (2) Das gleiche gilt, wenn der Berufungskläger
Rechtszuge hätten gellend gemacht werden können neue Angriffs- oder Verteidigungsmittel oder Be-
und deren Berücksichtigung die Erledigung des weismittel und Beweiseinreden vorbringt, durch
Rechtsstreits verzögern würde, sind jedoch nur zu- welche die Erledigung des Rechtsstreits veriögert
zulassen, wenn nach der freien Uberzeugung des wird, und nach der freien Uberzeugung des Ge-
Gerichts die Partei das Vorbringen im ersten Rechts- richts die Verspätung des Vorbringeus auf der Ab-
zuge weder in der Absicht, den Prozeß zu ver- sicht der Prozeßverschleppung oder auf Nachlässig-
schleppen, noch aus grober Nachlässigkeit unter· keit beruht.
lassen hatte. Diese Vorschrift gilt entsprechend (3) Eine Anfechtung der Entscheidung findet
für das Vorbringen einer Partei, das im ersten nicht statt.
Rechtszuge nach den §§ 279, 279 a, 283 Abs. 2 zu- § 535
rückgewiesen worden ist. [weggefallen)
(3) Die Vorschrift des Abs. 2 Satz 1 gilt ferner
entsprechend, wenn der Berufungskläger ein neues .§ 536
Vorbringen, dessen Geltendmachung in der Beru· Das Urteil des ersten Rechtszuges darf nur inso-
fungsinstanz zulässig ist, entgegen der Vorschrift weit abgeändert werden, als eine Abänderung bean-
des § 519 nicht in der Berufungsbegründung mit- tragt ist.
geteilt hat. § 537
(4) Die Erhebung einer Widerklage ist nur zuzu- Gegenstand der Verhandlung und Entscheidung
lassen, wenn der Gegner einwilligt oder das Ge- des Berufungsgerichts sind alle einen zuerkannten
richt die Geltendmachung des mit ihr verfolgten oder aberkannten Anspruch betreffenden Streit•
Anspruchs in dem anhängigen Verfahren für sach- punkte, über die nach den Anträgen eine Verhand·
dienlich hält. lung und Entscheidung erforderlich ist, selbst wenn
(5) Macht der Beklagte die Aufrechnung einer über diese Streitpunkte im ersten Rechtszuge nicht
Gegenforderung geltend, so ist die hierauf gegrün- verhandelt oder nicht entschieden ist. ·
dete Einwendung nur zuzulassen, wenn der Kläger § 538
einwilligt oder das Gericht die Geltendmachung in (!) Das Berufungsgericht hat die Sache, insofern
dem anhängigen Verfahren für sachdienlich hält. ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, an das
§ 530 Gericht des ersten Rechtszuges zurückzuverweisen:
Die Verletzung einer das Verfahren des er~ten 1. wenn durch das angefochtene Urteil ein Ein·
Rechtszuges betreffenden Vorschrift kann in der spruch als unzulässig verworfen ist;
Berufungsinstanz nicht mehr gerügt werden, wenn 2. wenn durch das angefochtene Urteil nur über
die Partei das Rügerecht bereits im ersten Rechts- prozeßhindernde Einreden entschieden ist;
zuge nach der Vorschrift des § 295 verloren hat. 3. wenn im Falle eines nach Grund und Betrag
§ 531 streitigen Anspruchs durch das angefochtene
Die im ersten Rechtszuge unterbliebenen oder Urteil über den Grund des Anspruchs vorab
verweigerten Erklärungen über Tatsachen, Ur- entschieden oder die Kl~ge abgewiesen ist, es
kunden und Anträge auf Parteivernehmung können sei denn, daß der Streit über den Betrag des
in der Berufungsinstanz nachgeholt werde-' Anspruchs zur E::itscheidung reif ist,
4. wenn das angefochtene Urteil im Urkunden-
§ 532
oder Wechselprozeß unter Vorbehalt der
Das im ersten Rechtszuge abgelegte gerichtliche Rechte erlassen ist,
Geständnis behält seine Wirksamkeit auch für die
Berufungsinstanz. 5. wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnis-
urteil ist.
§ 533 (2) Im Falle der Nr. 2 hat das Berufungsgericht
(1) Das Berufungsgericht darf die Vernehmuno die sämtlichen prozeßhindernden Einreden zu er-
oder Beeidigung einer Partei, die im ersten Rechts~ ledigen.
· zuge die Vernehmung abgelehnt oder die Aussage § 539
oder den Eid verweigert hatte, nur anordnen, wenn Leidet das Verfahren des ersten Rechtszuges an
es der Uberzeugung ist, daß die Partei zu der Ab· einem wesentlichen Mangel, so kann das Beru-
lehnung oder Weigerung genügende Gründe hatt,~ fungsgericht unter Aufhebung des Urteils und des
und diese Gründe seitdem weggefallen sind. Verfahrens, soweit das letztere durch den Mangel
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 581
betroffen wird, die Sache an das Gericht des ersten § 547
Rechtszuges zurückverweisen. (1) Ohne Zulassung und ohne Rücksicht auf den
§ 540 Wert des Beschwerdegegenstandes findet die Re·
In den l'ällen d€r §§ 538, 539 kann das Berufungs- vision statt:
gericht von einer Zurückverweisung absehen und 1. insoweit es sich um die Unzulässigkeit des
selbst entscheiden, wenn es dies für sachdienlich Rechtswegs oder die Unzulässigkeit der Be•
hält. rufung handelt;
§ 541 2. in den Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche, für
(weggefallen) welche die Landgerichte ohne Rücksicht auf
d<?n \Nert des Streitgegenstandes ausschließlich
§ 542 zuständig sind.
(1) Die Vorschriften über das Versäumnisver- (2) Die Vorschrift des § -S45 Abs. 2 bleibt un·
fahren im ersten Rechtszuge gelten entsprechend. berührt.
(2) Beantragt der Berufungskläger gegen den im § 548
Termin zur mündlichen Verhandlung nicht er- Der Beurteilung des Revisionsgerichts unter•
schienenen Berufungsbeklagten das Versäumnis- liegen auch diejenigen Entscheidungen, die dem
urteil, so ist, soweit das festgestellte Sachverhältnis Endurteil vorausgegangen sind, sofern sie nicht
nicht entgegensteht, das tatsächliche mündliche Vor• nach den Vorschriften dieses Gesetzes unanfechtbar
bringen des Berufungsklägers für zugestanden zu sind.
erachten und in Ansehung einer zulässigerweise be- § 549
antragten Beweisaufnahme anzunehmen, daß sie das
(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden,
in Aussicht gestellte Ergebnis gehabt habe.
daß die Entscheidung auf der Verletzung einer Vor-
§ 543 schrift des Bundesrechts oder der Verletzung einer
Bei der Darstellung des Tatbestandes im Urteil sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden
ist eine Bezugnahme auf das Urteil des vorigen Vorschrift beruht. deren Geltungsbereich sich über
Rechtszuges nicht ausgeschlossen. den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt
§ 544
oder die dem Bergrecht, dem gemeinen Recht, dem
(1) Die Geschäftssl<elle des Berufungsgerichts hat französischen Recht oder dem Badischen Landrecht
innerhalb vierundzwanzig Stunden, nachdem die einschließlich seiner Zusätze angehört.
Berufungsschrift. eingereicht ist, von der Geschäfts- (2) In R2chtsstreitigkeiten über vermögensrecht•
stelle des Gerichts des ersten Rechtszuges die liehe Ansprüche kann die Revision nicht darauf
Prozeßaklen einzufordern. gestützt werden, daß ·das Gericht seine örtliche Zu·
(2) Nach Erledigung der Berufung sind die Akten
ständigkeit mit Unrecht angenommen hat.
der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechts-
§ 550
zuges nebst einer beglaubigten Abschrift des in der
Berufungsinstanz erlassenen Urteils zurückzusenden. Das Gesetz ist ve,rletzt, wenn eine Rechtsnorm
nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
Zweiter Abschnitt
§ 551
Revision
Eine Entscheidung ist stets als auf einer Ver•
§ 545 letzung des Gesetzes beruhend anzusehen:
(1) Die Revision findet gegen die in der Berufungs- 1. wenn das erkennende Gericht nicht vorschrifts·
instanz von den Oberlandesgerichten erlassenen mäßig besetzt war;
Endurteile nach Maßgabe der folgenden Vorschr;ften
statt. 2. wenn bei der Entscheidung ein Richter mit-
gewirkt hat, der von der Ausübung des Richter•
(2) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung,
~mts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern
Abänderung oder Aufhebung eines Arrestes oder
nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungs·
einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist
gesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist,
die Revision nicht zulässig.
3. wenn bei der Entscheidung ein Richter mit-
§ 546
gewirkt hat. obgleich er wegen Besorgnis der
(1) Die Revision findet nur statt, wenn das Ober· Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungs•
landesgericht sie in dem Urteil zugelassen hat oder gesuch für begründet erklärt war;
wenn in Rechtsstreitigkeiten über vermögensrecht·
4. wenn das Gericht seine Zuständigkeit oder
liehe Ansprüche der Wert des Beschwerdegegen-
Unzuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
standes sechstausend Deutsche Mark übersteigt.
(2) Das Oberlandesgericht darf die Revision nur
5. wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach
zulassen, we-nn die Rechtssache grundsätzliche Be• Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern
deutung hat. Es hat die Revision stets dann zuzu- sie nicht die Prozeßführung ausdrücklich oder
lassen, wenn es von einer Entscheidung des Bundes- stillschweigend genehmigt hat;
gerichtshofes abweicht. 6. wenn die Entscheidung auf Grund einer münd-
(3) Für den Wert des Beschwerdegegenstandes lichen Verhandlung ergangen ist, bei der die
gelten die Vorschriften der§§ 3 bis 9. Der Revisions- Vorschriften über die Offentlichkeit des Ver·
kläger hat diesen Wert glaubhaft zu machen; zur fahrens verletzt sind;
Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen 7. wenn die Entscheidung nicht mit Gründen _ver•
werden. · sehen ist.
582 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
§ 552 nisse, so ist die Revision als unzulässig zu ver•
Die Revisionsfrist beträgt einen Monat; sie ist werfen.
eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in (2) Die Entscheidung kann ohne mündliche Ver·
vollständiger Form abgefaßten Urteils, spätestens handlung durch Beschluß ergehen.
aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Ver•
kündung des Urteils. § 555
§ 553 (1) Wird die Revision nicht durch Beschluß als
(1) Die Revision wird durch Einreichung der Re• unzulässig verworfen, so ist der Termin zur münd•
visionsschrift bei dem Revisionsgericht eingelegt. Jichen Verhandlung von Amts wegen zu bestimmen
Die Revisionsschrift muß enthalten: und de·n Parteien bekanntzumachen.
1. die Bezeichnung des Urteils, gegen das die (2) Auf die Frist, die zwischen dem Zeitpunkt dür
Revision gerichtet wird; Bekanntmachung des Termins und der mündlichen
2. die Erklärung, daß gegen dieses Urteil die Re- Verhandlung liegen muß, sind die Vorschriften des
vision eingelegt werde. li 262 entsprechend anzuwenden.
(2) Die allgemeinen Vorschriften über die vor-
§ 556
bereitenden Schriftsätze sind auch auf die Revi-
sionsschrift anzuwenden. (1) Der Revisionsbeklagte kann sich bis zum Ab·
lauf der Begründungsfrist der Revision anschließen,
§ 553 a selbst wenn er auf die Revision verzichtet hat.
(1) Mit der Revisionsschrift soll eine Ausfertigung (2) Die Anschließung erfolgt durch Einreichung
oder beglaubigte Abschrift tles Urteils, gegen das der Revisionsanschlußschrift bei dem Revisions•
die Revision sich richtet, sowie der Nachweis de1 gericht. Die Anschlußrevision muß in der Anschluß•
Zustellung des Urteils dem Revisionsgericht vor- schrift begründet werden. Die Vorschriften des
gelegt oder angegeben werden, daß das Urteil nicht § 521 Abs. 2, der §§ 522, 553, des § 553 a Abs. 2
zugestellt sei. Satz 1, 3, des § 554 Abs. 3, 6 und des § 554 a gelten
(2) Die B.evisionsschrift ist der Gegenpartei von entsprechend.
Amts wegen zuzustellen. Hierbei ist der Zeitpunkt § 557
mitzuteilen, in dem die Revision eingelegt ist. Die
Auf das weitere Verfahren sind die im ersten
erforderliche Zahl von beglaubigten Abschriften
Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten
soll der Beschwerdeführer mit der Revisionsschrift
geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden,
ei.r,reichen.
soweit sich nich_t Abweichungen aus den Vor-
§ 554
schriften dieses Abschnitts ergeben.
(1) Der Revisionskläger muß die Revision be-
gründen. § 557 a
(2) Die Revisionsbegründung ist, sofern sie nicht Die Vorschriften der §§ 348 bis 350 sind nicht an-
bereits in der Revisionsschrift enthalten ist, in zuwenden.
einem Schriftsatz bei dem Revisionsgericht einzu- § 558
reichen. Die Frist für die Revisionsbegründung be-
Die Verletzung einer das Verfahren der Be•
trägt einen Monat; sie beginnt mit der Einlegung
rufungsinstanz betreffenden Vorschrift kann in der
der Revision und kann auf Antrag von dem Vor-
Rcvisionsinstanz nicht mehr gerügt werden, wenn
sitzenden verlängert werden.
die Partei das Rügerecht bereits in der Berufungs-
(3) Die Revisionsbegründung muß enthalten:
instanz nach der Vorschrift des § 295 verloren hat.
1. die Erklärung, inwieweit das Urteil angefoch-
ten und dessen Aufhebung beantragt werde § 559
(Revisionsanträge); Der Prüfung des Revisionsgerichts unterliegen
2. die Angabe der Revisionsgründe, und zwar: nur die von den Parteien gestellten Anträge und,
a) die Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm; soweit die Revision darauf gestützt wird, daß das
b) insoweit die Revision darauf gestützt wird, Gesetz in bezug auf das Verfahren verletzt sei, nur
daß das Gesetz in bezug auf das Verfahren die nach Maßgabe der §§ 554, 556 geltend gemach·
verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, ten Revisionsgründe. Bei der Prüfung, ob sonst
die den Mangel ergeben. das Gesetz verletzt sei, ist das Revisionsgericht an
(4) In der Revisionsbegründung soll ferner der die von den Parteien geltend gemachten Revisions·
Wert des nicht in einer bestimmten Geldsumme gründe nicht gebunden.
bestehenden Beschwerdegegenstandes angegeben
werden. § 560
(5) Die Vorschriften des § 553 Abs. 2 und des Ein nicht oder nicht unbedingt für vorläufig voll-
§ 553 a Abs. 2 Satz 1, 3 sind auf die Revisionsbe- streckbar erklärtes Urteil des Berufungsgerichts ist,
gründung entsprechend anzuwenden. insoweit es durch die Revisionsanträge nicht ange•
(6) Nach dem Ablauf der Begründungsfrist ist die fochten wird, auf den im Laufe der mündlichen
Geltendmachung neuer Revisionsgründe nicht zu· Verhandlung gestellten Antrag von dem Revisions-
lässig.
gericht für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
§ 554 a
(1) Das Revisionsgericht hat von Amts wegen zu § 561
prüfen, ob die Revision an sich statthaft und ob sie (!) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unter•
in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und liegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem
. begründet ist Mangelt es an einem dieser Erforder- Tatbestand des Berufungsurteils oder dem Sitzungs-
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 583
protokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die und Zurücksendung der Prozeßakten sind auf die
im § 554 Abs. 3 Nr. 2b erwähnten Tatsachen be- Revision entsprechend anzuwenden.
rücksichtigt werden.
§ 566a
(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, daß eine
tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, (1) Gegen die im ersten Rechtszuge erlassenen
Endurteile der Landgerichte kann in den Fällen,
so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht
in denen die Revision nach den §§ 546, 547 ohne
bindend, es sei denn, daß ,n bezug auf die Fest-
Zulassung statthaft ist, mit den folgenden Maßgaben
stellung ein zulässiger und begründeter Revisions-
unter Ubergehung der Berufungsinstanz unmittelbar
angriff erhoben ist.
die Revision eingelegt werden.
§ 562
(2) Die Ubergehung der Berufungsinstanz bedarf
Die Entscheidung des Berufungsgerichts über das der Einwilligung des Gegners.· Die schriftliche. Er•
Bestehen und den Inhalt von Gesetzen, auf deren klärung der Einwilligung ist der Revisionsschrift
Verletzung die Revision nach § 549 nicht gestützt beizufügen; sie kann auch von dem Prozeßbevoll-
werden kann, ist für die auf die Revision ergehende mächtigteri des ersten Rechtszuges abgegeben
Entscheidung maßgebend. werden.
§ 563 (3) Die Revision kann nicht auf Mängel des Ver-
fahrens gestützt werden.
Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Ge-
setzesverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber (4) Die Einlegung der Revision und die Erklärung
aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die der Einwilligung (Abs. 2) gelten als Verzicht auf
Revision zurückzuweisen. das Rechtsmittel der Berufung.
(5) Verweist das Revisionsgericht die Sache zur
§ 564 anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zu•
(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet rück, so kann die Zurückverweisung nach seinem
wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Ermessen auch an dasjenige Oberlandesgericht er•
(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des folgen, das für die Berufung zuständig gewesen
Verfahrens anfgehoben, so ist zugleich das Ver- wäre. In diesem Falle gelten für das Verfahren
fahren in~uweit aufzuheben, als es durch den vor dem Oberlandesgericht die gleichen Grund-
Mangel betroffen wird. sätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungs-
mäßig eingelegte Berufung beim Oberlandesgericht
§ 565
anhängig geworden wäre.
(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die (6) Die Vorschrift des § 565 Abs. 2 ist in allen
Sache zur anderweiten Verhandlung und Entschei· Fällen der Zurückverweisung entsprechend anzu.
dung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. wenden. ·
Die Zurückverweisung kann an einen anderen Senat
(7) Von der Einlegung der Revision nach Abs. 1
des Berufungsgerichts erfolgen.
hat die Geschäftsstelle des Revisionsgerichls inner-
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beur- halb vierundzwanzig Stunden der Geschäftsstelle
teilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch des Landgerichts Nachricht zu geben.
sdner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache
Dritter Abschnitt
selbst zu entscheiden:
1. wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Beschwerde
Gesetzesverletzung bei Anwendung des Ge- § 567
setzes auf das festgestellte Sachverhältnis er- (1) Das Rechtsmittel der Beschwerde findet in
folgt und nach letzterem die Sache zur End- den in diesem Gesetz besonders hervorgehobenen
entscheidung reif ist; Fällen und gegen solche eine mündliche Verband·
2. wenn die Aufhebung des Urteils wegen Unzu- lung nicht erfordernde Entscheidungen statt, durch
ständigkeit des Gerichts oder wegen Unzu- die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurück•
lässigkeit des Rechtswegs erfolgt. gewiesen ist.
(4) Kommt in den Fällen der Nr. 1 und 2 für die (2) Die Beschwerde gegen Entscheidungen über
in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Kosten, Gebühren und Auslagen ist nur zulässig,
Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes fünf-
die Revision nach § 549 nicht gestützt werden kann, zig Deutsche Mark übersteigt. ·
in Frage, so kann die Sache zur ande_rweiten Ver- (3) Gegen die Entscheidungen der Oberlandes-
handlung und Entscheidung an das Berufungsgericht gerichte ist eine Beschwerde nicht zulässig. Aus•
zurückverwiesen werden. genommen sind Beschlüsse, durch die eine Beru· .
fung nach § 519 b als unzulässig verworfen wird.
§ 566
Die für die Berufung geltenden Vorschriften über § 568
die Ahfechtbarkeit der Versäumnisurteile, über die (1) Uber die Beschwerde entscheidet das im
Verzichtleistung auf das Rechtsmittel und seine Zu· Rechtszuge zunächst höhere Gericht.
rücknahme, über die Vertagung der mündlichen (2) Gegen die Entscheidung des Beschwerde-
Verhandlung, über die Verhandlung prozeßhindern- gerichts ist, soweit nicht in ihr ein ·neuer selbstän•
der Einreden, über den Vortrag der Parteien bei der diger Beschwerdegrund enthalten ist, eine weitere
mündlichen Verhandlung und über die Einforderung Beschwerde nicht zulässig.
584 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
(3) Entscheidungen der Landgerichte über Prozeßc kundsbeamten der Geschäftsstelle verlangt, so ist
kosten unterliegen nicht der weiteren Beschwerde. die Entscheidung des Prozeßgerichts nachzusuchen.
§ 569 (2) Die Beschwerde findet ge.gen die Entscheidung
des Prozeßgerichts statt.
(1) Die Beschwerde wird bei dem Gericht einge-
legt, von dem oder von dessen Vorsitzenden die (3) Die Vorschrift des ersten Absatzes gilt auch
angefochtene Entscheidung erlassen ist; sie kann in für den Bundesgerichtshof und die Oberlandes-
dringenden Fällen auch bei dem Beschwerdegericht gerichte.
eingelegt werden. § 577
(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer (1) Für die Pälle der sofortigen Beschwerde gelten
Beschwerdeschrift eingelegt. Sie kann auch durch die nachfolgenden besonderen Vorschriften.
Erklärung zum Protokoll der Geschäftssteile ein- f'.2) Die Beschwerde· ist binnen einer Notfrist von
gelegt werden, wenn der Rechtsstreit bei einem zwei Wochen, die mit der Zustellung, in den Fällen
Amtsgericht anhängig ist oder anhängig war, wenn der §§ 336 und 952 Abs. 4 mit der Verkündung der
die Beschwerde das Armenrecht betrifft oder von Entscheidung beginnt, einzulegen. Die Einlegung
einem Zeugen oder Sachverständigen erhoben wird. bei dem Beschwerdegericht genügt zur Wahrung der
§ 570 Notfrist, auch wenn der Fall für dringlich nicht er-
Die Beschwerde kann auf neue Tatsachen und achtet wird. Liegen die Erfordernisse der Nichtig-
Beweise gestützt werden. keits- oder der Restitutionsklage vor, so kann die
Beschwerde auch nach Ablauf der Notfrist innerhalb
§ 571
der für diese Klagen geltenden Notfristen erhoben
Erachtet das Gericht oder der Vorsitzende, dessen werden.
Entscheidung angefochten wird, die Beschwerde für
(3) Das Gericht ist zu einer Änderung seiner der
begründet, so haben sie ihr abzuhelfen; andernfalls
Beschwerde unterliegenden Entscheidung nicht be-
ist die Beschwerde vor Ablauf einer Woche dem
fugt.
Beschwerdegericht vorzulegen.
(4) In den Fällen des § 576 muß auf .dem für die
§ 572
Einlegung der Beschwerde vorgeschriebenen Wege
(1) Die Beschwerde hat nur dann aufschiebende die Entscheidung des Prozeßgerichts binnen der Not.
Wirkung, wenn sie gegen eine der in den §§ 109, frist nachgesucht werden. Das Prozeßgericht hat
380, 390,' 409, 619, 656, 678 erwähnten Entschei- das Gesuch, wenn es ihm nicht entsprechen will,
dungen gerichtet ist. dem Beschwerdegericht vorzulegen.
(2) Das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Ent·
scheidung angefochten wird, kann anordnen, daß Viertes Buch
ihre Vollziehung auszusetzen sei.
Wiederaufnahme des Verfahrens
(3) Das Beschwerdegericht kann vor der Entschei·
dung eine einstweilige Anordnung erlassen; es § 578
kann insbesondere anordnen, daß die Vollziehung (1) Die Vviederaufnahme eines durch rechts·
der angefochtenen Entscheidung auszusetzen sei. kräftiges Endurteil geschlossenen Verfahrens kann
durch Nichtigkeitsklage und durch Restitutionsklage
§ 573
erfolgen.
(1) Die Entscheidung über die Beschwerde kann (2) Werden beide Klagen von derselben Partei
ohne mündliche Verhandlung ergehen. oder von verschiedenen Parteien erhoben, so ist die
(2) Ordnet das Gericht eine schriftliche Erklä- Verhandlung und Entscheidung über die Restitutions-
rung an, so kann sie durch einen Anwalt abgegeben klage bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die
werden, der bei dem Gericht zugelassen ist, von Nichtigkeitsklage auszusetzen.
dem oder von dessen Vorsitzenden die angefoch-
tene Entscheidung erlassen ist. In den Fällen, in § 579
denen die Beschwerde zum Protokoll der Geschäfts- (1) Die Nichtigkeitsklage findet statt:
stelle eingelegt werden darf, kann auch die Erklä· 1. wenn das erkennende Gericht nicht vorschrifts-
rung zum Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben mäßig besetzt war;
werden. 2. wenn ein Richter bei der Entscheidung mit-
§ 574 gewirkt hat, der von der AtJsübung des Richter-
Das Beschwerdegericht hat von Amts wegen zu amts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern
prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob nicht dieses Hindernis mittels eines Ableh-
sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. nungsgesuchs oder eines Rechtsmittels ohne
Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist Erfolg geltend gemacht ist;
die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. 3. wenn bei der Entscheidung ein Richter mit-
gewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der
§ 575 Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungs·
Erachtet das Beschwerdegericht die Beschwerde gesuch für begründet erklärt war;
für begründet, so kann es dem Gericht oder Vor- 4. wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach
sitzenden, von dem die beschwerend?. Entscheidung Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern
erlassen war, die erforderliche Anordnung über- sie nicht die Prozeßführung ausdrücklich oder
tragen. stillschweigend genehmigt hat.
§ 576 f2) In den Fällen der Nr. 1, 3 findet die Klage nicht
{!) Wird die Änderung einer Entscheidung des statt, wenn die Nichtigkeit mittels eines Rechts·
beauftragten oder ersuchten Richters oder des Ur- mittels geltend gemacht werden konnte.
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September Hl50 585
(:J) Gegen ein Schieusurtcil (§ 510 c) findet die § 583
Nichtigkeitsklage ;rnßer in den Fällen des Abs. 1 M,>. den Klagen kö,1nen A~fechtungsgrlinde,
auch dann statt, wenn der Partei in dem Verfahren durch die eine dem ang2fochtenen Urteil voraus•
das rechtliche Gehör nicht gewährt worden ist. Das gegangene Entscheidung derselben oder einer
gleiche gilt, wenn das Schiedsurteil nicht mit Grün- unteren Instanz betroffen wird, geltend gemacht
den versehen ist, es sei tlenn, daß die Parteien in werden, sofern das angefochtene Urteil auf dieser
der Verhandlung vor dem Gericht ausdrücklich auf Entschseidung beruht.
schriftliche Begründung verzichtet haben. § 584
§ 580 (1) Fllr rEc Klagen ist c1us0chließlich zust~triliig:
Die Re'Stilutionsklage fin-det statt: das Gericht, das im ersten Rechtszuge erk,rnr.t hilt;
1. wenn der Gegner durch Bceidigung einer Aus- wenn das angefochtene Urteil oder auch nur e,nes
sage, auf die das Urteil gegründet ist, sich von mehreren angefochtenen Urteilen von dem De·
einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Ver- rufungsgericht erlassen wurde oder wenn ein in
letzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat; der Revisionsinstanz erlassenes Urteil auf Grund
2. wer,n eine Urkunde, auf die das Urteil ge• des § 580 Nr. 1 bis 3, 6, 7 angefochten wird, das Be-
gründet ist, fälschlich angefertigt oder ver• rufungsgericht; wenn ein in der Revisionsinstanz
fälscht war; erlassenes Urteil auf Grund der §§ 579, 580 Nr. 4, 5
3. wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten,, auf angefochten wird, das Revisionsgericht.
welches das Urteil gegründet ist, der Zenge (2) Sind die Klagen gegen einen Vollstreckungs-
oder Sachverständige sich einer strafbaren Ver• befehl gerichtet, so gehören sie ausschließlich vor
Jetzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht das Amtsgericht, dessen Geschäftsstelle den Befehl
hat; erlassen hat; wenn der Anspruch nicht zur Zustän•
4. wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei digkeit der Amtsgerichte gehört., vor d:is für den
oder von dem Gegner oder des3en Vertreter Rechtsstreit über den Anspruch zuständige Gericht.
durch eine in Beziehung auf den RechtsGtreit
§ 585
verübte Handlung erwirkt ist, die mit einer
im 'vVege des gerichtlichen Strafverfahrens zu Für die Erhebung der Klagen und das weitere
verhängenden öffentlichen Strafe bedroht ist; Verfahren gelten die allgemeinen Vorschriften ent-
5. wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt sprechend, sofe1n nicht aus den Vorschriften dieses
hat, der sich in Beziehung auf den Recht::;Gtreit Gesetzes sich €ine Abweichung ergibt.
einer Verletzung seiner Amtspflichten gegen § 586
die Partei schuldig gemacht hat, sofern diese (1) Die Klagen sind vor Ablauf der Nctfri3t eines
Verletzung mit einer im Wege des gericht- Monats zu erheben.
lichen Strafverfahrens zu verhängenden öffent• (2) Die Frist beginnt mit dem Tage, ~n dem die
liehen Strafe bedroht ist; Partei von dem Anfechtungsgrund Kenntnis er-
6. wenn d11s Urteil eines ordentlichen Gerichts, halten hat, jedoch nicht vor eingetretener Rechts-
eines frühcn,n Sondergerichts oder eines Ver- kraft des Urteils. Nach Ablauf von fünf Jahren, von
wallungsgerichts, auf welche::; das Urteil ge- dem Tage der Rechtskraft des Urteils an gerechnet,
gründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges sind die Klagen unstatthaft.
Urteil aufgehoben ist; (3) Die Vorschriften des vorstehenden Absatzes
7. wenn die Partei sind auf die Nichtigkeitsklage wegen mangelnder
a) ein in derselben Sache erlassenes, früher Vertretung nicht anzuwenden; die Frist für die Er-
rechtskräftig gewordenes Urteil oder hebung der Klage läuft von dem Tage, an dem der
b) eine andere Urkunde auffindet oder zu be- Partei und bei mangelnder Prozeßfähigkeit ihrem
nutzen in den Stand gesetzt wird, die eine gesetzlichen Vertreter das Urteil zugestellt ist.
ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt
haben würde. § 587
In der Klage mnß die Bezeichnung des Urteils,
§ 581
gegen das die Nichtigkeits- oder Restitutionsklage
(1) In den Fällen des vorhergehenden Paragraphem gerichtet wird, und die Erklärung, welche dieser
Nr. 1 bis 5 findet die Restitutionsklage nur statt, Klagen erhoben wird, enthalten sein.
wenn wegen der strafbaren Handlung eine rechts·
kräftige Verurteilung ergangen ist oder wenn die § 588
Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens (!) Als vorbereitender Schriftsatz soll die Klage
aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis enthalten;
nicht erfolgen kann. 1. die Bezeichnung des Anfechtungsgrundes;
(2) Der Beweis der Tatsachen, welche die Restitu- 2. die Angabe der Beweismittel für die Tatsachen,
tionsklage begründen, kann dmch den Antrag auf die den Grund und die Einhaltung der Notfrist
Parlcivcrnehmung nicht geführt werden. ergeben;
3. die Erklärung, inwieweit die Beseitigung des
§ 582 angefochtenen Urteils und welche andere Ent•
Die Restitutionsklage ist nur zulässig, wenn die scheidung in der Hauptsache beantragt werde.
Partei ohne ihr Verschulden außerstande war, den (2) Dem Schriftsatz, durch den eine Restitutions•
Reslitutionsgrund in dem früheren Verfahren, ins- klage erhoben wird, sind die Urkunden, auf die sie
besondere durch Einspruch oder Berufung oder mit- gestützt wird, in Urschrift oder in Abschrift bei-
tels Anschließnng an eine Berufung, geltend zu zufügen. Bei,Jden sich die Urkunden nicht in den
machen. Händen des Klägers, so hat er zu erklären, welchen
686 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
Antrag er wegen ihrer Herbeischaffur,g zu stellen derer als der im § 592 erwähnten Tatsachen nur
beabsichtigt. Urkunden und Antrag auf Parteivernehmung
§ 589 zulässig.
(1) Das Gericht hat von Amts weg 2n zu prüfen, (3) Der Urkundenbeweis kann nur durch Vor-
ob die Klage an sich st.althaft und ob sie ir. der ge- legung der Urkunden angetreten werden.
setzlichen Form Lrnd Frist erhoben sei. Mangelt es § 596
an einem dieser Erfordernisse, so ist die Klage als
unzulässig zu verwerfen. Der Kläger kann, ohne daß es der Einwilligung
(2; Die Tatsachen, die ergeben, daß die Klage vor
des Beklagten bedarf, bis zum Schluß der münd-
Ablauf der Notfrist erhoben ist, sind glaubhaft zu lichen Verhandlung von dem Urkundenprozeß in
machen. der Weise abstehen, daß der Rechtsstreit im ordent-
§ 590 lichen Verfahren anhängig bleibt.
(!) Die Hauptsache wird, insoweit sie von dem § 597
Anfechtungsgrunde betroffen ist, von neuem ver- (1) Insoweit der in der Klage geltend gemachte
handelt. Anspruch an sich oder infolge einer Einrede des
(2) Das Gericht kann anordnen, daß die Vergand- Beklagten als unbegründet sieh darstellt, ist der
lung und Entscheidung über Grund und Zulässig- Kläger mit dem Anspruch abzuweisen.
keit der Wiederaufnahme des Verfahrens vor der (2) Ist der Urkundenprozeß unstatthaft, ist insbe-
Verhandlung über die Hauptsache erfolge. In diesem sondere ein dem Kläger obliegender Beweis nicht
Falle ist die Verhandlung über die Hauptsache als mit den im Urkundenprozeß zulässigen Beweis-
Fortsetzung du· Verhandlung über Grund und Zu- mitteln angetreten oder mit solchen Beweismitteln
lässigkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens an- nicht vollständig geführt, so wird die Klage als in
zusehen. der gewählten Prozeßart unstatthaft abgewiesen,
(3) Das für die Klagen zuständige Revisions- selbst wenn in ·dem Termin zur mündlichen Ver-
gericht hat die Verhandlung über Grund und Zu- handlung der Beklagte nicht erschienen ist oder der
lässigkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens zu Klage nur auf Grund von Einwendungen wider-
erledigen, auch wenn diese Erledigung von der sprochen hat, die rechtlich unbegründet oder im
Feststellung und Würdigung bestrittener Tatsachen Urkundenprozeß unstatthaft sind.
abhängig ist.
§ 591 § 598
Rechtsmittel sind insoweit zulässig, als sie gegen Einwendungen des Beklagten sind, wenn der dem
die Entscheidungen der mit den Klagen befaßten Beklagten obliegende Beweis nicht mit den im Ur·
Gerichte überhaupt stattfinden. kundenprozeß· zulässigen Beweismitteln angetreten
oder mit solchen Beweismitteln nicht vollständig
Fü.nftes Buch geführt ist, als im Urkundenprozeß unstatthaft zu-
rückzuweisen.
Urkunden- und Wechselprozeß
§ 599
§ 592
(1) Dem Beklagten, welcher dem geltend gemach-
Ein Anspruch, welcher die Zahlung einer be- ten Anspruch widersprochen hat, ist in allen Fällen,
stimmten Geldsumme oder die Leistung einer be- in denen er verurteilt wird, die Ausführung seiner
stimmten Menge anderer vertretbarer Sachen Rechte vorzubehalten,
oder Wertpapiere zum Gegenstand hat, kann (2) Enthält das Urteil keinen Vorbehalt, so kann
im Urkundenprozeß geltend gemacht werden, die Ergänzung des Urteils nach der Vorschrift d1cs
wenn die sämtlichen zur Begründung des Anspruchs · § 321 beantragt werden.
erforderlichen Tatsachen durch Urku:1den bewiesen
(3) Das Urteil, das unter Vorbehalt der. Rechte
werden können. Als· ein Anspruch, welcher die
ergeht, ist für die Rechtsmittel und die Zwangs•
Zahlung einer Geldsumme zum Gegenstand hat,
vollstreckung als Endurteil anzusehen.
gilt auch der Anspruch aus einer Hypothek,
einer Grundschuld, einer Rentenschuld oder einer § 600
Schiffshypothek. (1) Wird dem Beklagten die Ausführung seiner
§ 593 Rechte vorbehalten, so bleibt der Rechtsstreit im
(1) Die Klage muß die Erklärung enthalten, daß ordentlichen Verfahren anhängig.
im Urkundenprozeß geklagt werde. (2) Soweit sich in diesem Verfahren ergibt, daß
(2) Die Urkunden müssen .in Urschrift oder in der Anspruch des Klägers unbegründet war, g-elten
Abschrift der Klage oder einem vorbereitenden die Vorschriften des § 302 Abs. 4 Satz 2 bis 4,
Schriftsatz beigefügt werden. Im letzteren Falle muß (3) Erscheint in diesem Verfahren eine Partei
zwischen der Zustellung· des Schtiftsatzes und nicht, so sind die Vorschriften über das Versäum·
dem Termin zur mündlichen Verhandlung ein der nisurteil entspr~chend anzuwenden.
Einlassungsfrist gleicher Zeitraum liegen.
§ 601
§ 594 (weggefallen)
(weggefallen)
§ 602
§ 595
Werden im Urkundenprozeß Ansprüche aus
(1) Widerklagen sind nicht statthaft. Wechseln im Sinne des Wechselgesetzes geltend
(2) Als Beweismittel sind bezüglich ·der Echtheit .gemacht (Wechselprozeß), so sind die nachfolgen·
oder Unechtheit einer Urkunde sowie be~üglich an- den besonderen Vorschriften anzuwenden, -
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 587
§ 603 Lebens (Ehesachen) ist das Landgericht ausschließ•
(1) Wechselklagen können sowohl bei dem Ge- lieh zuständig, in dessen Bezirk die Ehegatten ihren
richt des Zahlungsortes als bei dem Gericht an- gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben oder
gestellt werden, bei dem der Beklagte seinen all- zuletzt gehabt haben. Hat zur Zeit der Erhebung
gemeinen Gerichtsstand hat. der Klage im Bezirk dieses Gerichts keiner der Ehe•
(2) ·wenn mehrere Wechselverpflichtete gemein- gatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder haben
schaftlich verklagt werden, so ist außer dem Gericht sie einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt im
des Zahlungsortes jedes Gericht zuständig, bei dem Inland nicht gehabt, so ist clas Landgericht, in
einer der Beklagten seinen allgemeinen Gerichts- dessen Bezirk der gewöhnliche Aufenthaltsort des
stand hat. Mannes oder, falls ein solcher im Inland fehlt, der
§ 604 gewöhnliche Aufenthaltsort der Frau gelegen ist,
(1) Die Klage muß die Erklärung enthalten, daß sonst das Landgericht Berlin ausschließlich zu•
im Wechselprozeß geklagt werde. ständig.
(2) Die Einlassungsfrist beträgt mindestens vier- (2) Besitzt der Mann nicht clie deutsche Staats•
undzwanzig Stunden, wenn die Klage an dem Ort, angehörigkeit oder hat er seinen gewöhnlichen
der Sitz des Prozeßgerichts ist, zugestellt wird; Aufenthalt nicht im Inland, so Steht Abs. 1 der An·
mindestens drei Tage, wenn die Klage an einem erkennung einer von einer ausländischen Behörde
anderen Ort zugestellt wird, der im Bezirk des Pro- getroffenen Entscheidung nicht entgegen.
zeßgerichts oder, falls dieses ein Amtsgericht ist, (3) Besitzt keiner der Ehegatten die deutsche
im Bezfrk des dem Amtsgericht übergeordneten Staatsangehörigkeit, so kann von einem deutschen
Landgerichts liegt, oder von dem ein Teil zu diesem Gericht in der Sache nur entschieden werden:
Bezirk gehört; mindestens eine 'Woche, wenn die 1. wenn der gewöhnliche Aufenthaltsort des
Klage sonst im Inland zugestellt wird. Das gleiche Mannes oder der Frau im Inland gelegen ist
gilt von der Ladungsfrist, soweit sie nicht nach den und nach dem Heimatrecht des Mannes die
allgemeinen Vorschriften kürzer als die im ersten von dem deutschen Gericht zu fällende Ent•
Satz festgesetzte Einlassungsfrist ist. scheidung anerkannt werden wird oder auch
(3) In den höheren Instanzen beträgt die Ein- nur einer der Ehegatten staatenlos ist:
lassungs- und Ladungsfrist mindestens vierund- 2. wenn die Frau zur ·zeit der Eheschließung
zwanzig Stunden, wenn die Zustellung der Be- deutsche Staatsangehörige war und sie auf
rufungs- oder Revisionsschrift oder der Ladung an Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe oder
dem Ort erfolgt, der Sitz des höheren Gerichts ist; auf Feststellung des Bestehens oder Nicht·
mindestens drei Tage, wenn die Zustellung a11 bestehens der Ehe oder der Staatsanwalt auf
einem anderen Ort erfolgt, der ganz oder zum Teil Nichtigerklärung · der Ehe klagt.
in dem Landgerichtsbezirk liegt, in dem das höhere
Gericht seinen Sitz hat; mindestens eine Woche, § 607
wenn die Zustellung sonst im Inland erfolgt. (1) In Ehesachen ist die Staatsanwaltschaft zur
§ 605
Mitwirkung befugt.
(2) Der Verhandlung vor dem erkennenden Gericht
(1) Soweit es zur Erhaltung des wechselmäßigen sowie vor einem beauftragten oder ersuchten Richter
Anspruche der rechtzeitigen Protesterhebung nicht
kann der Staatsanwalt beiwohnen. Er ist von dem
bedarf, ist als Beweismittel bezüglich der Vorlegung
ersten zur mündlichen Verhandlung bestimmten
de::i Wechsels der Antrag auf Parteivernehmung zu-
Termin von Amts wegen in Kenntnis zu setzen.
lässig.
(3) Er kann sich über die zu erlassende Entschei•
(2) Zur Berücksichtigung einer Nebenforderung
dung gutachtlich äußern und, sofern es sich um die
genügt, daß sie glaubhaft gemacht ist.
Aufrechterhaltung einer Ehe handelt, neue Tat·
§ 605 a sachen und Beweismittel vorbringen.
Werden im Urkundenprozeß Ansprüche aus (4) Im Sitzungsprotokoll ist der Name des Staats•
Schecks im Sinne des Scheckgesetzes geltend ge- anwalts anzugeben, auch sind die von dem Staats•
macht (Scheckprozeß), so sind die §§ 602 bis 605 anwalt gestellten Anträge in das Protokoll aufzu•
entsprechend anzuwenden. nehmen.
§ 608
Sechstes Buch Wer eine Scheidungsklage oder eine Klage auf
Ehesachen Herstellung des ehelichen Lebens beabsichtigt, hat
bei dem für die Klage zuständigen Gericht einen
Feststellung des Rechtsv_erhältnisses zwischen
Sühneversuch zu beantragen. In dem Antrag hat er
Eltern und Kindern die Gründe anzugeben, auf die er die Klage stützen
Entmündigungssachen will. Der Antrag kann v-or der Geschäftsstelle zu
Erster Abschnitt Protokoll erklärt werden.
Verfahren in Ehesachen § 609
(1) Der Vorsitzende kann den Sühneversuch er•
§ 606 lassen, wenn sich der Beklagte im Ausland aufhält
(1) Für Klagen auf Scheidung, Aufhebung oder oder wenn sein Aufenthalt unbekannt ist, wenn
Nichtigerklärung einer Ehe, auf Feststellung des dem Sühneversuch ein anderes schwer zu bese1-
Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe zwischen tigendes Hindernis entgegensteht, das von dem
den Parteien oder auf Herstellung des ehelichen Kläger nicht verschuldet ist, oder wenn die Erfolg-
588 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
losigkeit des SühnC'vcrsuch~ mit Bestimmtheit die Scheidung oder die Aufhebung der Ehe zu ver-
vorauszusehen 1;:;t. langen, nicht mehr auf Tatsachen gründen, die er in
(2) Solange den Vorschriften über den Sühne- dem früheren Rechtsstreit geltend gemacht hat
versuch nicht genii;:t ist, hat ,leer Vorsitzende die oder die er in dem früheren Rechtsstreit oder
Anberaumung des Termins zur mündlichen Ver- durch Verbindung der Klagen geltend machen
handlung abzulehnen. konnte. Das gleiiche gilt im Falle der Abweisung
§ 610
der Scheidungsklage oder der Aufhebungsklage für
den Beklagten in Ansehung der Tatsachen, auf die
(1) Der Sühncversuch findet vor dem Vorsitzenden er eine Widerklage zu gründen imstande war.
oder einem von ihm bcauftruglen Mitglied des Ge-
richts statt. Zu dem Termin ist das persönliche § 617
Erscheinen der Parteien anzuordnen. Die Parteien Die Vorschriften über die Wirkung eines An-
sind von Amts wegen und persönlich zu laden. Dem erkenntnisses, über die Folgen der unterbliebenen
Gegner ist eine Abschrift des Antrags mitzuteüen. oder verweigerten Erklärung über Tatsachen oder
(2) Erscheint zu dem Scihneversuch der Kläger über die Echtheit von Urkunden, die Vorschriften
nicht, so hat er einen neuen Sühneversuch zu be- über den Verzicht der Part~i auf die Beeidigung
antragen. Erscheint der KHiger, aber nicht der Be- der Gegenpartei oder von Zeugen und Sachverslä'l-
klagte, so kann der Richter die einmalige Wieder- digen und die Vorschriften über die Wirkung eines
holung des Sühneversuchs anordnen; andernfalls gerichtlichen Geständnisses sind nicht anzuwenden.
ist der Sühneversuch als mißlungen anzusehen. § 618
(3) Die Parteien kör;rnen sich in dem zum Sühne- (1) Die Vorschrift des§ 261 ist nicht anzuwenden.
versuch bestimmten Termin nicht durch Bevoll- (2) Der Beklagte ist zu jedem Termin, der nicht
mächtigte vertreten lassen. Beistände können zurück- i.n seiner Gegenwart anberaumt wurde, zu laden.
gewiesen werden. (3) Die Vorschrift des Abs. 2 ist nicht anzuwen-
§ 611 den, wenn der Beklagte durch öffentliche Zustellung
(weggefallen) geladen, aber nicht erschienen ist.
(4) Ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten ist
§ 612
unzulässig.
(1) In Ehesachen ist ein in der Geschäftsfähigkeit (5) Die Vorschriften der Abs. 2 bis 4 sind auf
beschränkter Ehegalle prozeßfähig; dies gilt jedoch den Widerbeklagten entsprechend anzuwenden.
insoweit nicht, als nach § 30 des Ehegesetzes nur
sein gesetzlicher Vertreter die Aufhebung der Ehe § 619
begehren kann. (1) Das Gericht kann das persönliche Erscheinen
(2) Für einen geschäftsunfähigen Ehegatten wird einer Partei anordnen und sie über die von ihr, von
der Rechtsstreit durch den gesetzlichen Vertreter dem Gegner oder von dem Staatsanwalt behaup•
geführt. Der gesetzliche Vertreter ist jedoch zur Er- teten Tatsachen vernehmen.
hebung der Klage auf Herstellung des ehelichen (2) Ist die zu vernehmende Partei am Erscheinen
Lebens nicht befugt; zur Erhebung der Scheidungs- vor dem Prozeßgericht verhindert oder hält sie sich
klage oder der Aufhebungsklage bedarf er der Ge- in großer Entfernung von seinem Sitz auf, so
nehmigung des Vormundschaftsgerichts. kann sie durch einen beauftragten oder ersuchten
Richter vernommen werden.
§ 613
(3) Gegen die nicht erschienene Partei ist wie
Der Bevollmächtigte des klagenden Ehegatten be- gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschie·
darf einer besonderen, auf den Rechtsstreit gerich- nenen Zeugen zu verfahren, auf Haft darf nicht
teten Vollmacht. Das Gericht hat den Mangel der erkannt werden.
Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen. § 620
§ 614 (1) Hat der Kläger die Aussetzung des Verfahrens
(1) Bis zum Schluß der mündlichen Verhand- über eine Klage auf Herstellung des ehelichen
lung, auf die das Urteil ergeht, können andere als 'Lebens oder über eine Scheidungsklage beantragt,
die in der Klage vorgebrachten Klagegründe geltend so darf das Gericht über die Herstellungsklage nicht
gemacht werden. entscheiden oder auf Scheidung nicht erkennen,
(2) Das neue Vorbringen und die Erhebung einer bevor das Verfahren ausgesetzt war. Das Gericht
Widerklage isl von einem Sühneversuch nicht ab- soll die -Aussetzung von Amts wegen anordnen,
hängig. wenn es zur gütlichen Beilegung des Rechtsstreits
§ 614 a zweckmäßig ist.
(weggefallen) (2) Auf Grund dieser Vorschriften darf die Aus·
~etzung im Laufe des Verfahrens nur einmal und
§ 615
höchstens auf ein Jahr angeordnet werden.
(l) Die Klage auf Herstellung d.es ehelichen
Lebens, die Scheidungsklage und die Aufhebungs- § 621
klage können verbunden werden. (weggefallen)
(2) Die Verbindung einer anderen Klage mit den
§ 622
erwähnten Klagen sowie die Erhebung einer Wider-
klage anderer Art ist unstatthaft. (1) Das Gericht kann auch von Amts wegen die
Aufnahme von Beweisen anordnen und nach An-
§ 616 hörung der Parteien auch solche Tatsachen berück-
Der Kläger, der mit der Scheidungsklage oder der sichtigen, die von den Parteien nicht vorgebracht
Aufhebungsklage abgewiesen ist, kann das Recht, sind.
Nr. 40 - Tag rlPr Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 589
(2) Im Verfahren über eine Scheidungsklage, eine ordnen. Schwebt der Rechtsstreit in der Berufungs-
Aufhebungsklage oder eine Klage auf Herstellung instanz, so ist die Beschwerde bei dem Ober-
des ehelichen Lebens kann das Gericht gegen den landesgericht einzulegen.
Widerspruch der die Auflösung der· Ehe begehren- § 627 a
den oder ihre 1-Ierstellung verweigernden fartei
Tatsachen, die von dPn Parteien nicht vorgebracht Die nach § 627 getroffenen Anordnun9en wegen
sind, nur insoweit beriicksichtigen, als sie geeignet der Sorge für die Person der gemeinschafllichen
sind, der Aufrechlerhallung der Ehe zu dienen.· minrlerjähri9en Kinder bleiben während des
Rechtsstreits und im Falle der Auflösung der Ehe
§ 623 durch Scheidun9 oder Aufhebung oder, sofern das
Auf Scheidung wegen einrs in den §§ 44 bis 46 Kind nicht unehelich ist, im !'alle ihrer Nichtig-
des Ehegesetzes genannten Sch<'iuungsgrunclcs soll keit auch darüber hinaus so lange wirksam, bis
erst erkannt werden, wPnn das Gericht das Gut- das Vormunclschaftsgerichl eine andere Anord·
achten eines Jrz.t.lichen SachvPrsliindigen eingeholt nung getroffen hat.
hat. Das Gericht kann die ärztliche Untersuchung § 627 b
eines Ehegallrn anord1wn, wenn dies zur Vorberc'i- (1) Das Gericht hat auf Antrag zugleich mit dem
tung des Gutachtens erforderlich ist. Weigert sich Urteil, durch das auf Scheidung oder Aufhebung
der Ehegalle ohne trifl igen Grund, sich der Unter- der Ehe erkannt oder die Ehe für nichtig erklärt
suchung zu unterzieh<'n, so ist § 61') Abs. 3 ent- wird, einen Unterhaltsanspruch, der sich nach den
sprechend anzu wPnckn. Vorschriften des Ehegesetzes für einen Ehe9alten
§ 624 gr,gcnüber dem anderen er9ibt, für die Zeit nach
Wird wcgPn Ehebruchs auf Scneidung erkannt der Rechtskraft des Urteils durch Beschluß einst-
und ergibt sich aus den Verhandlungen, mit wel- weilen zu regeln.
cher Person der Ehebruch brgangen worden ist, (2) Der Beschluß wird mit der Rechtskraft des
so ist diese Person in ckm Urteil festzustellen. Urteils vollstreckbar, auf Grund dessen er er-
gangen ist.
§ 625
(3) Wird das Urteil an9efochten, so hat das Ge-
Urteile in Ehesachen sind von Amts wegen zu- richt zugleich mit seiner Entscheidung über das
zustellen_ Rechtsmittel darüber zu beschließen, ob es den
§ 626 Beschluß aufrechterhalten oder abändern will.
Die Vorschnfl,,n über die Zurückw,,isung vcr- (4) Auf Antrag des Unterhaltspflichtigen hat
s~äleten Vorbringens sind in der Berufungsinstanz noch Rechtskraft des Urteils das Gericht des ersten
nur insoweit anzuwPnden, als der BC'rufungs- Rechtszuges eine Frist zu bestimmen, innerhalb
kliigcr sein neues Vorhrrn,Jen enl(_JP(Jen der Vor- deren cler Unterhaltsberechtigte wegen seiner An-
schrift des § 519 nicht in c!Pr ßernfun0sheurün- sprüche die Klaue zu erheben hat. Wird die Frist
dung mit,Jetcilt oder die P,ntci nach der freien nicht innegehalten, so hat das Gericht auf Antrag
Überzeugung des Gerichts in de,r Absicht, den den Beschluß aufzuheben. Die Entscheidung über
Prozpß zu verschleppen, ihre Annritfs- oder Ver- diesr,n Antrag unterliegt der sofortigen Beschwerde.
teidigunnsmitkl nicht friilwr voruebracht hat. (5) § 627 Abs. 3 Satz 1 bis 3 gilt cntspreche.1d.
§ 627 § 627 C
(!) In Ehesachen kann das GPricht auf Antrag Die im Verfahren der einstweili9en Anordnung
für die Dauer des Rechlsstr<;its das Gctrennllcben nach §§ 627, 627 b entstehenden Kosten gelten,
der Ehegatten 9cstattcn, ihren (_Jf'(Jenseitigen Un- mit Ausnahme der Kosten des Aufhebungsverfah-
terhalt sowie die Vcrpflichlunn zur Leistung eines rens nach § 627 b Abs. 4, für die Kostenentschei-
Prozeßkostenvorschussc,s rcqcln, wegen der Sorge dung als Teil der Kosten der Hauptsache; § 96
für die Person der gemeinschafl.lichcn mindcr- gilt sinngemäß.
jiihrigen Kinder, soweit es sich nicht um die ge- § 628
setzliche Vertretung handelt, Anordnungen treffen Stirbt c>iner der Ehegatten vor c!c,r Rechtskraft
und die Unterhaltspf1icht 9c9cnüber ckn Kindern des Urteils, so ist der Rechtsstreit in der Hauot-
im Verhältnis der Ehegatten zueinander ordnen. sache als erledigt anzusehen.
(2) Der Antrag ist zulbssig, sobald die Klage
§ 629
ein9ereicht oder der Termin zum Sühneversuch
bestimmt ist. (weggefallen)
(3) Der Antrag kann vor der Geschiiftss!C'llc zu § 630
Protokoll erklärt werden. Er soll die Vorausset- (weggefallen)
zungen für die Anordnung glaubhaft machen. Uber
den Antrag wircl durch Beschluß entschieden, der § 631
ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. Zu- Für die Nichtigkeitsklage gelten die in den
ständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges nachfolgenden Paragraphen enthaltenen beson-
und, wenn der Rechtsstreit in der Berufungsinstanz deren Vorschriften.
schwebt, das Berufungsgericht. Während des V cr- § 632
fahrens vor dem Einzelrichter hat dieser zu ent- ( 1) Die Nichtigkeitsklage des Staatsanwalts ist
scheiden. gegen beide EhegCTtlen und, wenn einer von ihnen
(4) Gegen den Beschluß des Landgerichts findet verstorben ist, gegen den überlebenden Eheqc>tl en
die Beschwerde statt. Das Landgericht kann zur Ent- zu richten. Die Nichtigkeitsklage des einen Elle-
scheidung über die Frage, ob es der BPschwerde galten ist gc9en den ander<'n Ehegatten zu richten.
abhelfen will (§ 571), mündliche Verhandlunq an- (2) Im Pallc der Doppelehe ist die Nichtigkeits-
590 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
klage des Ehegatten der früheren Ehe gegen beide 618, 619, des § 622 Abs. 1 und der §§ 625, 626,
Ehegatten der späteren Ehe zu richten. 628, 634, 635 und 637 entsprechend.
§ 633 (2) Mit einer der im Abs. 1 bezeichneten Klagen
(l) M;t der Nichligkeitsklage kann nur eine kann eine Klage anderer Art nicht verbunden
Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nicht- werden. Eine Widerklage anderer Arl kann nicht
bestehens einer Ehe zwischen den Parteien ver- erhoben werden.
§ 641
bunden werden.
(2) Eine Widerklage ist nur statthaft, wenn sie Für die Klage auf Anfechtung der Ehelichkeit
eine Nichtigkeitsklage oder eine Feststellungs- eines Kindes ist der Ehemann der Mutter prozeß-
klage der im Abs. 1 bezeichneten Art ist.. fähig, auch wenn er in der Geschäftsfähigkeit be-
schränkt ist. Für einen geschäftsunfähigen Ehemann
§ 634
wird der Rechtsstreit durch den gesetzlichen Ver-
Der Staatsanwalt kann, auch wenn er die Klage treter geführt;- der gesetzliche Vertreter kann die
nicht erhoben hat, den Rechtsstreit betreiben, ins• Anfechtungsklage nur mit Genehmigung des Vor-
besondere selbsländig Anträge stellen und Rechts- mundschaftsgerichts erheben.
mittel einlegen.
§ 635 § 642
Das Versäumnisurteil gegen den im Termin zur (1) In den Fällen der §§ 640, 641 ist, wenn ck
mündlichen Verhandlung nicht erschienenen Klä- Beklagte im Inland keinen allgemeinen Gerichts-
ger isl dahin zu erlassen, daß die Klage als zu- stand hat, das Landgericht zuständig, in dessen
rückgenommen gelle. Bezirk der Kläger seinen allgemeinen Gerichtsstand
§ 636 hat. Ist auch für diesen ein allgemeiner Gerichls-
Hat der Staatsanwalt die Nichtigkeitsklage zu stand im Inland nicht begründet, so ist das Land-
Lebzeiten beider Ehegatten erhoben, so ist, wenn gericht Berlin zuständig, falls auch nur eine der
ein Ehegatte stirbt, § 628 nicht anzuwenden. Das Parteien die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.
Verfahren wird gegen den überlebenden Ehe- (2) Für die Klage auf Anfechtung der Ehelich-
gatten fortgesetzt. keit eines Kindes ist, wenn die Mutter die deutsche
§ 636 a Staatsangehörigkeit besitzt oder zur Zeit ihres Todes
Das auf eine Nichtigkeitsklage ergehende Urte,il be.~cssen hat und nach den vorstehenden Vorschrif-
wirkt, wenn es zu Lebzeiten beider Ehegatt2n oder, ten ein Gerichtsstand im Inland nicht begründd
falls der Staatsanwalt die Nichtigkeitsklage er• ist, das Landgericht, in dessen Bezirk die Mutter
hoben hatte, des Längstlebenden von ihnen rechts- im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Auf·
kräftig geworden ist, für und gegen alle. enthalt hat oder zur Zeit des Todes gehabt hat,
§ 637 sonst das Landgericht Berlin zuständig.
In den Fällen, in denen der als Partei auftre- § 643
tende Staatsanwalt unterliegt, ist die Staatskasse In den Fällen der §§ 640, 641 wirkt das Urteil,
zur Erslallung der dem obsiegenden Gegner er• sofern es bei Lebzeiten der Parteien rechtskräflig
wachsenen Kosten nach den Vorschriften des wird, für und gegen alle. Ein Urteil, welches das
fünften Titels des zweiten Abschnitts des ersten Bestehen des Eltern- und Kindesverhältnisses oder
Buchs zu verurteilen. der elterlichen Gewalt feststellt, wirkt jedoch
§ 638 gegenüber einem Dritten, der das elterliche Ver-
. Die Vorschriften der § § 633 bis 635 gelten für hältnis oder die elterliche Gewalt für sich in
eine Klage, welche die Feststellung des Bestehens Anspruch nimmt, nur dann, wenn er an dem Rechts-
oder Nichtbestehens einer Ehe zwischen den Par• streit teilgenommen hat.
teien zum Gegenstand ·hat, entsprechend. Das
§ 644
Urteil, durch welches das Bestehen oder Nicht-
bestehen der Ehe festgestellt wird, wirkt, wenn es Die Vorschriften der §§ 640 bis 643 gelten nicht
zu Lebzeiten beider Parteien rechtskräftig gewor- für einen Rechtsstreit, der die Feststellung des Be-
den ist, für und gegen alle. stehens oder Nichtbestehens der unehelichen
Vaterschaft zum Gegenstand hat.
§ 639
(weggefallen) Dritter Abschnitt
Zweiter Abschnitt Verfahren in Enlmündigungssachen
Verfahren in Rechtsstreitigkeiten, welche die Fest- § 645
stellung des Rechtsverhältnisses zwischen Eltern
und Kindern zum Gegenstand haben (1) Die Entmündigung wegen Geisteskrankheit
oder wegen Geistesschwäche erfolgt durch Beschluß
§ 640 des Amtsgerichts.
(1) Auf einen Rechtsstreit, der die Anfechtung (2) Der Beschluß wird nur auf Antrag erlassen.
der Ehelichkeit eines Kindes, die Feststellung des
Bestehens oder Nichtbestehens eines Eltern- oder § 646
Kindesverhältnisses wischen den Parteien oder (!) Der Antrag kann von dem Ehegatten, einem
die Feststellung des Bestehens oder Nichtbe- Verwandten oder demjenigen gesetzlichen V cr-
stehens der elter!ie.,,en Gewalt der einen Partei treter des zu Entmündigenden gestellt werden, dem
über die andere , m Gegenstand hat, gelten die die Sorge für die Person zusieht. Gegen eine Per-
Vorschriften des ;07 Abs. 1, der §§ 613, 617, son, die unter elterlicher Gewalt oder unter Vor-
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 591
mundschaft steht, kann der Antrag von einem Ver· stallen und die erheblich erscheinenden Beweise
wandten nicht gestellt werden. Gegen eine Ehefrau aufzunehmen. Zuvor ist dem zu Entmündigenden
kann der -Antrag von einem Verwandten nur ge- Gelegenheit zur Bezeichnung von Beweismitteln zu
stellt werden, wenn der Ehemann die Ehefrau geben, desgleichen uemfenigen ge-setzlichen Ver--
verlassen hat oder wenn der Ehemann zur Stellung treter des zu Entmündigenden, dem die Sorge für
'ctes Antrages dauernd außerstande oder sein Auf- die Person zusteht, sofern er nicht die Entmündi-
enthalt dauernd unbekannt ist. gung beantragt hat.
(2) In allen Fällen ist auch der Staatsanwalt bei (2) Für die Vernehmung und Beeidigung der
dem vorgesetzten Landgericht zur Stellung des An- Zeugen und Sachverständigen sind die Vorschriften
trages befugt. im siebenten und achten Ti.tel des ersten Abschnitts
§ 647 des zweiten Buchs anzuwenden. Die Haft kann
im Falle des § 390 von Amts wegen angeordnet
Der Antrag kann bei dem Gericht schriftlich ein-
werden.
gereicht oder zum Protokoll der Geschäftsstelle
§ 654
angebracht werden. Er soll eine Angabe der ihn
begründenden Tatsachen und die Bezeichnung der (1) Der zu Entmündigende ist persönlich unter Zu-
Beweismittel enthalten. ziehung eines oder mehrerer Sachverständiger zu
vernehmen. Zu diesem Zwecke kann die Vorfüh•
§ 648 rung des zu Entmündigenden angeordnet werden.
(1) Für die Einleitung des Verfahrens ist das (2) Die Vernehmung kann auch durch einen er-
Amtsgericht, bei dem der zu Entmündigende seinen suchten Richter erfolgen.
allgemeinen Gerichtsstand hat, ausschließlich zu- (3) Die Vernehmung darf nur unt..::rbleiben, wenn
sttindig. sie mit besonderen Schwierigkeiten verbunden
(2) Gegen einen Deutschen, der im Inland keinen oder nicht ohne Nachteil für den Gesundheits•
allgemeinen Gerichtsstand hat, kann der Antrag bei zust_and des zu Entmündigenden ausführbar ist.
dem Amtsgericht gestellt werden, in dessen Bezirk § 655
der zu Entmündigende den letzten Wohnsitz im Die Entmündigung darf nicht ausgesprochen wer-
Inland hatte; wenn er einen solchen Wohnsitz nicht den, ,bevor das Gericht einen oder mehrere Sach-
hatte, gelten die Vorschriften des § 15 Abs. 1 Satz 2 verständige über den Geisteszustand des zu Ent•
entsprechend. mündigenden gehört hat.
§ 649
§ 656
Das Gericht kann vor der Einleitung des Verfah-
rens die Beibringung eines ärztlichen Zeugnisses (1) Mit Zustimmung des Antragstellers kann das
anordnen. Gericht anordnen,, daß der ZU Entmündigende auf
§ 650 die Dauer von höchstc.ns sechs Wolhen in eine
Heilanstalt gebracht werde, wenn dies· nach är,.: •
(1) Das Gericht kann nach der Einleitung des lichem Gutachten zur Feststellung des Geis:, 0
••
Verfahrens, wenn es mit Rücksicht auf die Verhält· zustandes geboten erscheint unJ ohne Nachteil für
nisse des zu Entmündigenden erforderlich erscheint, den Gesundheitszustand des zu Entmündigenden
die Verhandlung und Entscheidung dem Amts- ausführbar ist. Vor der Entscheidung sind die i: ~
gericht überweisen, in dessen Bezirk der zu Ent- § 646 bezeichneten Personen soweit tunlich zu
mündigende sich aufhält. hören.
(2) Die Uberweisung ist nicht mehr zulässig, wenn (2) Gegen den Beschluß, durch den die Unter-
das Ge.richt den zu Entmündigenden vernommen hat bringung angeordnet wird, steht dem zu Entmün-
(§ 654 Abs. 1). digenden, dem Staatsanwalt und binnen der für den
(3) Wird die Ubernahme abgelehnt, so entscheidet zu Entmündigenden laufenden Frist den sonstigen
das im Rechtszuge zunächst höhere Gericht. im § 646 bezeichneten Personer, die sofortige Be-
§ 651 schwerde zu.
(1) Wenn nach der Ubernahme de's Verfahrens § 657
durch das Gericht, an das die Uberwe-isung erfolgt Sobald das Gericht die Anordnung einer Fürsorge
ist, ein Wechsel im Aufenthaltsort des zu Entmün- für die Person oder das Vermögen des zu Ent-
digenden eintritt, so ist dieses Gericht zu einer mündigenden für erforderlich hält; ist der Vormund-
weiteren Uberweisung befugt. schaftsbehörde zum Zwecke dieser Anordnung Mit-
(2) Die Vorschriften des § 650 gelten ent- teilung zu machen.
sprechend. § 658
§ 652 (1) Die Kosten des Verfahrens sind, wenn die Ent-
Der Staatsanwalt kann in allen Fällen das Ver- mündigung erfolgt, von dem Entmündigten, ande-
fahren durch Stellung von Anträgen betreiben und renfalls von der Staatskasse zu tragen.
den Term;nen beiwohnen. Er ist von der Einleitung (2) Insoweit eiiien der im § 646 Abs. 1 bezeich-
des Verfahrens sowie von einer Uberweisung neten Antragsteller bei Stellung des Antrages nach
(~§ 650, 651) und von allen Terminen in Kenntnis
dem Ermessen des Gerichts ein Verschulden trifft,
zu setzen. können ihm die Kosten ganz oder teilweise zur
§ 653 Last gelegt werden.
(1) Das Gericht hat unter Benutzung der in dem § 659
Antrag angegebenen Tatsachen 4,nd Beweismittel Der über die Entmündigung zu erlassende Be•
von Amts wegen die zur Feststellung des Geistes- schluß ist dem Antragsteller und dem Staatsanwalt
zustandes erforderlichen Err· ittlungen zu ver an- von Amts wegen zuzustellen.
592 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
§ 660 (3) Hat eine der im § 646 Abs. 1 bezeichneten
Der die Entmündigung aussprechende Beschluß Personen die Entmündigung beantragt, so ist diese
ist von Amls w,,g,•n c]pr Vormundschattsbchörde Person unter Mitteilung der Klage · zum Termin
mitzu,eilen und, wenn der Entmündigte unter elter- zur mündlichen Verhandlung zu laden. Sie gilt im
licher Gewalt oder unter Vormundschaft steht, auch Falle des Beitritts im Sinne des § 62 als Streit-
demJenigcn gcsc,tzlichen Vertrr,tcr zuzustellen, dem genosse der Hauptpartei.
die Sorge für die Persern clcs Entmündigten zusteht. § 667
Im falle der Enlmündigung wegen Geistesschw'iche (1) Mit der die Entm,indigung anfechtenden
ist der Beschluß außerdem dem Entmündigten selbst Klage kann eine andere Klage nicht verbunden
zuz-ustellen. werden.
§ 661 (2) Eine Widerklage ist unzulässig.
(1) Die Entmündigung wegen Geisteskrankheit § 668
tritt, wenn der Entmündigte unter elterlicher Ge- Will der Entmündigte die Klage erheben, so ist
walt oder unter Vormundschaft steht, mit der Zu- ihm auf seinen Antrag von dem Vorsitzenden des
stellung des Beschlusses an denjenigen gesetzlichen Prozeßgerichts ein Rechtsanwalt als Vertreter bei-
Vertreter, dem die Sorge fiir die Person zusteht, zuordnen.
andernfalls mit dn Bcslc!lung des Vormundes in § 669
Wirksamkeit. (1) Bei der mündlichen Verhandlung haben die
(2) Die Entmündigung wegen Geistesschwäche Parteien die Ergebnisse der Sachunlersuchung des
tritt mit der Zustellung des Beschlusses an den Ent- Amtsgerichls, soweit es zur Prüfung der Richtig-
mündigten in Wirksamkeit. k,,,it des angefochtenen Beschlusses erforderlich
ist, vollständig vorzutragen.
§ 662
(2) Im Falle der Unrichtigkeit oder Unvoll-
Der die Entmündigung ablehnende Beschluß ist ständigkeit des Vortrags hat der Vorsitzende die
von Amts wegen auch demjenigen zuzustellen, Berichtigung oder Vervollständigung, nötigenfalls
dessen Entmündigung bcant rug t war. unter Wiedereröffnung der Verhandlung, zu ver-
§ 66'.l anlassen.
§ 670
(1) Gegen d,,n Beschluß, durch den die Entmündi-
gung abgelehnt wird, steht dem Antragsteller und / 1) Die Vorscluiften ~,er §§ 617, 618, 622 Abs. 1
dem Staatsanwalt die soforligc Beschwerde zu. gel tcn cntsprC'chend.
(2) In dem Verfahren vor dem Beschwerdegericht (2) Die eidliche Parteivernehmung ist aus-
gelten die Vorschriften der §§ 652, 653 ent· geschlossen.
sprechend. § 671
§ 664 (1) Die Vorschriften der §§ 654, 655 gelten in
(1) Der die Entmündigung aussprechende Be- dem Verfahren über die Anfechtungsklage ent-
schluß kann im Wege der Klage binnen der Frist ,.prechend.
eines Monats angefochten werden. (2) Von der Vernehmung Sachversländiger darf
(2) Zur Erhebung der Klage sind der Entmündigte das Gericht Abstand nehmen, wenn es das vor
selbst, derjenige gesetzliche Vertreter des Entmün- dem Amtsgericht abgegebene Gutachten für ge-
digten, dem die Sorge für die Person zusteht, und nügend erachtet.
die übrigen im § 646 bezeichneten Personen befugt. § 672
(3) Die Frist beginnt im Falle der Entmündigung Wird die Anfechtungsklage für begründet er-
wegen Geisteskrankkeit für den Entmündigten mit achtet, so ist der die Entmündigung aussprechende
dem Zeitpunkt, in dem er von der Entmündigung Beschluß aufzuheben. Die Aufhebung tritt erst mit
Kenntnis erlangt, für die übrigen Personen mit der Rechtskraft des Urteils in Wirksamkeit. Auf
dem Zeitpunkt, in dem die Entmündigung in Wirk- Antrag können jedoch zum Schulz der Person oder
samkeit tritt. Im Falle der Entmündigung wegen des Vermögens des Entmündigten einstweilige
Geistesschwäche beginnt die Frist für den gesetz- Verfügungen nach den §§ 936 bis 944 getroffen
lichen Vertreter des unter elterlicher Gewalt oder werden.
unter Vormundschaft stehenden• Entmündigten mit § 673
dem Zeitpunkt, in dem ihm der Beschluß zugestellt (1) Unterliegt der Staatsanwalt, so ist die
wird, für den Entmündigten selbst und die übrigen Staatskasse zur Erstattung der dem obsiegenden
Personen mit der Zustellung des Beschlusses an Gegner erwachsenen Kosten nach den Vorschriften
den Entmündigten. des fünften Titels des zweiten Abschnitts des
§ 665 ersten Buchs zu verurteilen.
Für d.ie Klage ist das Landgericht ausschließlich (2) Ist die Klage von dem Staatsanwalt erhoben,
zuständig, in dessen Bezirk das Amtsgericht, das so hat die Staatskasse in allen Fällen die Kosten
über die Entmündigung entschieden hat, seinen des Rechtsstreits zu tragen.
Sitz hat.
§ 674
§ 666
Das Prozeßgericht hat der Vormundschafts-
(1) Die Klage ist gegen den Staatsanwalt zu
richten. behörde und dem Amtsgericht von jedem in der
Sache erlassenen Endurteil Mitteilung zu machen.
(2) Wird die Klage von dem Staatsanwalt er-
hoben, so ist sie gegen clPnjenigen gesetzlichen § 675
Vertrrt0r <lcs Entmllndir;:;/.en zu richten, dein die Die Wiederaufhebun<z rl?r Entmündigung erfolgt
5oq,!c f~ir die~ Pr~rson zusteht. auf Antrag des Entmündiglen oder desjenigen ge-
Nr. 40 Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 593
setzlichen Vertreters des Entmündigten,_ dem die § 681
Sorge für die Person custcht, oder des Staatsanwalts Ist die Entmündigung wegen Trunksucht bean-
durch Beschluß d(,s Amtsgerichts. tragt, so kann das Gericht die Beschlußfassung
über die Entmündigung aussetzen, wenn Aussicht
§ 676
besteht, daß der zu Entmündigende sich bessern
(!) Für die Wiederaufhebung der Entmündigung werde.
ist das Amtsgericht ausschlielllich zuständig, bei § 682
dem der Entmündigte seinen allgemeinen Gerichts-
Die Kosten des amtsgerichtlichen Verfahrens
stand hat.
sind, wenn die Entmündigung ausgesprochen wird,
(2) Ist der Entmündigte ein Deutscher und hat
von dem Entmündigten, anderenfalls von dem An-
er im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand,
tragsteller zu tragen.
so kann der Antrag bei dem Amtsgericht gestellt
werden, das über die Entmündigung entschieden § 683
hat. Das gleiche gilt, wenn ein Ausländer, der im (1) Der über die Entmündigung zu erlassende
Inland entmündigt worden ist, im Inland keinen Beschluß ist dem Antragsteller und dem zu Ent-
allgemeinen Gerichtsstand hat. mündigenden von Amts wegen zuzustellen.
(3) Die Vorschriften des § 647 und der §§ 649 (2) Der die Entmündigung aussprechende Be-
bis 655 gelten entsprechend. schluß tritt mit der Zustellung an den Entmündigten
in Wirksamkeit. Der Vormundschaftsbehörde ist der
§ 671
Beschluß von Amts wegen mitzuteilen.
Die Kosten des Verfahrens sind von dem Ent-
mündigten, wenn das Verfahren von dem Staats- § 684
anwalt ohne Erfolg beantragt ist, von der Staats- (1) Der die Entmündigung a;issprechende Be-
kasse zu tragen. schluß kann binnen der Frist eines Monats von dem
§ 678
Entmündigten im Wege der Klage angefochten
(1) Der über die Wiederaufhebung der Ent- werden.
mündigung zu erlassende Beschluß ist dem Antrag- (2) Die Frist beginnt mit der Zustellung des
steller und im Falle der Wiederaufhebung dem Beschlusses an den Entmündigten.
Entmündigten sowie dem Staatsanwalt von Amts (3) Die Klage ist gegen denjenigen, der die Ent-
wegen zuzustellen. mündigung beantragt hatte, falls er aber verstorben
(2) Gegen den Beschluß, durch den die Entmündi-
oder sein Aufenthalt unbekannt oder im _Ausland
gung aufgehoben wird, steht dem Staatsanwalt die ist, gegen den Staatsanwalt zu richten.
sofortige Beschwerde zu. (4) Auf das Verfahren sind die Vorschriften der
(3) Nach Rechtskraft des Beschlusses ist die
§§ 665, 667, 669, 670, 672 bis 674 entsprechend
Wiederaufhebung der Vormundschaftsbehörde mit- anzuwenden.
zuteilen. § 685
§ 679
Die Wiederaufhebung der Entmündigung erfolgt
{l) Wird der Antrag auf Wiederaufhebung von auf Antrag des Entmündigten od2r desjenigen ge-
dem Amtsgericht abgelehnt, so kann sie im Wege setzlichen Vertreters des Entmündigten, dem die
der Klage beantragt werden. Sorge für die P€rson zusteht, durch Beschluß des
(2) Zur Erhebung der Klage ist derjenige gesetz- Amtsg2richts. Die Vorschriften der §§ 647, 653, des
liche V€rlreter des Entmündigten, dem die Sorge § 676 Abs. 1, 2, des § 677 und des § ,678 Abs. 1, 3
für die Person zustteht, und dPr Staatsanwalt befugt. gelten entsprechend.
(3) Will der gesetzliche Vertreter die Klage nicht § 686
erheben, so kann der Vorsitzende des Prozeß-
(1) Wird der Antrag (§ 685) von dem Amts-
gerichts dem Entmündigten einen Rechtsanwalt als
gericht abgelehnt, _so kann die Wiederaufhebung
Vertreter beiordnen.
im Wege der Klage beantragt werden.
(4) Auf das Verfahren sind die Vorschriften der
§§ 665 bis 667, 669 bis 674 entsprechend anzu- (2) Zur Erhebung der Klage ist derjenige g,2setz-
wenden. liche Vertreter des Entmündigten befugt, dem die
§ 680
Sorge für die Person zusteht. Will dieser die Klage
nicht erheben, so kann der Vorsitzende des Prozeß-
(!) Die Entmündigung wegen Verschwendung
gerichts dem Entmündigten einen Rechtsanwalt
oder wegen Trunksucht erfolgt durch Beschluß des
Amtsgerichts. als Vertreter beiordnen.
(2) Der Beschluß wird nur anf Antrag erlassen. (3) Die Klage ist gegen denjenigen, der die Ent-
mündigung beantragt hatte, falls er aber verstorben
(3) Auf das Verfahren sind die Vorschriften des
oder sein Aufenthalt unbekannt oder im Ausland
§ 646 Abs. 1 und der §§ 647, 648, 653, 657, 663 ent-
sprechend anzuwenden. ist, gegen den Staatsanwalt zu richten.
(4) Eine Mitwirkung der Staatsanwaltschaft (4) Auf das Verfahren sind die Vorschriften der
findet nicht statt. §§ 665, 667, 669, 670, 672 bis 674 entsprechend
anzuwenden.
(5) Die landesgesetzlichen Vorschriften, nach
denen eine Gemeinde oder ein der Gemeinde gleich- § 687
stehender Verband oder ein Armenverband berech- Die Entmündigung einer Person wegen Ver-
tigt ist, die Entmündigung wegen Verschwendung schwendung oder wegen Trunksucht sowie die
oder wegen Trunksucht zu beantragen, bleiben Wiederaufhebung einer solchen Entmündigung ist
unberührt. von dem Amtsgericht öffentlich bekanntzumachen..
594 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
Siebentes Bnch § 693
Mahnverfahren (1) Der Zahlungsbefehl wird dem Schuldner von
Amts wegen zugestellt,
§ 688
(2) Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt
(1) Wegen eines Anspruchs, der die Zahlung oder die Verjährung unterbrochen werden, so tritt
einer bestimmten Geldsumme oder die Leistung die Wirkung, wenn die Zustellung demnächst er-
einer bestimmten Menge anderer vertretbarer erfolgt, bereits mit der Einreichung oder Anbringung
Sachen oder Wertpapiere zum Gegenstand hat, des Gesuchs um Erlaß des Zahlungsbefehls ein.
ist auf Gesuch des Gläubigers ein bedingter Zah- (3) Die Geschäftsstelle hat von der Zustellung
lungsbefehl zu erlassen. Als ein Anspruch, der die des Zahlungsbefehls den Gläubiger in Kenntnis zu
Zahlung einer Geldsumme zum Gegenstand hat, setzen.
gilt auch der Anspruch aus einer Hypothek, einer .§ 694
Grundschuld, einer Rentenschuld oder einer (1) Der Schuldner kann gegen den Anspruch
Schiffshypothek. oder einen Teil des Anspruchs Widerspruch er-
(2) Das Mahnverfahren findet nicht statt, wenn heben, solange der Vollstreckungsbefehl nicht
nach dem Inhalt des Gesuchs die Geltendmachung verfügt ist.
des Anspruchs vo.n einer noch nicht erfolgten Gegen- (2) Das Gericht hat den Gläubiger von dem
leistung abhängig ist oder wenn die Zustellung des
rechtzeitig erhobenen Widersl!ruch in Kenntnis zu
Zahlungsbefehls im Ausland oder durch öffentliche setzen und dem Schuldner auf Verlangen eine Be-
Bekanntmachung erfolgen müßte.
scheinigung darüber zu erteilen, daß er rechtzeitig
§ 689 Widerspruch erhoben hat.
(1) Die Zahlungsbefehle werden von den Amts- (]) füner Zurückweisung des nicht rechtzeitig er-
gerichten erlassen. hobenen Widerspruchs bedarf es nicht.
(2) Zuständig ist das Amtsgericht, das für die im § 695
ordentlichen Verfahren erhobene Klage zuständig (weggefallen)
sein würde, wenn die Amtsgerichte im ersten
Rechtszuge sachlich unbeschränkt zuständig wären. § 696
(1) Wird rechtzeitig Widerspruch erhoben, so
§ 690 ist auf Antrag einer Partei vor dem Amtsgericht,
Das Gesuch muß enthalten: das den Zahlungsbefehl erlassen hat, ein Termin
zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen. Der
1. die Bezeichnung der Parteien nach Namen,
Antrag kann schon in dem Gesuch um Erlaß des
Stand ode·r Gewerbe und Wohnort;
Zahlungsbefehls gestellt werden. Die Terminsbestim-
2. die Bezeichnung _des Gerichts, mung ist dem Gläubiger, sofern nicht das Gericht
3. die bestimmte Angabe des Betrages oder Gegen- die Zustellung anordnet, ohne besondere Form
standes und des Grundes des Anspruchs: mitzuteilen: § 496 Abs. 4 Satz 2 gilt entsprechend.
4. das Gesuch um Erlaß des Zahlungsbefehls. (2) Wird nach der Erhebung des Widerspruchs
alsbald Termin anberaumt, so gilt die Streitsache
§ 691 als mit Zustellung des Zahlungsbefehls rechts-
hängig geworden.
(1) Entspricht das Gesuch nicht den Vorschriften (3) Zur Herstellung eines Urteils in abgekürzter
der vorstehenden Paragraphen oder ergibt sieb Form (§ 313 Ab3. 3, § 317 Abs. 4) kann der Zah-
aus dem Inhalt des Gesuchs, daß der Anspruch
lungsbefehl an Stelle der Klageschrift benutzt
überhaupt oder zur Zeit nicht begründet ist, so
werden.
wird es zurückgewiesen.
§ 697
(2) Das Gesuch ist auch dann zurückzuweisen,
(1) Ist ein Anspruch erhoben, der zur Zuständig-
wenn der Zahlungsbefehl nur wegen eines Teiles
keit der Landgerichte gehört, so hat das Amts-
des Anspruchs nicht erlassen werden kann; vor
gericht, sofern eine Partei vor der Verhandlung
der Zurückweisung ist der Gläubiger zu hören.
zur Hauptsache darauf anträgt, durch Beschluß
(3) Die zurückweisende Verfügung ist nicht an- sich für unzuständig zu erklären und den Rechts-
fechtbar. streit an das Landgericht zu verweisen; die Vor-
§ 692 schriften des § 276 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 sind an-
Der Zahlungsbefehl enthält die im § 69Ö Nr. 1 zuwenden.
bis 3 bezeichneten Erfordernisse des Gesuchs und (2) Ist der Antrag auf Verweisung schon in dem
außerdem den Befehl an den Schuldner, binnen Gesuch um Erlaß des Zahlungsbefehls gestellt oder
einer vom Tage der Zustellung laufenden Frist mit dem Widerspruch verbunden worden, so kann
von einer Woche bei Vermeidung sofortiger die Entscheidung über den Antrag ohne münd-
Zwangsvollstreckung den _Gläubiger wegen des liche Verhandlung erfolgen. Wird die Verweisung
Anspruchs nebst den dem Betrage nach zu be- beschlossen, so gilt der Rechtsstreit mit der Zu-
zeichnenden Kosten des Verfahrens und den ge- stellung des Beschlusses als bei dem Landgericht
forderten Zinsen zu befriedigen oder, wenn er Ein- anhängig.
wendungen gegen den Anspruch habe, bei dem § 698
Gericht Widerspruch zu erheben. Die Wider- Die Kosten des Mahnverfahrens sind im Falle
spruchsfrist ist den Vorschriften über die Einlas- der rechtzeitigen Erhebung des Widerspruchs als
sungsfrist entsprechend zu bemessen, falls diese ein Teil der Kosten des entstehenden Rechtsstreits
weniger als eine Woche betragen würde. anzusehen.
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, d-en 20. September 1950 595
§ 699 befehls gerichtet, so wird der Zahlungsbefehl als
(1) Der Zahlungsbefehl ist nach Ablauf der darin Urkunden- oder als Wechsel-Zahlungsbefehl be-
bestimmten Frist auf Gesuch des Gläubigers für zeichnet.
vorläufig vollstreckbar zu erklären, sofern nicht (2) Für das Urkunden- und Wechsel-Mahnver-
vor der Vollstreckbarkeitserklärung von dem fahren gelten folgende besonderen Vorschriften:
Schuldner Widerspruch erhoben ist. Die Voll- 1. die Bezeichnung als Urkunden- oder als
streckbarkeitserklärung wird durch einen von dem Wechsel-Zahlungsbefehl hat die Wirkung, daß
Urkundsbeamten der Geschäftsstelle auf den Zah- die Streitsache, wenn rechtzeitig Widerspruch
lungsbefehl zu setzenden Vollstreckungsbefehl be- erhoben wird, als im Urkunden- oder im
wirkt. In den Vollstreckungsbefehl sind die von Wechselprozeß rechtshängig geworden anzu-
dem Gläubiger zu berechnenden Kosten des bis· sehen ist;
herigen Verfahrens aufzunehmen. Die Zustellung 2. die Urkunden sollen in Urschrift oder in Ab-
des Vollstreckungsbefehls erfolgt auf Betreibeu schrift dem Gesuch um Erlaß des Zahlungs-
des Gläubigers. Der Urkundsbeamte der Geschäfts- befehls beigefügt und in Abschrift mit dem
stelle hat die Zustellung zu vermitteln, sofern Zahlungsbefehl zugestellt werden;
nicht der Gläubiger erklärt hat, selbst ein-en Ge- 3. bei Erlaß des Zahlungsbefehl& und des Voll-
richtsvollzieher mit der Zustellung beauftragen zu streckungsbefehls tst nicht zu prüfen, ob die
wollen. gewählte Prozeßart statthaft ist;
(2) Will der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle 4. beschränkt sich der Widerspruch auf den An-
dem Gesuch des Gläubigers nicht entsprechen, so trag, dem Beklagten die Ausführung seiner
hat er das Gesuch dem Gericht zur Entscheidung Rechte vorzubehalten, so ist der Voll-
vorzulegen. Gegen · den Beschluß des Gerichts, streckungsbefehl unter diesem Vorbehalt zu
durch den das Ges\lch zurückgewiesen wird, findet erlassen. Auf das weitere Verfahren ist die
sofortige Beschwerde statt. Vorschrift des§ 600 entsprechend anzuwenden;
§ 700 5. die Ladungsfrist beträgt mindestens drei Tage;
Der Vollstreckungsbefehl steht einem. für vor- sie entspricht der Einlassungsfrist, wenn diese
läufig vollstreckbar erklärten, auf Versäumnis er- kürzer ist.
lassenen Endurteil gleich; im Falle seines Erlasses
gilt der Anspruch als mit der Zustellung des Zah- Achtes Buch
lungsbefehls im Streitverfahren .echtsl;längig ge-
worden. Gegen den Vollstreckungsbefehl findet Zwangsvollstreckung
der Einspruch statt; die Vorschriften über den Euter Abschnitt
Einspruch gegen ein von dem Amtsgericht er-
Allgemeine Vorschriften
lassenes Versäumnisurteil gelten entsprechend.
Gehört der Anspruch nicht vor die Amtsgerichte, § 704
so findet eine Verweisung des Rechtsstreits an das (1) Die Zwangsvollstreckung findet statt aus End-
Landgericht nach § 697 nur statt, wenn das Amts- urteilen, die rechtskräftig oder für vorläufig voll-
gericht den Einspruch für zulässig erachtet. Das streckbar erklärt sind.
Landgericht ist an die Entscheidung des Amts- (2) Urteile in Ehesachen und in Rechtsstreitig-
gerichts, durch die der Einspruch zugelassen wird, keiten, welche die Feststellung des Rechtsverhäit-
gebunden. nisses zwischen Eltern und Kindern zum Gegen-
§ 701 stand haben, dürfen nicht für vorläufig vollstreck-
Wird in dem Falle, wenn Widerspruch nicht er- bar erklärt werden.
hoben ist, der Erlaß des Vollstreckungsbefehls § 705
nicht binnen einer sechsmonatigen Frist, die mit Die Rechtskraft der Urteile tritt vor Ablauf der
Ablauf der im Zahlungsbefehl bestimmten Frist be- für die Einlegung des zulässigen Rec~tsmittels oder
ginnt, nachgesucht, so verliert der Zahlungsbefehl des zulässigen Einspruchs bestimmten Frist nicht
seine Kraft. Dasselbe gilt, wenn der Erlaß des ein. Der Eintritt der Rechtskraft wird durch recht-
Vollstreckungsbefehls rechtzeitig nachgesucht ist, zeitige Einlegung des Rechtsmittels oder des Ein·
das GE:such aber zurückgewiesen wird. spruchs gehemmt.
§ 702 § 706
Das Gesuch um Erlaß eines Zahlungsbefehls (1) Zeugnisse über die Rechtskraft der Urteile
oder eines Vollstreckungsbefehls sowie die Er- sind auf Grund der Prozeßakten von der Geschäfts-
hebung eines Widerspruchs werden der andere·n stelle des Gerichts des ersten Rechtszuges und,
Partei abschriftlich nicht mitgeteilt; im Falle ihrer solange der Rechtsstreit in einem höheren Rechts-
mündlichen Anbringung ist die Aufnahme eines zuge anhängig ist, von der Geschäftsstelle des Ge-
Protokolls nicht erforderlich. richts dieses Rechtszuges zu erteilen.
§ 703 (2) Insoweit die Erteilung des Zeugnisses davon
abhängt, daß gegen das Urteil ein Rechtsmittel
Des Nachweises einer Vollmacht bedarf es nicht,
nicht eingelegt ist, genügt ein Zeugnis der Ge•
wenn für den Gläubiger der Erlaß eines Zahlungs- schäftsstelle des für das Rechtsmittel zuständigen
befehls nachgesucht oder für den Schuldner Wider- Gerichts, daß bis zum Ablauf der Notfrist eine
spruch gegen einen Zahlungsbefehl erhoben wird. Rechtsmittelschrift nicht eingereicht sei. Eines Zeug-
§ 703a nisses der Geschäftsstelle des Revisionsgerichts,
(1) Ist das Gesuch des Gläubigers auf den Erlaß daß eine R-evisionsschrift nach § 566 a nicht ein·
eines Urkunden- oder eine:, Wechsel-Zahlungs- gereicht sei, bedarf es nicht.
596 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
§ 707 Deutsche Mark nicht übersteigt; für den Wert
(1) Wird die Wiedereinsetzung in den vorigen des Gegenstandes gelten die Vorschriften der
Stand oder eine Wiederaufnahme des Verfahrens §§ 3 bis 9.
beantragt, so kann das Gericht auf Antrag an· § 710
ordnen, daß die Zwangsvollstreckung gegen oder Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach
ohne Sicherheitsleistung einstweilen eingeste\l.t zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreck-
werde oder nur gegen Sicherheitsleistung statt- bar zu erklären. Auf Antrag sind sie auch ohne
finde und daß die Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu
Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Die Ein- erklären, wenn glaubhaft gemacht wird, daß der
stellung der Zwangsvollstreckung ohne Sicherheits-· Gläubiger zur Sicherheitsleistung nicht in der_ Lage
leistung ist nur zulässig, wenn glaubhaft gemacht ist und daß die• Aussetzung der Vollstreckung ihm
wird, daß die Vollstreckung einen nicht zu er- einen schwer zu ersetzenden oder einen schwer zu
setzenden Nachteil bringen würde. ermittelnden Nachteil bringen würde.
(2) Die Entscheidung kann ohne müridliche Ver-
§ 711
handlung ergehen. Eine Anfechtung des Be-
schlusses findet nicht statt. (weggefallen)
§ 708 § 712
Auch ohne Antrag sind für vorläufig vollstreck- Wird glaubhaft gemacht, daß die Vollstreckung
bar zu erklären: c'es Urteils dem Schuldner einen nicht zu ersetzen-
!. Urteile, die auf G~und eines Anerkenntnisses den Nachteil bringen würde, so ist in den Fällen
eine Verurteilung aussprechen (§ 307); der §§ 708, 709, 710 Satz 1 auf Antrag des Schuld-
2. (weggefallen), ners auszusprechen, daß das Urteil nicht vorläufig
3. Versäumnisurteile; vollstreckbar sei; in den Fällen des § 710 Satz 2 ist
der Antrag des Gläubigers zurückzuweisen.
4. Urteile, cjie im Urkunden- oder Wechselprozeß
erlassen werden; - § 713
5. Urteile, durch die Arreste oder einstweilige (1) Das Gericht kann auf Antrag die vo-rläufige
Verfügungen aufgehoben werden, . Vollstreckbarkeit von einer Sicherheitsleistung ab-
6. Urteile, welche die Verpflichtung zur Entrich- hängig machen. Diese Vorschrift ist auf die im
tung von Alimenten oder zur Entrichtung einer § 708 Nr. 7 bezeichneten Urteile nicht anzuwenden_.
nach e!en §§ 843, 844 des Bürgerlichen Gesetz- (2) Das Gericht hat auf Antrag dem Schuldner
buchs geschuldeten Geldrente aussprechen, so- nachzul_assen, durch Sicherheitsl~istung oder durch
weit die Entrichtung für die Zeit nach der Er- Hinterlegung die Vollstreckung abzuwenden, wenn
hebung der Klage und für das der Erhebung nicht der Gläubiger sich erbietet, vor der Voll-
der Klage vorausgehende letzte Vierteljahr zu streckung Sicherheit zu leisten.
erfolgen hat;
§ 713 a
7. Urteile der Oberlandesgerichte in vermögens-
Die in den §§ 712 und 713 zugu;:isten des Schuld·
rechtlichen Streitigkeiten.
ners zugelassenen Anordnungen sollen nicht er-
§ 709 gehen, wenn die Voraussetzungen, unter denen ein
Urteile sind ferner ohne Anli-ag für vorläufig Rechtsmittel gegen das Urteil stattfindet, nach dem
vollstreckbar zu erklär c11. wenn sie betfeffen: Ermessen- des Gerichts unzweifelhaft nicht vor-
1. Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und liegen.
dem Mieter oderUnler111ieter von Wohnräumen § 714
oder anderen RJumen oder zwischen dem Die in den §§ 710 bis 713 erwähnten Anträge
Miete( und dem Untermieter solcher Räume sind vor dem Schluß der mündlichen Verband·
wegen U_berlassung, Benutzung oder Räumung Jung zu stellen, auf die das Urteil ergeht.
sowie w·ege.n Zurückhaltung der von dem
§ 715
Mieter oder dem Untermieter in die Miet-
räume eingebrachten Sachen; In den Fällen der §§ 710, 713 kann das Gericht,
2. Streitigkeiten zwischen Seeschiffern und ihren das die Sicherheitsleistung angeordnet odey zuge-
Arbeitgebern hin3ichtlich des Dienst- oder Ar- lass2n hat, auf Antr 1g die Rückgabe der von dem
beitsverhältnisses, sofern sie während der Gläubiger geleisteten Sicherheit anordnen, wenn
Dauer des Dienst- oder ArbcitsvPrhältnisses ein Zeugnis über die Rechtskraft des für vor!iiufig
entstehen; vollstreckbar erklärten Urteils vorgelegt wird. Die
3: Streitigkeiten zwischen Reisenden und Wirten,
Vorschriften des § 109 Abs. 3 gelten entsprechend.
Fuhrieuten, Schiffern. Flößern oder Auswande- § 716
rungsexpedienten in den Einschi!fungshäfen, Ist über die vorläufige Vollstreckbarkeit nicht
die über Wirtszechcn .. Fuhrlohn, Dberfahrls- entschieden, so sind wegen Ergänzung des Urteils
gelder, Beförderung clcr Reisenden und ihrer die Vorsehrillen des § 321 anzuwenden.
Habe und über deren. Verlust und Beschädi-
gung, sowie StreitigLc;len zwischen Reisenden § 717
und Handwerkern, die dLlS Anluß der Reisi, (1) Die vorläufige Vollstreckbarkeit tritt mit der
en tstande_n sind; · Verkündung eines Urteils, das die Entscheidung in
4. andere vennÜ\i cllsrechlliche -Ansprüche, sofern der Hauptsache oder die Vollstreckbarkeitserklä--
der Cegr~;,.,,uild der -Verurteilung an Geld-oder rung aufhebt oder abändert, insoweit außer Kraft,
Gelue',wcrl die Summe von fünfhundert als die Aufhebung oder Abänderung ergeht.
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, d-en 20. September 1950 597
(2) Wird ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes findet die Zwangsvollstreckung nur statt, wenn
Urteil aufgehoben oder abgeändert, so ist der Klä-· ihre_ Zulässigkeit ·durch ein Vollstreckungsurteil
ger zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem ausgesprochen ist.·
Beklagten durch die Vollstreckung des Urteils oder (2) Für die, Klage auf Erlaß des Urteils ist das
durch eine zur Abwendung der Vollstreckung ge- Amtsgericht oder Landgericht, bei dem der Schuld-
macht<e Leistung entstanden ist. Der Beklagte kann ner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, und
den Anspruch auf Schadensersatz in dem anhän- sonst das Amtsgericht oder Landgericht zuständig,
gigen Rechisstreit geltend machen: wird der An- bei deem nach § 23 gegen den Schuldner Klage er-
spruch geltend gemacht, so ist er als zur Zeit der hoben werden kann.
Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden an- § 723.
zusehen.
[!) Das Vollstreckungsurtpil ist ohne Prüfung der
(3) Die Vorschriften des Abs. 2 sind auf die im
Gesetzmäßigkeit der Entscheidung zu erlassen.
§ 708 Nr. 7 bezeichneten Urteile der Oberlandes-
gerichte, mit Ausnahme der Versäumnisurteile, (2) Das Vollstreckungsurteil ist erst zu erlassen,
nicht anzuwenden. Soweit ein solches Urteil auf- wenn das Urteil des ausländischen Gerichts nach
gehoben oder abgeändert wird, ist der Kläger auf dem für dieses Gericht geltenden Recht die Rechts-
Antrag des Beklagten zur Erstattung des von die- kraft erlangt hat. Es ist nicht zu erlassen, wenn
sem auf Grund des Urteils Gezahlten oder Gelei- die Anerkennung des Urteils nach § 328 ausge-
steten zu verurteiien. Die Ers.tattungspflicht des schlossen ist.
Klägers bestimmt sich nach den Vors::l:riften über § 724
die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereiche- (1) Die Zwangsvollstreckung wird auf Grund
rung. Wird der Antrag gestellt, so ist der An- einer mit der Vollstreckungsklausel versehenen
spruch auf Erstattung als zur Zeit der Zahlung ode_r Ausfertigung des Urteils (vollstreckbare Ausferti•
Leistung rechtshäng·g geworden anzusehen: die gun~) durchgeführt.
mit der Rechtshängigkeit· nach den Vorschriften (2) Die vollstreckbare Ausfertigung wird von
des bürgerlichen Rechts verbundenen Wirkungen dem. Urkundsbeamten der. Geschäftsstelle des Ge-
treten mit der Zahlung oder Leistung auch dann richts des ersten Rechtszuges und, wenn der Rech'.s-
ein, wenn der Antrag nicht gestellt wird. streit bei einem hö_heren Gericht anhängig ist,. von
§ 718 dem Urkundsbeam.ten der Geschäftsstelle dieses
(1) In der Berufungsinstanz ist über die vor- Gerichts erteilt. ·
läufige Vollstreckbarkeit auf Antrag vorab zu ver- § 725
handeln ünd zu entscheiden. Die Vollstreckungsklausel:
(2) Eine Anfechtung der in der Berufungsinstanz ,,Vorstehende Au'sfertigung wird dem usw.
über die vorläufige Vollstreckbarkeit erlassenen (Bezeichnung der Partei) zum Zwecke der
Enlscheidun,s findet nicht 'statt. Zwangsvollstreckung erteilt"
ist de·r Ausfertigung des Urteils am Schluß bei-
§ 719
.zufügen, von dem Urkundsb_eamten der -Geschäfts-
(1) Wird gegen ein für vorläufig vollstrcckb,r stelle zu unterschreiben und mit dem Gerichts-
erklärtes Urteil der Einspruch oder die Berufung siegel zu versehen.
eingelegt, so gelten die Vorschriften des § 707 ent-
§ 726
sprechend.
(2) Wird Revision gegen ein für vorläufig voll- · (1) Von Urteilen, deren Vollstreckung nach
streckbar erklärtes Urteil eingelegt, so · hat das ihrem Inhalt von dem durch den Gläubiger zu oe-
Revisionsgericht auf Antrag anzuordnen, daß die weisenden Eintritt einer anderen Tatsache als einer
Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt werde, dem Gläubiger obliegenden Sicherheitsleistung ab-
wenn glaubhaft gemacht' wird, daß die Voll- hängt, darf eine vollstreckbare Ausfertigung nur
streckung einen nicht zu ersetzenden Nachteil · erteilt werden, wenn der Beweis durch öffenlliche
bringen würde. oder öffentlich beglaubigte Urkunden geführt wird.
(3) Die Entscheidung kann ohne mündliche Ver- (2) Hängt die Vollstreckung von einer Zug um
handlung ergehen. Zug· zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an·
§ 720 den Schuldner ab, so ist der Beweis, daß der Schuld-
Ist nach § 713 Abs. 2 dem Schuldner nachgelas- ner befriedigt oder im Verzug der Annahme ist,
se.n, durch Sicherheitsleistung o·der durch Hinter- nur dann erforderlich, wenn die dem Schuldner
legung die. Vollstreckung abzuwenden, so ist ge- obliegende Leistung in der Abgabe einer Willens-
pfändetes Geld oder der Erlus gqifändcl<>r Gegen- erkJärnng bes\eht.
stände zu hinterlegen. § _727
§ 721 (1) Eine, vollstrcckbare Ausfertigung kann für ckci
Rechtsnachfolger des in dem Urteil bezeichneten
(1) Wird auf Räumung einer Wohnung erkannt,
Gläubigers sowie gegen denjenige1, Rechtsnac[1fol-
so kann das Gericht auf Antrag ckm Schuldner
ger des in dem Urteil bezeichneten Schuldners und
eine den Umständen nach angemessene Frist zur
denjenigen Besitzer der in Streit befangenen Sache,
Räumung gewähren.
gegen die das Urteil .nach § 325 wirksam ist, ertf'ilt
(2) Auf den Antrag sind die Vorschriften det
werden, sofern die Rechtsnachfolge oder. das Besitz-
§§ 714, 716 cntspn•chend anzuwenden.
verhältnis bei dem Gericht offenkundig ist oder
§ 722 durch ölfentliche orler öffentlich beglaubigte Ur-
(1) Aus dem Urteil eines ausländischen Gerichts kunden nachgewiesen wird.
598 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
(2) Ist die Rechtsnachfolge oder das Besitzver- weiteren Ausfertigung den Gegner in Kenntnis zu
hältnis bei dem Gericht offenkundig, so ist dies in setzen.
der Vollstreckungsklausel zu erwähnen. (3) Die weitere Ausfertigung ist als solche aus-
drücklich zu bezeichnen.
§ 728
([) Ist gegenüber dem Vorerben ein nach § 326 § 734
dem Nacherben gegenüber wirksames Urteil er- Vor der Aush;\ndigung einer vollstreckbaren
gangen, so sind auf die Erteilung einer vollstreck- Ausfertigung ist auf der Urschrift des Urteils zu
baren Ausfertigung für und gegen den Nacherben vermerken, für welche Partei und zu welcher Zeit
die Vorschriften des § 727 entsprechend anzu- die Ausfertigung erteilt ist.
wenden.
§ 735
(2) Das gleiche gilt, wenn gegenüber einem
Testamentsvollstrecker ein nach § 327 dem Erben Zur Zwangsvollstreckung in das Vermögen eines
gegenüber wirksames Urteil ergangen ist, für die nicht rechtsfähigen Vereins genügt ein gegen den
Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung für Verein ergangenes Urteil.
und gegen den Erben. Eine vollstreckbare Aus- § 736
fertigung kann gegen den Erben erteilt werden, Zur Zwangsvollstreckung in das · Gesellschafts-
auch wenn die Verwallung des Testamentsvoll- vermögen einer nach § 705 des Bürgerlichen Ge-
streckers noch besteht. setzbuchs eingegangenen Gesellschaft ist ein gegen
§ 729 alle Gesellschafter ergangenes Urteil erforderlich.
(1) Hat jemand das Vermögen eines anderen § 737
durch Vertrag mit diesem nach der rechtskräftigen (l) ßei dem Nießbrauch an einem Vermögen ist
Feststellung einer Schuld des anderen übernommen, wegen der vor der Bestellung des Nießbrauchs
so sind auf die Erteilung einer vollstreckbaren Aus- entstandenen Verbindlichkeiten des Bestellers die
fertigung des Urteils gegen den Ubernehmer die Zwangsvollstreckung in die dem Nießbrauch unter-
Vorschriften des § 727 entsprechend anzuwenden. liegenden Gegenstände ohne Rücksicht auf den
(2) Das gleiche gilt für die Erteilung einer voll- Nießbrauch zulässig, wenn der Besteller zu der
streckbaren Ausfertigung gegen denjenigen, der Leistung und der Nießbraucher zur Duldung der
ein unter Lebenden erworbenes Handelsgeschäft Zwangsvollstreckung verurteilt ist.
unter der bisherigen Firma fortführt, in Ansehung (2) Das gleiche gilt bei dem Nießbrauch an einer
der Verbindlichkeiten, für die er nach § 25 Abs. 1 Erbschaft für die Nachlaßverbindlichkeiten.
Satz 1, Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs haftet, sofern
§ 738
sie vor dem Erwerb des Geschäfts gegen den
früheren Inhaber rechtskräftig festgestellt worden (1) Ist die Bestellung des Nießbrauchs an einem
sind. Vermögen nach der rechtskräftigen FeststeIIung
§ 730 einer Schuld des Bestellers erfolgt, so sind auf die
Erteilung einer in Ansehung der dem Nießbrauch
In den Fällen des § 726 Abs. 1 und der §§ 727
unterliegenden Gegenstände vollstreckbaren Aus-
bis 729 kann der Schuldner vor der Erteilung der
fertigung des Urteils gegen den Nießbraucher dh
vollstreckbaren Ausfertigung gehört werden.
Vorschriften der §§ 727, 730 bis 732 entsprechf · .,
§ 731 anzuwenden.
Kann der nach dem § 726 Abs. 1 und den §§ 727 (2) Da~ gleiche gilt bei dem Nießbrauch an ein
bis 729 erforderliche Nachweis durch öffentliche Erbschaft für die Erteilung einer vollstreckbare
oder öffentlich beglaubigte Urkunden nicht ge- Ausfertigung des gegen den Erblasser ergangenen
führt werden, so hat der Gläubiger bei dem Pro- Urteils.
zeßgericht des ersten Rechtszuges aus dem Urteil §1739
auf Erteilung der Vollstreckungsklausel Klage zu Bei dem Güterstand der Verwaltung und Nutz-
erheben.
nießung, der Errungenschaftsgemeinschaft oder
§ 732
der Fahrnisgemeinschaft ist die Zwangsvollstrek-
(!) Uber Einwendungen des Schuldners, welche kung in das eingebrachte Gut der Ehefrau nur zu-
die Zulässigkeit der Vollstreckungsklausel be- lässig, wenn die Ehefrau zu der Leistung und der
treffe_n, entscheidet das Gericht, von dessen Ge- Ehemann zur Duldung der Zwangsvollstreckung in
schäftsstelle die Vollstreckungsklause! erteilt ist. das eingebrachte Gut verurteilt ist.
Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhand-
lung ergehen. § 740
(2) Das Gericht kann vor der Entscheidung eine Bei dem Güterstand der allgemeinen Güter-
einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbe- gemeinschaft, der Errungenschaftsgemeinschaft oder
sondere anordnen, daß die Zwangsvollstreckung der Fahrnisgemeinschaft ist zur Zwangsvollstrek-
gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen kung in das Gesamtgut ein gegen den Ehemann
einzustellen oder nur gegen Sicherheitsleistung ergangenes Urteil erforderlich und genügend.
fortzusetzen sei. § 741
§ 733 Betreibt die Ehefrau selbständig ein Erwerbs·
(!) Vor der Erteilung einer weiteren vollstreck- geschäft, so ist zur Zwangsvollstreckung in das ein•
baren Ausfertigung kann der Schuldner gehört gebrachte Gut und in das Gesamtgut ein gegen
werden, sofern nicht die zuerst erteilte Ausferti- die Ehefrau ergangenes Urteil genügend, es sei
gung zurückgegeben wird. denn, daß zur Zeit des Eintritts der Rechtshängig-
(2) Die Geschäftsstelle hat von der Erteilung der keit der Einspruch des Ehemannes gegen den Be-
Nr. 40 -- Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 599
trieb des Erwerbsgeschäfts oder der Widerruf ·(2) Steht dem Testamentsvollstrecker nur die
seiner Einwilligung zu dem Betrieb im Güter- Verwaltung einzelner Nachlaßgegenstände zu, so
rechtsregister eingetragen war. ist die Zwangsvollst,eckung in diese Gegenstände
§ 742 nur zulä$sig, wenn der Erbe zu der Leistung, der
(1) Ist der G,iterstand der Verwaltung und Nutz- Testamentsvollstrecker zur Duldung der Zwangs•
nießung, der Errungenschaftsgemeinschalt oder der vollstreckung verurteilt ist.
Fahrnisgemeinschaft erst eingetreten, nachdem ein (3) Zur Zwangsvollstreckung wegen eines Pflicht-
von der Ehefrau oder gegen sie geführter Rechts- teilsanspruchs ist im Falle des Abs. 1 wie im Falle
streit rcchtshängig geworden ist, so sind auf die Er- des Abs. 2 ein sowohl gegen den Erben als gegen
den Testamentsvollstrecker ergangenes Urteil er-
teilung einer in Ansehung des eingebrachten Gutes
der Ehefrau vollstreckbaren Ausfertigung des forderlich.
Urteils für oder gegen den Ehemann die Vor- § 749
schriften der §§ 727, 730 bis 732 entsprechend an- Auf die Erteilung einer vollstreckbaren Ausferti-
zuwenden. gung eines für oder gegen den Erblasser ergangenen
(2) Das gleiche gill für die Erteilung einer in An- Urteils für oder gegen den Testamentsvollstrecker
sehung des Gesamtguts vollstreckbaren Ausferti- sind die Vorschriften der §§ 727, 730 bis 732 ent-
gung, wenn die allgemeine Gütergemeinschaft oder sprechend anzuwenden. Auf Grund einer solchen
die Fahrnisgemeinschaft erst eingetreten ist, nach- Ausfertigung ist die Zwangsvollstreckung nur in
dem ein von der Ehefrau oder gegen sie geführter die der Verwaltung des Testamentsvollstreckers
Rechtsstreit rcchlshängig geworden ist. unterliegenden Nachlaßgegenstände zulässig.
§ 743 § 750
Nach der Beendigung der allgemeinen Güter- (1) Die Zwangsvollstreckung darf nur beginnen,
gemeinschaft, der Errungenschaftsgemeinschaft we·nn die Personen, für und gegen die sie statt-
oder der Fahrnisgemeinschaft ist vor der Ausein- finden soll, in dem Urteil oder in der ihm bei-
andersetzung die Zwangsvollstreckung in das Ge- gefügten Vollstreckungsklausel namentlich be-
samtgut nur zulässig, wenn beide Ehegatten zu der zeichnet sind und das !]rteil bereits zugestellt ist
Leistung oder der eme Ehegatte zu der Leistung oder gleichzeitig zugestellt wird.
und der andere zur Duldung der Zwangsvoll- (2) Handelt es sich um die Vollstreckung eines
streckung verurteilt sind. Urteils, dessen vollstreckbare Ausfertigung nach
§ 726 Abs. 1 erteilt worden ist, otler soll ein Urteil,
§ 744
das nach den §§ 7.27 bis 729, 738, 742, 744, dem
Ist die Beendigung der allgemeinen Gütergemein-
§ 745 Abs. 2 und dem § 749 für oder gegen eine
schaft, der Errungenschaftsgemeinschaft oder der
der dort bezeichneten Personen wirksam ist, für
Fahrnisgemeinschaft nach der Beendigung eines
oder gegen eine dieser Personen vollstreckt werden,
Rechtsstreits des Ehemannes eingetreten, so sind auf
so muß außer dem zu vollstreckenden Urteil auch
die Erteilung einer in Ansehung des Gesamtguts
die ihm beigefügte Vollstreckungsklausel und, so-
vollstreckbaren Ausfertigung des Urteils gegen die
fern die Vollstreckungsklausel auf Grund öffent-
Ehefrau die Vorschriften der §§ 727, 730 bis 732
licher oder öffentlich beglaubigter. Urkunden er-
entsprechend anzuwenden.
teilt ist, auch eine Abschrift dieser Urkunden vor
y 745 Beginn der Zwangsvollstreckung zugestellt sein
(1) Im Falle der fortgesetzten Gütergemeinschaft oder gleichzeitig mit ihrem Beginn zugestellt
ist zur Zwangsvollstreckung in dac Gesamtgut ein werden.
gegen den überlebenden Ehegatten ergangenes Ur- § 751
teil erforderlich und genügend. (1) Ist die Geltendmachung des Anspruchs von
(2) Nach der Beendigung der fortgesetzten Güter- dem Eintritt eines Kalendertages abhängig, so darf
gemeinschaft gelten die Vorschriften der §§ 743, di2 Zwangsvollstreckung nur beginnen, wenn der
744 mit der Maßgabe, daß an die Stelle des Ehe- Kdendertag abgelaufen ist.
mannes der überlebende Ehegatte, an die Stelle der (2) Hängt die Vollstreckung von einer dem Gläu-
Ehefrau die anteilsberechtigten Abkömmlinge biger obliegenden Sicherheitsleistung ab, so darf
treten. mit der Zwangsvollstreckung nur begonnen werden,
§ 746 wenn die Sicherheitsleistung durch eine öffentliche
Zur Zwangsvollstreckung in das der elterlichen oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen
Nutznießung unterliegende Vermögen des Kindes und eine Abschrift dieser Urkunde bereits zuge-
ist ein gegen das Kind ergangenes Urteil genügend. stellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird.
§ 747 § 752
Zur Zwangsvollstreckung in einen Nachlaß ist, (weggefallen)
wenn mehrere Erben vorhanden sind, bis zur T<ei-
§ 753
lung ein gegen alle Erben ergangenes Urteil er-
forderlich. (1) Die Zwangsvollstreckung wird, soweit sie
§ 748 nic;it den Gerichten zugewiese·i. ist, durch Gerichts-
(1) Unterliegt ein Nachlaß der Verwaltung eines vollzieher durchgeffhrt, die sie im Auftrag des
Testamentsvollstreckers, so ist zur Zwangsvoll- Gläubigers zu bewirken haben.
streckung in den Nachlaß ein gegen den Testa- (2) Der Gläubiger kann wegen Erteilung des Auf-
mentsvollstrecker ergangenes Urteil erforderlich trags zur Zwangsvollstreckung die Mltwirkung der
und genügend. Geschäftsstelle in Anspruch nehmen. J)er von der
600 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
Geschäflsslelle beauftragte Gerichtsvollzieher gilt § 760
als von dem Gläubiger beauftragt. Jeder Person, die bei dem Vollstreckungsver,
§ 754 fahren beteiligt ist, muß auf Begehren Einsicht der
Akten des Gerichtsvollziehers gestattet und Ab-
In dem schriftlichen oder mündlichen Auftrag
schrift einzelner Aktenstücke erteilt werden.
zur Lwangsvollstreckung in Verbindung mit der
Ubergabe der vollstreckbaren Ausfertigung liegt § 761
die Beauftragung des Gerichtsvollziehers, die Zah- (!) Zur Nachtzeit (§ 188 Abs. 1) sowie an Sonn-
lungen oder sonstigen Leistungen in Empfang zu tagen und allgemeinen Feiertagen darf eine Voll·
nehmen. über das Empfangene wirksam zu quittie- streckungshandlung nur mit Erlaubnis des Amts·
ren unJ dem Schuldner, wenn dieser SC'iner Ver- richters erfolgen, in dessen Bezirk die Handlung
bindlichkeit genügt hat, die vollstreckbare Aus- vorgenommen werden -soll.
fertigung auszuliefern. (2) Die Verfügung, durch welche die Erlaubnis
§ 755 erteilt wird, ist bei der Zwangsvollstreckung vor-
zuzeigen.
Dem Schuldner und Dritten gegenüber wird der
§ 762
Gerichtsvollzieher zur Vornahme der Zwangsvoll-
streckung und der im § 754 bezeichneten Hand- (1) Der Gerichtsvollzieher hat über jede Voll-
lungen durch den Besitz der vollstreckbaren Aus- streckungshandlung ein Protokoll aufzunehmen.
fertigung ermächtigt. Der Mangel oder die Be- (2) Das Protokoll muß enthalten:
schränkung des Auftrags kann diesen Personen 1. Ort und Zeit der Aufnahme,
gegenüber von dem Gläubiger nicht geltend ge- 2. den Gegenstand der Vollstreckungshandlung
macht werden. unter kurzer Erwähnung der wesentlichen
§ 756 Vorgänge;
Hängt die Vollstreckung von einer Zug um Zug 3. die Namen der Personen, mit denen verhan-
zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den delt ist;
Schuldner ab, so darf der Gerichtsvollzieher die 4. die Unterschrift dieser Personen und den Ver-
Zwangsvollstreckung nicht beginnen, bevor er dem merk, daß die Unterzeichnung nach Vorlesung
Schuldner die diesem gebührende Leistung in einer oder Vorlegung zur Durchsicht und nach Ge-
den Verzug der Annahme begründenden Weise an- nehmigung erfolgt sei;
geboten hat, sofern nicht der Beweis, daß der 5. die Unterschrift des Gerichtsvollziehers.
Schuldner befriedigt oder im Verzug der An- (3) Hat einem der unter Nr. 4 bezeichneten Er-·
nahme ist, durch öffentliche oder öffent.Jich be- fordernisse nicht genügt werden können, so ist der
glaubigte Urkunden geführt wird und eine Ab- Grund anzugeben.
schrifl dieser Urkund,en bereits zugestellt ist oder § 763
gleichzeitig zugestellt wird. (!) Die Aufforderungen und sonstigen Mitteilun-
§ 757 gen, die zu den Vollstreckungshandlungen gehören,
sind von dem Gerichtsvollzieher mündlich zu er•
(1) Der Gerichtsvollzieher hat nach Empfang der
lassen und vollständig in das Protokoll aufzu•
Leistungen dem Schuldner die vollstreckbare Aus- nehmen.
fertigung nebst einer Quittung auszuliefern, bei (2) Kann dies mündlich nicht ausgeführt werden,
teilweiser Leistung diese auf der vollstreckbaren so hat der Gerichtsvollzieher eine Abschrift des
Ausfertigung zu vermerken und dem Schuldner Protokolls unter entsprechender Anwendung der
Quittung zu erteilen.
§§ 181 bis 186 .zuzustellen oder durch die Post
(2) Das Recht des Schuld1v,1s, nachträglich eine zu übersenden. Es muß im Protokoll vermerkt
Quittung des Gläubigers selbst zu fordern, wird werden, daß diese Vorschrift befolgt ist. Eine
durch diese Vorschriften. nicht berührt. öffentliche Zustellung findet nicht statt.
§ 758
§ 764
(1) Der Gerichtsvollzieher ist befugt, die Woh,
(1) Die den Gerichten zugewiesene Anordnung
nung und die Behältnisse des Schuldners zu durch-
von Vollstreckungshandlungen und Mitwirkun~
suchen, soweit der Zweck der Vollstreckung dies
bei solchen gehört zur Zuständigkeit der Amts•
erfordert.
gerichte als Vollstreckungsgerichte.
(2) Er ist befugt, die verschlossenen Haustüren,
(2) Als Vollstreckungsgericht ist, sofern nicht das
Zimmertüren und Behältnisse öffnen zu lassen.
Gesetz ein anderes Amtsgericht bezeichnet, das
(3) Er ist, wenn er Widerstand findet, zur An-
Amtsgericht anzusehen, in dessen Bezirk das Voll•
wendung von Gewalt befugt und kann zu diesem
streckungsverfahren stattfinden soll oder statt-
Zwecke die Unterstützung der polizeilichen Voll-
gefunden hat.
zugsorgane nachsuchen.
(3) Die Entscheidungen des Vollstreckungs•
§ 759 gerichts können ohne mündliche Verhandlung er-
Wird bei einer Vollstreckungshandlung Wider- gehen.
stand geleistet oder ist bei einer in der \'lohnung § 765
des Schuldners vorzunehmenden Vollstreckung,- Hängt die Vollstreckung von einer Zug um Zug
handlung weder der Schuldner noch eine zu seiner zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den
Familie gehörige oder in dieser Familie dienende Schuldner ab, so darf das Vollstreckungsgericht
erwachsene Person anwesend, so hat der Gerichts- eine Vollstreckungsmaßregel nur anordnen, wenn
vollzieher zwei erwachsene Personen oder einen der Beweis, daß der Schuldner befriedigt oder im
Gemeinde- oder Polizeibeamten als Zeugen zuzu- Verzug der Annahme ist, durch öffentliche oder
ziehen. öffentlich beglaubigte Urkunden geführt wird und
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 601
eine Abschrift dieser Urkunden bereits zugestellt § 770
ist. Der Zustellung bedarf es nicht, wenn bereit~ bas Prozeßgericht kann in dem Urteil, durch das
der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung über die Einwendungen entschieden wird, die in
nach § 756 begonnen hatte und der Beweis durch dem vorstehenden Paragraphen bezeichneten An-
das Protokoll des Gerichtsvollziehers geführt wird. ordnungen erlassen oder die bereits erlassenen An-
§ 766 ordnungen aufheben, abändern oder bestätigen. Für
(1) Uber Anträge, Einwendungen und Erinnerun- die Anfechtung einer solchen Entscheidung gelten
gen, welche die Art und Weise der Zwangsvoil- die Vorschriften des § 718 entsprechend.
streckung oder das vom Gerichtsvollzieher bei ihr § 771
zu beobachtende Verfahren betreffen, entscheidet (1) Behauptet ein Dritter, daß ihm an dem Gegen-
das Vollstreckungsgericht. Es ist befugt, die im stand der Zwangsvollstreckung ein die Veräuße·
§ 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen. rung hinderndes Recht zus-tehe, so ist der Wider-
(2) Dem Vollstreckungsgericht steht auch die spruch gegen die Zwangsvollstreckung im Wege
Entscheidung zu, wenn ein Gerichtsvollzieher sich der Klage bei dem Gericht geltend zu machen, in
weigert, einen Vollstreckungsauftrag zu überneh- dessen Bezirk die Zwangsvollstreckung erfolgt.
men oder eine Vollstreckungshandlung dem Auf- (2) Wird die Klage gegen den Gläul:iiger und den
trag gemäß auszuführen, oder wenn wegen der von Schuldner gerichtet, so sind diese als Streitgenossen
dem Gerichtsvollzieher in Ansatz gebrachten anzusehen.
Kosten Erinnerungen erhoben werden.
(3) Auf die Einstellung der Zwangsvollstreckung
§ 767 und die Aufhebung der bereits, getroffenen Voll-
(1) Einwendungen, die den durch das Urteil fest· streckungsmaßregeln sind die Vorschriften der
gestelllen Anspruch selbst betreffen, sind von dem §§ 769, 770 entsprechend anzuwenden. Die Auf-
Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozeß- hebung einer Vollstreckungsmaßregel ist auch
gericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen. ohne Sicherheitsleistung zulässig.
(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe,
§ 772
auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluß der
mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen Solange ein Veräußerungsverbot der in den
nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens §§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeich-
hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden neten Art besteht, soll der Gegenstand, auf den es
sind und durch Einspruch nicht mehr geltend ge- sich bezieht, wegen eines persönlichen Anspruchs
macht werden können. oder auf Grund eines infolge des Verbots unwirk-
(3) Der Schuldner muß in der von ihm zu er- samen Rechtes nicht im Wege der Zwangsvoll-
hebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, streckung veräußert oder überwiesen werden. Auf
die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu Grund des Veräußerungsverbots kann nach Maß-
machen imstande war. gabe des § 771 Widerspruch erhoben werden.
§ 768 § 773
Die Vorschriften des § 767 Abs. 1, 3 gelten ent- Ein Gegenstand, der zu einer Vorerbschaft ge-
sprechend, wenn in den Fällen des § 726 Abs. 1, hört, soll nicht im Wege der Zwangsvollstreckung
der §§ 727 bis 729, 738, 742, 744, des § 745 Abs. 2 veräußert oder überwiesen werden, wenn die Ver-
und des § 749 der Schuldner den bei der Erteilung äußerung oder die Uberweisung im Falle des Ein-
der Vollstreckungsklausel als bewiesen angenom- tritts der Nacherbfolge nach§ 2115 des Bürgerlichen
menen Eintritt der Voraussetzung für die Erteilung Gesetzbuchs dem Nacherben gegenüber unwirksam
der Vollstreckungsklausel bestreitet, unbeschadet ist. Der Nacherbe kann nach Maßgabe des § 771
der Befugnis des Schuldners, in diesen Fällen Ein- Widerspruch erheben.
wendungen gegen die Zulässigkeit der Voll· § 774
streckungsklausel nach § 732 zu erheben. Findet nach § 741 die Zwangsvollstreckung in
§ 769 das eingebrachte Gut der Ehefrau oder in das Ge-
(1) Das Prozeßgericht kann auf Antrag anordnen, samtgut statt, so kann der Ehemann nach Maßgabe
daß bis zum Erlaß des Urteils über die in den §§ 767, des § 771 Widerspruch erheben, wenn das gegen
768 bezeichneten Einwendungen die Zwangsvoll- die Ehefrau ergangene Urteil in Ansehung des ein-
streckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung ein- gebrachten Gutes oder des Gesamtguts ihm gegen-
gestellt oder nur gegen Sicherheitsleistung fort- über unwirksam ist.
gesetzt werde und daß Vollstreckungsmaßregeln § 775
gegen Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Die Die Zwangsvollstreckung ist einzustellen oder zu
tatsächlichen Behauptungen, die den Antrag be- beschränken:
gründen, sind glaubhaft zu machen. 1. wenn die Ausfertigung einer vollstreckbaren
(2) In dringenden Fällen kann das Vollstreckungs- Entscheidung vorgelegt wird, aus der sich er-
gericht eine solche Anordnung erlassen, unter Be- gibt, daß das zu vollstreckende Urteil oder
stimmung einer Frist, innerhalb der die Entschei· s€ine vorläufige Vollstreckbarkeit aufgehoben
dung des Prozeßgerichts beizubringen sei. Nach oder daß die Zwangsvollstreckung für unzu-
fruchtlosem Ablauf der Frist wird die Zwangs.voll- lässig erklärt oder ihre Einstellung angeordnet
streckung fortgesetzt. ist;
(3) Die Entscheidung über diese Anträge kann 2. wenn die Ausfertigung einer gerichtlichen Ent·
ohne mündliche Verhandlung ergehen. scheidung vorgelegt wird, aus der sich ergibt,
602 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
daß die einstweilige Einstellung der Voll- (2) Der Vorbehalt ist nicht erforderlich, wenn der
streckung oder einer Vollstreckungsmaßregel Fiskus als gesetzlicher Erbe verurteilt wird oder
angeordnet ist; wenn das Urteil über eine Nachlaßverbindlichkeit
3. wenn eine öffentliche Urkunde vorgelegt wird, gegen einen Nachlaßverwalter oder einen anderen
aus der sich ergibt, daß die zur Abwendung Nachlaßpfleger oder gegen einen Testamentsvoll-
der Vollstreckung ·nachgelassene Sicherheits- strecker, dem die Verwaltung des Nachlasses zu-
leistung oder Hinterlegung erfolgt ist; steht, erlassen wird.
4. wenn eine :\flentliche Urkunde oder eine von § 781
dem Gläubiger ausgestellte Privaturkunde Bei der Zwangsvollstreckung gegen den Erben
vorgelegt wird, aus der sich ergibt, daß der des Schuldners bleibt die Beschränkung der Haftung
Gläubiger nach Erlaß des zu vollstreckenden unberück5ichtigt, bis auf Grund derselben gegen
Urteils befriedigt ist oder Stundung bewilligt die Zwangsvollstreckung von dem Erben Einwen•
hat; clungen erhoben werden.
5. wenn ein Postschein vorgelegt wird, aus dem § 782
sich ergibt, daß nach Erlaß des Urteils die
Der Erbe kann auf Grund der ihm nach den
zur Befriedigung des Gläubigers erforderliche
§§ 2014, 2015 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu-
Summe zur Auszahlung an den letzteren bei stehenden Einreden nur verlangen, daß die Zwangs-
der Post eingezahlt isl.
vollstreckung für die Dauer der dort bestimmten
§ 776 Fristen auf solche Maßregeln beschränkt wird, die
In den fällen des § 775 Nr. 1, 3 sind zugleich die zur Vollziehung eines Arrestes zulässig sind. Wird
bereits getroffenen Vollstreckungsmaßregeln aufzu- vor dem Ablauf der Frist die Eröffnung des Nach-
heben. In den Fällen der Nr. 4, 5 bleiben diese Maß- lc1ßkonkurses beantragt, so ist auf Antrag die Be-
regeln einstweilen bestehen; dasselbe gilt in den schränkung der Zwangsvollstreckung auch nach
Fällen der Nr. 2, sofern nicht durch die Entschei· dem Ablauf der Frist aufrechtzuerhalten, bis über
dung auch die Aufhebung der bisherigen Voll- die 'Eröffnung des Konkursverfahrens rechtskräftig
streckungshandlungen angeordnet ist. entschieden ist.
§ 777 § 783
Hat der Gläubiger eine bewegliche Sache des In Ansehung der Nachlaßgegenstände kann der
Schuldners im Besitz, in Ansehung deren ihm ein Erbe die Beschränkung der Zwancsvollstreckung
Pfandrecht oder ein Zurückbehall.ungsrecht für seine nach § 782 auch gegenüber den Gläubigern ver·
Forderung zusteht, so kann der Schuldner der langen, die nicht Nachlaßgläubiger sind, es sei
Zwangsvollstreckung in sein übriges Vermögen denn, daß er für die Nachlaßverbinrllichkeiten un-
nach § 766 widersprechen, soweit die Forderung beschränkt haftet.
durch den Wert der Sache gedeckt ist. Steht dem § 784
Gläubiger ein solches Recht in Ansehung der Sache (1) Ist eine Nachlaßverwaltung angeordnet oder
auch für eine andere Forderung zu, so ist der der Nachlaßkonkurs eröffnet, so kann der Erbe
Widerspruch nur zulässig, wenn auch diese Forde• verlangen, daß Maßregeln der Zwangsvollstreckung,
rung durch den Wert der Sache gedeckt ist. die zugunsten eines Nachlaßgläubigers in sein
§ 778 nicht zum Nachlaß gehörendes Vermögen erfolgt
(1) Solange der Erbe die Erbschaft nicht ange- sind, aufgehoben werden, es sei denn, daß er für
nommen hat, ist eine Zwangsvollstreckung wegen die Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt haftet.
eines Anspruchs, der sich gegen den Nach Li;, (2) Im Falle der Nachlaßverwaltung steht dem
richtet, nur in den Nachlaß zulässig. Nachlaßverwalter das gleiche Recht gegenüber
(2) Wegen eigener Verbindlichkeiten des Erben Maßregeln der Zwangsvollstreckung zu, die zu-
ist eine Zwangsvollstreckung in den Nachlaß vor gunsten eines anderen Gläubigers als eines· Nach-
der Annahme der Erbschaft nicht zulässig. laßgläubigers in den Nachlaß erfolgt sind.
§ 779 § 785
(1) Eine Zwangsvollstreckung, die zur Zeit des Die auf Grund der §§ 781 bis 784 erhobenen Ein•
Todes des Schuldners gegen ihn bereits begonnen wendungen werden nach den Vorschriften der
hatte, wird in seinen Nachlaß fortgesetzt. §§ 767, 769, 770 erledigt.
(2) Ist bei einer Vollstreckungshandlung die Zu-
ziehung des Schuldners nötig, so hat, wenn die Erb- § 786
schaft noch nicht angenommen oder wenn der Erbe Die Vorschriften des § 780 Abs. 1 unj der §§ 781
unbekannt oder es ungewiß ist, ob er die Erbschaft bis 785 sind auf die nach § 1489 des Bürgerlichen
angenommen .hat, das Vollstreckungsgericht auf Gesetzbuchs eintretende beschränkte Haftung, die
Antrag des Gläubigers dem Erben einen einst- Vors_:hriften des § 780 Abs. 1 und der §§ 781, 785
weiligen besonderen Vertreter zu bestellen. Die Be- sind auf die nach den §§ 419, 1480, 1504, 2187
stellung hat zu unterbleiben. wenn ein Nachlaß- des Bürgerlichen Gesetzbuchs eintretende be-
pfleger bestellt ist oder wenn die Verwaltung des schränkte Haftung entsprechend anzuwenden.
Nachlasses einem Testamentsvollstrecker zustf'ht. § 787
§ 780 (1) So11 durch die ZwangsvollstreckunJ ein Recht
(1) Der als Erbe des Schuldners verurteilte Be- an einem Grunds,ück, das von dem bish'erigen
klagte kann die Besch1änkung seiner l·foftung nur Eigentümer nach § 928 des Bürgerlichen Gesetz-
geltend machen, wenn sie ihm im Urteil vorbe- buchs aufgegeben und von dem Aneignungsberech-
halten ist. liglen noch nicht erworben word2n ist, geltend
Nr. 40 -- Tag der Ausgabe: Bonn, d-en 20. September 1950 603
gemacht werden, so hat das Vollstreckungsgericht richt oder vor einer durch die Landesjustiz·
au' Antrag einen Vertreter zu bestellen, dem bis verwaltung eingerichteten oder anerkannten
zt.1 Eintragung eines neuen Eigentümers die Wahr- Gütestelle abgeschlossen sind, sowie aus Ver-
nehmung der sich aus dem Eigentum ergebenden gleichen, die gemäß § 118 a Abs. 3 zu richter•
Rechte und Verpflichtungen im Zwangsvollstrek- lichem Protokoll genommen sind;
kungsverfahren obliegt. 2. aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen;
(2) Abs. l gilt entsprechend, wenn durch die
3. aus Entscheidungen, gegen die das Rechts-
Zwangsvollstreckung ein Recht an einem einge-
mittel der Beschwerde stattfindet;
tragenen Schiff oder Schiffsbauwerk geltend ge-
macht werden soll, das von dem bishuigen Eigen- 4. aus Vollstreckungsbefehlen;
tümer nach § 7 des Gesetzes über Rechte an ~in- 4a. aus den für vollstreckbar erklärten Schieds-
gelragenen Schiffen und Schiffsbauwerken vom sprüchen und schiedsrichterlichen Vergleichen,
15. November 1940 (Reichsgesetzbl. I S. 1499) auf- sofern die Entscheidung über die Vollstreck-
gegeben und von dem Aneignungsberechtigten barkeit rechtskräftig oder für vorläufig voll·
noch nicht erworben worden ist. streckbar erklärt ist;
5. aus Urkunden, die von einem deutschen Ge-
§ 788
richt oder von einem deutschen· Notar inner-
(1) Die Kosten der Zwangsvollstreckung fallen, halb der Grenzen seiner Amtsbefugnisse in der
soweit sie notwendig waren (§ 91). dem Schuldner vorgeschriebenen Form aufgenommen sind,
zur Last: sie sind zugleich mit dem zur Zwangsvoll- sofern die Urkunde über einen Anspruch er-
streckung stehenden Anspruch beizutreiben. Als richtet ist, der die Zahlung einer bestimmten
Kosten der Zwangsvollstreckung gelten auch die Geldsumme oder die Leistung einer bestimm-
Kosten der Ausfertigung und der Zustellung des ten Menge and-erer vertretbarer Sachen oder
Urteils. Wertpapiere zum Gegenstand hat, und der
(2) Die Kosten der Zwangsvollstreckung sind dem Schuldner sich in der Urkunde der sofortigen
Schuldner zu erstatten, wenn das Urteil, aus dem Zwangsvollstreckung unterw_orfen hat. Als ein
die Zwangsvollstreckung erfolgt ist, aufgehoben Anspruch, der die Zahlung einer Geldsumme
wird. zum Gegenstand hat, gilt auch der Anspruch
§ 789 aus einer Hypothek, einer Grundschuld, einer
Wird zum Zwecke der Vollstreckung das Ein- Rentenschuld oder einer Schiffshypothek.
schreiten einer Behörde erforderlich, so hat das (2) Soweit nach den Vorschriften der § § 737, 739,
Gericht die Behörde um ihr Einschreiten zu er- 743, des § 745 Abs. 2 und des § 748 Abs. 2 die Ver-
suchen. urteilung eines Beteiligten zur Duldung der Zwangs-
§ 790 vollstreckung erforderlich ist, wird sie dadurch er-
(weggefallen) setzt, daß der Beteiligte in einer nach Abs, 1 Nr. 5
aufgenommenen Urkunde die sofortige Zwangsvoll-
§ 791 streckung in die seinem Rechte unterworfenen
(1) Soll die Zwangsvollstreckung in einem aus- Gegenstände bewilligt.
ländischen Staate erfolgen, dessen Behörden im § 795
Wege der Rechtshilfe die Urteile deutscher Ge-
Auf die Zwangsvollstreckung aus den in dem vor-
richte vollstrecken, so hat auf Antrag des Gläu-
stehenden Paragraphen erwähnten Schuldtiteln sind
bigers das Prozeßgericht des ersten Rechtszuges
die Vorschriften der §§ 724 bis 793 entsprechend
die zuständige Behörde des Auslandes um die
a.nzuwenden, soweit nicht in den §§ 795 a bis 800
Zwangsvollstreckung zu ersuchen.
abweichende Vorschriften enthalten sind.
(2) Kann die Vollstreckung durch einen Bundes-
konsul erfolgen, so ist das Ersuchen an diesen zu § 795 a
richten. Die Zwangsvollstreckung aus einem Kostenfest-
§ 792 setzungsbcschlusse, der nach § 105 auf das Urteil
Bedarf der Gläubiger zum Zwecke der Zwangs- gesetzt ist, erfolgt auf Grund einer vollstreckbo.ren
vollstreckung eines Erbscheins oder einer anderen Ausfertigung des Urteils; einer besonderen Voll-
Urkunde, die dem Schuldn~r auf Antrag von einer streckungsklausel für den Festsetzungsbeschluß be-
Behörde, einem Beamten oder einem Notar zu er- darf es nicht.
§ 706
teilen ist, so kann er die Erteilung an Stelle des
Schuldners verlangen. (1) Vollstreckungsbefehle bedürfen der Voll-
streckungsklausel nur, wenn die Zwangsvoll-
§ 793 streckung für einen anderen als den in dem Be-
Gegen Entscheidungen, die im Zwangsvoll- fehl bezeichneten Gläubiger oder gegen einen a,1•
streckungsverfahren ohne mündliche Verhandlung deren als den in dem Befehl bezeichneten Schuidner
ergehen können, findet sofortige Beschwerde statt. erfolgen soll.
(2) Einwendungen, die den Anspruch selbst be-
§ 794
treffen, sind nur insoweit zulässig, als die Gründe,
(1) Die Zwangsvollstreckung findet ferner statt: auf denen sie beruhen, nach Zustellung des Voll-
1. aus Vergleichen, die zwischen den Parteien streckungsbefehls entstanden sind.
oder zwischen einer Partei und einem Dritten (3) Für Klagen auf Erteilung der Vollstreckungs-
zur Beilegung des Rechts$treits seinem ganzen klausel sowie für Klagen, durch welche die den
Umfang nach orler in betreff eines Teiles des Anspruch selbst betreffenden Einwendungen gel-
Streitgegenstandes vor einem deutschen Ge- tend gemacht werden oder der bei der Erteilung
604 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
der Vollstreckungsklausel als bewiesen angenom- Schuldtitel mindestens eine Woche vorher zuge-
mene Eintritt der Voraussetzung für die Erteilung stellt ist.
der Vollstreckungsklausel bestritten wird, ist das § 799
Amtsgericht zuständig, dessen Geschäftsstelle den
Hat sich der Eigentümer eines mit einer Hypo-
Vollstreckungsbefehl erlass<'n hat. Gehört der An-
thek, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld
spruch nicht vor die Amtsgerichte, so sind die
belasteten Grundstücks in eine·r nach § 794 Abs. 1
Klagen bei dem zuständigen Landgericht zu erheben.
Nr. 5 aufgenommenen Urkunde der sofortigen
§ 797 Zwangsvollstreckung unterworfen und i,st dem
(1) Die vollstreckbare Ausfertigung gerichtlicher Rechtsnachfolger des Gläubigers eine vollstreckbare
Urkunden wird von dem Urkundsbeamten der Ge- Ausfertigung erteilt, so ist die Zustellung der die
schäftsstelle des Gerichts erteilt, das die Urkunde Rechtsnachfolge nachweisenden öffentlichen oder
verwahrt. öffentlich beglaubigten Urkunde nicht erforderlich,
(2) Die vollstreckbare Ausfertigung notarieller wenn der Rechtsnachfolger als Gläubiger im
Urkunden wird von dem Notar erteilt, der die Ur- Grundbuch eingetragen ist.
kunde verwahrt. Befindet sich die Urkunde in der § 800
Verwahrung einer Behörde, so hat diese die voll-
streckbare Ausfertigung zu erteilen. (!) Der Eigentümer kann sich in einer nach § 794
(:l) Die Entscheidung über Einwendungen, welche Abs. 1 Nr. 5 aufgenommenen Urkunde in Ansehung
die Zulässigkeit der Vollstreckungsklausel be- einer Hypothek, einer Grundschuld oder einer Ren-
treffen, sowie die Entscheidung über Erteilung einer tenschuld der sofortigen Zwangsvollstreckung in der
weiteren vollstreckbaren Ausfertigung wird bei Weise unterwerfen, daß die Zwangsvollstreckung
gerichtlichen Urkunden von dem im ersten Absatz aus der Urkunde gegen den jeweiligen Eigen-
bezeichneten Gericht, bei notariellen Urkunden von tümer des Grundstücks zulässig sein soll. Die
dem Amtsgericht getroffen, in dessen Bezirk der im Unterwerfung bedarf in diesem Falle der Ein-
zweiten Absatz bezeichnete Notar oder die daselbst tragung in das Grundbuch.
bezeichnete Behörde den Amtssitz hat. (2) Bei der Zwangsvollstreckung gegen einen
(4) Auf die Geltendmachung von Einwendungen, späteren Eigentürp.er, der im Grundbuch einge-
die den Anspruch selbst betreffen, ist die beschrän- tragen ist, bedarf es nicht der Zustellung der den
kende Vorschrift des§ 767 Abs. 2 nicht anzuwenden. Erwerb des Eigentums nachweisenden öffentlichen
(5) Für Klagen auf Erteilung der Vollstreckungs- oder öffentlich beglaubigten Urkunde.
klausel sowie für Klagen, durch welche die den (3) Ist die sofortige Zwangsvollstreckung gegen
Anspruch selbst betreffenden Einwendungen gel- den jeweiligen Eigentümer zulässig, so ist für die
tend gemacht werden oder der bei der Erteilung im § 797 Abs. 5 bezeichneten Klagen das Gericht
der Vollstreckungsklausel als bewiesen angenom- zuständig, in dessen Bezirk das Grundstück be-
mene Eintritt der Voraussetzung für die Erteilung legen ist.
der Vollstreckungsklausel bestritten wird, ist das § 800 a
Gericht, b2i dem der Schuldner im Inland seinen (1) Die Vorschriften der §§ 799, 800 gelten für
allgemeinen Gerichtsstand hat, und sonst das Ge- eingetragene Schiffe und Schiffsbauwerke, die mit
richt zuständig, bei dem nach § 23 gegen den einer Schiffshypothek belastet sind, entsprechend.
Schuldner Klage erhoben werden kann. (2) Ist die sofortige Zwangsvollstreckung gegen
§ 797 a den jeweiligen Eigentümer zulässig, so ist für die
(1) Bei Vergleichen, die vor Gütestellen der im im § 797 Abs. 5 bezeichneten Klagen das Gericht
§ 794 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Art geschlossen zuständig, in dessen Bezirk das Register für das
sind, wird die Vollstreckungsklausel von dem Ur- Schiff oder das Schiffsbauwerk geführt wird.
kundsbeamten der Geschäftsstelle desjenigen Amts- § 801
gerichts erteilt, in dessen Bezirk die Gütestelle Die Landesgesetzgebung ist nicht gehindert, auf
ihren Sitz hat.
Grund anderer als der in den § § 704, 794 bez eich•
(2) Uber Einwendungen, welche die Zulässigkeit neten Schuldtitel die gerichtliche Zwangsvoll-
der Vollstreckungsklausel betreffen, entscheidet streckung zuzulassen und insoweit von diesem Ge-
das im Abs. 1 bezeichnete Gericht. setz abweichende Vorschriften über die Zwangs-
(3) § 797 Abs. 5 gilt entsprechend. vollstreckung zu treffen.
(4) Die LandesjustizverwaHung kann Vorsteher
von Gütestellen ermächtigen, die Vollstreckungs- § 802
klausel für Vergleiche zu erteilen, die vor der Die in diesem Buche angeordneten Gerichts-
Gütestelle geschlossen sind. Die Ermächtigung er- stände sind ausschließliche.
streckt sich nicht auf die Fälle des § 726 Abs. !,
der §§ 727 bis 729 und des § 733. Uber Einwen- Zweiter Abschnitt
dungen, welche die Zulässigkeit der Voll-
streckungsklausel betreffen, entscheidet das im Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen
Abs. 1 bezeichnete Gericht.
Erster Titel
§ 798 Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen
Aus einem Kostenfestsetzungsbeschlusse, der
nicht auf das Urteil gesetzt ist, und aus den nach I. A 11 gemeine Vorschrift e _n
§ 794 Abs. 1 Nr. 5 aufgenommenen Urkunden darf § 803
die Zwangsvollstreckung nur beginnen, wenn der (1) Die Zwangsvollstreckuni: in das bewegliche
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, .den 20. September 1950 605
Vermögen erfolgt durch Pfändung. Sie darf nicht ners befindlichen körperlichen Sachen wird da•
weiter ausgedehnt werden, als es zur Befriedigung durch bewirkt, daß der Gerichtsvollzieher sie in Be-
des Gläubigers und zur Deckung der Kosten der sitz nimmt.
Zwangsvollstreckung erforderlich ist. (2) Andere Sachen als Geld, Kostbarkeiten und
(2) Die Pfändung hat zu unterbleiben, wenn sich Wertpapiere sind im Gewahrsam des Schuldners
von der Verwertung der zu pfändenden Gegen- zu belassen, sofern nicht hierdurch die Befriedigung
stände ein Uberschuß über die Kosten der Zwangs- des Gläubigers gefährdet wird. Werden die Sachen
vollstreckung nicht erwarten läßt. im Gewahrsam des Schuldners belassen, so ist die
§ 804 Wirksamkeit der Pfändung gadurch bedingt, daß
(1) Durch die Pfändung erwirbt der Gliiubiger ein durch Anlegung von Siegeln oder auf sonstige
Pfandrecht an dem gepfändeten Gegenstande. Weise die Pfändung ersichtlich gemacht ist.
(2) Das Pfandrecht gewährt dem Gläubiger im (3) Der Gerichtsvollzieher hat den Schuldner von
Verhältnis zu anderen Gläubigern dieselben Rechte der erfolgten Pfändung in Kenntnis zu setzen.
wie ein durch Vertrag erworbenes Faustpfandrecht;
§ 809
es geht Pfand- und Vorzugsrechten vor, die für den
Fall eines Konkurses den Faustpfandrechten nicht Die vorstehenden Vorschriften sind auf die Pfän-
gleichgestellt sind. dung von Sachen, die sich im Gewahrsam des
(3) Das durch eine frühere Pfändung begründete Gläubigers oder eines zur Herausgabe bereiten
Pfandrecht geht demjenigen vor, das durch eine Dritten befinden, entsprechend anzuwenden.
spätere Pfändung begründet wird. § 810
§ 805 (1) ·Früchte, die von dem Boden noch nicht ge-
(1} Der Pfändung einer Sache kann ein Dritter, trennt sind, können gepfändet werden, solange
der sich nicht im Besitz der Sache befindet, auf nicht ihre Beschlagnahme im Wege der Zwangs-
Grund eines Pfand- oder Vorzugsrechts nicht wider- vollstreckung in das unbewegliche Vermögen er-
sprechen, er kann jedoch seinen Anspruch auf vor- folgt ist. Die Pfändung darf nicht früher als einen
zugsweise Befriedigung aus .dem Erlös im Wege Monat vor der gewöhnlichen Zeit der Reife er-
der Klage geltend machen, ohne Rücksicht darauf, folgen.
ob seine Forderung fällig ist oder nicht. (2) Ein Gläubiger, der ein Recht auf Befriedigung
(2) Die Klage ist bei dem Vollstreckungsgericht aus dem Grundstück hat, kann der Pfändung nach
und, wenn der Streitgegenstand zur Zuständigkeit Maßgabe des § 771 widersprechen, sofern nicht die
der Amtsgerichte nicht gehört, bei dem Landgericht Pfändung für einen im Falle der Zwangsvoll-
zu erheben, in dessen Bezirk das Vollstreckungs- streckung in das Grundstück vorgehenden An-
gericht seinen Sitz hat. spruch erfolgt ist.
(3) Wird die Klage gegen den Gläubiger und den § 811
Schuldner gerichtet, so sind diese als Streitge- Folgende Sachen sind der Pfändung nicht unter-
nossen anzusehen. worfen:
(4) Wird der Anspruch glaubhaft gemacht, so hat 1. die dem persönlichen Gebrauch oder dem
das Gericht die Hinterlegung des Erlöses anzuord-
Haushalt dienenden Sachen, insbesondere Klei-
nen. Die Vorschriften der §§ 769, 770 sind hierbei dungsstücke, Wäsche, Betten, Haus- und
entsprechend anzuwenden.
Küchengerät, soweit der Schuldner ihrer zu
§ 806 einer angemessenen, bescheidenen Lebens-
Wird ein Gegenstand auf Grund der Pfändung und Haushaltsführung bedarf;
veräußert, so steht dem Erwerber wegen eines 2. die für den Schuldner, seine Familie und sein
Mangels im Recht oder wegen eines Mangels der Gesinde auf vier Wochen erforderlichen Nah-
veräußerten Sache ein Anspruch auf Gewähr- rungs-, Feuerungs- und Beleuchtungsmittel
leistung nicht zu. oder, soweit solche Vorräte auf zwei Wochen
§ 807 nicht vorhanden und ihre Beschaffung für
Hat die Pfändung zu einer vollständigen Befriedi- diesen Zeitraum auf anderem Wege nicht ge•
gung des Gläubigers nicht geführt oder macht sichert ist, der zur Beschaffung erforderliche
dieser glaubhaft, daß er durch Pfändung seine Be- Geldbetrag;
friedigung nicht vollständig erlangen könne, so ist 3. eine Milchkuh oder nach der Wahl des Schuld-
der Schuldner auf Antrag verpflichtet, ein Ver- ners statt einer solchen zwei Ziegen oder zwei
zeichnis seines Vermögens vorzulegen, für seine Schafe nebst cien zum Unterhalt und zur
Forderungen den Grund und die Beweismittel zu Streu für diese auf vier Wochen erforderlichen
bezeichnen sowie den Offenbarungseid dahin zu Futter- und Streuvorräten oder, soweit solche
leisten: Vorräte auf zwei Wochen nicht vorhanden,
daß er nach bestem Wissen sein Vermögen so dem zur Beschaffung erforderlichen Geld-
vollständig angegeben habe, als er dazu betrag, wenn die bezeichneten Tiere für die
imstande sei. Ernährung des Schuldners, seiner Familie und
seines Gesindes unentbehrlich sind;
II. Z w a n g s v o 1 1 s t r e c k u n g i n k ö r p e r-
4. bei Personen, die Landwirtschaft betreiben,
1 ich e Sachen
das zum Wirtschaftsbetrieb erforderliche Ge-
§ 808 rät und Vieh nebst dem nötigen Dünger sowie
(1) Die Pfändung der im Gewahrsam des Schuld- die landwirtschaftlichen Erzeugnisse, soweit
606 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
sie zur Fortführung der Wirtschaft bis zu d2r den Betrag von eintausend Deutsche Mark übl,r-
Zeit erforderlich sind, zu der gleiche oder steigt.
ähnliche Erzeugnisse voraussichtlich gewon- (2) Inwieweit bei einem geringeren Wert ein
nen werden; Sachverständiger zugezogen werden soll, bestimmt
5. bei Personen, die aus ihrer körperlichen oder die Landesjustizverwaltung.
geistigen Arbeit oder sonstigen persönlichen § 814
Leistungen ihren Erwerb ziehen, die zur Fort-
Die gepfändeten Sachen sind von dem Gerichts-
setzung dieser Erwerbstätigkeit erforderlichen
vollzieher öffentlich zu versteigern; Kostbarkeiten
Gegenstände; sind vor der Versteigerung durch einen Sachver-
6. bei den Witwen und minderjährigen Erben der ständigen abzuschätzen.
unter Nr. 5 bezeichneten Personen, wenn sie
die Erwerbstätigkeit für ihre Rechnung durch § 815
einen Stellvertreter fortführen, die zur Fort- (1) Gepfändetes Geld ist dem Gläubiger abzu-
führung dieser Erwerbstätigkeit erforderlichen liefern.
Gegenstände; (2) Wird dem Gerichtsvollzieher glaubhaft ge-
7. Dienstkleidungsstücke sowie Dienstausrü- macht, daß an gepfändetem Geld ein' die Ver-
stungsgegenstände, soweit sie zum Gebrauch äußerung hinderndes Recht eines Drillen bestehe,
des Schuldners bestimmt sind, sowie bei Be- so ist das Geld zu hinterlegen. Die Zwangsvoll-
amten, Geistlichen, Rechtsanwälten, Notaren, streckung ist fortzusetzen, wenn nicht binnen
Arzten und Hebammen die zur Ausübung des einer Frist von zwei Wochen seit dem Tage der
Berufes erforderlichen Gegenstände einschließ- r-,~ndung eine Entscheidung des. nach § 771 Abs. 1
lich angemessener Kleidung, ., ~Jtändigen Gerichts über die Einstellung der
8. bei Personen, die wiederkehrende Einkünfte J. .,,angsvollstreckung beigebracht wird.
der in dem § 850 dieses Gesetzes und in den (3) Die Wegnahme des Geldes durch den Ge-
§§ 1 bis 4 der Verordnung zur einheitlichen richtsvollzieher gilt als Zahlung von seilen des
Regelung des Pfändungsschutzes für Arbeits- Schuldners, sofern nicht nach Abs. 2 oder nach
einkommen (Lohnpfändungsverordnung) vom § 720 die Hinterlegung zu. erfolgen hat.
30. Oktober 1940 (Reichsgesetzbl. I S. 1451) § 816
bezeichneten Art beziehen, ein Geldbetrag, (!) Die Versteigerung der gepfändeten Sachen
der dem der Pfändung nicht unterworfenen darf nicht vor Ablauf einer Woche seit dem Tage
Teil der Einkünfte für die Zeit von der Pfän- der Pfändung geschehen, sofern nicht der Gläu-
dung bis zu dem nächsten Zahlungstermin biger und der Schuldner über eine frühere Ver-
entspricht; steigerung sich einigen oder diese erforderlich ist,
9. die zum Betrieb einer Apotheke unentbehr- um die Gefahr einer beträchtlichen Wertverringe-'
lichen Geräte, Gefäße und Waren: rung der zu versteigernden Sache abzuwenden
10. die Bücher, die zum Gebrauch des Schuldners oder um unverhältnismäßige Kosten einer längeren
und seiner Familie in der Kirche oder Schule Aufbewahrung zu vermeiden.
oder einer sonstigen Unterrichtsanstalt oder (2) Die Versteigerung erfolgt in der Gemeinde,
bei der häuslichen Andacht bestimmt sind; in der die Pfändung geschehen ist, sofern nicht
11. die in Gebrauch genommenen Haushaltungs- der Gläubiger und der Schuldner über einen
und Geschäftsbücher, die Familienpapiere so- anderen Ort sich einigen.
wie die Trauringe, Orden und Ehrenzeichen; (3) Zeit und Ort der Versteigerung sind unter
12. künstliche Gliedmaßen, Brillen und andere allgemeiner Bezeichnun9 der zu versteigernden
wegen körperlicher Gebrechen notwendige Sachen öffentlich bekanntzumachen.
Hilfsmittel, soweit diese Gegenstände zum (4) Bei der Versteigerung gelten die Vorschriften
Gebrauch des Schuldners und seiner Familie des § 1239 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 des Bürgerlichen
bestimmt sind; Gesetzbuchs entsprechend.
13. die zur unmittelbaren Verwendung für die § 817
Bestattung bestimmten Gegenstände. (1) Dem Zuschlag an den Meistbietenden soll
§ 812
ein dreimaliger Aufruf vorausgehen; die Vor-
schriften des § 156 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
Gegenstände, die zum gewöhnlichen Hausrat ge- sind anzuwenden.
hören und im Haushalt des Schuldners gebraucht (2) Die Ablieferung einer zugeschlagenen Sache
werden, sollen nicht gepfändet werden, wenn ohne darf nur gegen bare Zahlung geschehen.
weiteres ersichtlich ist, daß durch ihre Verwertung (3) Hat der Meistbietende nicht zu der in den
nur ein Erlös erzielt werden würde, der zu dem Versteigerungsbedingungen bestimmten Zeit oder
Wert außer allem Verhältnis steht. in Errnangelung einer solchen Bestimmung nicht
vor dem Schluß des Versteigerungstermins die
§ 813
Ablieferung gegen Zahlung des Kaufgeldes ver-
( 1) Zur Pfändung von Früchten, die von dem langt, so wird die Sache anderweit versteigert.
Boden noch nicht getrennt sind, und zur Pfändung Der Meistbietende wird zu einem weiteren Ge•
von Gegenständen der im § 811 Nr. 4 bezeich- bot nicht zugelassen: er haftet für den Ausfall,
neten Art bei Personen, die Landwirtschaft be- auf den Mehrerlös hat er keinen Anspruch.
treiben, soll ein landwirtschaftlicher Sachverstän- (4) Wird der Zuschlag dem Gläubiger erteilt,
diger zugezogen werden, sofern anzunehmen ist, so Ist dieser von der Verpflichtung zur baren
daß der Wert der zu pfändenden Gegenstände Zahlung so weit befreit, als der Erlös nach Abzug
Nr. 41) -- Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. Sepleml,tr 1950 607
der Kosten der Zwangsvollstreckung zu seiner § 826
Befriedigung zu verwenden ist, sofern nicht dem (1) Zur Pfändung bereits gepfändeter Sachen ge·
Schuldner nachgelassen ist, durch Sicherheits• nügt die in das Protokoll aufzunehmende Erklärung
leistung oder durch Hinterlegung die Vollstreckung des Gerichtsvollziehers, daß er die Sachen für
abzuwenden. Soweit der Gläubiger von der Ver- seinen Auftraggeber pfände.
pflichtung zur baren Zahlung befreit ist, gilt der (2) Ist die erste Pfändung durch einen anderen
Betrag als von dem Schuldner an den Gläubiger Gerichtsvollzieher bewirkt, so ist diesem eine Ab·
gezahlt. schrift des Protokolls zuzustellen.
§ 818 (3) Der Schuldner ist von den weiteren Pfändun·
Die Versteigerung wird eingestellt, sobald der gen in Kenntnis zu setzen.
Erlös zur Befriedigung des Gläubigers und zur
§ 827
Deckung der Kosten der Zwangsvollstreckung hin-
reicht. ( 1) Auf den Gerichtsvollzieher, von dem die erste
Pfändung bewirkt ist, geht der Auftrag des zweiten
§ 819
Gläubigers kraft Gesetzes über, sofarn nicht das
Die Empfangnahme des Erlöses durch den Ge- Vollstreckungsgericht auf Antrag eines beteiligten
richtsvollzieher gilt als Zahlung von seilen des Gläubigers oder des Schuldners anordnet, daß die
Schuldners, sofern nicht dem Schuldner nach- Verrichtungen jenes Gerichtsvollziehers von einem
gelassen ist, durch Sicherheitsleistung oder durch anderen zu übernehmen seien. Die Versteigerung
Hinterlegung die Vollstreckung abzuwenden. erfolgt für alle beteiligten Gläubiger.
(2) Ist der Erlös zur Deckung der Forderungen
§ 820
nicht ausreichend und verlangt der Gläubiger, für
Gold- und Silbersachen dürfen nicht unter ihrem den die zweite oder eine spätere Pfändung erfolgt
Gold- oder Silberwert zugeschlagen werden. Wird ist, ohne Zustimmung der übrigen beteiligten Gläu•
ein dem Zuschlag gestattendes Gebot nicht ab- biger eine andere Verteilung als nach der Reihen-
gegeben, so kann der Gerichtsvollzieher den Ver- folge der Pfändungen, so hat der Gerichtsvollzieher
kauf aus freier Hand zu dem Preise bewirken, der die Sachlage unter Hin.terlegung des Erlöses dem
den Gold- oder Silberwert erreicht. Vollstreckungsgericht anzuzeigen. Dieser Anzeige
§ 821 sind die auf das Verfahren sich beziehenden Schrift•
stücke beizufügen.
Gepfändete Wertpapiere sind, wenn sie einen
(3) In gleicher Weise ist zu verfahren, wenn die
Börsen- oder Marktpreis haben, von dem Gerichts-
Pfändung für mehrere Gläubiger gleichzeitig be-
vollzieher aus freier Hand zum Tageskurse zu ver-
wirkt ist.
kaufen und, wenn sie einen solchen Preis nicht
haben, nach den allgemeinen Bestimmungen zu
versteigern. III. Z w a n g s v o I I s t r e c k li n g
§ 822 in Forderuncen und andere
Lautet ein Wertpapier auf Namen, so kann der Vermögensrechte
Gerichtsvollzieher durch das Vollstreckungsgericht § 828
ermächtigt werden, die Umschreibung auf den
(!) Die gerichtlichen Handlungen, welche die
Namen des Käufers zu erwirken und die hierzu
Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere
erforderlichen Erklärungen an Stelle des Schuld-
Vermögensrechte zum Gegenstand haben, erfolgen
ners abzugeben.
durch das Vollstreckungsgericht.
§ 823
(2) Als Vollstreckungsgericht ist das Amtsgericht,
Ist ein Inhaberpapier dur.ch Einschreibung auf bei dem der Schuldner im Inland seinen allge-
den Namen oder in anderer Wfise außer Kurs meinen Gerichtsstand hat, und sonst das Amtsge•
gesetzt, so kann der Gerichtsvollzieher durch das richt zuständig, bei dem nach § 23 gegen den
Vollstreckungsgericht ermächtigt werden, die Wie- Schuldner Klage erhoben werden kann.
derinkurssetzung zu erwirken und die hierzu er-
forderlichen Erklärungen an Stelle des Schuldners § 829
abzugeben. (1) Soll eine Geldforderung gepfändet werden, so
§ 824 hat das Gericht dem Drittschuldner zu verbieten,
Die Versteigerung gepfändeter, von dem Boden an den Schuldner zu zahlen. Zugleich hat das Ge·
noch nicht getrennter Früchte ist erst nach der richt an den Schuldner das Gebot zu erlassen, sich
Reife zulässig. Sie kann vor oder nach der Tren- jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere
nung der Früchte erfolgen; im letzteren Falle hat ihrer Einziehung, zu enthalten.
der Gerichtsvollzieher die Aberntung bewirken (2) Der Gläubiger hat den Beschluß dem Dritt•
zu lassen. schuldner zustellen zu lassen. Der Gerichtsvoll-
§ 825 zieher bat den Beschluß mit einer Abschrift der
Auf Antrag des Gläubigers oder de, Schuldners Zustellungsurkunde dem Schuldner sofort zuzn·
kann das Vollstreckungsgericht anordnen, daß die stellen, sofern nicht eine öffentliche Zustellung er-
Verwertung einer gepfändeten Sache in anderer forderlich wird. Ist die Zustellung an den Dritt-
Wdse oder an einem anderen Ort, als in den schuldner auf unmittelbares Ersuchen der Geschäfts•
vorstehenden Paragraphen bestimmt ist, stattzu- stelle durch die Post erfolgt, so hat die Geschäfts·
finden habe oder daß die Versteigerung durch eine stelle für die Zustellung an den Schuldner in
andere Person als den Gerichtsvollzieher vorzu- gleicher Weise Sorge zu tragen. An Stelle einer
nehmen sei. an den Schuldner im Ausland zu bewirk2aden Zn·
608 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
stelrung erfolgt die Zustellung durch Aufgabe wird auch das Einkommen betroffen, das der
zur Post. Schuldner infolge der Versetzung in ein anderes
(3) Mit der Zustellung des Beschlusses an den Amt, der Obertragung eines neuen Amtes oder
Drittschuldner ist die Pfändung als bewirkt an- einer Gehaltserhöhung zu beziehen hat.
zusehen. (2) Diese Vorschrift ist auf den Fall der Ände-
§ 830 rung des Dienstherrn nicht anzuwenden.
(1) Zur Pfändung einer Forderung, für die eine § 834
Hypothek besteht, ist außer dem Pfändungsbe- Vor der Pfändung ist der Schuldner über das Pfän-
schluß die Obergabe des Hypothekenbriefes an dungsgesuch nicht zu hören.
den Gläubiger erforderlich. Wird die Obergabe
§ 835
im Wege der Zwangsvollstreckung erwirkt, so gilt
sie als erfolgt, wenn der Gerichtsvollzieher den (1) Die gepfändete Geldforderung ist dem Gläu-
Brief zuu Zwecke der Ablieferung an den Gläu- biger nach seiner Wahl zur Einziehung oder an
biger wegnimmt. Ist die Erteilung des Hypotheken- Zahlungs Statt zum Nennwert zu überweisen.
briefes ausgeschlossen, so ist die Eintragung der (2) Im letzteren Falle geht die F.orderung auf
Pfändung in das Grundbuch erforderlich; die Ein- den Gläubiger mit der Wirkung über, daß er, soweit
tragung erfolgt auf Grund des Pfändungsbe- die Forderung besteht, wegen seiner Forderung an
schlusses. den Schuldner als befriedigt anzusehen ist.
(2) Wird der Pfändungsbeschluß vor der Ober- (3) Die Vorschriften des § 829 Abs. 2, 3 sind auf
gabe des Hypothekenbriefes oder der Eintragung die Oberweisung entsprechend anzuwenden.
der Pfändung dem Drittschuldner zugestellt, so gilt § 836
die Pfändung diesem gegenüber mit der Zustellung
.(1) Die Oberweisung ersetzt die förmlichen Erklä
als bewirkt.
rungen des Schuldners, von denen nach den Vot
(3) Diese Vorschriften sind nicht anzuwenden, so- schriften des bürgerlichen Rechts die Berechtigung
weit es sich um die Pfändung der Ansprüche auf zur Einziehung der Forderung abhängig ist.
die im § 1159 des Bürgerlichen Gesetzbuchs be- (2) Der Oberweisungsbeschluß gilt, auch wenn er
zeichneten Leistungen handelt. Das gleiche gilt bei mit Unrecht erlassen ist, zugunsten des Drittschuld-
einer Sicherungshypothek im Falle des § 1187 des ners dem Schuldner gegenüber so lange als rechts-
Bürgerlichen Gesetzbuchs von der Pfändung der beständig, bis er aufgehoben wird und die Auf-
Hauptforderung. hebung zur Kenntnis des Drittschuldners gelangt.
§ 830 a (3) Der Schuldner ist verpflichtet, dem Gläubiger
(!) Zur Pfändung einer Forderung, für die eine die zur Geltendmachung der Forderung nötige Aus-
Schiffshypothek besteht, ist die Eintragung der kunft zu erteilen und ihm die über die Forderung
Pfändung in das Schiffsregister oder in das Schiffs- vorhandenen Urkunden herauszugeben. Die Heraus-
bauregister erforderlich; die Eintragung erfolgt auf gabe kann von dem Gläubiger im Wege der
Grund des Pfändungsbeschlusses. Zwangsvollstreckung erwirkt werden.
(2) Wird der Pfändungsbeschluß vor der Ein-
§ 837
tragung_ der Pfändung dem Drittschuldner zuge-
stellt, so gilt die Pfändung diesem gegenüber mit (1) Zur Oberweisung einer gepfändeten Forde-
der Zustellung als bewirkt. rung, für die eine Hypothek besteht, genügt die
(3) Diese Vorschriften sind nicht anzuwenden, Aushändigung des Oberweisungsbeschlusses an
den Gläubiger. Ist die Erteilung des Hypotheken-
soweit es sich um die Pfändung der Ansprüche auf
briefes ausgeschlossen, so ist zur Oberweisung an
die im § '53 des Gesetzes über Rechte an einge-
Zahlungs Statt die Eintragung der Oberweisung in
tragenen Schiffen und Schiffsbauwerken vom
das Grundbuch erforderlich; die Eintragung erfolgt
15. November 1940 (Reichsgesetzbl. I S. 1499) be-
auf Grund des Oberweisungsbeschlusses.
zeichneten Leistungen handelt. Das gleiche gilt,
(2) Diese Vorschriften sind nicht anzuwenden,
wenn bei einer Schiffshypothek für eine Forde-
soweit es sich um die Oberweisung der Ansprüche
rung aus einer Schuldverschreibung auf den In-
auf die im § 1159 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
haber, aus einem We2hsel oder aus einem anderen
bezeichneten Leistungen handelt. Das gleiche gilt
durch Indossament übertragbaren Papier die Haupt-
bei einer Sicherungshypothek im Falle des § 1187
forderung gepfändet wird.
des Bürgerlichen Gesetzbuchs von der Uberweisung
§ 831 der Hauptforderung. ·
Die Pfändung von Forderungen aus Wechseln (3) Bei einer Sicherungshypothek der im § 1190
und anderen Papieren, die durch Indossament über- des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art
tragen \,erden können, wird dad·Hch bewirkt, daß kann die Hauptforderung nach den allgemeinen Vor-
der Gerichtsvollzieher diese Papiere in Besitz schriften gepfändet und überwiesen werden, wenn
nimmt. der Gläubiger die Oberweisung der Forderung
§ 832 ohne die Hypothek an Zahlungs Statt beantragt.
Das Pfandrecht, das durch die Pfändung einer § 837 a
Gehaltsforderung oder einer ähnlichen in fortlau- (1) Zur Oberweisung einer gepfändeten Forde-
fenden Bezügen bestehenden Forderung erworben rung, für die eine Schiffshypothek besteht, genügt,
wird, erstreckt sich auch auf die nach der Pfän- wenn _die Forderung zur Einziehung überwiesen
dung fällig werdenden Beträge. wird, die _Aushändigung des Uberweisungsbe-
schlusses an den Gläubiger. Zur Oberweisung an
§ 833 Zahlungs Statt ist die Eintragung der Oberweisung
(1) Durch die Pfändung eines Diensteinkomm(alns in das Schiffsregister oder in das Schiffsbau·
Nr. 40 -- Ti:1g der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 609
register erford<'rlich; die Eintragung erfolgt auf § 843
Grund des Uberweisungsbeschlusses. Der Gläubiger kann auf die durch Pfändung und
(2) Diese Vorschriften sind nicht anzuwenden, Uberweisung zur Einziehung erworbenen Rechte
soweit es sich um die Uberweisung der Ansprüche unbeschadet seines Anspruchs verzichten. Die Ver-
auf die im § 53 des Gesetzes über Rechte an ein- zichtleistung erfolgt durch eine dem Schuldner zu-
getragenen Schiffen und Schiffsbauwerken vum zustellende Erklärung. Die Erklärung ist auch dem
15. November 1940 (Reichsgesetzbl. 1 S. 1499) be- Drittschuldner zuzustellen.
zeichneten Leistungen handelt. Das gleiche gilt, § 844
wenn bei einer Schiffshypothek für eine Forderung (!) Ist die gepfändete Forderung bedingt oder
aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber, aus betagt oder ist ihre Einziehung wegen der
einem Wechsel oder aus einem anderen durch In- Abh,ingigkeit von einer Gegenleistung oder aus
dossament übertragbaren Papier die Hauptforderung anderen Gtünden mit Schwierigkeiten verbunden,
überwiesen wird. so kann das Gericht auf Antrag an Stelle der Ober,
(3) Bei einer Schiffshypothek für einen Höchst- weisung eine andere Art der Verwertung anordnen.
betrag (§ 75 des im Abs. 2 genannten Gesetzes} gilt (2) Vor dem Beschluß, durch welchen dem Antrag
§ 837 Abs. 3 entsprechend. stattgegeben wird, ist der Gegner zu ·hören, sofern
§ 838 nicht eine .Zustellung im Ausland oder eine öffent-
Wird eine durch ein Pfandrecht an einer beweg- liche Zustellung erforderlich wird,
lichen Sache gesicherte Forderung überwiesen, so § 845
kann der Schuldner die Herausgabe des Pfandes an ( 1) Schon vor der Pfändung kann der Gläubiger
den Gläubiger verweig•ern, bis ihm Sicherheit für auf Grund eines vollstreckbaren Schuldtitels durch
die, Haftung geleistet wird, die für ihn aus einer den .Gerichtsvollzieher dem Drittschuldner und dem
Verlc•tnmg der dem Gläubiger dem Verpfänder Schuldner die Benachrichtigung, daß die Pfändung
g<'gcnüber obliegenden Verpflichtungen entstehen bevorstehe, zustellen lassen mit der Aufforderung
kann. an den Drittschuldner, nicht an den Schuldner zu
§ 839 zahlen, und mit der Aufforderung an den Schuldner,
Ist nach§ 713 Abs. 2 dem Schuldner nachgelassen, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbe-
durch Sicherheitsleistung oder durch Hinterlegung sondere ihrer Einziehung, zu enthalten. Der vorhe-
die Vollstreckung abzuwenden, so findet die Ubcr- rigen Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung
weisung gepfändeter Geldforderungen nur zur Ein- und der Zustellung des Schuldtitels bedarf es nicht.
ziehung und nur mit der Wirkung statt, daß der (2) Die Benachrichtigung an den Drittschuldner
Drittschuldner den Schuldbetrag hinterlege. hat die Wirkung eines Arrestes (§ 930), sofern die
§ 840 Pfändung der Forderung innerhalb drei Wochen
(1) Auf Verlangen des Gläubigers hat der Dritt-
bewirkt wird. Die Frist beginnt mit dem Tage, an
8Chuldner binnen zwei Wochen, von der Zustellung dem die Benachrichtigung zugestellt ist.
des Pfändungsbeschlusses an gerechnet, dem Gläu~ § 846
bigcr zu erklären: Die Zwangsvollstreckung in Ansprüche, welche
1. ob und inwieweit er die Forderung als be- die Herausgabe oder Leistung körperlicher Sachen
gründet anerkenne und Zahlung zu leisten zt1m Gegenstand haben, erfolgt nach den §§ 829
bereit sei; bis 845 unter Berücksichtigung der nachstehenden
2. ob und welche Ansprüche andere Personen Vorschriften,
an die Forderung machen; § 847
3. ob und wegen welcher Ansprüche die Forde- (1) Bei der Pfändung eines Anspruchs, der eine
rung bereits für andere Gläubiger gepfändet sei. bewegliche körperliche Sache betrifft, ist anzu-
(2) Die Aufforderung zur Abgabe dieser Erklä- ordnen, daß die Sache an einen vom Gläubiger
rungen muß in die Zustellungsurkunde aufgenom- zu beauftragenden Gerichtsvollzieher herauszu-
men werden. Der Drittschuldner haftet dem Gläu-• geben sei.
biger für den aus der Nichterfüllung seiner Ver- (2) Auf die Verwertung der Sache sind die Vor·
pflichtung entstehenden Schaden. schritten über die Verwertung gepfändeter Sachen
(3) Die Erklärungen des Drittschuldners können anzuwenden.
bei Zustellung des Pfändungsbeschlusses oder inner- . § 847a
halb der im ersten Absatz bestimmten Frist an den ( 1) Bei der Pfändung eines Anspruchs, der ein
Gerichtsvollzieher erfolgen, Im ersteren Fall sind eingetragenes Schiff betrifft, ist anzuordnen, daß
sie in die Zustellungsurkunde aufzunehmen und das Schiff an einen vom Vollstreckungsgericht zu
von dem Drittschuldner zu unterschreiben. bestellenden Treuhänder herauszugeben ist.
§ 841 (2) Ist der Anspruch auf Ubertragung des Eigen-
Der Gläubiger, der die Forderung einklagt, ist tums gerichtet, so vertritt der Treuhänder den
verpflichtet, dem Schuldner gerichtlich den Streit Schuldner bei der Obertragung des Eigentums. Mit
zu verkünden, sofern nicht eine Zustellung im Aus- dem Obergang des Eigentums auf den Schuldner
land oder eine öffentliche Zustellung erforder- erlangt der Gläubiger eine Schiffshypotbek für
lich wird. seine Forderung, Der _;rreuhänder hat die Ein-
§ 842 tragung der Schiffshypothek in das Schiffsregister
Der Gläubiger, der die Beitreibung einer ihm zu bewilligen,
zur Einziehung überwiesenen Forderung verzögert, (3) Die Zwangsvollstreckung in das Schiff wird
haftet dem Schuldner für den daraus entstehenden nach den für die Zwangsvollstreckung in unbeweg•
Schaden, liehe Sachen geltenden Vorschriften bewirkt.
610 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
(4) Die vorstehenden Vorschriften gelten ent- pfändct, so ist der Drittschuldner berechtigt und auf
sprechend, wenn der Anspruch ein Schiffsbauwerk Verlangen eines Gläubigers, dem der Anspruch
betrifft, das im Schiffsbauregister eingetragen ist überwiesen wurdco, verpflichtet, die Sache unter
oder in dieses Register eingetragen werden kann. Anzeige der Sachlage und unter Aushändigung der
ihm zugestellten Beschlüsse dem Geric, tsvollzieher
§ 848 herauszugeben, der nach dem ihm zuerst zuge-
(!) Bei Pfändung eines Anspruchs, der eine unbe- stellten Beschluß zur Empfangnahme der Sache
wegliche Sache betrifft, ist anzuordnen, daß die ermächtigt ist. Hat der Gläubiger einen solchen
Sache an einen auf Antrag des Gläubigers vom Gerichtsvollzieher nicht bezeichnet, so wird dieser
Amtsgericht der belegenen Sache zu bestellenden auf Antrag des Drittschuldners von dem Amtsge-
Sequester herauszugeben sei. richt des Ortes ernannt, wo die Sache herauszu-
(2) Ist der Anspruch auf Ubertragung des Eigen- geben ist.
tums gerichtet, so hat die Auflassung an den (2) Ist der Erlös zur Deckung der Forderungen
Sequester als Vertreter des Schuldners zu erfolgen. nicht ausreichend und verlangt der Gläubiger, für
Mit dem Ubergang des Eigentums auf den Schuldn~r clen die zweite oder eine spätere Pfäµdung erfolgt
erlangt der Gläubiger eine Sicherun,,shypothek für ist, ohne Zustimmung der übrigen beteiligten Gläu-
seine Forderung, Der Sequester hat die Eintragung biger eine andere Verteilung als nach der Reihen-
der Sicherungshypothek zu bewilligen. folge der Pfändungen, so hat der Gerichtsvollzieher
(3) Die Zwangsvollstreckung in die heraus- die Sachlage unter Hinterlegung des Erlöses dem
gegebene Sache wird nach den für die Zwangsvoll- Amtsgericht anzuzeigen, dessen Beschluß dem
streckung in unbewegliche Sachen geltenden Vor- Drittschuldner zuerst zugestellt ist. Dieser Anzeige
schriften bewirkt. sind die Schriftstücke beizufügen, die sich auf das
§ 849 Verfahr 211 beziehen.
Eine Uberweisung der im § 846 bezeichneten An- (3) In gleicher Weise ist zu verfahren, wenn die
sprüche an Zahlungs Statt ist unzulässig. Pfändung für mehrere Gläubiger gleichzeitig be-
wirkt ist.
§ 850 § 855
Das in Geld zahlbare Einkommen der Beamten, Betrifft der Anspruch eine unbewegllche Sache,
Angestellten und Arbeiter aus Dienst- oder Arbeits- so ist der Drittschuldner ber 3chtigt und auf Ver-
verhältnissen sowie ähnliche Bezüge unterliegen langen eines Gläubigers, dem der Anspruch über-
der Pfändung nur in dem durch die Verordnung zur wiesen wurde, verpflichtet, die Sache unter An-
einheitlichen Regelung des Pfändungsschutzes zeige der Sachlage und unter Aushändigung der
für Arbeitseinkommen (Lohnpfändungsverordnung) ihm zugestellten Beschlüsse an den von dem Amts-
vom 30. Oktober 1940 (Reichsgesetzbl. I S. 1451) gericht der belegenen Sache ernannten oder auf
festgesetzten Umfang. seinen Antrag zu ernennenden Sequester heraus-
zugeben.
§§ 850 a bi, 850 h
§ 855 a
(weggefallen)
(1) Betrifft der Anspruch ein eingetragenes
§ 851 Schiff, so ist der Drittschuldner berechtigt und auf
(!) Eine Forderung ist in Ermangelung besonderer Verlangen eines Gläubigers, dem der Anspruch
Vorschriften der Pfändung nur insoweit unter- überwiesen wurde, verpflichtet, das Schiff unter
worfen, als sie übertragbar ist. Anzeige der Sachlage und unter Aushändigung der
(2) Eine nach § 399 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Beschlüsse dem Treuhänder herauszugeben, der in
nicht übertragbare Forderung kann insoweit ge- dem ihm zuerst zugestellten Beschluß bestellt- ist.
pfändet und zur Einzieh~ng überwiesen werden, (2) Abs. 1 gilt sinngemäß, wenn der Anspruch
als der geschuldete Gegenstand der Pfändung ein Schiffsbauwerk betrifft, das im Schiffsbau-
unterworfen ist. register eingetragen ist oder in dieses Register
§ 852 eingetragen werden kann.
(1) Der Pflichtteilsanspruch ist der Pfändung nur § 856
unterworfen, wenn er durch Vertrag anerkannt
oder rechtshängig geworden ist. (1) Jeder Gläubiger, dem der Anspruch über-
(2) Das gleiche gilt für den nach § 528 des Bürger- wiesen wurde, ist berechtigt, gegen den Dritt-
lichen Gesetzbuchs dem Schenker zustehenden schuldner Klage auf Erfüllung der nach den Vor-
Anspruch auf Herausgabe des Geschenkes. schriften der §§ 853 bis 855 diesem obl-ieg-enden
Verpflichtungen zu erheben.
§ 853
(2) Jeder GlLubiger, für den der Anspruch ge-
Ist eine Geldforderung für mehrere Gläubiger ge- pfändet ist, kann sich dem Kläger in jeder Lage
pfändet, so ist der Driltschuldner berechtigt und des Rechtsstreits als Streitgenosse anschließen.
auf Verlangen eines Gläubigers, dem die Forde- (3) Jer Drittschuldner hat bei dem Prozeßgericht
rung überwiesen wurde, verpflichtet, unter Anzeige zu beantragen, daß die Gläubiger, welche die Klage
der Sachlage und unter Aushändigung der ihm zu- nicht erhoben und dem Kläger sich nicht ange•
gestellten Beschlüsse an das Amtsgericht, dessen schlossen haben, zum Termin zur mündlichen Ver-
Beschluß ihm zuerst zugestellt ist, den Schuldbetrag handlung geladen werden.
zu hinterlegen. (4) Die Entscheidung, die in dem Rechtsstreit
§ 854 über den in der Klage erhobenen Anspruch er-
(1) :st ein Anspruch, der eine bewegliche körper- lassen wird, ist für und gegen sämtliche Gläubiger
liche Sache betrifft, für mehrere Gläubiger ge- wirksam.
Nr. 40 -·- Tag cler Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 611
(5) Der Drittschuldner kann sich gegenüber einem § 859
Gläubiger auf die ihm günstige Entscheidung nicht (1) Der Anteil eines Gesellschaftcers an dem
berufen, wenn der Gläubiger zum Termin zur münd- Gesellschaftsvermögen einer nach § 705 des Bür-
lichen Verhandlung nicht geladen worden ist, gerlichen Gesetzbuchs eingegangenen Gesellschaft
ist der Pfändung unterworfen. Der Anteil eines
§ 857 Gesellschafters an den einzelnen zu dem Gesell-
(1) für die Zwangsvollstreckung in andere Ver- schaftsvermögen gehörenden Gegenständen ist der
mögensrechte, die nicht Cegenstand der Zwangs- Pfändung nicht unterworfen.
vollstreckung in das unbewegliche Vermögen sind, (2) Die gleichen Vorschriften gelten für den
gelten die vorstehenden Vorschriften entsprechend. Anteil eines Miterben an dem Nachlaß und an
(2) Ist ein Drittschuldner nicht vorhanden, so ist den einzelnen Nachlaßgegenständen.
die Pfändung mit dem Zeitpunkt als bewirkt anzu- § 860
sehen, in welchem dem Schuldner das Gebot, sich (!) Bei dem Cüterstand der allgemeinen Güter-
· jeder Verfügung über das Recht zu enthalten, zu- gemeinschaft, der Errungenschaftsgemeinschaft
gestellt ist. oder der Fahrnisgemeinschaft ist der Anteil eines
(3) Ein unveräullc,rliches Recht ist in Ermange- der Ehegatten an dem Cesamtgut und an den
lung besondcerer Vorschriften der Pfändung inso- einzelnen dazu gehörenden Gegenständen der
weit unterworfen, als die Ausübung einem anderen Pfändung nicht unterworfen. Das gleiche gilt bei
überlassen werden kann. der fortgesetzten Gütergemeinschaft von den An•
(4) Das Gericht kann bei der Zwangsvollstrek- teilen des überlebenden Ehegatten und der Ab-
kung in unveräußerliche Rechte, deren Ausübung kömmlinge.
einem anderen überlassen werden kann, besondere (2) Nach der Beendigung der Gemeinschaft ist
Anordnungen erlassen. Es kann insbesondere bei der Anteil an dem Cesamtgut zugunsten der Gläu-
der Zwangsvollstreckung in Nutzungsrechte eine: biger des Anteilsberechtigten der Pfändung unter•
Verwaltung anordnen; in diesem Falle wird die , wort€'11.
Pfändung durch Obergabe der zu benutzenden § 861
Sache an den Verwalter bewirkt, sofern sie nicht (1) Das Recht, das bei dem Güterstand der Ver-
durch Zustellung des Beschlusses bereits vorher waltung und Nutznießung dem Ehemann an dem
bewirkt ist. eingebrachten Cut zusteht, ist der Pfändung nicht
(5) Ist die Vcrüuflcrun<J des R,,chtes selbst zul,issig, unterworfen. Die von dem Ehemann erworbenen
so kann auch diese Veräußerung von dem Gericht Früchte des eingebrachten Gutes sind der Pfän-
angeordnet werden. dung nicht unterworfen, soweit sie zur Erfüllung
(6) Auf die Zw,rngsvollstreckung in eine Real- der in den §§ 1384 bis 1387 des Bürgerlichen
last, eini, Crundschuld oder eine Renlenschuld Gesetzbuchs bestimmten Verpflichtungen des Ehe-
sind die Vorschriften über die, Zwangsvollstreckung mannes, zur Erfüllung der ihm seiner Ehefrau,
in eine Forderung, für die eine Hypothek bC'skht, seiner früheren Ehefrau oder seinen Verwandten
entsprechend anzu wc,nden. gegenüber gesetzlich obliegenden Unterhaltspflicht
und zur Bestreitung seines standesmäßigen Unter•
§ 858 halts erforderlich sind.
(!) Hir die Zwangsvollstreckung in die Schilfs- (2) Der Widerspruch kann auch von der Ehefrau
part (§§ 489 ff. des J landelsgesetzbuchs) gilt § 857 nach § 766 geltend gemacht werden.
mit folgenden Abweichungen: § 862
(2) Als Vollstreckungsgericht ist das Amtsgericht (1) Das Recht, das dem Vater oder der Mutter
zuständig, bei dem das Register für das Schiff kraft der elterlichen Nutznießung an dem Ver-
geführt wird. mögen des Kindes zusten, ist der Pfändung nicht
(3) Die Pfändung bedarf der Eintragung in das unterworfen. Das gleiche gilt von den ihnen nach
Schiffsregister; die Eintragung erfolgt auf Grund den §§ 1655, 1656 des Bü,gerlichen Gesetzbuchs
des Pfändungsbeschlusses. Der Pfändungsbeschluß zustehenden Ansprüchen, solange sie nicht fällig
soll dem Korrespondentreeder zugestellt werden; sind.
wird der Beschluß diesem vor der Eintragung zu- (2) Auf die Pfändung Jer von dem Vater oder
gesiellt, so gilt die Pfändung ihm gegenüber mit der Mutter kraft der felterlichen Nutznießung er-
der Zustellung als bewirkt. worbenen Früchte gelten die Vorschriften des
(4) Verwertet wird die gf'pfändete Schiffspart § 861 Abs. 1 Satz 2 entsprechend mit der Maßgabe,
im Wege der Veräußerung. Dem Antrag auf An- daß die in den §§ 1655, 1656 des Bürgerlichen
ordnung der Veräußerung ist ein Auszug aus dem Gesetzbuchs bezeichneten Ansprüche, wenn sie
Schiffsregistu beizufiigcn, der alle das Schiff und fällig sind, den erworbenC'n Früchten gleichstehen.
die Schiffspart betreffenden Eintragungen enthält; (3) Der Widerspruch kann auch von dem Kinde
der Auszug darf nicht älter als eine Woche sein. nach § 766 geltend gemacht werden.
(5) Ergibt der Auszug aus dem Schiffsregister,
daß die Schiffspart mit einem Pfandrecht belastet § 863
ist, clas cirn,111 andern als dem betreibenden Gläu- (1) Ist der Schuldner als Erbe nach § 2338 des
biger zusteht, so ist die llintcrlegung des Erlöses Bürgerlichen Cesetzbuchs durch die Einsetzung
anzuordnen. Der Erlös wird in diesem Fall nach eines Nacherben beschränkt, so sind die Nutzun-
dr,n Vorschriften der §§ 873 bis 882 verteilt; For- gen der Erbschaft der Pfändung nicht unterworfen,
derungen, für die ein Pfandrecht an der ·Schiffs- soweit sie zur Erfüllung der dem Schuldner seinem
part eingetragen ist, sind nach dem Inhalt des Ehegatten, seinem früheren Ehegatten oder seinen
Schiffsregisters in den Teilungsplan aufzunehmen. Verwandten gegenüber geselzlich obliegenden
612 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
Unterhaltspflicht und zur Bestreitung seines stan- § 867
desmäßigen Unterhalts erlorderlich sind. Das (1) Die Sicherungshypothek wird auf Antrag des
gleiche gilt, wenn der Schuldner nach- § 2338 des Gläubigers in das Grundbuch eingetragen, die Ein·
Bürgerlichen Gesetzbuchs durch die Ernennung tragung ist auf dem vollstreckbaren Titel zu ver-
eines Tceslamentsvo!lstreckers beschränkt ist, für merken. Mit der Eintragung entsteht die Hypothek.
seinen Anspruch auf den jährlichen Reinertrag. Das Grundstück haftet auch für die dem Schuldner
(2) Die Pfändung ist unbeschränkt zulässig, zur Last fallenden Kosten der Eintragung.
wenn der Anspruch eines Nachlaßgläubigers oder (2) Sollen mehrere Grundstücke des Schuldners
ein auch dem Nacherben oder dem Testaments- mit der Hypothek belastet werden, so ist der Betrag
vollstrecker gegenüber wirksames Recht geltend der Forderung auf die einzelnen Grundstücke zu
gemilcht wird. verteilen: die Größe der Teile bestimmt der
(3) Diese Vorschriften gelten entsprechend, wenn Gläubiger.
der Anteil eines Abkömmlings an dem Gesamt- § 868
gut der fortgcsc'lzten Gcitergemeinschaft nach
(l) Wird durch eine vollstreckbare Entscheidung
§ 1513 Abs. 2 des Bürgerlichr,n Gesetzbuchs einer
Beschränkung der im Ahs. 1 bezeichneten Art die zu vollstreckende Entscheidung oder ihre vor-
läufige Vollstreckbarkeit aufgehoben oder die
unterlic>gt.
Zwangsvollstreckung für unwlässig erklärt oder
Zweiter Titel deren Einstellung angeordnet, so erwirbt der Eigen-
tümer des Grundstücks die Hypothek.
Zwangsvollstreckung
(2) Das gleiche gilt, wenn durch eine gerichtliche
in c!as unbewegliche Vennö1~en Entscheidung die einstweilige Einstellung der Voll-
§ llö4 streckung und zugleich die Aufhebung der erfolg-
: <":n Vollstreckungsmaßregeln angeordnet wird oder
(1) Der Zwangsvollstreckung in das unbeweg·
liehe v,,rn,ö,wn unterliegen außer den Grund- wenn die zur Abwendung der Vollstreckung nach·
stücken die Berechtigungen, für welche die sich gelassene Sicherheitsleistung oder Hinterlegung
allf Grnndsliicke bezic,hcnden Vorschriften gelten,
erfolgt.
§ 869
die im Schiffsreqislcr c,ingetragenen Schiffe und
die Schiffsbauwe;k<:, die im Schiffsbauregister ein- Die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwal·
getragen sind oder in dieses Register eingdragen tung werden durch ein besonderes Gesetz geregelt.
werden können. § 870
(2) Die Zwangsvollstreckung in den Bruchteil
eines Grundstücks, einer Berechtigung der im Auf die Zwangs·vollstreckung in ei,1e Bcrech-
Abs. 1 bezeichneten Art oder eines Schilfes oder Jjgung, für welche die sich auf Grundstücke be-
Schiffsbauwerks isl nur zulässig, wenn der Bruch- ziehenden Vorschriften gelten, sind die Vorschriften
teil in dem Anteil eines Miteigentümers besteht über die Zwangsvollstreckung in Grundstücke ent-
orler wenn sich der Anspruch des Gliiubigers auf sprechend anzuwenden.
Pin Recht richtet, mit dem der Bruchteil als solcher § 870a
bela.stet ist.
(!) Die Zwangsvollstreckung in ein eingetragenes
§ 865
Schiff oder in ein Schiffsbauwerk, das im Schiffs·
(1) Die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche bauregister eingetragen ist oder in dieses Register
Vermögen umfaßt auch die Gegenstände, auf die eingetragen werden kann, erfolgt durch Eintragung
sich bei Grundstücken und Berechtigungen die einer Schiffshypothek für die Forderung oder durch
Hypothek, bei Schiffen oder Schiffsbauwerken die Zwangsversteigerung.
Schiffshypothek erstreckt. (2) § 866 Abs. 2, 3, § 867 gelten entsprechend.
(2) Diese Gegenstände können, soweit sie Zu- (3) Wird durch eine vollstreckb.are Entscheidung
behör sind, nicht gepfändet werden. Im übrigen die zu vollstreckende Entscheidung oder ihre vor-
unterliegen sie der Zwangsvollstreckung in das läufige Vollstreckbarkeit aufgehoben oder die
bewegliche Vermögen, solange nicht ihre Beschlag- Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt oder
nahme im Wege der Zwangsvollstreckung in das deren Einstellung angeordnet, so erJigcht die Schiffs•
unbewegliche Vermögen erfolgt ist. hypothek; § 57 Abs. 3 des Gesetzes über Rechte an
§ 866 eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken vom
(1) Die Zwangsvollstreckung in ein Grundstück 15. November 1940 (Reichsgesetzbl. I S. 1499) ist
erfolgt durch Eintragung einer Sicherungshypothek anzuwenden. Das gleiche gilt, wenn durch eine
für die Forderung, durch Zwangsversteigerung und gerichtliche Entscheidung die einstweilige Einstel•
durch Zwangsverwaltung. lung der Zwangsvollstreckung und zugleich die
(2) Der Gläubiger kann verlangen, daß eine dieser Aufhebung der erfolgten Vollstreckungsmaßregeln
Maßregeln allein oder neben den übrigen aus- angeordnet wird oder wenn die zur Abwendung der
geführt werde. Vollstreckung nachgelassene Sicherheitsleistung
(3) Eine Sicherungshypothek (Abs. 1) darf nur für oder Hinterlegung erfolgt.
einen Betrag von mehr als dreihundert Deutsche § 871
Mark eingetragen werden; Zinsen bleiben dabei un- Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vor·
berücksichtigt, soweit sie als Nebenforderung gel- schriften, nach denen, wenn ein anderer als der
tend gemacht sind. Auf Grund mehrerer demselben Eigentümer einer Eisenbahn oder Kleinbahn den
Gläubiger zustehender Schuldtitel kann eine ein- Betrieb der Bahn kraft eigenen Nutzungsrechts aus-
heitliche Sicherungshypothek eingetragen werden. übt, das Nutzungsrecht und gewisse dem Betriebe
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 813
gewidmete Gegenstände in Ansehung der Zwangs- § 878
vollstreckung zum unbeweglichen Vermögen ge- (!)_ Der widersprechende Gläubiger muß ohne
hören und die Zwangsvollstreckung abweichend vorherige Aufforderung binnen einer Frist von
von den Vorschriften des Bundesrechts geregelt ist. einem Monat, die mit dem Terminstag beginnt,
dem Gericht nachweisen, daß er gegen die betei~
Dritter Titel ligten Gläubiger Klage erhoben habe. Nach frucht-
Verteilungsveriahren losem Ablauf dieser Frist wird die Ausführung des
Planes ohne Rücksicht auf den Widerspruch ange-
§ 872
ordnet.
Das Verteilungsverfahren tritt ein, wenn bei der (2) Die Befugnis des Gläubigers, der dem Plan
Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen widersprochen hat, ein _besseres Recht gegen den
ein Geldbetrag hinterlegt ist, der zur Befriedigung Gläubiger, der einen Geldbetrag nach dem Plan er-
der beteiligten Gläubiger nicht hinreicht. halten hat, im Wege der Klage geltend zu machen,
§ b/3 wird durch die Versäumung der Frist und durch
Das zuständige Amtsgericht (§§ 827, 853, 854) hat die Ausführung des Planes nicht ausgeschlossen.
nach Eingang der Anzeige über die Sachlage an § 879
jeden der beteiligten Gläubiger die Aufforderung (1) Die Klage ist bei dem Verteilungsgericht und,
zu erlassen, binnen zwei Wochen eine Berechnung wenn der Streitgegenstand zur Zuständigkeit der
der Forderung an Kapital, Zinsen, Kosten und Amtsgerichte nicht gehört, bei_ dem Landgericht zu
sonstigen Nebenforderungen einzureichen. erheben, in dessen Bezirk das Verteilungsgericht
seinen Sitz hat.
§ 874
(2) Das Landgericht ist für sämtliche Klagen zu-
(1) Nach Ablauf der zweiwöchigen Fristen wird ständig, wenn seine Zuständigkeit nach dem Inhalt
von dem Gericht ein Teilungsplan angefertigt. der erhobenen und in dem Termin nicht zur Erle-
(2) Der Betrag der Kosten des Verfahrens ist von digung gelangten Widersprüche auch nur bei einer
dem Bestand der Masse vorweg in Abzug zu Klage begründet ist, sofern nicht die sämtlichen
bringen. beteiligten Gläubiger vereinbaren, daß das Ver-
(3) Die Forderung eines Gläubigers, der bis zur teilungsgericht über alle Widersprüche ent-
Anfertigung des Teilungsplanes der ari ihn gerich- scheiden solle.
teten Aufforderung nicht nachgekommen· ist, wird § 880
nach der Anzeige und deren Unt_erlagen berechnet. In dem Urteil, durch das über einen erhobenen
Eine_ nachträgliche Ergänzung der Forderung findet Widerspruch entschieden wird, ist zugleich zu
nicht statt. bestimmen, an welche Gläubiger und in welchen
§ 875 Beträgen der streitige Teil der Masse auszuzahlen
(1) Das Gericht hat zur Erklärung über den Tei- sei. Wird dies nicht für angemessen erachtet, so
lungsplan sowie zur Ausführung der Verteilung ist die Anfertigung eines neuen Planes und ein
einen Termin zu bestimmen. Der Teilungsplan muß anderweites Verteilungsverfahren in dem Urteil
spätestens drei Tage vor dem Termin ·auf ·der Ge- anzuordnen.
schäftsstelle zur Einsicht der Beteiligten nieder- § 881
gelegt werden. Das Versäumnisurteil gegen einen widerspre-
(2) Die Ladung des Schuldners zu dem Termin ist chenden Gläubiger ist dahin zu erlassen, daß der
nicht erforderlich, wenn sie durch Zustellung im Widerspruch als zurückgenommen anzusehen sei.
Ausland oder durch öffentliche Zustellung erfolgen
§ 882
müßte.
§ 876 Auf Grund des erlassenen Urteils wird die Aus-
Wird in dem Termin ein Widerspruch gegen den zahlung oder das -anderweite Verteilungsverfahren
von dem Verteilungsgericht angeordnet.
Plan nicht erhoben, so ist dieser zur Ausführung zu
bringen. Erfolgt ein Widerspruch, so hat sich jeder Dritter Abschnitt
dabei beteiligte Gläubiger sofort zu erklären. Wird Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Heraus-
der Widerspruch von den Beteiligten als begründet gabe von Sachen und zur Erwirkung von Hand•
anerkannt oder kommt anderweit eine Einigung zu- Jungen oder Unterlassungen
stande, so ist der Plan demgemäß zu berichtigen. § 883
Wenn ein Widerspruch sich nicht erledigt, so wird
der Plan insoweit ausgeführt, als er durch den (1) Hat der Schuldner eine bewegliche Sache
oder eine Menge bestimmter beweglicher Sachen
Widerspruch nicht betroffen wird.
herauszugeben, so sind sie von dem Gerichtsvoll-
§877 zieher ihm wegzunehmen und dem Gläubiger zu
(!) Gegen einen Gläubiger, der in dem Termin übergeben.
weder erschienen ist noch vor dem Termin bei dem (2) Wird die herauszugebende Sach~ nicht vor-
Gericht Widerspruch erhoben hat, wird ange- gefunden, so ist der Schuldner verpflichtet, auf
nommen, daß er mit der Ausführung des Planes ein- Antrag des Gläubigers den Offenbarungseid dahin
verstanden sei. zu leisten:
(2) Ist ein in dem Termin nicht erschienener Gläu- daß er die Sache nicht besitze, auch nicht
biger bei dem Widerspruch beteiligt, den ein an- wisse, wo die Sache sich befinde.
derer Gläubiger erhoben hat, so_ wird angenommen, (3) Das Gericht kann eine der Lage der Sache
daß er. diesen Widerspruch nicht als begründet an- entsprechende Änderung der vorstehenden Eides-
erkenne. norm beschließen.
614 Bun<lesgesetzbl<1tl, Jahq,!ang 1950
§ 88.J § 888 a
Hat der Schuldner eine bestimmte Menge ver- Ist im F,a!le des§ 510 b der lk'sl3gle zur Zahlu,ng
tretbarer Sachen oder Wertpapiere zu leisten, eo einer Entschädigung verurteilt, so ist die Zwangs-
gill die Vorschrift des § UB3 Abs. 1 entsprechend. vollstreckung auf Grund der Vorschriften der
§~ 887, 888 ausgeschlossen.
§ 835
§ 889
(1) Hat der Schuldner eine unbewegliche Sache
(!) 1st der Schuldner auf Grund der Vorschriften
oder ein eingetragenes Schiff oder Schiffsbauwerk des bürg,erlichen Recht; zur Leistung eines Offen-
herauszugeben, zu überlassen oder zu räumen, so barungseides verurteilt, so wird der Eid vor dem
hat der Gerichtsvollzieher den Schuldner aus dem Prozeßgericht des ersten Rechtszuges geleistet. Auf
Besitz zu setzen und den Gläubiger in den Besitz die Abnahme des Eides sind die Vorschriften Jer
einzuweisen.
§§ 478 bis 484 anzuwenden.
(2) Bewegliche Sdchen, die nicht Gegenstand der (2) Erscheint de,r Schuldner in der.:1 zur Eides-
Zwangsvollstreckung sind, werden von dem Ge- leistung bestimmten Termin nicht oder verweigert
richtsvollzieher weggeschafft und dem Schuldner er die Ei-desleistung, so ist nach § 888 zu verfahre.1.
oder, wenn dieser abwesend ist, einem Bevoll- Ist ,der Schuldner zur Erzwingung de,r Eidesleistung
mächtigten des Schuldners oder einer zu seiner in Haft genommen, so sind 'die Vorschriften des
FamiJ.ie gehöri!Jer, oder in rlies•er Familie dienen- § 902 anzuwenden.
den erwachsenen Person übergeben oder zur Ver- § 890
fügung gestellt.
(1) IlandelL der SchulcLner der Verpflichtung zu-
(3) Ist weder der Schuldner noch eine der be-
wider, eine Hctndlung zu unle~-lusscn e,der die \lor~
leichneten Personen unwesend, so hat d,,r Gerichts-
ncdune einer Handlung zu dulden, so ist er wc,1en
vollzieher die Sachen auf Kosten des Schuldners
, ,ner jec'.cn Zuwiderhandlung au! Antrag des G1,iu·
rn das Pfandlokal zu scha!ien oder anderweit in
oigers von dem Prozeßgericl1t des erslen Rechts-
Verwahrung zu bringen.
zuges zu einer Geldstrafe oder zur Strafe der Hctft
(4) Verzögert de,r Schuldner die Abforclcrung, so
bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das Maß der
kann das Vollstreckungsgericht den Verkauf der
Gesamtstrafe darf zwei Jahre Haft nicht übt'l'-
Sachen und die' 1!in t.erlegung des Erlöses anord;,en.
sleigen. Das Höchstmaß der Geldstrafe ist un-
§ 886 beschränkt.
Befindet sich ~ine herauszugebende Sache im (2) Der Verurteilung muß eine Strafandrohung
Gewahrsam eines Dritten, so ist dem Gläubiger auf vorausgehen, die, wenn sie in dem die Verpflich-
dessen Antrag der Anspmch des Schuldners auf tung aussprechen.den Urteil nicht e:ntha.lten ist, auf
Herausgabe der Sache nach. den Vorschriften zu Antrag von dem Prozeßgericht. des ersten Rechts-
überweisen, welche die Pfändu~g und Uberweisung zuges erlass,en wird.
einer Geldforderung betreffen. (3) Auch kann der Schuldne,r auf Antrag des
Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den
§ 887
durch fernere Zuwiderhandl.mgen entstehenden
(1) Erfüll-t der Schuldner die Verpflichtung nicht, Schaden auf b.estimmtc Zeit verurteilt werden.
eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme
§ 891
durch einen Dritten erfolgen kann, so ist der Gläu-
biger von dem Prozeßgericht des ersten Rechts- Dj,e nach dem §§ 887 bis 890 zu erlassenden Ent-
ZUJeS auf Antr.1g zu ermächtigen, auf Kosten des scheidungen können ohne mündliche Verhandlung
Schuldners die Handlung vornehmen zu lassen. ergehen. Vor der Entscheidung ist der Schuldner
(2) DPr Gläubiger kann z11glPich bcanl.rngen, den zu hören.
Schuldner zur Vorauszahlung der Kosten zu ver- § i:liJ2
urtei,en, die durch die Vornahme der Handlung Lc,islel der Schnldner \Viclcrsland gegen dieVor-
entstehen werden unbeschadet des Rechts auf eine nahme einer Handlung, die er nach den VorschriftPn
Nachforderung, wenn die Vornahme der Handlung der §§ 887, 890 zu du!cl,,n hat, so kann der Gläu·
einen größeren Kostenaufwand verursacht. bi~er zur Bc,scitigung des Widerstandes einen Ge·
(3) Auf die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung richtsvollziehr,r zuziehen, der nach den Vorschriften
der Herausgabe oder Leistung von Sachen sind cles § 758 Abs. 3 und des § 759 zu verfahren hat.
die vorstehenden Vorschriften nicht anzuwenden. § 893
§ 888 (!) Durch die Vorschriften dieses Abschnitts wird
das Recht des Gläubigers nicht berührt, die Leistung
(1) Kann eine Handlung durch einen Dritten
des Interesses zu verlangen.
nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie aus-
(2) Den Anspruch auf Leistung des Interesses hat
schli-eßlich von dem Willen des Scllllldne.rs ab-
der Gläubiger im \,V cgc der Klage bei dem Prozeß-
hctngt, auf Antran von dern Prozeßgericht des
gericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.
ersten Rechtszuges zu erkenn-en. d'lß der Schuldner
zur Vornahme der Handlung dmch Geldstrafen § 891
oder durch Haft anzuhalien sei. Das Höchstmaß (!) Ist der Schuldner zur Abgabe einer Willens-
der ..;eldstrafe ist unbeschränkt. erk!iirung verurteilt, so gilt die Erklärung als ab-
(2) Diese Vorschrift kommt im Falle der Ver- gegeben, sobald das Urteil die Rechtskraft erlangt
urteilung zur Eingehung einer Ehe, im Falle der hat. Ist die Willenserklärung von einer Gegen-
Ven.1rl.eilung zur Herstellung dos ehelichen Lebens leistung abhängig gemacht, so tritt diese Wirkung
und im Falle der Vermteilung zur Leistung von ei.n, sobald nach den Vorschriften der §§ 726, 730
Dien,.,ten aus einem Dienstvertrag nicht zur An- eine vollstreckbare Ausfertigung des rechtskräftigen
welli(lung. Urteils erteilt ist.
Nr. 40 -- Ta,? der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 616
(2) Die Vorschrifl des. ersten Absatzes ist im Falle (3) Bestreitet der Schuldner die Verpflichtung zur
der Verurteilung zur Eingehung einer Ehe nicht an· Leistung des Eides, so ist von dem Gericht durch
znwenden. Beschluß über den Widerspruch zu entscheiden. Die
§ 895 Eidesleistung erfolgt erst nach Eintritt der Rechts-
Ist durch ein vorläufig vollstreckbares Urteil der kraft der Entscheidung; das Vollstreckungsgericht
Schuldner zur Abgabe einer Willenserklärung ver- kann jedoch die Eidesleistung vor Eintritt der
urteilt, auf Grund deren eine Eintragung in das Rechtskraft ano<;dnen, wenn bereits ein früherer
Grundbuch, das Schiffsregister oder das Schiffsbau- Widerspruch rechtskräftig verworfen ist.
register erfolgen soll, so gilt die Eintragung einer § 901
Vormerkung oder eines Widerspruchs als bewilligt.
Die Vormerkung oder der Widerspruch erlischt, Gegen den Schuldner, de1 in deni zur Leistung
wenn das Urteil durch eine vollstreckbare Eru:schei- des Offenbarungseides bestimmten Termin nicht
dung aufgehoben wird. erscheint oder die Leistung des Eides ohne Grund
verweigert, hat das Gericht zur Erzwingung der
§ 896 Eidesleistung auf Antrag die Haft anz_uordnen.
Soll auf Grund eines Urteils, das eine Willens·
erklärung des Schuldners ersetzt, eine Eintragung § 902
in ein öffentliches Buch oder Register vorgenommen (1) Der verhaftete Schuldner kann zu jeder Zeit
werden, so kann der Gläubiger an Stelle des Schuld- bei dem Amtsgericht des Haftorts beantragen, ihm
ners die Erteilung der im § 792 bezeichneten Ur- den Eid abzunehmen. Dem Antrag ist ohne Verzug
kunden verlangen, soweit er dieser Urkunden zur stattzugeben.
Ilerbeiführung der Eintragung bedarf. (2) Nach Leistung des Eides wird der Schuldner
§ 897 aus der Haft entlassen und der Gläubiger hiervon
in Kenntnis gesetzt.
(1) I~t der Schuldner zur Ubertragung des Eigen-
§ 903
tums oder zur Bestellung eines Rechtes an einer
beweglichen Sache verurteilt, so gilt die Ubergabe (1) Ein Schuldner, der den im § 807 erwähnten
der Sache als erfolgt, wenn der Gerichtsvollzieher Offenbarungseid geleistet hat, ist zur nochmaligen
die Sache zum Zwecke der Ablieferung an den Leistung des Eides auch einem anderen Gläubiger
Gläubiger wegnimmt. gegenüber nur verpflichtet, wenn glaubhaft gemacht
(2) Das gleiche gilt, wenn der Schuldner zur Be- wird, daß er später Vermögen erworben habe.
stellung einer Hypothek, Grundschuld oder Renten- (2) Diese Vorschrift ist nicht anzuwenden, wenn
schuld oder zur Abtretung oder Belastung einer seit der Eidesleistung fünf Jahre verstrichen sind.
Hypothekenforderung, Grundschuld oder Renten-
§ 904
schuld verurteilt ist, für die Ubergabe des Hypo-
theken-, Grundschuld- oder Rentenschuldbriefs. Die Haft ist unstatthaft:
1. gegen Mitglieder des Bundestages, eines Land-
§ 898
tages oder einer zweiten Kammer während der
Auf einen Erwerb, der sich nach den §§ 894, 897 Tagung, sofern nicht die Versammlung die
vollzieht, sind die Vorschriften des bürgerlichen Vollstreckung g,enehmigt;
Rechts zugunsten derjenigen, die Rechte von einem
2. (weggefallen)
Nichtberechtigten herleiten, anzuwenden.
3. gegen den Schiffer, die Schiffsmannschaft und
alle übrigen auf einem Seeschiff angestellten
Vierter Abschnitt Personen, wenn das Schiff zum Abgehen fertig
Offenbarungseid und H;,.ft (segelfertig) ist.
§ 905
§ 899
Für die Abnahme des Offenbarungseides in den Die Haft wird unterbrochen:
Fällen der §§ 807, 883 ist das Amtsgericht, in dessen 1. gegen Mitglieder des Bundestages, eines Land-
Bezirk der Schuldner im Inland seinen Wohnsitz tages oder einer zweiten Kammer für die
oder in Ermangelung eines solchen seinen Aufent- Dauer der Tagung, wenn die Versammlung die
haltsort hat, als Vollstreckungsgericht zuständig. Freilassung verlangt;
2. (weggefallen)
§ 900
§ 906
(!) Das Verfahren beginnt mit dem Antrag des
Gläubigers auf Bestimmung eines Termins ~ur Lei- Gegen einen Schuldner, dessen Gesundheit durch
stung des Offenbarungseides. Dem Antrag sind der die Vollstreckung der Haft einer nahen und erheb•
Vollstreckungstitel und die sonstigen Urkunden, liehen Gefahr ausgesetzt wird, darf, solange dieser
aus denen sich die Verpflichtung des Schuldners Zustand dauert, die Haft nicht vollstreckt werden.
zur Leistung des Eides ergibt, beizufügen. § 907
(2) Die Ladung zu dem Termin zur Leistung des Die Haft wird in einem Raum vollstreckt, in
Offenbarungseides ist dem Schuldner selbst zuzu- dem nicht zugleich Untersuchungs- oder Straf•
stellen, auch wenn er einen Prozeßbevollmächtigten gefangene sich befinden.
bestellt hat; einer Mitteilung an den Prozeßbevoll- § 908
mächtigten bedarf es nicht. Dem Gläubiger ist die Das Gericht hat bei Anordnung der Haft einen
Terminsbestimmung nach Maßgabe des § 357 Abs. 2 Haftbefehl zu erlassen, in dem der Gläubiger, der
mitzuteilen. Seine Anwesenheit in dem Termin ist Schuldner und der Grund der Verhaftung zu be•
nicht erforderlich. zeichnen sind.
616 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
§ 909 Fünfter Abschnitt
Die Verhaftung des Schuldners erfolgt durch Arrest und einstweilige Verfügung
einen Gerichtsvollzieher. Der Haftbefehl muß bei
der Verhaftung dc,m Schuldner vorgezeigt und auf § 916
Begehren abschriftlich mitgeteilt werden. (1) Der Arrest findet zur Sicherung der Zwangs-
§ 910 vollstreckung in das bewegliche oder unbeweg-
liche Vermögen wegen einer Geldforderung oder
Vor der Verhalltrng eines Beamten, eines Geist-
wegen eines Anspruchs statt, der in eine Geldfor-
lichcon oder eines Lehrers an öffentlichen Unter-
derung übergehen kann.
richtsanstallen ist der vorgesetzten Dienstbehörde
(2) Die Zulässigkeit des Arrestes wird nicht da-
von dem Gerichtsvollzieher Anzeige zu machen.
Die Verhaftung darf erst erfolgen, nachdem die durch ausgeschlossen, daß cler Anspruch betagt oder
vorgesetzte Behörde für die dienstliche Vertretung bedingt ist, es sei denn, daß der bedingte An-
des Schuldners gesorgt hat. Die Behörde ist ver- spruch wegen der entfernten Möglichkeit des Ein-
pt1ichtd, ohne Verzug die erforderlichen Anod- tritts der Bedingung einen gegenwärtigen Ver-
nungcn zu treffen und den Gerichtsvollzieher hier- mögenswert nicht hat.
von in Kenntnis zu setzen. § 917
(1) Der dingliche Arrest findet statt, wenn zu
§ 911
besorgen ist, daß ohne dessen Verhängung die
Der Gläubiger hat die Kosten, die durch die Haft Vollstreckung des Urteils vereitelt oder wesentlich
entstehen, einschließlich der Verpflegungskosten erschwert werden würde.
von Monat zu Monat vorauszuzahlen. Die Auf- (2) _Als ein zureichender Arrestgrund ist es an-
nahme des Schuldners in das Gcfcing nis ist unstatt- zusehen, wenn das Urteil im Ausland vollstreckt
hatt, wenn nicht mindestens für einen Monat die '"erden müßte.
Zahlu-ng geleistet ist. Wird die Zahlung nicht spä- § 918
testens bis zum Mittag des letzten Tages erneuert,
für den sie geleistet ist, so wird der Schuldner von Der persönliche Sicherheitsarrest findet nur statt,
Amts wegen aus der Haft entlassen. Gegen den wenn er erforderlich ist, um die gefährdete
Schuldner, der aus diesem Grund oder ohne sein Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuld-
Zutun auf Antrag des GIJ11higers entlassen ist, .ners zu skhern.
findet auf Antrag desselben Gläubigers eine Er· § 919
ncuerung der Haft nicht statt. Für die Anor-dn_ung des Arrest-es ist sowohl das
Gericht der Hauptsache als das· Amtsgericht zu-
§ 912
ständig, in dessen Bezirk der mit Arrest zu be•
(weggefallen)
legende Gegenstand oder die in ihrer persönlichen
§ 913 Freiheit zu beschränkende Person sich befindet.
Die HRft darf die Dauer von sechs Monaten nicht § 920
übersteigen. Nach Ablauf der sechs Monate wird
(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des An-
der Schuldner von Amts w,,gen aus der Haft ent-
lassen. spruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des
Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrest-
§ 914
grundes enthalten.
(!) Ein Schuldner, gegen den wegen Verweige- (2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind
rung des im § 807 erwähnten Offenbarungseides glaubhaft zu machen.
eine Haft von sechs· Monaten vollstreckt ist, kann (3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu
auch auf Antrag eines anderen Cläubigers von Protokoll .erklärt werden.
neuem zur Leistung dieses Eides durch · Haft nur
angehalten werden, wenn glaubhaft gemacht wird, § 921
daß der Schuldner später Vcrmi;gen Prworben habe. (1) DiE. Entscheidung kann ohne mündliche Ver·
(2) Diese Vorschrift ist nicht anzuwenden, wenn handlung ergehe'Il.
seit der Beendigung der Haft fünf Jahre verstrichen (2) Das Ger-icht kann, auch wenn der Anspruch
sind oder der Arrestgrund nicht glaubhaft gemacht •ist,
§ 915 den Arrest anordnen, sofern wegen -der dem Gegner
(1) Das Vollslreckun<JSIJ<>richt hat ein Verzeich- drohenden Nachteile Sicherheit geleistet wird. Es
nis der Personen zu führen, die vor ihm den im kann die Anordnung des Arrestes von einer Sicher•
§ 807 erwähnten Offenbarungseid geleistet haben heitsleistung abhängig machen, selbst wenn der
oder gegen die wegen Verweigerung des Eides die Anspi,uch und der Arrestgrund glaubhaft gemacht
Haft angeordnet ist. Die Vollstreckung einer Haft sind.
ist in dem Verzeichnis zu vermerken, wenn sie § 922
sechs Monate gedauert hat. (1) Die Entscheidung über das Gesuch ergeht im
(2) Sind seit dem Schluß des Jahres, in dem Falle einer mündlichen Verhandlung durch End•
die Eintragung in das Verzeichnis bewirkt ist, fünf urteil, a•ndernfalls durch Beschluß.
Jahre verstrichen, so ist die Eintragung dadurch zu (2) Den Beschluß, durch den ein Arrest ange-
löschen, daß der Name unkenntlich gemacht oder ordnet wird, hat die Partei, die den Arrest erwirkt
das Verzeichnis vernichtet wird. hat, zustellen zu lassen.
(3) Die Einsicht des Verzeichnisses ist jedem ge- (3) Der Beschluß, durch den das Arrestgesuch
staltet, auch hat die Geschäftsstelle auf Antrag zurückgewiesen oder vorherige Sicherheitsleistung
über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Ein- für erforderlich erklärt wird, ist -dem Gegner nicht
tragung Auskunft zu erteilen, mitzuteilen.
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 617
§ 923 kündet oder der Partei, auf deren Gesuch er e·r•
In dem Arrestbefehl ist ein Geldbetrag fe.stzu- ging, zugestellt ist, ein Monat verstrichen ist.
stel!en, durch dessen Hinterlegung die Vollziehung (3) Die Vollziehung ist vor der Zustellung des
des Arrestes gehemmt und der Schuldner zu dem Arreatbefehls an den Schuldner zulässig, Sie ist je-
Antrag auf Aufhebung des vollzogenen Arrestes doch ohne Wirkung, we.nn die Zustellung nicht
berechtigt wird. innerhalb einer Woche nach der Vollziehung und
§ 924 vor Ablauf der für diesB im vorhergehenden Ab-
(!) Gegen des, Beschluß, durch de.n ein Arr.est satz bestimmten Frist erfolgt.
angeordnet wir·d, findet Widerspruch statt. § 930
(2) Oie widersprechende Partei hat in dem Wider- (1) Die Vollziehung des Arrestes in bewegliches
spruc!-i die Gründe darzulegen, die sie für die Auf- Vermögen wird durch Pfändung bewirkt. Die Pfän•
hebung des Arrestes gell.end machen will. Das Ge- dung erfolgt nach denselben Grundsätzen wie jede
richt hat Termin zur mündlichen Verhandlung von andere Pfändung und begründet ein Pfandrecht mit
Amts wegen zu bestimmen. Ist das Arrestgericht den im § 804 bestimmten Wirkungen, Für die Pfän-
ein Amtsgericht, so ist der Widerspruch unter An- dung einer Forderung ist das Arrestgericht als Voll-
gabe der Gründe, die für die Aufhebung des Ar- streckungsgericht zuständig.
restes geltend gemacht werden sollen, schriftlich (2) Gepfändetes Geld und ein im Verteilungsver-
oder zum Protokoll der Geschäftsstelle zu erheben. fahren auf den Gläubiger fallender Betrag des Er-
(3) Durch Erhebung des Widerspruchs wird die löses werden hinterlegt.
Vollziehung des Arrestes nicht gehemmt. Das Ge- (3) Das Vollstreckungsgericht kann auf Antrag
richt kann aber ein,:, einstw,:,ilige Anordnung nach anordnen, daß eine bewegliche körperliche Sache,
§ 707 treffen. wenn sie der Gefahr einer beträchtlichen Wertver-
§ 925 ringerung ausgesetzt ist oder wenn ihre Aufbewah-
(!) Wird Widerspruch erhuber>, so ist über die rung unverhältnismiißige Kosten verursachen würde,
Rechtmäßigkeit des Arrestes durch Endurteil zu 1
versteigert und der Erlös hinterlegt werde.
entscheid,:,n,
§_ 931
(2) Das Gericht kann den Arrest ganz oder teil-
weise bestätigen, abändern oder aufheben, auch (1) Die Vollziehung des Arrestes in ein eingetra-
die Bestätigung, Ah'inderung oder Aufhebung von genes Schiff oder Schiffsbauwerk wird durch Pfän-
. einer Sicherheitsleistung abhängig machen, dung nach den Vorschriften über die Pfändung be·
weglicher. Sachen mit folgenden A.bweichungen
§ 926 bewirkt:
(1) Ist die Hauptsache nicht anhängig; so hat das (2) Die Pfändung begründet ein Pfandrecht 3.D
Arrestgericht auf Antrag ohne mündlkhe Verhand- dem gepfändeten Schiff oder Schiffsbauwerk; das
lung anzuordnen, daß die Partei, die dc.n Arrest- Pfandrecht gewährt dem G.läubiger im Verhältnis
befehl erwirkt hat, binnen eL1er zu bestimmenden zu anderen Rechten dieselben Rechte wie eine
Frist Klage zu erLeben habe. Schiffshypothek.
(2) Wii·d dieser Anordnung nicht Fo]y<, geleistet, (3) Die Pfändung wird auf Antrag des Gläubigers
so ist auf Antrag die Aufhebung des Arrestes vom Arrestgericht als Vollstreckungsgericht ange- ·
durch Endurteil auszusprechen, ordnet; das Gericht hat _zugleich das Registergericht
um die Eintragung einer Vormerkung zur Siche-
§ 927 rung des Arrestpfandrechts in das Schiffsregister
(1) Auch nach der Bcstätigu·ng des Arrestes kann oder Schiffsbauregister zu ersuchen; die Vormer-
wegen veränderter Umstände, insbesondere we.gen kung erlischt, wenn die Vollziehung .des Arrestes
Erledigung des Arrestgrundes oder auf Grund des unstatthaft wird.
Erbietens zur Sicherheitsleistung die Aufhebung (4) Der Gerichtsvollzieher hat bei der Vornahme
des Arrestes beantragt werden. der Pfändung das Schiff oder Schiffsbauwerk in Be-
(2) Die Entscheidung ist durch Endurteil zu er- wachung ünd Verwahrung zu nehmen.
erlasaen; sie ergeht durch das Gericht, das den (5) Ist zur Zeit der Arrestvollziehung die Zwangs-
Arrest angeordnet hat, und wenn die Hauptsache versteigerung des Schiffes oder Schiffsbauwerks
anhängig ist, durch das Gericht der Hauptsache, eingeleitet, so gilt die in diesem Verfahren erfolgte
Beschlagnahme des Schiffes oder Schiffsbauwerks
§ 928 als erste Pfändung im Sinne des § 826; die Abschrift
Auf die Vollziehu·ng des Arrestes sind die Vor- des Pfändungsprotokolls ist dem Vollstreckungs-
schriften über die Zwangsvollstrecki.:ng entspre- gericht einzureichen,
chend anzuwenden, soweit nicht die nachfolgen- (6) Das Arrestpfandrecht wird auf Antrag des
den Paragraphen abweichende Vorschriften ent- Gläubigers in das Schiffsregister od~r Schiffsbau-
halten. register eingetragen, der nach § 923 festgestellte
§ 929 Geldbetrag ist als der Höchstbetrag zu bezeichnen,
(1) Arrestbefehle bedürfen der Vollstreckungs- für den das Schiff oder Schiffsbauwerk haftet. Im
klausel nur, wenn die Vollziehung für einen übrigen gelten der § 867 und der § 870a Abs. 3 ent-
anderen als den in dem Befehl bezeichneten Gläu- sprechend, soweit nicht vorstehend etwas anderes
biger oder gegen einen anderen als den in dem bestimmt ist.
Pefehl b.ezeich,neten Schuldner erfolg.:m soll. § 932
(2) Die Vollziehung des Arrestbefehls ist unstatt- (1) Die Vollziehung des Arrestes in ein Grund•
haft, wenn seit dem Tage, an dem der Befehl ver- stück oder in eine Berechtigung, für welche die sich
618 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
auf Grundstücke beziehenden Vorschriften gelten, § 939
erfolgt durch Eintragung einer Sicherungshypothek Nur unter besonderen Umständen kann die Auf-
für die Forderung; der nach§ 923 festgestellte Geld- hebung einer einstweiligen Verfügung gegen Sicher-
betrag lst als der Höchstbetrag zu bezeichnen, für heitsleistung gestattet werden.
den das Grundstück oder die Berechtigung haftet.
§ 940
(2) Im übrigen gelten die Vorschriften der §§ 867,
Einstweilige Verfügungen sind .auch zum Zwecke
868.
der Regelung eines einstweiligen Zustandes in
(3) Der Antrag auf Eintragung der Hypothek gilt bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig,
im Sinne des § 929 Abs. 2, 3 als Vollziehung des sofern diese Regelung, insbesondere bei dauernden
Arrestbefehls. Rechtsverhältnissen zur -Abwendung wesentlicher
§ 933 Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt
Die Vollziehung des persönlichen Sicherheits- oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
arrestes richtet sich, wenn sie durch Haft erfolgt,
§ 941
nach den Vorschriften der §§ 904 bis 913 und, wenn
sie durch sonstige Beschränkung der persönlichen Hat auf Grund der einstweiligen Verfügung eine
Freiheit erfolgt, nach den vom Arrestgericht zu Eintragung in das Grundbuch, das Schiffsregister
treffenden besonderen Anordnungen, für welche die oder das Schiffsbauregister zu erfolgen, so ist das
Beschränkungen der Haft maßgebend sind. In den Gericht befugt, das Grundbuchamt oder die Register-
Haftbefehl ist der nach § 923 festgestellte Geld· behörde um die Eintragung zu ersuchen.
betrag aufzunehmen. § 942
§ 934 (1) In dringenden Fällen kann das Amtsgericht,
(1) Wird der in dem Arrestbefehl festgestellte fo dessen Bezirk sich der Streitgegenstand befindet,
Geldbetrag hinterlegt, so wird der vollzogene Arrest eine einstweilige Verfügung erlassen unter Bestim·
von dem Vollstreckungsgericht aufgehoben. mung einer Frist, innerhalb der die Ladung des
(2) Das Vollstreckungsgericht kann die Auf- Gegners zur mündli<;hen Verhandlung über die
hebung des Arrestes auch anordnen, wenn die Fort- Rechtmäßigkeit der einstweiligen Verfügung bei
dauer besondere Aufwendungen erfordert und die dem Gericht der Hauptsache zu beantragen ist.
Partei, auf deren Gesuch der Arrest verhängt wurde, (2) Die einstweilige Verfügung, auf Grund deren
den nötigen Geldbetrag nicht vorschießt. eine Vormerkung oder ein Widerspruch gegen die
(3) Die in diesem Paragraphen erwähnten Ent- Richtigkeit des Grundbuchs, des Schiffsregisters
scheidungen können ohne mündliche Verhandlung oder des Schiffsbauregisters eingetragen werden
ergehen. soll, kann von dem Amtsgericht erlassen werden,
in dessen Bezirk das Grundstück belegen ist oder
(4) Gegen den Beschluß, durch den der Arrest auf- der Heimathafen oder der Heimatort des Schiffes
gehoben wird, findet sofortige Beschwerde statt. oder der Bauort des Schiffsbauwerks sich befinde!',
§ 935 auch wenn der Fall ;nicht für dringlich erachtet
Einstweilige Verfügungen in bezug auf den Streit- wird; liegt der Heimathafen des Schiffes nicht
gegenstand sind zulässig, wenn zu besorgen ist, daß im Inland, so kann die einstwei,lig,e Verfügung
durch eine Veränderung des bestehenden Zustan- vom Amtsgericht in Hamburg erlassen werden. Die
des die Verwirklichung des Rechtes einer Partei Bestimmung der im Abs. 1 bezeichneten Frist hat
vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. nur auf Antrag des Gegners zu erfolgen.
(3) Nach fruchtlosem Ablauf der Frist hat das
§ 936 Amtsgericht auf Antrag die erlassene Verfügung
Auf die Anordnung einstweiliger Verfügungen aufzuheben,
und das weitere Verfahren sind die Vorschriften (4) Die in diesem Paragraphen erwähnten Ent•
über die Anordnung von Arresten und über das scheidungeri des Amtsgerichts können ohne münd-
Arrestverfahren entsprechend anzuwenden, soweit liche Verhandlung ergehen.
nicht die nachfolgenden Paragraphen abweichende § 943
Vorschriften enthalten.
(1) Als Gericht der Hauptsache im Sinne der Vor-
§ 937 schriften dieses Abschnitts ist das Gericht des
(1) Für den Erlaß einstweiliger Verfügungen ersten Rechtszuges und, wenn die Hauptsache in
ist das Gericht der Hauptsache zuständig, der Berufungsinstanz anhängig ist, das Berufungs•
(2) Die Entscheidung kann in dringenden Fällen gericht anzusehen.
ohne mündliche Verhandlung ergehen. (2) Das Gericht der Hauptsache ist für die nach
§ 109 zu treffenden Anordnungen ausschließlich zu•
§ 938 ständig, wenn die Hauptsache anhängig ist oder
(1) Das Gericht bestimmt nach freiem Ermessen, anhängig gewesen ist.
welche Anordnungen zur Erreichung des Zweckes § 944
erforderlich sind. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende über
(2) Die einstweilige Verfügung kann auch in einer die in diesem Abschnitt erwähnten Gesuche, sofern
Sequestration sowie darin bestehen, daß dem Geg- deren Erledigung eine mündliche Verhandlung nicht
ner eine Handlung geboten oder verboten, ins- erfordert, anstatt des Gerichts entscheiden.
besondere die Veräußerung, Belastung oder Ver- § 945
pfändung eines Grundstücks oder :,ines eing1ctrage- Erweist sich die Anordnung eines Arrestes odet
nen Schiffes oder Schiffsbauwerks untersagt wird. einer einstweiligen Verfügung als von Anfang an
Nr. 40 -- Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 619
ungerechtfertigt oder wird die angeordnete Maß- (~ Einern in der Sitzung gestellten Antrag wird
regel auf Grund des § 926 Abs. 2 oder des § 942 ein Antrag gleichgeachtet, der vor dem Aufgebots•
Abs. 3 aufgehoben, so ist die Partei, welche die An• termin schriftlich gestellt oder zum Protokoll der
ordnung erwirkt hat, verpflichtet, dem Gegner den Geschäftsstelle erklärt worden ist.
Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Vollziehung (3) Vor Erlaß des Urteils kann eine nähere Er-
der angeordneten Maßregel oder dadurch entsteht, mittlung, insbesondere die Versicherung der Wahr-·
daß er Sicherheit leistet, um die Vollziehung abzu• heit einer Behauptung des Antragstellers an Eides
wenden oder die Aufhebung d'c'r Maßregel zu er- Statt angeordnet werden.
wirken.
( 4) Gegen den Beschluß, durch den der Antrag auf
Neuntes Buch Erlaß des Ausschlußurteils zurückgewiesen wird,
Aulgebotsverfahreu sowie gegen Beschränkungen und Vorbehalte. die
dem Ausschlußurteil beigefügt sind, findet sofortige
§ 946
Beschwerde statt.
(1) Eine öffentliche gerichtliche Aufforderung zur
§ 953
Anmeldung von Ansprüchen oder Rechten findet
mit der Wirkung, daß die Unterlassung der Anmel- Erfolgt eine Anmeldung, durch die das von dem
dung einen Rechtsnachteil zur Folge hat, nur in den Antragsteller zur Begründung des Antrags behaup•
durch das Gesetz bestimmten Fällen statt. tele Recht bestritten wird, so ist nach Beschaffen·
(2) Für das Aufgcbotsver/ahren ist das durch das heit des Falles entweder das Aufgebotsverfahren
Gesetz bestimmte Gericht zuständig. bis zur endgültigen Entscheidung über das angemel•
dete Recht auszusetzen oder in dem Ausschlußurteil
§ 947 das angemeldete Recht vorzubehalten.
(1) Der Antrag kann schriftlich oder zum Proto-
§ 954
koll der Geschäftsstelle gestellt werden. Die Ent-
scheidung kann ohne mündliche Verhandlung er• Wenn der Antragsteller weder in dem Aufgebots•
gehen. termin erschienen ist noch vor dem Termin den
(2) Ist der Antrag zulässig, so hat das Gericht das Antrag auf Erlaß des Ausschlußurteils gestellt hat,
Aufgebot zu erlassen. In das Aufgebot ist insbeson- so ist auf seinen Antrag ein neuer Termin zu be•
dere aufzunehmen: stimmen. Der Antrag ist nur binnen einer vom Tage
1. die Bezeichnung des Antragstellers; des Aufgebotstermins laufenden Frist von sech~
Monaten zulässig.
2. die Aufforderung, die Ansprüche und Rechte
spätestens im Aufgebotstermin anzumelden; § 955
3. die Bezeichnung der Rechtsnachteile, die ein- Wird zur Erledigung des Aufgebotsverfahrens ein
t.ret_en, wenn die Anmeldung unterbleibt; neuer Termin bestimmt, so ist eine öffentliche Be•
4. die Bestimmung eines At.fgebotstermins. kanntmachung des Termins nicht erforderlich.
§ 948 § 956
(1) Die öffentliche Bekanntmachung des Aufgebots Das Gericht kann die öffentliche Bekanntmachung
erfolgt durch Anheftung an die Gerichtstafel unt.l des wesentlichen Inhalts des Ausschlutlurteils durch
durch einmalige Einrückung in den Bundesanzeiger, einmalige Einrückung in den Bundesanzeiger an·
sofern nicht das Gesetz für den betreffenden Fall ordnen.
eine abweichende Anordnung getroffen hat. § 957
(2) Das Gericht kann anordnen, daß die Ein- (!) Gegen das Ausschlußurteil findet ein Rechts•
rückung noch in andere Blätter und zu mehreren mittel nicht statt.
Malen erfolge.
(2) DasAusschlußurteil kann bei dem Landgericht,
§ 949 in dessen· Bezirk das Aufgebotsgericht seinen Sitz
Auf die Gültigkeit de1 öffentlichen Bekannt- hat, mittels einer gegen den Antragsteller zu er·
machung hat es keinen Einfluß, wenn das anzuhef- hebenden Klage angefochten werden:
tende Schriftstück von dem Ort der Anheftung zu
1. wenn ein Fall nicht vorlag, in dem das Gesetz
früh entfernt ist oder wenn im Falle wiederholter
das Aufgebotsverfahren zuläßt;
Bekanntmachung die vorgeschriebenen Zwischen-
fristen nicht eingehalten sind. 2. wenn die öffentliche Bekanntmachung des Auf·
gebots oder eine in dem Gesetz vorgeschrie•
§ 950 beneArt der Bekanntmachung unterblieben ist;
Zwischen dem Tage, an dem die Einrückung oder 3. wenn die vorgeschriebene Aufgebotsfrist nicht
die erste Einrückung des Aufgebots in den Bundes- gewahrt ist;
anzeiger erfolgt ist, und dem Aufgebotstermin muß, 4. wenn der erkennende Richter von der Aus•
sofern das Gesetz nicht eine abweichende Anord• übung des Richteramts kraft Gesetzes aus•
nung enthält, ei,1 Zeitraum (Aufgebotsfrisl) von min- geschlossen war;
destens sechs Wochen liegen. 5. wenn ein Anspruch oder ein Recht ungeachtet
§ 951 der Anmeldung nicht dem Gesetz gemäß in
Eine Anmeldung, die nach dem Schluß des Auf- dem Urteil berücksichtigt ist;
gebotstermins, jedoch vor Erlaß des Ausschluß- 6. wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter
urteils erfolgt, ist als rechtzeitig anzusehen. denen die Restitutionsklage wegen einer straf•
baren Handlung stattfindet.
§ 952
(!) Das Ausschlußurteil ist in öffentlicher Sitzung § 958
auf Antrag zu erlassen. (1) Die Anfechtungsklage ist binnen der Notfrist
620 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
eines Monats zu erheben. Die Frist beginnt mit dem buchs ist auch ein im Range gleich- oder nach-
Tage, an dem der Kläger Kenntnis von dem Aus· ,~tellender Gläubiger, zu dessen Gunsten eine Vor-
schlußurteil erhalten hat, in dem Falle jedoch, wenn merkung nach § 1179 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
die Klage auf einem der im § 957 Nr. 4, 6 bezeich- eingetragen ist, und bei einer Gesamthypothek, Ge-
neten Anfechtungsgründe beruht und dieser Grund samtgrundschuld oder Gesamtrentenschuld außer·
an jenem Tage noch nicht zur Kenntnis des Klägers dem derjenige antragsberechtigt, der auf Grund
gelangt war, erst mit dem Tage, an dem der Anfech- eines im Range gleich- oder nachstehenden Rechtes
tungsgrund dem Klägr,r bekannt geworden ist. Befriedigung aus einem der belastet.en Grundstücke
(2) Nach Ablauf von zehn .Jahren, von dem Tilge verlangen kann, sofern d-er Gläubiger oder der son-
der Verkündung des Ausschlußurteils an gerechnet, stige Berechtigte für seinen Anspruch einen voll-
ist die Klage unstatthaft. streckbaren Schuldtitel erlangt hat.
§ 959 § 985
Das Gericht kann die Verbindung mehrerer Aul- Der Antragsteller hat vor der Einleitung des Ver-
gf>bote anordnen, auch wenn die Voraussetzungen fahrens glaubhaft zu machen, daß der Gläubiger
des § 147 nicht vorliegen. unbekannt ist.
§§ 960 bis 976 § 986
(weggefallen) (!) fm Falle des § 1170 des Bürgerlichen Gesetz-
buchs hat der Antragsteller vor der Einleitung des
§ 977
Verfahrens auch glaubhaft zu machen, daß nicht
Für das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Aus- eine das Aufr:ebot ausschließende Anerkennung
schließung des Eigentümers eines Grundstücks nad: des Rechtes des Gläubigers •erfolgt ist.
§ 927 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten die nach- (2) Ist die Hypothek für die Forderung aus einer
folgenden besonderen Vorschriften. Schuldverschreibung auf den Inhaber bestellt oder
§ 978 der Grundschuld- oder Rentenschuldbrief auf den
Zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk das Inhaber ausgestellt, so hat der Antragsteller glaub-
Grundstück belegen ist. haft zu machen, daß die Schuldverschreibung oder
der Brief bis zum Ablauf der im § 801 des Bürger-
§ 979 lichen Gesetzbuchs bezeichneten Frist nicht vor-
Antragsberechtigt ist derjenige, der das Grund- gelegt und der Anspruch nicht gerichtlich geltend
stück seit der im § 927 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gemacht worden ist. Ist die Vorlegung oder die
bestimmten Zeit im Eigenbesitz hat. gerichtliche Geltendmachung erfolgt, so ist die im
§ [)80 Abs. 1 vorgeschriebene Glaubhaftmachung er-
forderlich.
Der Antragsteller hat die zur Begründung des An-
(3) Zur Glaubhaftmachung genügt in den Fällen
trags erforderlichen Tatsachen vor der Einleitung
der Abs. 1, 2 die Versicherung des Antragstellers
des Verfahrens glaubhaft zu machen.
an Eides Statt, unbeschadet der Befugnis des Ge-
§ 981 richts, anderweitige Ermittlungen anzuordnen.
In dem Aufgebot ist der bisherige Eigentümer auf- (4) In dem Aufgebot ist als Rechtsnachteil anzu-
zufordern, sein Recht späleslens im Aulgebotslermin drohen, daß der Gläubiger mit seinem Recht aus-
anzumelden, widrigenfalls sein<> Ausschließung er· r.eschlossen werde.
folgen werde. (5) Wird das Aufgebot auf Antrag eines nach
§ 981a § 984 Abs. 2 Antragsberechtigten .erlassen, so ist
es dem Eigentümer des Grundstücks von Amts
Für das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Am-
wegen mitzuteileu.
schließung des Eigentümers eines eingetragenen
Schiffes oder Schiffsbauwerks nach § 6 des Ge- § 987
setzes über Rechte an eingetragenen Schilfen und (1) Im Falle des § 1171 des Bürgerlichen Gesetz-
Schiffsbauwerken vom 15. November 1940 (Reichs- buchs hat der Antragsteller sieh vor der Ein-
gesetzbl. I S. 1499) gelten die §§ 979 bis 981 ent- leitung des Verfahrens zur Hinterlegung des dem
sprechend. Zuständig ist das Gericht, bei dem das Gläubiger gebührenden Betrages zu erbieten.
Register für das Schiff oder Schiffsbauwerk geführt (2) In dem ,Aufgebot ist als Rechtsnachteil an-
wird. zudrohen, daß der Gläubiger nach der Hinter-
§ 982 legung des ihm gebührenden Betrages seine Be-
Für das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Aus- friedigung statt aus dem Grundstück nur noch aus
schließung eines Hypotl:teken-, Grundschuld- oder dem hinterlegten Betrag verlangen könne und sein
Rentenschuldgläubigers auf Grund der §§ 1170, 1171 Recht auf diesen erlösche, wenn er sich nicht vor
des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten die nachfoJ. dem Ablauf von dreißig Jahren nach dem Erlaß des
genden besonderen Vorschriften. Ausschlußurteils bei der Hinterlegungsstelle melde.
(3) Hängt die Fälligkeit der Forderung von einer
§ 983 Kündigung ab, so erweitert sich die Aufgebotsfrist
Zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk das um die Kündigungsfrist.
belastete Grundstück belegen isL (4) Das Ausschlußurteil darf erst dann erlassen
werden, wenn die Hinterlegung erfolgt ist.
§ 984
(!) Antragsberechtigt ist der Eigentümer des be- § 987a
lasletP,1 Grundstücks. Für das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der
(2) Im Falle des § 1170 des Bürgerlichen Gesetz- Ausschließung eines Schiffshypothekengläubigers
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 621
auf Grund der §§ 66, 67 des Gesetzes über Rechte dem Nachlaßgericht angezeigt sind und deren
an eingdragcncn Schiffen und Schiffsbauwerken Wohnort bekannt ist, von Amts wegen zugestellt
vom 15. November 1940 (Reichsgesetzbl. I S. 1499) werden. Die Zustellung kann durch Aufgabe zur
gellen die §§ 984 bis 987 entsprechend; an die Post erfolgen.
Stelle der§§ 1170, 1171, 1179 des Bürgerlichen Ge- § 995
setzbuchs lreten die §§ 66, 67, 58 des genannte,n In dem Aufgebot ist den Nachlaßgläubigern, die
Geselzc,s. Zustiind ig ist das Gericht, bei dem da5 sich nicht melden, als Rechtsnachteil anzudrohen,
Rr'gislcr für das Schill oder Schiffsbauwerk ge- daß sie, rnobPschadet des. Rechtes, vor den Ver-
führt wird. bind1ichkcit0n uns Pflichtteilsrechten, Vermächt-
§ 988 nissen und Auflagen berücksichtigt zu werden, von
Die Vorschriften des § 983, des § 984 Abs. 1, dem Erbc,n nur insoweit Befriedigung verlangen
de,s § 985, des § 98G Abs. 1 bis 4 und der §§ 987, können, als sich nach Befriedigung der nicht aus-
987a gelten entsprechend für das Aufgebotsver- geschlossenen Gläubiger noch ein Uberschuß ergibt.
fahren zum Zwecke der in den §§ 887, 1104, 1112 § 995
des Bürgerlichen Gesetzbuchs, § 13 des Gesetzes (1) Die Anmeldung einer Forderung hat die An•
über Rechte an eingetragenen Schiffen und gabc des Gegenstandes und des Grundes der For·
Schiffsb,rnwerken vom 15. November 1940 (Reichs- derung zu enthalten. Urkundliche Beweisstücke
gesetzbl. 1 S. 1499) für die Vormerkung, das Vor- sind in C:rschrift oder in Abschrift beizufügen.
kaufsrecht und die Reallast bestimmten Aus- (2) Das Gericht hat die Einsicht der Anmel-
schließung des Berechtigten. Antragsberechtigt ist d11n;icn jedem zu gestatten, der ein rechtliches
auch, wer auf Grund einC's im Range gleich oder Interesse glaubhaft. macht..
nachstehenden Rechtes Befriedigung aus dem
Grundstück oder dem Schifi oder Scbiffsbauwerk § 997
vc-rlangen kann, sofern er für seinen Anspruch (1) Sind mehrere Erben vorhanden, so kommen
cinc>n vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hat. Das der von einem Erbc,n aestellte Antrag und das von
Aufgebot ist dem Eigentümer des Grundstücks ihm erwirkte Ausschlußurleil, unbeschadet der
odn des Schiffes oder Sc!,iffsbauwcrks von Amts Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über
wegen mitzuteilen. die unbeschränkte Haftung, auch den anderen
§ 989 Erben zustatten. Als Rechtsnachteil ist den Nach-
laßgliiubigern, die sich nicht melden, auch anzu-
Für das Aufgcbotsverfahren zum Zwecke der
drohen, daß jeder Erbe nach der Teilung des Nach-
Ausschließung von Nachlaßgliiubigern auf Grund
lasses nur für den seinem Erbteil entsprechenden
des § 1970 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten Teil dc:r Verbindlichkc,it haftet.
die nachfolgenden besonderen Vorschriften.
(2) Das Aufgebot mit Androhung des im Abs. 1
§ 990 Salz 2 bestimmlc'n Rechtsnachteils kann von jedem
Erben auch de.nn beantragt werden, wenn er für die
Zuständig ist das Amtsgc,richt, dem die Vcr-
Nachlaßverbincllic:hkcilen unbeschränkt haftet.
ricbiung0n des Nachlaßgerichts obliegen. Sind
clicsc~ Vcrrichlungcn einef ancleu'n BPhörde a'.:, § 998
cinc1n Amtsgericht übertragen, so i.st dcts Amts- Im Falle der N2clwrbfolae ist die Vorschrift des
gericht zu.ständig, in dessen Bezirk die Nachlaß- § 997 Abs. 1 Salz 1 auf den Vorerben und den
bchörclc ihren Sitz hat. Nacherben enLsprechcnd anzuwenden.
§ S'.Jl
§ 9'.19
(1) Antragsberechtigt ist jeder Erbe, sofern et Ist eine Ehefrau die Erbin und gehört der Nach-
nicht für die Nachlaßverbindlichkeiten unb2·
laß zum eingebrachten Gut oder. zum Gesamtgut,
schränkt haftet. so kann sowohl 'die Ehefrau als der Ehemann das
(2) Zu eiern Antrag sind auch ein Nachlaßpfleger Aufgebot beantragen, ohne daß die Zustimmung
und ein Testamentsvollstrecker berechtigt, wenn des anderen Teiles erforderlich ist. Das gleiche
ihnen die Verwaltung des Nachlasses zusteht. gilt, wenn der Nachlaß zum Gesamtgut · gehört,
(3) Der Erbe und der Testamentsvollstrecker auch nach der Beendigung der Gemeinschaft.Der von
können den Antrag erst nach der Annahme der dem einen Ehegatten gestellte Antrag und das von
Erbschaft stellen. ihm erwirkte Ausschlußurteil kommen auch eiern
§ 992 anderen Ehegatten zustatten.
Dem Antrag ist ein Verzeichnis der bekannten
§ 1000
Nachlaßgläubiger mit Angabe ihres Wohnort,,s
beizufügen. (1) I-Jat der Erbe die Erbschaft verkauft, so kann
§ 993 ioowohl der Käufer als der Erbe das Aufgebot be-
antragen. · Der von dem einen Teil gestellte An•
(1) Das Aufgebot soll nicht erlassen werden,
trag und das von ihm erwirkte Ausschlußurte1l
wenn die Erölfnung des Nachlaflkonkurses l;can·
kommen. unbeschadet der Vorsehrillen des Bürger-
tragt ist. lichen G0sc,tzbuchs über die unbeschränkte Haf-
(2) Durch die Eröffnung des Nachlaßkonkursc,s
tung, auch dem anderen Teil zustatten.
wird das Aufgcbotsverfahren beendigt.
(2) Diese Vorschriften gelten entsprechend, wenn
§ 994 jemand eine durch Vertrag erworbene Erbschaft
(1) Die Aufgebolslrist soll höchstens sechs verkauft oder sich zur Veräußerung einer ihm an-
Monate betragen. gefallenen oder anderweit von ihtn erworbenen
(2) Das Aufgebot soll den Nachlaßgläubigern, die Erbschaft in sonstiger Weise verpflichtet hat.
622 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
§ 1001 trag durch das nach § t 005 zuständige Gericht
Die Vorschriften der §§ 990 bis 996, 999, 1000 erledigt.
sind im Falle der fortgesetzten Gütergemeinschaft (2) Wird das Aufgebot durch ein anderes als das
auf das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der nach nach § 1005 zuständige Gericht erlassen, so ist das
dem § 1489 Abs. 2 und dem § 1970 des Bürger- Aufgebot auch durch Anheftung an die Gerichts-
lichen Gesetzbuchs zulässigen Ausschließung von tafel des letzteren Gerichts öffentlich bekanntzu-
Gesamtgutsgläubigern entsprechend anzuwenden. machen.
§ 1002 (3) Unberührt bleiben_ die landesgesetzlichen
Vorschriften, durch die für das Aufgebotsverfahren
(1) Flir das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der zum Zwecke der Kraftloserklärung von Schuldver-
Ausschließung von Schiffsgläubigern auf Grund des
schreibungen auf den · Inhaber, die ein deutsches
§ 765 des Handelsgesetzbuchs und des § 110 des
Land oder früherer Bundesstaat oder eine ihm ange·
Gesetzes, betreffend die privatrechtlichen Verhält-
hörende Körperschaft, Stiftung oder Anstalt des
nisse der Binnenschiffahrt, gelten die nachfolgenden
öffentlichen Rechts ausgestellt oder für deren Be-
besonderen Vorschriften.
zahlung ein deutsches Land oder früherer Bundesstaat
(2) Zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk
die Haftung übernommen hat, ein bestimmtes Amts-
sich der Heimathafen oder der Heimalort des
gericht für ausschließlich zuständig erklärt wird.
Schiffes befindet.
(3) Unterliegt das Schiff der Eintragung iu das § 1007
Schiffsregister, so kann der Antrag erst nach der Der Antragsteller hat zur Begründung des Antrags:
Eintragung der Veräußerung des Schiffes gestellt 1. entwder eine Abschrift der Urkunde beizu-
werden. bringen oder den wesentlichen Inhalt d~r Ur•
(4) Der Antragsteller hat die ihm bekannten For- kunde und alles anzugeben, was zu ihrer voll-
derungen von Schiffsgläubigern anzugeben. ständigen' Erkennbarkeit erforderlich ist;
(5) Die Aufgebotsfrist muß mindestens drei Mo- 2. den Verlust der Urkunde sowie diejenigen
nate betragen. Tatsachen glaubhaft zu machen, von denen
(6) In dem Aufgebot ist den Schiffsgläubigern, seine Berechtigung abhängt, das Aufgebots-
die sich nicht melden, als Rechtsnachteil anzu- verfahren zu beantragen;
drohen, daß ihre Pfandrechte erlöschen, sofern
3. sich zur Versicherung der Wahrheit seiner
nicht ihre Forderungen dem Antragsteller bekannt
Angaben an Eides Statt zu erbieten.
sind.
§ 1003 § 1008
Für das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der In dem Aufgebot ist der Inhaber der Urkunde
Kraftloserklärung einer Urkunde gelten die nach- aufzufordern, spätestens im Aufgebotstermin seine
folgenden besonderen Vorschriften. Rechte bei dem Gericht anzumelden und die Ur-
kunde vorzulegen. Als Rechtsnachteil ist anzu-
§ 1004
drohen, daß die Urkunde für kraftlos erklärt WPrde.
(1) Bei Papieren, die auf den Inhaber lauten oder
die durch Indossament übertragen werden können § 1009
und mit ·einem Blankoindossament versehen sind, (!) Die öffentliche Bekanntmachung des Aufge-
ist der bisherige Inhaber des abhanden gekomme- bots erfolgt durch Anheftung an die Gerichtstafel
nen oder vernichteten Papiers berechtigt, das Auf- und in dem Lokal der Börse, wenn eine solche am
gebotsverfahren zu beantragen. Sitz des Aufgebotsgerichts besteht, sowie durch
(2) Bei anderen Urkunden ist derjenige zu dem einmalige Einrückung in den Bundesanzeiger.
Antrag berechtigt, der das Recht aus der Urkunde (2) Das Gericht kann anordnen, daß die Ein-
geltend machen kann. rückung noch in andere Blätter und zu mehreren
§ 1005 Malen erfolge.
(3) Betrifft das Aufgebot ein auf den Inhaber
(1) Für das Aufgebotsverfahren ist das Gericht
des Ortes zuständig, den die Urkunde als den Er- lautendes Papier und ist in der. Urkunde vermerkt
füllungsort bezeichnet. Enthält die Urkunde eine oder in den Bestimmungen, unter denen die erfor-
solche Bezeichnung nicht, so ist das Gericht zu- derliche staatliche Genehmigung erteilt worden ist,
ständig, bei dem der Aussteller seinen allgemeinen vorgeschrieben, daß die öffentliche Bekanntmachung
Gerichtsstand hat, und in Ermangelung eines · durch bestimmte andere Blätter zu erfolgen 1' .. be,
solchen Gerichts dasjenige, bei dem der Aussteller so muß die Bekanntmachung auch durch Einrückung
zur' Zeit der Ausstellung seinen allgemeinen Ge· in diese Blätter erfolgen. Das gleiche gilt bei
richtsstand gehabt hat. Schuldverschreibungen, die von einem deutschen
(2) Ist. die Urkunde über ein im Grundbuch einge- Land oder früheren Bundesstaat ausgegeben sind,
tragenes Recht ausgestellt, so ist das Gericht der wenn die öffentliche Bekanntmachung durch be-
belegenen Sache ausschließlich zuständig. stimmte Blätter Jandesgesetzlich vorgeschrieben ist.
§ 1006 § 1010
(1) Die Erledigung der Anträge, das Aufgebot (1) Bei Wertpapieren, für die von Zeit zu Zeit
zum Zwecke der Kraftloserklärung eines auf Zins-, Renten· oder Gewinnanteilscheine ausge-
den Inhaber lautenden Papiers zu erlassen, kann geben werden, ist der Aufgebotstermin so zu be-
von der Landesjustizverwaltung für mehrere Amts- stimmen, daß bis zu dem Termin der erste einer
gerichtsbezirke einem Amtsgericht übertragen wer- seit der· Zeit des glaubhaft gemachten Verlustes
den. Auf Verlangen des Antragstellers wird der An· ausgegebenen Reihe von Zins-, Renten- oder Ge•
Nr. 40 - Tag der Am,gabe: Bonn, den 20, September 1950 623
winnanteilscheinen fällig geworden ist und seit § 1016
seiner Fälligkeit sechs Monate abgelaufen sind. Meidet der Inhaber der Urkunde vor dem Aul-
(2) Vor Erlaß des Ausschlußurteils hat der An- gebotstermin seine Rechte unter Vorlegung del'
tragsteller ein nach Ablauf dieser sechsmonatigen Urkunde an, so hat das Gericht den Antragstellel'
Frist ausgestelltes Zeugnis der betreffenden Be- hiervon zu benachrichtigen und ihm die Einsicht
hörde, Kasse oder Anstalt beizubringen, ::!aß die der Urkunde innerhalb einer zu bestimmenden Frist
Urkunde seit der Zeit des glaubhaft gemachten Ver- zu gestatten. Auf Antrag des Inhabers der Urkunde
lustes ihr zur Ausgab~ neuer Scheine nicht vorge- ist zu ihrer Vorlegung ein Termin zu bestimmen.
legt sei und daß die neuen Scheine an einen anderen § 1017
als den Antragsteller nicht ausgegeben seien. (1) Jn dem Ausschlußurteil ist die Urkunde für
§ 1011 kraftlos zu erklären.
(1) Bei Wertpapieren, für die Zins-, Renten- oder (2) Das Ausschlußurteil ist seinem wesentlichen
Gewinnanteilscheine zuletzt für einen längeren Zeit- Inhalt nach durch den Bundesanzeiger bekannt-
raum als vier Jahre ausgegeben sind, genügt es, zumachen. Die Vorschriften des § 1009 Abs. 3
wenn der Aufgebotstermin so bestimmt wird, daß gelten entsprechend.
bis ,zu dem Termin seit der Zeit des glaubhaft ge- (3) In gleicher Weise ist nach eingetretener
machten Verlustes von den zuletzt ausgegebenen Rechtskraft das auf die Anfechtungsklage er-
Scheinen solche für vier Jahre fällig geworden und gangene Urteil, soweit dadurch die Kraftlos-
seit der Fälligkeit des letzten derselben sechs Mo- erklärung aufgehoben wird, bekanntzumachen.
nate abgelaufen sind. Scheine für Zeitabschnitte, § 1018
für die keine Zinsen, Renten oder Gewinnanteile (1) Derjenige, der das Ausschlußurteil erwirkt
gezahlt werden, kommen nicht in Betracht. hat, ist dem durch die Urkunde Verpflichteten
(2) Vor Erlaß des Ausschlußurteil& hat der All- gegenüber berechtigt, die Rechte aus der Urkunde
tragsteller ein nach Ablauf dieser sechsmonatigen geltend zu machen.
Frib'. ausgestelltes Zeugnis der betreffenden Behörde, (2) Wird das Ausschlußurteil infolge einer An-
Kasse oder Anstalt beizubringen, daß die für die fechtungsklage aufgehoben, so bleiben die auf
bezeichneten vier Jahre und später etwa fällig ge- Grund des Urteils von dem Verpflichteten be-
wordenen Scheine ihr von einem anderen als dem wirkten Leistungen auch Dritten, insbesondere dem
Antragsteller nicht vorgelegt seien. Hat in der Zeit Anfechtungskläger, gegenüber wirksam, es sei
seit dem Erlaß des Aufgebots eine Ausgabe neuer denn, daß der Verpflichtete zur Zeit der Leistung
Scheine stattgefunden, so muß das Zeugnis auch die Aufhebung des Ausschlußurteils gekannt hat.
die im § 1010 Abs. 2 bezeichneten Angaben ent- § 1019
halten. (1) Bezweckt das Aufg~botsverfahren die Kraft-
§ 1012 loserklärung eines auf den Inhaber lautenden
Die Vorschriften der §§ 1010, 1011 sind insoweit Papiers, so hat das Gericht auf Antrag an den Aus•
nicht anzuwenden, als die Zins-, Renten· oder Ge- steller sowie an die in dem Papier und die von
winnanteilscheine, deren Fälligkeit nach diesen Vor- dem Antragsteller bezeichneten Zahlstellen das
schriften eingetreten sein muß, von dem Antrag- Verbot zu erlassen, an den Inhaber des Papie1 s
st'eller vorgelegt werden, Der Vorlegung der eine Leistung zu bewirken, insbesondere neue
Scheine steht es gleich, wenn das Zeugnis d,cr Zins-, Renten- oder Gewinnanteilscheine oder
betreffenden Behörde, Kasse od-er Anstalt beige- einen Erneuerungsschein auszugeben (Zahlungs•
bracht wird, daß die füllig gewordenen Scheine ihr sperre); mit dem Verbot ist die Benachrichtigung
von dem Antragsteller vorgelegt worden seien. von , der . Einleitung des Aufgebotsverfahrens ~u
§ 1013 verbinden. Das Verbot ist in gleicher Weise wie
Bei Wertpapieren, für die Zins-, Renten- oder das Aufgebot öffentlich bekanntzuma_chen.
Gewinnanteilscheine ausgegeben sind, aber nicht (2) Das an den Aussteller erlassene Verbot ist
mehr ausgegeben werden, ist, wenn nicht die Vor- anch den Zahlstellen gegenüber wirksam, die nicht
aussetzungen der §§ 1010, 1011 vorhanden sind, der in dem Papier bezeichnet sind.
Aufgebotstermin so zu bestimmen, daß bis zu d.em (3) Die Einlösung der vor dem Verbot aus-
gegebenen Zins-, Renten- oder Gewinnanteilscheine
Termin seit der Fälligkeit des letzten ausgegebenen
wird von dem Verbot nicht betroffen.
Scheines sechs Monate abgelanfen sind.
§ 1020
§ 1014
Ist in einer Schuldurkunde eine Verfallzeit an- Ist die sofortige Einleitung des Aufgebotsver-
gegeben, die zur Zeit der ersten Einrückung des fahrens nach § 1015 Satz 2 unzulässig, so hat das
Aufgebots in den Bundesanzeiger noch nicht ein- Gericht die Zahlungssperre auf Antrag schon vor
getreten ist, und sind die Voraussetzungen der der Einleitung des Verfahrens zu verfügen, sofern
§§ 1010 bis 1013 nicht vorhanden, so ist der Auf- die übrigen Erfordernisse für die Einleitung vor-
gebotstermin so zu bestimmen, daß seit dem Ver- handen sind. Auf den Antrag sind.die Vorschriften
falltag sechs Monate abgelaufen sind. des § 947 Abs, 1 anzuwenden. Das Verbot ist durch
Anheftung an die Gerichtstafel und durch ein-
§ 1015
malige Einrückung in den Bundesanzeiger öffent•
Die Aufgebotsfrisc muß mindestens sechs Monate
lieh bekanntzumachen.
betragen. Der Aufgebotstermin darf nicht über ein
Jahr hinaus bestimmt werden; solange ein so naher § 1021
Termin nicht bestimmt werden kann, ist das Auf- Wird die Zahlungssperre angeordnet, bevor seit
gebot nicht zulässig. der Zeit des glaubhaft gemachten Verlustes Zins-,
624 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
Renten- oder Gewinnanteilscheine ausgegeben· Partei ihre wirtschaftliche oder soziale Uberlegen-
worden sind, so ist die Beibringung des im § 1010 heit dazu ausgenutzt hat, den .anderen Teil zu
Abs. 2 vorgeschriebenen Zeugnisses nicht er- seinem Abschluß oder zur Annahme von Bestim-
forderlich. mungen zu nötigen, die ihr im Verfahren, ins-
§ 1022 besondere hinsichtlich der Ernennung oder Ab-
(!) Wird das in Verlust gekommene Papier dem lehnung der Schiedsrichter, ein Ubergewicht über
Gericht vorgdegl oclc,r wird das Aufgcbotsver- den anderen Teil einräumen.
fohrcn in anderer Weise ohne, Erlaß eines Aus- § 1026
schlußurlcils crl;digt, so ist die Zahlungssperre Ein Schiedsvertrag über künftige Rechtsstreitig-
von Amts wegen aufzuheben. Das gleiche gilt, keiten hat keine rechtliche Wirkung, wenn er
wenn die Zahlungssperre vor der Einleitung des nicht auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis und die
Aufgebotsverlahrens angeordnet worden ist und aus ihm entspringenden Rechtsstreitigkeiten sich
die Einleitung nicht binnen sechs Monaten nach bezieht.
der Beseitigung des ihr entgegenstehenden Hinder- § 1027
nisses beantragt wird. Ist das Aufgebot oder die (1) Der Schiedsvertrag muß ausdrücklich ge-
Zahlungssperre öffentlich bekanntgemacht worden, schlossen werden und bedarf der Schriftform, an-
so ist die Erledigung .!es Verfahrens oder die dere Vereinbarungen als solche, die sich auf das
Aufhebung der Zahlungssperre von Amts wegen schiedsgerichtliche Verfahren beziehen, darf die
durch den Bundesanzeiger bekanntzumachen. Urkunde nicht enthalten. Der Mangel der Form
(2) Im Falle der Vorlegung des Papiers ist die wird durch die Einlassung auf die schiedsgericht-
Zahlungssperre erst aufzuheben, nachdem dem liche Verhandlung zur Hauptsache geheilt.
Antragsteller die Einsicht nach Maßgabe des § 1016 (2) Die Vorschrift des Abs. 1 ist nicht anzuwen-
gestattet worden ist. den, wenn der Schiedsvertrag für beide Teile ein
(3) Gegen den Beschluß, durch den die Zahlungs- Handelsgeschäft ist und keine der Parteien zu den
sperre aufgehoben wird, findet sofortige Be- im § 4 des Handelsgesetzbuchs bezeichneten Ge-
schwerde slatt. werbetreibenden gehört.
§ 1023 (3) Soweit der Schiedsvertrag nach Abs. 2 der
Bezweckt das Aufgebotsverfahren die Kraftlos- Schriftform nicht bedarf, kann jede Partei die Er-
erklärung einer Urkunde der im § 808 des Bürger- richtung einer schriftlichen Urkunde über den
liches Gesetzbuchs bczeichnelen Art, so gelten die Vertrag verlangen.
Vorschriften des § 1006, des § 1009 Abs. 3, des § 1028
§ 1017 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 1019 bis 1022 ent- Ist in dem Schiedsvertrag eine Bestimmung über
sprechend. Die Landesgesetze können über die die Ernennung der Schiedsrichter nicht enthalten,
Veröffentlichung des Aufgebots und der im § 1017 so wird von jeder Partei ein Schiedsrichter ernannt.
Abs. 2, 3 und in den §§ 1019, 1020, 1022 vor-
geschriebenen Bekanntmachungen sowie über die § 1029
Aufgebotsfrist abweichen<.le Vorschriften erlassen. (!) Sicht beiden Parteien die Ernennung von
§ 1024 Schiedsrichtern zu, so hat die betreibende Partei
dem Gegner den Schiedsrichter schriftlich mit der
(1) Bei Aufgeboten, die auf Grund der §§ 887,
Aufforderung 'zu bezeichnen, binnen einer ein-
927. 1104, 1112, 1162, 1170, 1171, 1269 des Bürger-
wöchigen Frist seinerseits ein Gleiches zu tun.
lichen Gesetzbuchs sowie auf Grund des § 765 des
Handelsgesetzbuchs und des § 110 des Gesetzes, (2) Nach fruchtlosem Ablauf der Frist wird auf
betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Antrag der betreibenden Partei der Schiedsrichter
Binnenschiffahrt, ergehen, können die Landes- von dem zuständigen Gericht ernannt.
gesetze die Art der Veröffentlichung des Auf- § 1030
gebots und des Ausschlußurteils sowie die Auf- Eine Partei ist an die durch sie erfolgte Ernen•
gebotsfrist anders bestimmen, als in den §§ 948, nung eines Schiedsrichters dem Gegner gegenüber
950, 956 vorgeschrieben ist. gebunden, sobald dieser die Anzeige von der Er-
(2) Bei Aufgeboten, die auf Grund des § 1162 nennung erhalten hat.
des Bürgerlichen Gesetzbuchs ergehen, können die
Landesgesetze die Art der Veröffentlichung des § 1031
Aufgebots, des Ausschlußurteils und des im § 1017 Wenn ein nicht in dem Schiedsvertrag ernannter
Abs. 3 bezeichneten Urteils sowie die Aufgebots- Schiedsrichter stirbt oder aus einem anderen
frist auch anders bestimmen, als in den §§ 1009, Grund wegfällt oder die Ubernahme oder die
1014, 1015, !Olt vorgeschrieben ist. Ausführung des Schiedsrichteramts verweigert, so
hat die Partei, die ihn ernannt hat, auf Aufforde-
Zehntes Buch rung des Gegners binnen einer einwöchigen Frist
Schiedsrichterliches Verfahren einen anderen Schiedsrichter zu bestellen. Nach
§ 1025 fruchtlosem Ablauf der Frist wird auf Antrag der
(!) Die Vereinbarung, daß die Entscheidung einer
betreibenden Partei der Schiedsrichter von clcm
Rechtsstreitigkeit durch einen oder mehrere Schieds- zuständigen Gericht ernannt.
richter erfolgen solle, hat insoweit rechtliche Wir- § 1032
kung, als die Parteien berechtigt sind, über den (1) Ein Schiedsrichter kann aus denselben Grün•
Gegenstand des Streites einen Vergleich zu den und unt~r denselben Voraussetzungen abge-
schließen. lEnnt werden, die zur Ablehnung eines Richters
(2) Der Schiedsvt:rtrctg ist unwlfksam, wenn eine berechtigen.
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 625
(1) Die Ablehnung kann außerdem erfolgen, wenn § 1038
ein nicht in dem Schiedsvertrag ernannter Schieds- Ist der Schiedsspruch von mehreren Schieds-
richter die Erfüllung seiner Pflichten ungebührlich richtern zu erlassen, so ist die absolute Mehrheit
verzögert. der Stimmen entscheidend, sofern nicht der
(3) Minderjährige, Taube, Stumme und Personen, Schiedsvertrag ein anderes bestimmt.
denen die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt
sind, können abgelehnt werden. § 1039
Der Schiedsspruch ist unter Angabe des Tages
§ 1033 der Abfassung von den Sehiedsricbtern zu unter-
Der Schiedsvertrag tritt außer Kraft, sofern nicht schreiben, den Parteien in einer von den Schieds-
für den betreffenden Fall durch eine Vereinbarung richtern unterschriebeli12n Ausfertigung zuzustellen
der Parteien Vorsorge getroffen ist: und unter Beifügung der Beurkundung der Zu-
1. wenn bestimmte Personen in dem Vertrag zu ste1lung auf der Geschäftsstelle des zuständigen
Schiedsrichtern ernannt sind und ein Schieds- Gerichts niederzulegen.
richter sUrbt oder aus einem anderen Grund § 1040
wegfällt oder die Übernahme des Schiedsrich- Der Schiedsspruch hat unter den Parteien die
teramts verweigert oder von dem mit ihm ge- Wirkungen eines rechtskräftigen gerichtlichen Ur-
schlossenen Vertrag zurüoktrit.t oder die Er- teils.
füllung seiner Pflichten ungebührlich verzögerti § 1041
2. wenn die Schiedsrichter den Parteien anzeigen, (1) Die Aufhebung des Schiedsspruchs kann be-
daß sich unter ihnen Stimmengleichheit er- antragt werden:
geben habe. 1. wenn dem Schiedsspruch ein gültiger Schieds-
§ 1034
vertrag nicht zugrunde liegt oder der Schieds-
(1) Bevor der Schiedsspruch erlassen wird, haben spruch sonst auf einem unzulässigen Ver-
die Schiedsrichter die Parteien zu hören und das fahren beruhti
dem Streite zugrunde liegende Sachverhältnis zu 2. wenn die Anerkennung des Schiedsspruchs
ermitteln, soweit sie die Ermittlung für erforder- gegen die guten Sitten oder die öffentliche
lich halten. Rechtsanwälte dürfen als Prozeßbevoll- Ordnung verstoßen würde;
mächtigte nicht zurückgewiesen werden; entgegen- 3. wenn die Partei in dem Verfahren nicht nach
stehende Vereinbarungen sind unwirksam. Per- Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern
sonen, die nach § 157 von dem mündlichen Ver- sie nicht die Prozeßführung ausdrücklich oder
handeln vor Gericht ausgeschlossen sind, dürfen stillschweigend genehmigt hati
zurückgewiesen werden. 4. wenn der Partei in dem Verfahren das recht-
(2) Im übrigen wird das Ve··fahren, soweit nicht liche Gehör nicht gewährt war;
die Parteien eine Vereinbarung getroffen haben, 5. wenn der Schiedsspruch nicht mit Gründen
von den Schiedsrichtern nach freiem Ermessen versehen isti
bestimmt. 6. wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter
§ \03.5 denen in den Fällen der Nr. 1 bis 6 des § 580
(1) Die Schiedsrichter können Zeugen und Sach- die Restitutionsklage stattfindet.
verständige vernehmen, die freiwillig vor ihnen (2) Die Aufhebung des Schiedsspruchs findet aus
erscheinen. dem unter Nr. 5 erwähnten Grunde nicht statt,
· (2) ziir Beeidigung eines Zeugen oder eines wenn die Parteien ein anderes vereinbart haben.
Sachverständigen oder einer Partei sind die
§ 1042
Schiedsrichter nicht befugt.
(1) Aus dem Schiedsspruch findet die Zwangs~
§ 1036 vollstreckung nur statt, wenn er für vollstreckbar
(1) Eine von den Schiedsrichtern für erforderlich erklärt ist.
erachtete richterliche Handlung, zu deren Vor- (2) Der Antrag ist unter Aufhebung des Schieds-
nahme sie nicht befugt sind, ist auf Antrag einer spruchs abzulehnen, wenn einer der im § .1041 be-
Partei, sofern der Antrag für zulässig erachtet zeichneten Aufhebungsgründe vorliegt.
wird, von dem zuständigen Gericht vorzunehmen. § 1042 a
(2) Dem Gericht, das die Vernehmung oder Be•
(1) über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung
eidigung eines Zeugen oder eines Sachverständigen
·kann ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß
angeordnet hat, stehen auch die Entscheidungen
entschieden werden I vor der Entscheidung ist der
zu, die im Falle der Verweigerung des Zeugnisses
Gegner zu hören. Im Falle einer mündlichen Ver-
oder des Gutachtens erforderlich werden.
handlung wird durch Endurteil entschieden.
§ 1037 (2) Wird ein Aufhebungsgrund geltend gemacht,
so ist, sofern nicht die alsbaldige Ablehnung des
Die Schiedsrichter können das Verfahren fort-
Antrags gerechtfertigt erscheint, mündliche Ver•
setzen und den Schiedsspruch erlassen, auch wenn
handlung anzuordnen.
die Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Ver-
fahrens behauptet, insbesondere wenn geltend ge- § 1042 b
macht wird, daß ein rechtsgültiger Schiedsvertrag (1) Dem Antrag soll die für die Zustellung er-
nicht bestehe, daß der Schiedsvertrag sich auf den forderliche Zahl von Abschriften beigefügt werden.
zu entscheidenden Streit nicht beziehe, oder daß (2) Wird die mündliche Verhandlung angeordnet,
ein Schiedsri.chter zu den schiedsrichterlichen Ver- so ist der Termin den Parteien von Amts wegen
richtungen nicht befugt sei. bekanntzumachen. Im Verfahren vor den Land•
626 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
gerichlen soll die Bekanntmachung die Aufforde• 2. wenn die Anerkennung des Schiedsspruchs
rung gemäß § 215 enthalten. gegen die guten Sitten oder die öffentliche
Ordnung verstoßen würde, insbesondere wenn
§ 1042 C der Spruch eine Partei zu einer Handlung ver·
(1) Der Beschluß, durch den der Schiedsspruch urteilt, deren Vornahme nach den deutschen
für vollstreckbar erklärt wird, ist für vorläufig voll- Gesetzen verboten ist;
streckbar zu erklären. 3. wenn die Partei nicht ordnungsmäßig vertre•
(2) Gegen den Beschluß findet Widerspruch statt. ten wa~. sofern sie nicht die Prozeßführung
Wird Widerspruch erhoben, so ist über die Vol!- ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt
slreckbarerklärung des Schiedsspruchs durch End· hat,
urteil zu entscheiden. Die Vorschriften der §§ 707,
4. wenn der Partei in dem Verfahren das recht-
717. gelten entsprechend.
liche Gehör nicht gewährt war.
(3) Der Beschluß, durch den der Antrag auf Voll-
streckbarerklärung abgelehnt wird, unterliegt der (3) An die Stelle der Aufhebung des Schieds-
sofortigen Beschwerde. s:Jruchs tritt die Feststellung, daß er im Inland nicht
anzu,erkennen ist.
§ 1042 d (4) Wird der Schiedsspruch, nachdem er für voll-
(!) Der Widerspruch ist innerhalb einer mit der streckbar erklärt worden ist, im Ausland aufgc·
Zustellung beginnenden Notfrist von zwei Wochen hoben, sc kann im Wege der Klage die Aufhebung
durch Einreichung einer Widerspruchsschrift einzu- aer Voll,c,_,.2ckbarerklärung beantragt werden. Auf
legen .. § 339 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Wider- die Klage sind die Vorschriften des § 1043 Abs. 2, 3
spruchsschrift soll zugleich dasjenige enthalten, .nit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, daß
was zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung die Notfrist mit der Kenntnis der Partei von der
erforderlich ist. rechtskräftigen Aufhebung des Schiedsspruchs be-
(2) Der Termin zur mündlichen Verhandlung ist ginnt.
den Parteien von Amis wegen bekanntzumachen. § 1044 a
Mit der Bekanntmachung ist der Gegenpartei die (1) Hat sich der Schuldner in einem schieds-
Widerspruchsschrift von Amts wegen zuzustellen. richterlichen Vergleich der sofortigen Zwangsvoll-
Die erforderliche Zahl von Abschriften soll die Par- streckung unterworfen, so findet die Zwangsvoll•
tei mit der Widerspruchsschrift einreichen. streckung aus ·dem Vergleich statt, wenn er für voll·
streckbar erklärt ist. Der Vergleich darf nur für
§ 1043 vollstreckbar erklärt werden, wenn er unter An•
(1) Ist der Schiedsspruch rechtskräftig für voll- gabe des Tages seines Zustandekommens von den
streckbar erklärt, so kann seine Aufh·ebung nur aus Schiedsrichtern und den Parteien unterschrieben
den im § 1041 Abs. l Nr. 6 bezeichneten Gründen und auf der Geschäftsstelle des zuständigen Ge·
und nur dann beantragt werden, wenn glaubhaft richts niedergelegt ist.
gemacht wird, daß die Partei ohne ihr Verschulden (2) Die Vollstreckbarerklärung ist abzulehnen,
außerstande gewesen ist, den Aufhebungsgrund in wenn der Vergleich der Rechtswirksamkeit ent·
dem früheren Verfahren geltend zu machen, behrt oder seine Anerkennung gegen die guten
(2) Die Klage ist innerhalb einer Notfrist von Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen
einem Monat zu erheben. Die Frist beginnt mit dem würde.
Tage, an dem die Partei von dem Aufhebungs- (3) Die Vorschriften der §§ 1042 a bis . 1042 d
grund Kenntnis erhalten hat, jedoch nicht vor ein• gelten entsprechend; die Geltendmachung der
getretener Rechtskraft der Entscheidung über die Rechtsunwirksamkeit des Vergleichs steht der
Vollstreckbarerklärung. Nach Ablauf von zehn Jah- Geltendmachung von Aufhebungsgründen gegen
ren, von dem Tage der Rechtskraft der Entschei- einen Schiedsspruch gleich .
. dung an gerechnet, ist die Klage unstatthaft.
(3) Wird der Schiedsspruch aufgehoben, so ist § 1045
zugleich die Vollstreckbarerklärung aufzuheben.
(1) Für die gerichtlichen Entscheidungen über die
Ernennung oder die Ablehnung eines Schiedsrich·
§ 1044
tern oder über das Erlöschen eines Schiedsvertrags
(1) Ein ausländischer Schiedsspruch, der nach oder über die Anordnung der von den Schieds·
dem für ihn maßgebenden Recht verbindlich ge- richtern für erforderlich erachteten richterlichen
worden ist, wird, soweit nicht Staatsverträge ein Handlungen ist das Amtsgericht oder das Land·
anderes bestimmen, in dem für inländische Schieds- gericht zuständig, das in dem Schiedsvertrag als
sprüche vorgeschriebenen Verfahren für voll· solches bezeichnet ist, und in Ermangelung einer
streckbar erklärt. § 1039 ist nicht a!lzuwenden. derartigen Bezeichnung das Amtsgericht oder das
(2) Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist Landgericht, das für die gerichtliche Geltend-
abzulehnen: machung des Anspruchs zuständig sein würde.
1. wenn der Schiedsspruch rechtsunwirksam ist, (2) Die Entscheidung kann ohne mündliche Ver-
für die Rechtswirksamkeit des Schiedsspruchs handlung ergehen. Vor der Entscheidung ist der
ist, soweit nicht Staatsverträge ein anderes Gegner zu hören.
bestimmen, das für das Schiedsverfahren gel- (3) Gegen die Entscheidung findet sofortige Be·
tende Recht maßgebend: schwerde statt.
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 627
§ 1046 § 1047
Das im § 1045 Abs. 1 bezeichnete Gericht ist Unter mehreren nach den §§ 1045, 1046 zuständi·
auch für die Vollstreckbarerklärung von Schieds• gen Gerichten ist und bleibt das Gericht zuständig,
an das eine Partei oder das Schiedsgericht (§ 1039)
sprüchen und schiedsrichterlichen Vergleichen so•
sich zuerst gewendet hat.
wie für Klagen zuständig, welche die Unzulässig•
§ 1048
keit des schiedsrichterlichen Verfahrens, die Auf•
Für Schiedsgerichte, die in gesetzlich statthafter
hebung eines Schiedsspruchs oder der Vollstreck•
Weise durch letztwillige oder andere nicht auf Ver•
barerklärung eines solchen oder die Rechtsunwirk• einbarung beruhende Verfügungen ;rngeordnat
samke1t elnes schiedsrichterlichen Vergleichs zum werden, gelten die Vorschriften dieses Buches ent-
Gegenstand haben. sprechend.
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 629
Anlage 3
zu dem Gesetz zur Wiederherstellung der Red,ts•
einheit an! dem Gebiete der Gerichtsverfassung,
der bürgerlichen Red1tspllege, des Straiveriahrens
und des Kos(enrechls.
Strafprozeßordnung
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 631
Strafprozeßordnung
Erstes Buch (2) Hat der Angeschuldigte keinen Wohnsitz im
Allgemeine Vorschriften Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes, so wird
Erster Abschnitt der Gerichtsstand auch durch den gewöhnlichen
Sachliche Zuständigkeit der Gerichte J\ufenthaltsort und, wenn ein solcher nicht be-
kannt ist, durch den letzten Wohnsitz bestimmt.
§ l
Die sachliche Zuständigkeit der Gerichte wird § 9
durch das Gesetz über die Gerichtsverfassung (!) 'Nenn die strafbare Handlung außerhalb des
liestimmt. Geltungsbereiches dieses Bundesgesetzes begangen
§ 2
(1) Zusammenhängende Strafsachen, die einzeln und ein Gerichtsstand gemäß § 8 nicht begründet
zur .Zuständigkeit von Gerichten verschiedener ist, so ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk
Ordnung gehören würden, können verbunden bei dle Ergreifung erfolgt. Hat eine Ergreifung nicht
dem Gericht anhängig gemacht werden, dem die stattgefunden, so wird das zuständige Gericht vom
höhere Zuständigkeit beiwohnt. Bundesgerichtshof bestimmt.
(2) Aus Gründen der Zweckmäßigkeit kann durch (2) Glei~hes gilt, wenn eine strafbare Handlung
Beschluß dieses Gerichts die Trennung der ver- im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes began•
bundenen Strafsachen angeordnet werden. gen ist, jedoch weder der Gerichtsstand der began-
§ 3 genen Tat noch der Gerichtsstand des Wohnsitzes
Ein Zusammenhang ist vorhanden, wenn eine ermittelt ist.
Person mehrerer strafbarer Handlungen beschul- § 10
digt wird, oder wenn bei einer strafbaren Hand- Ist die strafbare Handlung auf einem deutschen
lung mehrere Personen als Täter, Teilnehmer, Be- Schiff außerhalb des Geltungsbereiches dieses
günstiger oder Hehler beschuldigt werden. Bunde,gesetzes oder in offener See begangen, so i3t
§ 4 das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Heimat-
(1) Eine Verbindung zusammenhängender oder hafen oder der Hafen im Geltungsbereich dieses
eine Trennung verbundener Strafsachen kann auch Gesetzes liegt, den das Schiff nach der Tat zuerst
nach Eröffnung der Voruntersuchung oder des erreicht.
Hauptverfahrens auf Antrag der Staatsanwaltschaft
oder des Angeschuldigten oder von Amts wegen § 11
durch gerichtlichen Beschluß angeordnet w1,rden, (1) Deutsche, die das Recht der Exterritorialität
(2) Zuständig für den Beschluß ist das Gericht, zu genießen, sowie die im Ausland angestellten Be-
dessen Bezirk die übrigen Ge.;ichte gehören; fehlt amten des Bundes oder eines deutschen Landes
ein solches Gericht, so entscheidet das gemein- behalten hinsichtlich des Gerichtsstandes den
schaftliche obere Gericht. Wohnsitz, den sie im Inland hatten. Wenn sie einen
§ 5 solchen Wohnsitz nicht hatten, so gilt der Sitz der
Für die Dauer der Verbindung ist der Straffall, Bundesregierung als ihr Wohnsitz,
der zur Zuständigkeit des Gerichts höherer Ord- (2) Auf Wahlkonsuln sind diese Vorschriften
nung gehört, für das Verfahren maßgebend. nicht anzuwenden.
§ 6 § 12
Das Gericht hat seine sachliche Zuständigkeit in (1) Unter mehreren nach den Vorschriften der
jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu §§ 7 bis 11 zuständigen Gerichten gebührt dem der
prüfen. Vorzug, das die Untersuchung zuerst eröffnet hat.
zweiter Abschnitt (2) Jedoch kann die Untersuchung und Entschei-
Gerichtsstand dung einem anderen der zuständigen Gerichte
§ 7 durch das gemeinschaftliche obere Gericht über-
(1) Der Gerichtsstand ist bei dem Gericht be- tragen werden.
gründet, in dessen Bezirk die strafbare Handlung § 13
begangen ist. (1) Für zusammenhängende Strafsachen, die ein-
(2) Wird der Tatbestand der strafbaren Hand- zeln nach den Vorschriften der §§ 7 bis 11 zur
lung durch den Inhalt einer im Inland erschienenen Zuständigkeit verschiedener Gerichte gehören
Druckschrift begründet, so ist als das nach Abs. 1 würden, ist ein Gerichtsstand bei jedem Gericht
zuständige Gericht nur das Gericht anzusehen, in begründet, das für eine der Strafsachen zu-
dessen Bezirk die Druckschrift erschienen ist. Je- ständig ist.
doch ist in den Fällen der Beleidigung, sofern dir, (2) Sind mehrere zusammenhängende Strafsachen
Verfolgung im Wege der Privatklage stattfindet. bei verschiedenen Gerichten anhängig gemacht
auch das Gericht, in dessen Bezirk die Druck- worden, so können sie sämtlich oder zum Teil
schrift verbreitet worden ist, zuständig, wenn in durch eine den Anträgen der Staatsanwaltschaft
diesem Bezirk die beleidigte Person ihren Wohn- entsprechende Vereinbarung dieser Gerichte bei
sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. einem unter ihnen verbunden werden. Kommt eine
§ 8 solche Vereinbarung nicht zustande, so entscheidet,
(!) Der Gerichtsstand ist auch bei dem Gericht wenn die Staatsanwaltschaft oder ein Angeschul•
begründet, in dessen Bezirk der Angeschuldigte digter hierauf anträgt, das gemeinschaftliche obere
zur Zeit der Erhebung der Klage seinen Wohn- Gericht darüber, ob und bei welchem Gericht dil'
sitz hat. Verbindung einzutreten hat.
632 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
(3) In gleicher Weise kann die Verbindung wie• Grade verschwägert ist, auch wenn die Ehe,
der aufgehoben werden. durch welche die Schwägerschaft begründet
§ 14 ist, nicht mehr besteht;
Besteht zwischen mehreren Gerichten Streit über 4. wenn er in der Sache als Beamter der Staats-
die Zuständigkeit, so bestimmt das gemeinschaft- anwaltschaft, als Polizeibeamter, als Anwalt
liche obere Gericht das Gericht, das sich der Unter- des Verletzten oder als Verteidiger tätig ge-
suchung und Entscheidung zu unterziehen hat. wesen ist;
5. wenn er in der Sache ~ls Zeuge oder Sach•
§ 15
verständiger vernomme ist.
Ist das an sich zuständige Gericht in einem ein-
zelnen Falle an der Ausübung des Richteramtes recht-
§ 23
lich oder tatsächlich verhindert oder ist von der Ver- (1) Ein Richter, der bei einer durch ein Rechts-
handlung vor diesem Gericht eine Gefährdung der mittel angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat,
öffentlichen Sicherheit zu besorgen, so hat das zu- ist von der Mitwirkung bei der Entscheidung in
nächst obere Gericht die Untersuchu'ng und Ent· einem höheren Rechtszuge kraft Gesetzes ausge-
scheidung dem gleichstehenden Gericht eines an- schlossen.
deren Bezirks zu übertragen. (2) Der Untersuchungsrichter darf in den Sachen,
§ 16 in denen er die Voruntersuchung geführt hat, nicht
Mitglied des erkennenden Gerichts sein, auch nicht
Der Angeschuldigte muß den Einwand der Unzu· bei einer außerhalb der Hauptverhandlung ergehen-
ständigkeit bis zum Schluß der Voruntersuchung den Entscheidung der Strafkammer mitwirken.
geltend machen; hat ke,ine Voruntersuchung statt-
gefunden, so kann er den Einwand noch in ckr § 24
Hauptverhandlung geltend machen, solange mH der (1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in
Verlesung des Beschlusses über die Eröffnung des denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft
Hauptverfahrens nicht begonnen ist. Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Be·
§ 17 sorgnis der Befangenheit qbgelehnt werden.
(2) Wegen Besorgnis· der Befangenheit findet die
Durch eine Entscheidung, welche die Zuständig-
Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der ge-
keit für die Voruntersuchung feststellt, wird die
eignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit
Zuständigkeit auch für das Hauptverfahren fest-
eines Richters zu rechtfertigen.
gestellt.
(3) Das Ablehnungsrecht steht der Staatsanwalt·
§ 18
schaft, dem Privatkläger und dem Beschuldigten zu.
Nach Eröffnung des Hauptverfahrens darf das Den zur Ablehnung Berechtigten sind auf Ver-
Gericht seine Unzuständigkeit nur auf Einwand des langen die zur Mitwirkung bei der Entscheidung
Angeklagten aussprechen. berufenen Gerichtspersonen namhaft zu machen.
§ 19 § 25
Haben mehrere Gerichte, von denen eines das zu- Die Ablehnung eines Richters wegen Besorg-
ständige ist, durch Entscheidungen, die nicht mehr nis der Befangenheit ist bis zum Beginn des an
anfechtbar sind, ihre Unzuständigkeit ausge- die Vernehmung des Angekl:igten zur Sache an-
sprochen, so bezeichnet das gemeinschaftliche schließenden Teiles der Hauptverhandlung zulässig.
obere Gericht das zuständige Gericht. § 26
§ 20 (1) Das Ablehnungsgesuch ist bei dem Gericht,
Die einzelnen Untersuchungshandlungen eines dem der Richter angehört, anzubringen; es kann
unzuständigen Gerichts sind nicht schon dieser. Un- vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.
zuständigkeit wegen ungültig. (2) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen;
§ 21 der Eid ist als Mittel der Glaubhaftmachung ausge·
schlossen. Zur Glaubhaftmachung kann auf das
Ein unzuständiges Gericht hat sich den innerhalb
Zeugnis des abgelehnten Richters Bezug genommen
seines Bezirks vorzunehmenden Untersuchungs-
werden.
handlungen zu unterziehen, bei denen Gefahr im
Verzug ist. (3) Der abgelehnte Richter hat sich über den Ab-
lehnungsgrund dienstlich zu äußern.
Dritter Abschnitt
§ 27
Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen (1) Uber das Ablehnungsgesuch entscheidet das
§ 22 Gericht, dem der Abgelehnte angehört.
Ein Richter ist von der Ausübung des Richter- (2) Wird ein richterliches Mitglied der erkennen-
amtes kraft Gesetzes ausgeschlossen: den Strafkammer abgelehnt, so entscheidet die
1. wenn er selbst durch die strafbare Handlung Strafkammer in der für Entscheidungen außerhalb
verletzt ist; der Hauptverhandlung vorgeschriebenen Besetzung.
2. wenn er Ehegatte oder Vormund des Be- Wird ein richterliches Mitglied des Schwurgerichts
schuldigten oder des Verletzten ist oder ge- abgelehnt, so entscheiden während der Tagung die
wesen ist; richterlichen Mitglieder des Schwurgerichts; außer-
3. wenn er mit dem Beschuldigten oder mit dem halb der Tagung entscheidet die Strafkammer.
Verletzten in gerader Linie verwandt, ver- (3) Wird ein Untersuchungsrichter oder ein Amts-
schwägert oder durch Annahme an Kindes richter abgelehnt, so entscheidet das Landgericht.
Statt verbunden, in der Seitenlinie bis zum Einer Entscheidung bedarf es nicht, wenn der Ab-
dritten Grade verwandt ode;- bis zum zweiten gelehnte das Ablehnungsgesuch für begründet hält.
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, d€n 20. September 1950 633
(4) Wird das zur Entscheidung berufene Gericht setzt, so genügt formlose Mitteilung; dies gilt nicht
durch Ausscheiden des abgelehnten Mitglieds be- fur die Mitteilung von Urteilen.
schlußunfähig, so entscheidet das zunächst obere (3) Dem nicht auf freiem Fuß Befindl:r:hen ist das
Gericht. zugestellte Schriftstück auf Verlangen vorzulesen.
§ 28 § 36
(1) Der Beschluß, der die Ablehnung für begrün- (1) Entscheidungen, die einer Zustellung oder
det erklärt, ist nicht anfechtbar; gegen den Be- Vollstreckung bedürfen, sind der Staatsanwalt-
schluß, der die Ablehnung für unbegründet erklärt, schaft zu übergeben, die das Erforderliche zu ver-
ist sofortige Beschwerde zulässig. anlassen hat. Für Entscheidungen, q.ie lediglich den
(2) Der Beschluß, der ein gegen einen erken- inneren Dienst der Gerichte oder die Ordnung in
nenden Richter angebrachtes Ablehnungsgesuch den Sitzungen betreffen, gilt diese Vorschrift nicht.
für unbegründet. erklärt, kann nicht für sich allein, (2) Der Untersuchungsrichter und der Vorsitzende
sondern nur mit dem Urteil angefochten werden. des Gerichts können Zustellungen sowie die Voll-
§ 29 streckung von Beschlüssen und Verfügungen auch
Ein abgelehnter Richter hat vor Erledigung des unmittelbar veranlassen.
Ablehnungsgesuchs nur solche Handlungen vorzu- § 31
nehmen, die keinen Aufschub gestatten. Für das Verfahren bei Zustellungen gelten die
§ 30 Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend.
Das für die Erledigung eines Ablehnungsgesuchs § 38
zuständige Gericht hat auch dann zu entscheiden, Die bei dem Strafverfahren beteiligten Personen,
wenn ein solches Gesuch nicht angebra<;:ht ist, ein denen die Befugnis beigelegt ist, Zeugen und Sach·
Richter aber von einem Verhältnis Anzeige macht, v_erständige unmittelbar zu laden, haben mit der
das seine Ablehnung rechtfertigen könnte, oder Zustellung der Ladung den Gerichtsvollzieher zu
.wenn aus anderer Veranlassung Zweifel darüber beauftragen.
entstehen, ob ein Richter kraft Gesetzes ausge- § 39
schlossen ist. Für das die öffentliche Klage vorbereitendf Ver-
§ 31 fahren, für die Voruntersuchung und für das Ver-
(1) Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten für fahren bei der Strafvollstreckung· können durch
Schöffen und Geschworene sowie für Urkunds- Anordnung der Landesjustizverwaltung einfachere
beamte der Gesc_häftsstelle und andere als Proto- Formen für den Nachweis der Zustellung zugelassen
kollführer zugezogene Personen entsprechend. werden.
(2) Die Entscheidung trifft der Vorsitzende. Bei § 40
der großen Strafkammer und beim Schwurgericht (1) Kann eine Zustellung an einen Beschuldigten,
entscheiden die richterlichen Mitglieder. Ist der dem eine Ladurtg zur Hauptverhandlung noch
Protokollführer einem Richter beigegeben, so ent- nicht zugestellt war, nicht in der vorgeschrie-
scheidet dieser über die Ablehnung oder Aus- benen Weise im Inland bewirkt werden, und
schließung. erscheint die Befolgung der für Zustellungen im
§ 32 Ausland bestehenden Vorschriften unausführbar
(weggefallen) oder voraussichtlich erfolglos, so gilt die Zustel-
lung als erfolgt, wenn der Inhalt des zuzustellen-
Vierter Abschnitt den Schriftstücks durch ein deutsches oder aus-
ländisches Blatt bekanntgemacht worden ist und
Gerichtliche Entscheidungen seit dem Erscheinen dieses Blattes zwei Wochen
und ihre Bekanntmachung verflossen sind oder wenn das zuzustellende Schrift-
stück zwei Wochen ari der Gerichtstafel des Ge-
§ 33
richts des ersten Rechtszuges angeheftet gewesen
Die Entscheidungen des Gerichts werden, wenn ist. Die Auswahl des Blattes steht dem die Zustel-
sie im Laufe einer Hauptverhandlung ergehen, nach lung veranlassenden Beamten zu.
Anhörung der Beteiligten, wenn sie außerh{!.lb einer (2) War die Ladung zur Hauptverhandlung dem
Hauptverhandlung ergehen, nach schriftlicher oder Angeklagten schon vorher zugestellt, so gilt eine
mündlicher Erklärung der Staatsanwaltschaft er- weitere Zustellung an ihn, wenn sie nicht in der
lassen. vorgeschriebenen Weise im Inland bewirkt wer-
§ 34
den kann, als erfolgt, sobald das zuzustellende
Die durch ein Rechtsmittel anfechtbaren Ent- Schriftstück zwei Wochen an der Gerirhtstafel
scheidungen sowie die, durch welche ein Antrag des Gerichts des ersten Rechtszuges angeheftet
abgelehnt wird, sind mit Gründen zu versehen. gewesen ist. Von Urteilen und Beschlüs3en wird
§ 35 nur der entscheidende Teil angeheftet.
(1) Entscheidungen, die in Anwesenheit der da- § 41
von betroffenen Person ergehen, werden ihr durch Zustellungen an die Staatsanwaltschaft erfolgen
Verkündung bekanntgemacht. Auf Verlangen ist durch Vorlegung der Urschrift des zuzustellenden
ihr eine Abschrift zu erteilen. Schriftstücks. Wenn mit der Zustellung der Lauf
(2) Andere Entscheidungen werden durch Zu- einer Frist beginnt, so ist der Tag der Vorlegung
stellung bekanntgemacht. Wird durch die Bekannt- von der Staatsanwaltschaft auf der Urschrift zu
machun2 der Entscheidung keine Frist in Lauf ge- vermerken.
634 Bundesgesetzbl~tt, Jahrgang 1950
Fünfter Abschnitt § 49
_Fristen und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Der Bundespräsident ist in seiner Wohnung zu
vernehmen. Zur Hauptverhandlung wird er nicht
§ 42 geladen. Das Protokoll über seine gerichtliche Ver-
Bei der Berechnung einer Frist, die nach Tagen nehmung ist in der Hauptverhandlung zu verlesen.
bestimmt ist, wird der Tag nicht mitgerechnet, auf
den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, nach dem § 50
der Anfang der Frist sich richten soll. (1) Die Mitglieder des Bundestages, des Bundes-
rates, eines Landtages oder einer zweiten Kammer
§ ·43 sind während ihres Aufenthaltes am Sitz der Ver•
(1) Eine Frist, die nach Wochen oder Monaten sammlung dort zu vernehmen.
bestimmt ist, endigt mit Ablauf des Tages der letz- (2) Die Mitglieder der Bundesregierung oder einer
ten Woche oder des letzt, n Monats, der durch seine Landesregierung sind an ihrem Amtssitz oder, wenn
Benennung oder Zahl dt .n Tag entspricht, an dem sie sich außerhalb ihres Amtssitzes aufhalten, an
die Frist begonnen hat; fehlt dieser Tag in dem ihrem Aufenthaltsort zu vernehm_en.
letzten Monat, so endigt die Frist. mit dem Ablauf (3) Zu einer Abweichung von den vorstehenden
des letzten Tages dieses Monats. Vorschriften bedarf es:
(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag für die Mitglieder eines in Abs, 1 genannten
oder allgemeinen Feiertag, so endigt die Frist mit Orga ,s der Genehmigung dieses Organs,
Ablauf des nächstfolgenden Werktags. für die !,1itglieder der Bundesregierung der Ge-
nehmigung der Bundesregierung,
§ 44 für die Mitglieder einer Landesregierung der Ge-
Gegen die Versäumung einer Frist kann die Wie- nehmigung der Landesregierung.
dereinsetzung in den vorigen Stand beansprucht (4) Die Mitglieder der in Abs. 1 genannten Organe
werden, wenn der Antragsteller durch Naturereig· der Gesetzgebung und die Mitglieder der Bundes-
nisse oder andere unabwendbare Zufälle an der regierung oder einer Landesre,gierung werden, wenn
Einhaltung der Frist verhindert worden ist. Als un- sie außerhalb der Hauptverhandlung v.ernommen
abwendbarer Zufall ist es anzusehen, wenn der worden sind, zu dieser nicht geladen. Das Protokoll
Antragsteller von einer Zustellung ohne sein Ver• über ihre richterliche Vernehmung ist in der Haupt•
schulden keine Kenntnis erlangt hat. verhandlung zu verlesen.
§ 51
§ 45 (1) Ein ordnungsmäßig geladener Zeuge, der
(1) Das Gesuch um Wiedereinsetzung in den nicht erscheint, ist in die durch das Ausbleiben
vorigen Stand muß binnen einer Woche nach Be- verursachten Kosten sowie zu einer Ordnungs-
seitigung des Hindernisses bei dem Gericht, bei strafe in Geld. und für den Fall, daß diese nicht
dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre, unter beigetrieben werden ~ann, zur Strafe der Haft bis
Angabe und Glaubhaftmachung der Versäumungs- zu sechs Wochen zu verurteilen. Auch ist die
gründe angebracht werden. zwangsweise Vorführung des Zeugen zulässig. Im
(2) Mit dem Gesuch ist zugleich die versäumte Falle wiederholten Ausbleibens kann auf die Strafe
Handlung selbst nachzuholen, noch einmal erkannt werden.
(2) Die Verurteilung zu Strafe und Kosten unter-
§ 46
bleibt, wenn das Ausbleiben des Zeugen genügend
entschuldigt ist. Wird der Zeuge nachträglich ge-
(1) Ober das Gesuch entscheidet das Gericht, das nügend entschuldigt, so werden die getroffenen
bei rechtzeitiger Handlung zur Eotscheidung in der Anordnungen wieder aufgehoben.
Sache selbst berufen gewesen wäre.
(3) Die Befugnis zu diesen Maßregeln steht auch
(2) Die dem Gesuch stattgebende Entscheidung dem Untersuchungsrichter, dem Amtsrichter im
unterliegt keiner Anfechtung. Vorverfahren sowie dem beauftragten und ersuch-
(3) G€gen die das Gesuch verwerfende Entschei• ten Richter zu.
§ 52
dung ist sofortige Beschwerde zulässig.
{1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind be•
§ 47 rechtigt:
1. der Verlobte des ßeschuldigten;
(1) Durch das Gesuch um Wiedereinsetzung in 2. der Ehegatte des Beschuldigten, auch wenn
den vorigen Stand wird die Vollstreckung einer die Ehe nicht mehr besteht;
gerichtlichen E"ntscheidung nicht gehemmt. 3. wer mit dem Beschuldigten in gerader Linie
(2) Das Gericht kann jedoch einen Aufschub der verwandt, verschwägert oder durch Annahme
Vollstreckung anordnen. an Kindes Statt verbunden oder in der Seiten-
linie bis zum dritten Grade verwandt oder
Sechster Abschnitt bis zum zweiten Grade verschwägert ist, auch
Zeugen wenn die Ehe, durch welche die Schwäger~
schaft begründet ist, nicht mehr besteht.
§ 48
(2) Die bezeichneten Personen sind voP jeder
Die Ladung der Zeugen geschieht unter Hin- Vernehmung über ihr Recht zur Verweigerung des
weis auf die gesetzlichen Folgen des Ausbleibens. Zeugnisses zu belehren. Sie können den Verzicht
.,
• .!:
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 635
;;uf dieses Recht auch während der Vernehmung GesBtz bestimmte oder zugelassene Ausnahme vor-
widerrufen. liegt. Hierbei sind sie über die Bedeutung des Eides
§ 53 und die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen
( l) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind ferner oder unvollständigen Aussage zu belehren.
berechtigt: § 58
1. Geistliche über das, was ihnen bei Ausübung (!) Die Zeugen sind einzeln und in Abwesenheit
der Seelsorge anvertraut ist; der später abzuhörenden Zeugen zu vernehmen.
2. Verteidiger des Beschuldigten über das, was (2) Eine Gegenüberstellung mit anderen Zeuget:.
ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut ist; oder mit dem Beschuldigten im Vorverfahren ist
3. Rechtsanwälte und Arzte über das, was ihnen zulässig, wenn es für das v.-eitere Verfahren ge-
bei Ausübung ihres Berufs anvertraut ist; boten erscheint.
4. Redakteure, Verleger und Drucker einer perio- § 59
dischen Druckschrift sowie die bei der tech- Die Zeugen sind einzeln und rar b ihrer Verneh-
nischen Herstellung der Druckschrift beschäf- mung zu vereidigen. Die Verei'.ligung erfolgt, soweit
tigten Personen über die Person des Verfas- nichts ancforcs bestimmt ist, in der Hauptverhand-
sers oder Einsenders einer Veröffentlichung lung.
strafbaren Inhalts, wenn ein Redakteur der § 60
Druckschrift weg€n dieser Veröffentlichung Von der Vereidigung ist abzusehen:
bestraft ist oder seiner Bestrafung kein recht- 1. bei Personen, die zur Zeit der Vernehmung
liches Hindernis entgegensteht. das sechzehnte Lebensjahr noch nicht voll-
(2) Die unter Nr. 2 und 3 bezeichneten Personen endet haben oder die wegen mangelnder Ver-
dürfen das Zeugnis nicht verweigern, wenn sie standesreife oder wegen Verstandesschwäche
von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit ent- vom Wesen und der Bedeutung des Eides
bunden sind. keine genügende Vorstellung haben;
§ 54 2. bei Personen, die nach den Vorschriften der
(!) Für die Vernehmung von Richt2rn, Beamten
Strafgesetze unfähig sind, als Zeugen eidlich
vernpmmen zu werden,
und anderen Perso110n dC's öff„nllichen Dienstes a!,;
3. bei Personen-, die der Tat, welche dBn Gegen-
Zeugen über Umstän(le, auf die sich ihre Pflicht
stand der Untersuchung bildet, oder der Be-
zur Amtsverschwirgcnhcil bezieht, und für die Ge-
teiligung an ihr oder der Begünstigung oder
nehmigung wr Aussage gelten die besondC'fen
Hehlerei verdächtig oder deswegen bereits
beamtenrechtlichen Vorschriften.
verurteilt sind.
(2) Für die Mitglieder der Bundes- oder einer § 61
Landesregierung gelten die für sie maßgebenden Von der Vereidigung kann nach d2m Ermessen
besonderen Vorschriften. des Gerichts abgesehen w.c,rden:
(3) Der Bundespräsident kann das Zeugnis ver- 1. bei Personen, die zur Zeit der Vernehmung das
weigern, wenn die Ablegu:cg des Zeugnisses dem sechzehnte. aber noch nicht das achtzehn\€
Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Lebensjahr vollendet haben;
Nachteile bereiten wiircle. 2. beim Verletzten sowie bei Personen, die im
Sinne des li 52 Abs. 1 Angehörige des Verletz-
(4) Diese Vorschriften gdlen auch, wenn die vor-
ten oder de, ßcsclrnldigtcn sincl;
genannten Personc,n nicht nH·hr im öffentlichen
3. wenn das Gericht d2r A :.issage keine wesent-
Dienst sind, sowcit ,,s sich Ilm Tatsachen handelt,
liche Be,leutung beimißt und nach seiner Vber-
die sich während ihrer Dic:nslzrcil ereignet haben
z2ugung auch unter Eid keine wesentliche
oder ihnen während il!rer l)ienstzeit zur Kenntnis
Aussage zu erwarten ist.
gelangt sind.
§ 55 § 62
{!) Jeder Zeuge kann die· Auskll11H auf solche Im Verfahren wegen einer Vbertretung und im
Fragen verweigern, deren Benntworlung ihm f'rivalklageverfahren werden Zeugen nur vereidigt,
selbst oder einem der im § .52 Abs. 1 lJC'zeich- wenn es das Gericht wegen der ausschlaggebend2n
neten Angehörigen die Gefahr strafgerichtlicher Bedeutung der Aussage ocler zur Herbsiführung
Verfolgung zuziehen würde. einer wahren Aussage für notwendig hält.
(2) Der Zeuge ist über sein Recht zur Verweige- § 63
rung d€r Auskunft zu belehren. Die in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen
des Beschuldigten haben das Recht, die Beeidigung
§ 56 des Zeugnisses zu verweigBrn; darüber sind e:e zu
Die Tatsache, auf die der Zeuge die Verweige- belehren.
rung des Zeugnisses in den Fällen der §§ 52, 53 § 64
und 55 stützt, ist auf Verlangen glaubhaft zu
Unterbleibt die Vereidigung eines Zeugen, so ist
machen.- Es genügt die eidliche Versicherung des
der Grund dafür im Protokoll anzugeb"cn,
Zeugen.
§ 57 § 65
Vor der Vernehmung sind die Zeugen zur Wahr- (1) Im vorbereitenden Verfahren ist di~ Vereidi-
heit zu ermahnen und darauf hinzuweisen, daß sie gung nur zulässig, wenn Gefahr im Verzug ist, oder
ihre Aussage zu beeidigen haben, wenn keine im wenn der Eid als Mittel zur Herbeiführung einer
636 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
wahren Aussage über einen für das weitere Ver- § 66 e
fahren erhebt,ch"'' Punkt erforderlich erscheint. Gibt ein Zeuge an, daß er Mitglied einer Religions-
(2) fm vorbereitc11den Verfahren wegen einPr gesellschaft sei, der das Gesetz den Gebrauch ge-
Ubertrctung ist die Vere"Jigung unzulässig. wisser Beteuerungslormeln an Stelle des Eides ge-
§ Gfi stattet, so steht eine unter der Beteuerungslormel
dieser Religionsgesellschaft abgegebene Erklärung
In der Voruntersuchung ist die Vereidigung nur
der Eidesleistung gleich.
zulässig, wenn
l. Gefahr im Verzug ist oder § 67
2. der Eid als Mittel zur Herbeiführung einer \'Vird der Zeuge, nachdem er eidlich vernommen
wahren Aussage über einen für das weitere worden ist, in demselbe_n Vorverfahren oder in dem-
Verfahren erheblichen Punkt erforderlich er- selben Hauptverfahren nochmals vernommen, so
scheint oder kann der Richter statt der nochmaligen Vereidigung
den Zeugen die Richtigkeit seiner Aussage unter
3. der Zeuge voraussichtlich am Erscheinen in
Berufung auf den früher geleisteten Eid versichern
der Hauptverhandlung' verhindert sein wird
lassen.
o<ler
§ 68
4, dem Zeugen das Erscheinen in der Hauptver-
Die Vernehmung beginnt damit, daß der Zeuge
handlung wegen großer Entfernung nicht zu-
iiber Vornamen und Zunamen, Alter, Stand oder
gemutet werden kann.
Gewerbe und Wohnort befragt wird. Erforderlichen•
§ 66 a falls sind dem Zeugen Fragen über solche Umstände,
Wird ein Zeuge außerhalb der Hauptverhandlung die seine Glaubwürdigkeit in der vorliegenden
vereidigt, so ist der Grund der Vereidigung im Pro- SachP betreffen, insbesondere über seine Beziehun-
tokoll anzugeben. gen zu dem Beschuldigten oder dem Verletzten,
§ 66 b vorzulegen.
§ 68 a
(1) Wird ein Zeuge durch einen beauftragten oder
ersuchten Richter vernommen, so entscheidet zu- (!) Fragen nach Tatsachen, die dem Zeugen oder
nächst dieser über die Vereidigung. einer Person, die im Sinne des § 52 Abs. 1 sein An-
(2) Die Vereidigung muß, soweit sie zulässig ist, gehöriger ist, zur Unehre gereichen können, sollen
erfolgen, wenn es in dem Auftrag oder in dem Er- nur gestellt werden, wenn es unerläßlich i,st.
suchen des Gerichts verlangt wird. Der vernehmende (2) Der Zeuge soll nach Vorstrafen nur gefragt
Richter kann die Vere.idigung aussetzen und einer werden, wenn ihre Feststellung notwendig ist, um
neuen Entschließung des beauftragenden oder er- über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60
suchenden Gerichts vorbehalten, wenn bei der Ver- Nr. 2 oder 3 zu entscheiden oder um seine Glaub-
nehmung Tatsachen hervortreten, die zu uneid- würdigkeit zu beurteilen.
licher Vernehmung berechtigen würden. Diese Tat- § 69
sachen sind in das Protokoll aufzunehmen. (1) Der Zeuge ist zu veranlassen, das, was ihm
(3) Die Vereidigung darf nicht erfolgen, we,nn die von dem Gegenstand seiner Vernehmung bekannt
uneidliche Vernehmung verlangt wird. ist, im Zusammenhang -anzugeben. Vor seiner Ver-
nehmung ist dem Zeugen der Gegenstand der Unter-
§ 66 C
suchung und die Person des Beschuldigten, sofern
(1) Die Vereidigung erfolgt in der Weise, daß der ein solcher vorhandt;n ist, zu bezeichnen.
Richter an den Zeugen die Worte richtet: (2) Zur Aufklärung und zur Vervollständigung
„Sie schwören bei Gott dem Allmächtigen und der Aussage sowie zur Erforschung des Grundes,
Allwissenden, daß Sie nach bestem Wissen die auf dem das WissP.n des Zeugen beruht, sind
reine WahrhP-il gesagt und nichts verschwiegen nötigenfalls weitere Fragen zu stellen.
haben"
(3) Die Vorschrift des § 136 a gilt für die Verneh-
und der Zeuge hierauf die Worte spricht:
nrnng des Zeugen entsprechend.
,.Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe."
(2) Der Eid kann auch ohne religiöse Beteuerung § 70
geleistet werden. (!) Wird das Zeugnis oder die Eidesleistung ohne
(3) Der Schwörende soll bei der Eidesleistung die gesetzlichen Grund verweigert. so ist der Zeuge in
rechte Hand erheben. die durch die Weigerung verursachten Kosten
§ 66 d sowie zu einer Ordnungsstrafe in Geld und für den
Fall, daß diese nicht beigetrieben werden kann, zur
(1) Stumme leisten den Eid in der Welse, daß sie
Strafe der Haft bis zu sechs Wochen zu verurteilen,
die Worte:
(2) Auch kann zur Erzwingung des Zeugnisses die
„Ich schwöre bei Cott dem Allm~chtigen und Haft angeordnet werden, jedoch nicht über die Zeit
Allwissenden, daß irh r.ach bestem Wissen die der Beendigung des Verfahrens in dem Rechtszug,
reine Wahrlwil hckllndct •.incl nichts verschwie- auch nicht über die Zeit von sechs Monaten, und
gen habe" bei Obertretungen nicht über die Zeit von sechs
niederschreiben und unterschreiben. Stumme, die Wochen hinaus.
nicht schreiben können, leisten den Eid mit Hilfe (3) Die Befugnis zu diesen Maßregeln steht a11ch
eines Dolmetschers durch Zeichen. dem Untersuchungsrichter, dem Amtsrichter im
(2) Die Vorschrift des § 66 c Abs. 2 gilt ent- Vorverfahren sowie dem beauftragten und ersuchten
sprechend. Richter zu.
Nr. 40 - Tag dC'r Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 637
(4) Sind die Maßregeln erschöpft, so können sie in Bundes- oder einer Landesregierung gelten die für
demselben oder in einem anderen Verfahren, das sie maßgebenden besonderen Vorschriften.
dieselbe Tat zum Gegenstand hat, nicht wiederholt
§ 77
werden.
§ 71 Im Falle des Nichterscheinens oder der Weigerung
eines zur Erstattung des Gutachtens verpflichteten
Jeder von dem Richter oder der Staatsanwalt-
Sachverständigen wird dieser zum Ersatz der Kosten
schaft geladene Zeuge hat nach Maßgabe der Ge-
und zu einer Ordnungsstrafe in Geld verurteilt. Im
bührenordnung Anspruch auf Entschädigung aus der
Falle wiederholten Ungehorsams kann neben der
Staatskasse für Zeitversäumnis und, wenn sein Er-
Verurteilung in dle Kosten noch einmal auf eine
scheinen eine Reise erforderlich macht, auf Erstat-·
Ordnungsstrafe erkannt w-erden.
tung der Kosten, die durch die Reise und den Auf-
enthalt am Ort der Vernehmung verursacht werden. § 78
Der Richter hat, soweit ihm die;; erforderlich er•
Siebenter Abschnitt scheint, die Tätigkeit der Sachverstänrjigen zu leiten.
Sachverständige und Augenschein
§ 79
§ 72 (!) Der Sachverständige kann nach dem Ermessen
Auf Sachverständige ist der sechste Abschnitt über des Gerichts vereidigt werden, Auf Antrag der
Zeugen entsprechend anzuwenden, soweit nicht in Staattanwaltschaft, des Angeklagten oder des Ver•
den nachfolgenden Paragraphen abweichende Vor- teidigers ist er zu vereidigen.
schriften getroffen sind. (2) Der Eid ist nach Erstattung des Gutachtens zu
§ 73 leisten; er geht dahin, daß der Sachverständige das
(1) Die Auswahl der zuzuziehenden Sachverstän .. Gutachten nnparteiisch und nach bestem Wissen
digen und die Bestimmung ihrer Anzahl erfolgt und Gewissen erstattet habe.
durch den Richter. (3) Ist der Sachverständige für die Erstattung von
(2) Sind für gewisse Arten von Gutachten Sach .. Gutachten der betreffenden Art im allgemeinen ver-
verständige öffentlich bestellt, so sollen andere Per- eidigt, so genügt die Berufung auf den geleisteten
sonen nur dann gewählt werden, wenn brsonderc Eid.
Umstände es fordern. § 80
§ 74 (1) Dem Sachverständigen kann auf sein Verlan-
(1) Ein Sachverständiger kann aus dcnsclbC'n gen zur Vorbereitung des Gutachtens durch Verneh•
Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berech· mung von Zeugen oder des Beschuldigten weitere
tigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann Aufklärung verschafft werden
jedoch nicht daraus entnomruen werden, daß der (2) Zu demselben Zweck kann ihm gestattet wer•
Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist. den, die Akten einzusehen, der Vernehmung von
(2) Das Ablehnungsrecht steht dei Staatsanwalt- Zeugen oder des Beschuldigten beizuwohnen und
schaft. dem Privatkläger und dem Beschuldigten zu. an sie nnmiltclb,1r Fragen zu stellen.
Die ernannten Sachverständigen sind den zur Ab·
lebnung Berechtigten namhaft zu machen, wenn § 80 a
nicht besondere Umstände entgegenstehen. Ist damit zu rechnen, daß die Unterbringung des
(3) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; Beschnldigten in einer Heil- oder Pflegeanstalt,
der Eid ist als Mittel der Glaubhaftmachung ausge- einer Trinkerheilanstalt oder einer Entziehungs•
schlossen. anstalt angeordnet werden wird, so soll schon im
§ 75 Vorverfahren einem Sachverständigen Gelegenheit
zur Vorbereitung des in der Hauptverhandlung zu
(!) Der zum Sachverständigen Ernannte hat der
erstattenden Gutachtens gegeben werden.
Ernennung Folge zu leisten, wenn er zur Erstattung
von Gutachten der erforderten Art öffentlich bestellt § 81
ist, oder wenn er die Wissenschaft, die Kunst oder (1) Zur Vorbereitung eines Gutachtens über den
das Gewerbe, deren Kenntnis Voraussetzung der Geisteszustand des Beschuldigten kann das Gericht
Begutachtung ist, öffentlich zum Erwerb ausübt, nach Anhörung eines Sachverständigen und des
oder wenn er zu ihrer Ausübung öffentlich bestellt Verteidigers anordnen, daß der Beschuldigte in
oder ermächtigt ist. eine öffentliche Heil- oder Pflegeanstalt gebracht
(2) Zur Erstattung des Gutachtens ist auch der und dort beobachtet wird. Im ,vorbereitenden Ver•
verpflichtet, welcher sich hierzu vor Gericht bereit fahren entscheidet das Gericht, das für die Eröff-
erklärt hat. nung des Hauptverfahrens znständig wäre.
§ 76 (2) Dem Beschuldigten, der keinen Verteidiger
(!) Dieselben Gründe, die einen Zeugen berech- hat, ist ein solcher zu bestellen.
tigen, das Zeugnis zu verweigern, berechtigen einen (3) Gegen den Beschluß ist sofortige Be,chwerde
Sachverständigen zur Verweigerung des Gutachtens. zulässig. Sie hat aufschiebende vVirkung.
Auch aus anderen Gründen kann ein Sachverstän· (4) Die Verwahrung in der Anstalt darf die Dauer
diger von der Verpflichtung zur Erstattung des Gut-
von sechs Wochen nicht überschreiten.
achtens entbunden werden.
(2) Für die Vernehmung von Richtern, Beamten § 81 a
und anderen Personen des öffentlichen Dienstes als (1 )' Eine körperliche Untersuchung des Beschul•
Sachverständige gelten die besonderen beamten- digten darf zur Feststellung von Tatsachen ange·
rechtlichen Vorschriften. Für die Mitglieder der ordnet werden, die für das Verfahren von Bedeutung
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sind. Zu diesem Zweck sind körperliche Eingriffe, ein Sachverständiger nach Erstattung des Gut-
die von einem Arzt nach den Regeln der ärztlichen achtens mit Erfolg ab~elehnt ist.
Kunst zu Untersuchungszwecken vorgenommen wer- (3) In wichtigeren Fällen kann das Gutachten
d<'n, sowie die Entnahme von Blutproben ohne Ein·· einer Fachbehörde eingeholt werden.
willigung des Beschuldigten zulässig, wenn kein
§ 84
Nachteil für seine Gesundheit zu besorgen ist.
(2) Die Anordnung steht dem Richter, bei Gefähr- Der Sachverständige hat nach Maßgabe der Ge-
dung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung bührenordnung Anspruch auf Entschädigung für
auch der Staatsanwaltschaft und ihren Hilfsbeamten Zeitversäumnis, auf Erstattung der ihm verursach-
(§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) zu. ten Kosten und außerdem auf angemessene Ver-
§ 81 b
gütung für seine Mühewaltung.
Soweit es für die Zwecke der Durchführung des § 85
Strafverfahrens oder für die Zwecke des Erken- Soweit zum Beweis· vergangener Tatsachen oder
nungsdienstes notwendig ist, dürfen Lichtbilder und Zustände, zu deren \Vahrnehmung eine besondere
Fingerabdrücke ctes Beschuldigten auch gegen Sachkunde erforderlich war, sachkundige Personen
seinen Willen aufgenommen und Messungen und zu vernehmen sind, gelten die Vorschriften über
ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden. den Zeugenbeweis.
§ 81 C § 86
(1) Andere Personen als Beschuldigte diirfon, Findet ,He Einnahme eines richterlichen Augen-
wenn sie als Zeugen in Betracht kommen, ohne scheins •, At, so ist im Protokoll der vorgefund.ene
ihre Einwilligung nur untersucht werden, soweit Sachbestand festzustellen und darüber Auskunft zu
zur Erforschung der Wahrheit festgestellt werden geben, welche Spuren oder Merkmale, deren Vor-
muß, ob sich an ihrem Körper eine bestimmte Spur handensein nach der besonderen Beschaffenheit
oder Folge einer strafbar,en Handlung befindet. Die des Falles vermutet werden konnte, gefehlt haben.
Untersuchung kann aus den gleichen Gründen wie § 87
das Zeugnis verweigert werden. Die Untersuchung
ist unzulässig, wenn sie dem Betroffenen bei Wür- (1) Die richterliche Leichenschau wird unter Zu-
digun~ aller Umstände nicht zugemutet werden ziehung eines Arztes, die Leichenöffnung im Bei-
kann. sein des Richters von zwei Ärzten, unter denen
(2) Zu dem in Abs. 1 bezeichneten Zweck ist die sich ein Gerichtsarzt befinden muß, vorgenommen.
Entnahme von Blutproben ohne Einwilligung des Dem Arzt, welcher den Verstorbenen in der dem Tode
zu Untersuchenden zulässig, wenn kein Nachteil unmittelbar vorausgegangenen Krankheit behan-
für seine Gesundheit zu besorgen und der Eingriff delt hat, ist die Leichenöffnung nicht zu übertragen.
zur Erforschung der Wahrheit unerläßlich ist. Er kann jedoch aufgefordert werden, der Leichen•
(3) Die Anordnung steht dem Richter, bei Ge- öffnung beizuwohnen, um aus der Krankheits-
fährdung des Untersuchungserfolges durch Ver- geschichte Aufschlüsse zu geben.
zög-erung auch der Sta-atsanwaltschaft und ihren (2) Die Zuziehung eines Arztes kann bei der
Hilfsbeamten (§ 152 des Gerichtsverfassungsge- Leichenschau unterbleiben, wenn sie ·nach dem Er-
setzes) zu. messen des Richters entbehrlich ist.
(4) Bei Weigerung des Betroffenen gilt die Vor- (3) Zur Besichtigung oder Offnung einer schon
schrift des § 70 entsprechend. Unmittelbarer Zwang beerdigten Leiche ist ihre Ausgrabung statthaft.
darf nur auf besondere Anordnung des Richters an-
§ 88
gewandt werden. Die Anordnung setzt voraus, daß
der Betroffene trotz Auferlegung einer Ordnungs- Vor der Leichenöffnung ist, wenn nicht besondere
strafe bei der Weigerung· beharrt oder daß Gefahr Hindernisse entgegenstehen, die Persönlichkeit des
im Verzug ist. Verstorbenen, insbesondere durch Befragung von
§ 81 d Personen, die den Verstorbenen gekannt haben,
(1) Kann die körperliche Untersuchung einer Frau festzustellen. Ist ein Beschuldigter vorhanden, so
das Schamgefühl verletzen, so wird sie einer· Frau ist ihm die Leiche zur Anerkennung vorzuzeigen,
oder einem Arzt übertragen. Auf Verlangen der zu § 89
untersuchenden Frau soll eine andere Frau oder
Die Leichenöffnung,muß sich, soweit der Zustand
ein Angehöriger zugelassen werden.
der Leiche dies gestattet, stets auf die Offnung der
(2) Diese Vorschrift gilt auch dann, wenn die
Kopf-, Brust- und Bauchhöhle erstrecken.
zu untersuchende Frau in die Untersuchung ein-
willigt. § 90
§ 82 Bei Offnung der Leiche eines neugeborenen
Im Vorverfahren hängt es von der Anordnung Kindes ist die Untersuchung insbesondere auch
des Richters ab, ob die Sachverständigen ihr Gut- darauf zu richten, ob es nach oder während der
achten schriftlich oder mündlich zu erstatten haben. Geburt gelebt hat, und ob es reif oder wenigstens
§ 83 fähig gewesen ist, das Leben außerhalb des Mutter-
(1) Der Richter kann eine neue Begutachtung leibes fortzusetzen.
durch ,dieseiben oder durch andere Sachverständige
§ 91
anordnen, wenn er das Gutachten tiir ungenügend
erachtet. (!) Liegt der Verdacht einer Vergiftung vor, so
(2) D2r Richter kann die Begutachtung durch ist die Untersuchung der in der Leiche o'.ler sonst
einen a1,deren Sachverständigen ar:ordnen, wenn gefundenen verdächtigen Stoffe durch einen Che•
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miker oder durch eine für solche Untersuchungen § 98
bestehende Fachbehörde vorzunehmen. (1) Beschlagnahmen dürfen nur durch den Richter,
(2) Der Richter kann anordnen, daß diese Unter· bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwalt-
suchung unter Mitwirkung oder Leitung eines schaft und ihre Hilfsbeamten (§ 152 des Gerichts•
Arztes stattzufinden hat. verfassungsgesetzes) angeordnet werden.
§ 92 (2) Der Beamte, der einen Gegenstand ohne rich•
ler!iche Anordnung beschlagnahmt hat, soll binnen
(1) Bei Münzverbrechen und Münzvergehen sind
drei Tagen die richterliche Bestätigung nachsuchen,
die Münzen oder Papiere erforderlichenfalls der
wenn bei der Beschlagnahme weder der davon Be·
Behörde vorzulegen, von der echte Münzen oder troffene noch ein erwachsener Angehöriger an-
Papiere _dieser Art in Umlauf gesetzt werden. Das
wesend war, oder wenu der Betroffene und im Falle
Gutachten dieser Behörde ist über die Unechtheit
seiner Abwesenheit ein erwachsener Angehöriger des
oder Verfälschung sowie darüber einzuholen, in
Betroffenen gegen die Beschlagnahme ausdrücklichen
welcher Art die Fälschung mutmaßlich begangen
Widerspruch erhoben hat. Der Betsoffcne kann
worden ist.
jederzeit die richterliche Entscheidung nachsuchen.
(2) Handelt es sich um ausländische Münzen oder Solange die öffentliche Klage noch nicht erhoben
Papiere, so kann an Stelle des Gutachtens der aus- ist, entscheidet der Amtsrichter, in dessen Bezirk
ländischen Behörde das einer deutschen erfordert die Beschlagnahme stattgefunden hat.
werden. (3) Ist nach erhobener öffentlicher Klage die Be-
§ 93 schlagnahme durch die Staatsanwaltschaft oder
Zur Ermittlung der Echtheit oder Unechtheit einen ihrer Hilfsbeamten erfolgt, so ist binnen drei
eines Schriftstücks sowie zur Ermittlung seines Tagen dem Richter von der Beschlagnahme An·
Urhebers kann eine Schriftvergleichung unter zeige zu machen; die besch13.gnahmten Gegenstände
Zuziehung von Sachverständigen vorgenommen sind ihm zur Verfügung zu stellen.
werden. §. 99
Zulässig ist die Beschlagnahme der an den Be-
Achter Abschnitt
schuldigten gerichteten Briefe und Sendungen auf
Beschlagnahme und Durchsuchung der Post sowie der an ihn gerichteten "Telegramme
§ 94 auf den Telegraphenanstalten; ebenso ist zulässig
an den bezeichneten Orten die Beschlagnahme
( 1) Gegenstände, die als Beweismittel für die
solcher Briefe, Sendungen und Telegramme, bei
Untersuchung von Bedeutung sein können oder der
denen Tatsachen vorliegen, aus welchen zu schlie-
Einziehung unterliegen, sind in Verwahrung zu
ßen ist, daß sie von dem Beschuldigten herrühren
nehmen oder in anderer Weise sicherzustellen.
oder für ihn bestimmt sind, und daß ihr Inhalt f:ir
(2) Befinden sich die Gegenstände in dem Ge- die Untersuchung Bedeutung hat.
wahrsam einer Person und werden sie nicht frei- § 100
willig herausgegeben, so bedarf es der Beschlag-
(1} Zu der Be=chlagnahme (§ 99) ist nur der
nahme.
Richter, bei Gefahr im Verzug und, wenn die Unter-
§ 95
suchung nicht nur eine Ubertretung betrifft, auch
(1) Wer einen Gegenstand der vorbezeichneten die Staatsanwaltschaft befugt. Die letztere m-1ß
Art in seinem Gewahrsam hat, ist verpflichtet, ihn jedoch den ihr ausgelieferten Gegenstand sofort,
auf Erfordern vorzulegen und auszuliefern. und zwar B~iefe und andere Postsendungen uner-
(2) Er kann im Falle der Weigerung durch die öffnet, dem Richter vorlegen.
im § 70 bestimmten Zwangsmittel hierzu angehalten (2) Die von der Staatsanwaltschaft verfügte Be-
werden. Gegen Personen, die zur Verweigerung des schlagnahme tritt, auch wenn sie eine Auslieferung
Zeugnisses berechtigt sind, werden diese Zwangs- noch nicht zur Folge gehabt hat, außer Kraft, wenn
mittel nicht angewandt. sie nicht binnen drei Tagen von dem Richter be-
§ 96 ~tätigt wird.
Die Vorlegung oder Auslieferung von Akten oder (3) Uber eine von der Staatsanwaltschaft verfügte
anderen in amtlicher Verwahrung befindlichen Beschlagnahme sowie über die Eröffnung . eines
Schriftstücken durch Behörden und öffentliche Be• ausgelieferten Briefes oder einer anderen Postsen•
amte darf nicht gefordert werden, wenn deren dung entscheidet der zuständige Richter (§ 98).
oberste Dienstbehörde erklärt, daß das Bekannt- § 101
werden des Inhalts dieser Akten oder Schriftstücke (1) Vo:1 den ;etroffenen Maßregeln (§§ 99, 100)
dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes sind dia Beteiligten zu benachrichtigen, sobald dies
Nachteile bereiten würde. ohne Gtfährdung des Untersuchungszwecks Je·
§ 97 schehen kann.
Schriftliche Mitteilungen zwischen dem Beschul- (2) Sendungen, deren Eröffnung nicht angeord~et
digten und den Personen, die wegen ihres Ver- worden ist, sind dem Beteiligten sofort auszuhan-
hältnisses zu ihm nach den § § 52 oder 53 zur Ver- digen. Dasselbe gilt, soweit nach . der_ Eröffnung
weigerung des Zeugnisses berechtigt sind, unter- die Zurückbehaltung nicht erforderlich 1st.
liegen der Beschlagnahme nicht, falls sie sich in (3) Der Teil eines zurückbehalte?en __Brie:fes,
den Händen der letzteren Personen hefinden und dessen Vorenthaltung nicht durch die Rucks1cht
diese nicht einer Teilnahme, Begünstigung oder auf die Untersuchung geboten erscheint, ist dem
Hehlerei verdächtig sind. Empfangsberechtigten abschriftlich mitzuteilen.
640 Bundcsgcsetzblal l, Jahrgang 1950
; 102 § 106
Bei dem, welcher als Täter oder Teilnehmer (1) Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume
einer stralbaren HanC:lung oder als Begünstigcr oder Gegenstände darf der Durchsuchung lwi-
oder Hehler verdächtig ist, kann eine Durch- wohnen. Ist er abwesend, so ist, wenn möglich,
suchung der Wohnung und anderer Räume sowie sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger,
seiner Person und der ihm gehörenden Sachen so- Hausgenosse oder Nachbar zuzuziehen.
wohl zum Zweck seiner Ergreifung als auch dann (2) Dem Inhaber oder der in dessen Abwesenheit
vorgenommen werden, wenn zu vermuten ist, daß zugezogenen Person ist in den Fällen des § 103
die Durchsuchung zur Auffindung von Beweis- Abs. 1 der Zweck der Durchsuchung vor deren
mitteln führen werde, Beginn bekanntzumachen. Diese Vorschrift gilt
§ 103 nicht für die Inhaber der im § 104 Abs. 2 bezeich-
(1) Bei anderen Personen sind Durchsuchungen neten Räume.
nur zur Ergreifung des Beschuldigten oder zur Ver- § 107
folgung von Spuren einer strafbaren Handlung oder Dem von der Durchsuchung Betroffenen ist nach
zur Beschlagnahme bestimmter Gegenstände und deren Beendigung auf Verlangen eine· schriftliche
nur dann zulässig, wenn Tatsacten vorliegen, aus Mitteilung zu machen, die den Grund der Durch-
denen zu schließen ist, daß die gesuchte Person, suchung (§§ 102, 103) sowie im Falle des § 102 die
Spur oder Sache sich in den zu durchsuchenden strafbare Handlung bezeichnen muß. Auch ist ihm
Räumen befindet. auf Verlangen ein Verzeichnis der in Verwahrung
(2) Diese Beschränkung gilt nicht für Räume, in oder in Beschlag genommenen Gegenstände, falls
denen der Beschuldigte ergriffen worden ist, oder aber nichts Verdächtiges gefunden wird, eine Be-
die er während der Verfolgung betreten hat, oder scheinigung hierüber zu geben.
in denen eine unter Polizeiaufsicht stehende Person
wohnt oder sich aufhält. § 108
Werden bei Gelegenheit einer Durchsuchung
§ 104 Gegenstände gefunden, die zwar in keiner Bezie-
(1) Zur Nachtzeit dürfer, die Wohnung, die Ge- hung zu der Untersuchung stehen, aber auf die
schäftsräume und das befriedete Besitztum nur bei Verübung einer anderen strafbaren Handlung hin•
Verfolgung auf frischer Tat oder bei Gefahr im deuten, so sind sie einstweilen in Beschlag zu
Verzug oder dann durchsucht werden, wenn es nehmen. Der Staatsanwaltschaft ist hiervon Kennt-
&ich um iie Wiederergreifung eines entwichenen nis zu geben.
Gefangenen handelt. § 109
(2) Diese Beschränkung gilt nicht für Wohnungen Die in Verwahrung oder in Beschlag genommenen
von Personen, die unter Polizeiaufsicht stehen, so- Gegenstände sind genau zu verzeichnen und zur
wie für Räume, die zur Nachtzeit jedermann zu- Verhütung von Verwechslungen durch amtliche
gänglich, oder die der Polizei als Herbergen oder Siegel oder in sonst geeigneter Weise kenntlich
Versammlungsorte bestrafter Personen, als Nieder- zu machen.
lagen von Sachen, die mittels strafbarer Hand- § 110
lungen erlangt sind, oder als Schlupfwinkel des (1) Eine Durchsicht der Papiere des von der
Glückaspiels oder gewerbsmäßiger Unzucht bekannt Durchsuchung Betroffenen steht nur dem Richter zu.
sind.
(2) Andere Beamte sind zur Durchsicht der auf•
(3) Die Nachtzeit umfaßt in dem Zeitraum vom gefundenen Papiere nur dann befugt, wenn der
ersten April bis dreißigsten September die Stunden Inhaber die Durchsicht genehmigt. Andernfalls
von neun Uh~ abends bis vier Uhr morgens und in haben sie die Papiere, deren Durchsicht sie für
dem Zeitraum vom ersten Oktober bis einund- geboten erachten, in einem Umschlag, der in
dreißigsten März die Stur.den von neun Uhr abends Gegenwart des Inhabers mit dem Amtssiegel zu
bis sechs Uhr morgens.
verschließen ist, an den Richter abzuliefern.
§ 105 (3) Dem Inhaber der Papiere oder dessen Ver-
(1) Durchsuchungen dürfen nur durch den treter ist die Beidrückung seines Siegels gestattet;
Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die auch ist er, falls demnächst die Entsiegelung und
Staatsanwaltschaft und ihre Hilfsbeamten (§ 152 des Dur.chsicht der Papiere angeordnet wird, wenn
Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet werden. möglich, zur Teilnahme aufzufordern.
{2) Wenn eine Durchsuchung der Wohnung, der (4) Der Richter hat die zu einer strafbaren Hand-
Geschäftsräume oder des befriedeten Besitztums lung in Beziehung stehenden Papiere der Staats•
ohne Beisein des Richters oder des Staatsanwalts anwaltschaft mitzuteilen.
stattfindet, so sind, wenn möglich, ein Gemeinde- § 111
beamter oder zwei Mitglieder der Gemeinde, in (1) Gegenstände, die durch die strafbare Hand-
deren Bezirk die Durchsuchung erfolgt, zuzuziehen. lung dem Verletzten entzogen wurden, sind, falls
Die als Gemeindemitglieder zugezogenen Personen nicht Ansprüche Dritter entgegenstehen, nach Be-
dürfon nicht Polizeibeamte oder Hilfsbeamte der endigung der Untersuchung und geeignetenfalls
Staatsanwaltschaft sein. schon vorher von Amts wegen dem Verletzten
{3) Die in den vorstehenden Absätzen angeord- zurückzugeben, ohne daß es eines Urteils hierüber
r.Hen Beschränkungen der Durchsuchung gelt.in bedarf.
mcht für die ir.i § 104 Abs. 2 bezeichneten Woh- (2) Dem Beteiligten bleibt vorbehalten, seine
nunqen und Räume.
Rechte im Zivilverfahren geltend zu machen;
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 641
Neunter Abschnitt (2) Außerdem ist dem Verhafteten selbst Gelegen•
heit zu geben, einen Angehörigen oder eine Person
Verhaftung und vorläufige Festnahme
seines Vertrauens von der Verhaftung zu benach-
§ 112 richtigen, sofern der Zweck der Untersuchung da-
(1) Gegen den Angeschuldigten darf nur dann durch nicht gefährdet wird.
Untersuchungshaft angeordnet werden, wenn er § 114 h
der Tat dringend verdächtig ist und wenn
(!) Wird der Angeschuldigte auf Grund des Haft-
1. er flüchtig ist oder sich verborgen hält, oder
befehls ergriffen, so ist er unverzüglich, spätestens
wenn bei Würdigung der Umstände des Einzel- am Tage nach der Ergreifung, dem zu,t~ndigen
falles, insbesondere der Verhältnisse des An-
Richter vorzuführen.
geschuldigten und der Umsliinde, die einer
(2) Der Richter hat den Angeschuldigten unv,e,-
Flucht entgegenstehen, die Befürchtung be-
züglich, spätestens am nächsten Tage, über den
gründet ist, daß sich der Angeschuldigte dem
Gegenstand der Beschuldigung zu vernehmen.
Strafverfahren entziehen werde, oder
(3) Bei der Vernehmung ist der Angeschuldigte
2. bestimmte Tatsachen vorliegen, welche die Ge-
auf die ihn belastenden Umstän.de hinzuweisen.
fahr begründen, daß der Angeschuldigte durch
Die Vernehmung soll ihm Gelegenheit geben, die
Vernichtung von Spuren der Tat oder von
Verdachtsgründe zu beseitigen und die Tatsachen
anderen Beweismitteln oder durch Beeinflus-
geltend zu machen, die zu seinen Gunsten sprechen.
sung von Zeugen oder Mitschuldigen die Er-
mittlung der Wahrheit erschweren werde. § 114 C
(2) Die Tatsachen, die den Fluchtverdacht oder (1) Kann der Angeschuldigte nicht spätestens
die Verdunkelungsgefahr begiünden, sind akten- am Tage nach der Ergreifung vor den zuständigen
kundig zu machen. Der Verdacht der Flucht bedarf Richter gestellt werden, so ist er auf sein Ver•
keiner weiteren Begründung, wenn langen unverzüglich, spätestens am Tage nach der
1. ein Verbrechen den Gegenstand der Unter- Ergreifung, dem nächsten Amtsrichter vorzuführen.
suchung bildet oder (2) § 114 b Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.
(3) Ergibt sich bei der Vernehmung, daß der
2. der Angeschuldigte im Geltungsbereich dieses
Haftbefehl aufgehoben oder der Ergriffene nicht
Bundesgesetzes keinen festen Wohnsitz ode;r
die in dem Haftbefehl bezeichnete Person ist, so
Aufenthalt hat, insbesondere wenn er ein
ist der Ergriffene freizulassen.
Landstreicher ist, oder wenn er sich über
seine Person nicht ausweisen kann, § 114 d
§ 113 (1) Befindet sich der AngeschLlldigte auf Grund
Ist die Tat nur mit Haft oder mit Geldstrafe eines Haftbefehls, der wegen eines Verbrechens
bedroht, so darf die Untersuchungshaft nur wegen oder Vergehens erlassen ist, in Haft, so wird auf
Verdachts der Flucht und nur dann verhängt seinen Antrag nach mündlicher Verhandlung dar•
werden, wenn der Angeschuldigte zu den im § 112 über entschieden, ob der Haftbefehl aufrechtzu•
Abs. 2 Nr. 2 bezeichneten Personen gehört, oder wenn erhalten oder aufzuheben, oder ob eine Anordnung
er unter Polizeiaufsicht steht, oder wenn es sich um gemäß § 117 zu treffen ist.
eine Obertretung handelt, wegen deren die Unter- (2) Der Termin zur mündlichen Verhandlung darf
bringung in einem Arbeitshaus angeordnet werden ohne Zustimmung des Anges,huldigten nicht über
kann. eine Woche nach dem Eingang des Antrags hinaus
§ 114
anberaumt werden.
(3) Hat bereits eine mündliche Verhandlung
(1) Die Verhaflunr: erfolgt auf Grund eines nach Abs. 1 oder 2 oder nach § 115 a stattgefunden,
schriftlichen Haftbefehls des Richters. so entscheidet das Gericht über Anträge auf noch-
(2) In dem Haflbefehl ist der Angeschuldigte malige mündliche Verhandlung nach freiem Er-
genau zu bezeichnen und die ihm zur Last gelegte messen.
strafbare Handlung sowie der Grund der Verhaf- § 115
tung anzugeben. Bei der Bekanntmachung des Haftbefehls ist der
(3) Der Haftbefehl ist dem Angeschuldigten, wenn Angeschuldigte darauf hinzuweisen, daß er gegen
möglich, bei der Verhaftung bekanntzumachen. Ge- den Haflbelehl Beschwerde einlegen kann. Ist der
schieht dies durch Verkündung, so ist der Ange- Haftbefehl wegen eines Verbrecbens oder Vergehens
schuldigte darauf hinzuweisen, daß ihm auf Ver- erlassen, so ist der Angeschuldigte ferner darnuf
langen eine Abschrift erteilt wird. Ist die Bekannt- hinzuweisen, daß er, statt Beschwerde einzulegen,
machung bei der Verhaftung nicht erfolgt, so ist eine mündliche Verhandlung gemäß § 114 d bean-
dem Angeschuldigten vorläufig mitzuteilen, wel- tragen kann.
cher strafbaren Handlung er verdächtig ist. Die § 115 a
Bekanntmachung ist in diesem Falle unverzüglich (!) Solange der Angeschuldigte sich in Unter-
nachzuholen. suchungshaft befindet, hat das Gericht innerhalb
§ 114 a bestimmter Fristen von Amts wegen zu prüfen, oh
(!) Von der Verhaftung und jeder weiteren Ent- die Haft aufrechtzuerhalten ist (Haftprüfungsver-
scheidung über die Fortaauer der Haft ist von fahren).
Amts wegen unverzüglich ein Angehöriger des (2) Die Prüfung findet zum ersten Male statt,
Verhafteten oder eine Person seines Vertrauens zu wenn die Untersuchungshaft einen Mon3t ge-
benachrichtigen. dauert hat.
642 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
(3) Läßt das Gericht den Angeschuldigten nicht Verhandlung ist ein Protokoll aufzunehmen; die
frei, so bestimmt es zugleich, wann das Haftprü- Vorschriften der §§ 271 bis 273 sind entsprechend
fungsverfahren zu wiederholen ist; die Frist soll anzuwenden.
in der Regel mindestens drei Wochen und darf (6) Die Entscheidung ist am Schluß der münd-
nicht mehr als drei Monate betragen. Dasselbe lichen Verhandlung zu verkünden. Ist dies nicht
gilt bei jeder Wiederholung des Haftprüfungs- möglich, so ist die Entscheidung spätestens binnen
verfahrens. einer Woche zu erlassen.
(4) Auf Antrag des Angeschuldigten wird im
Haftprüfungsverfahren nach mündlicher Verhand- § 116
lung entschieden; auf dieses Recht ist der Ange- (1) Der Verhaftete soll, soweit möglich, von an-
schuldigte hinzuweisen. Stellt der Angeschuldigte deren gesondert und nicht in demselben Raum mit
den Antrag nicht, so ist er vor der Entscheidung Strafgefangenen verwahrt werden. Mit seiner Zu•
zu hören; hat er einen Verteidiger, so ist auch der stimmung kann von dieser Vorschrift abgesehen
Verteidiger zu hören. werden.
(5) Hatte der Angeschuldigte während des Laufes (2) Dem Verhafteten dürfen nur solche Beschrän-
der im Abs. 2 bestimmten Frist gegen den Haft- kungen auferlegt werden, die zur ·sicherung des
befehl Beschwerde erhoben oder gemäß § 114 d Zwecks der Haft oder zur Aufrechterhaltung der
mündliche Verhandlung beantragt, oder ist gemäß Ordnung im Gefängnis notwendig sind.
§ 207 Abs. 2 die FortdauCor der Untersuchungshaft (3) Bequemlichkeiten und Beschäftigungen darf
angeordnet worden, so beginnt die Frist mit der er sich auf seine Kosten verschaffen, soweit sie mit
Bekanntmachung der Entscheidung, in der die Haft dem ZwecK der Haft vereinbar sind und weder die
aufrechterhalten wird, an den Angeschuldigten Ordnung im Gefängnis stören noch die Sicherheit
von neuem zu laufen. Ergeht eine solche Entschei- gefährden.
dung während des Laufes einer gemäß Abs. 3 vom
(4) Fesseln dürfen im Gefängnis dem Verhafteten
Gericht bestimmten Frist, so hat das Gericht eine
neue Frist zu bestimmen. nur dann angelegt werden, wenn es wegen beson-
derer Gefährlichkeit seiner Person, namentlich zur
§ 115 b Sicherung anderer, erforderlich erscheint, oder wenn
Nach Eröffnung des Hauptverfahrens findet eine er einen Selbstentleibungs- oder Entweichungsver-
mündliche Verhandlung über den Haftbefehl nicht such gemacht oder vorbereitet hat. Bei der Haupt-
mehr statt. verhandlung soll er ungefesselt sein.
§ 115 C (5) Die nachMaßgabe vorstehender Bestimmungen
erforderlichen Verfügungen hat der Richter zu tref-
(1) Für den Antrag auf mündliche Verhandlung
fen. Die in dringenden Fällen von anderen Beamten
gelten die für Rechtsmittel gegebenen Vorschriften
getroffenen Anordnungen unterliegen der Geneh-
der §§ 297 bis 300 und § 302 Abs. 2 entsprechend,
migung des Richters.
(2) Neben einem Antrag auf mündliche Verhand-
§ 117
lung ist eine Beschwerde über den Haftbefehl nicht
zulässig. Eine bereits eingelegte Beschwerde gilt Ein Angeschuldigter, dessen Verhaftung lediglich
mit der Anberaumung des Termins zur mündlichen wegen Verdachts der Flucht angeordnet ist, kann
Verhandlung als zurückgenommen. gegen Sicherheitsleistung mit der Untersuchungs-
haft verschont werden.
§ 115 d
§ 118
(1) Von Ort und Zeit der mündlichen Verhand-
(1) Die Sicherheitsleistung ist durch Hinterlegung
lung sind die Staatsanwaltschaft sowie der Ange-
in barem Geld, in Wertpapieren, durch Pfand-
schuldigte und der Verteidiger zu benachrichtigen,
bestellung oder mittels Bürgschaft geeigneter Per•
(2) Der Angeschuldigte ist zu der Verhandlung sonen zu bewirken.
vorzuführen, es sei denn, daß er auf die Anwesen-
heit in der Verhandlung verzichtet hat, oder daß (2) Die Höhe und die Art der zu leistenden
der Vorführung weite Entfernung oder Krankheit Sicherheit wird vom Richter nach freiem Ermessen
des Angeschuldigten oder andere nicht zu besei- festgesetzt.
tigende Hinderni~se entgegenstehen. Wird der An- § 119
geschuldigte zur mündlichen Verhandlung nicht Der Angeschuldigte, der seine Freilassung gegen
vorgeführt, so muß ein Verteidiger seine Rechte in Sicherheitsleistung beantragt, ist, wenn er nicht im
der Verhandlung wahrnehmen. Inland wohnt, verpflichtet, eine im Bezirk des zu-
(3) Hat bis zum Beginn der mündlichen Verhand- ständigen Gerichts wohnhafte Person zur Empfang-
lung die Untersuchungshaft des Angeschuldigten Dahme von Zustellungen zu bevollmächtigen.
seit der Verhaftung drei Monate gedauert, so ist § 120
ein Verteidiger zu der Verhandlung auch zuzu-
ziehen, wenn der Angeschuldigte dazu vorgeführt Der Sicherheitsleistung ungeachtet ist der Ange-
wird. schuldigte zur Haft zu bringen, wenn er Anstalten
zur Flucht trifft, wenn er auf ergangene Ladung
(4) Hat der Angeschuldigte noch k.einen Vertei-
ohne genügende Entschuldigung ausbleibt, oder
diger gewählt, so ist ihm ein Verteidiger zu be-
wenn neu hervorgetretene Umstände seine Ver·
stellen. Die Vorschriften der §§ 142, 143 und 145
gelten entsprechend. haftung erforderlich machen,
(5) In der mündlichen Verhandlung sind die an- § 121
wesenden Beteiligten zu hören. Art und Umfang (!) Eine noch nicht verfallene Sicherheit wird
der Beweisaufnahme bestimmt das Gericht. Uber die frei, wenn der Angeschuldigte zur Haft gebracht,
Nr. 40 ~- Tag der Au5gabe: Bonn, den 20. September 1950 643
oder wenn der Haftbefehl aufgehoben worden ist, § 125
oder wenn der Antritt der erkannten Freiheitsstrafe (1) Auch vor Erhebung der öffentlichen Klage
erfolgt. kann, wenn f in zum Erlaß eines Haftbefehls berech-
(2) Diejenigen, welche für den Angeschuldigten tigender Grund vorhanden ist, vom Amtsrichter
Sicherheit geleistet haben, können ihre Befreiung auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder bei Gefahr
dadurch herbeiführen, daß sie entweder binnen im Verzug von Amts wegen ein Haftbefehl erlassen
einer vom Gericht zu bestimmenden Frist die Ge- werden.
stellung des Angeschuldigten bewirken, oder von (2) Zum Erlaß dieses Haftbefehls und der auf
den Tatsachen, die den Verdacht einer vom An· die Untersuchungshaft, einschließlich der Sicher-
geschuldigten beabsichtigten Flucht begründen, heitsleistung, bezüglichen_ Entscheidungen ist jeder
rechtzeitig dergestalt Anzeige machen, daß die Ver- Amtsrichter befugt, in dessen Bezirk ein Gerichts-
haftung bewirkt werden kann. stand für die Sache begründet ist oder der zu Ver·
§ 122 haftende betroffen wird.
(1) Eine noch nicht frei gewordene Sicherheit ver• (3) Die Vorschriften der§§ 114 bis. 123 gelten ent-
fällt der Staatskasse, wenn der Angeschuldigte sieb sprechend.
der Untersuchung oder dem Antritt der erkannten § 126
Freiheitsstrafe entzieht. Ist die öffentliche Klage noch nicht erhoben, so
(2) Vor der Entscheidung sind der Angeschuldigte ist der Haftbefehl aufzuheben, wenn die Staats-
sowie die, welche für den Angeschuldigten Sicher· anwaltschaft es beantragt. Gleichzeitig mit dem
heil geleistet haben, zu einer Erklärung aufzu- Antrag kann sie anordnen, daß der Beschuldigte
fordern. Gegen die Entscheidung steht ihnen nur freigelassen wird.
sofortige Beschwerde zu. Vor der Entscheidung über § 126 a
die Beschwerde ist den Beteiligten und der Staats·
(!) Sind dringende Gründe. für die Annahme vor-
anwaltschaft Gelegenheit zur mündlichen Begrün·
dung ihrer Anträge sowie zur Erörterung über statt• handen, daß jemand eine mit Strafe bedrohte Hand-
gehabte Ermittlungen zu geben. lung im Zustand der Zurechnungsunfähigkeit oder
(3) Die den Verfall aussprechende Entscheidung der verminderten Zurechnungsfähigkeit begangen
hat gegen die, welche für den Angeschuldigten hat und daß seine Unterbringung in einer Heil- oder
Sicherheit geleistet haben, die Wirkungen eines von Pflegeanstalt angeordnet werden wird, so kann das_
dem Zivilrichter erlassenen, für vorläufig vollstreck- Gericht durch_ Unterbringungsbefehl seine einst-
bar erklärten Endurteils und nach Ablauf der weilige Unterbringung anordnen, wenn die öffent-
Beschwerdefrist die Wirkungen eines rechtskräf· liche Sicherheit es fordert. Die Tatsachen, die diese
Annahme rechtfertigen, sind aktenkundig zu
tigen Zivilendurteils.
§ 123
machen.
(2) Für die einstweilige Unterbringung gelten die
(1) Der Haftbefehl ist aufzuheben, wenn der in
§§ 114 bis 116, 124 bis 126 entsprechend. Hat der
ihm angegebene Grund der Verhaflung weggefallen
Unterzubringende einen gesetzlichen Vertreter, so
ist, oder wenn der Angeschuldigte freigesprochen
ist der Beschluß auch diesem bekanntzumachen. Die
oder außer Verfolgung gesetzt wird.
Freilassung gegen Sicherheitsleistung ist unzulässig.
(2) Durch Einlegung eines Rechtsmittels darf die
Freilassung des Angeschuldigten nicht verzögert (3) Der Unterbringungsbefehl ist aufzuheben,
werden. wenn der in ihm angegebene Grund der Unter-
§ 124
bringung w~ggefallen ist oder wenn das Gericht im
Urteil die Unterbringung in einer Heil- oder Pflege-
(!) Die auf die Unlersuchunl(shaft, einschließlich anstalt nicht anordnet. Durch Ei-nlegung eines
der Sicherheitsleistung, bezüglichen Entscheidungen Rechtsmittels darf die Freilassung nicht verzögert
werden von dem zuständigen Gericht erlassen. werden.
(2) In der Voruntersuchung ist der Unter· § 127
suchungsrichter zum Erlaß des Haftbefehls und (1) Wird jemand auf frischer Tat betroffen oder
mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft auch zur verfolgt, so ist, wenn er der Flucht verdächtig ist
Aufhebung eines solchen sowie zur Freilassung des oder seine Persönlichkeit nicht sofort festgestellt
Angeschuldigten gegen Sicherheitsleistung befugt. werden kann, jedermann befugt, ihn auch ohne
Versagt die Staatsanwaltschaft diese Zustimmung, richterlichen Befehl vorläufig festzunehmen.
so hat der Untersuchungsrichter, wenn er die (2) Die Staatsanwaltschaft und die Polizeibeamten
beanstandete Maßregel anordnen will, unverzüglich, sind bei Gefahr im Verzug auch dann zur vorläu-
spätestens binnen vierundzwanzig Stunden, die Ent- figen Festnahme befugt, wenn die Voraussetzungen
scheidung des Gerichts nachzusuchen. eines Haftbefehls oder eines Unterbringungs·
(3) Die gleiche Befugnis hat nach Eröffnung des befehls vorliegen.
Hauptverfahrens in dringenden Fälle·n der Vor- (3) Bei strafbaren Handlungen, deren Verfolgung
sitzende des erkennenden Gerichts. nur auf Antrag eintritt, ist die vorläufige Festnahme
(4) Au_ch die mündliche Verhandlung über den von der Stellung eines solchen Antrags nicht ab-
Haftbefehl (§§ 114 d, 115 a) findet vor dem zustän•
hängig.
digen Gericht statt. In der Voruntersuchung ent-
§ 128
scheidet im Falle des § 114 d der Untersuchungs•
richter, ohne an die Stellungnahme der Staats- (!) Der Festgenommene ist, sofern er nicht wieder
anwaltschaft gebunden zu sein; in den Fällen des in Freiheit gesetzt wird, unverzüglich, spätestens
§ 115 a entscheidet nicht der Untersuchungsrichter, am Tage nach der Festnahme, dem Amtsric~ter des
sondern das Gericht. Bezirks, in dem er festgenommen worden 1st, vor-
644 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
zuführen; dieser hat dem Vorgeführten die Gründe § 135
der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und
Der Vorgeführte ist sofort von dem Richter zu
ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben.
vernehmen. Ist dies nicht ausführbar, so kann er
(2) Hält der Amtsrichter die Festnahme nicht für bis zu seiner Vernehmung, jedoch nicht über den
gerechtfertigt oder ihre Gründe für beseitigt, so nächstfolgenden Tag hinaus, festgehalten werden.
ordnet er die Freilassung an. Andernfalls erläßt
er einen Haftbefehl oder einen Unterbringungs- § 136
befehl, für den die Vor,schrift des § 126 gilt.
(1) Bei Beginn der ersten Veruehmung ist dem
§ 129 Beschuldigten zu eröffnen, welche· s!rafbare Hand-
Ist gegen den Festgenommenen bereits die öffent- lung ihm zur Last gelegt wird. Der Beschuldigte
liche Klage erhoben, so ist er entweder sofort oder ist zu befragen, ob er etwas auf die Beschuldigung
auf Verfügung des Amtsrichters, dem er zunächst erwidern wolle.
vorgeführt worden ist, dem zuständigen Gericht (2) Die Vernehmung soll dem Beschuldigten
oder dem Untersuchungsrichter vorzuführen; diese Gelegenheit geben, die gegen ihn vorliegenden
haben spätestens am Tage nach der Festnahme Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu seinen
über Freilassung, Verhaftung oder einstweilige Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen.
Unterbringung des Festgenommenen zu entscheiden. (3) Bei der ersten Vernehmung des ·Beschuldigten
§ 130 ist zugleich auf die Ermittlung seiner persönlichen
Wird wegen Verdachts einer strafbaren Hand- Verhältnisse Bedacht zu nehmen.
lung, die ·nur auf Antrag · verfolgt wird, ein Haft-
befehl erlassen, bevor der Antrag gestellt ist, so ist § 136 a
der Antragsberechtigte, von mehreren wenigstens (1) Die Freiheit der Willensentschließung und
einer, sofort von dem Erlaß des Haftbefehls in der Willensbetätigung des Beschuldigten darf nicht
Kenntnis :z:u setzen. Auf den Haftbefehl ist die beeinträchtigt werden durch Mißhandlung, durch
Vorschrift des § 126 anzuwenden. Ermüdung, durch körperlichen Eingriff, durch Ver-
§ 131 abreichung von Mitteln, durch Quälerei, durch
(1) Auf Grund eines Haftbefehls oder eines Unter- Täuschung oder durch Hypnose. Zwang darf nur
bringungsbefehls können die Staatsanwaltschaft angewandt werden, soweit das Strafverfahrensrecht
oder der Richter einen Steckbrief erlassen, wenn dies zuläßt. Die Drohung mit einer nach seinen
der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen Vorschriften unzulässigen Maßnahme und das Ver-
hält. sprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vor-
teils sind verboten.
(2) Ohne Haft- oder Unterbringungsbefehl ist
eine steckbriefliche Verfolgung nur zulässig, wenn (2) Maßnahmen, die das Erinnerungsvermögen oder
ein Festgenommener entweicht oder sich sonst der die Einsichtsfähigkeit des Beschuldigten beeinträch-
Bewachung entzieht. In diesen Fällen kann auch tigen, sind nicht gestattet.
die Polizeibehörde einen Steckbrief erlassen. (3) Das Verbot der Abs. 1 und 2 gilt ohne Rücksicht
(3) In dem Steckbrief. ist der Verfolgte zu be- auf die Einwilligung des Beschuldigten. Aussagen,
zeichnen und soweit möglich zu beschreiben. Die die unter Verletzung dieses Verbots zustande ge-
Tat, deren er verdächtig ist, sowie Ort und Zeit kommen sind, dürfen auch dann nicht verwertet
ihrer Begehung sind anzugeben. werden, wenn der Beschuldigte der-Verwertung zu-
stimmt.
(4) Die §§ 114 b und 114 c gelten entsprechend.
§ 132 Elfter Abschnitt
(weggefqllen) Verteidigung
§ 137
Zehnter Abschnitt
(1) Der Beschuldigte kann sich in jeder Lage des
Vernehmung des Beschuldigten Verfahrens des Beistandes eines Verteidigers be•
§ 133 dienen.
(2) Hat der Beschuldigte einen gesetzlichen Ver-
(1) Der Beschuldigte ist zur Vernehmung schrift-
treter, so kann auch dieser selbständig einen Ver-
lich zu laden. teidiger wählen.
(2) Die Ladung kann unter der Androhung ge-
§ 138
schehen, daß im Falle des Ausbleibens seine Vor-
führung erfolgen werde. (1) Zu Verteidigern können die bei einem
deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwälte
§ 134
sowie die Rechtslehrer an deutschen Hochschulen
(1) Die sofortige Vorführung des Beschuldigten gewählt werden.
kann verfügt werden, wenn Gründe vorliegen, (2) Andere Personen können nur mit Genehmi•
die den Erlaß eines Haftbefehls rechtfertigen gung des Gerichts und, wenn der Fall einer not-
würden. wendigen Verteidigung vorliegt und der Gewählte
12) In dem Vorführungsbefehl ist der Beschuldigte nicht zu den Personen gehört, die zu Verteidigern
genau zu bezeichnen und die ihm zur Last gelegte bestellt werden dürfen, nur in Gemeinschaft mit
strafbare Handlung sowie der Grund der Vorfüh- einer solchen als Wahlverteidiger zug~lassen
rung anzugeben. werden.
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 645
§ 139 (3) Zur Bestellung ist der Vorsitzende des Ge-
Der als Verteidiger gewählte Rechtsanwalt kann richts zuständig, bei dem das Verfahren anhängig
mit Zustimmung des Angeklagten die Verteidigung ist. Im Vorverfahren entscheidet der Vorsitzende
einem Rechtskundigen, der die erste Prüfung für des Gerichts, das für das He qJtverlahren zuständig
den Justizdienst bestanden hat und darin seit min- wäre.
destens einem Jahr und drei Monaten beschäftigt § 142
ist, übertragen. (1) Der zu bestellende Verteidiger wird durch den
§ 140 Vorsitzenden des Gerichts möglichst aus der Zahl
(1) Die Mitwirkung eines Verteidigers ist not- der bei einem Gericht des Gerichtsbezirks zugelas-
wendig, wenn senen Rechtsanwälte ausgewählt.
1. die Hauptverhandlung vor dem Bundesge- (2) Auch Justizbeamte, die nicht als Richter an•
richtshof oder dem Oberlandesgericht im gestellt sind, sowie Rechtslfondige, welche die vor-
ersten Rechtszug oder vor dem Schwurgericht geschriebene erste Prüfung für den Justizdienst
stattfindet; bestanden haben, können als Verteidiger bestellt
werden.
2. eine Tal in Frage kommt, die nicht nur wegen § 143
Rückfalls ein Verbrechen ist, und die Staats-
anwaltschaft oder der Beschuldigte oder sein Die Bestellung ist zurückzunehmen, wenn dem-
gesetzlicher Vertreter die Bestellung eines nächst ein anderer Verteidiger gewählt wird und
Verteidigers beantragt; dieser die Wahl annimmt,
3. das Verfahren zur Anordnung der Sicherungs- § 144
verwahrung oder zur Unterbringung in einer (weggefallen)
Heil- oder Pflegeanstalt oder zur Untersagung
der Berufsausübung führen kann; § 145
4. der Beschuldigte taub oder stumm ist; (!)_Wenn in einem Falle, in dem die Verteidigung
notwendig ist, der Verteidiger in der Hauptverhand-
5. sich der Be,schu\digte bis zur Hauptverh:1nd-
1ung in Haft befunden, diese länger als drei lung ausbleibt, sich unzeitig entfernt oder sich
Monate gedauert hat und die Staatsanwalt- weigert, die Verteidigung zu führen, so hat der
schaft oder der Beschuldigte oder sein gesetz- Vorsitzende dem Angeklagten sogleich einen
licher Vertreter die Bestellung eines Vertei- anderen Verteidiger zu bestellen. Das Gericht kann
digers beantragt; jedoch auch eine Aussetzung der Verhandlung be·
schließen.
6. zur Vorbereitung e.ines Gutachtens über den (2) Wird der notwendige Verteidiger gemäß § 141
Geisteszustand des Besct,..tldigten seine Unter- Abs. 2 erst im Laufe der Hauptverhandlung bestellt,
bringung in einer öffentlichen Heil- oder so kann das Gericht eine Aussetzung der Verhand-
Pflegeanstalt in Frage kommt;
lung beschließen.
7. die Hauptverhandlung gegen einen Abwesen-, (3) Erklärt der neu bestellte VerteiJiger, daß ihm
den stattfindet (§ 277). die zur Vorbereitung der Verteidigung erforderliche
(2) In anderen Fällen bestellt der Vorsitzende auf Zeit nicht verbleiben würde, so ist die Verhandlung
Antrag oder von Amts wegen einen Verteidiger, zu unterbrechen oder auszusetzen.
wenn wegen der Schwere der Tat oder wegen der (4) Wird durch die Schuld des Verteidigers eine
Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Mit- Aussetzung erforderlich, so sind ihm die hierdurch
wirkung eines Verteidigers geboten erscheint, oder verursachten Kosten aufzuerlegen,
wenn ersichtlich ist, daß sich der Beschuldigte nicht
selbst verteidigen kann. § 146
(3) Der Antrag nach Abs. 1 Nr. 2 ·und 5 ist binnen (1) Die Verteidigung mehrerer Beschuldigter kann,
einer Frist von einer Woche zu stellen, nachdem der sofern dies der Aufgabe der Verteidigung nicht
Angeschuldigte gemäß § 201 zur Erklärung über die widerstreitet, durch einen gemeinschaftlichen Ver-
Anklageschrift aufgefordert und auf sein Redtt, teidiger geführt werden:
binnen einer Woche die Bestellung eines Verteidi- (2) Ist in einem Fall, in dem ein Verteidiger die
gers zu beantragen, hingewiesen worden ist. Verteidigung mehrerer Beschuldigter führt, eine
Zustellung von Schriftstücken an den Vertejjiger
§ 141 vorzunehmen, so bedarf es auch in Angelegen-
(1) In den Fällen des§ 140 Abs. 1 und 2 wird dem heiten, die alle oder mehrere der Beschuldigten
Angeschuldigten, der noch keinen Verteidiger ge- betreffen, nur einer Zustellung. Eine der Zahl der
wählt hat, ein Verteidiger bestellt, sobald er gemäß Beschuldigten entsprechende Anzahl der Schrift-
§ 201 zur Erklärung über die Anklageschrift aufge• stücke soll der Zustellung beigefügt oder formlos
fordert worden ist, oder wenn eine solche Auffor- mitgeteilt werden.
derung nicht vorgeschrieben ist, sobald dem An-' § 147
geschuldigten der Eröffnungsbeschluß zugestellt (1) Der Verteidiger ist nach dem Schluß der Vor-
worden ist. Der Verteidiger kann auch schon untersuchung und, wenn eine solche nicht statt-
während des Vorverfahrens bestellt werden. gefunden hat, nach Einreicbung der Anklageschrift
(2) Ergibt sich erst später, daß ein Verteidiger zur Einsicht der dem Gericht vorliegenden Akten
notwendig ist, so wird er sofort bestellt. befugt. Im beschleunigten Verfahren kann der Ver·
646 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
teidiger die Akten von dem Zeitpunkt an ein- § 152
sehen, in dem die Staatsanwaltschaft bei Gericht (1) Zur Erhebung der öffentlichen Klage ist die
den Antrag auf Aburteilung im beschleunigten Staatsanwaltschaft berufen.
Verfahren stellt. (2) Sie ist, soweit nicht gesetzlich ein anderes
(2) Schon vor diesem Zeitpunkt ist ihm die Ein- bestimmt ist, verpflichtet, wegen aller gerichtlich
sicht der gerichtlichen Untersuchungsakten inso- strafbaren und verfolgbaren Handlungen einzu•
weit zu gestatten, als dies ohne Gefährdung des schreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhalts•
Untersuchungszwecks geschehen kann. punkte vorliegen.
(3) Die Einsicht der Protokolle über die Ver- (3) Hängt die Erhebung der öffentlichen Klage
nehmung des Beschuldigten, der Gutachten der wegen eines Vergehens von der Beurteilung einer
Sachverständigen und der Protokolle über die Frage ab, die nach bürgerlichem Recht oder nach
gerichtlichen Handlungen, denen <,!er Verteidiger Verwaltungsrecht zu beurteilen ist, so kann die
beizuwohnen befugt ist, darf ihm keinesfalls ver- Staatsanwaltschaft zur Austragung der Frage im
weigert werden. bürgerlichen Streitverfahren oder im Verwaltungs-
(4) Nach dem Ermessen des Vorsitzenden kön- streitverfahren eine Frist bestimmen, Hiervon ist
nen die Akten mit Ausnahme der Uberführungs- der Anzeigende zu benachrichtigen. Nach frucht-
stücke dem Verteidiger zur Mitnahme in seine losem Ablauf der Frist kann die Staatsanwalt•
Wohnung oder in seine Geschäftsräume übergeben scl-.aft das Verfahren einstellen.
werden.
§ 153
§ 148
(1) Ubr retungen werden nicht verfolgt, wenn
(1) Dem verhafteten oder einstweilig unterge-
die Schuld des Täters gering ist und die Folgen
brachten Beschuldigten ist schriftlicher und münd-
der Tat unbedeutend sind, es sei denn, daß ein
licher Verkehr mit dem Verteidiger gestattet.
öffentliches Interesse an der Herbeiführung einer
(2) Solange das Hauptverfahren nicht eröffnet gerichtlichen Entscheidung besteht.
ist, kann der Richter schriftliche Mitteilungen zu•
(2) Ist bei einem Vergehen die Schuld des Täters
rückweisen, falls deren Einsicht ihm nicht gestattet
gering und sind die Folgen der Tat unbedeutend,
wird.
so kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung
(3) Bis zu demselben Zeitpunkt kann der Richter,
des Amtsrichters von der Erhebung. der öffentlichen
sofern die Verhaftung nicht lediglich wegen Ver- Klage absehen.
dachts der Flucht gerechtfertigt ist, anordnen, daß (3) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das
Unterredungen mit dem Verteidiger in seiner Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft
Gegenwart oder in Gegenwart eines beauftragten das Verfahren einstellen; der Beschluß kann nicht
oder ersuchten Richters stattfinden. angefochten werden.
(4) Im beschleunigten Verfahren ist dem ver• § 153 a
hafteten Beschuldigten schriftlicher Und mündlicher
Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung
Verkehr mit dem Verteidiger ohne die in Abs. 2
einer Tat absehen,
und 3 vorgesehenen Beschränkungen von dem
1. die ein deutscher Staatsangehöriger im Aus-
Zeitpunkt an gestattet, in dem die Staatsanwalt-
land begangen hat,
schaft bei dem Gericht den Antrag auf Aburteilung
im beschleunigten Verfahren stellt. 2. die ein Ausländer im Ausland oder die er
im Inland auf einem ausländischen Schiff oder
§ 149
Luftfahrzeug begangen hat,
(!) Der Ehegatte eines Angeklagten ist in der 3. wenn wegen der Tat im Ausland schon eine
Hauptverhandlung als Beistand zuzulassen und Strafe gegen den Beschuldigten vollstreckt
auf sein Verlangen zu hören. Zeit und Ort der worden ist und die im Inland zu erwartende
Hauptverhandlung sollen ihm rechtzeitig mitge- Strafe nach Anrechnung der ausländischen
teilt werden. nicht ins Gewicht fiele.
(2) Dasselbe gilt von dem gesetzlichen Vertreter
§ 154
eines Angeklagten.
(3) Im Vorverfahren unterliegt die Zulassung (1) Von der Erhebung der öffentlichen Klage kann
solcher Beistände dem richterlichen Ermessen. abgesehen werden, wenn die Strafe oder die Maß-
regel der Sicherung und Besserung, zu der die Ver•
§ 150 folgung führen kann, neben einer Strafe oder Maß•
(1) Dem zum Verteidiger bestellten Rechtsan• rege! der Sicherung und Besserung, die gegen den
walt sind für die geführte Verteidigung die Ge- Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechts-
bühren nach_ Maßgabe der Gebührenordnung aus kräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer
der Staatskasse zu bezahlen. anderen Tat zu erwarten hat, nicht ins Gewicht fällt.
(2) Der Rückgriff gegen den in die Kosten verur- (2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so
teilten Angeklagten bleibt vorbehalten. kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft
das Verfahren vorläufig einstellen.
zweites Buch (3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen
Verfahren im ersten Rechtszug einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannte
Erster Abschnitt Strafe oder Maßregel der Sicherung und Besserung
Ufientliche Klage vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht
inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder auf•
§ 151 genommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte
Die Eröffnung einer gerichtlichen Untersuchung Strafe oder Maßregel der Sicherung und Besserung
ist durch die Erhebung einer Klage bedingt. nachträglich wegfällt.
Nr. 40 -- Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 647
(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen füenstes und den Amtsgerichten mündlich oder
einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maß- schriftlich angebracht werden. Die mündliche An·
regel der Sicherung und Besserung vorläufig ein- zeige ist zu beurkunden.
gestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen (2) Bei strafbaren Handlungen, deren Verfolgung
Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nur auf Antrag eintritt, muß der Antrag bei einem
nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat er- Gericht oder der Staatsanwaltschaft schriftlich oder
gehenden ·urteils wieder aufgenommen werden. zu Protokoll, bei einer anderen Behörde schriftlich
(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig ein- angebracht werden.
gestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines
§ 159
Gerichtsbeschlusses.
§ 154 a (1) Sind Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß je·
(1) Von der Erhebung der öffentlichen Klage kann mand eines nicht natürlichen Todes gestorben ist,
abgesehen werden, wenn der Beschuldigte wegen oder wird der Leichnam eines Unbekannten gefun•
der Tat einer ausländischen Regierung ausgeliefert den, so sind die Polizei- und Gemeindebehörden zur
wird. sofortigen Anzeige an die Staatsanwaltschaft oder
(2) Dasselbe gilt, wenn er wegen einer anderen an den Amtsrichter verpflichtet.
(2) Zur Bestattung ist die schriftliche Genehmigung
Tat einer ausländischen Regierung ausgeliefert wird
und die Strafe oder die Maßregel der Sicherung und der Staatsanwaltschaft oder des Amtsrichters er·
Besserung, zu der die inländische Verfolgung führen forderlich.
kann, neben der Strafe oder der Maßregel der Siche- § 160
rung und Besserung, die gegen ihn im Ausland (1) Sobald die Staatsanwaltschaft durch eine An-
rechtskräftig verhängt worden ist oder die er im zeige oder auf anderem Wege von dem Verdacht
Ausland zu erwarten hat, nicht ins Gewicht fällt. einer strafbaren Handlung Kenntnis erhält, hat sie
(3) Von der Erhebung der öffentlichen Klage kann zu ihrer Entschließung darüber, ob die öffentliche
auch abgesehen werden, wenn der Beschuldigte aus Klage zu erheben ist, den Sachverhalt zu erforschen.
dem Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes ausge- (2) Die Staatsanwaltschaft hat nicht nur die zur
wiesen wird. Belastung, sondern auch die zur Entlastung dienen•
(4) Ist in den Fällen der Abs. 1 bis 3 die öffent- den Umstände zu ermitteln und für die Erhebung
liche Klage bereits erhoben, so stellt das Gericht der Beweise Sorge zu tragen, deren Verlust zu be·
auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren sorgen ist.
vorläufig ein, § 154 Abs. 3 bis 5 gilt mit der Maß- (3) Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft so!·
gabe entsprechend, daß die Frist im Abs. 4 ein Jahr len sich auch auf die Umstände erstrecken, die für
beträgt. die Strafbemessung und für die Anordnung von
§ 154 b Maßregeln der Sicherung und Besserung von Be·
Ist eine Nötigung oder Erpressung durch die Dro- deutung sind.
hung begangen worden, eine Straftat zu offenbaren,
so kann die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung § 161
der Tat, deren Offenbarung angedroht worden ist,
(1) Zu dem im vorstehenden Paragraphen bezeich-
absehen, wenn nicht wegen der Schwere der Tat neten Zweck kann die Staatsanwaltschaft von allen
eine Sühne unerläßlich ist. öffentlichen Behörden Auskunft verlangen und Er·
§ 155 mittlungen jeder Art, mit Ausschluß eidlicher Ver-
(1) Die Untersuchung und Entscheidung erstreckt nehmungen, entweder selbst vornehmen oder durch
sich nur auf die in der Klage bezeichnete Tat und die Behörden und Beamten des Polizeidienstes vor•
auf die durch die Klage beschuldigten Personen. nehmen lassen. Die Behörden und Beamten des Po-
(2) Innerhalb dieser Grenzen sind die Gerichte zu lizeidienstes sind verpflichtet, dem Ersuchen oder
einer selbständigen Tätigkeit berechtigt und ver- Auftrag der Staatsanwaltschaft zu genügen.
pflichtet; insbesondere sind sie bei Anwendung des (2) Die Vorschriften der §§ 136 a und 69 Abs. 3
Strafgesetzes an die gestellten Anträge nicht ge- sind anzuwenden.
bunden.
§ 156 § 162
Die öffentliche Klage kann nach Eröffnung der (!) Erachtet die Staatsanwaltschaft die Vornahme
Voruntersuchung oder des Hauptverfahrens nicht einer richterlichen Untersuchungshandlung für er·
zurückgenommen werden. forderlich, so stellt sie ihre Anträge bei dem Amts·
§ 157 richter des Bezirks, in dem diese Handlung vorzu-
Im Sinne dieses Gesetzes ist: nehmen ist.
Angeschuldigter der Beschuldigte, gegen den (2) Der Amtsrichter hat zu prüfen, ob die bean-
die öffentliche Klage erhoben ist, tragte Handlung nach den Umständen des Falles
Angeklagter der Beschuldigte oder Angeschul- gesetzlich zulässig ist.
digte, gegen den die Eröffnung des Haupt·
§ 163
verfahrens beschlossen ist.
(1) Die Behörden und Beamten des Polizeidienstes
Zweiter Abschnitt haben strafbare Han 'llungen zu erforschen und
Vorbereitung der öffentlichen Klage alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen
§ 158 zu treffen, um die Verdunkelung der Sache zu
(1) Anzeigen strafbarer Handlungen oder Anträge verhüten.
auf Strafverfolgung können bei der Staatsanwalt· (2) Die Vorschriften der §§ !36 a und 69 Abs. 3
schaft, den Behörden und Beamten des Polizei- sind anzuwenden.
648 Bunde~geselzblatt, Jahrgang 1950
(3) Die Behörden und Beamten des Polizeidienstes § 171
übersenden ihre Verhandlungen ohne Verzug der Gibt die Staatsanwaltschaft einem Antrag auf
Staatsanwaltschaft Erscheint die schleunige Vor- Erhebung der öffentlichen Klage keine Folge, oder
nahme richterlicher Untersuchungshandlungen er- verfügt sie nach dem Abschluß der Ermittlungen
forderlich, so kann die Ubcrsendung unmittelbar an die Einstellung des Verfahrens, so hat sie den
den Amtsrichter erfolgen. Antragsteller unter Angabe der Gründe zu be-
§ 164 scheiden.
§ 172
Rei Amtshandlungen an Ort und Stelle ist der
Beamte, der sie leitet, befugt, Personen, die seine (1) Ist der Antragsteller zugleich der Verletzte,
amtliche Tätigkeit vorsätzlich stören oder sich den so steht ihm gegen diesen Bescheid binnen zwei
von ihm innerhalb seiner Zuständigkeit getroffenen Wochen nach der Bekanntmachung die Beschwerde
Anordnungen widersetzen, festnehmen und bis zur an den vorgesetzten Beamten der Staatsanwalt-
Beendigung seiner Amtsverrichtungen, jedoch nicht schaft und gegen dessen ablehnenden Bescheid
über den nächstfolgenden Tag hinaus, festhalten zu binnen eines Monats nach der· Bekanntmachung
lassen. der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu.
§ 165 (2) Der Antrag muß die Tatsachen, welche die
Bei Gefahr im Verzug hat der Amtsrichter die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen,
erforderlichen Untersuchungshandlungen von Amts und die Beweismittel angeben, auch von einem
wegen vorzunehmen. Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Der Antrag ist
bei dem für die Entscheidung zuständigen Gericht
§ 166 einzureichen.
(!) Wird der Beschuldigte von dem Amtsr.ichter (3) Zur Entscheidung ist in den zur Zuständigkeit
vernommen, und beantragt er bei dieser Verneh- des Bundesgerichtshofes gehörenden Sachen dccr
mung zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhe- Bundesgerichtshof, in anderen Sachen das Ober•
bunaen, so hat der Amtsrichter diese, soweit er landesgericht zuständig.
sie für erheblich erachtet, vorzunehmen, wenn der § 173
Verlust der Beweise zu besorgen ist oder die
(1) Auf Verlangen des Gerichts hat ihm die
Beweiserhebung die Freilassung des Beschuldigten
Staatsanwaltschaft die bisher von ihr geführten
begründen kann.
Verhandlungen vorzulegen.
(2) Der Richter kann, wenn die Beweiserhebung (2) Das Gericht kann den Antrag unter Bestim-
in einem anderen Amtsbezirk vorzunehmen ist, den mung einer Frist dem Beschuldigten zur Erklärung
Amtsrichter des letzteren um ihre Vornahme er- mitteilen.
suchen. (3) Das Gericht kann zur Vorbereitung seiner
§ 167 Entscheidung Ermittlungen anordnen und mit ihrer
In den Fällen der §§ 165 und 166 gebührt der Vornahme eines seiner Mitglieder, den Unter-
Staatsanwaltschaft die weitere Verfügung. suchungsrichter oder den Amtsrichter beauftragen.
§ 174
§ 168
(1) Ergibt sich kein genügender Anlaß zur Er-
Die Beurkundung der von dem Amtsrichter vor- hebung der öffentlichen Klage, so verwirft das
zunehmenden Untersuchungshandlungen und die Gericht den Antrag und setzt den Antragsteller,
Zuziehung eines Urkundsbeamten der Geschäfts- die Staatsanwaltschaft und den Beschuldigten von
stelle oder eines sonstigen Protokollführers erfolgt der Verwerfung in Kenntnis.
nach den für die Voruntersuchung geltenden Vor- (2) Ist der Antrag verworfen, so kann die öffent-
schriften. liche Klage nur auf Grund neuer Tatsachen oder
§ 169 Beweismittel erhoben werden.
(1) Für die Teilnahme der Staatsanwaltschaft an § 175
den richterlichen Verhandlungen sind die für die Erachtet das Gericht den Antrag für begründet,
Voruntersuchung geltenden Vorschriften anzu- so beschließt es die Erhebung der öffentlichen
wenden. Klage. Die Durchführung dieses Beschlusses liegt
(2) Das gleiche gilt für den Beschuldigten, seinen der Staatsanwaltschaft ob.
Verteidiger und die von ihm benannten Sachver- § 176
ständigen, wenn der Beschuldigte als solcher vc:im (1) Durch Beschluß des Gerichts kann dem An-
Richter vernommen ist oder sich in Untersuchungs- tragsteller vor der Entscheidung über den Antrag
haft befindet. die Leistung einer Sicherheit für die Kostep. auf-
§ 170
erlegt werden, die durch das Verfahren ü~er ~en
(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß Antrag und durch die Untersuchung voraussichtlich
zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die der Staatskasse und dem Beschuldigten erwachsen.
Staatsanwaltschaft sie entweder durch einen An- Die Sicherheitsleistung ist durch Hinterlegung in
trag auf gerichtliche Voruntersuchung oder durch barem Geld oder in Wertpapieren zu bewirken.
Einreichung einer Anklageschrift bei dem zustän- Die Höhe der zu leistenden Sicherheit wird vom
digen Gericht. Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt. Es hat
(2) Andernfalls verfügt die Staatsanwaltschaft zugleich eine Frist zu bestimmen, binnen welcher
die Einstellung des Verfahrens und setzt hiervon die Sicherheit zu leisten ist. .
den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher (2) Wird die Sicherheit in der bestimmten Frist
vom Richter vernommen oder ein Haftbefehl gegen nicht geleistet, so hat das Gericht den Antrag für
ihn erlassen war. zurückgenommen zu erklären.
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 649
§ 177 § 183
Die durch das Verfahren über den Antrag veran- Gegen den Beschluß des Gerichts, der den Antrag
laßten Kosten sind in dem Falle des § 174 und des der Staatsanwaltschaft oder des Angeschuldigten
§ 176 Abs. 2 dem Antragsteller aufzuerlegen. auf Eröffnung oder Ergänzung der Voruntersuchung
ablehnt, ist soforiige Beschwerde zulässig.
Dritter Abschnitt
Gerichtliche Voruntersuchung § 184
Die Voruntersuchung wird von dem Unter-
,§ 178
suchungsrichter eröffnet und geführt.
(1) Die Voruntersuchung findet in den Strnfsachen
statt, die zur Zuständigk<eil des Bundesgerichtshofes, § 185
des Oberlandesgerichts im ersten Rechtszuge oder Durch Beschluß des Landgerichts kann auf Antrag
des Schwurgerichts gehören. In den zur Zuständig- der Staatsanwaltschaft die Führung der Vorunter-
keit des Schwurgerichts gehörenden Sachen ent- suchung einem Amtsrichter übertragen werden. Um
fällt die Voruntersuchung, wenn der Beschuldigte die Vornahme einzelner Untersuchungshandlungen
durch einen Richter vernommen ist, der Tatbestand kann der Untersuchungsrichter die Amtsrichter er-
einfach liegt und die Voruntersuchung nach dem suchen. Auf Amtsrichter, die mit dem Unter-
Ermessen der Staatsanwaltschaft nicht erforderlich suchungsrichter denselben Amtssitz haben, sind
ist. Doch kann der Angeschuldigte in der Erklärung diese Vorschriften nicht anzuwenden.
über die Anklageschrift (§ 201) die Durchführung
§ 186
einer Voruntersuchung beantragen; dem Antrag ist
stattzugeben. (1) Bei dem Bundesgerichtshof wird der Unter-
1
(2) In den zur Zuständigkeit der Strafkammer im suchungsrichter für jede Strafsache aus der Zahl
ersten Rechtszug und zur 'Zuständigkeit des Schöf- der Mitglieder durch den Präsidenten bestellt.
fengerichts · gehörenden Sacrien findet eine Vor- (2) Der Präsident kann auch jedes Mitglied eines
untersuchung statt, wenn der Angeschuldigte in d,,r anderen deutschen Gerichts und jeden Amtsrichter
Erklärung über die Anklageschrift (§ 201) oder die zum Untersuchungsrichter, oder für einen Teil der
Staatsanwaltschaft dies beantragt und erheblich-:, Geschäfte des Untersuchungsrichters zu seinem
Gründe geltend macht, aus denen eine Vorunter- Vertreter bestellen.
suchung erforderlich erscheint. (3) Der Untersuchungsrichter und dessen Ver·
§ 179
treter können um die Vornahme einzelner Unter-
suchungshandlungen die Amtsrichter ersuchen.
Der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Eröffnung
(4) Für die zur Zuständigkeit der Oberlandes-
der Voruntersuchung muß d<'n Beschuldigten und
gerichte gehörenden Strafsachen gelten diese Vor·
die ihm zur Last gelegte Tat bezeichnen.
schriften mit der Maßgabe, daß der Präsident des
§ 180 Oberlandesgerichts jeden Richter, der in dem dem
(1) Der Antrag kann nur wegen Unzuständigkeit Oberlandesgericht zugewiesenen Bezirk (§ 120
des Gerichts oder wegen Unzulässigkeit der Straf- Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes) angestellt
verfolgung oder der Voruntersuchung (§ 178), oder ist, zum UntersL1chungsrichter bestellen kann.
weil die in dem Antrag bezeichnete Tat unter kein
Strafgesetz fällt, abgelehnt werden. Hierzu bedarf § 187
es eines Beschlusses des Gerichts. Bei der Vernehmung des Angeschuldigten, der
(2) Der Angeschuldigte kann vor der Beschluß- Zeugen und Sachverständigen sowie bei der Ein-
fassung gehört werden. nahme des Augenscheins hat der Untersuchungs-
richter einen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle
§ 181
zuzuziehen. In dringenden Fällen kann der Unter-
(1) Gegen die Verfügung, durch die auf Antrag suchungsrichter eine von ihm zu beeidigende Per-
der Staatsanwaltschaft die Voruntersuchung eröff- son als Protokollführer zuziehen.
net worden ist, kann der Angeschuldigte aus einem
der im § 180 Abs. 1 bezeichneten Gründe Einwand § 188
erheben. Uber den Einwand entscheidet das Gericht. (!) Ober jede Untersuchungshandlung ist ein
(2) Diese Vorschrift gilt nicht, wenn die Vor· Protokoll aufzunehmen. Das Protokoll ist von dem
untersuchung infolge des Beschlusses des Gerichts Untersuchungsrichter sowie dem Protokollführer zu
eröffnet und der Angeschuldigte vorher gehört unterschreiben.
worden ist. (2) Das Protokoll muß Ort und Tag der Verband"
§ 182 lung sowie die Namen der mitwirkenden oder be-
(1) Gegen den Beschluß des Gerichts, durch den teiligten Personen angeben und ersehen lassen, ob
der von dem Angeschuldigten bei seiner Anhörung die wesentlichen Förmlichkeiten des Verfahrens be-
(§ 180 Abs. 2) oder in dem Fall des § 181 Abs. 1 obachtet sind.
erhobene Einwand der Unzuständigkeit (§ 16) ver- (3) Das Protokoll ist den bei der Verhandlung
worfen wird, steht dem Angeschuldigten sofortige beteiligten Personen, soweit es sie betrifft, zur Ge-·
Beschwerde zu. nehmigung vorzulesen oder zur eigenen Durch-
(2) Im übrigen kann der Beschluß des Gerichts, lesung vorzulegen. Die Genehmigung ist zu ver-
durch den der Einwand des Angeschuldigten ver- merken und das Protokoll von den Beteiligten ent-
worfen oder die Eröffnung der Voruntersuchung weder zu unterschreiben oder darin anzugeben,
angeordnet worden i:st, nicht angefochten werdea, weshalb die Unterschrift unterblieben ist.
650 Bundesgesetzblatt, Jahrgang E :,l
§ 189 v,enn zu befürchten ist, daß ein Zeuge in seiner
Die Behörden und Beamten des Polizeidienstes ··egenwart die Wahrheit nicht sagen werde.
sind verpflichtet, Ersuchen oder Aufträgen des
§ 195
Untersuchungsrichters um Ausführung einzelner
Maßregeln oder um Vornahme von Ermittlungen (1) Findet die Einnahme eines Augenschein,
zu genügen. unter Zuziehung von Sachverständigen statt, so
kann der Angeschuldigte beantragen, daß die von
§ 190
ihm für die Hauptverr.andlung vorzuschlagenden
(1) Die Voruntersuchung ist nicht weiter auszu· Sachverständigen zu dem Termin geladen werden,
dehnen, als erforderlich ist, um eine Entscheidung und, wenn der Richter den Antrag ablehnt, .sie
darüber zu begründen, ob das Hauptverfahren zu selbst laden lassen,.
eröffnen oder der Angeschuldigte außer Verfolgung (2) Den vom Angeschuldigten benannten Sach-
zu setzen ist. verständigen ist die Teilnahme am Augenschein
(2) Auch sind Beweise, deren Verlust für die und an den erforderlichen Untersuchungen insoweit
Hauptverhandlung zu besorgen ist, oder deren zu gestatten, als dadurch die Tätigkeit der vom
Aufnahme zur Vorbereitung der Verteidigung des Richter bestellten Sachverständigen nicht behindert
Angeschuldigten erforderlich erscheint, in der Vor· wird.
Untersuchung zu erheben. § 196
Die Staatsanwaltschaft kann stets, ohne daß
§ 191
jedoch das Verfahren dadurch aufgehalten werden
(!) Ergibt sich im Laufe der Voruntersuchung darf, von de: 1 Stand der Voruntersuchung durch
Anlaß zu ihrer Ausdehnung auf eine in dem Anlr,:g Einsicht der Akten Kenntnis nehmen und die ihr
der Staatsanwaltschaft nicht bezeichnete Person geeignet scheinenden Anträge stellen,
oder Tat, so hat der Untersuchungsrichter in
dringenden Fällen die in dieser Beziehung erforder- § 197
lichen Untersuchungshandlungen von Amts wegen (1) Erachtet der Untersuchungsrichter den Zweck
vorzunehmen. der Voruntersuchung für erreicht, so übersendet er
(2) Die weitere Verfügung gebührt auch in die Akten der Staatsanwaltschaft zur Stellung ihrer
solchen Fällen der Staatsanwaltschaft. Anträge.
(2) Beantragt die Staatsanwaltschaft eine Ergän-
§ 192 zm:i.g der Voruntersuchung, so hat der Unter-
(1) Der Angeschuldigte ist in der Vorunter- suchungsrichter, wenn er dem Antrag nicht statt•
suchung zu vernehmen, auch wenn er schon vor geben will, die Entscheidung des Gerichts einzu-
ihrer Eröffnung vernommen worden ist. Ihm ist holen.
hierbei die Verfügung, durch welche die Vorunter- (3) Von dem Schluß der Voruntersuchung ist der
suchung eröffnet worden ist, bekanntzumacilen. Angeschuldigte in Kenntnis zu setzen.
(2) Die Vernehmung erfolgt in Abwesenheit der
Vierter Abschnitt
Staatsanwaltschaft und des Verteidigers.
Entscheidung über die Eröffnung des
§ 193 Hauptverfahrens
(!) Findet die Einnahme eines Augenscheins statt, § 198
so ist der Staatsanwaltschaft, dem Angeschuldigten (1) Hat eine Voruntersuchung stattgefunden, so
und dem Verteidiger die Anwesenheit bei der Ver· entscheiden in den zur Zuständigkeit des Bundes-
handlung zu gestatten. gerichtshofes oder der Oberlandesgerichte gehö-
(2) Dasselbe gilt, wenn ein Zeuge oder Sach- renden Sachen diese .Gerichte, sonst das Land-
verständiger vernommen werden soll, dessen Er- gericht darüber, ob das Hauptverfahren zu eröffnen
scheinen in der Hauptverhandlung für eine längere oder der Angeschuldigte außer Verfolgrng zu
oder ungewisse Zeit Krankheit oder Gebrechlich- setzen oder das Verfahren vorläufig einzustellen ist.
keit oder andere nicht zu beseitigende Hindernisse (2) Die Staatsanwaltschaft legt zu diesem Zweck
entgegenstehen, oder dem das Erscheinen in der die Akten mit ihrem Antrag dem Gericht vor. Der
Hauptverhandlung wegen großer Entferr,ung nicht Antrag auf Eröffnung des Hauptverfahrens erfolgt
zugemutet werden kann. durch Einreichung einer Anklageschrift.
(3) Von den Terminen sind die zur Anwesenheit § 199
Berechtigten vorher zu benachrichtigen, soweit dies (1) Hat keine Voruntersuchung stattgefunden, so
ohne Aufenthalt für die Sache geschehen kann. entscheidet das Gericht, das für die Hauptverhand•
(4) Einen Anspruch auf Anwesenheit hat der lung zuständig ist, darüber, ob das Hauptverfahren
nicht auf freiem Fuß befindliche Angeschuldigte zu eröffnen oder das Verfahren vorläufig einzustel-
nur bei solchen Terminen, die an der Gerichts- len ist.
stelle des Ortes abgehalten werden, wo er sich in (2) Die Anklageschrift enthält den Antrag, das
Haft befindet. Hauptverfahren zu eröffnen. Mit ihr werden die
(5) Auf die Verlegung eines Termins wegen Ver- Akten dem Gericht vorgelegt.
hinderung haben die zur Anwesenheit Berechtigten § 200
keinen Anspruch.
(1) Die Anklageschrift hat die dem Angeschul•
§ 194 digten zur Last gelegte Tat unter Hervorhebung
Der Richter kann einen Angeschuldigten von der ihrer gesetzlichen Merkmale und des anzuwen•
Anwesenheit b· i :·:.,,r Verhandlung ausschließen,
0
denden Strafgesetzes zu bezeichnen sowie die
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 651
Beweismittel und das Gericht, vor dem die Haupt· § 205
verhandlung stattfinden soll, anzugeben. Steht der Hauptverhandlung für längere Zeit die
(2) In der Anklageschrift wird auch das wesent- Abwesenheit des Angeschuldigten oder ein anderes
liche Ergebnis der Ermittlungen dargestellt. Davon in seiner Person liegendes Hindernis entgegen, so
kann abgesehen werden, wenn Anklage beim Amts- kann das Gericht das Verfahren dmch Beschluß
richter als Einzelrichter erhoben wird. vorläufig einstellen. Der Vorsitzende sichert, soweit
§ 201 nötig, die Beweise.
(!) Der Vorsitzende des Gerichts hat die Anklage- § 206
schrift dem Angeschuldigten mitzuteilen und ihn Das Gericht ist bei der Beschlußfassung an die
zugleich aufzufordern, sich innerhalb einer zu Antrilge der Staatsanwaltschaft nicht gebunden.
bestimmenden Frist zu erklären, ob er die Vor-
§ 206 a
nahme einzelner Beweiserhebungen vor der Haupt-
verhandlung beantragen oder Einwendungen gegen (1) Stellt sich nach Eröffnung des Hauptverfahrens
die Eröffnung des Hauptverfahrens vorbringen ein Verfahrenshindernis heraus, so ka_nn das Gericht
wolle. Hat keine Voruntersuchung stattgefunden, außerhalb der Hauptverhandlung das Verfahren
so ist der Angeschuldigte auf sein Recht, eine Vor- durch Beschluß einstellen.
untersuchung zu beantragen (§ 178), hinzuweisen (2) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde
und zur Erklärung darüber aufzufordern, ob er eine anfechtbar.
Voruntersuchung beantragen wolle. Der Angeklagte § 207
ist auch auf sein Recht, gemäß § 140 Abs. 1 Nr. 2 (1) In dem Beschluß, durch den das Hauptver-
oder 5 die Bestellung eines Verteidigers zu bean- fahren eröffnet wird, ist die dem Angeklagten zur
tragen, hinzuweisen. Last gelegte Tat unter Hervorhebung ihrer gesetz•
(2) Uber die Anträge und Einwendungen be- lichen Merkmale und des anzuwendenden Straf-
schließt das Gericht. Beantragt der Angeschuldigte gesetzes sowie das Gericht zu bezeichnen, vor dem
eine Voruntersuchung, so hat der Amtsrichter die die Hauptverhandlung _stattfinden soll.
Akten mit dem Antrag des Angeschuldigten durch (2) Das Gericht hat zugleich von Amts wegen
Vermittlung der Staatsanwaltschaft de;n Land- über die Anordnung oder Fortdauer der Unter-
gericht zur Entscheidung darüber vorzulegen, ob suchungshaft oder der einstweiligen Unterbringung
eine Voruntersuchung zu eröffnen ist. Eine Anfech- zu beschließen.
tung der Beschlüsse findet nur nach Maßgabe der § 208
Vorschriften des § 182 Abs. 1 und des § 183 statt.
(1) Beantragt die Staatsanwaltschaft, den Ange•
(3) Die Vorschriften der Abs. 1 und 2 gelten schuldigten außer Verfolgung zu setzen, so kann das
nicht, wenn Anklage beim Amtsrichter als Einzel· Gericht das Hauptverfahren nur eröffnen, nachdem
richter erhoben worden ist. es den Angeschuldigten aufgefordert hat, sich
§ 202 innerhalb einer zu bestimmenden Frist zu erklären,
(1) Zur besseren Aufklärung der Sache kann das ob er eine Ergänzung der Voruntersuchung oder die
Gericht eine Voruntersuchung oder eine Ergänzung Vornahme einzelner Beweiserhebungen vor der
der Voruntersuchung oder einzelne Beweiserhebun- Hauptverhandlung beantragen oder Einwendungen
gen anordnen. gegen die Eröffnung des Hauptverfahrens YOr•
(2) Hält der Amtsrichter zur besseren Aufklärung bringen wolle. Der Angeschuldigte ist auch auf sein
der Sache eine Voruntersuchung für nötig, so hat Recht, gemäß § 140 Abs. 1 Nr. 2 oder 5 die Be•
er die Akten mit einer Begründung seiner Auf- stellung eines Verteidigers zu beantragen, hinzu-
fassung durch Vermittlung · der Staatsanwaltschaft weisen.
dem Landgericht zur Entscheidung darüber vorzu- (2) Beschließt das Gericht die Eröffnung des.Haupt·
legen, ob eine Voruntersuchung zu eröffnen ist. verfahrens, so hat die Staatsanwaltschaft eine dem
Beschluß entsprechende Anklageschrift einzu-
(3) Die Beschlüsse sind nicht anfechtbar.
reichen.
§ 203 § 209
Das Gericht beschließt die Eröffnung des Haupt• (1) Das Landgericht kann das Hauptverfahren vor
verfahrens, wenn nach den Ergebnissen der den erkennenden Gerichten jeder Ordnung, nicht
Voruntersuchung oder, falls eine solche nicht aber vor dem Bundesgerichtshof eröffnen. In einer
stattgefunden hat, nach den Ergebnissen des vor- Sache, in welcher die Staatsanwaltschaft gemäß § 24
bereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Nr. 2 oder 3 des ·Gerichtsverfassungsgesetzes bei
strafbaren Handlung hinreichend verdächtig er- der Strafkammer angeklagt hat, kann das Landge-
scheint. richt das Hauptverfahren auch vor dem Schöffen-
§ 204 gericht eröffnen.
(1) Beschließt das Gericht, das Hauptverfahren (2) Erachtet das Landgericht die Zuständigkeit des
nicht zu eröffnen, so muß aus dem Beschluß hervor- Bundesgerichtshofes für begründet, so legt es die
gehen, ob er auf tatsächlichen oder auf Rechts- Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft
gründen beruht. diesem Gericht zur Entscheidung vor.
(2) Hat eine Voruntersuchung stattgefunden, so (3) Der Amtsrichter, der findet, daß eine bei ihm
ist auszusprechen, daß der Angeschuldigte außer eingereichte Sache die Zuständigkeit des Amtsge-
Verfolgung zu setzen ist. richts übersteigt, legt die Akten durch Vermitt-
(3) Der Beschluß ist dem Angeschuldigten be• lung der Staatsanwaltschaft dem Landgericht zur
kanntzumachen. Entscheidung vor.
652 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
§ 210 Fünfter Abschnitt
(1) Der Beschluß, durch den das Hauptverfahren Vorbereitung der Hauptverhandlung
eröffttet worden ist, kann von dem Angeklagten § 213
nicht angefochten werden,
Der Termin zur Hauptverhandlung wird von dem
(2) Gegen den Beschluß, durch den die Eröffnung Vorsitzenden des Gerichts anberaumt.
des Hauptverfahrnns abgelehnt oder abweichend
von ldem Antrag der Staatsanwaltschaft die Ver- § 214
weis rng an ein Gericht niederer Ordnung aus- (1) Die zur Hauptverhandlung erforderlichen
gesp ,·ochen worden ist, steht der Staatsanwaltschaft Ladungen und die Herbeischalfung der als Beweis•
sofo1 tige Bcsch werde zu. mittel dienenden Gegenstände bewirkt die Staats-
(3) Gibt das Beschwerdegericht der Beschwerde
anwaltschaft. Sie können auch vom Gericht bewirkt
statt, so kann es zugleich bestimmen, daß die Haupt- werden.
verh1ndlung vor einer anderen Kammer des Ge- (2) Ist anzunehmen, daß die Hauptverhandlung
richts, Jas den Beschluß nach Abs. 2 erlassen hat, sich auf längere Zeit erstreckt, so kann der Vor-
oder vor einem zu demselben Land gehörenden be- sitzende bestimmen, daß sämtllche oder einzelne
nacl· barten Gericht gleicher Ordnung stattzufin- Zeugen und Sachverständige zu einem späteren
den hat. Zeitpunkt als dem Beginn der Hauptverhandlung
geladen werden.
§ 211 § 215
Ist die Eröffnung des Hauptverfahrens durch Der Beschluß über die Eröffnung des Haupt•
einen nicht mehr anfechtbaren Beschluß abgelehnt, verfahrens ist dem Angeklagten spätestens mit der
so kann die Klage nur auf Grund neuer Tatsachen Ladung zuzustellen.
oder Beweismittel wieder aufgenommen werden. § 216
(1) Die Ladung eines auf freiem Fuß befind·
§ 212 liehen Angeklagten geschieht schriftlich unter der
Im Verfahren vor dem Amtsrichter und dem Warnung, daß im Falle seines unentschuldigten
Schöffengericht kann die Staatsanwaltschaft schrift- Ausbleibens seine Verhaftung oder Vorführung
lich oder mündlich den Antrag auf Aburteilung im erfolgen werde. Die Warnung kann in den Fällen
beschleunigten Verfahren stellen, wenn der Sach- des § 232 unterbleiben.
verhalt einfach und die sofortige Aburteilung (2) Der nicht auf freiem Fuß befindliche Ange-
möglich ist. klagte wird durch Bekanntmachung des Termins
zur Hauptverhandlung gemäß § 35 geladen. Dabei
§ 212 a
ist der Angeklagte zu befragen, ob und welche
(1) Stellt die Staatsanwaltschaft den Antrag, so Anträge er zu s~iner Verteidigung für die Haupt-
wird die Hauptverhandlung sofort durchgeführt verhandlung zu stellen habe.
oder mit kürzester Frist anberaumt. ohne daß es
§ 217
einer Entscheidung über die Eröffnung des Haupt-
verfahrens bedarf. ( 1) Zwischen der Zustellung der Ladung (§ 216)
und dem Tag der Hauptverhandlung muß eine Frist
(2) Der Einreichung einer Anklageschrift bedarf
von mindestens einer Woche liegen.
es nicht. Wird eine Anklageschrift nicht einge-
reicht. so wird die Anklage bei Beginn der Haupt- (2) Ist diese Frist nicht eingehalten worden, so
verhandlung mündlich erhoben und ihr wesent- kann der Angeklagte die Aussetzung der Verhand-
Jic:1cer Inhalt in das Silzung prolokoll aufgenommen.
0
lung verlangen, solange mit der Verlesung des
Beschlusses über die Eröffnung des Hauptver-
(3) Der Ladung des Beschuldigten bedarf es nur,
fahrens nicht begonnen ist.
wenn er sich nicht freiwillig zur Hauptverhandlung
(3) Der Angeklagte kann auf die Einhaltung der
stellt oder nicht dem Gericht vorgeführt wird. Mit
der Ladung wird ihm mitg0teilt, was ihm zur Last Frist verzichten.
§ 218
gelegt wird. Die Ladungsfrist beträgt vierund-
(1) Neben dem Angeklagten ist der °Jestelite Ver-
zwanzig" Stunden.
teidiger stets, der gewählte Verteidiger dann .zu
§ 212 b
Jaden, wenn die Wahl dem Gericht angezeigt
(1) Der Amtsrichter oder das Schöffengericht worden ist. § 217 gilt entsprechend.
lehnt die Aburteilung im beschleunigten Verfahren (2) Im Fa11e des § 146 wird dem Verteidiger nur
ab, wenn sich die Sache zur Verhandlung in eine Ladung zugestellt. In der Ladung sind sämt-
diesem Verfahren nicht eignet, oder wenn eine liche Angeklagten zu bezeichnen, gegen welche die
höhere Strafe als ein Jahr Gefängnis zu erwarten Hauptverhandlung stattfinden soll, soweit der Ver-
ist. Zuchthaus oder eine Maßregel der Sicherung teidiger für sie auftritt.
und Besserung darf in diesem Verfahren nicht ver- § 219
hängt werden. (!) Verlangt der Angeklagte die Ladung von
(2) Die Aburteilung im beschleunigten Verfahren Zeugen oder Sachverständigen oder die Herbei-
k3nn auch in der Hauptverhandlung bis zur Ver- schaffung anderer Beweismittel zur Hauptverhand-
kündung des Urteils abgelehnt werden. Der Be- lung, so hat er unter Angabe der Tatsachen, über
schluß ist nicht anfechtbar. die der Beweis erhoben werden soll, seine Anträge
(3) Wird die Aburteilung im beschleunigten Ver- bei dem Vorsitzenden des Gerichts zu stellen. Die
fahren abgelehnt so bedarf es der Einreichung einer hierauf ergehende Verfügung ist ihm bekanntzu-
neuen Anklageschrift. machen.
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 653
(2) Bcweisantri.ige des Angeklagten sind, soweit (2) Der nicht auf freiem Fuß befindliche Ange-
ihnen stattgegeben ist, der Staatsanwaltschaft mit- klagte hat einen Anspruch auf Anwesenheit nur bei
zuteilen. solchen Terminen, die an der Gerichtsstelle des
§ 220 Ortes abgehalten werden, wo er sich in Haft be·
findet.
(1) Lehnt der Vorsitzende den Antrag anf Ladung
§ 225
einer Person ab, so kann der Angeklagte sie
unmittelbar laden lassen. Hierzu ist er auch ohne Ist zur Vorbereitung der Hauptverhandlung noch
vorgängigen Antrag befugt. ein richterlicner Augenschein einzunehmen. so
sind die Vorschriften des § 224 anzuwenden.
(2) Eine unmittelbar geladene Person ist nur dann
zum Erscheinen verpflichtet, wenn ihr bei der
Ladung die gesetzliche Entschädignng für Reise- Sechster Abschnitt
kosten und Versäumnis bar dargeboten oder deren Hauptverhandlung
Hinterlegnng bei der Geschäftsstelle nachgewiesen
wird. § 226
(3) Ergibt sich in der Hauptverhandlung, daß die Die Hauptverhandlung erfolgt in ununterbroche-
Vernehmung einer unmittelbar geladenen Person ner Gegenwart der zur Urteilsfindung berufenen
zur Aufklärung der Sache dienlich war, so hat das Personen sowie der Staatsanwaltschaft und eines
Gericht auf Antrag anzuordnen, daß ihr die gesetz- Urkundsbeamten der Geschäftsstelle.
liche Entschädigung aus der Staatskasse zu ge-
§ 227
währen ist.
§ 221 Es können mehrere Beamte der Staatsanwaltschaft
und mehrere Verteidiger in der Hauptverhandlung
Der Vorsitzende des Gerichts kann auch von mitwirken und ihre Verrichtungen unter sich teilen.
Amts wegen die Ladung von Zeugen und Sach-
verständigen sowie die Herbeischaffung anderer § 228
Beweismittel anordnen.
(1) Uber Anträge auf Aussetzung einer Haupt·
§ 222 verhandlung entscheidet das Gericht. Kürzere
(1) Gericht und Staatsanwaltschaft haben, wenn
Unterbrechungen ordnet der Vorsitzende an.
sie außer den in der Anklageschrift benannten oder (2) Eine Verhinderung des Verteidigers gibt, un-
auf Antrag des Angeklagten geladenen Zeugen beschadet der Vorschrift des § 145, dem Ange-
oder Sachverständigen noch andere Personen laden, klagten kein Recht, die Aussetzung der Verhand-
dem Angeklagten diese Personen rechtzeitig nam- lung zu verlangen.
haft zu machen und ihren Wohn- od2r Aufent- (3) Ist die Frist des § 217 Abs. 1 nicht eingehalten
haltsort anzugeben. worden, so soll der Vorsitzende den Angeklagten
(2) Der Angeklagte hat die von ihm unmittelbar mit der Befugnis, Aussetzung der Verhandlung zu
geladenen oder zur Hauptverhandlung zu stellenden verlangen, bekanntmachen.
Zeugen und Sachverständigen rechtzeitig dem
Gericht und der Staatsanwaltschaft namhaft zu § 229
machen und ihren Wohn- oder Aufenthaltsort anzu- Eine unterbrochene Hauptverhandlung muß
geben. spätestens am elften Tage nach der Unterbrechung
§ 223 fortgesetzt werden, widrigenfalls mit dem Verfahren
(1) Wenn dem Erscheinen eines Zeugen oder von neuem zu beginnen ist.
Sachverständigen in der Hauptverhandlung für- eine
längere oder ungewisse Zeit Krankheit oder Ge- § 230
brechlichkeit oder andere nicht zu beseitigende (1) Gegen einen ausgebliebenen Angeklagten
Hindernisse entgegenstehen, so kann das Gericht findet eine Hauptverhandlung nicht statt.
seine Vernehmung durch einen beauftragten oder (2) Ist das Ausbleiben des Angeklagten nicht
ersuchten Richter anordnen. genügend entschuldigt, so ist die Vorführung anzu-
(2) Dasselbe gilt, wenn einem Zeugen oder Sach- ordnen oder ein Haftbefehl zu erlassen.
verständigen das Erscheinen wegen großer Entfer-
nung nicht zugemutet werden kann. § 231
(3) Die Vernehmung von Zeugen hat eidlich zu (1) Der erschienene Angeklagte darf sich aus der
erfolgen, soweit nicht Ausnahmen vorgeschrieben Verhandlnng nicht entfernen. Der Vorsitzende kann
oder zugelassen sind. ·die geeigneten Maßregeln treffen, um die Ent-
fernung zu verhindern; auch kann er den Ange-
§ 224 klagten während einer Unterbrechung der Verhand-
(1) Von den zum Zweck dieser Vernehmung lung in Gewahrsam halten lassen.
anberaumten Terminen sind die Staatsanwaltschaft, (2) Entfernt der Angeklagte sich dennoch oder
der Angeklagte und der Verteidiger vorher zu be- bleibt er bei der Fortsetzung einer unterbrochenen
nachrichtigen, soweit dies nicht wegen Gefahr im Hauptverhan-dlung aus, so kann diese in seiner Ab•
Verzug untunlich ist; ihrer Anwesenheit bei der wesenheit zu Ende geführt werden, wenn er über
Vernehmung bedarf es nicht. Das aufgenommene die Anklage schon vernommen war und das Gericht
Protokoll ist der Staatsanwaltschaft und dem Ver- seine fernere Anwesenheit nicht für erforderlich
teidiger vorzulegen. erachtet.
654 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
§ 232 § 236
(!) Die Hauptverhandlung kann ohne den Ange• Das Gericht ist stets befugt, das persönliche Er-
klagten durchgeführt werden, wenn er ordnungs- scheinen des Angeklagten anzuordnen und durch
gemäß geladen und in der Ladung darauf hinge- einen Vorführungsbefehl oder Haftbefehl zu er-
wiesen ist, daß in seiner Abwesenheit verhandelt zwingen.
werden kann, und wenn keine höhere Strafe als § 237
Haft, Geldstrafe oder Einziehung, allein oder in Ver• Das Gericht kann im Falle eines Zusammenhangs
bindung miteinander, zu erwarten ist. Eine höhere zwischen mehreren bei ihm anhängigen Strafsachen
Strafe oder eine Maßregel der Sicherung und ihre Verbindung zum Zwecke gleichzeitiger Ver-
Besserung darf in diesem Verfahren nicht verhängt handlung anordnen, auch wenn dieser Zusammen-
werden. hang nicht der im § 3 bezeichnete ist.
(2) Auf Grund einer Ladung durch öffentliche § 238
Bekanntmachung findet die Hauptverhandlung ohne (!) Die Leitung der Verhandlung, d;e Verneh-
den Angeklagten nicht statt. mung des Angeklagten und die Aufnahme des
(3) Die Niederschrift über eine richterliche Ver- Beweises erfolgt durch den Vorsitzenden.
nehmung des Angeklagten wird in der Hauptvd- (2) Wird eine auf die Sachleitung bezügliche
handlung verlesen. Anordnung des Vorsitzenden von einer bei der
Verhandlung beteiligten Person als unzulässig be•
!4) Das in Abwesenheit des Angeklagten er- anstandet, so entscheidet das Gericht.
gehende Urteil muß ihm mit den Urteilsgründen
durch Ubergabe zugestellt werden. § 239
(!) Die Vernehmung der von der Staatsanwalt-
schaft und dem Angeklagten benannten Zeugen
§ 233 und Sachverständigen ist der Staatsanwaltschaft
(1) Der Angeklagte kann auf seinen Antrag von und dem Verteidiger auf deren übereinstimmenden
der VerpOichtung zum Erscheinen in der Haupt- Antrag von dem Vorsitzenden zu überlassen. Bei
verhandlung entbunden werden, wenn keine höhere den von der Staatsanwaltschaft benannten Zeugen
Strafe als Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder und Sachverständigen hat diese, bei den von dem
Geldstrafe oder Einziehung, allein oder in Ver- Angeklagten benannten der Verteidiger in erster
bindung miteinander, zu erwarten ist. Eine höhere Reihe das Recht zur Vernehmung.
Strafe oder eine Maßregel der Sicherung und (2) Der Vorsitzende hat auch nach dieser Ver-
Besserung darf in seiner Abwesenheit nicht ver- nehmung die ihm zur weiteren Aufklärung der
hängt werden. Sache erforderlich scheinenden Fragen an die
(2) Wird der Angeklagte von der Verpflichtung Zeugen und Sachverständigen zu richten.
zum Erscheinen in der Hauptverhandlung ent- § 240
bunden, so muß er durch einen beauftragten oder (!) Der Vorsitzende hat den beisitzenden Rich-
ersuchten Richter über die Anklage vernommen und tern auf Verlangen zu gestatten, Fragen an d :n
dabei über die bei Verhandlung in seiner Abwesen- Angeklagten, die Zeug-en und die Sachverständigen
heit zulässigen Strafen belehrt und befragt werden, zu stellen.
ob er seinen Antrag auf Befreiung vom Erscheinen (2) Dasselbe hat der Vorsitzende der c,• 'latsan·
in der Hauptverhandlung aufrechterhält. waltschaft, dem Angeklagten und dem Ve1,eidiger
(3) Von dem zum Zweck der Vernehmung anbe- sowie den Geschworenen und den Schöffen zu ge•
raumten Termin sind die Staatsanwaltschaft und der statten. Die unmittelbare Befragung eines A-,ge-•
Verteidiger zu benachrichtigen; ihrer Anwesenheit klagten durch einen Mitangeklagten ist unzul' 31/.
bei der Vernehmung bedarf es nicht. Das Protokoll
§ 241 _
über die Vernehmung ist in der Hauptverhandlung
zu verlesen. (1) Dem, welcher im Falle des § 239 Abs. 1 die
Befugnis der Vernehmung mißbraucht, kann sie
§ 234 von dem Vorsitzenden entzogen werden.
Soweit die Hauptverhandlung ohne Anwesenheit (2) In den FäÜen des § 239 Abs. 1 und des § 240
des Angeklagten stattfinden kann, ist er befugt, sich Abs. 2 kann der Vorsitzende ungeeignete oder
durch einen mit schriftlicher Vollmacht versehenen nicht zur Sache gehörende Fragen zurückweisen.
Verteidiger vertreten zu lassen.
§ 242
Zweifel über die Zulässigkeit einer Frage ent-
§ 235
scheidet in allen Fällen das Gericht.
Hat die Hauptverhandlung gemäß § 232 ohne den
Angeklagten stattgefunden, so kann er gegen das § 243
Urteil binnen einer Woche nach seiner Zustellung (1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Auf·
die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter den ruf der Zeugen und Sachverständigen.
gleichen VoraussetzungEn wie gegen die Versäu- (2) Hiera.n schließt sich die Vernehmung des
mung einer Frist nachsuchen; hat er von der Ladung Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse
zur Hauptverhandlung keine Kenntnis erlangt, so und die Verlesung des Beschlusses über die Er-
kann er stets die Wiedereinsetzung tn den vorigen öffnung des Hauptverfahrens.
Stand beanspruchen. Hierüber ist der Angeklagte (3) Sodann erfolgt die weitere Vernehmung des
bei der Zustellung des Urteils zu belehren. Angeklagten nach M2.ßgabe des § 136.
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 655
(4) Die Verlesung des Beschlusses und die Ver• (2) Ist jedoch ein zu vernehmender Zeuge oder
nehmung des Angeklagten geschieht in Abwesen• Sachverständiger dem Gegner des Antragstellers
heit der zu vernehmenden Zeugen. so spät namhaft gemacht oder eine zu beweisende
Tatsache so spät vorgebracht worden, daß es dem
§ 244
Gegner an der zur Einziehung von Erkundigungen
(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt erforderlichen Zeit gefehlt hat, so kann er bis zum
die Beweisaufnahme. Schluß der Beweisaufnahme die Aussetzung der
(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit Hauptverhandlung zum Zweck der Erkundigung
die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tat- beantragen,
sachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die (3) Dieselbe Befugnis haben die Staatsanwaltschaft
Entscheidung von Bedeutung sind. und der Angeklagte bei den auf Anordnung des
(3) Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Vorsitzenden oder des Gerichts geladenen Zeugen
Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im übrigen oder Sachverständigen.
darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn (4) Uber die Anträge entscheidet das Gericht
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit über· nach freiem Ermessen.
flüssig ist, wenn die Tatsache, die bewiesen w~rden
soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung oder § 246 a
schon erwiesen ist, wenn das Beweismittel völ- Ist damit zu rechnen, daß die Unterbringung des
lig ungeeignet oder wenn es unerreichbar ist, Angeklagten in einer Heil- oder Pflegeanstalt, einer
wenn der Antrag zum Zweck der Prozeßverschlep- Trinkerheilanstalt oder einer Entziehungsanstalt
pung gestellt ist oder wenn eine erhebliche Be- .angeordnet werden wird, so ist in der Hauptver•
hauptung, die zur Entlastung des Angeklagten be- handlung ein Arzt als Sachverständiger über den
wiesen werden soll, so behandelt werden kann, geistigen und. körperlichen Zustand ·des Angeklag-
als wäre die behauptete Tatsache wahr. ten zu vernehmen. Hat der Sachverständige den
(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sach- Angeklagten nicht sczhon früher untersucht, so soll
verständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ihm dazu vor der Hauptverhandlung Gelegenheit
ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst gegeben werden.
die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung § 247
eines weiteren Sachverständigen kann auch dann (1) Das Gericht kann den Angeklagten, wenn zu
abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gut- befürchten ist, daß ein Mitangeklagter oder ein
achten das Gegenteil der behaupteten Tatsache be- Zeuge bei seiner Vernehmung in Gegenwart des
reits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sach- Angeklagten die Wahrheit nicht sagen werde,
kunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn während dieser Vernehmung aus dem Sitzungs-
sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen zimmer abtreten lassen. Der Vorsitzende hat Je•
Voraussetzungen ausgeht, v,,enn das Gutachten doch den Angeklagten, sobald dieser wieder vor-
Widersprüche enthält oder wenn der neue Sach• gelassen worden ist,. von dem wesentlichen Inhalt
verständige über Forschungsmittel verfügt, die dessen zu unterrichten, was während seiner Ab-
denen eines früheren Gutachters überlegen er- wesenheit ausgesagt oder sonst verhandelt wor•
scheinen. den ist.
(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augen- (2) In gleicher Weise ist zu verfahren, wem, das
scheins kann abgelehnt werden, wenn der Augen- Gericht wegen ordnungswidrigen Benehmens des
schein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Ge- Angeklagten zeitweise dessen. Entfernung aus dem
richts zur Erforschung der· Wahrheit nicht erforder- Sitzungszimmer angeordnet hat.
lich ist.
§ 248
(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf
eines Gerichtsbeschlusses. · Die vernommenen Ze,,gen und Sachverständigen
dürfen sich nur mit Genehmigung oder auf An-
§ 245 weisung des Vorsitzenden von der Gerichtsstelle
Die Beweisaufnahme ist auf die sämtlichen vor- entfernen, Die Staatsanwaltschaft und der An·
geladenen und auch erschienenen Zeugen und Sach- geklagte sind vorher zu hören.
verständigen sowie auf die anderen herbeigeschaJf-
§ 249
ten Beweismittel zu erstrecken, es sei denn, daß die
Beweiserhebung unzulässig oder zum Zweck der Urkunden und andere als Beweismittel dienende
Prozeßverschleppung beantragt ist. Dies gilt auch Schriftstücke werden in der Hauptverhandlung ver-
dann, wenn die Ladung und das Erscheinen der lesen. Dies gilt insbesondere von früher ergangenen
Zeugen oder Sachverständigen oder .die Herbei- Strafurteilen, von Straflisten und von Auszügen aus
schaffung der anderen Beweismittel erst während Kirchenbüchern und Personenstandsregistern nnd
der Hauptverhandlung erfolgt. Von der Erhebung findet auch Anwendung auf Protokolle über die
einzelner Beweise kann abgesehen werden, wenn Einnahme des richterlichen Augenscheins.
die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte damit
§ 250
einverstanden sind.
Beruht der Beweis einer Tatsache auf der Wahr-
§ 246 nehmung einer Person, so ist diese in der Haupt·
(1) Eine Beweiserhebung darf nicht deshalb ab• verhandlung zu vernehmen. Die Vernehmung darf
gelehnt werden, weil das Beweismittel oder die nicht durch 'Verlesung des über eine frühere Ver•
zu beweisende Tatsache zu spät vorgebracht wor- nehmung aufgenommenen Protokolls oder einer
den sei. schriftlichen Erklärung ersetzt werden.
656 Bundesgf'selzhlal.l, Jahrgang 1950
. § 251 § 254
(1) Die Vernehmung eines Zeugen, Sachverstän- (1) Erklärungen des Angeklagten, die in eine1::i.
digen oder Mitbeschuldigten darf durch Verlesung richterlichen Protokoll enthalten sind, können zum
der Niederschrift über seine frühere richterliche Zweck der Beweisaufnahme über ein Geslandnis
Vernehmung ersetzt werden, wenn verlesen werden.
1. der Zeuge, Sachven,tändige oder Mitbeschul- (2) Dasselbe kann geschehen, wenn ein in der
digte verstorben oder in Geisteskrankheit ver- Vernehmung hervortretender \Viderspruch mit der
fallen ist oder· wenn sein Aufenthalt nicht zu früheren Aussage nicht auf andere Weise ohne
ermitteln ist; Unterbrechung der Hauptverhandlung festgestellt
2. dem Erscheinen des Zeugen, Sachverständigen oder behoben werden kann.
oder Mitbeschuldigten in der Hauptverhand-
§ 255
lung für eine· längere oder ungewisse Zeit
Krankheit, Gebrechlichkeit oder andere nicht In den Fällen der §§ 253 und 254 ist die Ver-
zu beseitigende Hindernisse entgegenstehen; lesung und ihr Grund auf Antrag der Staatsanwalt-
schaft oder des Angeklagten im Protokoll zu er-
3. dem Zeugen oder Sachverständigen das Er-
wähnen.
scheinen in der Hauptverhandlung wegen
§ 256
großer Entfernung unter Berücksichtigung der
Bedeutung seiner Aussage nicht zugemutet (1) Die ein Zeugnis oder ein Gutachten enthalten·
werden kann; den Erklärungen öffentlicher Behörden mit Aus-
schluß von Leumundszeugnissen sowie ärztliche
4. der Staatsanwalt,. der Verteidiger und der An-
geklagte mit der Verlesung einverstanden sind. Atteste über Körperverletzungen, die nicht zu den
schweren gehören, können verlesen werden.
(2) Ist ein Zeuge, Sachverständiger oder Mitbe- (2) Ist das Gutachten einer kollegialen Fach-
schuldigter verstorben oder kann er aus einem behörde eingeholt worden, so kann das Gericht die
anderen Grund in absehbarer Zeit gerichtlich nicht Behörde ersuchen, eines ihrer Mitglieder mit der
vernommen werden, so dürfen auch Niederschriften Vertretung des Gutachtens in der Hauptverhand-
über eine andere Vernehmung sowie Urkunden, lung zu beauftragen un-d dem Gericht zu bezeichnen.
die eine von ihm stammende schriftliche Äußerung
enthalten, verlesen werden. § 257
(3) Soll die Verlesung anderen Zwecken als un- Nach der Vernehmung eines jeden Zeugen, Sach-
mittelbar der Urteilsfindung, insbesondere zur Vor- verständigen oder Mitangeklagten sowie nach der
bereitung der Entscheidung darüber dienen, ob die Verlesung eines jeden Schriftstücks soll der An-
Ladung unc'l Vernehmung einer Person erfolgen geklagte befragt werden, ob et etwas zu erklären
sollen, so dürfen Vernehmungsniederschriften, Ur- habe.
kunden und andere als ·Beweismittel dienende § 258
Schriftstücke auch sonst verlesen werden. (1) Nach dem Schluß der Beweisaufnahme er·
(4) In den Fällen der Abs. 1 und 2 beschließt das hallen der Staatsanwalt und sodann der An•
geklagte zu ihren Ausführungen und Anträgen das
Gericht, ob die Verlesung angeordnet wird. Der
Wort.
Grund der Verlesung wird bekanntgegeben. Wird
die Niederschrift über eine richterliche Verneh- (2) Dem Staatsanwalt steht das Recht der Erwi-
mung verlesen, so wird festgestellt, ob der Ver: derung zu; dem Angeklagten gebührt das letzte
nommene vereidigt worden ist. Die Vereidigung Wort.
wird nachgeholt, wenn sie dem Gericht notwendig (3) Der Angeklagte ist, auch wenn ein Verteidiger
erscheint un'd noch ausführpar ist. für ihn gesprochen hat, zu befragen, ob er selbst
noch etwas zu seiner Verteidigung anzuführen habe.
§ 252 § 259
Die Aussage eines vor · der Hauptverhandlung (1) Einern der Gerichtssprache nicht mächtigen
Angeklagten müssen aus den Schlußvorträgen min-
vernommenen Zeugen, der erst in der Hauptver-
destens die Anträge des Staatsanwalts und des
handlung von seinem Recht, das Zeugnis zu ver-
Verteidigers durch den Dolmetscher bekanntge-
weigern, Gebrauch macht, darf nicht verlesen
macht werden.
werden.
(2) Dasselbe gilt von einem tauben Angeklagten,
§ 253 sofern nicht eine schriftliche Verständigung erfolgt.
(1) Erklärt ein Zeuge oder Sachverständiger, daß § 260
er sich einer Tatsache nicht mehr erinnere, so kann (1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf
der hierauf bezugliche Teil des Protokolls über die Beratung folgenden Verkündung des Urteils.
seine frühere Vernehmung zur Unterstützung seines Das Urteil lautet auf Freisprechung, Verurteilung,
Gedächtnisses verlesen werden. Anordnung einer Maßregel der Sicherung und Bes-
(2) Dasselbe kann geschehen, wenn ein in der serung oder Einstellung des Verfahrens.
Vernehmung hervortretender Widerspruch mit der (2) Wird auf Untersagung der Berufsausübung
früheren Aussage nicht auf andere Weise ohne erkannt, so ist im Urteil der Beruf, das Gewerbe
Unterbrechung der Hauptverhandlung festgestellt oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung untersagt
oder behnben werden kann. wird, genau zu bezeichnen.
Nr. 40 --- Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 657
(3) Die Lnstellung cks Verfahrens ist auszu- gesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des
sprecben, wenn ein Verfahrenshindernis besteht. in dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptver-
(4) Der Urteilsspruch gibt die rechtlicbe Bezeich- fahrens angeführten, oder die. zu den im zweiten
nung der Tat an, deren der Angeklagte schuldig ge- Absatz bezeichneten gehören, so ist auf seinen An-
sprochen wird. Strafen oder Maßregeln der Siche- trag die Hauptverhandlung auszusetzen.
rung und Besserung, die, neben andceren verw i_rkten (4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder
Strafen oder Maßregeln nicht vollstreckt wetden von ,mts wegen die Hauptverhandlung auszu-
können,. werden in den Urteilsspruch nicht aufge- setzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage
nommen; sie werden nur in den Urteilsgründen auf- zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der
geführt. Im übrigen 11nterlic,gt die Fassung des Verteidigung angemessen erscheint.
Urteilsspruchs dem Ermessen des Gerichts.
§ 261 § 266
Uber das Ergebnis der Bewc,isaufnahme ent- (1) Erstreckt der Staatsanwalt in der Hauptver•
scheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem handlung die Anklage auf weitere Straftaten des
InbC'griff der Verhandlung geschöpften Uberzeu- Angeklagten, so kann das Gericht sie durch Be•
gung. schluß in das Verfahren einbeziehen, wenn es für
6 2G2 sie zuständig ist und der Angeklagte zustimmt.
(2) Die Nachtragsanklage kann mündlich erhoben
(1) Hängt die Str<1IIJctrkc,it einer Handlung von
werden. Ihr Inhalt entspricht dem § 200 Abs. 1. Sie
der Beurteilung eines bürgerlichen Rechtsverhält-
wird in die Sitzungsniederschrift aufgenommen. Der
nisses ab, so entscheidet das Strafgericht auch über
Vorsitzende gibt dem Angeklagten Gelegenheit, sich
dies'"s nach den für das Verfahren und den Beweis
zu verteidigen.
in Strafsachen geltenden Vorschriften.
(2) Das Gericht ist jedoch befugt, die Unter- (3) Die Verhandlung wird unterbrochen, wenn es
suchung auszusetzen und einem der Beteiligten zur der Vorsitzende für erforderlich hält, oder wenn
Erhebung der Zivilklage eine Prist zu bestimmen der AngE,klagte es be'antragt und sein Antrag nicht
oder das Urteil des Zivilgerichts abzuwarten. offenbar mutwillig oder nur zur Verzögerung des
Verfahrens gestellt ist. Auf das Recht, die Unter•
§ 263
brechung zu beantragen, wird der Angeklagte hin-
(!) Zu einer jeden dem Angeklagten nachteiligen gewiesen.
Entscheidung, welche, die, Schuldfrage, die Bemes-
sung der Strafe, die Anordnung einer Nebenstrafe § 267
oder Nebenfolge oder die Anordnung einer Maß- (1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die
rqiel der Sicherung nnd ßcssn,rung betrifft, ist eine Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen
Mchrheil von zwei Dritteln tler Stimmen erforder- angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der
lich. strafbaren Handlung gefunden werden. Soweit der
{2) Die Schuldfrage umfaßt a11ch solche vom Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, soll~n
St rafgcselz besonders vorgesehene Umstände, auch diese Tatsachen angegeben werden.
welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern (2) Waren in der Verhandlung vom Strafgcset.z
oder erhöhen. besonders vorgesehene Umstände behauptet wor-
(3) Die Schuldfrage umfaßt nicht die Voraus- den, welche die Strafbarkeit ausschließen, ver•
setzungen des Rückfalls und der Verjährung. mindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe
§ 264 sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für fest•
(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der gestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.
Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem · (3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das
Ergebnis der Verhandlung darstellt. zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen
(2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, und die Umstände anführen, die für die Zu•
die dem Beschluß über die Eröffnung des Haupt- messung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht
verfahrens zugrunde liegt, nicht gebunden. das Strafgesetz die Anwendung einer geringeren
§ 265 Strafe von dem Vorhandensein mildernder Umstände
im allgemeinen abhängig, so müssen die Urteils-
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines
gründe die hierüber getroffene Entscheidung u-
anderen als des in dem Beschluß über die Eröffnung geben, sofern das Vorhandensein solcher Umstände
des Hauptverfahrens angeführten Strafgesetzes angenommen oder einem in der Verhandlung ge-
verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Ver- stellten Antrag entgegen verneint wird.
änderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders
hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung (4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten
gegeben worden ist. auf Rechtsmittel, so genügt die Angabe der für
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn sich erst erwiesen erachteten Tatsachen, in denen die gesetz-
in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders lichen Merkmale der strafbaren Handlung gefunde:1
vorgesehene Umstände ergeben, welche Jie Straf- werden, und des zur Anwendung gebrachten Straf-
barkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßregel gesetzes.
der Sicherung und Besserung rechtfertigen. (5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behaup- die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte· für
tung, auf die Verteidigung nicht genügend vor• nicht überführt, ode.r ob und aus welchen Gründen
bereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, die für erwiesen cngenommene Tat für nicht straf·
welche die Anwendung eines schwereren Straf- bar erachtet worden ist.
658 Bundesgesetzbldtt, Jahrgang 1950
(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, wes- 3. die Bezeichnung der strafbaren Handlung nach
halb eine Maßregel der Sicherung und Besserung der Anklage,
angeordnet oder einem in der Verhandlung gestell- 4. die Namen der Angeklagten, ihrer Verteidiger,
ten Antrag entgegen nicht angeordnet worden ist. der Privatkläger, Nebenkläger, Verletzten, die
§ 268 Ansprüche aus der Straftat geltend machen, ge-
setzlichen Vertreter, Bevollmächtigten und Bei-
(1) Das Urteil ergeht im Namen des Volkes. stände;
(2) Die Verkündung des Urteils erfolgt durch Ver- 5. die Angabe, daß öffentlich verhandelt oder die
lesung der Urteilsformel und Eröffnung der Urteils- Offentlichkeit ausgeschlossen ist.
gründe am Schluß der Verhandlung oder spätestens
am vierten Tage nach dem Schluß der Ver- § 273
handlung. Die Eröffnung der Urteilsgründe geschieht (1) Das Protokoll muß den Gang und die Ergeb-
durch Verlesung oder durch mündliche Mitteilun~ nisse der Hauptverhandlung im wesentlichen wieder-
ihres wesentlichen Inhalts. Die Verlesung der Ur- geben und die Beobachtung aller wesentlichen
teilsformel hat in jedem Falle der Mitteilung der Förmlichkeiten ersichtlich machen, auch die Be•
Urteilsgründe voranzugehen. zeichnung der verlesenen Schriftstücke sowie die
(3) War die Verkündung des Urteils ausgesetzt, im Laufe der Verhandlung gestellten Anträge, die
so sind die Urteilsgründe tunlichst vorher schrift- ergangenen Entscheidungen und die Urteilsformel
lich festzustelien. enthalten.
(4) Ist der Angeklagte bei der Verkündung an- (2) Aus der Hauptverhandlung vor dem Amts-
wesend und ist gegen das Urteil ein Rechtsmittel richter und dem Schöffengericht sind außerdem die
zulässig, so soll er über· die Einlegung des Rechts- wesentlichen Ergebnisse der Vernehmungen in das
mittels belehrt werden. Protokoll aufzunehmen.
§ 269 (3) Kommt es auf die Feststellung eines Vor-
Das Gericht darf sich nicht für unzuständig er- gangs in der Hauptverhandlung oder des Wortlauts
klären, weil die Sache vor ein Gericht niederer Ord- einer Aussage oder einer Äußerung an, so hat der
nung gehöre. Vorsitzende die vollständige Niederschreibung und
§ 270 Verlesung anzuordnen. fo dem Protokoll ist zu ver-
(1) Hält ein Gericht nach dem Ergebnis der Haupt- merken, daß die Verlesung geschehen und die Ge-
verhandlung die sachliche Zuständigkeit eines Ge- nehmigung erfolgt ist, oder welche Einwendungen
richts höherer Ordnung für begründet, so verweist erhoben worden sind.
es die Sache durch Beschluß an das zuständige Ge- § 274
richt. Die Beobachtung der für die Hauptverhandlung
(2) In dem Beschluß werden die Tat, die dem An- vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch
geklagten zur Last gelegt wird, die strafbare Hand- das Protokoll bewiesen werden. Gegen den diese
lung, die sie darstellt, und die anzuwendendei1 Förmlichkeiten betreffenden Inhalt des Protokolls
Strafgesetze angeführt. ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(3) Der Beschluß hat· die Wirkung eines das
Hauptverfahren eröffnenden Beschlusses und muß § 275
den Erfordernissen eines solchen entsprechen. Seine (1) Das Urteil mit den Gründen ist binnel'I einer
Anfechtbarkeit bestimmt sich nach der Vorschrift Woche nach der Verkündung zu den Akten zu
des § 210. bringen, falls es nicht bereits vollständig in das
(4) Ist der Verweisungsbeschluß von einem Amts- Protokoll aufgenommen worden ist.
richter oder einem Schöffengericht ergangen, so (2) Es ist von den Richtern, die bei der Ent-
kann der Angeklagte, falls nicht eine Vorunter- scheidung mitgewirkt haben, zu unterschreiben. Ist
suchung stattgefunden hat, innerhalb• einer bei der ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizu-
Bekanntmachung des Beschlusses zu bestimmender1 fügen, so wird dies unter der Angabe des Ver-
Frist die Vornahme einzelner Beweiserhebungen hinderungsgrundes von dem Vorsitzenden und bei
vor der Hauptverhandlung beantragen. Uber den dessen Verhinderung von dem ältesten beisitzenden
Antrag entscheidet der Vorsitzende des Gericht'>, Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift
an das die Sache verwiesen worden ist. dn Schöffen und der Geschworenen bedarf es nicht.
§ 271 (3) Die Bezeichnung des Tages der Sitzung sowie
(1) Uber die Hauptverhandlung ist ein Protokoll die Namen der Richter, der Geschworenen, der
aufzunehmen und von dem Vorsitzenden und dem Ur- Schöffen, des Beamten der Staatsanwaltschaft und
kundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben. des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, die an der
(2) Ist der Vorsitzende verhindert, so unterschreibt Sitzung teilgenommen haben, sind in das Urteil auf-
für ihn der älteste beisitzende Richter. Ist der \' or- zunehmen.
sitzende das einzige richterliche Mitglied des Ge- (4) Die Ausfertigungen und Auszüge der Urteile
richts, so genügt bei seiner Verhinderung die Unter- sind von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle
schrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle. zu unterschreiben und mit dem Gerichtssiegel zu
§ 272 versehen.
Das Protokoll über die.Hauptverhandlung enthält: Siebenter Abschnitt
1. den Ort und den Tag der Verhandlung; Verfahren gegen Abwesende
2. die Namen der Richter, Geschworenen und
Schöffen, des Beamten der Staatsanwaltschaft, § 276
des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle und (1) Ein Beschuldigter gilt als abwesend, wenn
des zugezogenen Dolmetschers; sein Aufenthalt unbekannt ist oder wenn er sich
Nr. 40 - T;ig der Ausgabe: Bonn, den 20. September 19.50 659
im Ausland aulhillt und seine Gestellung vor das § 281
zuständige Gericht nicht ausführbar oder nicht Angehörige des Angeklagten sind, auch ohne
angemessen erscheint. Vollmacht, als Vertreter zuzulassen.
(2) Für das V erfahren gelten die allgemeinen
§ 282
Vorschriften, soweit ihnen nicht die Abwesenheit
des Beschuldigten entgegensteht oder in den fol- Ergibt die Hauptverhandlung, daß sich in Ab-
genden Vorsehrillen anderes bestimmt ist. wesenheit des Angeklagten weder seine Schuld
noch seine Nichtschuld feststellen läßt, so stellt
§ 277 das Gericht das Verfahren vorläufig ein. Der Be-
(1) Gegen einen Abwesenden findet eine Haupt- schluß ist nicht anfechtbar.
verhandlung nur auf Antrag der Staatsanwaltschaft § 282 a
statt.
(2) Die Staatsanwaltschaft darf den Antrag nur (1) Das Urteil ist als_Abwesenheitsurteil zu kenn-
stellen, wenn die den Gegenstand der Untersuchung zeichnen und nach § 40 Abs. 2 zuzustellen. Die in
§ 316 Abs. 2 und § 343 Abs. 2 vorgeschriebenen
bildende Tat nur mit Haft, Geldstrafe oder Einzie-
hung, allein oclcr in Verbindung miteinander, be- Zustellungen erfolgen an den Verteidiger.
droht ist. (2) Das Urteil ist zu vollstreckep, soweit es mög-
lich ist. Die Staatsanwaltschaft kann das Urteil
(3) Jst den Umstünden nach anzunehmen, daß
öffentlich bekanntmachen,
sich der Beschuldigte im Ausland aufhält, so soll
die Staatsanwaltschaft den Antrag nur stellen, wenn § 282 b
mit einer alsbaldigen Gestellung des Abwesenden Die im § 281 bezeichneten Personen können von
nicht gerechnet werden kann, oder seine Anslicfe- den dem Beschuldigten zustehenden Rechtsmitteln
rnng nicht möglich ist oder auf Schwierigkeiten Gebrauch machen.
s1 ößt. Ist anzunehmen, daß er sich im Inland vc>r- § 282 C
borgen hält, so soll sie den Antrag nur stellen, (1) Wird der Verurteilte ergriffen oder stellt er
wenn die Ermittlungen nach dem Aufenthalt des sich freiwillig, so ist ihm das Abwesenheitsurteil
Abwesenden ergebnislos geblieben sind. erneut zuzustellen. Bei der Zustellung ist er über
(4) Gegen einen abwesenden Ausländer soll der die Form und die _Frist für die Wiederaufnahme
Antrag nicht gestellt werden. ,les Verfahrens (Abs. 2) zu belehren.
§ 278 [2) Binnen einer Woche seit der Zustellung kann
(weggefallen) der Verurteilte, auch wenn die im § 359 vorgese-
henen Gründe für die Wiederaufnahme des Ver-
§ 279 fahrens nicht vorliegen, die Wiederaufnahme des
(1) Der Abwesende wird zur Hauptverhandlung Verfahrens beantrngen. Sie findet statt, wenn der
öffentlich geladen. Einer Zu,,ellung der Anklage- Abwesende sein Ausbleiben durch triftige Gründe
schrift und des Eröffnungsbeschlusses hedart es rechtfertigt oder wenn sonstige Umstände vor-
nicht. liegen, die eine Erneuerung der Hauptverhandlung
(2) In der Ladung sollen angegeben werden: als notwendig erscheinen lassen.
l. der Name und, soweit bekannt, der Rufname, (3) Im übrigen gelten für das Verfahren die all-
der Beruf, der frühere Wohn- oder Aufent- gemeinen Vorschriften.
haltsort und der Geburtsort des Abwesenden; § 283
2. die Straftat, die ihm zur Last gelegt wird, mit Soweit es nach dem Ermessen des Richters zur
ihren gesetzlichen Merkmalen sowie der Ort
Deckung der den Angeschuldigten möglicherweise
und die Zeit der Begehung; treffenden höchsten Geldstrafe und der Kosten des
3. die anwendbaren Strafvorschriften;
Verfahrens erforderlich ist, können einzelne zum
4. Ort und Zeit der l!iluptverhandlung.
Vermögen des Angeschuld ,gkn gehörende Gegen-
(3) In der Ladung ist der Abwesende darauf
stände mit Beschlag beleJ t werden. Für diese Be-
hinzuweisen, daß die Hauptverhandlung auch bei
schlagnahme gelten die Vorschriften der Zivil-
seinem Ausbleiben stattfinden wird und das Urteil
prozeßordnung über die Vollziehung und die
vollstreckbar ist.
Wirkungen des dinglichen Arrestes entsprechend.
§ 280
Die Beschlagnahme ist aufzuheben, wenn ihr
(1) Die Ladung ist in mindestens, einem öffent-
Grund weggefallen ist.
lichen Blatt, dessen Auswahl die Staatsanwaltschaft
trifft, bekanntzumachen. Sie gilt als erfolgt, wenn § 284
seit dem Erscheinen des Blattes, in dem die erste (1) Soweit eine Deckung durch eine Beschlag-
Bekanntmachung erfolgt ist, zwei Wochen ver- nahme gemäß § 283 nicht ausführbar erscheint,
flossen sind. kann durch Beschluß rles Gerichts das im Gelt,mgs-
(2) Eine beglaubigte Abschrift der Ladung soll bereich dieses Bundesgesetzes befindliche Ver-
zwei Wochen an die Gerichtstafel d<'s Gerichts mögen des Angeschuldigten mit Beschlag belegt
des ersten Rechtszuges angeheftet werden. werden. Der Beschluß ist durch den Bundes-
(3) Ist der Aufenthalt des Abwesenden, seiner anzeiger und nach ErmPssen des Gerichts auch
Angehörigen oder anderer ihm nahestehender Per- durch andere Blätter zu veröffentlichen.
sonen bekannt, so soll ihnen die Ladung unter (2) Verfügungen, die der Angeschuldigte über
Beifügung der Anklageschrift mit.geteilt werden. sein mit Beschlag belegtes Vermögen nach der
(4) Die Staatsanwaltschaft kann auch weitere ersten durch den Bundesanzeiger bewirkten Ver-
Maßnahmen treffen, um die Ladung zur Kenntnis öffentlichung des Beschlusses vornimmt, sind der
des Abwesenden zu bringen. Staatskasse gegenüber nichtig.
660 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 18'.iü
(J) Die Beschlagnahme des Vermögens ist auf· § 293
zuheben, sobald ihr Grur1d weggefallen oder die Dek- (1) Die Beschlagnahme ist aufzuheben, wenn ihre
kung der Staatskasse durch eine Beschlagnahme ge- Gründe weggefallen sind.
mäß § 283 bewirkt ist.
(2) Die Aufhebung der Beschlagnahme ist durch
(4) Die Aufhebung der Beschlagnahme ist durch dieselben Blätter bekanntzumachen, durch welche
dieselben Blätter bekanntzumachen, durch welche die Beschlagnahme selbst veröffentlicht worden war.
die Beschlagnahme veröffentlicht worden ist.
§ 294
§ 285 (1) Für das nach Erhebung der öffentlichen Klage
(1) In anderen als den in § 277 bezeichneten eintretende Verfahren gelten im übrigen die Vor•
Fällen findet gegen einen Abwesenden eine Haupt- schriften über die Voruntersuchung entsprechend.
verhandlung nicht statt. Das gegen den Abwesen- (2) In dem nach Beend.igung dieses Verfahrens er-
den eingeleitete Verfahren hat die Aufgabe, für gehenden Beschluß (§ 198) ist zugleich über die
den Fall seiner künftigen Gestellung die Beweise Fortdauer oder Aufhebung der Beschlagnahme zu
zu sichern. entscheiden.
(2) Für dieses Verfahren gelten die Vorschriften
§ 295
der §§ 286 bis 294. (1) Das Gericht kann einem abwesenden Beschul·
digten sicheres Geleit erteilen; es kann diese Er-
§ 286
teilung an Bedingungen knüpfen.
(1) Für den Angeklagten kann ein Verteidiger auf- (2) Das sichere Geleit gewährt Befreiung von der
treten. Auch Angehörige des Angeklagten sind, Untersuchungshaft, jedoch nur wegen der straf•
auch ohne Vollmacht, als Vertreter zuzulassen. baren Handlung, für die es erteilt ist.
(2) Zeugen sind, soweit nicht Ausnahmen vor- (3) Es erlischt, wenn ein auf Freiheitsstrafe lau-
geschrieben oder zugelassen sind, eidlich zu ver- tendes Urteil ergeht, oder wenn der Beschuldigte
nehmen. Anstalten zur Flucht trifft, oder wenn er die Be•
§ 287
dingungen nicht erfüllt, unter denen ihm das sichere
(1) Dem abwesenden Beschuldigten steht ein An- Geleit erteilt worden 'ist.
spruch auf Benachrichtigung über den Fortgang des
Verfahrens nicht zu. Drittes Buch
(2) Der Richter ist jedoch befugt, einem Abwesen- Rechtsmittel
den, dessen Aufenthalt bekannt ist, Benachrich·
tigungen zugehen zu lassen. Erster Abschnitt
Allgemeine Vorschriften
§ 288
Der Abwesende, dessen Aufenthalt unbekannt § 296
ist, kann in einem oder mehreren öffentlichen Blät- (l) Die zulässigen Rechtsmittel gegen gerichtliche
tern zum Erscheinen vor Gericht oder zur Anzeige Entscheidungen stehen sowohl der Staatsanwalt•
seines Aufenthaltsortes aufgefordert werden. schaft als dem Beschuldigten zu.
(2) Die Staatsanwaltschaft kann von ihnen auch
§ 289 zugunsten des Beschuldigten Gebrauch machen.
Stellt sich erst nach Eröffnung des Hauptver-
fahrens die Abwesenheit des Angeklagten heraus, § 297
so erfolgen die noch erforderlichen Beweisaufnah- Für den Beschuldi.9ten kann der Verteidiger, je-
men durch einen beauftragten oder ersuchten doch nicht gegen dessen ausdrücklichen Willen,
Richter. Rechtsmittel einlegen.
§ 290. § 298
Liegen gegen den Abwesenden, gegen den die (1) Der gesetzliche Vertreter eines Beschuldigten
öffentliche Klage erhoben ist, Verdachtsgründe vor, kann binnen der für den Beschuldigten laufenden
die den Erlaß eines Haftbefehls rechtfertigen Frist selbständig von den zulässigen Rechtsmitteln
würden, so kann sein im Geltungsbereich dieses Gebrauch machen.
Bundesgesetzes befindliches Vermögen durch Be- (2) Auf ein solches Rechtsmittel und auf das
schluß des Gerichts mit Beschlag belegt werden. Verfahren sind die für die Rechtsmittel des Be-
§ 291 schuldigten geltenden Vorschriften · entsprechend
Der die Beschlagnahme verhängende Beschluß ist anzuwenden.
durch den Bundesanzeiger bekanntzumachen und § 299
kann nach dem Ermessen des Gerichts auch durch (1) Der nicht auf freiem Fuß befindliche Beschul-
andere Blätter veröffentlicht werden. digte kann die Erklärungen, die sich auf Rechts-
mittel beziehen, zu Protokoll der Geschäftsstelle des
§ 292 Amtsgerichts geben, in dessen Bezirk die Anstalt
(1) Mit dem Zeitpunkt der ersten Bekanntmachung liegt, wo er auf behördliche Anordnung verwahrt
im Bundesanzeiger verliert der Angeschuldigte das wird.
Recht, über das in Beschlag genommene Vermögen
(2) Zur Vvahrung einet Frist genügt es, wenn inner-
unter Lebenden zu verfügen.
halb der Frist das Protokoll aufgenommen wirc'.
(2) Der die Beschlagnahme verhängende Beschluß
ist der Behörde mitzuteilen, die für die Einleitung § 300
einer Pflegschaft über Abwesende zuständig ist. Ein Irrtum in der Bezeichnung des zulässigen
Diese Behörde hat eine Pflegschaft emzuleiten. Rechtsmittels ist unschädlich.
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 661
§ 301 § 307
Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte (1) Durch Einlegung der Beschwerde wird der
Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Vollzug der angefochtenen Entscheidung nicht ge•
Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten ab· hemmt.
geändert oder aufgehoben werden kann. (2) Jedoch kann das Gericht, der Vorsitzende oder
§ 302
der Richter, dessen Entscheidung angefochten wird,
sowie auch das Beschwcrdeger.cht anordnen, daß
11) Die Z Jriicknahme eines Rechtsmittels sowie
die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung
r\er Verzicht <>ccl die Einlegung eines Rechtsmittels
auszusetzen ist.
kann auch vo, .· ,,l,mf der Frist zu seiner Einlegung § 308
wirksam crfol1,.•,:. F.iu von der Staatsanwaltschaft
zugunsten des Besr , 1d1gtcn eingelegtes Rechtsmittel Das Beschwerdegericlit kann dem Gegner des Be-
kann jedoch ohne clr'-.SC'I' Z11slimm11ng nicht zurück- schwerdeführers die Beschwe~de zur schriftlichen
genommen werden Gegenerklärung mitteilen; es kann etwa erforder•
(2) Der Verteidig<'r '••·<ic11 ! ,, /::rcicknahme einer liche Ermittlungen anordnen oder selbst vornehmen.
ausdrücklichen Erm äc 111 ·igung. § 309
§ 303 (!) Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht
Wenn die Entscheidung über das Rc•ch,srui'(') auf ohne mündliche Verhandlung, in geeigneten Fällen
Grund mündlicher Verhandlung stattzufinden hat, nncb Anhörung der Staatsanwaltschaft.
so kann die Zurücknnhme nach Beginn der Haupt- 12) Wird die Beschwerde für begründet erachtet,
verhandlung nur mit z,;stimmung des Gegners er- so crHißt das Beschwerd,,gericht zugleich die in der
folgen, Sache erforderliche Entscheidung.
Zweiter Abschnitt § 310
Beschwerde (1) Beschlüsse, die von dem Landgericht auf die
§ 304
Beschwerde hin erlassen worden sind, können, so•
fern sie Verhaftungen oder die einstweilige Unter•
(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerich-
bringung betreffen, durch weitere Beschwerde an•
ten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren
gefochten werden.
erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen
(2) Im übrigen findet eine weitere Anfechtung der
des Vorsitzenden, des Untersuchungsrichters, des
Amtsrichters und eines beauftragten oder ersnchten auf eine Beschwerde ergangenen Entscheidungen
Richters zulässig, soweit das Gesetz sie nicht aus- nicht staf.t
§ 311
drücklich einer Anfechtung entzieht.
(2) Auch Zeugen. Sachvustänclige und andere (1) Für die fäll<' der sofortigen Beschwerde gelten
Personen können gegen Beschlüsse und Verfügun- die nachfolg2nclen besonderen Vorschriften.
gen, durch die sie betroffen werden. fleschw<>rde er- (2) Die Beschwerde ist binnen einer Woche ein•
heben. zu1egeri; die Frist beginnt mit der Bekanntmachung
(3) Gegen Beschlüsse und Vcrfiigur,gen der Ober- 1§ 35) der E;itsrh0idung. Die Einlegung bei dem Be•
landesgerichte und des Bundesgerichtshofes ist srhwerdegericht genügt zur Wahrung der Frist,
keine Beschwerde zulässig. auch wenn der Fall nicht lü'. dringlich erachtet wird.
(3) Das Gericht ist zu einer Abänderung seiner
§ 305
durch Beschwerde angefochtenen Entscheidung nicht
Entscheidungen der erkennenden Gerichte, die der befugt.
Urteilsfällung vorausgehen, unterliegen nicht der
Beschwerde. Ausgenommen sind Entscheidungen Dritter Abschnitt
über Verhaftungen, die einstweilige Unterbringung,
Berufung
Beschlagnahmen oder Straffestsetzungen sowie alle
Entscheidungen, durch die dritte Personen betroffen § 312
werden. Gegen die Urteile des Amtsrichters und des
§ 306 Schöffengerichts ist Berufung zulässig.
(1) Die Beschwerde wird bei dem Gericht, von dem
oder von dessen Vorsitzenden die angefochtene § 313
Entscheidung erlassen ist, zu Protokoll der Geschäfts- Ein Urteil des Amtsrichters kann nicht mit
stelle oder schriftlich eingelegt. Sie kann in drin- Berufung angefochten werden, wenn es ausschließ•
genden Fällen auch bei dem Beschwerdegericht ein- lieh Ubertretungen zum Gegenstand hat und der
gelegt werden. Angeklagte entweder freigesptochen oder aus-
(2) Erachtet das Gericht oder der Vorsitzende, schließlich zu Geldstrafe verurteilt worden ist.
dessen Entscheidung angefochten wird, die Be-
§ 314
schwerde für begründet, so haben sie ihr abzuhel-
fen; andernfalls ist die Beschwerde sofort, späte- ( 1) Die Berufung muß bei dem Gericht des ersten
stens vor Ablauf von drei Tagen, dem Beschwerde- Rechtszuges binnen einer Woche nach Verkündung
gericht vorzulegen. des Urteils zu Protokoll der Geschäftsstelle oder
(3) Diese Vorschriften gelten auch für die Ent- schriftlich eingelegt werden.
scheidungen des Amtsrichters im Vorverfahren, des (2) Hat die Verkündung des Urteils nicht in An•
beauftragten oder ersuchten Richters und des Unter- wesenheit des Angeklagten statt.gefunden, so be·
suchungsrichters. ginnt für diesen die Frist mit der Zustellung.
662 Bnndesgesclzblatt, Jahrgang 195()
§ 315 § 322
(!) Der Beginn der Frist zur Einlegung der Be· (1) Erachtet das Berufungsgericht die Vorsehril-
rufung wird dadurch nichl ausgeschlossen, daß len über die Einlegung der Berufung nicht für beob-
gegen ein auf Ausbleiben des Angeklagten crgange· achtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß
nes Urteil eine Wiedereinsetzung in den vorigen als unzulässig verwerfen. Andernfalls entscheidet
Stand nachgesucht werden kann. es darüber durch Urteil.
(2) Stellt der Angeklagte ein Gesuch um Wieder-
(2) Der Beschluß kann mit sofortiger Beschwerde
einsetzung in den vorigen Stand, so wird die Be· angefochten werden.
rufung dadurch gewahrt, daß sie sofort für den Fall § 323
der Verwerfung jenes Gesuchs rechtzeitig eingelegt (1) Für die Vorbereitl!ng der Hauptverhandlung
wird. Die weitere Verfügung in bezug auf die Be- gelten die Vorschriften der §§ 214, 216 bis 225. In
rufung bleibt dann bis zur Erledigung des Gesuchs der Ladung ist der Angeklagte auf die Folgen des
um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus· Ausbleibens ausdrücklich hinzuweisen.
gesetzt. (2) Die Ladung der im ersten Re<;htszug vernom-
(3) Die Einlegung der Berufung ohne Verbindung menen Zeugen und Sachverständigen kann nur
mit dem Gesuch um Wiodereinsetzung in den vori- dann unterbleiben, wenn ihre wiederholte Ver-
gen Stand gilt als Verzicht auf die letztere. nehmung zur Aufklärung der Sache nicht erforder·
lieh erscheint.
§ 316 (3) Neue Beweismittel sind zulässig.
(1) Durch rechtzeitige Einlegung der Berufung (4) Bei der Auswahl der zu ladenden Zeugen und
wird die Rechtskraft des Urteils, soweit es ange· Sachverständ,gen ist auf die von dem Angeklagten
fechten ist, gehemmt. zur Rechtfertigung per Berufung benannten Per·
(2) Dem Beschwerdeführer, dem das Urteil mit sonen Rücksicht zu nehmen.
den Gründen noch nicht zugestellt war, ist es nach § 324
Einlegung der Berufung sofort zuzustelkn. (1) Nachdem die Hauptverhandlung nach Vor·
§ 317 schrift des § 243 Abs. 1 begonnen hat, hält ein
Berichterstatter in Abwesenheit der Zeugen einen
Die Berufung kann binnen einer weiteren Woche Vortrag über die Ergebnisse des bisherigen Ver-
,rnch Ablanf der I'rist zur Einlegung des Rechts· fahrens. Das Urteil des ersten Rechtszuges ist stets
mittels oder, wenn zu dieser Zeit das Urteil noch zu verlesen.
nicht zugestellt war, nach dessen Zustellung b2i (2) Sodann erfolgt die Vernehmung des Ange-
dem Gericht des ersten Rechtszuges zu Protokoll der
klagten und die Beweisaufnahme.
Geschäftsstelle oder in einer Bes eh werdeschrift ge·
rechtfertigt werden. § 325
§ 318 Bei der Berichterstattung und der Beweisauf-
Die Berufung kann auf bestimmte Beschwerde· nahme können Schriftstücke verlesen werden; Proto•
punkte beschränkt werden. Ist dies nicht geschehen kolle über Aussagen der in der Hauptverhandlung
oder eine Rechtfertigung überhaupt nicht erfolgt, des ersten Rechtszuges vernommenen Zeugen und
so gilt der ganze Inhalt des Urteils als angefochten. Sachverständigen dürfen, abgesehen von den Fällen
der §§ 251 und 253, ohne die Zustimmung der Staats-
§ 319 anwaltschaft und des Angeklagten nicht verlesen
(1) Ist die Berufung verspätet eingelegt, so hat werden, wenn die wiederholte Vorladung der Zeu·
das Gericht des ersten Rechtszuges das Rechtsmittel gen oder Sachverständigen erfolgt ist oder von dem
als unzulässig zu verwerfen. Angeklagten rechtzeitig vor der Hauptverhandlung
(2) Der Beschwerdeführer kann binnen einer beantragt worden war.
Woche nach Zustellung des Beschlusses auf die § 326
Entscheidung des Berufungsgerichts antragen. In Nach dem Schluß der Beweisaufnahme werden
diesem Falle sind die Akten an das Berufungs· die Staatsanwaltschaft sowie der Angeklagte und
gericht einzusenden; die Vollstreckung des Urteils sein Verteidiger mit ihren Ausführungen u.nd An·
wird jedoch hierdurch nicht gehemml. trägen, und zwar der Beschwerdeführer zuerst, ge-
hört. Dem Angeklagten gebührt das letzte Wort.
§ 320
§ 327
Ist die Berufung rechtzeitig eingelegt, so hat nach
Ablauf der Frist zur Rechtfertigung die Geschäfts· Der Prüfung des Gerichts unterliegt das Urteil
stelle ohne Rücksicht darauf, ob eine Rechtfertigung nur, soweit es angefochten ist.
stattgefunden hat oder nicht, die Akten der Staats· § 328
anwaltschaft vorzulegen. Diese stellt, wenn die Be· (1) Soweit die Berufung für begc ündet befunden
rufung von ihr eingelegt ist, dem Angeklagten die wird, hat das Berufungsgericht untN Aufhebung
Schriftstücke über Einlegung und Rechtfertigung des Urteils in der Sache selbst zu erkennen.
der Berufung zu. (2) Leidet das Urteil an einem Mangel, der die
§ 321 Revision wegen Verletzung einer Rechtsnorm über
das Verfahren begründen würde, so kann das Be-
Die Staatsanwaltschaft übersendet die Akten an rufungsgericht unter Aufhebung des Urteils die
die Staatsanwaltschaft bei dem Berufungsgericht. Sache, wenn die Umstände des Falles es fordern,
Diese übergibt die Akten binnen einer Woche dem zur Entscheidung an das Gericht des ersten Rechts·
Vorsitzenden des Gerichts. zuges zurückverweisen.
Nr. 40 -- Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 663
(3) Hat das Gericht des ersten Rechtszuges mit verworfen ist, die Revision als Berufung behandelt.
Unrecht seine Zuständigkeit angenommen, so hat Die Revisionsanträge und deren Begründung sind
das Berufungsgericht unter Aufhebung des Urteils gleichwohl in der vorgeschriebenen Form und Frist
die Sache an das zustiindige Gericht zu verweisen. anzubringen und dem Gegner zuzustellen (§§ 344 bis
347). Gegen das Berufungsurteil ist Revision nach
§ 329
den allgemein geltenden Vorschriften zulässig.
(1) Ist bei dem Beginn der Hauptverhandlung
weder der Angeklagte noch in den Fällen, in § 336
denen dies zulässig ist, ein Vertreter des An- Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegen
geklagten erschienen und das Ausbleiben nicht auch die Entscheidungen, die dem Urteil voraus-
genügend entschuldigt, so ist, soweit der An- gegangen sind, sofern es auf ihnen beruht.
geklagte die Berufung eingelegt hat, diese sofort
.§ 337
zu verwerfen; soweit die Staatsanwaltschaft die
(1) Die Revision kann nur darauf gestützt wer-
Berufung eingelegt hat, ist über diese zu verhan-
den, daß das Urteil auf einer Verletzung des Ge-
deln oder die Vorführung oder Verhaftung des An-
geklagten anzuordnen. - setzes beruhe.
(2) Das Gesetz ist verletzt, w.enn eine Rechts-
(2) Der Angeklagte kann binnen einer Woche norm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
nach der Zustellung des Urteils die Wiederein-
setzung in den vorigen Stand unter den in den § 338
§§ 44 und 45 bezeichneten Voraussetzungen bean- Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des
spruchen. Gesetzes beruhend anzusehen:
§ 330 1. wenn das erkennende Gericht nicht vorschrifts-
mäßig besetzt war;
Ist von dem gesetzlichen Vertreter die Berufung
2. wenn bei dem Urteil ein Richter, Geschwo-
eingelegt worden, so hat das Gericht auch den An-
rener oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der
geklagten zu der Hauptverhandlung vorzuladen und
Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes aus-
kann ihn bei seinem Ausblei.ben zwangsweise vor-
geschlossen war;
führen lassen.
3. wenn bei dem ·Urteil ein Richter, Geschwore-
§ 331 ner oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er
(1) Das Urteil darf in Art und Höhe der Strafe nicht wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt
zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, war und das Ablehnungsgesuch entweder für
wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten begründet erklärt war oder mit Unrecht ver-
die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Ver- worfen worden ist;
treter Berufung eingelegt hat. 4. wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Un-
recht angenommen hat;
(2) Diese Vorschrift steht der Anordnung der 5. wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit
Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt, der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren
einer Trinkerheilanstalt oder einer Entziehungs- Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefun-
anstalt nicht entgegen. den hat;
§ 332 6. wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen
Im übrigen gelten die im sechsten Abschnitt des Verhandlung ergangen ist, bei der die Vor-
zweiten Buchs über die Hauptverhandlung ge- schriften über die Offentlichkeit des Verfah-
gebenen Vorschriften. rens verletzt sind;
7. wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe
Vierter Abschnitt enthält;
Revision 8. wenn die Verteidigung in einem für die Ent-
§ 333 scheidung wesentlichen Punkt durch einen
Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt
Gegen die Urteile der Strafkammern und der worden ist.
Schwurgerichte ist Revision zulässig. § 339
§ 334 Die Verletzung von Rechtsnormen, die lediglich
Gegen die Urteile des Amtsrichters ist Revi- zugunsten des Angeklagten gegeben sind, kann
sion insoweit zulässig, als nach § 313 die Berufung von der Staatsanwaltschaft nicht zu dem Zweck
ausgeschlossen ist. geltend gemacht werden, um eine Aufhebung des
§ 335 Urteils zum Nachteil des Angeklagten herbeizu-
(1) Ein Urteil, gegen das Berufung zulässig ist, führen.
§ 340
kann statt mit Berufung mit Revision angefochten
werden. (weggefallen)
§ 341
(2) Uber die Revision entscheidet das Gericht,
das zur Entscheidung berufen wäre, wenn die Revi- (!) Die Revision muß bei dem Gericht, dessen
sion nach durchgeführter Berufung eingelegt wor- Urteil angefochten wird. hinnen einer Woche nach
den wäre. Verkündung des Urteils zu Protokoll der Geschäfts-
stelle oder schriftlich eingelegt werden.
(3) Legt gegen pas Urteil ein Beteiligter Revision (2) Hat die Verkündung des Urteils nicht in An-
und ein anderer Berufung ein, so wird, solange die wesenheit des Angeklagten stattgefunden, so be-
Berufung nicht zurückgenommen oder als unzulässig ginmt für diesen die Frist mit der Zustellung.
664 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
§ 342 schriftliche Gegenerklärung einzureichen. Der An-
(1) Der Beginn der Frist zur Einlegung der Revi- geklagte kann letztere auch zu Protokoll der Ge-
sion wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß gegen schäftsstelle abgeben.
ein auf Ausbleiben des Angeklagten ergangenes (2) Nach Eingang der Gegenerklärung oder nach
Urteil eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Ablauf der Frist sendet die Staatsanwaltschaft die
nachgesucht werden kann. Akten an das Revisionsgericht.
(2) Stellt der Angeklagte ein Gesuch um Wieder-
einsetzung in den vorigen Stand, so wird die Revi- § 348
sion dadurch gewahrt, daß sie sofort für den Fall (1) Findet das Gericht, an das die Akten gesandt
der Verwerfung jenes Gesuchs rechtzeitig eingelegt sind, daß die Verhandlung und Entscheidung über
und begründet wird. Die weitere Verfügung in be- das Rechtsmittel zur Zu_ständigkeit eines anderen
zug auf die Revision bleibt dann bis zur Erledigung Gerichts gehört, so hat es durch Beschluß seine
des Gesuchs um Wiedereinsetzung in den vorigen Unzuständigkeit auszusprechen.
Stand ausgesetzt. (2) Dieser Beschluß, in dem das zuständige Re-
(3) Die Einlegung der Revision ohne Verbindung visionsgericht zu bezeichnen ist, unterliegt keiner
mit dem Gesuch um Wiedereinsetzung in den Anfechtung und ist für das in ihm bezeichnete Ge-
vorigen Stand gilt als Verzicht auf die letztere. richt bindend.
§ 343 (3) Die Abgabe der Akten erfolgt durch die Staats-
(1) Durch rechtzeitige Einlegung der Revision wird anwaltschaft.
die Rechtskraft des Urteils, soweit es angefochten § 349
ist, gehemmt. (1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften
(2) Dem Beschwerdeführer, dem das Urteil mit über die Einlegung der Revision oder die über die
den Gründen noch nicht zugestellt war, ist es nach Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobach-
Einlegung der Revision zuzustellen. tet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als
§ 344 unzulässig verwerfen.
(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung ab- (2) Das gleiche ist der Fall, wenn das Revisions-
zugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und des- gericht die Revision einstimmig für offensichtlich
sen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und unbegründet erachtet.
die Anträge zu begründen. (3) Andernfalls wird über das Rechtsmittel durch
(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil entschieden.
Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das § 350
Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen (1) Der Angeklagte oder auf dessen Verlangen der
Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen Verteidiger ist von dem Tag der Hauptverhand-
die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben lung zu benachrichtigen. Der Angeklagte kann in
werden. dieser erscheinen oder sich durch einen mit schrift-
§ 345 licher Vollmacht versehenen Verteidiger vertreten
(1) Die Revisionsanträge und deren Begründung lassen.
sind spätestens binnen zwei weiteren Wochen nach (2) Der nicht auf freiem Fuß befindliche Ange-
Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels klagte hat keinen Anspruch auf Anwesenheit.
oder, wenn zu dieser Zeit das Urteil noch nicht zu-
gestellt war, nach dessen Zustellung bei dem Ge- § 351
richt, dessen Urteil angefochten wird, anzubringen. (1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Vor•
(2) Seitens des Angeklagten kann dies nur in einer trag eines Berichterstatters.
von dem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt (2) Hierauf werden die Staatsanwaltschaft sowie
unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Ge- der Angeklagte und sein Verteidiger mit ihren
schäftsstelle geschehen. Ausführungen und Anträgen, und zwar der Be-
§ 346
schwerdeführer zuerst, gehört. Dem Angeklagten
gebührt das letzte Wort.
(1) Ist die Revision verspätet eingelegt, oder sind
die Revisionsanträge nicht rechtzeitig oder nicht in § 352
der im § 345 Abs. 2 vorgeschriebenen Form an- (1) Der Prüfung des Revisionsgerichts unterliegen
gebracht worden, so hat das Gericht, dessen Urteil nur die gestellten Revisionsanträge und, soweit die
angefochten wird, das Rechtsmittel durch Beschluß Revision auf Mängel des Verfahrens gestützt wird,
als unzulässig zu verwerfen. nur die Tatsachen, die bei Anbringung der Re-
(2) Der Beschwerdeführer kann binnen einer visionsanträge bezeichnet worden sind.
Woche nach Zustellung des Beschlusses auf die (2) Eine weitere Begründung der Revisionsan-
Entscheidung des Revisionsgerichts antragen. In träge als die im § 344 Abs. 2 vorgeschriebene ist
diesem Falle sind die Akten an das Revisions- nicht erforderlich und, wenn sie unrichtig ist, un-
gericht einzusenden; die Vollstreckung des Urteils schädlich.
· wird jedoch hierdurch nicht gehemmt. § 353
§ 347 (1) Soweit die Revision für begründet erachtet
(!) Ist die Revision rechtzeitig eingelegt und sind wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.
die Revisio11santräge rechtzeitig und in der vorge- (2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde
schriebenen Form angebracht, so ist die Revisions- liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie
schrift dem Gegner des Beschwerdeführers zuzu- durch die Gesetzesverletzung betroffen werden,
stellen. Diesem steht frei, binnen einer Woche eine wegen deren das Urteil aufgehoben wird,
Nr. 40 -- Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 665
§ 354 Vorschrift steht der Anordnung der Unterbringung
in einer Heil- oder Pflegeanstalt, einer Trinkerheil-
(!) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen anstalt oder einer Entziehungsanstalt nicht ent-
Gesctzesverlelzung bei Anwendung des Gesetzes gegen.
auf die dem Urteil zu9runde liegenden Feststellun-
gen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst Viertes Buch
zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche
Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Ein- Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil
stellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu abgeschlossenen Verfahrens
erkennen ist, oder das Revisionsgericht in Uberein-
§ 359
stimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft
die gesetzlich niedrigste Strafe für angemessen er- Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges
achtet. Urteil abgeschlossenen Verfahrens zugunsten des
Verurteilten ist zulässig:
(2) In anderen Fällen ist die Sache zur ander- 1. wenn eine in der Hauptverhandlung zu seinen
weiten Verhandlung und Entscheidung an das Ge- Ungunsten als echt vorgebrachte Urkunde un-
richt, dessen Urteil aufgehoben wird, zurückzuver- echt oder verfälscht war;
weisen. Die Sache kann auch an ein zu demselben
2. wenn der Zeuge oder Sachverständige sich
Land gehörendes benachbartes Gericht gleicher
bei einem zuungunsten des Verurteilten ab-
Ordnung oder, wenn dies nicht möglich ist, an eine
gelegten Zeugnis oder abgegebenen Gutachten
andere Kammer des Gerichts, dessen Urteil auf-
einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung
gehoben wird, zurückverwiesen werden. der Eidespflicht oder einer vorsätzlichen fal-
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht schen uneidlichen Aussage schuldig gemacht
niederer Ordnung erfolgen, wenn die' noch in Frage hat;
kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständig- 3. wenn bei dem Urteil ein Richter, Geschworener
keit gehört. oder Schöffe mitgewirkt hat, der sich in Be-
§ 354 a
ziehung auf die Sache einer Verletzung seiner
Amtspflichten schuldig gemacht hat, sofern dia
Das Revisionsgericht hat auch dann nach § 354 Verletzung mit einer im Wege des gericht•
zu verfahren, wenn es das Urteil aufhebt, weil zur lichen Strafverfahrens zu verhängenden öffent-
Zeit der Entscheidung des Revisionsgerichts ein lichen Strafe bedroht und nicht vom Ver-
anderes Gesetz gilt als zur Zeit des Erlasses der urteilten selbst veranlaßt ist;
angefochtenen Entscheidung. 4. wenn ein zivilgerichtliches Urteil, auf welches
das Strafurteil gegründet ist, durch ein anderes
§ 355 rechtskräftig gewordenes Urteil aufgehoben ist;
5. wenn neue Tatsachen oder Beweismittel bei-
Wird ein Urteil aufgehoben, weil das Gericht des gebracht •sind, die allein oder in Verbindung
vorangehenden Rechtszuges sich mit Unrecht für mit den früher erhobenen Beweisen die Frei-
zuständig erachtet hat, so verweist das Revisions- sprechung des Angeklagten oder in Anwendung
gericht gleichzeitig die Sache an das zuständige eines milderen Strafgesetzes eine geringere Be-
Gericht. strafung oder eine wesentlich andere Ent-
scheidung übeP eine Maßregel der Sicherung
§ 356
und Besserung zu begründen geeignet sind.
Die Verkündung des Urteils erfolgt nach Maß-
gabe des § 268. § 360
(1) Durcti den Antrag auf Wiederaufnahme des
§ 357 Verfahrens wird die Vollstreckung des Urteils nicht
Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Auf- gehemmt.
hebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei (2) Das Gericht kann jedoch einen Aufschub sowie
Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich eine Unterbrechung der Vollstreckung anordnen.
das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf
§ 361
andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt
haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls (1) Der Antrag auf Wiederaufnahme des Ver-
Revision eingelegt hätten. fahrens wird weder durch die erfolgte Strafvoll-
streckung noch durch den Tod des Verurteilten
ausgeschlossen.
§ 358
(2) Im Falle des Todes sind der Ehegatte, die
(1) Das Gericht, an das die Sache zur ander- Verwandten auf- und absteigender Linie sowie die
weiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen Geschwister des Verstorbenen zu dem Antrag
ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Auf- befugt.
hebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner § 362
Entscheidung zugrunde zu legen.
Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges
(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe Urteil abgeschlossenen Verfahrens zuungunsten
der Strafe nicht zum Nachteil des Angeklagten des Angeklagten ist zulässig:
geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, 1. wenn eine in der Hauptverhandlung zu seinen
zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein Gunsten als echt vorgebrachte Urkunde unecht
gesetzlicher Vertretm Revision eingelegt hat. Diese oder verfälscht war;
666 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 19:.,(;
2. wenn der Zeuge oder Sachverständige sich (2) Andernfalls ist er dem Gegner des Antrag-
bei einem zugunsten des Verurteilten abgeleg- sLdlers unter Bestimmung einer Frist zur Erklärung
ten Zeugnis oder abgegebenen Gutachten einer ,.uzustellen.
vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der
§ 369
Eidespflicht oder einer vorsätzlichen falschen
uneidlichen Aussage schuldig gemacht hat; (1) Wird der Antrag für zulässig befunden, so be-
auftragt das Gericht mit der Aufnahme der angetre-
3. wenn bei dem Urteil ein Richter, Geschworener tenen &weise, soweit dies erforderlich ist, einen
oder Schöffe mitgewirkt hat, der sich in Be- Richter.
ziehung auf die Sache einer Verletzung seiner
Amtspflichten schuldig gemacht hat, sofern (2) Dem Ermessen des Gerichts bleibt es über-
diese Verletzung mit einer im Wege des ge- lassen, ob die Zeugen und Sachverständigen eidlich
richtlichen Strafverfahrens zu verhängenden vernommen werden sollen.
öffentlichen Strafe bedroht ist; (3) Für die Berechtigung der Beteiligten zur An•
4. wenn von dem Freigesprochenen vor Gericht wesenheit bei der Beweisaufnahme sind _die für die
oder außergerichtlich ein glaubwürdiges Ge- Voruntersuchung gegebenen Vorschriften anzu•
ständnis der strafbaren Handlung abgelegt wird. wenden.
(4) Nach Schluß der Beweisaufnahme sind die
§ 363
Staatsanwaltschaft und der Angeklagte unter Be•
(1) Eine 'Wiederaufnahme des Verfahrens zu dem stimmung einer Frist zu weiterer Erklärung aufzu•
Zweck, eine andere Strafbemessung auf Grund des- fordern.
selben Strafgesetzes herbeizuführen, ist nicht zu-
§ 370
lässig.
(2) Eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu dem (1) Der Antrag auf Wiederaufnahme des Ver-
Zweck, eine Milderung der Strafe wegen ver- fahrens wird ohne mündliche Verhandlung als un•
minderter Zurechnungsfähigkeit herbeizuführen, ist begründet verworfen, wenn die darin aufgestellten
gleichfalls ausgeschlossen. Behauptungen keine genµgende Bestätigung ge•
funden haben oder wenn in den Fällen des § 359
§ 364
Nr. 1 und 2 oder des § 362 Nr. 1 und 2 nach Lage
Ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens, der Sache die Annahme ausgeschlossen ist, daß die
der· auf die Behauptung einer strafbaren Handlung in diesen Vorschriften bezeichnete Handlung auf
izegründet werden soll, ist nur dann zulässig, wenn die Entscheidung Einfluß gehabt hat.
wegen dieser Handlung eine rechtskräftige Ver-
urteilung ergangen ist, oder wenn die Einleitung (2) Andernfalls ordnet das Gericht die Wieder•
oder Durchführung eines Strafverfahrens aus aufnahme des Verfahrens und die Erneuerung der
anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis Hauptverhandlung an.
nicht erfolgen kann. § 371
§ 365 (1) Ist der Verurteilte bereits verstorben, so hat
Die allgemeinen Vorschriften über Rechtsmittel ohne Erneuerung der Hauptverhandlung das Ge•
gelten auch für den Antrag auf Wiederaufnahme riebt nach Aufnahme des etwa noch erforderlichen
des Verfahrens. Beweises entweder auf Freisprechung zu erkennen
§ 366 oder den Antrag auf Wiederaufnahme abzulehnen.
(1) In dem Antrag müssen d~r gesetzliche Grund (2) Auch in anderen Fällen kann das Gericht, bei
der Wiederaufnahme des Verfahrens sowie die Be- öffentlichen Klagen jedoch nur mit Zustimmung
weismittel angegeber, werden. der Staatsanwaltschaft, den Verurteilten sofort frei-
(2) Von dem,Angeklagten und ·den im § 361 Abs. 2 sprechen, wenn dazu genügende Beweise bereits
bezeichneten Personen kann der Antrag nur mittels vorliegen.
einer von dem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt (3) Mit der Freisprechung ist die Aufhebung des
unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Ge- früheren Urteils zu verbinden. War lediglich auf
schäftsstelle angebracht we.rden. eine Maßregel der Sicherung und Besserung er-
§ 367 kannt, so tritt an die Stelle der Freisprechung
die Aufhebung des früheren Urteils.
(1) Uber die Zulassung des Antrags auf Wieder-
aufnahme des Verfahrens entscheidet das Gericht, (4) Die Aufhebung ist auf Verlangen des An•
dessen Urteil mit dem Antrag angefochten wird. fragstellers durch den Bundesanzeiger bekanntzu•
Wird ein im Revisionsverfahren erlassenes Urteil machen und kann nach dem Ermessen des Ge•
aus anderen Gründen als auf Grund des § 359 Nr. 3 richts auch durch andere Blätter veröffentlicht
oder des § 362 Nr. 3 angefochten, so entscheidet werden.
das Gericht, gegen dessen Urteil die Revision ein- § 372
gelegt war. Alle Entscheidungen, die aus Anlaß eines An•
(2) Die Entscheidung ergeht ohne mündliche Ver• trags auf Wiederaufnahme des Verfahrens von dem
handlung. Gericht im ersten Rechtszug erlassen werden, kön•
nen mit sofortiger Beschw·erde angefochten werden.
§ 368
(1) Ist der Antrag nicht in der vorgeschriebenen § 373
Form angebracht oder ist darin kein gesetzlicher (1) In der erneuten Hauptverhandlung ist ent-
Grund der Wiederaufnahme geltend gemacht oder weder das frühere Urteil aufrechtzuerhalten oder
kein geeignetes Beweismittel angeführt, so ist der unter seiner Aufhebung anderweit in der Sache zu
Antrag als unzulässig zu verwerfen. erkennen.
Nr. 40 - Tag rler Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 667
(2) Das frühere Urteil darf in Art und Höhe der (2) Hat jedoch einer der Berechtigten die Privat-
Strafe nicht zum Nachteil des Verurteilten ge- klage erhoben, so steht den übrigen nur der Bei-
ändert werden, wenn lediglich der Verurteilte, zu tritt zu dem eingeleiteten Verfahren, und zwar in
seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein der Lage zu, in der es sich zur Zeit der Beitritts-
gesetzlicher Vertreter die Wiederaufnahme des erklärung befindet.
Verfahrens beantragt bat. Diese Vorschrift steht (3) Jede in der Sache selbst ergangene Entschei-
der Anordnung der Unterbringung in einer Heil- dung äußert zugunsten des Beschuldigten ihr.a
oder Pflegeanstalt, einer Trinkerheilanstalt oder Wirkung auch gegenüber solchen Berechtigten,
einer Entziehungsanstalt nicht entgegen. welche die Privatklage nicht erhoben haben.
§ 373 a
§ 376
Für die Wiederaufnahme eines durch rechts- Die öffentliche Klage wird wegen der im § 374
kräftigen Strafbefehl abgeschlossenen Verfahrens bezeichneten strafbaren Hand! ungen von der
gelten die Vorschriften der §§ 359 bis 373 ent-
Staatsanwaltschaft nur dann erhoben, wenn dies
sprechend.
im öffentlichen Interesse liegt.
Fünftes Buch § 377
Beteiligung des Vellelzten am Verfahren (1) Im Privatklageverfahren ist der Staatsanwalt
zu einer Mitwirkung nicht verpflichtet. Das Ge-
Erster Abschnitt richt legt ihm die Akten vor, wenn es die Ober-
nahme der Verfolgung durch ihn für geboten hält.
Privatklage
(2) Auch kann die Staatsanwaltschaft in jeder
§ 374 Lage der Sache bis zum Eintritt der Rechtskraft
(1) Im Wege der Privatklage können vom Ver- des Urteils durch eine ausdrückliche Erklärung die
letzten verfolgt werden, ohne daß es einer vor- Verfolgung übernehmen. In der Einlegung eines
gängigen Anrufung der Staatsanwaltschaft bedarf: Rechtsmittels ist die Obernahme der Verfolgung
enthalten.
1. das Vergehen des Hausfriedensbruchs im Falle
des § 123 des Strafgesetzbuchs, (3) Obernimmt die Staatsanwaltschaft die Ver-
2. die Vergehen der Beleidigung in den Fällen
folgung, so richtet sich das weitere Verfahren nach
den Vorschriften, die im zweiten Abschnitt dieses
der §§ 185 bis 187 und 189 des Strafgesetz-
Buches für den Anschluß des Verletzten als Neben-
buchs, wenn nicht eine der im § 197 bezeich-
neten politischen Körperschaften beleidigt ist; kläger gegeben sind.
3. die Vergehen der Körp,rverletzung in den § 378
Fällen der §§ 223, 223 a und 230 des Straf- Der Privatkläger kann im Beistand eines Rechts-
gesetzbuchs; anwalts erscheinen oder sich durch einen mit
4. das Vergehen der Bedrohung im Falle des schriftlicher Vollmacht versehenen Rechtsanwalt
§ 241 des Strafgesetzbuchs; vertreten lassen. Im letzteren Falle können die Zu-
5. das Vergehen der Verletzung fremder Geheim- stellungen an den Privatkläger mit rechtlicher Wir-
nisse im Falle des § 299 des Strafgesetzbuchs; kung an den Anwalt erfolgen. Die Vorschriften
des § 146 Abs. 2 und des § 218 Abs. 2 gelten ent-
6. das_ Vergehen der Sachbeschädigung im Falle
des § 303 des Strafgesetzbuchs; sprechend.
§ 379
7. alle nach dem Gesetz gegen den unlauteren
Wettbewerb strafbaren Vergehen; (!) Der Privatkläger hat für die dem Besch?.Il-
digten voraussichtlich erwai;:hsenden Kosten unter
8. alle Verletzungen des literarischen, künstle-
denselben Voraussetzungen Sicherheit zu leisten,
rischen und gewerblichen Urheberrechts, so-
unter denen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten
weit sie als Vergehen strafbar sind.
der Kläger auf Verlangen des Beklagten Sic 1,er-
(2) Die gleiche Befugnis steht denen zu, welchen heit wegen der Prozeßkosten zu leisten hat.
in den Strafgesetzen das Recht, selbständig auf (2) Die Sicherheitsleistung ist durch· Hinter-
Bestrafung anzutragen, beigelegt ist. legung in barem Geld oder in Wertpapieren zu
(3) Hat der Verletzte einen gesetzlichen Ver- bewirken.
treter, so wird die Befugnis zur Erhebung der (3) Für die Höhe der Sicherheit und die Frist
Privatklage durch diesen und, wenn Körperschaf- zu ihrer Leistung sowie für das Armenrecht gelten
ten, Gesellschaften und andere Personenvereine, dieselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechts-
die als solche in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten
streitigkeiten.
klagen können, die Verletzten sind, durch
dieselben Personen wahrgenommen, durch die § 379 a
sie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten vertreten (1) Zur Zahlung des Gebührenvorschusses nach
werden. § 83 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes soll, sofern
§ 375 nicht dem Privatkläger das Armenrecht bewilligt
(1) Sind wegen derselben strafbaren Handlung ist oder Gebührenfreiheit zusteht, vom Ger ,chi
mehrere Personen zur Privatklage berechtigt, so eine Frist bestimmt werden, hierbei soll auf die
ist bei Ausübung dieses Rechts ein jeder von dem nach Abs. 3 eintretenden Folgen hingewiesen
anderen unabhängig. werden.
668 Bundesgesetzblatt, Jahrgang l!bO
(2) Vor Zahlung des Vorschusses soll keine ge- (2) Das Gericht bestimmt unbeschadet des § 244
richtliche Handlung vorgenommen werden, es sei Abs. 2 den Umfang der Beweisaufnahme.
denn. daß glaubhaft gemacht wird, daß die Ver- (3) Die Vorschrift des § 265 Abs. 3 über das
zögerung dem Privatkläger einen nicht oder nur Recht, die Aussetzung der Hauptverhandlung zu
schwer zu ersetzenden Nachteil bringen würde. verlangen, ist nicht anzuwenden.
(3) Nach fruchtlosem Ablauf der nach Abs. 1 ge- (4) Vor dem Schwurgericht kann eine Privat-
gestellten Frist wird die Privatklage zurückgewie- klagesache nicht gleichzeitig mit einer auf öffent-
sen Der Beschluß kann mit sofortiger Beschwerde liche Klage anhängig gemachten Sache verhandelt
angefochten werden. Er ist von dem Gericht, das werden.
ihn erlassen hat, von Amts wegen aufzuheben, § 385
w<enn sich herausstellt, daß die Zahlung innerhalb (!) Soweit in dem Verfahren auf erhobene öffent-
der gesetzten Frist eingegangen ist. liche Klage die Staatsanwaltschaft zuzuziehen und
zu hören ist, wird in dem Verfahren auf erhobene
§ 380
Privatklage der Privatkläger zugezogen und gehört.
(1) Wegen Hausfriedensbruchs, Beleidigung, Alle Entscheidungen, die dort der Staatsanwaltschaft
leichter vorsätzlicher oder fahrlässiger Körperver- bekanntgcmacht werden, sind hier nem Privat-
letzung, Bedrohung, Sachbeschädigung und Ver- kläger bekanntzugeben,
letzung fremder Geheimnisse (§ 299 des Straf- (2) Es werden jedoch die auf richterliche Anord·
gesetzbuchs) ist die Erhebung der Klage erst zu- nung ergehenden Ladungen nicht durch die Staats-
lässig, nachdem von einer durch die Landesjustiz- anwaltschaft, sondern durch die Geschäftsstdle be-
verwaltung zu bezeichnenden Vergleichsbehörde wirkt.
die Sühne erfolglos versucht worden ist. Der Klä- (3) Zwischen der Zustellung der Ladung des Pri-
ger hat die Bescheinigung hierüber mh der Klage vatklägers zur Hauptverhandlung und dem Tag
einzureichen. der letzteren muß eine Frist von mindestens einer
(2) Die Landesjustizverwaltung kann bestimmen, Woche liegen,
daß die Vergleichsbehörde ihre Tätigkeit von der
(4) Das Recht der Akteneinsicht kann der Privat-
Einzahlung eines angemessenen Kostenvorschusses
kläger nur durch einen Anwalt ausüben.
abhängig machen darf.
(3) Die Vorschriften der Abs. 1 und 2 gelten § 386
nicht, wenn der amtliche Vorgesetzte nach § 196 (1) Der Vorsitzende des Gerichts bestimmt, welche
oder § 232 Abs. 3 des Strafgesetzbuchs befugt ist, Personen als Zeugen oder Sachverständige zur
Strafantrag zu stellen. Hauptverhandlung geladen werden sollen.
(4) Wohnen die Parteien nicht in demselben Ge- (2) Dem Privatkläger wie dem Angeklagten steht
meindebezirk. so kann nach näherer Anordnung das Recht der unmittelbaren Ladung zu.
der Landesjustizverwaltung von einem Sühnever-
such abgesehen werden. § 387
(1) In der Hauptverhandlung kann auch der An-
§ 381
geklagte im Beistand eines Rechtsanwalts erschei·
Die Erhebung der Klage geschieht zu Protokoll nen oder sich auf Grund einer schriftlichen Voll-
der Geschäftsstelle oder durch Einreichung einer macht durch einen solchen vertreten lassen.
Anklageschrift. Die Klage muß den im § 200 Abs. 1
(2) Die Vorschrift des § 139 gilt für den Anwalt
bezeichneten Erfordernissen entsprechen. Mit der
des Klägers und für den des Angeklagten.
Anklageschrift sind zwei Abschriften einzureichen.
(3) Das Gericht ist befugt, das persönliche Er·
§ 382 scheinen des Klägers sowie des Angeklagten anzu-
Ist die Klage vorschriftsmäßig erhoben, so teilt ordnen, auch den Angeklagten vorführen zu lassen.
das Gericht sie dem Beschuldigten unter Bestim-
§ 388
mung einer Frist zur Erklärung mit.
(!) Hat der Verletzte die Privatklage erhoben, so
§ 383 kann der Beschuldigte bis zur Beendigung der
(!) Nach Eingang der Erklärung des Beschuldigten Schlußvorträge (§ 258) im ersten Rechtszug mittels
oder Ablauf der Frist entscheidet das Gericht dar- einer Widerklage die Bestrafung des Klägers be·
über, ob das Hauptverfahren zu eröffnen oder die antragen, wenn er von diesem gleichfalls durch ein
Klage zurückzuweisen ist, nach Maßgabe der Vor- Vergehen verletzt worden ist, da·s im Wege der
schriften, die bei einer von der Staatsanwaltschaft Privatklage verfolgt werden kann und mit dem den
unmittelbar erhobenen Anklage anzuwenden·- sind. Gegenstand der Klage bildenden Vergehen in Zu-
(2) Ist die Schuld des Täters gering und sind die sammenhang steht.
Folgen der Tat unbedeutend, so kann das Gericht (2) Ist der Kläger nicht der Verletzte (§ 374 Abs.
das Verfahren einstellen. Die Einstellung ist auch 2), so kann der Beschuldigte die Widerklage gegen
noch in der Hauptverhandlung zulässig. Der Be- den Verletzten erheben. In diesem Falle bedarf es
schluß kann mit sofortiger Beschwerde angefochten der Zustellung der Widerklage an den Verletzten
werden. und dessen Ladung zur Hauptverhandlung, sofern
§ 384 die Widerklage nicht in der Hauptverhandlung in
(1) Das weitere Verfahren richtet sich nach den Anwesenheit des Verletzten erhoben wird.
Vorschriften, die für das Verfahren auf erhobene (3) Uber Klage und Widerklage ist gleichzeitig
öffentliche Klage gegeben sind. Jedoch dürfen zu erkennen.
Maßregeln der Sicherung und Besserung nicht an- (4) Die Zurücknahme der Klage ist auf das Ver-
geordnet werden. fahren über die Widerklage ohne Einfluß.
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 669
§ 389 § 39:J
(1) Findet das Gericht nach verhandelter Sache, (1) Der Tod des Privatklägers hat die Einstellung
daß die für festgestellt zu erachtenden Tatsachen des Verfahrens zur Folge.
eine strafbare Handlung darstellen, auf die das in (2) Eine Privatklage wegen Beleidigung kann je-
diesem Abschnitt vorgeschriebene Verfahren nicht doch nach dem Tode des Klägers von dessen Eltern,
anzuwenden ist, so hat es durch Urteil, das diese Kindern, Geschwistern oder dem Ehegatten fort-
Tatsachen hervorheben muß, die Einstellung des gesetzt werden.
Verfahrens auszusprechen. (3) Die Fortsetzung ist von dem Berechtigten bei
(2) Die Verhandlungen sind in diesem Falle der Verlust des Rechts binnen zwei Monaten, vom Tode
Staatsanwaltschaft mitzuteilen. des Privatklägers an gNechnet, bei Gericht zu er-
§ 390 klären.
§ 394
(1) Dem Privatkläger stehen die Rechtsmittel zu,
die in dem Verfahren auf erhobene öffentliche Die Zurücknahme der Privatklage und der Tod
Klage der Staatsanwaltschaft zustehen. Dasselbe des Privatklägers sowie die Fortsetzung der Privat-
gilt von dem Antrag auf Wiederaufnahme des Ver- klage sind dem Beschuldigten bekanntzumachen.
fahrens in den Fällen des § 362. Die Vorschrift Zweiter Abschnitt
des § 301 ist auf das Rechtsmittel des Privat-
Nebenklage
klägers anzuwenden.
(2) Revisionsanträge und Anträge auf Wiederauf- § 395
nahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abge- (1) Wer nach Maßgabe der Vorschrift des § 374
schlossenen Verfahrens kann der Privatkläger nur als Privatkläger aufzutreten berechtigt ist, kann sich
mittels einer von einem Rechtsanwalt unterzeich- der erhobenen öffentlichen Klage in jeder Lage des
neten Schrift, anbringen. Verfahrens als Nebenkläger anschließen. Der An-
(3) Die in den §§ 320, 321 und 347 angeordnete schluß kann zur Einlegung von Rechtsmitteln auch
Vorlage und Einsendung der Akten erfolgt wie im nach ergangenem Urt,eil geschehen,
Verfahren auf erhobene öffentliche Klage an und (2) Die gleiche Befugnis steht dem zu, welcher
durch die Staatsanwaltschaft. Die Zustellung der durch einen Antrag auf gerichtliche· Entscheidung
Berufungs- und Revisionsschriften an den Gegner (§ 172) die Erhebung der öffentlichen Klage herbei-
des Beschwerdeführers wird durch die Geschäfts- geführt hat, wenn die strafbare Handlung gegen
stelle bewirkt. sein Leben, seine Gesundheit, seine Freiheit, seinen
(4) Die Vorschrift des § 379 a über die Zahlung Personenstand oder seine Vermögensrechte gerich-
des Gebührenvorschusses und die Folgen nicht tet war.
rechtzeitiger Zahlung gilt entsqechend. § 396
(5) Die Vorschrift des § 383 Abs. 2 Satz 1 und 2 (1) Die Anschlußerklärung ist bei dem Gericht
über die Einstellung wegen Geringfügigkeit gilt schriftlich einzureichen.
auch im Berufungsverfahren, Der Beschluß. ist nicht (2) Das Gericht hat über die Berechtigung des
anfechtbar. Nebenklägers zum Anschluß nach Anhörung· der
§ 391 Staatsanwaltschaft zu entscheiden.
(1) Die Privatklage kann bis zur Verkündung des (:l) Zu einer Sicherheitsleistung ist der Neben-
Urteils des ersten Rechtszug2s und, soweit zulässige kläger nicht verpflichtet.
Berufung eingelegt ist, bis zur Verkündung des Ur- § 397
teils im zweiten Rechtszug zurückgenommen werden. Der Nebenkläger hat nach erfolgtem Anschluß
(2) Als Zurücknahme gilt es im Verfahren des die Rechte des Privatklägers.
ersten Rechtszuges und, soweit der Angeklagte die § 398
Berufung eingelegt hat, im Verfahren des zweiten (1) Der Fortgang des VerfaJ,rens wird durch den
Rechtszuges, wenn der Privatkläger in der Haupt- Anschluß nicht aufgehalten,
verhand)ung weder erscheint noch durch einen (2) Die bereits anberaumte Hauptverhandlung
Rechtsanwalt vertreten wird oder in der Hauptver- sowie andere Termine finden an den bestimmten
handlung oder einem anderen Termin ausbleibt, ob- Tagen statt, auch wenn der Nebenkläger wegen
wohl das Gericht sein persönliches Erscheinen an- Kürze der Zeit nicht mehr geladen oder benach-
geordnet hatte, oder eine Frist nicht einhält, die richtigt werden konnte.
ihm unter Androhung der Einstellung des Verfah-
§ 399
rens gesetzt war.
(1) Entscheidungen, die schon vor dem Anschluß
(3) Soweit der Privatkläger die Berufung einge- ergangen und der Staatsanwaltschaft bekannt-
legt hat, ist sie im- Falle der vorbezeichneten Ver- gemacht waren, bedürfen keiner Bekanntmachung
säumungen unbeschadet der Vorschrift des § 301
an den Nebenkläger.
sofort zu verwerfen. (2) Die Anfechtung solcher Entscheidungen steht
(4) Der Privatkläger kann binnen einer Woche auch dem Nebenkläger nicht mehr zu, wenn für die
nach der Versäumung die Wiedere,insetzung in den Staatsanwaltschaft die Frist zur Anfechtung abge-
vorigen Stand unter den in den §§ 44 und 45 be- laufen ist.
zeichneten Voraussetzungen beanspruchen. § 400
§ 392 Ist in der Hauptverhandlung weder der Neben-
Die zurückgenommene Privatklage kann nicht kläger noch ein Anwalt des Nebenklägers erschie•
von neuem erhoben werden. nen, so wird das Urteil dem ersteren zugestellt.
670 Bundesgesetzbl.,:.;.i_, Jahrgang Hi,,0
§ 401 ihn angeordnet wird oder soweit der Antrag unbe-
grilndet erscheint. Es sieht von der Entscheidung
(1) Der Rr,chtsmittel kann sich der Nebenkläger ,,,·.:2h dann ab, wenn sich der Antrag zur Erledigung
unabhiingig von dnr Staatsanwaltschaft bedienen. im Strafverfahren nicht eignet, insbesondere wenn
Die Vorschrift des § 379 a über die Zahlung des seine Prüfung das Verfahren verzögern würde oder
G(eblihrenvorschusses und die Folgen nicht recht• wenn der Antrag unzulässig ist; dies kann in jeder
zeitiger Zahlung gilt entsprechend. Lage des Verfahrens auch durch Beschluß geschehen.
(2) Wird auf ein nur von dem Nebenkläger ein-
gelegtes Rechtsmittel die angefochtene Entschei- § 406
dung aufgehobon, so liegt der Betrieb der Sache
wiederum der Staatsanwaltschaft ob. (1) Soweit der Antrag nach dem Ergebnis der
Hauptverhandlung begründet ist, gibt ihm das Ge-
§ 402 richt im Urteil statt. Die Entscheidung darf sich
nicht auf den Grund des geltend gemachten An-
Die Anschlußerklärung verliert durch Widerruf spruchs beschränken.
sowie durch den Tod des Nebenklägers ihre Wir-
kung. (2) Das Gericht kann die Entscheidung für vorläu-
fig vollstreckbar erklären. Es kann die vorläufige
Dritter Abschnitt Vollstreckung von einer Sicherheitsleistung abhän-
gig machen; es kann auch dem Angeklagten ge·
Entschädigung des Verletzten statten, sie durch Sicherheitsleistung abzuwenden.
Diese Anordnungen können durch unanfechtbaren
§ 403 Beschluß auch nachträglich getroffen, geändert oder
(1) Der Verletzte oder sein Erbe kann gegen den
aufgehoben werden.
Beschuldigten einen aus der Straftat erwachsenen (3) Die Entscheidung über den Antrag steht einem
vermögensrechtlichen Anspruch, der zur Zuständig- im bürgerlichen Rechtsstreit ergangenen Endurteil
keit der ordentlichen Gerichte gehört und noch gleich. Soweit der Anspruch nicht zuerkannt ist,
nicht anderweit gerichtlich anhängig gemacht ist, kann er anderweit gelt,end gemacht werden.
im Strafverfahren geltend machen, im Verfahren
vor dem AmtsgNicht jedoch nur insoweit, als der (4) Der Antragsteller erhält eine Abschrift des
Anspruch zu dessen Zuständigkeit gehört. Urteils mit Gründen oder einen Auszug daraus.
(2) Der Verletzte oder sein Erbe soll von dem § 406 a
Strafverfahren möglichst frühzeitig Kenntnis erhal-
ten; dabei solJ er auf die Möglichkeit, seinen An- (!) Dem Antragsteller steht, auch soweit das Ge-
spruch auch im Strafverfahren geltend zu machen, richt von einer Entscheidung absi<eht, ein Rechts-
hingewiesen werden. mittel nicht zu.
§ 404 (2) Soweit das Gericht dem Antrag stattgibt, kann
(1) Der Antrag, durch den der Anspruch geltend der Angeklagte die Entscheidung auch ohne den
gemacht wird, kann schriftlich oder mündlich zur strafrechtlichen Teil des Urteils mit dem sonst zu-
Niederschrift des Urkundsbeamten, in der Hauptver- lässigen Rechtsmittel anfechten. In diesem Falle
haildlung auch mündlich bis zum Beginn der Schluß- kann über das Rechtsmittel durch Beschluß in nicht-
vorträge gestellt werden. Er muß den Gegenstand öffentlicher Sitzung entschieden werden.
und Grund des Anspruchs bestimmt bezeichr!'en und (3) Wird auf ein Rechtsmittel unter Aufhebung
soll die Beweismittel enthalten. Ist der Antrag der Verurteilung der Angeklagte einer Straftat nicht
außerhalb der Hauptverhandlung gestellt, so wird schuldig gesprochen und auch nicht eine Maßregel
er dem Beschuldigten zugestellt. der Sicherung und Besserung gegen ihn angeordnet,
(2) Die Antragstellung hat dieselben Wirkungen so ist zugleich die dem Antrag stattgebende Ent-
wie die Erhebung der Klage im bürgerlichen scheidung aufzuheben, auch wenn das Urteil inso-
Rechtsstreit. weit nicht angefochten ist.
(3) Ist der Antrag vor Beginn der Hauptverband·
§ 406 b
Jung gestellt, so wird der Antragsteller von Ort und
Zeit der Hauptverhandlung benachrichtigt. Der An- Die Vollstreckung richtet sich nach den Vor•
tragsteller, sein gesetzlicher Vertreter und der Ehe- schriften, die für die Vollstreckung von Urteilen in
gatte des Antragsberechtigten können an der Haupt- bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten gelten. Für das
verhandlung teilnehmen. Verfahren nach den §§ 731, 767,768,887 bis 890 der
(4) Der Antrag kann bis zur Verkündung des Zivilprozeßordnung ist das Gericht der bürgerlichen
Urteils zurückgenommen werden. Rechtspflege zuständig, in dessen Bezirk das Straf-
gericht des erslen Rechtszuges seinen Sitz hat. Ein-
§ 405 wendungen, die den Anspruch selbst betreffen, sind
nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie
Das Gericht sieht von einer Entscheidung über beruhen, nach Schluß der Hauptverhandlung des
den Antrag im Urte,U ab, wenn der Angeklagte einer ersten Rechtszuges und, wenn das Berufungsgericht
Straftat nicht schuldig gesprochen und auch nicht entschieden hat, nach Schluß der Hauptverhandlung
eine Maßregel der Sicherung und Besserung gegen im Berufungsrechtszug entstanden sind.
Nr. 40 - Tdg uer Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 671
§ 406 C nach der Zustellung bei dem Amtsgericht schrift-
(!} Den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfah- lich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle Einspruch
rens karin der Angeklagte darauf beschränken, eine erhebt.
wesentlich andere Entscheidung über den Anspruch (2) Auf den Einspruch kann vor Ablauf der Frist
herbeizuführen. Das Gericht entscheidet dann ohne verzichtet werden.
Erneuerung der Hauptverhandlung durch Beschluß. § 410
(2) Richtet sich der Antrag auf Wiederaufnahme Ein Strafbefehl, gegen de.n nicht rechtzeitig Ein•
de3 Verfahrens nur gegen den strafrechtlichen Teil spruch erhoben worden ist, erlangt die Wirkung
des Urteils, so gilt § 406 a Abs. 3 entsprechend. eines rechtskräftigen Urteils.
§ 406 d § 411
(1) Verlangt der Verletzte nach den Vorschriften (1) Bei rechtzeitigem. Einspruch wird zur Haupt•
des Strafrechts eine Buße, so sind die vorstehenden verhandlung geschritten, .sofern nicht bis :z;u ihrem
Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, soweit Beginn die Staatsanwaltschaft die Klage fallen läßt
nichts anderes bestimmt ist. oder der Einspruch zurückgenommen. wird.
(2) Ist der Antrag auf Zuerkennung einer Buße (2) Der Angeklagte kann sich in der Hauptver-
unzulässig oder unbegründet, so wird er im Urteil handlung durch einen mit schriftlicher Vollmacht
abgelehnt. versehenen Verteidiger vertreten lassen. ·
(3) Bei der Urteilsfällung ist das Gericht an den
Sechstes Buch im Strafbefehl enthaltenen Ausspruch nicht ge-
Besondere Arten des Verfahrens bunden,
Erster Abschnitt § 412
Veriahren hei Straibeiehlen (1) Blei:Jt der Angeklagte ohne genügende Ent-
s.chuldigung in der Hauptverhandlung aus und wird
§ 407 er auch nicht durch einen Verteidiger vertreten, so
(1) Bei Ubertretungen und Vergehen kann die wird der Einspruch ohne Beweisaufnahme durch
Strafe durch schriftlichen Strafbefehl des Amtsrich- Urteil verworfen.
ters ohne Hauptverhandlung festgesetzt werden, (2) Ein Angeklagter', dem gegen den Ablauf der
wenn die Staatsanwaltschaft schriftlich hierauf an- Einspruchsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen
trägt, Stand gewährt worden war, kann sie nicht mehr
(2) Durch einen Strafbefehl darf keine andere gegen das Urteil beanspruchen.
Strafe als Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von höch-
stens drei Monaten sowie eine etwa verwirkte Ein- Zweiter Abschnitt
ziehung, die Befugnis zur Beseitigung eines gese.tz-
widrigen Zustandes oder die Bekanntmachung der Verfahren bei Strafverfügungen
Entscheidung festgesetzt werden.
§ 413
(3) Maßregeln der Sicherung und Besserung dür-
fen in einem Strafbefehl nicht angeordnet werden. (1) Auf Grund [andesrechtlicher Bestimmungen
können die Polizeibehö.rden bei Ubertrettmgen ihre
(4) Die Staatsanwaltschaft kann bei dem Antrag Verhandlungen nach Vernehmung des Beschuldigten
auf Erlaß des Stralb(;!fehls zugleich den im §_ 25 statt der Staatsanwaltschaft (§ 163 Abs, 3) dem
Abs. 1 Nr, 2 c des Gerichtsverfassungsgesetzes be- Amtsgericht übersenden, Die Be\Veismittel sowie
zeichneten Antrag für d!"n Fall stellen, daß der die anzuwendenden Strafvorschriften sinq zu be-
Amtsrichter die Sache zur Hauptverhandlung bringt . ·zeichnen; auch 1st ein Vor~chlag zum Strafmaß zu
oder der Beschuldigte Einspruch erhebt. machen.
§ 408 (2) Der Amtsrichter setzt durch Strafverfügnng
ohne Haupiverhandlung die Strafe sowie eine etwa
(1) Der Antrag ist auf eine bestimmte Strafe zu verwirkte Einziehung oder die Befugnis zur Be·
richten, Der Amtsrichter hat ihm zu entsprechen,
seitigung eines gesetzwidrigen Zustandes fest, ohne
wenn dem Erlaß des .Strafbefehls Bedenken nicht
an den Vorschlag der Polizeibehörde gebunden zu
entgegenstehen.
sein. Einer Mitwirkung der Staatsanwaltschaft be-
(2) Der Amtsrichter hat Hauptverhandlung an- . darf es nicht.
zuberaumen, wenn er Bedenken hat, ohne Haupt-
(3) Der Amtsrichter üb(;!rsendet die Akten der
verhandlung zu entscheiden, 'Dasselbe gilt, wenn
der Amtsrichter eine andere als die beantragte Staatsanwaltschaft, wenn er Bedenken hat, ohne
Hauptverhandlüng zu entscheiden, oder wenn. er
Strafe festsetzen will und die Staatsanwaltschaft
noch weitere Ermittlungen für nötig erachtet.
bei ihrem Antrag beharrt.
(4) Die §§ 409 bis 412 gelten entsprechend.
§ 409
(5) Der Amtsrichter kann das Verfahren unter
(1) Der Strafbefehl muß außer der Festsetzung der den Voraussetzungen des § 153 Abs. 1 einstellen;
Strafe die strafbare Handlung, das angewendete der Beschluß kann nicht angefochten werden.
Strafgesetz und die Beweismittel bezeichnen, auch
die Eröffnung enthalten, daß er vollstreckbar wird, §§ 414 bis 429
wenn der Beschuldigte nicht binnen einer Woche (weggefallen)
672 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
Dritter Abschnitt weisen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung zu
.Sicherungs verfahren geben. Behauptet er, auf die Verteidigung nicht
genügend vorbereitet zu sein, so ist auf seinen An·
§ 429 a trag die Hauptverhand!uJlg auszusetzen. Ist auf
Liegen Anhaltspunkte dafür vor, daß der Be• Grund des § 429 c in Abwesenheit des Beschuldigten
schuldigte eine mit Strafe bedrohte Handlung im verhandelt worden, so sind diejenigen Teile der
Zustand der Zurechnungsunfähigkeit begangen hat Hauptverhandlung zu wiederholen, bei denen der
und führt die Staatsanwaltschaft das Strafverfahren Beschuldigte nicht zugegen war.
wegen der Zurechnungsunfähigkeit des Beschul-
§ 429 e
digten nicht durch, so kann sie den Antrag stellen,
seine Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt (1) Ist ein Deutscher im Ausland wegen eines
selbständig anzuordnen (Sicherungsverfahren). Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens zu Frei-
heitsstrafe verurteilt worden -und liegen bei ihm
§·429 b die Voraussetzungen vor, die bei seiner Verurteilung
(1) Für das Sicherungsverfahren gelten sinngemäß im Inland die Anordnung der Sicherungsverwahrung
die Vorschriften über· das Strafverfahren, soweit gerechtfertigt hätten, so kann die Staatsanwaltschaft
nichts anderes bestimmt ist. den Antrag stellen, die Maßregel nachträglich an-
(2) Der Antrag steht der öffentlichen Klage gleich. zuordnen (nachträgliches Sicherungsverfahren).
'.An die Stelle der Anklageschrift tritt eine Antrags- (2) Für das Verfahren gilt § 429 b entsprech~md.
schrift, · die den Erfordernissen der Anklageschrift
entsprechen muß. Wird im Urteil die Unterbringung Vierter Abschnitt
nicht angeordnet, so ist auf Ablehnung des Antrags Verfahren bei Einziehungen und Vermögens-
zu erkennen. beschlagnahmen
(3) Für das Sicherungsverfahren ist die Straf- § 430
kammer als erkennendes Gericht des ersten Rechts-
(1) In den Fällen, in denen nach § 42 des Straf-
zuges zuständig. gesetzbuchs oder · nach anderen gesetzlichen
§ 429 C Vorschriften auf Einziehung, Vernichtung oder Un-
(1) Ist im Sicherungsverfahren das Erscheinen des brauchbarmachung von Gegenständen selbständig
Beschuldigten vor Gericht wegen seines Zustandes erkannt werden kann, ist der Antrag, sofern die
unmöglich oder aus Gründen der öffentlichen Sicher- Entscheidung nicht in Verbindung mit einem Urteil
heit oder Ordnung unangebracht, so. kann das Ge- in der Hauptsache ergeht, seitens der Staatsanwalt-
richt die Hauptverhandlung durchführen, ohne daß schaft oder des Privatklägers bei dem Gericht zu
der Beschuldigte zugegen ist. stellen, das für den Fall der Verfolgung einer be-
(2) In diesem Falle ist der Beschuldigte vor cter stimmten Person zuständig s,ein würde.
Hauptverhandlung durch einen beauftragten Richter (2) An die Stelle des Schwurgerichts tritt die
unter Zuziehung eines Sachverständigen zu ver- .Strafkammer:
nehmen. Von dem Vernehmungstermin sind die · § 431
Staatsanwaltschaft, der Beschuldigte, der Verteidiger
(1) Die Verhandlung und Entscheidung erfolgt in
und der gesetzliche Vertreter zu benachrichtigen.
einem Termin, für den die Vorschriften über die
Ihrer Anwesenheit bei der Vernehml\ng bedarf es
Hauptverhandlung entsprechend gelten. ·
nicht.
(3) Fordert es die _Rücksicht auf den Zustand des (2) Personen; die einen rechtlichen Anspruch auf
B~schuldigten oder ist eine ordnu.ngsmäßige Durch- den Gegenstand der Einziehung; Vernichtung oder
führung der Hauptverhandlung sonst nicht möglich, Unbrauchbarmachung haben, sind, soweit die.s aus-
so kann das Gericht im Sicherungsverfahren nach führbar ·erscheint, zu dem Termin :tu laden.
der Vernehmung des Beschuldigten zur Sache die (3) Sie können alle Befugnisse ausüben, die einem
Hauptverhandlung durchführen, auch wenn der Be- Apgeklagten zustehen, sich auch durch einen mit
schuldigte nicht oder nur zeitweise zugegen ist. schriftlicher Vqllmacht versehenen Verteidiger ver-
(4) Soweit eine Hauptverhandlung ohne den Be- treten lassen. Durch ihr Nichterscheinen wird das
schuldigten stattfind.et, können seine früheren Er- Verfahren und die Urteilsfällung nicht aufgehalten.
klärungen, die in einem richterlichen Protokoll ent- § 432
halten sind, verlesen werden. Das Protokoll über Die Rechtsmittel gegen das Urteil stehen der
die Vorvernehmung nach Abs. 2 Satz 1 ist zu ver- Staatsanwaltschaft, dem Privatkläger und den im
lesen. § 431 bezeichneten Personen zu.
§ 429 d
§ 433
(1) Ergibt sich im Sicherungsverfahren nach der
Eröffnung des Hauptverfahrens die Zure::hnungs- (1) Das Vermögen eines Beschuldigten, gegen den
fähigkeit des Beschuldigten und ist das Gericht wegen eines Verbrechens des Hochverrats öffent-
für das Strafverfahren nicht zuständig, so spricht liche Klage erhoben oder Haftbefehl erlassen wor~
es durch Beschluß seine Unzuständigkeit ans und den ist. kann bis zur rechtskräftigen Beendigung
verweist die Sache an das zuständige Gericht. § 270 des Verfahrens mit Beschlag belegt werden. Die Be-
Abs. 2 und 3 gilt entsprechend. schlagnahme umfaßt auch das Vermögen, das dem
12) Ergibt sich im Sicherungsverfahren nach der Beschuldigten später zufällt.
Eröffnung 'des Hauptverfahrens die Zurechnungs- (2) Die Vorschriften der §§ 291 bis 293 gelten
fähigkeit des Beschuldigten und ist das Gericht entsprechend.
auch für das Strafverfahren zustär:dig, so ist der §§ 434 bis 448
Beschuldigte auf die veränderte Rechtslage hinzu- (weggefallen)
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 673
Siebentes Buch (2) Kehrt der Ausgelieferte oder der Ausgewie-
Straivollstreckung und Kosten des Verfahrens sene zurück, so kann die Vollstreckung nachgeholt
werden. Für die Nachholung einer Maßregel der
Erster Abschnitt Sicherung und Besserung gilt § 42 g des Strafb2setz-
Slralvollstreckung buchs entsprechend.
§ 449 § 456 b
Strafurteile sind nicht vollstreckbar, bevor sie Eine mit Freiheitsentziehung verbundene Maß-
rechtskräftig geworden sind. regel der Sicherung und Besserung, die neben einer
Freiheitsstrafe angeordnet ist, wird erst vollzogen,
§ 450
wenn die Freiheitsstrafe verbüßt, bedingt ausgesetzt
Auf die tu vollstreckende Freiheitsstrafe ist un-
verkürzt die Untersuchungshaft anzurechnen, die oder erlassen ist. Je~och kann die Unterbringung
der Angeklagte erlitten hat, seit er auf Einlegung in einer Heil- oder Pflegeanstalt, einer Trinkerheil-
eines Rechtsmittels verzichtet oder das eingelegte anstalt oder einer Entziehungsanstalt ganz oder teil-
Rechtsmittel zurückgenommen hat, oder seitdem die weise vor der Freiheitsstrafe vollzogen werden.
Einlegungsfrist abgelaufen ist, ohne daß er eine § 456 C
Erklärung abgegeben hat. (1) Das Gericht kann 'bei Erlaß des Urteils
§ 451 auf Antrag oder mit Einwilligung des Verurteilten
(1) Die Strafvollstreckung erfolgt durch die das Inkrafttreten der Untersagung der Berufsaus·
Staatsanwaltschaft auf Grund einer von dem Ur- übung durch Beschluß aufschieben, wenn das so-
kundsbeamten der Geschäflsstelle zu erteilenden, fortige Inkrafttreten des Verbots für den Verurteil-
mit der Bescheinigung der Vollstreckbarkeit ver- ten oder seine Angehörigen eine erhebliche, außn-
sehenen, beglaubigten Abschrift der Urteilsformel. halb seines Zwecks liegende, durch späteres In-
(2) Den Amtsanwälten steht die Strafvollstreckung krafttreten vermeidbare Härte bedeuten würde. Hat
nur insoweit zu, als die Landesjustizverwaltung sie der Verurteilte einen gesetzlichen Vertreter, so ist
ihnen übertragen hat. dessen Einwilligung erforderlich. § 462 Abs. 4 gilt
(3) Für die zur Zuständigkeit der Amtsgerichte entsprechend.
gehörenden Sachen kann durch Anordnung der (2) Die Vollstreckungsbehörde kann unter den-
Landesjustizverwaltung die Strafvollstreckung den selben Voraussetzungen die Untersagung der Be-
Amtsrichtern übertragen werden. rufsausübung aussetzen.
(3) Der Aufschub und die Aussetzung können an
§ 452
die Leistung einer Sicherheit oder an andere Be-
In Sachen, in denen der Bundesgerichtshof im
dingungen geknüpft werden. Aufschub und Aus-
ersten Rechtszug entschieden hat, steht das Be- setzung dürfen den Zeitraum von sechs Monaten
gnadigungsrecht• dem Bund, sonst qen Ländern zu. nicht übersteigen.
§ ey 453 und 454 (4) Die Zeit des Aufschubs und der Aussetzung
(weggefallen) wird auf die für das Berufsverbot festgesetzte Frist
§ 455 nicht angerechnet.
(1) Die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe ist § 457
aufzuschieben, wenn der Verurteilte in Geistes- (!) Die Staatsanwaltscl1uft ist befugt, zur Voll-
krankheit verfällt. streckung einer Freiheitsstrafe einen Vorführungs-
(2) Dasselbe gilt bei anderen Krankheiten, wenn oder Haftbefehl zu erlassen, wenn der Verurteilte
von der Vollstreckung eine nahe Lebensgefahr für auf die an ihn ergangene Ladung zum Antritt der
den Verurteilten zu besorgen ist. Strafe sich nicht gestellt hat oder der Flucht ver-
(3) Die Strafvollstreckung kann auch dann auf- dächtig ist.
geschoben werden, wenn sich der Verurteilte in (2) Auch kann von der Staatsanwaltschaft zu
einem körperlichen Zustand befindet, bei dem demselben Zweck ein Steckbrief erlassen werden,
eine sofortige Vollstreckung mit der Einrichtu:1J wenn der Verurteilte flüchtig ist oder sich ver-
der Strafanstalt unverträglich ist. borgen hält.
(3) Diese Befugnisse sh:hen im Falle des § 451
§ 456 Abs. 3 auch dem Amtsrichter zu.
(1) Auf Antrag des Verurteilten kann die Voll-
streckung aufgeschoben werden, sofern durch die § 458
sofortige Vollstreckung dem Verurteilten oder (!) Wenn über die Ausl~gung eines Strafurteils
seiner Familie erhebliche, außerhalb des Straf- od,:;r über die Berechnung der. erkannten Strafe
zwecks liegende Nachteile erwachsen. Zweifel entstehen, oder wenn Einwendungen gegen
(2) Der Strafaufschub darf den Zeitraum von vier. die Zulässigkeit .der Strafvollstreckung erhoben
Monaten nicht übersteigen. werden, so ist die Entscheidung des Gerichts herbei-
(3) Die Bewilligung kann an eine Sicherheits- zuführen.
leistung oder andere Bedingungen geknüpft werden. (2) Das Gericht entscheidet ferner, wenn in den
Fällen der §§ 455, 456 und 456 c Abs. 2 Einwen-
§ 456 a
dungen gegen die Entscheidung der Vollstreckungs-
(!) Die Vollstreckungsbehörde kann von der
Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder einer Maß- behörde erhoben werden, oder wenn die Voll-
regel der Sicherung und Besserung absehen, wenn streckungsbehörde anordnet, daß an einem Ausge-
der Verurteilte wegen einer anderen Tat einer aus- lieferten oder Ausgewiesenen die Vollstreckung
ländischen Regierung ausgeliefert, oder wenn er einer Strafe oder einer 1' [aßregel der Sicherung und
aus dem Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes Besserung nachgeholt werden soll, und Einwendun-
ausgewiesen wird. gen gegen diese Anordnung erhoben werden.
674 Bunc;esgesetzblatl, Jahrgang 1950
13) Der Fortgang der Vollstreckung wird hier- § 463
durch nicht gehemmt; das Gericht kann jedoch Die- Vollstreckung der über eine Vermögensstrafe
einen Aufschub oder eine Unterbrechung der Voll- ergangenen Entscheidung richtBt sich nach den
streckung anordnen. In den Fällen des § 456 c Abs. 2 Vorschriften,. die für die Vollstreckung von Ur-
kann das Gericht eine einstweilige Anordm.mg teilen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten gelten.
treffen. § 463 a
§ 459
(1) Die Vorschriften über die Strafvollstreckung
Kann eine Geldstrafe nicht beigetrieben werden
gelten für die Vollstreckung von Maßregeln der
und ist die Festsetzung der für diesen Fall ein-
Sicherung und Besserung sinngemäß, soweit nichts
tretenden Freiheitsstrafe unterlassen worden; so ist
anderes bestimmt ist.
die Geldstrafe nachträglich von dem Gericht in
diese Freiheitsstrafe umzuwandeln, (2) Bei der Unterbringung in einer Heil- oder
Pflegeanstalt ist der Aufschub der Vollstreckung
§ 460
auf Grund des § 455 Abs. 1, bei der Sicherungs-
Ist jemand durch verschiedene rf'chtskräftige Ur-
verwahrung der Aufschub auf Grund des § 456
teile zu Strafen verurteilt worden, und sind dabei
nicht zulässig.
die Vorschriften über die Zuerkennung einer Ge-
samtstrafe (§ 79 des Strafgesetzbuchs) außer. Be- (3) § 462 gilt a1,1ch für die nach den §§ 42 f bis
tracht geblieben, so sind die erkannten Strafen 42 h und § 42 1Abs. 4 des Strafgesetzbuchs zu treffen·
durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung den Entscheidungen.
auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen. Zweiter Abschnitt
§ 461 Kosten des Verfahrens
( 1) Ist der Verurteilte nac,h Beginn uer Strafvoll-
§ 464
streckung wegen Krankheit in eine von der Straf-
anstalt getrennte Krankenanstalt gebracht worden, (1) Jedes Urteil, jeder Strafbefehl, jede Strafver-
so ist die Dauer des Aufenthalts in der Kranken- fügung und jede eine Untersuchung einstellende
anstalt in die Strafzeit einzurechnen, wenn nicht Entscheidung muß darüber Bestimmung treffen, von
der Verurteilte mit der Absicht, die Strafvoll- wem die Kosten des Verfahrens zu tragen sind.
streckung zu unterbrechen, die Krankheit herbei- (2) Die Höhe der Kosten und Auslagen, die ein Be-
geführt hat. teiligter einem anderen Beteiligten zu erstatten hat,
(2) Die Staatsanwaltschaft hat im letzteren Falle wird auf Antrag eines Beteiligten durch den Ur-
eine Entscheidung des Gerichts herbeizuführen. kundsbeamten der Geschäftsstelle festgesetzt. Auf
§ 462 das Verfahren und auf die Vollstreckung der Ent·
(!) Die bei der Strafvollstreckung notwendig scheidung sind die Vorschriften der Zivilprozeß-
werdenden gerichtlichen Entscheidungen (§§ 458 bis ordnung entsprechend anzuwenden.
461) werden von dem Gericht. des ersten Rechts- § 465
zuges ohne mündliche Verhandlung Brlassen. (!) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte
(2) Vor der Entscheidung ist der Staatsanwalt- insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren
schaft und dem Verurteilten Gelegenheit zu geben, wegen einer Tat entstanden sind, wegen deren er
Anträge zu stellen und zu begründen. verurteilt oder eine Maßregel der Sicherung und
(3) Kommt es auf die Festsetzung einer Gesamt- Besserung gegen ihn angeordnet wird. Zu den
strafe an (§ 460). und waren die verschiedenen hier- Kosten des Verfahrens gehören auch die durch die
durch abzuändernden Urteile von verschiedenen Vorbereitung der öffentlichen Klage entstandenen
Gerichten erlassen, so steht die Entscheidung dem sowie die Kosten der Vollstreckung einer Strafe,
Gericht zu, das auf die schwerste Strafart, oder bei Nebenstrafe oder Nebenfolge oder einer vom Ge•
Strafen gleicher Art auf die höchste Strafe erkannt richt angeordneten Maßregel der Sicherung und
hat, falls hiernach aber mehrere Gerichte zuständig Besserung.
sein würden, dem, dessen Urteil z'uletzt ergangen (2) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener
ist. War das hiernach maßgebende Urteil von einem Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß
Gericht eines höheren Rechtszuges erlassen, so setzt nicht für die Kosten.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Gesamtstrafe
§ 466
fest; war eines der Strafurteile von dem Bundes-
gerichtshof oder einem Oberlandesgericht im ersten Mitangeklagte, gegen die in bezug auf dieselbe
Rechtszug erlassen, so setzt der Bundesgerichtshof Tat auf Strafe erkannt oder eine Maßregel der
oder das Oberlandesgericht die Gesamtstrafe fest. Sicherung und Besserung angeordnet wird; haften
(4) Gegen diese Entscheidungen ist, sofern sie für die Auslagen als Gesamtschuldner. Dies gilt
nicht von dein Bundesgerichtshof oder einem Ober- nicht für die durch die Vollstreckung, die Unter-
landesgericht erlassen sind, sofortige Beschwerde suchungshaft oder die einstweiHge Unterbringung
zulässig. · entstandenen Kosten.
§ 462 a § 467
Das AmtsgBricht darf seine Strafgewalt auch bei (1) Einern freigesprochenen oderaußerVerfolgung
der nachträglichen Bildung einer Gesamtstrafe gesetzten Angeschuldigten sind nur solche Kosten
(§ "460) nicht ühers~hreiten. Ist nach § 462 Abs. 3 aufzuerlegen, die er durch eine schuldhafte Ver-
das Amtsgericht zur Bildung der Gesamtstrafe zu- säumnis verursacht hat.
ständig und reicht seine Strafgewalt nicht aus, so (2) Die dem Angeschuldigten erwachsenen not-
entscheidet die Strt1fkammer des ihm übergeord- wendigen Auslagen können der Staatskasse auf-
·neten Landgerichts. erlegt werden.
Nr. 40 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. September 1950 675
(3) Diese Vorschriften gelten nicht, wenn gegen nach der Bestimmung des § 91 der Zivilprozeß•
den Angeschuldigten die Unterbringung in einer ordnung die unterliegende Partei der obsiegendeu
Heil· oder Pflegeanstalt angeordnet wird. zu erstatten hat.
§ 472
§ 468 (1) Wird in dem Falle des § 175 der Angeschul-
Bei wechselseitigen Beleidigungen oder Körper- digte außer Verfolgung gesetzt oder freigesprochen,
verletzungen wird die Verurteilung eines oder oder wird das Verfahren eingestellt, so sind auf
beider Teile in die Kosten dadurch nicht ausge- den Antragsteller die Vorschriften des § 471 Abs. 2
schlossen, daß einer oder beide für straffrei erklärt bis 5 entsprechend anzuwenden. Das Gericht kann
werden. jedoch den Antragsteller von der Tragung der
Kosten ganz oder tetlweise befreien.
§ 469
(2) Vor der Entscheidung über den Kostenpunkt
(1) Ist ein wenn auch nur außergerichtliches ist d,:,r Antragsteller zu hören, sofern er nicht als
Verfahren durch eine vorsiilzlich oder leichtfertig Nebenkläger aufzutret.en berechtigt war.
erstatlete unwahre Anzeige veranlaßt worden, so
kann das Gericht dem Anzeigenden, nachdem er § 472 a
gehört worden ist, die der Staatskasse und dem (!) Soweit dem Antrag auf Zuerkennung eines
Beschuldigten erwachsenen Kosten auferlegen. aus der Straftat erwachsenen Anspruchs oder einer
(2) War noch kein Gericht mit der Sache befaßt, Buße stattgegeben wird, hat der Angeklagte auch
so ergeht die Entscheidung auf Antrag der Staats- die dadurch entstandenen besonderen Kosten und
anwaltschaft durch das Gericht, das für die Eröff- die notwendigen Auslagen des Verletzten zu
nung des Hauptverfahrens zuständig gewesen wäre. tragen. ·
(3) Gegen die Entscheidung findet sofortige Be- (2) Sieht d·as Gericht von der Entscheidung über
schwerde statt. den Antrag ab, wird ein Teil des Anspruchs dem
Verletzten nicht. zuerkannt, wird die Zuerkennung
§ 470 einer Buße abgelehnt oder nimmt Jer Verletzte
Wird das Verfahren wegen Zurücknahme des den Antrag· zurück, so entscheidet das Gericht
Antrags, durch den es bedingt war, eingestellt, so nach pflichtgemäßem Ermessen, wer .die insoweit ent•
hat der Antragsteller die Kosten sowie die dem Be· standenen gerichtlichen Auslagen und die insoweit
.schuldigten e.rwachsenen notwendigen Auslagen zu den Beteiligten erwachsenen notwendi~en Aus•
tragen. lagen trägt. Die gerichtlichen Auslagen können der
Staatskasse auferlegt werden, soweit es unbillig
§ 471 wäre, die Beteiligten· damit zu belasten.
(!) In einem Verfahren auf erhobene Privatklage § 473
hat der Verurteilte auch die dem Privatkläger er-
wachsenen notwendigen Auslagen zu erstatten. (!) Die Kosten eines zurückgenommenen oder
erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der
(2) Wird der Beschuldigte außer Verfolgung ge· es eingelegt hat. War das Rechtsmittel von der
setzt oder freigesprochen, oder wird das Verfahren
Staatsanwaltschaft eingelegt, so können die. dem
eingestellt, so fallen dem Privatkläger die Kosten Beschuldigten erwachsenen notwendigen Aus•
des Verfahrens sowie die dem Beschuldigten er- lagen der Staatskasse auferlegt werden. Hatte das
wachsenen notwendigen Auslagen zur Last. Rechtsmittel teilweise Erfolg, so kann das Gericht
(3) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens die Gebühr ermäßigen· und die entstandenen Aus·
und die notwendigen Auslagen der Beteiligten an- lagen angemessen verteilen.
gemessen verteilen oder nach pflichtgemäßem Er- (2) Dasselbe gilt von den Kosten, die durch
messen einem der Beteiligten auferlegen, wenn einen Antrag auf Wiederaufnahme des durch ein
1. es den Anträgen des Privatklägers nur zum rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens
Teil entsprochen hat; verursacht worden sind.
2. es das Verfahren nach § 383 Abs. 2 (§ 390 (3) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den
Abs. 5) wegen Geringfügigkeit eingestellt hat; vorigen Stand fallen dem Antrag,steller zur Last,
soweit sie nicht durch einen unbegründeten Wider·
3. Widerklage erhoben worden ist.
spruch des Gegners entstanden sind.
(4) Mehrere Privatkläger haften als Gesamt-
schuldner. Das gleiche gilt hinsir:htlich der Haf- § 474
tung mehrerer Beschuldigter für die derrl Privat- In den zur Zuständigkeit des Bundesgerichts-
kläger erwachsenen notwendigen Auslagen. hofes im ersten Rechtszug gehörenden Sachen sind
(5) Die zu erstattenden Auslagen umfassen auch die von der Staatskasse zu tragenden Kosten der
die Entschädigung für die durch notwendige Reisen Bundeskasse aufzuerlegen.
oder durch die notwendige Wahrnehmung von
§ 474 a
Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die
Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften Wird nach einem Urteil gegen einen Abwes·en·
sind entsprechend anzuwenden. Hat sich der Geg- den die Hauptverhandlung erneuert (§ 282 c), so
ner der erstattungspflichtigen Partei eines Rechts- können ihm die Kosten der früheren Hauptver·
anwalts bedient, so sind die Gebühren und Aus- · handlung in dem neuen Urteil auch dann auf·
la2en des Anwalts insoweit einbegriffen, als solche erlegt werden, wenn er freigesprochen wird.
676 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1950
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