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Bunde~gesetzblatt ·
Lt.
1 949 Ausgegeben in Bonn am 23. Mai 1949 Nr. 1
Inhalt: Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 . . . . . . . . . . . . . . . . . . • . . . . . . Seite '1
Grundgesetz I. Die Grundrechte
für die Bundesrepublik Deutschland
Artikel 1
vom 23. Mai 1949. (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie
Der Parlamentarische Rat hat am 23. Mai 1949 zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller
in Bonn am Rhein in öffentlicher Sitzung festge- staatlichen Gewalt.
stellt, daß das am 8. Mai des Jahres 1949 vom Par- (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu
lamentarischen Rat beschlossene G r u n d g e s e t z unverletzlichen und unveräuß,erlichen Menschen-
für die Bund,esrepublik tDeutsch- . rechten als Grundla-ge jeder menschlichen Gemein-
1 an d in der Woche vom 16. - 22. Mai 1949 schaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der
durch die Volksvertretung,en von mehr als Zwei- Welt.
dritteln der beteiligten deutschen Länder angenom- (3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Ge-
men worden ist. setzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung als
Auf Grund dieser Feststellung hat der Parlamen- unmittelbar geltendes Recht.
tarische Rat, vertreten durch seine Präsidenten,
das Grundgesetz ausgefertigt und verkündet. Artik·el 2
Das Grundgesetz wird hiermit gemäß Artikel 145 (1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung
Absatz 3 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht: seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte an-
derer verletzt und nicht gegen die verfassungs-
Präambel mäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körper---
Im Bewußt.sein .seiner Verantwor- liche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist
tung vor Gott und den Menschen, unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund
von dem Willen beseelt, seine na- eines Gesetzes eingegriffen werden.
tionale und staatliche Einheit zu
wahren und als gleichberechtigtes Artikel 3
Glied in einem vereinten Europa dem ( 1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
Frieden der Welt zu dienen, hat das (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt.
Deutsche Volk (3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes,
in den Ländern Baden, Bayern, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache,
Bremen, Hamburg, He·ssen, Nie- seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, s.einer
dersachs,en, Nordrhein-West-: religiösen oder politischen Anschauungen benach-
falen, Rheinland-Pfalz, Schles- teiligt o4er bevorzugt werden.
wig-Holstein, Württemberg-Ba-
den und Württemb,erg-Hohen· Artikd 4
zollern,
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens
um dem staatlichen Leben für eine
. und die Freiheit des religiösen und weltanschau-
Übergangszeit eine neue Ordnung
lichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
zu geben,
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird ge-
k r a f t s e i n e r ·v e r f a s s u n g s g e b e 'n d e n
Gewalt dieses Grundgesetz der Bun- währleistet.
desrepublik Deutschland beschlossen. (3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum
Kr;egsdienst · •mit der Waffe gezwungen werden.
E s h a t a u c h f ü r j e r. e D e u t s c h e n g e-
Das Näher,e regelt ein Bundesges,etz. ·
h an de lt, denen mitzuwirken ver-
sagt war. Artikel 5
Das g,esamte Deutsche Volk bleibt
aufgef~rdert, 1n freier Selbstbe- (l) Jeder hat das Recht, seine Meinung in W?rt,
stimmung die Einheit und Freiheit Schrift -und Bild frei zu äußern und zu verbreiten
D e u t s c h 1 a n d s z u v o 11 e n d e n. und sich aus allgemein zugänglichen Quellen UQ-
2 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1949
gehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und schauungsschule errichtet werden soll und eine öf-
dir Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk fentliche Volks:schule dieser Art in der Gemeinde
und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht beisteht.
nicht statt. (6) Vorschulen bleiben aufgehoben.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den
Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetz- Artikel 8
liehen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und
in dem Recht der persönlichen Ehre. . (1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne
Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waf-
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und
fen zu versammeln.
Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet
nicht von der Treue zur Verfas1sung. (2) Für Versammlungen unter freiem Himmel
kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund
eines Gesetzes beschränkt werden.
Artikel 6
(1) Ehe und Familie stehen unter dem beson- Artikel 9
deren Schutze der staatlichen Ordnung.
( 1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das
und Gesdlschaften zu bilden.
natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst
ihnen obliegende Pflicht. Ober ihre Betätigung (2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tä-
wacht die staatliche Gemeinschaft. · tigkeit den Strafge1s•etzen zuwiderlaufen oder die
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtig- sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder
ten dürfen Kinder nur auf Grund eines Ges,.etzes gegen den Gedanken der Völkerverständigung rich-
von der Familie getrennt werden, wenn die Er- t~n, sind verboten.
. ziehungsberechtigt•en versagen oder wenn die Kin- (3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der
der aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen. Arbeit1s- und Wirtschaftsbedingungen V ereinigun-
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz gen zu bilden, ist für jedermann und für alle Be-
und die Fürsorge der Gemeinschaft. rufe gewähdeist,et. Abreden, die dieses Recht ein-
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Ge- schränk~n oder zu behindern suchen, sind nichtig,
setzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leih- 1 hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig.
liehe und seelische Entwicklung und ihre Stellung
in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Artikel 10
Kindern.
Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fern-
Artikel 7 meldegeheimnis sind unverletzlich. Beschränkungen
dürfen nur auf Grund eines Gesetzes angeordnet
(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Auf~ werden.
sieht des Staates.
(2) Die Erziehungsh;rechtigten haben das Recht, Artikel- 11
über die Teilnahme des Kindes am Religionsunter- ( 1) Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im
richt zu bestimmen. ganzen Bundesgebiet.
(3) Der Religionsunterricht ist in den öffent-
lichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien (2) Dieses Recht darf nur durch Gesetz und nur
Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine
staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religions- ausreichende Lebensgrundlage nicht vorhanden ist
unterricht in Übereinstimmung mit den Grund- und der Allgemeinheit daraus besondere Lasten ent-
sätzen der Religionsgemein:schaften erteilt. Kein stehen würden und in denen es ,zum Schutze der
Lehrer darf gegen s,einen Willen verpflichtet wer- Jugend vor Verwahrlosung, zur Bekämpfung von
den, Religionsunterricht zu erteilen. Seuchengefahr oder um strafbaren Handlungen
vorzubeugen, erforderlich ist.
( 4) Das Recht z~ Errichtung von prjvaten
Schulen wird gewährleistet. Private Schulen als
Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Ge- Art i k e 1 12
nehmigung des Staates und unterstehen den Landes- (1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Ar-
gesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn beitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen.
die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Ein- Die Berufsausübung kann durch Gesetz geregelt
richtungen sowie in der wissenischaftlichen Aus- werden.
bildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffent-
lichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit
der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern g,ezwungen werden, außer im Rahmen einer her-
nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu ver- kömmlichen allgemeinen, für alle glieichen öffent-
sagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stel- lichen Dienstldstungspflicht.
lung der Lehrkräfte nicht g.enügend gesichert ist. (3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich an-
(5) Eine private Volks;chule ist nur zuzulassen, geordneten Freiheitsentziehung zulässig.
wenn die Unterrichtsverwaltung ein besonder,es
pädagogisches Interesse anerkennt oder, auf An-
Artik,el 13
trag von Erziehungsberechtigten, wenn sie als Ge-
meinschaftsschule, als Bek,enntnis- oder W eltan- (1) Di,e Wohnung ist unverletzlich.
Nr. 1 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 23. Mai 1949 3
(2} Durchsuchungen dürfen nur durch den Rich- Asylrecht (Artikel 16 Absatz 2) zum Kampfe gegen
ter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den die freiheitliche demokratische Grundoränung miß-
Gesetzen vorgesehenen anderen Organe· angeordnet braucht, verwirkt dies e Grundrechte. Die V erwir-
1
und nur in der dort vorgeschriebenen Form durch- kung und ihr Ausmaß werden durch das Bundes-
geführt werden. v·erfassungsgericht ausgesprochen.
(3) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im
übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr Artikel 19
oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf (1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grund-
Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringen- recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes
der Gefahren für die öffentliche Sicherheit und eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz all-
Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raum- gemein und nicht nur für den Einzelfall gelten.
not, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter
Schutze gefährdeter jugendlicher · vorgenommen Angabe des Artikels nennen.
werden.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in sei- ·
nem Wesensgehalt anget,astet werden.
Art i k e 1 14
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden ge- juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach
währleistet. Inhalt und Schranken werden durch auf diese anwendbar sind.
di,e Gesetze bestimmt.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll in seinen Recht,en verletzt, so steht ihm der Rechts-
zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. weg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All- begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg ge-
gemeinheit zuläis1sig. Sie darf nur durch Gesetz oder geben.
auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das A tt und ·
Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädi- II. Der Bund und die Länder
gung ist unter gerechter Abwägung der Interessen
der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestim- Art i k e 1 20
men. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im
Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Ge- (1) Die Bundesrepublik Deutschland ist em de-
richten offen. mokratischer und sozialer· Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie
Artikel 15 wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen
und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der
Grund und Boden, Naturschätze und Produk-
voll~iehenden Gewalt und der Rechtsprechung
tionsmittel können zum Zwecke der Vergesdl-
schaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß ausgeübt.
der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder (3) Die Gesetzgebung i~t an die verfassung~-
in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt mäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die
werden. Für die Entschädigung gilt Artikel 14 Ab- Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht ge-
satz 3 Satz 3 und 4 entsprechend. bunden.
Art i k e 1 21
Artikel 16
(1) Die Parteien wirken bei der politischen Wil_-
( 1) Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht
lensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei.
entzogen werden. Der Verlust der Staatsangehörig-
Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grund-
keit .darf nur auf Grund eines Gesetzes und gegen
sätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft
den Willen des Betroffenen nur dann eintreten, wenn
ihrer Mittd öffentlich Rechenschaft geben. _
der Betroffene dadurch nicht staatenlos wird.
(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder na~h
(2) Kein Deutscher darf an das Ausland ausge- dem V erhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die
liefert werden. Politisch Verfolgte genießen Asyl- freiheitliche demokratische Grundordnung zu be-
recht. einträchtigen oder zu beseitigen oder :len Bestand
Artikel 17 der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind
verfassungswidrig. Ober di,e Frage der Verfassungs-
Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in widrigkeit entscheidet das Bundesverfassungs·
Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten gericht.
oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und (3) Das Nähere regeln Bundesgesetze.
an die Volksvertretung zu wenden.
Art i k e 1 22
Artikel 18
Die Bundesflagge ist schwarz-rot-gold.
Wer die Freiheit der Meinungsäußerung, insbe-
sondere die Pressefreiheit (Artikel 5 Absatz 1 ), die
Lehrfreiheit (Artikel 5 Absatz 3), die Versamm- Art i k e 1 23
lungsfreiheit (Artikel 8), die Vereinigungsfreiheit Dieses Grundgesetz gilt zunächst im Gebiete der
(Artikel 9), das Brief-, Post- und Fernmeldegeheim- Länder Baden, Bayern, Bremen, Groß-Berlin, Ham-
nis (Artikel 10), das Eigentum (Artikel 14) oder das burg, Hessen, Niedersachs,en, Nordrhein-\~l estfalen~
4 Bunciesgesetzbiatt, Jahrgang 194j
Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Württem- Art i k e 1 29.
berg-Baden und Württemberg-Hohenzollern. In ( 1) Das Bundesgebiet ist unter Berücksichtigung
anderen Teilen Deutschlands ist es nach deren Bei- der landsmannschaftlichen Verbundenheit, der ge-
tritt in Kraft zu setzen.
schichtlichen und kulturellen Zusammenhänge, der
wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit und des sozialen
Art i k e 1 24 Gefüges durch Bundesgesetz neu zu gliedern. Die
(1) Der Bund kann durch Gesetz Hoheitsrechte Neugliederung soll Länder schaffen, die nach
auf zwischen~taatliche Einrichtungen übertragen. Größe und Leistungsfähigkeit die ihnen obliegen-
den Aufgaben w:irksam erfüllen können.
(2) Der Bund kann sich zur Wahrung des Frie-
dens einem System gegenseitiger kollektiver Sicher- (2) In Gebietsteilen, die bei der Neubildung der
heit einordnen; er wird hierbei in die Beschrän - Länder nach dem 8. Mai 1945 ohne Volksabstim-
kungen seiner Hoheitsrechte einwilligen, die eine mung ihre Landeszugehörigkeit gc:indert haben~
friedliche und dauerhafte Ordnung in Europa und kann binnen eines Jahres nach Inkraf ttrcten des
zwischen den Völkern der Welt herbeiführen und Grundgesetzes durch Volksbegehren eine bestimmte
sichern. Anderung der über die Landeszugehöri?,keit getrof-
fenen Entscheidung gefordert werden. D;:.s Volks-
(3) Zur Regelung zwischenstaatlicher Streitig-
begehren bedarf der Zustimmung eines Zehntels der
keiten wird der Bund Vereinbarungen über eine zu den Landtagen wahlberechtigten Bevölkerung.
allgemeine, umfassende, obligatorische, interna-
Kommt das Volksbe1:;ehren zustande, so hat die
tionale Schiedsgerichtsbarkeit beitreten.
Bundesregierung in den Gesetzentwurf über die
Neugliederung eine Bestimmung über die Landes-
Art i k e1 25 zugehörigkeit des Gebie~steiles aufzunehmen.
Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind (3) Nach Annahme des Gesetzes ist in jedem
Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Ge- Gebiete, dessen Landeszugehörigkeit geändert wer-
setzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten un- -den soll, der Teil des Gesetzes, der dieses Gebiet
mittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes. betrifft, zum Volksentscheid zu bringen. Ist ein
Volksbegehren nach Absatz 2 zust<1.ndegekommen,
Art i k e 1 26 s0 ist in dem betreffenden Gebiete in jedem Falle
(1) Handlungen, die geeignet sind und in der ein Volksentscheid durchzuführen.
Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zu- ( 4) Soweit dabei das Gesetz mindestens in einem
sammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Gebietsteil abgelehnt wird, ist es erneut bei dem
Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind Bundestage einzubringen. Nach erneuter Verab-
verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen. schiedung bedarf es insoweit der Annahme durch
(2) Zur Kriegführung bestimmte Waffen dürfen Volksentscheid im gesamten Bundesgebiete.
nur mit Genehmigung der Bundesregierung her- (5) Bei einem Volksentscheide entscheidet die
gestellt, befördert und in Verkehr gebracht werden. Mehrheit der abgegebenen Stimmen.
Das Nähere regdt ein Bundesgesetz. ( 6) Das Verfahren regelt ein Bundesgesetz.. Die
N euglied~rung soll vor Ablauf von drei Jahren
Art i k e 1 27 nach Verkündung des Grundges-etzes und, falls sie
Alle deutschen Kauffahrteischiffe bilden eme als Folge des .Beitrittes eines anderen Teiles von
einheitliche Handelsflotte. Deutschland notwendig wird, innerhalb von zwe1
Jahren nach dem Beitritt geregelt sein.
Art i k e 1 28 (7)' Das V erfahren über jede sonstige Anderung
des Gebietsbestandes der Länder regelt ein Bundes-
(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Län- gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates und
dern muß den Grundsätzen des republikanischen, der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages be-
demokratischen und sozialen ltechtsstaates im Sinne darf.
dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern,
Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Ver- Art i k e 1 30
tretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, Die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die
freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorge- Erfüllung der staatlichen Aufgaben ist Sache der
gangen ist. In Gemeinden kann an die Stelle einer Länd_er, soweit dieses Grundgesetz keine andere
gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung Regelung trifft oder zuläßt.
treten.
(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet Artikel 31
sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemein-
schaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verant- Bundesrecht bricht Landesrecht.
wortung zu regeln. Auch' die Gemeindeverbände
haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgaben~ Art i k e 1 32
bereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der (1) Die Pflege der Beziehungen zu auswärtigen
Se! bstverwal tung. Staaten ist Sache des Bundes.
(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungs~ (2) Vor dem Abschlusse eines Vertrages, der die
mäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und besonderen Verhältnisse eines Landes berührt, ist
den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht. das Land rechtzeitig zu hören.
Nr. 1 - Tag cier Ausgaoe: Bonn, den 23 . .Mai 1949 s
(3) Soweit die Länder für die Gesetzgebun.g zu-
ständig sind, können sie mit Zustimmung der Bun- III. Der Bundestag
desregierung mit auswärtigen Staaten Verträge ab-
schließen. Art i k e 1 38
( 1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages
Artikel 33 werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, glei..,
eher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind V ertretcr
(1) Jeder Deutsche hat in jed.::m Lande die glei-
des ganzen Volkes, an Aufträge und \'v eisungen
chen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unter-
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignu;--;2,, Be- worfen.
fähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang (2) Wahlberechtigt ist, ,ver das einundzwan-
zu jedem öffentlichen Amte. zigste, wählbar, wer das fünfundzwanz'igstcLebens-
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürger- jahr vollendet hat.
licher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Am- (3) Das Nähere bestimmt ein· ßundesgesetz.
tern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen
Rechte sind unabhängig von dem religiösen Be- Artikel 39
kenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit
(1) Der Bundestag wird auf vier Jahre gewählt.
oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse
Seine Wahlperiode endet vier Jahre nach dem
oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
ersten Zusammentritt oder mit seiner Auflösung.
(4) Die Ausübung hohcitsrcchtlicher Befugnisse Die Neuwahl findet im letzten Vierteljahr der
ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen Wahlperiode statt, im falle· der Auflösung spä-
des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in testens nach sechzig Tagen.
einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treuever- (2) Der Bundestag tritt spätestens am dreißigsten
hältnis stehen. Tage nach der \Y/ ahl, jedoch nicht vor dem Ende
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist un- der Wahlperiode des letzten Bundestages zu-
ter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze sammen.
des Berufsbeamtentums zu regeln. (3) Der Bundestag bestimmt den Schluß und den
Wiederbeginn seiner Sitzungen. Der Präsident ~es
Art i k e 1 34 Bundestages kann ihn früher einberufen. Er 1st
hierzu verpflichtet, wenn ein Drittel der Mitglie-
Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anver- der, der Bundespräsident oder der Bundeskanzler
trauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten es verlangen.
gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die V er-
antwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Art i k e 1 40
Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz
(1) Der Bundestag wählt · seinen Präsidenten,
oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vor-
behalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und dessen Stellvertreter und die Schriftführer. Er gibt
für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg sich eine Geschäftsordnung.
nicht ausgeschlossen werden. (2) Der Präsident übt das Hausrecht und die Po-
lizeigewalt im Gebäude des Bundestages aus. Ohne
seine Genehmigung darf in den Räumen des Bun-
Art i k e 1 35 destages keine Durchsuchung oder Beschlagnahme
Alle Behörden des Bundes und der Länder leisten stattfinden.
,ich gegenseitig Rechts- und Amtshilfe.
Artikel 41
(1) Die Wahlprüfung ist Sache des Bundestages-
A r t i k e 1 36
Er entscheidet auch, ob ein Abgeordneter des Bun-
Bei den obersten Bundesbehörden sind Beamte aus destages die Mitgliedschaft verloren hat.
allen Ländern in angemessenem Verhältnis zu ver- (2) Gegen die Entscheidung des Bundestages_ ist
wenden. Die bei den übrigen Bundesbehörden be- die Beschwerde an das Bundesverfassungsgericht
schäftigten Personen sollen in der Regel aus dem zulässig.
Lande genommen werden, in dem sie tätig sind.
(3) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
_Art i k e 1 -37 Art i k e 1 42
(1) Wenn ein Land die ihm nach dem Grund- ( 1) Der Bundestag verhandelt öffentlich. Auf
gesetze oder einem anderen Bundesgesetze obliegen- Antrag eines Zehntels seiner Mitglieder oder auf
den Bundespflichten nicht erfüllt, kann die Bundes- Antrag der Bundesregierung kann mit Zweidrittel-
regierung mit Zustimmung des Bundesrates die not- mehrheit die tHfentlichkeit ausgeschlossen werden.
wendigen Maßnahmen trcff en, um das Land im über den Antrag wird in nichtöffentlicher Sitzung
Wege des Bundeszwanges zur Erfüllung seiner · entschieden.
Pflichten anzuhalten. (2) Zu einem Beschlusse des Bundestages ist die
(2) Zur Durchführung des Bundeszwanges hat Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlic_h, so-
die Bundesregierung oder ihr Beauftragter das W ei- weit dieses Grundgesetz nichts anderes best1mmt.
sungsrecht gegenüber allen Ländern un'd ihren Be- Für die vom Bundestage' vorzunehmenden Wahlen
hörden. kann die Geschäftsordnung Ausnahmen zulassen.
6 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1949
(3) Wahrheitsgetreue Berichte über die öffent- (4) Jedes Strafverfahren und jedes Verfahren ge-
lichen Sitzungen des Bundestages und seiner Aus- mäß Artikel 18 gegen einen Abgeordneten, jede
schüsse bleiben von jeder Verantwortlichkeit frei. Haft und jede sonstige Beschränkung seiner persön-
,lichen Freiheit sind auf Verlangen des Bundestages
Art i k e 1 43 auszusetzen.
(1) Der Bundestag und seine Ausschüss·e können
die Anwesenheit jedes Mitgliedes der Bundesregie- Art i k e 1 47
rung verlangen. Die Abgeordneten sind berechtigt, über Personen,
(2) Die Mitgli1eder des Bundesrates und der Bun- die ihnen in ihrer Eigenschaft als Abgeordnete oder
desregierung sowie ihre Beauftragten haben zu allen denen sie in dieser Eigenschaft Tatsachen anver-
Sitzungen des Bundestages und seiner Ausschüsse traut haben, sowie über diese Tatsachen selbst das
Zutritt. Sie müssen jederzeit gehört werden. Zeugnis zu verweigern. Soweit dieses Zeugnisver-
weigerungsrecht reicht, ist die Be·schlagnahme voa
Schriftstücken unzulässig.
Art i k e 1 44
(1) :per Bundestag hat das Recht. und auf An- Art i k e 1 48
trag eines Viertels seiner Mitglieder die Pflicht,
einen Untersuchungsausschuß einzusetzen, der in (1) Wer sich um einen Sitz im Bundestage be-
öffentlicher Verhandlung die erforderlichen Bewei- wirbt, hat Anspruch auf den zur Vorbereitung sei-
se erhebt. Die Offentlichkeit kann ausgeschlossen ner Wahl erforderlichen Urlaub.
werden. (2) Niemand dapf gehindert werden, das Amt
(2) Auf Beweiserhebungen finden die Vorschrif- eines Abgeordneten zu übernehmen und auszuüben.
ten über den Strafprozeß sinngemäß Anwendung. Eine Kündigung oder Entlassung aus diesem Grunde
Das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis bleibt ist unzulässig.
unberührt. (3) Die Abgeordneten haben Anspruch auf eine
angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Ent-
(3) Gerichte und Verwaltungsbehörden sind zur schädigung. Sie haben das Recht der freien Benut-
Rechts- und Amtshilfe verpflichtet. zung aller staatlichen Verkehrsmittel. Das Nähere
( 4) Die Beschlüsse der Untersuchungsausschüsse regelt ein Bundesgesetz.
sind der richterlichen Erörterung entzogen. In der
Würdigung und Beurteilung des der Unt,ersuchung Art i k e 1 49
zugrunde liegenden Sachverhaltes sind die Gerichte
frei. Für die Mitglieder des Präsidiums und des stän-
digen Ausschusses sowie für deren erste Stellvertre-
ter gelten die Artikel 46, 47 und die Absätze 2
Art i k e 1 45 und 3 des Artikels 48 auch für die Zeit zwischen
(1) Der Bundestag bestellt einen ständigen Aus- zwei Wahlperioden.
schuß, der die Rechte des Bundestages gegenüber der
Bundesregierung zwischen zwei W,ahl perioden zu
wahren hat. Der ständige Ausschuß hat auch die IV. Der Bundesrat
Rechte -eines Untersuchungsausschusses.
(2) Weitergehende Befugnisse, 1insbesondere das Art i k e 1 50
Recht der Gesetzgebung, der Wahl des Bundeskanz- Durch den Bundesrat wirken die Länder bei der
lers und der Anklage des Bundespräsidenten stehen Gesetzgebung und Verwaltung des Bundes mit.
dem ständigen Ausschuß nicht zu.
Art•ikel 51
Art i k e 1 46 (1) Der Bundesrat best,eht aus Mitgliedern der
(1) Ein Abgeordneter darf zu keiner Zeit wegen Regierungen der Länder, die sie bestellen und ab-
seiner Abstimmung oder wegen einer Äußerung, berufen. Sie können durch andere Mitglieder ihrer
die er im Bundesta,ge oder in einem seiner Aus- Regierungen vertreten werden.
schüsse getan hat, gerichtlich oder dienstlich ver~ (2) Jedes Land hat mindestens drei Stimmen,
folgt oder ·sonst außerhalb des Bundestages zur Länder mit mehr als zwei Millionen Einwohner
Verantwortung ge.zogen werden. Dies gilt nicht für haben vier, Länder mit mehr als sechs Millionen
verleumderische Beleidigungen. Einwohner fünf Stimmen.
(2) Wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung (3) Jedes Land kann so viele Mitglieder entsen-
darf ein Abgeordneter nur mit Genehmigung des den, wie es Stimmen hat. Die Stimmen eines Lan-
Bundestages zur Verantwortung gezogen oder ver- des können nur einheitlich und nur durch ,anwe-
haftet werden, es sei denn, daß er bei Begehung der sende Mitglieder oder deren Vertreter abgegeben
Tat oder im Laufe des folgenden Tages f estgenom- werden.
men wird.
(3) Die Genehmigung des Bundestages ist ferner Art i k e 1 52
bei jeder anderen Beschränkung der persönlichen (1) Der Bundesrat wählt seinen Präsidenten auf
Freiheit eines Abgeordneten oder zur Einleitung ein Jahr.
eines Verfahrens gegen einen Abgeordneten gemäß (2) Der Präsident beruft den Bundesrat ein. Er
Artikel 18 erforderlich. hat ihn einzuberufen, wenn die Vertreter von min-
Nr. 1 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 23. Mai 1949 7
destens zwei Ländern oder di,e Bundesregierung es Artikel 56
verlangen. Der Bundespräsident leistet bei seinem Amtsan-
(3) Der Bundesrat faßt seine Beschlüsse mit min- tritt vor den versammefoen Mitgliedern des Bun-
destens der Mehrheit seiner Stimmen. Er gibt sich destages und des Bundesrates folgenden Eid:
eine Geschäftsordnung. Er verhandelt öffentlich. „Ich schwöre, daß ich meine Kraft dem Wohle
Die Öffentlichkeit kann ausgeschlossen werden. des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen
( 4) Den Ausschii,ssen des Bundesrates können an- mehren, Schaden von ihm wenden, das Grund-
dere Mitglieder oder Beauftragte der Regi,erungen gesetz und die Gesetze des Bundes wahren und
der Länder angehören. verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfül-
len und Gerechtigkeit gegen jedermann üben
Art i k e 1 53 werde. So wahr mir Gott helfe."
Der Eid kann auch ohne religiöse Beteuerung ge-
Die Mitglieder der Bundesr~gierung haben das leistet werden.
Recht und auf Verlangen die Pflicht, an den Ver-
handlungen des Bundesrates und seiner Ausschüsse Art i k e 1 57
teilzunehmen. Sie müssen jederzeit gehört werden.
Die Befugnisse des Bundespräsidenten werden im
Der Bundesrat ist von der Bundesregierung über
Falle seiner Verhinderung oder bei vorzeitiger Er-
die Führung der Geschäfte auf dem Lauf enden zu
ledigung des Amtes durch den Präsidenten des Bun-
halten.
desrates wahrgenommen. ·
V. Der Bundespräsident Art i k e 1 58
Anordnungen und Verfügungen des Bund.esprä-
Art i k e 1 54 sidenten bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegen-
(1) Der Bundespräsident wird ohne Aussprache zeichnung durch den Bundeskanzler oder durch
von der Bundesversammlung gewählt. Wählbar ist den zuständigen Bundesminister. Dies gilt nicht für
jeder Deutsche, der das Wahlrecht zum Bundestage die Ernennung und Entlassung des Bundeskanzlers,
besitzt und das vierzigste Lebensjahr vollendet hat. die Auflösung des Bundestages gemäß Artikel 63
und das Ersuchen gemäß Artikel 69 Absatz 3.
(2) Das Amt des Bundespräsidenten dauert fünf \
Jahre. Anschließende Wiederwahl ist nur einmal Art i k e 1 59
zulässig.
(1) Der Bundespräsident vertritt den Bund_ völ-
(3) Die Bundesversammlung besteht aus den Mit- kerrechtlich. Er schließt im Namen des Bundes die
gliedern des Bundestages und einer gleichen Anzahl Verträge mit auswärtigen Staaten. Er beglaubigt
von Mitgliedern, die von den Volksvertretungen
und empfängt die Gesandten.
der Länder nach den Grundsätzen der Verhältnis~
wahl_ gewählt werden. (2) Verträge, welche die politischen Beziehungen
des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der
( 4) Die Bundesversammlung tritt spätestens drei- Bundesgesetzgebung beziehen, bedürfen der Zu-
ßig Tage vor Ablauf der Amtszeit des Bundesprä- stimmung oder der Mitwirkung der jeweils fi.ir die
sidenten, bei vorzeitiger Beendigung spätestens drei- Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in
ßig Tage nach diesem ZeitpunKt zusammen. Sie der Form eines Bundesgesetzes. Für Verwaltungs-
wird von dem Präsidenten des Bundestages einbe- abkommen gelten die Vorschriften über die Bundes-
rufen. verwaltung entsprechend.
(5) Nach Ablauf der Wahlperiode beginnt die
Frist des Absatzes 4 Satz 1 mit dem ersten Zusam- Art i k e 1 60
mentritt des Bundestages. . (1) Der Bundespräsident ernennt und entläßt die
( 6) Gewählt ist, -wer die Stimmen der Mehrheit Bundesrichter und die Bundesbeamten, soweit ge-
der Mitglieder der Bundesversammlung erhält. setzlich nichts anderes bestimmt ist.-
Wird dies,e Mehrheit in zwei Wahlgängen von (2) Er übt im Einzelfalle für den Bund das Be-
keinem Bewerber erreicht, so ist gewählt, wer in gnadigungsrecht aus.
einem weiteren Wahlgang die meisten Stimmen auf (3) Er kann diese Befugnisse auf andere Behör-
sich vereinigt. den übertragen.
(7) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz. (4) Die Absätze 2 bis 4 des Artikels 46 finden
auf den Bundespräsidenten entsprechende Anwen-
Art i k e 1 55 dung.
( 1) Der Bundespräsident darf weder der Regie- Artikel 61
rung noch einer gesetzgebenden Körperschaft des (1) Der Bundestag oder der Bundesrat können
Bundes oder eines Landes angehören. den Bundespräsidenten wegen vorsätzlicher Verlet-
(2) Der. Bundespräsident darf kein anderes be- zung des Grundgesetzes oder eines anderen Bundes-
soldetes Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf aus- gesetzes vor dem Bundesverfassungsgericht ankla-
üben und weder der Leitung noch dem Aufsichts- gen. Der Antrag auf Erhebung der Anklage muß
rate eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens von mindestens einem Viertel der Mitglieder des
angehören. Bundestages oder einem Viertel· der Stimmen des
8 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1949
Bundesrates gestellt werden. Der Beschluß auf Er- Artikel 66
hebung der Anklage bedarf der Mehrheit von zwei
Dritteln der Mitglieder des Bundestages oder von Der Bundeskanzler und die Bundesminister dür-
zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates. Die fen kein anderes besoldetes Amt, kein Gewerbe und
Anklage wird von einem Beauftragten der ankla- keinen Beruf ausüben und weder der Leitung noch
genden Körperschaft vertreten. ohne Zustimmung des Bundestages dem Aufsichts-
rate eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens
(2) Stellt das Bundesverfassungsgericht fest, daß angehören.
der Bundespräsident einer vorsätzlichen Verletzung
des Grundgesetzes oder eines anderen Bundesgeset- Art i k e 1 67
zes schuldig ist, so kann es ihn des Amtes für ver-
lustig erklären. Durch einstweilige Anordnung kann (1) Der Bundestag kann dem Bundeskanzler das
es nach der Erhebung der Anklage bestimmen, daß Mißtrauen nur dadurch aussprechen, daß er mit der
er an der Ausübung seines Amtes verhindert ist. Mehrheit seiner Mitglieder einen Nachfolger wählt
und den Bundespräsidenten ersucht, den Bundes-
kanzler zu entlassen. Der Bundespräsident muß dem
VI. Die Bundesregierung Ersuchen entsprechen und den Gewählten ernennen.
Art i k e 1 62 (2) Zwischen dem Antrage und der Wahl müssen
achtundvierzig Stunden liegen.
Die Bundesregierung besteht aus dem Bundes-
kanzler und aus den Bundesministern. Art i k e 1 68
Art i k e 1 63 (1) Findet ein Antrag des Bundeskanzlers, ihm
das Vertrauen auszusprechen, nicht die Zustim-
( 1) Der Bundeskanzler wird auf Vorschlag des mung der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages,
Bundespräsidenten vom Bundestage ohne Ausspra- so kann der Bundespräsident auf Vorschlag des
che gewählt. Bundeskanzlers binnen einundzwanzig Tagen den
(2) Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit Bundestag auflösen. Das Recht zur Auflösung er-
der Mitglieder des Bundestages auf sich vereinigt. lischt, sobald der Bundestag mit der Mehrheit sei-
Der Gewählte ist vom Bundespräsidenten zu er- ner Mitglieder einen anderen Bundeskanzler wählt.
nennen. (2) Zwischen dem Antrage und der Abstimmung
( 3) Wird der Vorgeschlagene nicht gewählt, so müssen achtundvierzig Stunden liegen.
kann der Bundestag binnen vierzehn Tagen nach
dem Wahlgange mit mehr als der Hälfte seiner Mit:- Art i k e 1 69
glieder einen Bundeskanzler wählen.
(1) Der Bundeskanzler ernennt emen Bundesmi-
(4) Kommt eine Wahl innerhalb dieser Frist nister zu seinem Stellvertreter.
nicht zustande, so findet unverzüglich ein neuer (2) Das Amt des Bundeskanzlers oder eines Bun-
Wahlgang statt, in dem gewählt ist, wer die mei- desministers endigt in jedem Falle mit dem Zusam-
sten Stimmen erhält. Vereinigt der Gewählte die mentritt eines neuen Bundestages, das Amt eines
Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundes- Bundesministers auch mit jed:>r anderen Erledigung
tages auf sich, so muß der BundeJi-:>'"äsident ihn bin- des Amtes des Bundeskanzlers.
nen sieben Tagen nach der Wahl ernennen. Erreicht
der Gewählte diese Mehrheit nicht, so hat der Bun- (3) Auf Ersuchen des Bund~'spräsidenten ist der _
despräsident binnen sieben Tagen entweder ihn zu Bundeskanzler, auf Ersuchen de~ Bundeskanzlers
ernennen oder den Bundestag aufzulösen. oder des Bundespräsidenten ein Bundesminister ver-
pflichtet, die Geschäfte bis zur Ernenml'ng seines
Nachfolgers weiterzuführen.
Art i k e 1 64
(1) Die Bundesminister werden auf Vorschlag
des Bundeskanzlers vom B:.mdesprä~1denten ernannt VII. Die Gesetzgebung · des Bundes,
und entlassen. ·
Art i k e 1 70
(2) Der Bundeskanzler und die Bundesminister
leisten bei der Amtsübernahme vor dem Bundestage . (1) Die Länder haben das Recht der Gesetzge-
den in Artikel 56 vorgesehenen Eid. bung, soweit dieses Grlmdgesetz nicht dem Bunde
Gesetzgebungsbefugnisse verleiht.
Art i k e 1 65 (2) Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen
Bund und Ländern bemißt sich nach den Vor-
Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der schriften dieses Grundgesetzes · über die ausschließ-
Politik und trägt dafür die Verantwortung. Inner- liche und .die konkurrierende Gesetzgebung.
halb dieser Richtlinien leitet jeder Bundesminister
seinen Geschäftsbereich selbständig und unter eige- Art i k e 1 71
ner Verantwortung. über Meinungsverschiedenhei-
ten zwischen den Bundesministern entscheidet die Im Bereiche der ausschließlichen Gesetzgebung
Bundesregit:,rung. Der Bundeskanzler leitet ihre Ge-• des Bundes haben die Länder die Befugnis zur Ge-
schäfte nach einer von der Bundesregierung be- setzgebung nur, wenn und soweit sie hierzu in
schlossenen und vom Bundespräsidenten genehmig- einem Bundesgesetze ausdrücklich ermächtigt wer-
ten Geschäftsordnung. den. ·
Nr. 1 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 23. Mai 1949
Art i k e 1 72 5. den Schutz deutschn~ Kuiturgutes gegen Ab-
wanderung in das .Ausland;
( 1) Im Bereiche der konkurrierenden Gesetzge-
bung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzge- 6. die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Ver-
bung, solange und soweit der Bund von seinem Ge- triebenen;
setzgebungsrechte keinen Gebrauch macht. 7. die öffentliche Fürsorge;
(2) Der Bund hat in diesem Bereiche das Gesetz- 8. die Staatsangehörigkeit in den Ländern;
gebungsrecht, soweit ein Bedürfnis nach bundesge- 9. die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
setzlicher Regelung besteht, weil
10. die V crsorgung, der Kriegsbeschädigten und
1. eine Angelegenheit durch die Gesetzgebung Kriegshinterbliebenen, die Fürsorge für die ehe-
.einzelner Länder nicht wirksam geregelt wer- maligen Kriegsgefangenen und die Sorge für
den kann oder die Kriegsgräber;
2. die Regelung einer Angelegenheit durch· ein
11. das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie,
Landesgesetz die Interessen anderer Länder
Energiewirtschaft, Handwerk, G_ewerbe, J:Ian-
oder der Gesamtheit beeinträchtigen könnte del, Bank- und Börsenwesen, pnvatrechthches
oder
Versicherungswesen);
3. die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftsein-
12. das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsver-
heit, insbesondere die Wahrung der Einheit-
fassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeits-
lichkeit der Lebensverhältnisse über das Ge-
biet eines Landes hinaus sie erfordert. vermittlung sowie die Sozialversicherung ein-
schließlich der Arbeitslosenversicherung;
Art i k e 1 73 13. die Förderung der wissenschaftlichen For-
schung;
Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung
über: 14. das Recht der Enteignung, soweit sie auf den
Sachgebieten· der Artikel 73 und 7 4 in Betracht
1. die auswärtigen Angelegenheiten; kommt;
2. die Staatsangehörigkeit im Bunde; 15. die Überführung von Grund und Boden, von
3. die Freizügigkeit, das Paßwesen, die Ein- und Naturschätzen und Produktionsmitteln in Ge-
Auswanderung und die Auslieferung; meineigentum oder in andere Formen der Ge-
4. das Währungs-, Geld- und Münzwesen, Maße meinwirtschaft;
und Gewichte . sowie die Zeitbestimmung; · 16. die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftli-
· 5. die Einheit des Zoll- und Handelsgebietes, die cher Machtstellung;
Handels- und Schif fahrtsverträge, die Freizü- 17. die Förderung der land- und forstwirtschaft-
gigkeit des Warenverkehrs und den Waren- lichen Erzeugung, die Sicherung der Ernäh-
und Zahlungsverkehr mit dem Auslande ein- rung, die Ein- und Ausfuhr land- und forst-
schließlich des Zoll- und Grenzschutzes; wirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und
6. die Bundeseisenbahnen und den Luftverkehr; Küstenfischerei und den Küstenschutz;
7. das Post- und Fernmeldewesen; 18. den Grundstücksverkehr, das Bodenrecht und
8. die Rechtsverhältnisse der im Dienste des Bun- das landwirtschaftliche Pachtwesen, das Woh-
des und der bundesunmittelbaren Körperschaf- nungswesen, das Siedlungs- und Heimstätten-
ten des öffentlichen Rechtes 1,tehenden Perso- wesen;
nen; 19. die Maßnahmen gegen gemeingefährliche und
9. den gewerblichen Rechtsschutz, das Urheber- übertragbare Krankheiten bei Menschen und
recht und das Verlagsrecht; Tieren, die Zulassung zu ärztlichen und an-
10. die .Zusammenarbeit des Bundes und der Län- deren Heilberufen und zum Heilgewerbe, den
der in der Kriminalpolizei und in Angelegen- Verkehr mit Arzneien, Heil- und Betäubungs-·
heiten des Verfassungsschutzes, die Einrich- mitteln und Giften; ·
tung eines Bundeskriminalpolizeiamtes sowie 20. den Schutz beim Verkehr mit Lebens- und Ge-
die internationale Verbrechensbekämpfung; nußmitteln sowie Bedarfsgegenständen, mit
11. die Statistik für Bundeszwecke. Futtermitteln, mit land- und forstwirtschaft-
lichem, Saat- und Pflanzgut und den Schutz
Artikel 74 der Bäume und Pflanzen gegen Krankheiten
und Schädlinge;
Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich
auf folgende Gebiete: 21. die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die
Seezeichen, die Binnenschiffahrt, _den Wetter-
1. das bürgerliche Recht, das Strafrecht und den dienst, die Seewasserstraßen und die dem all~
Strafvollzug, die Gerichtsverfassung, das ge~ gemeinen Verkehr dienenden Binnenwasser-
richtliche V erfahren, die Rechtsanwaltschaft, straßen;
das Notariat und die Rechtsberatung;
22. den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen und
2. das Personenstandswesen; den Bau und die Unterhaltung von Landstra-
3. das Vereins- und Versammlungsrecht; ßen des Fernverkehrs;
4. das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der 23. die Schienenbahnen, die nicht Bundeseisenbah-
Ausländer; nen sind, mit Ausnahme der Bergbahnen.
10 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1949
Art i k e 1 75 Bundestages zurückgewiesen werden. Hat der Bun-
desrat den Einspruch mit einer Mehrheit von min-
Der Bund hat das Recht, unter den Vorausset- destens zwei Dritteln seiner Stimmen beschlossen,
zungen des Artikels 72 Rahmenvorschriften zu er-
so bedarf die Zurückweisung durch den Bundestag
lassen über:
einer Mehrheit von zwei Dritteln, mindestens der
1. die Rechtsverhältnisse der im öffentlichen Mehrheit der Mitglieder des Bundestages.
Dienste der Länder, Gemeinden und anderen
Körperschaften des öffentlichen Rechtes ste- Art i k e 1 78
henden Personen;
2. die allgemeinen Rechtsverhältnisse der Presse Ein vom Bundestage beschlossenes Gesetz kommt
und des Films; zustande, wenn der Bundesrat zustimmt, den An-
trag gemäß Artikel 77 Absatz 2 nicht stellt, inn~r-
3. das Jagdwesen, den Naturschutz und die
halb der Frist des Artikels 77 Absatz 3 keinen Em-
Landschaftspflege; spruch einlegt oder ihn zurücknimmt oder wenn
4. die Bodenverteilung, die Raumordnung und der Einspruch vom Bundestage überstimmt wird.
den Wasserhaushalt;
5. das Melde- und Ausweiswesen. Art i k e 1 79
(1) Das Grundgesetz kann nur durch ein Gesetz
Art i k e 1 76 geändert werden, das den W ordaut des Grundge-
(1) Gesetzesvorlagen werden beim Bundestage setzes ausdrücklich ändert oder '.ergänzt.
durch die Bundesregierung, aus der Mitte des Bun- (2) Ein solches Gesetz bedarf der Zustimmung
destages oder durch den Bundesrat eingebracht. von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages
(2) Vorlagen der Bundesregierung sind zunächst und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates.
dem Bundesrate zuzuleiten. Der Bundesrat ist be- (3) · Eine Anderung dieses Grundgesetzes, durc_h
rec;htigt, innerhalb von drei Wochen zu diesen Vor- welche die Gliederung des Bundes in Länder, die
lagen Stellung zu nehmen. grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der qe-
(3) Vorlagen des Bundesrates sind dem Bundes- setzgebung oder die in den Artikeln 1 un? 20 me-
tage durch die Bundesregierung zuzuleiten. Sie hat dergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzu-
hierbei ihre Auffassung darzulegen. lässig.
Artikel 80
Artikel 77
( 1) Durch Gesetz können die Bundesregierung)
( 1) Die Bundesgesetze werden vom Bundestage ein Bundesminister oder die Landesregierungen er-
beschlossen. Sie sind nach ihrer· Annahme durch mächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen.
den Präsidenten des Bundestages unverzüglich dem Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der er-
Bundesrate zuzuleiten. teilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden.
(2) Der Bundesrat kann binnen zwei Wochen Die Rechtsgrundlage ist in der Verordnung anzu-
nach Eingang des Gesetzesbeschlusses verlangen, geben. Ist durch Gesetz vorgesehen, daß eine Er-
daß ein aus Mitgliedern des Bundestages und mächtigung weiter übertragen werden kann, so. be-
des Bundesrates für die gemeinsame Beratung von darf es zur Übertragung der Ermächtigung erner
Vorlagen gebildeter Ausschuß einberufen wird. Die •Rechtsverordnung.
Zusammensetzung und das Verfahren dieses Aus- (2) Der Zustimmung des Bundesr.ates ?edürfen,
schusses regelt eine Geschäftsordnung, die vom vorbehaltlich anderweitiger bundesgesetzlicher Re-
Bundestag beschlossen wird und der Zustimmung gelung, Rechtsverordnungen der Bundesregierung
des Bundesrates bedarf. Die in diesen Ausschuß oder eines Bundesministers über Grundsätze und
entsandten Mitglieder des Bundesrates sind nicht Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen der
an W,eisungen gebunden. Ist zu einem Gesetze die Bundeseisenbahnen und des Post- und Fernmelde-
Zustimmung des Bundesrates erforderlich, so kön- wesens, über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen,
nen auch der Bundestag und die Bundesregierung sowie Rechtsverordnungen auf Grund von Bundes-
die Einberufung verlangen. Schlägt der Ausschuß gesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates be-
eine Andcrung des Gesetzesbeschlusses vor, so hat dürfen oder die von den Ländern im Auftrage des
der Bundestag erneut Beschluß zu fassen. Bundes oder als eigene Angelegenheit ausgeführt
(3) Soweit zu einem Gesetze die . Z,ustimmung werden.
des Bundesrates nicht erforderlich ist, kann der
Bundesrat, wenn das V erfahren nach Absatz 2 be- Artikel 81
endigt ist, gegen ein vom Bundestage beschlossenes (1) Wird im Falle des Artikels 68 der Bundestag
Gesetz binnen einer Woche Einspruch einlegen. Die nicht aufgelöst, so kann der Bundespräsident auf
Einspruchsfrrsf beginnt im Falle des Absatzes 2 letz- ~ntrag der Bundesregierung mit Zustimmung des
ter Satz mit dem Eingange des vom Bundestage er- Bundesrates für eine Gesetzesvorlage den Gesetz-
neut gefaßten Beschlusses, in allen anderen Fällen gebungsnotstand erklären, wen~1 der B_undestag_ sie
mit dem Abschlusse des Verfahrens vor dem in Ab- ablehnt, obwohl die :Bundesregierung sie als drrng-
satz 2 vorgesehenen Ausschusse. lich bezeichnet hat. Das Gleiche gilt, wenn eine Ge-
( 4) Wird der Einspruch mit der Mehrheit der setzesvorlage abgelehnt worden ist, obw<;>hl der
Stimmen des Bundesrates beschlossen, so kann er Bundeskanzler mit ihr den Antrag des Artikels 68
durch Beschluß der Mehrheit der Mitglieder des verbunden hatte.
Nr. 1 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 23. Mai 1949 11
(2) Lehnt der Bundestag die Gesetzesvorlage ( 4) Werden Mängel, die die Bundesregierung bei
nach Erklärung des Gesetzgebungsnotstandes er- der Ausführung der Bundesgesetze in den Ländern
neut ab oder nimmt er sie in einer für die Bundes- festgestellt hat, nicht beseitigt, so beschließt auf
regierung als unannehmbar bezeichneten Fassung Antrag der Bundesregierung oder des Landes der
an, so gilt das Gesetz als zustande gekommen, so- Bundesrat, ob das Land das Recht verletzt hat. Ge-
weit der Bundesrat ihm zustimmt. Das Gleiche gilt, gen den Beschluß des Bundesrates kann das Bundes-
wenn die Vorlage vom Bundestage nicht innerhalb verfassungsgericht angerufen werden.
von vier Wochen nach der erneuten Einbringung (5) Der Bundesregierung kann durch Bundes-
verabschiedet wird. gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf,
(3) Während der Amtszeit eines Bundeskanzlers zur Ausführung von Bundesgesetzen die Befugnis
kann auch jede andere vom Bundestage abgelehnte verliehen werden, für besondere Fälle Einzelwei-
Gesetzesvorlage innerhalb einer Frist von sechs sungen zu erteilen. Sie sind, außer wenn die Bun-
Monaten nach der ersten Erklärung des Gesetzge- desregierung den Fall für dringlich erachtet, an die
bungsnotstandes gemäß Absatz 1 und 2 verabschie- obersten 'Landesbehörden zu richten.
det werden. Nach Ablauf der Frist ist während de::-
Amtszeit des gleichen Bundeskanzlers eine weitere Art i k e 1 85
~ Erklärung des Gesetzgebungsnotstandes unzulässig. ( 1) Führen die Länder die Bundesgesetze, im Auf-
( 4) Das Grundgesetz darf durch ein Gesetz, das trage des Bundes aus, so bleibt die Einrichtung der
nach Absatz 2 zustande kommt, weder geändert, Behörden Angelegenheit der Länder, soweit nicht
noch ganz oder teil weise außer Kraft oder außer Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates et-
Anwendung gesetzt werden. was anderes bestimmen.
(2) Die Bundesregierung kann mit Zustimmung
Art i k e 1 82 des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschrif-
ten erlassen. Sie kann die einheitliche Ausbildung
( 1) Die nach den Vorschriften dieses Grundge- der Beamten und Angestellten regeln. Die Leiter
setzes zustande gekommenen Gesetze werden vom der Mittelbehörden sind mit ihrem Einvernehmen
Bundespräsidenten nach Gegenzeichnung ausgefer- zu bestellen.
tigt und im Bundesgesetzblatte verkündet. Rechts-
verordnungen werden von der Stelle, die sie erläßt, (3) Die Landesbehörden unterstehen den W ei-
sungen der zuständigen obersten Bundesbehörden.
ausgefertigt und vorbehaltlich anderweitiger gesetz-
Die Weisungen sind, außer wenn die Bundesregie-
licher Regelung im Bundesgesetzblatte verkündet.
rung es für dringlich erachtet, an die obersten Lan-
(2) Jedes Gesetz und jede Rechtsverordnung soll desbehörden zu richten. Der Vollzug der Weisung
den Tag des Inkrafttretens bestimmen. Fehlt eine ist durch die obersten Landesbehörden sicherzu-
solche Bestimmung, so treten sie mit dem vierzehn- stellen.
ten Tage nach Ablauf des Tages in Kraft, an dem (4) Die Bundesaufsicht erstreckt sich auf Gesetz-
das Bundesgesetzblatt ausgegeben worden ist. mäßigkeit und Zweckmäßigkeit der Ausführung.
Die Bundesregierung kann zu diesem Zwecke Be-
richt und Vorlage der Akten verlangen und Beauf-
VIII. Die Ausführung der Bundesgesetze tragte zu allen Behörden entsenden.
und die Bundesverwaltung
Artikel 86
Art i k e 1 83
Führt der Bund die Gesetze durch bundeseigene
Die Länder führen die Bundesgesetze als eigene Verwaltung oder durch bundesunmittelbare Kör-
Angelegenheit aus, soweit dieses Grundgesetz nichts perschaften oder Anstalten des öffentlichen Rech-
anderes bestimmt oder zuläßt. tes aus, so erläßt die Bundesregierung, soweit nicht
das Gesetz Besonderes vorschreibt, die allgemeinen
Art i k e 1 84 Verwaltungsvorschriften. Sie regelt, soweit das Ge-
setz nichts anderes bestimmt, die Einrichtung der
( 1) Führen die Länder die Bundesgesetze als Behörden.
eigene Angelegenheit aus, so regeln sie die Einrich-
tung der Behörden und das Verwaltungsverfahren, Art i k e 1 87
soweit nicht Bundesgesetze mit Zustimmung des
Bundesrates etwas anderes bestimmen. (1) In bundeseigener Verwaltung mit eigenem
Verwaltungsunterbau werden geführt der Auswär-
(2) Die Bundesregierung kann mit Zustimmung tige Dienst, die Bundesfinanzverwaltung, die Bun-
des Bundesrates a1lgem~ine V erwaltungsvorschrif- deseisenbahnen, die Bundespost und nach Maßgabe
ten erlassen. des Artikels 89 die Verwaltung der Bundeswasser-
(3) Die Bundesregierung übt die Aufsicht dar- straßen und der Schiffahrt. Durch Bundesgesetz
über aus, daß die Länder die Bundesgesetze dem können Bundesgrenzschutzbehörden, Zentralstellen
geltenden Rechte gemäß ausführen. Die Bundesre- für das polizeiliche Auskunfts- und Nachrichten-
gierung kann zu diesem Zwecke Beauftragte zu den wesen, zur Sammlung von Unterlagen für Zwecke
obersten Landesbehörden entsenden, mit deren Zu- des Verfassungsschutzes und für die Kriminalpolizei
stimmung und, falls diese Zustimmung versagt eingerichtet werden.
wird, mit Zustimmung des Bundesrates auch zu den (2) Als bundesunmittelbare Körperschaften des
nachgeordneten Behörden. öffentlichen Rechtes werden diejenigen sozialen
12 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1949
Versicherungsträger geführt, deren Zuständigkeits- IX. Die Rechtsprechung
bereich sich über das Gebiet eines Landes hinaus
erstreckt. · Art i-k e 1 92
(3) Außerdem können für Angelegenheiten, für Die rechtsprechende Gewalt ist den Richtern an-
die dem Bunde die Gesetzgebung zusteht, selbstän- vertraut; sie wird durch das Bundesverfassungsge-
dige Bundesoberbehörden und neue bundesunmittel- richt, durch das Oberste Bundesgericht, durch die
bare Körperschaften und Anstalten des öffentlichen in diesem Grundgesetze vorgesehenen Bundes-
Rechtes durch Bundesgesetz errichtet werden. Er- gerichte und durch die Gerichte der Länder aus•
wachsen dem Bunde auf Gebieten, für die ihm die geübt.
Gesetzgebung zusteht, neue Aufgaben, so können
bei dringendem Bedarf bundeseigene Mittel- und Art i k e 1 93
Unterbehörden mit Zustimmung des Bundesrates
und der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages (1) Das Bundesverfassungsgericht entscheidet:
errichtet werden. 1. über die Auslegung dieses Grundgesetzes aus
Anla ~ von Streitigkeiten über den Umfang der
Art i k e 1 88 Rechte und Pflichten eines obersten Bundes-
organs oder anderer Beteiligter, die durch die-
Der Bund errichtet eine Währungs- und Noten- ses Grundgesetz oder in der Geschäftsordnung
bank als Bundesbank. eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rech-
ten ausgestattet sind;
Art i k e 1 89
2. bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln
(1) Der Bund ist Eigentümer der bisherigen über die förmliche und sachliche Vereinbarkeit
Reichswasserstraßen. von Bundesrecht oder Landesrecht mit diesem
(2) Der Bund verwaltet die Bundeswasserstraßen, Grundgesetze oder die Vereinbarkeit von Lan-
durch eigene Behörden. Er nimmt die über den Be- desrecht mit sonstigem Bundesrechte auf An-
reich eines Landes hinausgehenden staatlichen Auf- , trag der Bundesregierung, einer Landesregie-
gaben der Binnenschiffahrt und die Aufgaben der rung oder eines Drittels der Mitglieder des
Seeschiffahrt wahr, die ihm durch Gesetz übertra- Bundestages;
gen werden. Er kann die Verwaltung von Bundes- 3. bei Meinungsverschiedenheiten über Rechte
wasserstraßen, soweit sie im Gebiete eines Landes und Pflichten des Bundes und der Länder, ins-
liegen, diesem Lande auf Antrag als Auftragsver- besondere bei der Ausführung von Bundesrecht
waltung übertragen. Berührt eine Wasserstraße das durch die Länder und bei der Ausübung der
Gebiet mehrerer Länder, so kann der Bund das Bundesaufsicht;
Land beauftragen, für das -die beteiligten Länder
4. in anderen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten
es beantragen.
zwischen dem Bunde und den Ländern, zwi-
(3) Bei der Verwaltung, dem Ausbau und dem schen verschiedenen Ländern oder innerhalb
Neubau von Wasserstraßen sind die Bedürfnisse eines Landes, soweit nicht ein anderer Rechts-
der Landeskultur und der Wasserwirtschaft im Ein- weg gegeben ist; ·
vernehmen mit den Ländern zu wahren.
5. in den übrigen in diesem Grundgesetze vor-
gesehenen Fällen.
Art i k e 1 90
(2) Das Bundesverfassungsgericht wird ferner in
(1) Der Bund ist Eigentümer der bisherigen den ihm sonst durch Bundesgesetz zugewiesenen
Reichsautobahnen und Reichsstraßen. Fällen tätig.
(2) Die Länder oder die na~h Landesrecht zu-
ständigen Selbstverwaltungskörperschaften verwal- Art i k e 1 94
ten die Bundesautobahnen und sonstigen Bundes-
straßen des Fernverkehrs im Auftrage des Bundes. (1) Das Bundes•verfassungsgericht besteht aus
Bundesrichtern und anderen Mitgliedern. Die Mit-
(3) Auf Antrag eines Landes kann der Bund
glieder des Bundesverfassungsgerichtes werden je
Bundesautobahnen und sonstige Bundesstraßen des
zur Hälfte vom Bundestage und· vom Bundesrate
Fernverkehrs, soweit sie im Gebiet dieses Landes
gewählt. Sie dürfen weder dem Bundestage, dem
liegen, in bundeseigene Verwaltung übernehmen.
Bundesrate, der Bundesregierung noch entsprechen-
den Organen eines. Landes angehören.
Art i k e.l 91 "
(2) Ein Bundesgesetz regelt seine Verfassung und
(1) Zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den das Verfahren und bestimuit, in welchen Fällen
Bestand oder die freiheitliche demokratische Grund- seme Entscheidungen Gesetzeskraft haben.
ordnung des Bundes oder eines Landes kann ein
Land die Polizeikräfte anderer Länder anfordern. Art i k e 1 95
(2) Ist das Land, in dem die Gefahr droht, nicht
selbst zur Bekämpfung der Gefahr bereit oder in (1) Zur Wahrung der Einheit des Bundesrechts
der Lage, so kann die Bundesregierung die Polizei wird ein Oberstes Bundesgericht errichtet.
in diesem Lande und die Polizeikräfte anderer Län · (2) Das Oberste Bundesgericht entscheidet in
der ihren Weisungen unterstellen. Die Anordnung Fällen, deren Entscheidung für die Einheitlichkeit
ist nach Beseitigung der Gefahr, im übrigen jeder- der Rechtsprechung der oberen Bundesgerichte von
zeit auf Verlangen des fü;mdesrates aufzuheben. grundsätzlicher Bedeutung ist.
Nr. 1 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 23. Mai 1949 13
(3) über die Berufung der Richter des Obersten (5) Die Länder können für Landesrichter eine
Bundesgerichtes entscheidet der Bundesjustizmini- Absatz 2 entsprechende Regelung treffen. Geltendes
ster gemeinsam mit einem Richterwahlausschuß, der Landesverfassungsrecht bleibt unberührt. Die Ent-
aus den Landesjustizministern und einer gleichen scheidung über eine Richteranklage steht dem Bun-
Anzahl von Mitgliedern besteht, die vom Bundes- desverfassungsgericht zu.
tage gewählt werden.
( 4) Im übrigen werden die Verfassung des Ober- Art i k e 1 99
sten Bundesgerichts und sein V erfahren durch Bun-
Dem Bundesverfassungsgerichte kann durch Lan-
desgesetz geregelt.
desgesetz die Entscheidung von V erfassungsstreitig-
keiten innerhalb eines Landes, den oberen Bundes-
Artikel 96 gerichten für den letzten Rechtszug die Entschei-
(1) Für das Gebiet der ordentlichen, der Ver- dung in solchen Sachen zugewiesen werden, bei
waltungs-, der Finanz-, der Arbeits- und Sozial- denen es sich um die Anwendung von Landesrecht
gerichtsbarkeit sind obere Bundesgerichte zu er- handelt.
richten.
Art i k e 1 100
(2) Auf die Richter der oberen Bundesgerichte
findet Artikel 95 Absatz 3 mit der Maßgabe An- (1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gül-
wendung, daß an die Stelle des Bundesjustizmini- tigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für ver-
sters und der Landesjustizminister die für das je- fassungswidrig, so ist das V erfahren auszusetzen
weilige Sachgebiet zuständigen Minister treten. Ihre und, wenn es sich um die Verletzung der V erfas-
Dienstverhältnisse sind durch besonderes I Bundes- sung eines Landes handelt, die Entscheidung des
gesetz zu regeln. für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes
· (3) Der Bund kann für Dienststrafverfahren ge- des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses
gen Bundesbeamte und Bundesrichter Bundesdienst- Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bun-
straf gerichte errichten. desverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch,
wenn es sich um die Verletzung dieses Gruadgeset-
zes durch Landesrecht oder um die Unvereinbar-
Art i k e 1 97
/ keit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze
(t) Die Richter sind unabhängig und nur dem handelt.
Gesetze unterworfen. (2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob
(2) Die hauptamtlich und planmäßig endgültig eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bun-
angestellten Richter können wider ihren Willen desrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und
nur kraft richterlicher Entscheidung und nur aus Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Art1ikel 25 ), so
Gründen und unter den Formen, welche d:e Gesetze hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfas-
bestimmen, vor Ablauf ihrer Amtszeit entlassen sungsgerichtes einzuholen.
oder dauernd oder zeitweise ihres Amtes enthoben
(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei
oder an eine andere Stelle oder in den Ruhestand
der Auslegung des ·Grundgesetzes von einer Ent-
versetzt werden. Die Gesetzgebung kann Alters-
scheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des
grenzen festsetzen, bei deren Erreichung auf Lebens-
Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abwei-
zeit angestellte Richter in den Ruhestand treten.
chen, so hat das Verfassungsgericht die Entschei-
Bei Veränderung der Einrichtung der Gerichte oder
dung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen;
ihrer Bezirke können Richter an ein anderes Ge-
will es bei der Auslegung von sonstigem Bundes-
richt versetzt oder aus dem Amte entfernt werden,
rechte von der Entscheidung des Obersten Bundes-
jedoch nur unter Belassung des vollen Gehaltes.
gerichtes oder eines oberen Bundesgerichtes abwei-
chen, so hat es die Entscheidung des Obersten Bun-
Art i k e·l 98 desgerichtes einzuholen.
(1) Die Rechtsstellung der Bundesrichter ist
durch besonderes Bundesgesetz zu regeln. Artikel 101
(2) Wenn ein Bundesrichter im Amte oder au- (1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand
ßerhalb des Amtes gegen die Grundsätze des Grund- darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.
gesetzes oder gegen die verfassungsmäßige Ordnung
(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können
eines Landes verstößt, so kann das Bundesverfas-
nur durch Gesetz errichtet werden.
sungsgericht mit Zweidrittelmehrheit auf Antrag
des Bundestages anordnen, daß der Richter in ein
anderes Amt oder in den Ruhestand zu versetzen Artikel 102
ist. Im Falle eines vorsätzlichen Verstoßes kann auf Die Todesstrafe ist abgeschafft.
Entlassung erkannt werden.
, (3) Die Rechtsstellung der Richter in den Län- Art i k e 1 103
dern ist durch besondere Landesgesetze zu regeln.
Der Bund kann Rahmenvorschriften erlassen. (l) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf
( 4) Die Länder können bestimmen, daß über die rechtliches Gehör.
Anstellung der Richter in den Ländern der Landes- (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn
justizminister gemeinsam mit einem Richterwahl- die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die
ausschuß entscheidet. Tat begangen wurde.
14 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1949
(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf ligen Zwecken dienenden Vermögensabgaben flie-
Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals be- ßen dem Bunde zu.
straft werden. (2) Die Biersteuer, die Verkehrsteuern ·mit Aus-
nahme der Beförderungsteuer und der Umsatzsteuer,
Art i k e 1 104 die Einkommen- und Körperschaftsteuer, die Ver-
(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund mögensteuer, die Erbschaftsteuer, die Realsteuern
eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung und die Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungs-
der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt wer- kreis fließen den Ländern und nach Maßgabe der
den. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch Landesgesetzgebung den Gemeinden (Gemeindever-
noch körperlich mißhandelt werden. bänden) zu.
(2) über die Zulässigkeit und Fortdauer einer (3) Der Bund kann durch Bundesgesetz, das der
Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entschei- Zustimmung des Bundesrates bedarf, einen Teil der
den. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung Einkommen- und Körperschaftsteuer zur Deckung
beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich seiner durch andere Einkünfte nicht. gedeckten Aus-
eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die gaben, insbesondere zur Deckung von Zuschüssen,
Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit nie- welche Ländern zur Deckung von Ausgaben auf
manden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Gebiete des Schulwesens, des Gesundbeitswe-
dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das sens und des Wohlfahrtswesens zu gewähren sind,
Nähere ist gesetzlich zu regeln. in Anspruch nehmen.
(3) Je,der wegen des Verdachtes einer strafbaren (4) Um die Leistungsfähigkeit auch der steuer-
Handlung vorläufig Festginommene ist spätestens schwachen Länder zu sichern und eine unterschied-
am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzu- liche Belastung der Länder mit Ausgaben auszuglei-
führen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzu- chen, kann der Bund Zuschüsse gewähren und die
teilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Mittel hierfür bestimmten den Ländern zufließen-
Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat un- den Steuern entnehmen. Durch Bundesgesetz, wel-
verzüglich entweder einen mit Gründen versehenen ches der Zustimmung des Bundesrates bedarf, wird
schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Frei- bestimmt, welche Steuern hierbei herangezogen
lassung anzuordnen. werden und mit welchen Beträgen und nach wel-
(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über chem Schlüssel die Zuschüsse an die ausgleichsbe-
die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsent- rechtigten Länder verteilt werden; die Zuschüsse
ziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Fest- sind den Ländern unmittelbar zu überweisen.
gehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu
benachrichtigen. Art i k e 1 107
Die endgültige Verteilung der der konkurrieren-
X. Das Finanzwesen den Gesetzgebung unterliegenden Steuern auf Bund
und Länder soll spätestens bis zum 31.Dezember 1952
Artikel 105 erfolgen, und zwar durch Bundesgesetz, das der
( 1) Der Bund hat die ausschließliiche Gesetzge- Zustimmung des Bundesrates bedarf. Dies gilt nicht
bung über die Zölle und Finanzmonopole. für die Realsteuern und die Steuern mit örtlich be-
dingtem Wirkungskreis. Hierbei ist jedem Teil ein
(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzge- gesetzlicher Anspruch auf bestimmte Steuern oder
bung über Steueranteile entsprechend seinen Aufgaben einzu-
1. die Verbrauch- und Verkehrsteuern mit Aus- räumen.
nahrrte der Steuern mit örtlich bedingtem Wir-
kungskreis, insbesondere der Grunderwerb- Artikel 108
steuer, der Wertzuwachssteuer und der Feuer-
schutzsteuer, (1) Zölle, Finanzmonopole, die der konkurrie-
renden Gesetzgebung unterworfenen Verbrauch-
2. die Steuern vom Einkommen, Vermögen, von steuern, die Beförderungsteuer, die Umsatzsteuer
Erbsch.iften und Schenkungen, und die einmaligen Vermögensabgaben werden
3. die Realsteuern mit Ausnahme der Festsetzung durch Bundesfinanzbehörden verwaltet. Der Auf-
der Hebesätze, bau dieser Behörden und das von ihnen anzuwen-
wenn er die Steuern ganz oder zum Teil zur Dek- dende Verfahren w~rden durch Bundesgesetz ge-
kung der Bundesausgaben in Anspruch nimmt oder regelt. Die Leiter der Mittelbehörden sind im Be-
die Voraussetzungen des Artikels 72 Absatz 2 vor- nehmen mit den Landesregierungen zu bestellen.
liegen. Der Bund kann die Verwaltung der einmaligen
(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkom- Vermögensabgaben den Landesfinanzbehörden als
men den Ländern oder den Gemeinden (Gemeinde- Auftragsverwaltung übertragen.
verbänden) ganz oder zum Teil zufließt, bedürfen (2) Nimmt der Bund einen Teil der Einkommen-
der Zustimmung des Bundesrates. und Körperschaftsteuer für sich in Anspruch, so
steht ihm insoweit die Verwaltung zu; er kann sie
Art i k e] 106 aber den Landesfinanzbehörden als Auftragsver-
(1) Die Zölle, der Ertrag der Monopole, die waltung übertragen.
Verbrauchsteuern mit Ausnahme der Biersteuer, die (3) Die übrigen Steuern werden durch Landes-
Beförderungsteucr, die Umsatzsteuer und einma- finanzbehörden verwaltet. Der Bund kann durch
Nr. 1 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 23. Mai 1949 15
Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates c) um Bauten, Beschaffungen und sonstige Lei:-
bedarf, den Aufbau dieser Behörden und das von stungen fortzusetzen oder Beihilfen für diese
ihnen anzuwendende V erfahren und die einheit- Zwecke weiter zu gewähren, sofern durch den
liche Ausbildung der Beamten regeln. Die Leiter Haushaltsplan. eines Vorjahres bereits Beträge
der Mittelbehörden sind im Einvernehmen mit der bewilligt worden sind.
Bundesregierung zu bestellen. Die Verwaltung der (2) Soweit nicht auf besonderem Gesetze beru-
den Gemeinden (Gemeindeverbänden) zufließenden hende Einnahmen aus Steuern, Abgaben und son-
Steuern kann durch die Länder ganz oder zum Teil stigen Quellen oder die Betriebsmittelrücklage die
den Gemeinden (Gemeindeverbänden) übertragen Ausgaben unter Absatz 1 decken, darf die Bundes-
werden. regierung die zur Aufrechterhaltung der Wirt-
( 4) Soweit die Steuern dem Bunde zufließen, schaftsführung .erforderlichen Mittel bis zur Höhe
werden die Landesfinanzbehörden im Auftrage des eines Viertels der Endsumme des abgelaufenen
Bundes tätig. Die Länder haften mit ihren Einkünf- Haushaltsplanes im Wege des Kredits flüssig ma-
ten für eine ordnungsmäßige Verwaltung dieser chen.
Steuern; der Bundesfinanzminister kann· die ord-
nungsmäßige Verwaltung durch Bundesbevollmäch- Artikel 112
tigte überwachen, welche gegenüber den Mittel- Haushaltsüberschreitungen und außerplanmäßige
und Unterbehörden ein Weisungsrecht haben. Ausgaben bedürfen der Zustimmung des Bundes-
(5) Die Finanzgerichtsbarkeit wird durch Bun- ministers der Finanzen. Sie darf nur im Falle eines
desgesetz einheitlich .geregelt. unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses
(6) Die allgemeinen Verwaltungsvorschriften erteilt werden. ·
werden durch die, Bundesregierung erlassen, und Artikel 113
zwar mit Zustimmung des Bundesrates, soweit die
Verwaltung den Landesfinanzbehörden obliegt. Beschlüsse des Bundestages und des Bundesrates,
welche die von der Bundesregierung vorgeschlage-
Art i k e 1 109 nen Ausgaben des Haushaltsplanes erhöhen oder
neue Ausgaben in sich schließen oder für die Zu-
Bund und Länder sind in ihrer Haushaltswirt- kunft mit sich bringen, bedürfen der Zustimmung
schaft selbständig und voneinander unabhängig. der Bundesregierung.
Artikel 110 Artikel 114
(1) Alle Einnahmen und Ausgaben des Bundes (1) Der Bundesminister der Finanzen hat dem
müssen für jedes Rechnungsjahr veranschlagt und Bundestage und dem Bundesrate über alle Einnah-
in den Haushaltsplan eingesetzt werden. men und Ausgaben sowie über das Vermögen und
(2) Der Haushaltsplan wird vor Beginn des die Schulden jährlich Rechnung zu legen.
Rechnungsjahres durch Gesetz festgestellt. Er ist in (2) Die Rechnung wird durch einen Rechnungs-
Einnahme und Ausgabe auszugleichen. Die Ausga- hof, dessen Mitglieder richterliche Unabhängigkeit
ben werden in der Regel für ein Jahr bewilligt; sie besitzen, geprüft. Die allgemeine Rechnung und eine
können in besonderen Fällen auch für· einen länge- übers,icht über das Vermögen und die Schulden
ren Zeitraum bewilligt werden. Im übrigen dürfon sind dem Bundestage und dem Bundesrate im Laufe
in das Bundeshaushaltsgesetz keine Vorschriften des nächsten Rechnungsjahres mit den Bemerkungen
aufgenommen werden, die über das Rechnungsjahr des Rechnungshofes zur Entlastung der Bundesre-
hinausgehen oder sich nicht auf die Einnahmen gierung vorzulegen. Die Rechnungsprüfung wird
und Ausgaben des Bundes oder seiner Verwaltung durch Bundesgesetz geregelt.
beziehen.
(3) Das Vermögen und die Schulden sind in einer Artikel 115
Anlage des Haushaltsplanes nachzuweisen.
Im Wege des Kredites dürfen Geldmittel nur bei
(4) Bei kaufmännisch eingerichteten Betrieben außerordentlichem Bedarf und in der Regel nur für
des Bundes brauchen nicht die einzelnen Einnah- Ausgaben zu werbenden Zwecken und nur auf
men und Ausgaben, sondern nur das Endergebnis Grund eines Bundesgesetzes beschafft werden. Kre-
in den Haushaltsplan eingestellt zu werden. ditgewährungen_ und Sicherheitsleistungen zu Lasten
des Bundes, deren Wirkung über ein Rechnungsjahr
Artikel 111 hinausgeht, dürfen nur auf Grund eines Bundesge-
setzes erfolgen. In dem Gesetze, muß die Höhe des
(1) Ist bis zum Schluß eines Rechnungsjahres Kredites oder der Umfang der Verpflichtung, für
der Haushaltsplan für das folgende Jahr nicht
di~ der Bund die Haftung übernimmt, bestimmt
durch Gesetz festgestellt, so ist bis zu seinem In-
sem.
krafttreten die Bundesregierung ermächtigt, alle
Ausgaben zu leisten, die nötig sind, XI. Übergangs- und Schlußbestimmungel)
a) um gesetzlich bestehende Einrichtungen zu er-
halten und gesetzlich beschlossene Maßnahmen Artikel 116
durchzuführen, (1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist
b) um die rechtlich begründeten Verpflichtungen vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung,
des Bundes zu erfüllen, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder
16 Bundesgesetznlact, Jahrgang 1949
als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volks- Art i k e 1 122
zugehörigkeit oder als dessen Ehegatte ·oder Ab-
kömmling in dem Gcbi(,te Jcs Deutschen Reiches (1) Vom Zusammentritt des Bundestages an wer-
nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Auf- den die Gesetze ausschließlich von den in diesem
nahme gefunden hat. Grundgesetze anerkannten gesetzgebenden Gewalten
beschlossen. '
(2) Frühere deutsche Staatsangehörige, denen
zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 (2) Gesetzgebende und bei der Gesetzgebung be-
die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen ratend mitwirkende Körperschaften, deren Zustän-
oder religiösen Gründen entzogen worden ist und digkeit nach Absatz 1 endet, sind mit diesem Zeit-
. ihre Abkömmlinge sind auf Antrag wieder :inzu- punkt aufgelöst.
b_ürgern. Sie gelten als nicht ausg~bürgert, sofern
sie nach dem 8. Mai 1945 ihren Wohnsitz in Art i k e 1 123
Deutschland genommen haben und nicht einen ent- (1) Recht aus der Zeit vor dem Zusammentritt
gegengesetzten Willen zum Ausdruck 0 ebracht ha-
0
des Bundestages gilt fort, soweit es dem Grundge-
ben. setze nicht widerspricht.
Artikel 117 (2) Die vom Deutschen Reich abgeschlossenen
Staatsverträge, die sich auf Gegenstände beziehen,
(1) Das dem Artikel 3 Absatz 2 entgegenstehen- für die nach diesem Gründgesetze die Landesgesetz-
de ~echt bleibt bis zu seiner Anpassung an diese gebung zuständig ist, bleiben, wenn sie nach allge-
B~st1m~ung des <?rundgesetzes in Kraft, jedoch meinen Rechtsgrundsätzen gi.iJtig sind und fort-
nicht langer als bis zum 31. März 1953. gelten, unter Vorbehalt aller Rechte und Einwen-
..(2) _Gesetze, di~ das Recht der Freizügigkeit mit dungen der Beteiligten in Kraft, bis neue Staatsver-
Rucks1cht auf die gegenwärtige Raumnot ein- träge durch die nach diesem-Grundgesetze zustän-
schränken, bleiben bis zu ihrer Aufhebung durch digen Stellen abgeschlossen werden oder ihre Be-
Bundesgesetz in Kraft. endigung auf Grund der in ihnen enthaltenen Be-
stimmungen anderweitig erfolgt.
Artikel 118
Artikel 124
!_)ie Neugliederung in dem die Länder Baden,
Wurttemberg-Baden und Württemberg-Hohenzol- Recht, das Gegenstände der ausschließlichen Ge-
lern umfassenden Gebiete kann abweichend von den setzgebung des Bundes betrifft, wird innerhalb sei-
Vorschri_f~en des .. Artikels 29 durch Vereinbarung nes Geltungsbereiches Bundesrecht.
der beteiligten Lancier erfolgen. Kommt eine Ver-
einbarung nicht zustande, so wird die Neugliede- Art i k e 1 125
rung durch Bundesgesetz geregelt, das eine Volks-
Recht; das Gegenstände der konkurrierenden Ge-
befragung vorsehen muß.
setzgebung des Bundes betrifft, wird innerhalb sei-
nes Geltungsbereiches Bundesrecht,
Artikel 119
1. soweit es innerhalb einer oder mehrerer Besat-
In An~elegenheiten der Flüchtlinge und Vertrie- zungszonen einheitlich gilt,
b~_nen, msbeso~dere zu ihrer Verteilung auf die 2. soweit es sich um Recht handelt, durch das
Lancier, ~ann bis zu einer bundesgesetzlichen Re- nach dem 8. Mai 1945 früheres Reichsrecht
gelung die Bundesregierung mit Zustimmung des abgeändert worden ist.
Bundesrates Verordnungen mit Gesetzeskraft er-
lassen. Für besondere Fälle kann dabei die Bundes- Art i k e 1 126
regi~rung <;rmäc~tigt wer?en, Einzelweisungen zu
erteilen. Die Weisungen smd außer bei Gefahr im Meinungsverschiedenheiten über das Fortgelten
Verzuge an die obersten Landesbehörden zu richten. von Recht als Bundesrecht entscheidet das Bundes-
verfassungsgericht.
Art i k e 1 120
Art i k e 1 127
(1) Der Bund trägt die Aufwendungen für Besat-
zm;1gskosten und die sonstigen inneren und äußeren ~ie Bundesregierung kann mit Zustimmung der
Knegsfolgelasten nach näherer Bestimmung eines Regierungen der beteiligten Länder Recht der Ver-
Bundesgesetzes und die Zuschüsse zu den Lasten der waltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes, soweit
Sozialversicherung mit Einsch]uß der Arbeitslosen- es nach Artikel 124 oder 125 als Bundesrecht fort-
versicherung und der Arbeitslosenfürsorge. - gilt, innerhalb eines Jahres nach Verkündung dieses
Grundgesetz~s in den Ländern Baden, Groß-Berlin,
(2) Die Einnahmen gehen auf den Bund zu dem- .Rheinland-Pfalz und Württemberg-Hohenzollern
selben Zeitpunkte über, an dem der Bund die Aus- in Kraft setzen.
gaben übernimmt.
Artikel 128
Artikel 121
Soweit fortgeltendes Recht Weisungsrechte im
Mehrheit .der Mitglieder des Bundestages und der Sinne des Artikels 84 Absatz 5 vorsieht, bleiben sie
~und_esversamn:lu~g im Sinne dieses Grundgesetzes bis zu einer anderweitigen gesetzlichen Regelung
1st die Mehrheit ihrer gesetzlichen Mitgliederzahl. bestehen.
Tag der Ausganc: Bonn. den 23. Mai I 949 17
Art i k e 1 129 angestellt sind, können binnen sechs Monaten nach
dem ersten Zusammentritt des Bundestages in den
( 1) Soweit in Rechtsvorschriften, die als Bundes- Ruhestand oder Wartestand oder in ein Amt mit
recht fortgelten, eine Ermächti-gung zum Erlasse von niedrigerem Diensteinkommen versetzt werden,
Rechtsverordnungen oder allgemeinen Verwaltungs- wenn ihnen die persönliche oder fachliche Eignung
vorschriften sowie zur Vornahme von Verwaltungs- für ihr Amt fehlt. Auf Angestellte, die in einem un-
akten enthalten ist, geht sie auf die nunmehr sach- kündbaren Dienstverhältnis stehen, findet diese
lich zuständigen Stellen über. In Zweifelsfällen ent- Vorschrift entsprechende Anwendung. Bei Ange-
scheidet die Bundesregierung im Einvernehmen mit stellten, deren Dienstverhältnis kündbar ist, können
dem Bundesrate; die Entscheidung ist zu veröffent- über die tarifmäßige Regelung hinausgehende Kün-
lichen. digungsfristen innerhalb der gleichen._ f rist aufge-
(2) Soweit in Rechtsvorschriften, die als Landes- hoben werden.
recht fortgelten, eine solche Ermächtigung enthal-
(2) Diese Bestimmung findet keine Anwendung
ten ist, wird sie von den nach Landesrecht zustän-
auf Angehörige des öffentlichen Dienstes, die von
digen Stellen ausgeübt.
den Vorschriften über die „Befreiung von National•
(3) Soweit Rechtsvorschriften im Sinne der Ab- sozialismus und Militarismus" nicht betroffen oder
sätze 1 und 2 zu ihrer Knderung oder Ergänzung die anerkannte V erfolgte des Nationalsozialismus
oder zum Erlaß von Rechtsvorschriften anstelle sind, sofern nicht ein wichtiger Grund in ihrer Per-
von Gesetzen ermächtigen, sind diese Ermächtigun-- son vorliegt.
gen erloschen
(3) Den Betroffenen steht der Rechtsweg gemäß
( 4) Die Vorschriften der Absätze 1 und 2 gelten Artikel .19 Absatz 4 offen.
entsprechend, soweit in Rechtsvorschriften auf nicht
mehr geltende Vorschriften oder nicht mehr be- (4) Das Nähere bestimmt eine Verordnung der
stehende Einrichtungen verwiesen ist. Bundesregierung, die der Zustimmung des Bundes-
rates bedarf.
Artikel 130
Art i k e 1 133
( 1) Verwaltungsorgane und sonstige der öff ent-
lichen Verwaltung oder Rechtspflege dienende Ein- Der Bund tritt in die Rechte und Pflichten der
richtungen, die nicht auf Landesrecht oder Staats- Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes ein.
verträgen zwischen Ländern beruhen, sowie die Be··
triebsvereinigung der südwestdeutschen Eisenbah- Artikel 134
nen und der . Verwaltungsrat für das Post- und
Fernmeldewesen für das französische Besatzungs- (1) Das Vermögen des R~iches wird grundsätz-
gebiet unterstehen der Bundesregierung. Diese regelt lich Bundesvermögen.
mit Zustimmung des Bundesrates die Überführung, (2) Soweit es nach seiner ursprünglichen Zweck-
Auflösung oder Abwicklung. bestimmung überwiegend für Verwaltungsaufga-
(2) Oberster Disziplinarvorgesetzter der Angehö- ben bestimmt war, die nach diesem Grundgesetze
rigen dieser Verwaltungen und Einrichtungen ist nicht Verwaltungsaufgaben des Bundes sind, ist es
der zuständige Bundesminister. unentgeltlich auf die nunmehr zuständigen Aufga-
(3) Nicht landesunmittelbare und nicht auf benträger und, soweit es nach seiner gegenwärtigen,
Staatsverträgen zwischen den Ländern. beruhende nicht nur vorübergehenden Benutzung Verwal-
Körperschaften und Anstalten des öffentlichen tungsaufgaben dient, die nach diesem Grundgesetze
Rechtes unterstehen der Aufsicht der zuständigen nunmehr von den Ländern zu erfüllen sind, auf die
obersten Bundesbehörde. Länder zu übertragen. Der Bund kann auch sonsti-
ges Vermögen den Ländern übertragen.
Artikel 131 (3) Vermögen, das dem Reich von den ·Ländern
Die Rechtsverhältnisse von Personen einschließ- und Gemeinden (Gemeindeverbänden) unentgeltlich
lich der Flüchtlinge und Vertriebenen, die am zur V erfijgung gestellt wurde, wird wiederum Ver-
8. Mai 1945 im öffentlichen Dienste standen, aus mögen der Länder und Gemeinden (Gemeindever-
anderen als beamten- oder tarifrechtlichen Gründen bände), soweit es nicht der Bund für eigene Ver~
ausgeschieden sind und bisher ntcht oder nicht ihrer waltungsauf gaben benötigt.
früheren Stellung entsprechend verwendet werden, ( 4) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der
sind durch Bundesgesetz zu regeln. Entsprechendes Zustimmung des Bundesrates bedarf.
gilt für Personen einschließlich der Flüchtlinge und
Vertriebenen, die am 8. Mai 1945 versorgungsbe- Artikel 135
rechtigt waren und aus anderen als beamten- oder
tarifrechtlichen .Gründen keine oder keine entspre- (1) Hat sich nach dem 8. Mai 1945 bis zum ln-
chende Versorgung mehr erhalten. Bis zum Inkraf t- kraf ttreten dieses Grundgesetzes die Landeszugehö-
treten des Bundesgesetzes können vorbehaltlich an- rigkeit eines Gebietes geändert, so steht in diesem
derweitiger landesrechtlicher Regelung Rechtsan- Gebiete das Vermögen des Landes, dem das Gebiet
sprüche nicht geltend gemacht werden. angehört hat, dem Lande zu, dem es jetzt angehört.
(2) Das Vermögen nicht mehr bestehender Län-
Artikel 132 der und nicht mehr bestehender anderer Körper-
(1) Beamte und Richter, die im Zeitpunkte des schaften und Anstalten des öffentlichen Rechtes
Inkraf ttrctens dieses Grundgesetzes auf Lebenszeit geht, soweit es nach seiner ursprünglichen Zweck-
18 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1949
.
bestimmung überwiegend für Verwaltungsaufga- Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzol-
ben bestimmt war, oder nach seiner gegenwärtigen, lern bedürfen der Zustimmung der Regierungen die-
nicht nur vorübergehenden Benutzung überwiegend ser Länder.
Verwaltungs aufgaben dient, auf das Land oder die
Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechtes Art i k e 1 139
über, die nunmehr diese Aufgaben erfüllen.
Die zur ,::Befreiung des deutschen Volkes vom
(3) Grundvermögen nicht mehr bestehender Län- Nationalsozialismus und Militarismus" erlassenen
der geht einschließlich des Zubehörs, soweit es nicht
• Rechtsvorschriften werden von den Bestimiy.ungen
bereits zu Vermögen im Sinne des Absatzes 1 ge-
dieses Grundgesetzes nicht berührt.
hört, auf das Land über, in dessen Gebiet es belegen
ist.
Art i k e 1 140
(4) Sofern ein überwiegendes Interesse des Bun-
des oder das besondere Interesse eines Gebietes es Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138,
erfordert, kann durch Bundesgesetz eine von den 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. Au-
Absätzen 1 bis 3 abweichende Regelung getroffen gust 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.
werden.
(5) Im übrigen wird die Rechtsnachfolge und die Artikel 141
Auseinandersetzung, soweit sie nicht bis zum 1. Ja-
Artikel 7 Absatz 3 Satz 1 findet keine Anwen-
nuar 1952 durch Vereinbarung zwischen den be-
dung in einem Lande, in dem am 1. Januar 1949
teiligten Ländern oder Körperschaften oder, An'stal-
eine andere landesrechtliche Regelung bestand.
ten des öffentlichen Rechtes erfolgt, durch Bundes-
gesetz geregelt, das der Zustimmung des Bundes-
rates bedarf. Artikel 142
(6) Beteiligungen des ehemaligen Landes Preu- Ungeachtet der Vorschrift des Artikels 31 bl_ei-
ßen an Unternehmen des privaten Rechtes gehen ben Bestimmungen der Landesverfassungen auch m-
auf den Bund über. Das Nähere regelt ein Bundes- soweit in Kraft, als sie in Übereinstimmung mit den
gesetz, das auch Abweichendes bestimmen kann. Artikeln 1 bis 18 dieses Grundgesetzes Grundrechte
(7) Soweit über Vermögen, das einem Lande oder gewähr! eisten.
einer Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen
Rechtes nach den Absätzen 1 bis 3 zufallen würde, Artikel 143
von dem danach Berechtigten durch ein Landesge-
setz, auf Grund eines Landesgesetzes oder in ande- (1) Wer mit Gewalt oder durch Drohung mit
rer Weise bei Inkrafttreten des Grundgesetzes ver- Gewalt die verfassungsmäßige Ordnung des Bundes
fügt worden war, gilt der Vermögensübergang al~ oder eines Landes ändert, den Bundespräsidenten
vor der Verfügung erfolgt. der ihm nach diesem Grundgesetze zustehenden
Befugnisse beraubt oder mit Gewalt oder durch ge-
Artikel 136 fährliche Drohung nötigt oder hindert, sie über-
haupt oder in einem bestimn:ten Sinne auszll;~~en,
(1) Der Bundesrat tritt erstmalig am Tage des oder ein zum Bunde oder emem Lande gehoriges
ersten Zusammentrittes des Bundestages zusammen. Gebiet losreißt, wird mit lebenslangem Zuchthaus
(2) Bis zur Wahl des ersten Bundespräsidenten oder Zuchthaus nicht unter zehn Jahren bestraft.
werden dessen Befugnisse von dem Präsidenten des (2) Wer zu einer Handlung im Sinne des Ab-
Bundesrates ausgeübt. Das Recht der Auflösung des satzes 1 öffentlich auffordert oder sie mit einem
Bundestages steht ihm nicht zu. anderen verabredet oder in anderer Weise vorbe-
reitet, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren be-
Artikel 137 straft.
(1) Die Wählbarkeit von Beamten, Aqgestellten (3) In minder schweren Fällen kann in den Fäl:
des öffentlichen Dienstes und Richtern im Bunde, len des Absat,zes 1 auf Zuchthaus nicht unter zwei
in den Ländern und den Gemeinden kann gesetz- Jahren, in den Fällen des Absatzes 2 auf Gefängnis
lich beschränkt werden. nicht unter einem Jahr erkannt werden.
(2) Für die Wahl des ersten Bundestages, der (4) Wer aus freien Stücken seine Tätigkeit auf-
ersten Bundesversammlung und des ersten Bundes- gibt oder bei Beteiligung mehrerer die verabredete ·
präsidenten der Bundesrepublik gilt das vom Par- Handlung verhindert, kann nicht nach den Vor-
iamentarischen Rat zu beschließende Wahlgesetz. schriften der Absätze 1 bis 3 bestraft werden.
(3) Die dem Bundesverfassungsgerichte gemäß (5) Für die Aburteilung ist, sofern die Handlung
Artikel 41 Absatz 2 zustehende Befugnis wird bis sich ausschließlich gegen die verfassungsmäßige
m seiner Errichtung von dem Deutschen Ober- Ordnung eines Landes richtet, mangels anderweiti-
gericht für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet wahr- ger landesrechtlicher Regelung das für Strafsachen
ienommen, das nach Maßgabe seiner Verfahrens- zuständige oberste Gericht des Landes zuständig.
ordnung entscheidet. Im übrigen ist· das Oberlandesgericht zuständig, in
dessen Bezirk die erste Bundesregierung ihren Sitz
Art i k e 1 138 hat.
Änderungen der Einrichtungen des jetzt bestehen- (6) Die vorstehenden Vorschriften gelten bis zu
fon Notariats in den Ländern Baden, Bayern, einer anderweitigen Regelung durch Bundesgesetz,
Nr. 1 - Tag der Ausgabe: Bonn, den "23. Mai 1949 19
Artikel 144 (2) Dieses Grundgesetz tritt ~it Ablauf des Ta-
ges der Verkündung in Kraft.
( 1) Dieses Grundgesetz bedarf der Annahme
durch die Volksvertretungen in zwei Dritteln der (3) Es ist im Bundesgesetzblatte zu veröff ent-
deutschen Länder, in denen es zunächst gelten soll. lichen.
. (2) Soweit ~ie An~endung dieses Grundgesetzes Ar d k e l 146
m emem der m Artikel 23 auf geführten Länder
oder in einem Teile eines dieser Länder Beschrän- Dieses Grundgesetz verHert seine Gültigkeit an
kungen unterliegt, hat das Land oder der Teil des dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt,
La11des das Recht, gemäß Artikel 38 Vertreter in die von dem deutschen Volke in freier Entschefdung
den Bundestag und gemäß Artikel 50 Vertreter in beschlossen worden ist.
den Bundesrat zu entsenden.
Bonn am Rhein, am 23. Mai 1949.
Art i k e 1 145
Dr. A d e n au e r
(1) Der Parlamentarische Rat stellt in öffentli- Präsident des Parlamentarischen Rates
cher Sitzung unter Mitwirkung der Abgeordneten
Groß-Be~lins die Annahme dieses Grundgesetzes Schönfelder Dr. Schäfer
fest, fertigt es aus und verkündet es. 1. Vizepräsident 2. Vizepräsident
20 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1949
, GLIEDERUNG
DES GRUNDGESETZES FÜR DIE BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND
PRÄAMBEL
I. DIE GRUNDRECHTE . . . . . . 1
Artikel 1 - 19
II. DER BUND UND DIE LÄNDER 3
Artikel 20 - 37
III. DER BUNDESTAG 5
Artikel 38 - 49
IV. DER BUNDESRAT . . 6
Artikel 50 - 53
V. DER BUNDESPRÄSIDENT . 7
Artikel 54 - 61
VI. DIE BUNDESREGIERUNG . . 8
Artikel 62 - 69
VII. DIE GESETZGEBUNG DES BUNDES . 8
Artikel 70 - 82
VIII. DIE AUSFÜHRUNG DER BUNDES-
GESETZE UND DIE BUNDES-
VERWALTUNG . . . . 11
Artikel 83 - 91
IX. DIE RECHTSPRECHUNG 12
Artikel 92 - 104
X. DAS FINANZWESEN . . . . . . . . 14
Artikel 105 - 115
XI. ÜBERGANGS- UND
SCHLUSSBESTIMMUNGEN 15
Artikel 116 - 146
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